treffpunkt campus - Hochschule Magdeburg-Stendal
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psychologische Beratung und das Anleiten von Gruppen. Das<br />
können Entspannungs- und Soziale-Kompetenz-Gruppen<br />
oder eben Borderline-Patienten sein. Dementsprechend<br />
umfangreich ist auch das Angebot im Studium. Neben den<br />
psychologischen Grundlagen gehören im Hauptstudium die<br />
klinische Psychologie, die Psychotherapie und Diagnostik zu<br />
den Lehrinhalten.<br />
All diese Qualifikationen können seit einem halben Jahr nun<br />
auch die ersten 81 Bachelor-Studenten erwerben. Mark Helle<br />
glaubt daran, dass das verkürzte Studium den Ansprüchen<br />
einer psychologischen Ausbildung gerecht werden kann. Ein<br />
Grund ist die Intensität des neuen Abschlusses. „Das Bachelor-Studium<br />
ist per se sehr viel intensiver als ein Diplomstudiengang“,<br />
erklärt er, „das ist ein Vollzeitjob.“ Tatsächlich<br />
muss ein Bachelor-Student insgesamt 30 Credits pro Semester<br />
erwerben, jeder Credit entspricht einer Zeiteinheit von<br />
circa 30 Stunden, die in der <strong>Hochschule</strong> bzw. zu Hause geleistet<br />
werden. Umgerechnet auf eine normale Arbeitswoche<br />
macht das stolze 45 Stunden.<br />
„Das ist ein Vollzeitjob.“<br />
Unter der strengen Gangart leidet jedoch auch die Vielfalt. Der<br />
schulische Bachelor muss gegenüber seinem Vorgänger einige<br />
Dinge opfern, beispielsweise die besondere interdisziplinäre<br />
Ausrichtung. Vor der Umstellung waren Fächer wie Recht und<br />
BWL Pflicht, es mussten deutlich mehr Inlandspraktika verrichtet<br />
werden. Auch das Auslandssemester wird jetzt erst im<br />
Master-Studium absolviert. Die Kürzungen werden auch von<br />
Mark Helle bedauert: „Wir haben das ungern gemacht. Aber<br />
wenn nach sechs Semestern eine Berufsqualifizierung da sein<br />
soll, müssen entsprechende theoretische Inhalte auch vermittelt<br />
werden.“ Immerhin, mit der Gleichstellung der Studienabschlüsse<br />
an FH und Unis können zukünftige Master-Absolventen<br />
darauf hoffen, die nachfolgende Ausbildung zum psychologischen<br />
Psychotherapeuten antreten zu können. Nur so können<br />
sie sich auch als Therapeut selbstständig machen. Den FH-<br />
Diplomanden blieb diese Möglichkeit bislang verwehrt. Für<br />
Helle, der bereits an einer Universität in Berlin lehrte, ist das<br />
unverständlich. „Von Praktika weiß ich, dass unsere<br />
Studierenden im Vergleich zu Universitätsstudenten viel mehr<br />
Praxisbezug und eine sehr hohe klinisch-psychologische Kompetenz<br />
haben“, sagt er, „denen die Ausbildung zum psychologischen<br />
Psychotherapeuten vorzuenthalten, hat keinen Sinn.“<br />
Auch Katja Seidel sieht ihre Zukunft in der Therapie. Die 25-<br />
Jährige ist eine der ersten 36 Studierenden, die sich für den<br />
neuen Masterstudiengang entschieden haben. Hier sind die<br />
klinische Neuropsychologie und die Qualitätssicherungen<br />
neue Schwerpunkte. Nach der Abschlussarbeit sollen die<br />
Rehabilitationspsychologen auch in der Leitung psychologischer<br />
Einrichtungen tätig sein können. „Der Anspruch ist eindeutig<br />
gewachsen“, sagt Seidel, „aber die Dozenten unterstützen<br />
uns sehr.“ Wenn sie in die Zukunft schaut, hat sie ihre<br />
ehemaligen Kommilitonen im Hinterkopf. Die meisten Absolventen,<br />
so sagt sie, seien in guten Anstellungen. „Sie arbeiten<br />
mit Straffälligen, in Mutter-Kind-Kliniken, in Lebenshilfe-Werkstätten<br />
oder als Psychologen bei der Bundeswehr“, erzählt sie.<br />
Seidel selbst war als Fluthelfer im Tsunamigebiet, eine<br />
Erfahrung, die sie sehr beeindruckt hat. Und in die Ferne zieht<br />
<strong>treffpunkt</strong> <strong>campus</strong> 9<br />
februar 2006<br />
es sie immer noch: „Ich würde gern nach Indien gehen“, sagt<br />
sie. Im Moment hat sie dafür allerdings keine Zeit. Der für die<br />
Diplomanden auf zwei Semester verkürzte Master füllt ihren<br />
Zeitplan aus.<br />
Zeit für freiwilliges Engagement bleibt dennoch. Um anderen<br />
Kommilitonen beispielsweise den Umgang mit Problemen zu<br />
erleichtern, gibt es seit diesem Semester eine anonyme psychologische<br />
Beratung. Stress im Studium, Ärger mit dem Partner<br />
oder Einsamkeit sind nur einige Themen, bei denen die<br />
Rehapsychologen weiterhelfen können. Die „Peer-Beratung“<br />
findet in <strong>Stendal</strong> statt, steht allen Studierenden der FH offen<br />
und wird in Seminaren von Professor Mark Helle begleitet. Die<br />
Gespräche jedoch führen die Studenten. Auf Anmerkungen<br />
wie „Ich habe keine Lust mich zu äußern!“ dürften die vorbereitet<br />
sein. Steffen Wilhelmi<br />
Aus dem Diplom in den Beruf – ein Gespräch mit<br />
Anett Voigt (25)<br />
Eine Projektarbeit<br />
während des Studiums<br />
war der Auslöser.<br />
Anett ließ den<br />
Kontakt zur Uni-Klinik<br />
in Mageburg<br />
nicht abbrechen.<br />
Heute ist sie festangestellt.<br />
Seit über<br />
zwei Jahren arbeitet<br />
sie mit Menschen,<br />
die unter ständigen<br />
Schmerzen leiden.<br />
Anett, wie muss man sich die Arbeit in<br />
einer Schmerzambulanz vorstellen?<br />
Menschen mit chronischen Schmerzen leiden sehr stark,<br />
auch wenn keine organische Ursache vorliegt. Es handelt<br />
sich um ein komplexes Zusammenspiel von Schmerz, Ängsten<br />
und depressiven Verstimmungen. Über ausführliche<br />
Diagnosen versuchen wir diese Leiden zu interpretieren,<br />
um den Menschen so zu helfen. Welche Maßnahmen das<br />
sind, entscheide ich gemeinsam mit einem Psychiater.<br />
Kommt man da nicht an seine Grenzen?<br />
Es ist oft nicht einfach, das stimmt. Auch, weil man hier mit<br />
dem Tod konfrontiert wird. Bei einigen Tumorpatienten muss<br />
man zusehen, wie sie abnehmen und schwächer werden.<br />
Was hast Du am Studium geschätzt?<br />
Im Hauptstudium haben wir viel klinische Psychologie<br />
gelernt, das hat mir sehr weitergeholfen. Ansonsten fand<br />
ich mein Auslandssemester toll, ich war an der Uni in Sao<br />
Paulo. Wie auch die anderen Praktika hat das meinen Blick<br />
für Menschen geschult.<br />
Wie siehst du deine Zukunft?<br />
Ich möchte nicht ewig hierbleiben. Dem Schmerzbereich<br />
bleibe ich jedoch wohl treu. Später möchte ich noch eine<br />
Therapieausbildung machen.