und- zwanzig Jahre Waldorf- schule - Freie Waldorfschule Schopfheim
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14 • Aus dem Schulleben<br />
Kleiner<br />
Rückblick<br />
auf die<br />
Öffentliche<br />
Monatsfeier<br />
im Mai<br />
2008<br />
Obwohl in der Zeitung ohne Hinweis<br />
<strong>und</strong> obwohl die schönste Maisonne<br />
zum Morgenspaziergang einlud, war<br />
zumindest die Empore des neue Großen<br />
Festsaals mit Besuchern gut gefüllt <strong>und</strong><br />
auch im Parterre konnte man längst<br />
nicht mehr jeden Platz frei wählen –<br />
denn es fand an jenem ersten Samstag<br />
im Mai die zweite öffentliche Monatsfeier<br />
im laufenden Schuljahr statt, <strong>und</strong><br />
man freute sich, die ganze Bandbreite<br />
der Schüler von klein bis groß auf der<br />
Bühne erleben zu können.<br />
Herr McGowran führte durch die<br />
Präsentationen nahezu aller Klassenstufen.<br />
Nach seiner humorvollen<br />
Einleitung (es war die Rede von Maiwanderungen<br />
<strong>und</strong> Bergen <strong>und</strong> dem<br />
Propheten Mohammed <strong>und</strong> wer zu wem<br />
kommt ... – also vom Sinn der Monatsfeiern)<br />
spielte das Mittelstufenorchester<br />
unter Frau Hochweber klassisch einen<br />
herrlichen, fröhlich-beschwingten<br />
Ungarischen Tanz von Brahms, der sehr<br />
heftig beklatscht wurde. Daran schloss<br />
sich unter Französischlehrerin Frau<br />
Jankowski-Meier eine szenische Darstellung<br />
der Klasse 7a an aus dem<br />
Themenkreis Vergangenheitsform der<br />
Verben. Dann traten die Elftklässler mit<br />
violetten Tüchlein <strong>und</strong> Herrn Kleeberg<br />
auf <strong>und</strong> sangen das französische<br />
Chanson 'Le déserteur' von Boris Vian.<br />
Es folgten aufstampfende Drittklässler<br />
<strong>und</strong> Frau Groß mit einem englischen<br />
Gedicht, in dem es um seltsame, Angst<br />
einflößende <strong>und</strong> Schabernack treibende<br />
Wesen geht. Dann sangen <strong>und</strong> flöteten<br />
die Zweitklässler <strong>und</strong> rezitierten sehr<br />
selbständig <strong>und</strong> mit kräftigem Sprachklang<br />
die Bremer Stadtmusikanten unter<br />
Frau Ingenfelds Leitung. Oben von der<br />
Empore erklangen dann je von vier<br />
Abiturienten individuell ausgesuchte<br />
englische Texte der Klasse 13 unter Frau<br />
Sevecke. Anschließend zeigten die<br />
Sechstklässler mit Frau Elsen Ergebnisse<br />
aus ihrem Eurythmieunterricht: selbst<br />
gestaltete Raumesformen zum langen,<br />
den toten König von Rom bis Thule<br />
tragenden Gotenzug von Felix Dahn<br />
sowie Intervallformen von Prim bis<br />
Quinte nach Klaviermusik. Die zehnte<br />
Klasse rezitierte einstimmig ein<br />
englisches Gedicht unter Frau Sevecke<br />
<strong>und</strong> die vierte Klasse sang zwei- <strong>und</strong><br />
sogar dreistimmige Morgenlieder unter<br />
Frau Dycke. Den Abschluss bildeten die<br />
Neuntklässler: ein nach klassischer<br />
Toneurythmie in Gruppen individuell<br />
ausgestaltetes Gedicht von Christian<br />
Morgenstern, welches auf der Bühne<br />
erst einfach, dann aber zwei- & dreifach<br />
erschien, in dem Sinne, dass die verschiedenen<br />
Bewegungsformen der<br />
(farblich zu unterscheidenden) Gruppen<br />
sich durchdrangen – zeitweise identisch<br />
in der Aussage <strong>und</strong> zeitweise in verschiedenen<br />
Bildern zum gleichen Wort<br />
aufgefächert, mehrsprachenartig!<br />
Dann zeigten weitere Neuntklässler<br />
faszinierende Wirbeltechniken mit<br />
Langstäben, fast circensisch wirkende<br />
Choreografien nach Trommelschlag, erst<br />
mit Umlicht <strong>und</strong> dann im Umdunkel<br />
farbige tanzende <strong>und</strong> kreisende Lichterwege.<br />
Großer Applaus.<br />
Dann beendete Herr McGowran<br />
die Vorführung <strong>und</strong> berichtete, dass<br />
Tenzing <strong>und</strong> Hillary, die zum Berg der<br />
Berge kamen, oben einfach nur staunten<br />
– eben im Sinne der Monatsfeiern.<br />
Ausnahme<br />
Die fünfte Klasse allerdings<br />
spielte nur zur Internen<br />
Monatsfeier vor den anderen<br />
Schülern & Lehrern mit<br />
ihrem Klassenorchester auf<br />
der großen Festsaalbühne –<br />
am Samstagmorgen zur<br />
Öffentlichen Monatsfeier<br />
hatten sie nämlich frei, da sie<br />
am Samstagnachmittag eh<br />
eine große Präsentation für<br />
die Eurythmisten des NorddeutschenFortbildungsseminars<br />
(s. S. 13) gaben. fr<br />
Prisma(61) Prisma(61)<br />
Leserbrief bzw. Zur Diskussion<br />
Uns erreichte folgender Beitrag, den wir gerne publizieren <strong>und</strong> damit seine Gesichtspunkte<br />
unserer Leserschaft unter neuer Prisma-Rubrik „zur Diskussion“ stellen.<br />
Welche Zukunft eröffnet sich?<br />
Oder: Was ein weißes T-shirt auslöst<br />
Rätselnd stehen wir vor dem plötzlich<br />
auftretenden Kleiderzwang<br />
an der <strong>Schopfheim</strong>er <strong>Waldorf</strong><strong>schule</strong>:<br />
Uniformierung bei den Monatsfeiern!<br />
Hups – War das nicht ein Ausrutscher<br />
bei der Saaleinweihung gewesen?<br />
Welche Seelen-(wesen)-haltung möchte<br />
sich denn auf diese Weise befriedigen?!<br />
Ein kleiner Schauer rinnt zwischen den<br />
Schulterblättern, da wo eigentlich die<br />
Flügel zu spüren sind, <strong>und</strong> man runzelt<br />
die Stirnpartie genau zwischen den<br />
Augenbrauen an der Nasenwurzel ... –<br />
Erinnerung an Aufmärsche (nunja),<br />
oder ganz zeitgemäß auch zu haben in<br />
dem aktualisierenden Welle-Film (ohja)<br />
– <strong>und</strong> nun bei <strong>Waldorf</strong>s im neuen Festsaal<br />
zur Erhöhung der 'Feierlichkeit',<br />
wie auf Nachfrage erklärt wird; z.B.<br />
an den sich allmählich im Schulalltag<br />
wieder installierenden Monatsfeiern.<br />
Was spricht sich denn da aus?<br />
Alle Schüler & Lehrer haben in<br />
weißen, gleichen, sauberen T-shirts <strong>und</strong><br />
dunklen 'nichtrutschenden' Hosen zu<br />
erscheinen, schönschön, <strong>und</strong> damit es<br />
nicht zu monoton ausschaut: bitte mit<br />
verschieden bunten Seidentüchern zur<br />
fröhlichen Auflockerung, wie herrlich,<br />
doch farblich natürlich nicht 'wahllos'<br />
in dem Sinne, dass sich ein Kind selber<br />
eine Farbe erwählen dürfte, oh nein,<br />
sondern schön geordnet nach objektiven<br />
äußeren Gesichtspunkten: nach Klassen-<br />
stufen, wie originell, <strong>und</strong> welch harmonischer<br />
Anblick bietet sich nun! Welch<br />
Sicherheit <strong>und</strong> glückselige Ordnung<br />
erfüllt einen bei diesem Anblick!! Lauter<br />
gleiche <strong>und</strong> so fröhliche <strong>und</strong> funktionierende,<br />
so ges<strong>und</strong>e <strong>Waldorf</strong>schüler!!!<br />
Und es wird einem eisig kalt. Und<br />
man blickt sich um: Friert noch jemand?<br />
Aber warum denn?<br />
Die Sonne scheint: es ist doch die beste<br />
aller Pädagogiken! Die einer neuen<br />
pädagogischen Welt. Alle Schulklassen<br />
bewegen sich in einem so schönen Saal,<br />
zeigen chorisch geformt, was sie gelernt<br />
haben <strong>und</strong> was bew<strong>und</strong>ernd zu loben<br />
ist. Kratz dich doch nicht so am Äußerlichen.<br />
Schau doch wie alles leuchtet ...<br />
Doch halt: Was taten die Familien, die<br />
zuhause nicht solch weißes Shirt haben?<br />
(nunja) – aber noch viel gravierender:<br />
• Was tun die Kinder, die sich in egalitärem<br />
Kleiderzwang nicht wohl fühlen?<br />
• Wie bleiben sie mit sich identisch?<br />
Was ist zu beobachten!!!<br />
• Und was tun deren Eltern?<br />
Tanzen sie dann aus der '<strong>Waldorf</strong>'-Reihe?<br />
Oooch, es gibt doch Möglichkeiten<br />
der Disziplinierung ..., hoch differenzierte<br />
Paletten voll, keine Sorge! Man<br />
muss einfach mal lernen, sich an Regeln<br />
<strong>und</strong> Vorgaben zu halten…<br />
Aber so hört doch:<br />
Müsste man nicht eher endlich lernen,<br />
den fremden Willen im anderen zu<br />
verstehen? Sagte nicht genau das mal<br />
jemand, der eine menschengemäßere<br />
Pädagogik zu begründen suchte? *<br />
Und noch elementarer wäre zu lernen,<br />
den anderen überhaupt erstmal wahrzunehmen!<br />
Woher kommt denn das<br />
Erschrecken <strong>und</strong> Unverständnis, wenn<br />
die braven Vorzeige-Kinder plötzlich<br />
ohnmächtig <strong>und</strong> zwanghaft Leben &<br />
Gesellschaft verweigern?<br />
Kinder sind eben keine leeren, durch<br />
kluge Erwachsene zu beschreibenden<br />
Blätter – viel, unendlich viel Geschriebenes<br />
bringen sie doch mit für uns<br />
Diesseitige!<br />
Lesen wir diese ihre Botschaften –<br />
oder wollen wir ignorant im Anblick<br />
dieser herzigen, gleich gewandeten<br />
Kinderlein, die physisch (<strong>und</strong> seelisch)<br />
das anziehen müssen, was w i r wollen,<br />
nur u n s e r Idolbild materialisiert sehen?<br />
Und wenn sie es nicht können, diese<br />
armen Kleinen, so können wir ihnen ja<br />
helfen, gottseidank, <strong>und</strong> sie schnellstens<br />
therapieren, damit sie auch so glücklich<br />
werden wie wir.<br />
(Namen sind der Redaktion bekannt)<br />
* Rudolf Steiner:<br />
„Leben in der Liebe zum Handeln<br />
<strong>und</strong> Lebenlassen<br />
im Verständnisse des fremden Wollens,<br />
ist die Gr<strong>und</strong>maxime<br />
des freien Menschen.“ (Anm. d. Red.)<br />
Leserbrief / Zur Diskussion • 15<br />
... im milden Licht,<br />
als sich die Schatten<br />
senkten ...<br />
Als damals Europa zerfiel,<br />
beschäftigte mich immer<br />
wieder die Frage:<br />
Warum<br />
all die Gegensätze,<br />
Konflikte,<br />
dieses Sich-Verurteilen<br />
unter den Menschen,<br />
<strong>und</strong> sogar unter den Christen?<br />
Gibt es nicht<br />
einen hier <strong>und</strong> heute gangbaren Weg,<br />
alles vom anderen zu verstehen?<br />
An einem Tag, den ich datieren kann,<br />
an einem Ost, den ich beschreiben<br />
kann, fasste ich im milden Licht<br />
eines Spätsommerabends,<br />
als sich die Schatten<br />
über die Landschaft senkten,<br />
einen Entschluss.<br />
Ich sagte mir:<br />
Wenn es diesen Weg gibt,<br />
dann fang bei dir selber an<br />
<strong>und</strong> schlag ihn ein.<br />
Es ging mir um nichts Geringeres,<br />
als ein Leben lang<br />
immer wieder<br />
auf einen unumstößlichen Entschluss<br />
zurückzukommen:<br />
Lieber verstehen,<br />
als verstanden zu werden.<br />
An jenem Tag war ich überzeugt:<br />
dieser Entschluss gilt bis zum Tod.<br />
Frère Roger Schutz