Behindert? - KJF Regensburg
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1/10<br />
Großartige<br />
Resonanz!<br />
Ausstellung „Kunst.Preis<br />
für Menschen mit<br />
geistiger Behinderung“<br />
beeindruckt<br />
Zum Gedenken:<br />
Besuch in Schloss Hartheim,<br />
Euthanasieanstalt<br />
in der NS-Zeit<br />
<strong>Behindert</strong>? Nicht behindert?<br />
Wünsche an Menschen ohne Behinderung<br />
Aus der Arbeit der Katholischen Jugendfürsorge der Diözese <strong>Regensburg</strong> e. V.
Liebe Mitglieder, liebe Freunde und Förderer,<br />
liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter!<br />
Vor wenigen Wochen stand ich vor<br />
einem öffentlichen Gebäude und<br />
fragte, warum es hier keinen barrierefreien<br />
Zugang gebe. „Hier wollte<br />
noch nie ein <strong>Behindert</strong>er herein und<br />
außerdem ist das sehr teuer“, lautete<br />
die spontane Antwort. Sie zeigt, wie<br />
schwer es ist, das im Grundgesetz<br />
verankerte Benachteiligungsverbot<br />
gegenüber behinderten Menschen<br />
zu verwirklichen. Eine intensivere<br />
Diskussion zur Gleichstellung von<br />
behinderten Menschen konnte man<br />
nach der Verabschiedung der <strong>Behindert</strong>enrechtskonvention<br />
durch den<br />
Deutschen Bundestag vor etwa einem<br />
Jahr erwarten. Die Diskussionen<br />
spielen sich aber zum großen Teil<br />
nur in den Bereichen der Sonderpädagogik<br />
und der Arbeit für behinderte<br />
Menschen ab. In Politik, Gesellschaft,<br />
Regelschulen, auf dem<br />
ersten Arbeitsmarkt, dem Wohnungsbausektor<br />
etc. wird das Thema weitgehend<br />
verdrängt. Wo bleibt zum<br />
Beispiel eine breit angelegte Initiative<br />
für barrierefreie öffentliche<br />
Gebäude?<br />
In der Sonderpädagogik besteht die<br />
Gefahr, dass man die Herausforderung<br />
für die Gleichstellung behinderter<br />
Menschen nur mit Veränderung<br />
von Strukturen lösen will. Dabei<br />
geht es vor allem um unsere Haltung<br />
und um Werte.<br />
Deshalb fragen wir in dieser Ausgabe<br />
nach, was Menschen mit Behinderungen<br />
wollen, wie es in dem<br />
Artikel „Alles inklusiv… Wo kommen<br />
wir da hin?“ gefordert wird (S. 4).<br />
Antworten von MitarbeiterInnen der<br />
2<br />
Werkstätte St. Josef geben uns<br />
wertvolle Impulse (S. 10).<br />
Wir stellen Ihnen Unternehmer wie<br />
das Modehaus Hippele und EMV<br />
Testhaus vor, die Haltung zeigen<br />
und sich ganz selbstverständlich für<br />
behinderte Menschen öffnen (S. 28).<br />
Welche Unternehmer das Land<br />
braucht, um mehr behinderte Menschen,<br />
die das auch wünschen,<br />
erfolgreich in den ersten Arbeitsmarkt<br />
zu integrieren, schildert unser<br />
Integrationsfachdienst (S. 30).<br />
Außerdem zeigen wir auf, dass wir<br />
den Kinderschutz für behinderte<br />
Kinder sehr ernst nehmen und mit<br />
eigenen Ansätzen vorangehen (S. 18).<br />
Das Benachteiligungsverbot im<br />
Grundgesetz bezieht sich aber auch<br />
auf Menschen anderer Nationen,<br />
politischer Anschauungen… Deshalb<br />
sind Projekte wie „Jugend für Vielfalt,<br />
Toleranz und Demokratie“ von<br />
besonderer Bedeutung und wertvolle<br />
Bausteine in unserer Arbeit (S. 22).<br />
Dass wir dabei die Vergangenheit<br />
nicht ausblenden dürfen, zeigen die<br />
Eindrücke bei einem Besuch behinderter<br />
Menschen in der Gedenkstätte<br />
Schloss Hartheim (S. 14).<br />
Mit dem Projekt „Hilfe für Haiti“<br />
setzen sich viele unserer SchülerInnen<br />
und MitarbeiterInnen für die<br />
Ärmsten der Armen ein, mit Spendenaktionen<br />
und konkreter Hilfe vor<br />
Ort. Es wird noch unendlich viel<br />
gebraucht, bitte helfen Sie weiter<br />
(S. 36).<br />
Der Kunstpreis für Menschen mit<br />
geistiger Behinderung, den wir<br />
gemeinsam mit dem Kunst- und<br />
Gewerbeverein verwirklichen dürfen,<br />
zeigt neue Wege auf, wie wir mit<br />
Hilfe der Kunst unsere Einstellung<br />
gegenüber behinderten Menschen<br />
weiterentwickeln können (S. 8).<br />
Dass wir all dies mit vielen Freunden,<br />
Förderern und Partner tun dürfen,<br />
wollen wir nicht vergessen und<br />
in den Rubriken „Vergelt’s Gott“,<br />
„Menschen im Gespräch“ und<br />
„Neues aus den Einrichtungen“ zum<br />
Ausdruck bringen.<br />
„Damit Ihr Hoffnung habt.“ – Mit<br />
diesem Motto des ökumenischen<br />
Kirchtages, an dem wir mit mehreren<br />
Aktionen beteiligt waren (S. 26),<br />
wünsche ich Ihnen einen schönen<br />
Sommer mit vielen inklusiven Begegnungen.<br />
Ihr<br />
Michael Eibl<br />
Direktor der <strong>KJF</strong>
Titelthema<br />
Leben mit Behinderung<br />
>>> Alles „inklusiv“... 4<br />
Wo kommen wir da hin?<br />
Wir müssen noch intensiver nachfragen<br />
und hinhören, was Menschen<br />
mit Behinderungen wollen.<br />
>>> Zum Gedenken 14<br />
In Schloss Hartheim, eine von<br />
sechs NS-Euthanasieanstalten,<br />
wurden auch Menschen<br />
vom Antoniusheim ermordet.<br />
>>> Mehr als „nur“ 32<br />
soziales Engagement:<br />
Modehaus Hippele und EMV<br />
Testhaus möchten ihre Freunde<br />
nicht mehr missen.<br />
>>> Schutz für Kinder 18<br />
mit Behinderung:<br />
Jedes Kind hat ein Recht darauf,<br />
geschützt zu werden.<br />
>>> Online gut beraten! 6<br />
Neuer Online-Dienst kümmert<br />
sich um Belange von Menschen<br />
mit Behinderung oder psychischer<br />
Erkrankung.<br />
Aktuell<br />
>>> Projekt „Jugend für Vielfalt, 22<br />
Toleranz und Demokratie“<br />
Demokratieerziehung<br />
in <strong>KJF</strong>-Einrichtungen<br />
>>> Ökumenischer Kirchentag 26<br />
„Damit ihr Hoffnung habt.“<br />
Die <strong>KJF</strong> war dabei.<br />
>>> „Es darf auch einmal 30<br />
richtig gut gehen.“<br />
IFD Oberpfalz vermittelt Arbeitsuchenden<br />
erfolgreich in Arbeitsmarkt.<br />
>>> Hilfe für Haiti: 36<br />
Förderverein des Pater-Rupert-<br />
Mayer-Zentrum setzt großartige<br />
Spendenaktion in Gang.<br />
>>> Überwältigende Resonanz: 8<br />
Kunst.Preis für Menschen mit geistiger<br />
Behinderung soll fortgeführt werden.<br />
Standpunkt<br />
Was wünschen Sie sich von<br />
„Menschen ohne Behinderung?“<br />
>>> Was uns Mitarbeiter der 10<br />
Werkstätte St. Josef in Straubing<br />
mit auf den Weg geben<br />
Neues<br />
von der <strong>KJF</strong><br />
Menschen im Gespräch<br />
>>> Alles Gute: 11<br />
Verdienste, Jubiläen, Neubeginn<br />
Neues aus den Einrichtungen<br />
>>> Gute Arbeit! 20<br />
Neuentwicklungen, Jubiläen,<br />
Errungenschaften<br />
Vergelt's Gott<br />
>>> Glückliche Momente: 12<br />
Freunde und Förderer<br />
unterstützen mit ihrer guten Tat<br />
die Arbeit der <strong>KJF</strong><br />
Innehalten 39<br />
Impressum<br />
Inhalt<br />
Herausgeber:<br />
Katholische Jugendfürsorge<br />
der Diözese <strong>Regensburg</strong> e.V.,<br />
Direktor Michael Eibl<br />
Redaktionsleitung:<br />
Michael Eibl, Isolde Hilt<br />
MitarbeiterInnen dieser Ausgabe:<br />
Bertin Abbenhues, Christine Allgeyer,<br />
Gabi Ammer, Hildegard Bachmaier,<br />
Susanne Bauer, Isolde Hilt, Anna<br />
Kellnberger, Johannes Magin, Anna<br />
Pötzl, Sandra Reiner, Gerhard Schill,<br />
Wolfgang Sollfrank, Rosa Schreiber,<br />
Rita Wagner, Philipp Weigert<br />
Fotos:<br />
Christine Allgeyer, www.altrofoto.de,<br />
ArtmannWitte - Fotolia.com, Detlef Eibl,<br />
Franz Flotzinger, Jochen Häußler, Isolde<br />
Hilt, Klaus Kracker, Robert Steinhäuser,<br />
Daniel Steinkohl, Gerhard Vogt, Philipp<br />
Weigert · Titelfoto: Günther Ciupka<br />
Gestaltung:<br />
www.grafica-design.de<br />
Druck:<br />
hm Druck, <strong>Regensburg</strong><br />
Kontakt Redaktion:<br />
Katholische Jugendfürsorge<br />
der Diözese <strong>Regensburg</strong> e.V.<br />
Referat Presse- und<br />
Öffentlichkeitsarbeit<br />
Orleansstraße 2a<br />
93055 <strong>Regensburg</strong><br />
Telefon:0941 79887-220<br />
Telefax: 0941 79887-177<br />
E-Mail: presse@kjf-regensburg.de<br />
www.kjf-regensburg.de<br />
Titelfoto:<br />
Janina Härtl, Teilnehmerin<br />
an Freizeitangeboten von<br />
Magdalena • Offene <strong>Behindert</strong>enhilfe,<br />
Abensberg<br />
3
Titelthema<br />
Alles „inklusiv“...<br />
Wo kommen wir da hin?<br />
Die Katholische Jugendfürsorge <strong>Regensburg</strong> leistet seit vielen<br />
Jahren Hilfen für behinderte Menschen – von der Frühförderung<br />
bis ins hohe Alter, in den Bereichen Gesundheit, Bildung,<br />
Erziehung, berufliche Rehabilitation, Arbeit, Wohnen, Pflege.<br />
Text: Johannes Magin · Fotos: altrofoto.de
„Menschen mit Behinderungen sollen<br />
ihre Menschenrechte uneingeschränkt<br />
verwirklichen dürfen.“<br />
A<br />
ls Träger befassen wir uns intensiv<br />
damit, welche Hilfen Menschen<br />
mit Behinderung brauchen, damit<br />
funktionelle Einschränkungen verringert<br />
werden, damit sie ihre Persönlichkeit<br />
entfalten, Beziehungen zu<br />
anderen Menschen aufnehmen, arbeiten,<br />
sich am Leben der Gesellschaft<br />
beteiligen können. Seit 2009<br />
gelten die Forderungen der <strong>Behindert</strong>enrechtskonvention,<br />
mit denen wir<br />
uns auseinandersetzen wollen und<br />
müssen, nun auch verbindlich für<br />
Deutschland: Menschen mit Behinderungen<br />
sollen ihre Menschenrechte<br />
uneingeschränkt verwirklichen können.<br />
Das geht nur in einer „inklusiven“<br />
Gesellschaft. Damit ist eine<br />
Gesellschaft gemeint, die Menschen<br />
mit Behinderung sich überall dort<br />
beteiligen lässt, wo sie es wollen. Das<br />
bedeuten die Begriffe „Teilhabe“ und<br />
„Selbstbestimmung“, die in der UN-<br />
Konvention eine große Rolle spielen.<br />
Inklusion gilt es in all den Lebensbereichen<br />
zu verwirklichen, in denen<br />
auch die <strong>KJF</strong> Hilfen anbietet. Wir<br />
müssen uns deshalb bei all unseren<br />
Hilfsangeboten fragen, welchen Beitrag<br />
sie zur Selbstbestimmung und<br />
Teilhabe von Menschen mit Behinderungen<br />
leisten bzw. wie „inkludierend“<br />
oder inklusiv sie sind. Dabei<br />
gilt prinzipiell, dass die Intensität von<br />
Förderung und Hilfe nicht zur Frage<br />
stehen darf. Auch die inklusive Beschulung<br />
eines behinderten Kindes<br />
muss die Förderung bereitstellen, die<br />
das Kind zu seiner Entwicklung<br />
braucht. Wenn ein Mensch mit Behinderung<br />
in einer eigenen Wohnung<br />
leben will und nicht in einer Wohngemeinschaft,<br />
muss die Unterstützung<br />
für ihn so ausgestaltet werden,<br />
dass er selbst sich wohl fühlt und keinen<br />
Schaden nimmt.<br />
Nimmt man Selbstbestimmung ernst,<br />
kommt dem Wunsch- und Wahlrecht<br />
von behinderten Menschen, bei Kin-<br />
dern auch dem ihrer Eltern, eine<br />
wichtige Aufgabe zu. Als Anbieter<br />
von Förder- und Unterstützungsleistungen<br />
müssen wir noch intensiver<br />
nachfragen und hinhören, was Menschen<br />
mit Behinderungen wollen.<br />
Nicht die Anpassung eines behinderten<br />
Menschen an unsere Regeln ist<br />
das Ziel; wir sind vielmehr gefordert,<br />
unsere Assistenzleistung den Vorstellungen<br />
des Menschen mit Behinderung<br />
möglichst weitgehend anzupassen.<br />
Dabei bleibt es unsere fachliche<br />
Verantwortung, neue Möglichkeiten<br />
zu erschließen, individuelle Lösungen<br />
zu entwickeln, aber auch unsere<br />
Grenzen zu erkennen und klar zu benennen.<br />
All das werden wir nur leisten können,<br />
wenn wir noch stärker als wir<br />
das bereits jetzt tun, die alltägliche<br />
Umgebung eines Menschen mit<br />
Behinderung in die Hilfeerbringung<br />
einbeziehen. Das kann die Regelschule<br />
sein, der normale Kinderhort,<br />
die Hausgemeinschaft in einem Mietshaus<br />
oder die Nachbarschaft in einem<br />
Dorf, die Pfarrgemeinde, Vereine,<br />
Betriebe usw. Mit dem Ansatz der so<br />
genannten „Sozialraumorientierung“<br />
werden systematisch Möglichkeiten<br />
aufgebaut, wie nicht professionelle<br />
Hilfen die Leistungen, die wir als<br />
Profis erbringen, ergänzen und anreichern<br />
können, damit ein behinderter<br />
Mensch gut in seinem „sozialen Nahraum“<br />
leben kann.<br />
Eine spannende Entwicklung, die<br />
auch an die Gründungsgeschichte der<br />
Katholischen Jugendfürsorgen in<br />
Titelthema<br />
Bayern erinnert. Bereits ihr Begründer,<br />
Jakob Reeb, verfolgte vor 100<br />
Jahren die Idee, dass sich Pfarrgemeinden<br />
um Jugendliche in schwierigen<br />
Lebenslagen kümmern. Damals<br />
war die Zeit dafür vielleicht noch<br />
nicht reif. Wir aber haben heute die<br />
Aufgabe, unseren Beitrag zu einer<br />
Gesellschaft zu leisten, die dem<br />
Zusammenhalt und der Solidarität<br />
größeres Gewicht beimisst. Dass wir<br />
damit anscheinend gegen den starken<br />
gesellschaftlichen Trend zu immer<br />
weiter gehender Vereinzelung steuern,<br />
darf uns nicht entmutigen.<br />
„Wir müssen noch intensiver<br />
nachfragen und hinhören, was Menschen<br />
mit Behinderungen wollen.“<br />
Johannes Magin<br />
Abteilungsleiter Teilhabeleistungen<br />
für Jugendliche<br />
und Erwachsene der <strong>KJF</strong><br />
5
Titelthema<br />
Online gut beraten!<br />
Kostenlos, anonym und kompetent<br />
bei Fragen zum Thema „Leben mit Behinderung<br />
oder mit einer psychischen Erkrankung“<br />
<strong>KJF</strong> <strong>Regensburg</strong> beteiligt sich an deutschlandweitem Beratungsservice der Caritas<br />
Menschen mit Behinderung sind häufiger online als Menschen<br />
ohne Behinderung. Nach einer von Aktion Mensch 2008 veröffentlichten<br />
Studie nutzen sie das Web 2.0 überdurchschnittlich<br />
und nahezu täglich. Laut ARD/ZDF-Onlinestudie<br />
von 2007 gehen BürgerInnen durchschnittlich an 5,1<br />
Tagen pro Woche ins Netz, NutzerInnen mit Behinderung<br />
dagegen sind 6,5-mal pro Woche online. Ein erstaunliches<br />
Ergebnis? Wohl kaum, eröffnet das Internet doch<br />
mit wenigen Klicks den selbstbestimmten Zugang zu<br />
Lebens- und Lernwelten. Ebenso schnell und einfach<br />
können sich Menschen mit Behinderung<br />
oder einer psychischen Erkrankung im<br />
Online-Beratungsportal des Deutschen<br />
Caritasverbandes unter<br />
www.beratung-caritas.de<br />
Rat einholen.<br />
6<br />
Text: Christine Allgeyer<br />
Foto: altrofoto.de
Bundesweit stellen etwa 40 kirchliche<br />
Einrichtungen in ihrem<br />
Einzugsgebiet erfahrene Fachkräfte<br />
zur Verfügung, die Ratsuchenden<br />
innerhalb von 48 Stunden eine persönliche<br />
Antwort geben. Die Katholische<br />
Jugendfürsorge der Diözese<br />
<strong>Regensburg</strong> e.V. hat 31 Online-<br />
BeraterInnen qualifiziert, die ab 1.<br />
Juli 2010 anonym, vertraulich und<br />
kostenlos bei Fragen zu den Themen<br />
Behinderung und psychische Erkrankung<br />
beraten und informieren.<br />
Das Angebot entspricht den Anforderungen<br />
des Datenschutzes. Innerhalb<br />
der <strong>KJF</strong> deckt es die Bereiche<br />
Kinder und Jugendliche, Schule,<br />
Ausbildung, berufliche Rehabilitation,<br />
Wohnen, Arbeiten, Beratungsstellen,<br />
ambulante Angebote und Pflegeeinrichtungen<br />
sowie medizinische<br />
Rehabilitation ab.<br />
Zugang zu Informationen<br />
erleichtert<br />
„Wir wollen als der im Bistum<br />
zuständige Fachverband für die<br />
<strong>Behindert</strong>enhilfe Betroffenen mit der<br />
Online-Beratung die Hilfe anbieten,<br />
die sie brauchen“, so <strong>KJF</strong>-Direktor<br />
Michael Eibl. „Wir haben bereits eine<br />
Beratungsstruktur entwickelt und<br />
können damit alle fachlichen<br />
wie auch regionalen<br />
Aspekte abdecken.<br />
Aus der täglichen<br />
Arbeit mit den<br />
uns anver-<br />
trauten Menschen wissen wir, welchen<br />
großen Stellenwert gerade dieses<br />
Angebot bei der Zielgruppe hat.“ Es<br />
sei bekannt, dass Menschen mit Behinderung<br />
und deren Angehörige es<br />
schätzen, sich anonym und barrierefrei<br />
informieren und in entsprechenden<br />
Foren beraten zu können.<br />
Tatsächlich nimmt die Bedeutung der<br />
Online-Beratung für Menschen mit<br />
Behinderung laut aktueller Studien<br />
zu. Anonym bleiben zu dürfen, senkt<br />
die Einstiegsschwelle für die Nutzer-<br />
Innen. Sie entwickeln häufig die<br />
Bereitschaft, weitergehende professionelle<br />
Hilfen in Anspruch zu nehmen.<br />
Weitere Vorteile liegen auf der Hand:<br />
Das Angebot ist rund um die Uhr verfügbar.<br />
Der/die Ratsuchende muss<br />
nicht ins Auto steigen, mit dem Bus<br />
fahren. Nein, alles kann von zuhause<br />
aus erledigt werden. Eltern, Betreuer<br />
oder der Partner müssen nichts davon<br />
erfahren. Von jedem PC aus, auch in<br />
öffentlichen Einrichtungen oder im<br />
Internetcafé, ist der Zugang möglich.<br />
Schreiben zu können, fällt manchmal<br />
auch leichter als ein Gespräch zu führen.<br />
Deshalb bewerten diese Art der<br />
Anfrage viele Ratsuchende als positiv.<br />
„Die Online-Beratung für Menschen<br />
mit Behinderung und ihre Angehörigen<br />
ist angesichts aktueller Entwicklungen<br />
in der <strong>Behindert</strong>enhilfe von<br />
herausragender Bedeutung“, ist sich<br />
Johannes Magin, Abteilungsleiter<br />
Teilhabeleistungen für Jugendliche<br />
und Erwachsene, sicher. Die zunehmende<br />
Individualisierung der Lei-<br />
stungen, das Persönliche Budget, das<br />
Recht auf Selbstbestimmung sowie<br />
die von der UN-<strong>Behindert</strong>enrechtskonvention<br />
geforderte Inklusion sind<br />
Beispiele dafür.<br />
Bei <strong>KJF</strong>-Experten nachgefragt<br />
Die Online-BeraterInnen der <strong>KJF</strong> geben<br />
allgemeine Auskunft, klären auf<br />
und beraten in Fragen rund um die<br />
Themen „Behinderung“ und „psychische<br />
Erkrankung“. Bei Bedarf vermitteln<br />
sie passende Angebote und<br />
Dienstleistungen in der Region. Sie<br />
klären mit den Ratsuchenden den<br />
Hilfebedarf, erfassen deren Lebenssituation<br />
(Clearing). Sie informieren<br />
bei rechtlichen Fragestellungen, bieten<br />
jedoch keine Rechtsberatung an.<br />
Werden Hilfen zur Bewältigung problematischer<br />
Lebenssituationen oder<br />
in Umbruchsituationen benötigt,<br />
kann eine psychosoziale Beratung<br />
und Krisenintervention erfolgen.<br />
Die Experten arbeiten in Förderzentren,<br />
beim Integrationsfachdienst, im<br />
Netzwerk Autismus, in Werkstätten<br />
für Menschen mit Behinderung, der<br />
Offenen <strong>Behindert</strong>enhilfe, in der<br />
Wohnpflegeeinrichtung, im Berufsbildungswerk,<br />
in Frühförderung und<br />
integrativem Kindergarten. Sie verfügen<br />
über weitreichendes Erfahrungswissen<br />
und wurden zusätzlich qualifiziert,<br />
um Ratsuchenden bestmöglich<br />
weiterhelfen zu können: „Auf Mausklick<br />
gut beraten.“<br />
7
Aktuell<br />
Ein neues Projekt, insbesondere ein ungewöhnliches, ist meist ein<br />
Wagnis. Wird die Idee angenommen? Sicher konnte man sich nicht<br />
unbedingt sein, als der Kunst- und Gewerbeverein <strong>Regensburg</strong> e. V.<br />
und die Katholische Jugendfürsorge der Diözese <strong>Regensburg</strong> e. V. im<br />
Spätherbst 2009 zum ersten Mal den Kunst.Preis für Menschen mit<br />
geistiger Behinderung in Niederbayern und der Oberpfalz ausschrieben.<br />
173 Künstlerinnen und Künstler, die sich mit insgesamt 460<br />
Arbeiten bewarben, haben jegliche Sorge weggewischt. Viele großartige<br />
Arbeiten sind darunter. Eine Ausstellung, die im Juli im Haus des<br />
Kunst- und Gewerbevereins zu sehen ist, zeigt 105 Kunstwerke von 77<br />
Kunstschaffenden.<br />
8<br />
Premiere!<br />
Ausstellung „Kunst.Preis<br />
für Menschen mit geistiger Behinderung“<br />
im Kunst- und Gewerbeverein <strong>Regensburg</strong><br />
Text: Isolde Hilt · Fotos: www.altrofoto.de, privat<br />
„Wir wollten mit dem Kunst.Preis ein<br />
Bewusstsein dafür schaffen, über welche<br />
Fähigkeiten und kreativen Talente<br />
Menschen mit geistiger Behinderung<br />
verfügen. Es sind großartige Kunstwerke<br />
eingegangen. Jetzt hoffen wir,<br />
dass die Ausstellung zu einem Publi-<br />
kumsmagneten wird“, wünschen sich<br />
Michael Eibl, Direktor der <strong>KJF</strong>, und<br />
Alfred Böschl, 1. Vorsitzender des<br />
Kunst- und Gewerbevereins. Auch die<br />
anderen Jurymitglieder sind begeistert:<br />
„Ich bin außerordentlich angetan<br />
von der Quantität und Qualität. Eine<br />
großartige Beteiligung und viele<br />
Arbeiten mit großer Intensität, Ausdruckskraft<br />
und Spannung, vielfach<br />
mit Verfremdung und Überzeichnung,<br />
was Kunst ja auch kennzeichnet.<br />
Meine Erfahrung, dass sich Menschen<br />
mit geistiger Behinderung über<br />
die Kunst mitteilen können und wollen,<br />
wurde eindrucksvoll bestätigt“,<br />
schwärmt Dr. Rudolf Ebneth, 2. Vorsitzender<br />
des Kunst- und Gewerbevereins.<br />
„Mir fällt die Zeitlosigkeit der<br />
eingereichten Kunstwerke auf. Jedes<br />
hat eine eigene Sprache; fremde Welten<br />
tun sich für uns auf“, stellt Renate<br />
Höning, Künstlerin und Heilpädagogin,<br />
anerkennend fest.
Edmund Klingshirn<br />
sieht im Kunst.Preis<br />
einen wichtigen Beitrag<br />
zur Inklusion: „Ich bin<br />
begeistert, welche Leistungen Menschen<br />
mit geistiger Behinderung<br />
erbringen können, wenn man ihnen<br />
Teilhabe in allen Lebensbereichen,<br />
also auch im kulturellen Bereich,<br />
ermöglicht, so wie es die UN-Konvention<br />
über die Rechte von Menschen<br />
mit Behinderungen fordert.<br />
Deshalb finde ich es erfreulich, dass<br />
die Ausstellung in den Räumen des<br />
Kunst- und Gewerbevereins stattfindet.“<br />
Der Kunst.Preis trage dazu bei,<br />
dass Künstler mit geistiger Behinderung<br />
und ihre qualitativ hochwertigen<br />
Werke von vielen Bürgerinnen<br />
und Bürgern gesehen würden und<br />
somit in der Mitte der Gesellschaft<br />
ankämen, so der <strong>Behindert</strong>enbeauftragte<br />
des Landkreises Kelheim.<br />
Initiatoren und Jury ging es von<br />
Beginn an um hoch qualitative Kunst,<br />
nicht um eine sozial angehauchte Veranstaltung.<br />
173 Künstlerinnen und<br />
Künstler haben sich mit<br />
insgesamt 460 Arbeiten<br />
dem Wettbewerb gestellt.<br />
Leicht fiel die Entscheidung<br />
nicht. „Wir<br />
haben nach eigenständiger<br />
künstlerischer Ausdrucksform<br />
sowie Intensität<br />
und Präsenz der<br />
eingereichten Arbeiten<br />
entschieden“, erläutert<br />
Martin van Bracht,<br />
Künstler und Kunsttherapeut,<br />
die Auswahlkriterien.<br />
Es sei erfreulich,<br />
dass viele mitgemacht hätten, viele<br />
seien aber noch nicht erreicht worden.<br />
Daran müsse man arbeiten, fügt er<br />
hinzu.<br />
Und die Gewinner sind...<br />
Dank „Für junge Menschen. Stiftung<br />
kirchliche Kinder- und Jugendhilfe“<br />
gibt es für drei ausgezeichnete Werke<br />
Preise in Höhe von 1.000 €, 500 €<br />
und 300 €. Die GewinnerInnen heißen:<br />
Brigitte Gebert mit ihrer Arbeit<br />
„Ich“, 1. Preis, Andreas Freudenstein<br />
mit „Christus“, 2. Preis, und Aco<br />
Ristic mit „Nürnberg“, 3. Preis.<br />
Jeder der 77 vertretenen Kunstschaffenden<br />
ist mit je einem Werk im<br />
Ausstellungskatalog vertreten.<br />
Kunst- und Gewerbeverein wie <strong>KJF</strong><br />
freuen sich sehr, mit Eva Demski, der<br />
bekannten deutschen Schriftstellerin<br />
und gebürtigen <strong>Regensburg</strong>erin, eine<br />
Patin gefunden zu haben, die als<br />
Kunstkennerin Fragen aufwirft, die<br />
über die Ausstellung hinaus zum<br />
Auseinandersetzen reizen: „Was ist<br />
Kunst? Ab wann ist es Kunst? Was ist<br />
es, das einen berührt, kalt lässt, misstrauisch<br />
oder euphorisch macht?<br />
Muss die Kunst über sich wissen, dass<br />
sie Kunst ist? Wer sanktioniert und<br />
kanonisiert Werke? Oder tun das in<br />
Wahrheit nur Auge, Hirn und Herz<br />
des Betrachters?“<br />
Eva Demski,<br />
Patin des Kunst.Preis<br />
Fortsetzung erwünscht<br />
Aktuell<br />
Wer die Werke gesehen hat, wünscht<br />
sich, dass der Kunst.Preis keine einmalige<br />
Angelegenheit<br />
bleibt: „Wichtig ist mir<br />
der Ausbau der Förderung<br />
künstlerischer und<br />
gestaltender Tätigkeit<br />
für geistig behinderte<br />
Menschen. Eine Fortsetzung<br />
sollte es unbedingt<br />
geben!“ Dem<br />
Wunsch nach Fortsetzung<br />
von Martin van<br />
Bracht schließt sich<br />
auch Dr. Rudolf Ebneth<br />
an: „Dies würde<br />
unserem Bemühen förderlich<br />
sein, das Haus des Kunst- und<br />
Gewerbevereins <strong>Regensburg</strong> noch<br />
mehr zu einer kulturellen Drehscheibe<br />
und Plattform zu machen.“ Einen<br />
anderen, aufrührerischen Aspekt<br />
bringt Wilma Rapf-Karikari, Galeristin<br />
und Geschäftsführerin KartenhausKollektiv,<br />
ein: „Wer immer den<br />
neugierigen BetrachterInnen ein<br />
,Kunstfenster‘ öffnet, bietet einen<br />
Blick auf die Welt an, der bereichern,<br />
überraschen, erheitern oder auch verstören<br />
kann. Dabei ist es nicht wichtig,<br />
etwas über die geistige oder seelische<br />
Verfassung des Künstlers/der<br />
Künstlerin zu wissen oder diese in<br />
den Blickwinkel mit einzubeziehen.“<br />
Renate Höning denkt an die BewerberInnen,<br />
die beim ersten Mal nicht<br />
zum Zug kamen: „Ich wünsche mir,<br />
dass gerade jene Künstlerinnen und<br />
Künstler wieder dabei sind, die dieses<br />
Mal eine Absage erhalten haben.“<br />
Die Ausstellung „Kunst.Preis“<br />
ist zu sehen:<br />
bis zum 31. Juli 2010<br />
im Haus des Kunst- und<br />
Gewerbevereins <strong>Regensburg</strong><br />
Ludwigstraße 6<br />
93047 <strong>Regensburg</strong><br />
Öffnungszeiten:<br />
Dienstag bis Freitag<br />
12 bis 18 Uhr<br />
Samstag, Sonn- und Feiertag<br />
10 bis 18 Uhr<br />
Der Eintritt ist frei.<br />
9
Standpunkt<br />
<strong>Behindert</strong>? Nicht behindert?<br />
Was wir uns von „Menschen ohne Behinderung“ wünschen<br />
Antworten von Susanne Bauer, Sandra Reiner, Wolfgang Sollfrank und Ria Wagner<br />
Fotos: Gerhard Vogt, Franz Flotzinger<br />
10<br />
… dass jeder<br />
seinetwegen geschätzt<br />
und respektiert wird.<br />
Ich bin 42 Jahre und wohne seit 12<br />
Jahren selbstständig in einer Wohnung<br />
in Abensberg. Seit 24 Jahren<br />
arbeite ich in den Straubinger Werkstätten<br />
St. Josef, in der Außenstelle<br />
Offenstetten.<br />
Als ich nach Abensberg gezogen bin,<br />
war es für mich nicht leicht, einen<br />
Vermieter zu finden, der mich aufnimmt,<br />
da ich ja behindert bin.<br />
In meiner Freizeit besuche ich den<br />
Kontaktkreis „<strong>Behindert</strong>e – Nicht-<br />
<strong>Behindert</strong>e“, bei dem ich zum 2. Vorstand<br />
gewählt wurde. Außerdem bin<br />
ich noch in mehreren Vereinen von<br />
Abensberg tätig. Hierbei stelle ich<br />
immer wieder fest, dass die Menschen<br />
unterschiedlich auf mich reagieren,<br />
wenn ich ihnen erzähle, dass<br />
ich in einer Werkstätte tätig bin. Es<br />
kommen Fragen: „Warum arbeitest<br />
Du dort? Du siehst ja nicht behindert<br />
aus… Verdienst Du genügend in<br />
einer Werkstätte?“ Ich werde auf jeden<br />
Fall immer mit seltsamen Blicken<br />
angeschaut!<br />
Oft habe ich auch Angst, von meiner<br />
Arbeit und meiner Behinderung zu<br />
erzählen – aufgrund der Reaktionen,<br />
abgelehnt zu werden. Jedoch kann<br />
man dies nicht verallgemeinern, denn<br />
ich verlasse mich auf meine Menschenkenntnis<br />
und konnte somit viele<br />
Freunde in Abensberg und Umgebung<br />
finden, die mich so annehmen<br />
und respektieren wie ich bin.<br />
Ob behindert oder nicht behindert,<br />
mein Wunsch für die Zukunft wäre,<br />
dass keiner von der Gesellschaft ausgegrenzt<br />
wird. Dass es normal in der<br />
Welt wird, dass jeder seinetwegen<br />
geschätzt und respektiert wird.<br />
Wolfgang Sollfrank<br />
… dass nicht behinderte<br />
Menschen zu uns<br />
behinderten Menschen<br />
aus selbstloser Liebe<br />
Brücken bauen.<br />
Ich wünsche mir, dass nicht behinderte<br />
Menschen zu uns behinderten<br />
Menschen aus selbstloser Liebe Brücken<br />
bauen, uns entgegenkommen, auf<br />
uns zugehen, uns an der Hand nehmen,<br />
uns führen und mit uns weitergehen.<br />
Ebenso ein selbstverständliches<br />
Miteinander-Leben und die<br />
Hilfsbereitschaft in Familie oder<br />
Wohngemeinschaft, in Beruf (in <strong>Behindert</strong>enwerkstätten<br />
und auf dem<br />
allgemeinen Arbeitsmarkt) und auch<br />
in der Öffentlichkeit.<br />
Ria Wagner
… dass Angehörige von<br />
behinderten Kindern mehr<br />
Unterstützung bekommen.<br />
Ich wünsche mir, dass die Angehörigen von<br />
behinderten Kindern mehr Unterstützung bekommen.<br />
Ich wünsche mir auch, dass alle Eltern<br />
die Behinderung ihres Kindes annehmen können<br />
– mit all ihren Stärken und Schwächen.<br />
Susanne Bauer<br />
… Ich finde es schade, dass es<br />
so wenig Chancen für behinderte<br />
Menschen auf dem freien<br />
Arbeitsmarkt gibt.<br />
Ich wünsche mir, dass behinderte Menschen in<br />
der Gesellschaft besser akzeptiert werden. Ich bin<br />
froh, dass es eine Wohngemeinschaft für behinderte<br />
Menschen gibt. So habe ich auch die Möglichkeit,<br />
ein eigenständiges und selbstständiges<br />
Leben mit Unterstützung zu führen.<br />
Ich finde es schade, dass es so wenig Chancen für<br />
behinderte Menschen auf dem freien Arbeitsmarkt<br />
gibt. Ich würde mir wünschen, dass <strong>Behindert</strong>e<br />
besser integriert werden. Außerdem wäre es<br />
toll, wenn es in Straubing Barrierefreiheit in<br />
Discos, im Kino, bei Ärzten und in anderen<br />
öffentlichen Einrichtungen gäbe, dann könnte ich<br />
mich als Rollstuhlfahrerin ungehindert bewegen.<br />
Sandra Reiner<br />
Neues von<br />
der Katholischen Jugendfürsorge<br />
Menschen…<br />
+++ Verdienste ++ Abschiede +++<br />
Mehr als verdient<br />
Prälat Dr. Josef Schweiger hat Dr.<br />
Josef Simon für sein langjähriges<br />
Engagement im Verwaltungsrat der<br />
<strong>KJF</strong> geehrt. Der Vorsitzende der <strong>KJF</strong><br />
zeichnete Dr. Simon mit der Ehrenmedaille<br />
aus.<br />
Seit über 30 Jahren bringt Dr. Josef<br />
Simon sein Fachwissen in den Verwaltungsrat<br />
der <strong>KJF</strong> ein. Besonders<br />
in juristischen Fragen ist er mit seinem<br />
Fachwissen als Notar eine unverzichtbare<br />
Stütze für den Verband. Die Ehrenmedaille der <strong>KJF</strong><br />
mit Ehrennadel und Ehrenurkunde wird nur selten verliehen und<br />
stellt eine hohe Anerkennung dar. Bislang haben zwölf Personen<br />
diese Auszeichnung erhalten.<br />
Helden des Alltags<br />
…sind im Kinderzentrum St. Vincent zu finden: Florian Distler,<br />
Markus Brand, Sabrina Niedermeier und Michael Böhringer. Sie<br />
erhielten die Auszeichnung von Birgit Eichenseer, Dr. Kai Schulz<br />
– beide Remax Immobilien <strong>Regensburg</strong> – und Gesamtleiter<br />
Wolfgang Berg überreicht.<br />
„Helden des Alltags“ ist eine Auszeichnung für Kinder und<br />
Jugendliche im Kinderzentrum St. Vincent der <strong>KJF</strong>, die sich im<br />
letzten Jahr in besonderer Weise für ihre Gruppe, für andere Kinder<br />
oder eine gute Sache engagiert haben. Wolfgang Berg will<br />
von nun an jährlich Kinder belohnen: „Das ist eine große Anerkennung<br />
und gleichzeitig auch eine pädagogisch sinnvolle Maßnahme.“<br />
Fortsetzung Seite 34<br />
11
Neues von<br />
der Katholischen Jugendfürsorge<br />
Vergelt’s Gott!<br />
Ihre Spende, Ihr Geschenk ist gut angekommen. Herzlichen Dank!<br />
12<br />
Sicher<br />
transportiert<br />
… und gut angekommen! Die<br />
Adresse: das <strong>Regensburg</strong>er Kinderzentrum<br />
St. Martin der <strong>KJF</strong>. Herbert<br />
Schmid, Senior-Chef der Schmid<br />
Transporte und Spedition GmbH &<br />
Co.KG in <strong>Regensburg</strong>, überreichte<br />
Sissi Riebeling, der Vorsitzenden<br />
des Fördervereins Aktion Sonnenschein<br />
e.V., eine Spende über<br />
2.500 Euro. Mit diesem Geld finanziert<br />
das sozialpädiatrische Zentrum<br />
die Behandlung und Betreuung<br />
von Säuglingen, Kindern und<br />
Jugendlichen mit Entwicklungs-,<br />
Lern- und Verhaltensauffälligkeiten.<br />
Warm ums Herz<br />
Glühwein im Winter wärmt nicht nur körperlich.<br />
Luigi Ciaramella, neuer Pächter des Café Gala, und<br />
die Praxisgemeinschaft um Marcus Karl, Ute Seemann-Kahne<br />
und Karin Falbogowski haben die<br />
Erlöse ihrer Glühwein-Spenden-Gala den Wohngemeinschaften<br />
St. Hildegard gespendet. Der beinahe<br />
schon traditionelle Glühweinverkauf erbrachte<br />
1.200 Euro. Marcus Karl von der Praxisgemeinschaft<br />
legte noch einmal 300 Euro drauf. Die<br />
Straubinger Einrichtung finanzierte mit dem Geld<br />
Förder- und Therapiematerialien für die Bewohner.<br />
In Freundschaft verbunden<br />
Gammel Engineering versteigert seit fünf Jahren auf der firmeninternen<br />
Weihnachtsfeier von Kunden erhaltene Geschenke. Den Erlös<br />
von 3.200 Euro spendeten die Mitarbeiter an das Cabrini-Haus in<br />
Offenstetten. Zwischen Mitarbeitern von Gammel Engineering und<br />
den Kindern des Cabrini-Hauses sind über die Jahre freundschaftliche<br />
Bande entstanden. Bei Kaffee und Kuchen herrschte ausgelassene<br />
Stimmung zwischen den Bewohnern und ihren Gästen.
Wenn es keine<br />
Sternstunden gäbe…<br />
wäre es um Haus St. Elisabeth in Windischeschenbach<br />
nicht so gut bestellt. Dank Sternstunden<br />
e. V. mit einem Spendenvolumen<br />
von insgesamt 488.685 Euro, dank 240.000<br />
Euro aus dem Konjunkturprogramm II des<br />
Freistaats Bayern sowie vieler weiterer Spenden<br />
wurde die Jugendhilfeeinrichtung generalsaniert.<br />
Nach der Villa Sternstunden konnte<br />
nun Anfang März die Jugendwohngruppe<br />
„Rudolf“ feierlich eingeweiht werden. Zehn<br />
Jugendliche im Alter von 12 bis 18 Jahren<br />
haben hier ein neues Zuhause gefunden.<br />
Treue Freunde<br />
… das sind Rosina und Reinhard<br />
Zirngibl mit ihrem Ensemble der<br />
Straubinger Volksbühne! Gemeinsam<br />
mit Oberbürgermeister Markus<br />
Pannermayer überreichten sie<br />
bei der Jahresabschlussfeier des<br />
Theaters eine Spende über 11.000<br />
Euro für die Straubinger Werkstätten<br />
St. Josef.<br />
Neues von<br />
der Katholischen Jugendfürsorge<br />
Anerkennung für die Arbeit der <strong>KJF</strong><br />
Das Ingenieurbüro Butz, Hausmann<br />
& Hiller GmbH spendete<br />
der <strong>KJF</strong> 1.500 Euro. Die beiden<br />
Geschäftsführer Josef Hiller und<br />
Erwin Hausmann übergaben den<br />
Scheck persönlich an <strong>KJF</strong>-Direktor<br />
Michael Eibl und Hubert Tausendpfund,<br />
Abteilungsleiter Wirtschaft/<br />
Finanzen.<br />
Dr. Gerhard Lang und Angela<br />
Schöffel sprachen der <strong>KJF</strong> mit<br />
einer Spende über 2.000 Euro<br />
ebenfalls ihr Vertrauen aus. Das<br />
Sachverständigenbüro Dr. Lang<br />
& Schöffel und die <strong>KJF</strong> verbindet<br />
eine lange partnerschaftliche<br />
Zusammenarbeit. Mit ihrer Spende<br />
fördern die Inhaber das Kinderhaus<br />
der <strong>KJF</strong> in Abensberg.<br />
Spenden auf Rädern<br />
Die Bischof-Wittmann-Schule (BWS) zieht Spenden förmlich an. Auch<br />
in den vergangenen Monaten konnte sich das Förderzentrum mit dem<br />
Schwerpunkt geistige Entwicklung über Zuwendungen freuen:<br />
Die Aktion Mensch beschenkte die Einrichtung der <strong>KJF</strong> mit einem neuen<br />
VW-Bus. Einrichtungsleiter Ludwig Faltermeier freute sich über das<br />
Fahrzeug: „Wir nutzen es im Rahmen unserer Projekte und Freizeitfahrten,<br />
damit können wir unseren Schülern die Teilhabe am öffentlichen<br />
Leben ermöglichen.“<br />
Unterwegs auf seinem roten Bischofshof-Flitzer überbrachte Robert Vitti<br />
der BWS eine Spende in Höhe von 1.500 Euro. Der Gastronomiebetreuer<br />
erradelte den einen Teil des Betrags, zwei Studentenorganisationen<br />
der Hochschule <strong>Regensburg</strong> steuerten den anderen Teil bei. Mit dem<br />
Geld finanziert die BWS ein Spielgerät auf dem Erlebnisspielplatz.<br />
Fortsetzung Seite 25<br />
13
Zum Gedenken<br />
„Die Menschen so zu akzeptieren, wie sie sind, ist ein wichtiger<br />
Menschenrechtsgrundsatz. Die Verschiedenartigkeit anzuerkennen,<br />
ist Voraussetzung, um das Gleichheitspostulat zu verwirklichen.“ *<br />
Fotos: Philipp Weigert<br />
Simon Wiesenthal, Überlebender des<br />
Holocaust, bezeichnete die Tötungsanstalt<br />
Hartheim als Mörderschule<br />
der Nationalsozialisten. Berüchtigte<br />
KZ-Kommandanten haben hier ihre<br />
„Karriere“ im T4-Mitarbeiterstab begonnen.<br />
Aktion T4: Unter dieser Bezeichnung<br />
lief die systematische Ermordung der<br />
Menschen, die Adolf Hitler als krank,<br />
behindert, lebensunwert bezeichnete.<br />
Die Entscheidungskriterien: Wer<br />
kann arbeiten? Wer kostet Geld?<br />
Wieviel Reichsmark lassen sich einsparen,<br />
wenn ...<br />
Schloss Hartheim in Oberösterreich<br />
war die größte von insgesamt sechs<br />
Euthanasieanstalten. 30.000 Men-<br />
14<br />
schen wurden in Alkoven bei Linz<br />
von 1940 bis 1944 umgebracht.<br />
Aufgrund kirchlicher Proteste – insbesondere<br />
von Clemens August Graf<br />
von Galen, Bischof von Münster, der<br />
öffentlich gegen die Tötung so<br />
genannten unwerten Lebens auftrat –<br />
führten die Nazis ihre Aktion T4 ab<br />
1942 dezentral fort. Hartheim diente<br />
weiter als Vernichtungsstätte für KZ-<br />
Häftlinge. Auch Kinder alkoholkranker<br />
Eltern oder die als schwer erziehbar<br />
galten, brachte man hier um.<br />
Um zu vertuschen, entfernten die<br />
Machthabenden Ende 1944 Gaskammer<br />
und Krematorium und stellten<br />
den baulichen Zustand von 1939<br />
wieder her. Mit das wichtigste<br />
Beweisstück ist das Foto eines Nach-<br />
barn, Karl Schumann, das das Schloss<br />
mit einer großen Rauchwolke zeigt.<br />
Bei Grabungs- und Renovierungsarbeiten<br />
vor knapp zehn Jahren fanden<br />
sich Rosenkränze, Brillen, Tassen –<br />
Habseligkeiten, die die Menschen auf<br />
ihrer letzten Fahrt bei sich trugen.<br />
Schloss Hartheim ist heute Gedenkstätte<br />
und für Angehörige der Friedhof,<br />
der die Menschen und ihre Wurzeln,<br />
wo sie einst lebten, in Erinnerung<br />
hält – darunter die Bewohnerinnen<br />
und Bewohner des Antoniusheims<br />
Münchshöfen.<br />
Isolde Hilt<br />
*Quelle: Broschüre „Lern- und Gedenkort<br />
Schloss Hartheim.Rundgang Ausstellung ,Wert<br />
des Lebens‘ und Gedenkstätte“
Im Februar wurden wir zu einer Informationsveranstaltung<br />
im Antoniusheim<br />
zum Thema „Euthanasie“<br />
eingeladen. Wir haben erfahren, wie<br />
es dazu kam, dass unter Hitler in der<br />
Zeit von 1940 bis 1944 behinderte<br />
Menschen getötet wurden.<br />
Hitler wollte eine „gesunde deutsche<br />
Rasse“ und war der Meinung, dass<br />
behinderte Menschen nichts wert<br />
sind und nur viel Geld kosten. Deshalb<br />
beschloss man, viele <strong>Behindert</strong>e<br />
zu töten. Die Bewohner des Antoniusheimes<br />
waren davon auch betroffen.<br />
Viele Bewohner wurden im Schloss<br />
Hartheim getötet. Es wurde ein Fernsehbericht<br />
gezeigt, wie es damals im<br />
Schloss Hartheim war. Jetzt ist es eine<br />
Gedenkstätte.<br />
Am Ende der Veranstaltung haben<br />
wir beschlossen, nach Hartheim zu<br />
fahren und uns die Gedenkstätte<br />
anzuschauen.<br />
Am 22. April sind wir zusammen mit<br />
Mitarbeitern zur Gedenkstätte gefahren.<br />
Das ist in Österreich, in der<br />
Nähe von Linz. Wir waren ein bisschen<br />
nervös, weil wir nicht genau<br />
wussten, was wir alles sehen werden.<br />
Zusammen haben wir an einer Führung<br />
teilgenommen. Eine junge Frau<br />
hat uns begrüßt und uns alles erklärt.<br />
Sie hat langsam und deutlich gesprochen.<br />
Sie hatte viel Geduld, denn wir<br />
„Wir haben uns gefragt,<br />
warum Menschen so gemein<br />
sein können, andere zu töten.“<br />
hatten viele Fragen. Sie hat uns erklärt,<br />
wie es abgelaufen ist:<br />
Die behinderten Menschen mussten<br />
aus den Bussen aussteigen, dann wurden<br />
die Namen aufgeschrieben. Sie<br />
mussten sich entkleiden. Wer Goldzähne<br />
hatte, bekam ein Kreuz auf den<br />
Rücken. Sie wurden in einen Raum<br />
geführt, dort mit Gas getötet und<br />
anschließend verbrannt. Die Asche<br />
wurde in die Donau gekippt. Wenn<br />
Angehörige die Urne mit der Asche<br />
haben wollten, mussten sie dafür bezahlen.<br />
Die Räume kann man anschauen, die<br />
Geräte nicht. Um das Ganze zu vertuschen,<br />
wurden sie vor Kriegsende<br />
abgebaut. Der Platz, an dem der Verbrennungsofen<br />
stand, ist mit einer<br />
Lampe erleuchtet.<br />
Später hat man vergrabene Tassen,<br />
Rosenkränze, Brillen, Haarspangen,<br />
Heiligenfiguren usw. gefunden, die<br />
den Getöteten gehört haben. In einem<br />
Raum sind die Namen der getöteten<br />
Menschen aufgelistet. An der Stelle, an<br />
der die Busse angekommen sind, steht<br />
eine große Glastafel mit allen Herkunftsorten<br />
der getöteten Menschen.<br />
Darauf steht auch: Münchshofen,<br />
Niederbayern. Leider falsch geschrieben,<br />
richtig ist Münchshöfen.<br />
Wir haben uns gefragt, warum Menschen<br />
so gemein sein können, andere<br />
zu töten. Es ist traurig, dass es so was<br />
gibt. Aber es ist auch wichtig, dass<br />
man die Gedenkstätte besucht und<br />
darüber spricht, damit so etwas nicht<br />
mehr passieren kann.<br />
Am 19. Mai haben wir einen Gedenkgottesdienst<br />
für die getöteten<br />
Bewohner in unserer Hauskapelle gefeiert.<br />
Heimbeirat des Antoniusheimes:<br />
Gabi Ammer, Hildegard Bachmaier,<br />
Anna Kellnberger<br />
15
Titelthema<br />
Das Antoniusheim<br />
Münchshöfen und die<br />
Euthanasie<br />
Wir feiern in diesem Jahr 80-jähriges Bestehen des Antoniusheims<br />
Münchshöfen im Landkreis Straubing-Bogen, seit sechs<br />
Jahren unter der Trägerschaft der Katholischen Jugendfürsorge<br />
der Diözese <strong>Regensburg</strong> e. V. 1930 hatte Georg Stelzer, Pfarrer<br />
aus Wallersdorf, das leer stehende Kurhotel gepachtet, um es in<br />
ein „Heim für <strong>Behindert</strong>e“ umzubauen. Auch in der Geschichte<br />
dieser Einrichtung gibt es die dunkle Zeit der Nationalsozialisten,<br />
die wir nicht ungeschehen machen können.<br />
Eine Anfrage von Prof. Dr. Norbert<br />
Aas aus Bayreuth brachte<br />
den Stein ins Rollen. Der Historiker<br />
hatte vom Oberösterreichischen<br />
Landesarchiv und der heutigen<br />
Gedenkstätte Schloss Hartheim den<br />
Auftrag erhalten, die Namen der<br />
Menschen im Antoniusheim zu ermitteln,<br />
die in der Euthanasieanstalt<br />
Schloss Hartheim ihr Leben lassen<br />
mussten. Schloss Hartheim war im<br />
Rahmen der Aktion „T4“ zu einer<br />
Tötungsanstalt umgebaut worden.<br />
Unter der Bezeichnung „T4“ lief eine<br />
Tötungsaktion der Nationalsozialisten<br />
mit dem Ziel, 70 000 Menschen<br />
mit Behinderung zu vernichten. Am<br />
19. und 20. Mai 1941 wurden die<br />
Bewohnerinnen und Bewohner nach<br />
<strong>Regensburg</strong> und Mainkofen verlegt.<br />
Von dort erfolgte der Transport nach<br />
Hartheim.<br />
Nach der Räumung nutzten die<br />
Nationalsozialisten die Einrichtung<br />
bis zum Kriegsende als Landerholungsheim<br />
für Schulkinder aus Hamburg.<br />
Prof. Aas gelang es, die Namen der<br />
Bewohner, die nach Mainkofen transportiert<br />
worden waren, herauszufinden,<br />
Namen und Werdegang der<br />
Bewohner, die ins Karthaus gebracht<br />
wurden, liegen noch nicht vor.<br />
Im Rahmen der diesjährigen Leitbildveranstaltung<br />
haben wir uns mit<br />
dem Thema Euthanasie beschäftigt,<br />
den philosophischen Hintergrund<br />
beleuchtet, die Entwicklung in<br />
Deutschland aufgezeigt, das Schicksal<br />
der Menschen im Antoniusheim<br />
verfolgt und uns mit der Frage<br />
beschäftigt, wie wir diesem nationalsozialistischen<br />
Gedankengut entgegentreten.<br />
Im April haben wir die Gedenkstätte<br />
Schloss Hartheim besucht und den<br />
Ermordeten an den Deportationstagen,<br />
dem 19. und 20. Mai, einen<br />
Gottesdienst gewidmet. Wir gestalten<br />
noch in diesem Jahr ein Mahnmal,<br />
das den Opfern der Euthanasie<br />
einen Platz unter uns geben und<br />
ihrer gedenken will.<br />
Gerhard Schill<br />
Einrichtungsleiter<br />
busse fahren<br />
einsteigen!<br />
du..du..er da..sie auch.<br />
busse fahren<br />
nach plan.<br />
fenster verklebt<br />
sperren das licht aus<br />
rosenkranz<br />
drückt sich ans herz<br />
busse fahren<br />
unaufhaltsam.<br />
summend, wimmernd,<br />
in sich gesunken<br />
busse fahren<br />
ohne trost.<br />
aussteigen<br />
alle<br />
aus dem leben<br />
aus dem sinn?<br />
busse fahren<br />
in den tod.<br />
Isolde Hilt
„Ich selbst habe ein ruhiges Gewissen.<br />
Ich fühle mich nicht schuldig.“*<br />
* Georg Renno, stellvertretender ärztlicher<br />
Leiter der Tötungsanstalt Hartheim ab 1940;<br />
mitverantwortlich für die Tötung von 28.000<br />
Menschen im nationalsozialistischen<br />
Euthanasieprogramm T4<br />
Schon bei der Anfahrt zum Schloss<br />
begleitet mich Unbehagen, einer<br />
dunklen Zeit früherer Generationen<br />
von Deutschen zu begegnen. Irgendwie,<br />
wenn auch schwer greifbar, fühlen<br />
meine Altersgenossen und ich uns<br />
mitverantwortlich für all die Verbrechen<br />
und Unmenschlichkeiten, die<br />
Deutsche unter der Herrschaft der<br />
Nationalsozialisten verübten.<br />
Im Grunde ist das Schloss ein schön<br />
anzusehendes, eindrucksvolles Gebäude.<br />
Besonders die an den vier<br />
Ecken herausragenden, abgerundeten<br />
Erker und der Turm mit Uhr und<br />
Zwiebelspitze wirken harmonisch.<br />
Der lichte Innenhof, den umlaufende<br />
Säulengänge auf allen Etagen säumen,<br />
wirkt zunächst einladend, konterkariert<br />
die Vergangenheit. Der Massenmord<br />
jedoch, den die Nationalsozialisten<br />
in Hartheim an Menschen mit<br />
Behinderungen verübten, hat eine<br />
Aura des Schreckens hinterlassen.<br />
Noch heute kann man den Weg der<br />
Opfer nachverfolgen, vom Seiteneingang<br />
des Schlosses an der Busgarage<br />
bis hin zum Verbrennungsraum. Tag<br />
für Tag wurden Frauen, Männer,<br />
Kinder durch das Erdgeschoss in den<br />
Entkleidungsraum gescheucht. Die<br />
Kammer, in die bis zu 100 Menschen<br />
gepfercht wurden, um anschließend<br />
mit Kohlenmonoxid erstickt zu werden,<br />
ist ebenfalls begehbar.<br />
Wie kann es jemand ertragen, durch<br />
ein Glasfenster in der Tür zu beobachten,<br />
wie Menschen nach dem Öffnen<br />
des Gashahns taumelnd zu Boden<br />
stürzen, bis sie sich nicht mehr<br />
bewegen, tot sind?<br />
Georg Renno, damals stellvertretender<br />
ärztlicher Leiter der Anstalt Hartheim,<br />
direkt an den Tötungsaktionen<br />
beteiligt, zeigte selbst 50 Jahre nach<br />
Kriegsende noch keinerlei Reue: „Ich<br />
selbst habe ein ruhiges Gewissen. Ich<br />
fühle mich nicht schuldig […]. Nachdem<br />
ich ja gesehen habe, wie die Leute<br />
gestorben sind, muß ich mir sagen, das<br />
war keine Qual für die, ich möchte<br />
eher sagen, in Anführungszeichen: Es<br />
war eine Erlösung.“ Das Strafverfahren<br />
gegen Georg Renno war 1975<br />
wegen attestierter Verhandlungsunfähigkeit<br />
eingestellt worden.<br />
Der damalige Verwaltungsleiter, Franz<br />
Stangl, flüchtete nach dem Ende des<br />
Zweiten Weltkriegs nach Brasilien. Er<br />
verstarb 1971 im Gefängnis in Düsseldorf,<br />
nachdem er in erster Instanz<br />
wegen gemeinschaftlichen Mordes zu<br />
lebenslanger Haft verurteilt worden<br />
war. Da Franz Stangl in Revision<br />
gegangen war, hatte das Urteil noch<br />
keine Rechtskraft erlangt. Damit sind<br />
beide für ihre Verbrechen in Hartheim<br />
nie zur Rechenschaft gezogen<br />
worden.<br />
Philipp Weigert (26 Jahre)
Titelthema<br />
„Jedes Kind hat ein Recht darauf, geschützt zu<br />
Schutz für Kinder mit<br />
Behinderung<br />
18<br />
Bertin Abbenhues,<br />
Abteilungsleiter Teilhabeleistungen<br />
für Kinder und Jugendliche der <strong>KJF</strong><br />
In Einrichtungen der Kinder- und<br />
Jugendhilfe sind sie Voraussetzung:<br />
erfahrene Fachkräfte, die den gesetzlich<br />
geregelten Schutzauftrag wahrnehmen.<br />
Das schreibt der Paragraph 8 des Kinder- und<br />
Jugendhilfegesetzes (achtes Sozialgesetzbuch)<br />
vor. Jugendämter und Träger von Einrichtungen<br />
der Kinder- und Jugendhilfe treffen Vereinbarungen,<br />
die den Schutzauftrag und die Zusammenarbeit<br />
näher regeln.<br />
Kinder und Jugendliche mit körperlicher und geistiger<br />
Behinderung fallen nicht in die Zuständigkeit<br />
der Jugendämter, sondern in die der Bezirke. Im<br />
Gegensatz zum Kinder- und Jugendhilfegesetz<br />
schreibt das Sozialhilfegesetz jedoch keinen<br />
Schutzauftrag vor. Eindeutig ein<br />
Manko, wie Bertin Abbenhues<br />
erläutert.<br />
Interview: Christine Allgeyer<br />
Fotos: Robert Steinhäuser, altrofoto.de
werden.“<br />
Wie<br />
können<br />
Kinder und<br />
Jugendliche mit<br />
Behinderung vor Gewalt,<br />
Vernachlässigung<br />
und Missbrauch geschützt<br />
werden?<br />
Die Gefährdung durch Gewalt, Vernachlässigung<br />
und Missbrauch ist bei<br />
Kindern und Jugendlichen mit<br />
Behinderung nachweislich höher als<br />
bei Gleichaltrigen ohne Behinderung.<br />
Wir müssen in der <strong>Behindert</strong>enhilfe<br />
ebenso fachlich fundiert<br />
arbeiten wie in der Kinder- und<br />
Jugendhilfe. Die Katholische Jugendfürsorge<br />
hat in den Einrichtungen<br />
der <strong>Behindert</strong>enhilfe daher 27<br />
Schutzbeauftragte bestimmt, um<br />
gefährdete wie betroffene Kinder und<br />
Jugendliche zu schützen und unseren<br />
MitarbeiterInnen Handlungssicherheit<br />
zu geben.<br />
Der Schutz von Kindern und<br />
Jugendlichen mit Behinderung ist<br />
also nicht ausreichend geregelt?<br />
Richtig. Was wir machen, ist reine<br />
Selbstverpflichtung, denn der Gesetzgeber<br />
hat den Schutzauftrag für Kinder<br />
und Jugendliche mit körperlicher<br />
und geistiger Behinderung nicht<br />
geregelt. Jedes Kind, mit und ohne<br />
Behinderung, hat ein Recht darauf,<br />
geschützt zu werden. Leider sind wir<br />
noch nicht so weit, dass es gesetzliche<br />
Bestimmungen zum Schutzauftrag<br />
für behinderte und nicht behinderte<br />
Kinder gleichermaßen gibt. Wir als<br />
<strong>KJF</strong> sahen uns jedoch verpflichtet, im<br />
Bereich der <strong>Behindert</strong>enhilfe Schutzbeauftragte<br />
einzuführen. Prävention<br />
steht dabei für uns an erster Stelle.<br />
Wir wollen für das Thema Kindeswohlgefährdung<br />
sensibilisieren und<br />
es in unseren Einrichtungen und in<br />
der Gesellschaft präsent halten. Wir<br />
wollen nicht nur tätig werden, wenn<br />
etwas vorfällt, sondern genau dies<br />
verhindern.<br />
Wie sehen die konkreten Maßnahmen<br />
des Schutzauftrags aus?<br />
Leider können wir nur zum Teil auf<br />
bereits erarbeitete Grundlagen zum<br />
Schutzauftrag in der Kinder- und<br />
Jugendhilfe zurückgreifen. Aus der<br />
unterschiedlichen sozialrechtlichen<br />
Zuordnung sowie der defizitären<br />
Datenlage durch ungenaue Definitionen<br />
und Begrifflichkeiten bezüglich<br />
Kindern und Jugendlicher mit Behinderung<br />
ergaben sich viele Fragen.<br />
Wir arbeiten seit 2009 daran, diese zu<br />
klären und beschäftigen uns intensiv<br />
mit den Aspekten Gewalt und Vernachlässigung<br />
bei Kindern und<br />
Jugendlichen mit Behinderung. Das<br />
Ergebnis sind spezifische und nach<br />
Altersstufen differenzierte Kriterienkataloge,<br />
um die Gefährdung einzuschätzen,<br />
sowie ein Handlungsleitfaden.<br />
Welche Inhalte haben die Kriterienkataloge<br />
und der Handlungsleitfaden?<br />
Unterschiedliche Arten der Vernachlässigung<br />
für bestimmte Altersgruppen<br />
und differenzierte Hilfestellungen<br />
sind darin detailliert beschrieben.<br />
Anhand definierter fachlicher Kriterien<br />
können die MitarbeiterInnen das<br />
Risiko einer Kindeswohlgefährdung<br />
einschätzen und Indikatoren erkennen,<br />
um ihren Schutzauftrag umfassend<br />
wahrzunehmen. Einige Beispiele:<br />
Wie gehe ich vor, wenn ein Kind<br />
mit Behinderung jeden Morgen ohne<br />
Brotzeit in die Schule kommt? Wenn<br />
es im Winter keine adäquaten Schuhe<br />
trägt, wenn sich die Eltern nicht um<br />
eine passende Brille kümmern oder<br />
wenn das Kind zahnärztlich nicht<br />
versorgt wird? Um die Auffälligkeiten<br />
richtig einzuschätzen - manche können<br />
nämlich auch mit der Behinderung<br />
zusammenhängen - erstellen wir<br />
diesen Katalog, aus dem hervorgeht,<br />
wie die mögliche Kindeswohlgefährdung<br />
einzuschätzen ist und welche<br />
weiteren Schritte zu verfolgen sind.<br />
Dieses Vorgehen ist eine Ergänzung<br />
zum bestehenden <strong>Regensburg</strong>er<br />
Handlungsleitfaden bei Verdacht auf<br />
sexuellen Missbrauch bei Kindern<br />
und Jugendlichen, den unser Justitiar<br />
Helmut Schindler und Walter Krug,<br />
Psychologe und Leiter des BBWs in<br />
Abensberg, bereits 1999 herausgegeben<br />
haben.<br />
Wie arbeiten die Schutzbeauftragten<br />
in der Einrichtung?<br />
Die Schutzbeauftragten arbeiten mit<br />
Titelthema<br />
Experten und den Eltern zusammen.<br />
Sie kooperieren mit der Frauenbeauftragten<br />
der Polizei, mit Kinderärzten<br />
und Psychologen aus dem Kinderzentrum<br />
St. Martin der <strong>KJF</strong>, unserem<br />
Justitiar, Expertinnen und Experten<br />
im Umgang mit sexuellem Missbrauch,<br />
Jugendämtern, den Erziehungsberatungsstellen<br />
und der Hedwigsklinik.<br />
Sie können damit alle<br />
Aspekte der Kindeswohlgefährdung<br />
einbeziehen, ein Risiko einschätzen<br />
und notwendige Maßnahmen einleiten.<br />
In Fortbildungen und Fachtagungen<br />
qualifizieren wir die Beauftragten<br />
dazu regelmäßig zwei bis dreimal<br />
im Jahr.<br />
Wie können MitarbeiterInnen Kinder<br />
und Jugendliche vor Gefährdungen<br />
schützen, wie bei einem<br />
Verdacht handeln?<br />
Anhand unseres Kriterienkatalogs<br />
können die MitarbeiterInnen Fälle<br />
von Vernachlässigung und Missbrauch<br />
erkennen und einschätzen.<br />
Sie müssen ihre Beobachtungen über<br />
einen bestimmten Zeitraum dokumentieren<br />
und sich im Team austauschen.<br />
Gruppen- und Einrichtungsleitung<br />
führen dann im ersten Schritt<br />
Gespräche mit den Eltern, die sehr<br />
viel Sensibilität erfordern, denn Vernachlässigung<br />
kann die unterschiedlichsten<br />
Ursachen haben, z. B. auch<br />
finanzielle. In solchen Fällen vermitteln<br />
wir den Eltern weitergehende<br />
Hilfen, in anderen Fällen unterstützen<br />
wir die Eltern dabei, ihr Verhalten<br />
zu ändern. Bei Akutfällen von<br />
Misshandlung, wenn zum Beispiel<br />
ein Kind mit Verletzungen in die Einrichtung<br />
kommt, wird sofort gehandelt,<br />
werden Polizei und Jugendamt<br />
unmittelbar eingeschaltet. Der Handlungsleitfaden<br />
legt je nach Art und<br />
Schwere der Vorkommnisse die Vorgehensweise<br />
fest. Das gilt selbstverständlich<br />
auch bei Verdacht auf<br />
sexuellen Missbrauch. Alle Hilfen für<br />
das betroffene Kind, Maßnahmen<br />
das familiäre Umfeld oder die Einrichtung<br />
betreffend, sowie Informations-<br />
und Kommunikationswege<br />
sind darin beschrieben. Wichtig ist<br />
uns vor allem die Prävention.<br />
19
NEUES<br />
aus den<br />
Einrichtungen<br />
Der Landtag sind wir<br />
Das Klassenzimmer wurde zum Plenarsaal. Bayerischer<br />
Landtag live: 30 SchülerInnen zwischen 14<br />
und 16 Jahren der Haupt- und Berufsschulstufe<br />
des Pater-Rupert-Mayer-Zentrums kämpften sich<br />
einen Schultag lang durch Diskussionen und Verhandlungen<br />
in Ausschüssen, um ein Gesetz auf<br />
den Weg zu bringen. Hintergrund war ein von der<br />
Forschungsgruppe Jugend und Europa umgesetztes<br />
und betreutes Planspiel, das das Bundesministerium<br />
für Familie, Senioren, Frauen und Jugend<br />
sowie weitere Kooperationspartner fördern.<br />
20<br />
Sicher beschäftigt und gut gefördert<br />
Die Leistungen der Eggenfeldener Werkstätten St. Rupert sichern für derzeit<br />
277 Menschen mit Behinderung die Teilhabe am Arbeitsleben. Mit einem<br />
Erweiterungsbau um 55 Plätze für zum Teil schwerstbehinderte Menschen<br />
deckte die <strong>KJF</strong> nun die steigende Nachfrage nach Arbeitsplätzen in der WfbM<br />
ab. Es entstanden Kosten in Höhe von rund 1,97 Mio. Euro. Prälat Dr. Josef<br />
Schweiger, Vorsitzender der <strong>KJF</strong>, spendete den Segen und stellte die Werkstätte<br />
als Lebensraum heraus, in dem sich Menschen mit Behinderung<br />
als gleichwertige Teilnehmer in einer Gesellschaft durch<br />
vielfältige soziale Erfahrungen erleben können.<br />
Mittendrin statt nur dabei<br />
30 Jahre Fachakademie für Heilpädagogik in <strong>Regensburg</strong>: Integration,<br />
Inklusion und Teilhabe waren die aktuellen Themen, die<br />
Festredner Prof. Dr. Hans Wocken (Universität Hamburg) und<br />
Prof. Dr. Theo Klauß (Pädagogische Hochschule Heidelberg) aufgriffen.<br />
Oberregierungsrätin Christine<br />
Hefer (Bayer. Staatsministerium f.<br />
Unterricht und Kultus) stellte die<br />
Fachakademie als einen Ort heraus,<br />
an dem sehr gut gearbeitet werde:<br />
„Die Heilpädagogik ist genau das,<br />
was wir brauchen. Sie leistet einen<br />
entscheidenden Beitrag zur Inklusion.“
Die Lernleiter hinauf<br />
So früh wie möglich<br />
„Magdalena – Von Mensch zu Mensch“<br />
hat in Mainburg eine Außenstelle der<br />
Interdisziplinären Frühförderstelle eingerichtet.<br />
„Wir können Familien mit Kindern,<br />
die entwicklungsverzögert, behindert<br />
oder von einer Behinderung<br />
bedroht sind, in der gesamten Region<br />
flächendeckend beraten und versorgen“,<br />
so <strong>KJF</strong>-Direktor Michael Eibl. Es ist<br />
wichtig, dass Eltern und ihre Kinder so<br />
früh wie möglich alle notwendigen Hilfen<br />
erhalten. „Ich möchte Eltern ermutigen,<br />
uns aufzusuchen“, unterstrich<br />
Gesamtleiter Richard Ohrner.<br />
Neues von<br />
der Katholischen Jugendfürsorge<br />
Lernleiterarbeit, eine Methode, mit der die LehrerInnen der Klassen<br />
eins bis vier in der Schule zur Erziehungshilfe im Kinderzentrum<br />
St. Vincent durchwegs positive Erfahrungen sammeln.<br />
Die Schüler verorten mit der Lernleiter ihren Lernprozess und<br />
nehmen diesen bewusst war. „Jeder lernt im eigenen Tempo und<br />
erklimmt bei entsprechendem Lernerfolg die nächste Sprosse<br />
der Leiter“, so Schulleiter Dr. Thomas Müller. Er kooperiert mit<br />
dem Forscherehepaar Padmanabha Rao und Rama Rao aus Filmpreis<br />
Indien im Forschungs- und Kooperationsprojekt „Integrale Schule“,<br />
eines der weltweit innovativsten in der Schulentwicklung.<br />
Die Theatergruppe St. Wolfgang holte bei den 31.<br />
Bayerischen Film- und Video Festspielen 2010 in<br />
Bobingen den Sonderpreis der Jury für ihren Kurzfilm:<br />
„Sind wir wirklich anders?“ Sie thematisierten darin Ängste<br />
und Träume von Kindern und Jugendlichen mit geistiger Behinderung.<br />
Die Auszeichnung, den bayerischen Löwen, das ist der<br />
Oscar für nicht kommerzielle Filmautoren, nahmen die Filmemacher<br />
und Schauspieler aus der Bildungsstätte St. Wolfgang<br />
Straubing unter tosendem Applaus in Empfang. Respekt –<br />
eine tolle Leistung!<br />
Persönliches Budget<br />
Menschen mit Autismus benötigen vielfältige Hilfen,<br />
um im alltäglichen Leben zurechtzukommen. Im Rahmen<br />
eines Modellprojekts unterstützt ein Projektteam<br />
im Berufsbildungswerk St. Franziskus in Abensberg<br />
Menschen mit Autismus dabei, das Persönliche Budget<br />
bedarfsgerecht und erfolgreich zu nutzen, um soziale<br />
und berufliche Anforderungen bestmöglich zu meistern.<br />
Erfahrene Mitarbeiter haben seit Projektstart Anfang<br />
des Jahres 40 Personen beraten und begleitet.<br />
Fortsetzung Seite 29<br />
21
Aktuell<br />
„Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung,<br />
seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines<br />
Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen<br />
benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen<br />
seiner Behinderung benachteiligt werden.“<br />
Grundgesetz, Art. 3 (3)<br />
Jugend für Vielfalt,<br />
Toleranz und Demokratie<br />
Demokratieerziehung in <strong>KJF</strong>-Einrichtungen<br />
Junge Menschen für die Themen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit<br />
und Antisemitismus zu sensibilisieren und mit ihnen<br />
gemeinsam Demokratie zu leben, gehört zu den Herausforderungen<br />
in der erzieherischen Arbeit der MitarbeiterInnen in <strong>KJF</strong>-Einrichtungen.<br />
Vorbilder spielen eine große Rolle. „Die Würde des<br />
Menschen ist unantastbar“, schreibt das Grundgesetz fest. Dieses<br />
Wertebewusstsein zu vermitteln, ist nicht immer einfach. Warum<br />
weichen junge Menschen in ihren Meinungen und ihrem Verhalten<br />
von demokratischen Grundwerten ab? Was bringt sie dazu, in der<br />
rechtsextremistischen Szene aktiv zu werden?<br />
„Wenn ich einen<br />
Jugendlichen ablehne,<br />
der Springerstiefel anhat,<br />
ist er schon verloren.“<br />
Karin Sindl, Psychologin in der<br />
Lernwerkstatt der <strong>KJF</strong><br />
Alter, soziale Herkunft und Problemlagen<br />
junger Menschen beeinflussen<br />
deren Gefährdung für rechtsextremes<br />
Gedankengut. Sie vor rechts orientierten<br />
Gruppen zu schützen oder ihnen<br />
aus dieser Szene heraus zu helfen, ist<br />
Aufgabe der Fachkräfte in unseren<br />
22<br />
Einrichtungen. Prävention, Aufklärung<br />
und das Vorleben demokratischer<br />
wie christlicher Grundwerte<br />
sind zentrale Bestandteile des Erziehungs-<br />
und Bildungsauftrages.<br />
Die Lernwerkstatt, eine Einrichtung<br />
zur beruflichen Rehabilitation benachteiligter<br />
junger Menschen und<br />
der Jugendsozialarbeit, beteiligte sich<br />
am Projekt "Jugend für Vielfalt, Toleranz<br />
und Demokratie" des Bundesministeriums<br />
für Familie, Senioren,<br />
Frauen und Jugend. 40 Fachkräfte<br />
nahmen an einer Multiplikatorenschulung<br />
zum Thema „Rechtsradikalismus<br />
bei Jugendlichen“ teil. Neben<br />
aktuellen Daten und Fakten lernten<br />
Text und Fotos: Christine Allgeyer<br />
„Die Arbeit mit Jugendlichen<br />
unterschiedlicher<br />
kultureller wie sozialer<br />
Herkunft und unterschiedlichen<br />
Glaubens wirft<br />
viele Fragen auf.“<br />
Karin Sindl, Psychologin in der<br />
Lernwerkstatt der <strong>KJF</strong><br />
sie Inhalte rechtsextremistischer Jugendkultur<br />
mit ihrem Dresscode,<br />
deren Infrastruktur und Einflüsse bis<br />
hinein in die Musikszene genauer kennen.<br />
Wertvolle Impulse, um die eigenen<br />
Beobachtungen und Erfahrungen<br />
mit jungen Menschen zu überdenken.<br />
Gemeinsam mit etwa 200 MaßnahmeteilnehmerInnen<br />
begegneten sie<br />
dem jetzt 78-jährigen Ernst Grube,<br />
einem Zeitzeugen, der aus dem Konzentrationslager<br />
Theresienstadt befreit<br />
worden ist. Der Besuch von Mathias<br />
Adrian, einem Aussteiger aus der<br />
rechtsextremistischen Szene, und die<br />
Ausstellung „Rechtsradikalismus in<br />
Bayern“ der Friedrich-Ebert-Stiftung<br />
waren weitere Projektinhalte.
Ernst Grube<br />
Zeitzeuge, Überlebender<br />
Ernst Grube wird als Kind einer<br />
jüdischen Mutter und eines nichtjüdischen<br />
Vaters 1932 in München<br />
geboren. Die Eltern, der drei Jahre<br />
ältere Bruder und Ernst wohnen<br />
am Stachus neben der Synagoge.<br />
Als die Synagogen zerstört und<br />
den Juden die Häuser gestohlen<br />
werden, bleibt der Vater. Die Stadt<br />
sperrt Gas, Wasser und Strom. So<br />
lebt die Familie einige Monate<br />
unter katastrophalen Umständen.<br />
Schwester Ruth kommt in dieser<br />
Zeit auf die Welt.<br />
„Ein jüdischer Mensch<br />
kommt auf die Welt und<br />
zur gleichen Zeit wird<br />
die Synagoge zerstört,<br />
werden die Juden ausgegrenzt,<br />
erhalten Berufsverbot.“<br />
Vier Monate hält die Familie aus.<br />
Prozess, Androhung der Zwangsräumung<br />
– die Eltern geben die<br />
Kinder am 7. November 1938 in<br />
ein jüdisches Heim - zwei Tage vor<br />
der Reichskristallnacht, in der jüdische<br />
Geschäfte und Synagogen zerstört,<br />
30.000 Männer in die Konzentrationslager<br />
nach Dachau,<br />
Buchenwald und andere deportiert<br />
werden. Niemand weiß, wann und<br />
ob sie wieder kommen. Frauen und<br />
Kinder bleiben zuhause. Weitere<br />
100 Menschen werden umgebracht.<br />
Nach Auflösung des Heims werden<br />
die Grubekinder im Lager Milbertshofen<br />
eingesperrt.<br />
1941 werden 23 Kinder aus dem<br />
Heim und 1.000 jüdische Bürger in<br />
Wagons gepfercht, nach Litauen<br />
deportiert und brutal ermordet. Die<br />
Grubekinder bleiben – sie überleben,<br />
kommen 1943 nach Auflösung des<br />
Kinder im Ghetto: Was<br />
war ihre Zukunft? „Für<br />
uns Juden gab es keine<br />
Menschenrechte mehr.“<br />
Heims zu den Eltern. Ernst Grube<br />
erinnert sich an Krieg, Bombennächte,<br />
Bruder und Mutter bei der<br />
Zwangsarbeit, den Judenstern. Am<br />
20. Februar 1945 holt die SS Mutter<br />
und Kinder ab: Deportation nach<br />
Theresienstadt. Am 8. Mai 1945 wird<br />
das Lager von der Roten Armee<br />
befreit, mit ihnen die Grubes.<br />
„Als wir zurückkamen,<br />
war niemand interessiert.“<br />
„Und heute? Ist das alles vorbei?“,<br />
fragt Ernst Grube die Jugendlichen.<br />
„Wie geht es Ihnen denn, wenn Sie<br />
hören, Neonazis sind auf der Straße<br />
und demonstrieren?“<br />
Herr Grube, Sie haben Ihren Vortrag<br />
schon vor vielen jungen Menschen<br />
gehalten. Welche Erfahrungen haben<br />
Sie damit gemacht?<br />
Die jungen Leute wissen nicht viel<br />
über diese Zeit. Und wenn sie etwas<br />
wissen, sind sie nicht fähig oder willens,<br />
sich zu artikulieren. Ich versuche,<br />
mit ihnen ins Gespräch zu kom-<br />
„Können Sie sich vorstellen, wie es ist, angespuckt<br />
zu werden? Was es heißt, mit einem Judenstern<br />
durch die Straßen zu gehen? Vor allem, wenn man<br />
Kind ist und nicht weiß, was das alles soll?“<br />
men, aber das ist schwierig. Wie es<br />
mir dabei geht? Es ist immer ein<br />
Wiedererleben – immer. Jedes<br />
Gespräch über die Eltern, die Tanten<br />
und Onkel, die ermordet wurden.<br />
Ich habe die Erfahrung gemacht,<br />
wenn ich dies erzähle, dann<br />
geht das bei vielen nicht einfach so<br />
vorbei. Wenn ich mit Zahlen operiere<br />
und erzähle, wie viele Juden<br />
oder Zigeuner umgebracht wurden,<br />
dann geht das vorbei.<br />
Sie bleiben mit ihrer Geschichte<br />
nicht in der Vergangenheit. Sie<br />
schlagen den Bogen in die Gegenwart.<br />
Was wollen Sie erreichen?<br />
Der zunehmende Rechtsradikalismus<br />
und die Ideologie der Menschenfeindlichkeit<br />
haben mich<br />
dazu bewegt, über meine Zeit zu<br />
reden. Dagegen wirke ich und<br />
dagegen wehre ich mich. Es geht<br />
mir im Wesentlichen um zwei Dinge:<br />
Das eine ist, dass ich durch die<br />
Darstellung meines Lebens als<br />
Kind in der jüdischen Gemeinschaft<br />
versuche, Wissen über das<br />
Leben von Juden zu vermitteln und<br />
vielleicht auch eine gewisse Nähe.<br />
Das Problem der Vorurteile, um<br />
das es geht, versuche ich immer<br />
anzugehen. Zum anderen geht es<br />
mir darum, Denkanstöße zu<br />
geben. Eine Aufforderung, kritisch<br />
zu sein, zu prüfen und sich einzumischen<br />
und Nein zu sagen, wenn<br />
Menschenrechte verletzt werden<br />
oder sich Vorurteile verbreiten.<br />
23
24<br />
Manfred absolviert im Berufsbildungswerk<br />
St. Franziskus eine<br />
Ausbildung zum Metallfachwerker.<br />
Er war in einer rechtsradikalen<br />
Gruppe, bevor er nach Abensberg<br />
kam. Der junge Mann nimmt am<br />
Anti-Aggressions- und Verhaltenstraining<br />
(AAVT) teil. Ein Angebot<br />
des Berufsbildungswerks St. Franziskus<br />
für Jugendliche und junge<br />
Erwachsene, deren Gewaltbereitschaft<br />
hoch ist, die straffällig<br />
geworden oder wegen einer rechts<br />
orientierten Gesinnung aufgefallen<br />
sind. „Anfangs glauben die jungen<br />
Leute noch nicht so recht daran,<br />
dass sie davon profitieren<br />
können“, so Bereichsleiter Edwin<br />
Zink, „mit der Zeit jedoch nehmen<br />
sie das Angebot immer mehr an<br />
und erkennen es als Chance –<br />
auch als Chance auf mehr Teilhabe<br />
am Leben in der Gesellschaft.“<br />
Ich war im Kinderheim, bei Pflegeeltern,<br />
eine Zeit lang bei meiner<br />
leiblichen Mutter, dann wieder im<br />
Heim, im Internat, zuletzt im Kinder-<br />
und Jugendhaus und in einer<br />
Außenwohngruppe. In dieser Zeit<br />
habe ich meinen Hauptschulabschluss<br />
gemacht. Da flog ich aber<br />
auch raus und kam wieder ins<br />
Heim. Ich haute dort ab und habe<br />
mit einem Heimkollegen ein Auto<br />
geklaut. Danach war ich wegen Autodiebstahl,<br />
Fahren ohne Fahrerlaubnis,<br />
Urkundenfälschung und Versicherungsbetrug<br />
im Gefängnis. Aus der<br />
Schule bin ich geflogen wegen Körperverletzung.<br />
Das Jugendamt ermöglichte mir nach<br />
anderthalb Monaten Untersuchungshaft<br />
die Arbeitserprobung. In der Gerichtsverhandlung<br />
wurde das BBW<br />
zu einer meiner Bewährungsauflagen.<br />
Jetzt mache ich eine Ausbildung zum<br />
Metallfachwerker.<br />
Ich war früher oft allein<br />
unterwegs und habe mich<br />
geprügelt. So sind sie auf<br />
mich aufmerksam geworden<br />
und ich habe mich<br />
mit denen getroffen.<br />
In die rechte Szene kam ich ungefähr<br />
mit 14 Jahren - über die Schule und<br />
eigentlich auch über meinen Bruder.<br />
Freunde sucht man sich nicht unbedingt<br />
aus, sondern die Leute kommen<br />
teilweise auf einen zu.<br />
Ich hatte Freunde. Wir haben gefeiert,<br />
sind rumgelaufen und hatten<br />
Prügeleien – meistens mit Ausländern.<br />
Die Gruppe stand hinter mir und hat<br />
mir geholfen. Wenn ich irgendwelche<br />
Probleme mit anderen Leuten hatte,<br />
dann wurde das immer über die<br />
Gruppe geregelt.<br />
Ich hatte eine ziemliche Abneigung<br />
gegen Ausländer, weil sie sich hier<br />
niederlassen, eine große Schnauze<br />
haben und nichts dafür tun, dass es<br />
ihnen gut geht. Die konnten alles<br />
bekommen, was sie wollten. Wenn<br />
sie sich irgendwo getroffen haben,<br />
haben sie sich aufgeführt und Dreck<br />
hinterlassen.<br />
Ich bin so rumgelaufen<br />
wie die, hatte Springerstiefel<br />
und Glatze – hab mich<br />
komplett angepasst.<br />
Ich habe keine Kontakte mehr zu<br />
den Leuten von damals, da bin ich<br />
komplett weg. Ich bin ausgestiegen,<br />
habe jedoch hier neue Kontakte. Das<br />
Es ist schon gefährlich, auszusteigen. Den Leuten taugt<br />
es nicht, jemanden aus der Gruppe zu verlieren.<br />
Ich hatte Glück, weil ich weggezogen bin.<br />
Sie können die Wanderausstellung „Rechtsradikalismus in Bayern:<br />
Demokratie stärken – Rechtsradikalismus bekämpfen“ beim BayernForum<br />
der Friedrich-Ebert-Stiftung (www.fes.de) anfordern:<br />
Die Ausstellung zeigt in 16 Schaubildern<br />
(DIN A0, 85x120 cm) rechtsextreme<br />
Parteien, regionale Vernetzungen<br />
und Symbole sowie verschiede-<br />
Manfred, 20 Jahre,<br />
war in der rechtsradikalen<br />
ne Bereiche der Jugendszene, der<br />
Internet-, der Frauen- und der intellektuellen<br />
Szene in Bayern. Des Weiteren:<br />
Aktionen, Initiativen und ver-<br />
schiedene Formen, die sich für die<br />
Abwehr des Rechtsextremismus engagieren.
Szene<br />
sind keine gefährlichen Menschen.<br />
Sie sagen einfach nur ihre Meinung,<br />
stellen aber keine größeren<br />
Dinge an.<br />
Was ich heute von der rechten Szene<br />
halte? Zum Teil ist es richtig,<br />
was sie vertreten, wobei die Durchsetzungsweise<br />
falsch ist. Und es ist<br />
nicht gerecht, alle Schuld auf die<br />
Ausländer zu schieben. Es gibt in<br />
jeder Gruppe und jeder Religion<br />
Trottel, denen man am liebsten<br />
eine auf die Schnauze hauen will.<br />
Ob das jetzt ein Deutscher ist oder<br />
ein Ausländer, das ist egal.<br />
Ich würde nicht sagen, dass ich ausländerfeindlich<br />
oder rassistisch bin.<br />
Ich habe ja nicht gegen alle Ausländer<br />
oder andere Religionen was. Es<br />
gibt Ausländer, die wirklich hart<br />
arbeiten. Wenn man aber berücksichtigt,<br />
dass auch Ausländer nach<br />
Deutschland kommen und sich auf<br />
die faule Haut legen. Die kassieren<br />
Sozialhilfe und können aber große<br />
Autos fahren. Was stimmt da<br />
nicht? Klar gibt es Deutsche, die<br />
das genauso machen. Sie sind deshalb<br />
auch nicht besser für mich...<br />
Wenn sich so mancher mehr<br />
anpassen und mehr für das Land<br />
tun würde, ob Ausländer oder<br />
Deutscher, gäbe es weniger Konflikte.<br />
Das ist meine Meinung.<br />
Dazu stehe ich.<br />
Viel Gutes auf den Weg gebracht<br />
Die Stiftung „Für junge Menschen. Stiftung kirchliche Kinder- und<br />
Jugendhilfe“ unterstützt integrative Projekte für behinderte und<br />
nicht behinderte Kinder und Jugendliche in Einrichtungen der <strong>KJF</strong>.<br />
Dafür ist die Stiftung auf Spenden angewiesen, die sie auch erhält:<br />
Die Jugendblaskapelle Lappersdorf hat<br />
den Erlös ihres Frühjahrskonzerts an die<br />
<strong>KJF</strong>-nahe Stiftung gespendet. Christian<br />
Wimmer, Vorsitzender der Jugendblaskapelle,<br />
und Matthias Schäffer, musikalischer<br />
Leiter, übergaben einen Scheck in<br />
Höhe von 1.200 Euro.<br />
Die Spendengelder, die an die Stiftung<br />
gehen, geben Max Harreiner, Vorsitzender<br />
der Stiftung, und Michael Eibl, Vorsitzender<br />
des Stiftungsrates, an die Einrichtungen<br />
weiter. So erhielt die Epilepsie-Beratung<br />
für die Oberpfalz 3.000<br />
Euro, unter anderem für die Durchführung<br />
von Projekten wie einen Tanzworkshop<br />
für Frauen mit Epilepsie.<br />
Genauso freute sich Otto Storbeck,<br />
Gesamtleiter des Hauses des Guten Hirten,<br />
über die Spende der Stiftung. Mit<br />
15.000 Euro konnte seine Einrichtung<br />
eine neue Metallbandsäge kaufen. Die<br />
Anschaffung rundete die Sanierung und<br />
Erweiterung des Zentrums zur Berufsvorbereitung<br />
und Ausbildung ab.<br />
„Für junge Menschen ist immer dann<br />
da, wenn eigene, öffentliche und kirchliche<br />
Mittel nicht ausreichen, um wichtige<br />
Projekte in der Region zu unterstützen“,<br />
erklärte Max Harreiner anlässlich der<br />
Spendenübergabe an das Kinderhaus<br />
der <strong>KJF</strong> in Abensberg. Die Stiftung stellte<br />
für den Bau eines Klettergerüsts<br />
7.500 Euro zur Verfügung.<br />
Neues von<br />
der Katholischen Jugendfürsorge<br />
Vergelt’s Gott!<br />
Ihre Spende, Ihr Geschenk ist gut angekommen.<br />
Herzlichen Dank!<br />
Fortsetzung Seite 28<br />
25
Aktuell<br />
Ökumenischer Kirchentag 2010:<br />
„Damit ihr Hoffnung habt.“<br />
Die <strong>KJF</strong> war dabei!<br />
Fast 40.000 Mitwirkende aus kirchlichen Institutionen, Vereinen,<br />
Einrichtungen sowie Ehrenamtliche aus den Pfarrgemeinden<br />
engagierten sich beim Ökumenischen Kirchentag vom 12.<br />
bis 16. Mai in München. Insgesamt 127.000 Dauergäste und<br />
zusätzlich 40.000 Tagesteilnehmende erlebten ökumenische<br />
Gemeinschaft, informierten sich in Podiumsdiskussionen und<br />
Vorträgen über aktuelle Glaubens- und Lebensfragen – oder<br />
ließen sich durch die, dem grauen Himmel zum Trotz, bunten<br />
Straßen treiben. Interessante Begegnungen und große<br />
Gemeinschaftserlebnisse standen auf dem Programm. Allein<br />
am Abend der Begegnung kamen rund 80.000 Menschen zu<br />
den Eröffnungsgottesdiensten.<br />
Die <strong>KJF</strong> beteiligte sich am ÖKT mit<br />
einer Tombola für ihr Kooperationsprojekt<br />
Harl.e.kin-Nachsorge <strong>Regensburg</strong><br />
für früh- und risikogeborene<br />
Kinder. Fast 500 Euro wurden<br />
beim Abend der Begegnung erlöst.<br />
Die St. Vincent Band aus dem Kin-<br />
26<br />
derzentrum St. Vincent und die firebirds<br />
aus dem Pater-Rupert-Mayer-<br />
Zentrum gaben auf der Bühne ihr<br />
Bestes, ebenso wie die Fußballmannschaft<br />
der Bildungsstätte St. Wolfgang<br />
auf dem Spielfeld. Ein toller<br />
Erfolg!<br />
Text: Christine Allgeyer<br />
Fotos: Christine Allgeyer,<br />
Detlef Eibl, Klaus Kracker,<br />
Daniel Steinkohl,<br />
Jochen Häußler<br />
„Bunt ist cool!“<br />
Die „Wolfgang<br />
Uniteds“ machten<br />
beim Integrativen<br />
Fußballfest gegen<br />
Rassismus und<br />
Diskriminierung<br />
den zweiten Platz.
Menschenmassen am Abend der Begegnung in der<br />
Münchner Innenstadt. Eröffnungsgottesdienst am<br />
Odeonsplatz.<br />
Die Standler Harl.e.kin-Projektkoordinatorin Angelina<br />
Ernst und ihre Kolleginnen Cornelia Stubenrauch,<br />
Renate Schlindwein und Sabine Würsching<br />
hatten mit der Tombola alle Hände voll zu tun.<br />
Die selbstgefertigten Preise aus <strong>KJF</strong>-Einrichtungen<br />
kamen richtig gut an bei den Besuchern.<br />
„Jedes Los ein Gewinn!“ <strong>KJF</strong>-Direktor Michael Eibl<br />
und Johann Häckl legten zu später Stunde ungeahnte<br />
Qualitäten als Losverkäufer an den Tag.<br />
firebirds on stage – fetzige Musik im Marienhof. „Es hat riesigen Spaß<br />
gemacht.“ Manuel Christ (bass), Nico Späth (git), Riccarda Gröber<br />
(keyb), Christian Schmatz (perc), Philipp Wagenhäuser (perc), Michael<br />
Vollmer (voc), Christian Göldner (voc) und Kilian Prath (keyb)<br />
Sonderpädagoge Klaus Kracker (Mitte) coachte die firebirds.<br />
Die Musikpädagogen Sebastian Vogts (re) und Robert Bartoli (li)<br />
bei der St. Vincent Band mit auf der Bühne: „Für unsere Jugendlichen<br />
war es ein großartiges Erlebnis, dabei zu sein.“<br />
„Wir waren musikalisch richtig gut!“ Melanie, Janet und Michael<br />
singen bei der St. Vincent Band.
Neues von<br />
der Katholischen Jugendfürsorge<br />
Vergelt’s Gott!<br />
Ihre Spende, Ihr Geschenk ist gut angekommen. Herzlichen Dank!<br />
28<br />
Eine lange Liste von Freunden<br />
Breite Unterstützung erfährt das Pater-Rupert-Mayer-Zentrum (PRMZ) –<br />
einerseits für das Centre St. Joseph in Haiti, andererseits für die tägliche Arbeit<br />
mit körperbehinderten Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen.<br />
Das Förderzentrum mit dem Schwerpunkt körperliche und motorische<br />
Entwicklung erhielt Spenden von:<br />
Die Charity-Weihnachtsbaumaktion der Kaufhof-Filiale im Donaueinkaufszentrum<br />
sorgte für glänzende Kinderaugen im PRMZ. Gemeinsam mit seiner<br />
Mitarbeiterin Michaela Nierer und dem Betriebsratsvorsitzenden Norbert<br />
Endl überreichte Filialleiter Guido Herrmann den Kindern bereits zum<br />
vierten Mal Weihnachtsgeschenke.<br />
Das PRMZ kann dank der Spendenbereitschaft der Bastelgruppe Painten<br />
eine Einhandflöte anschaffen. Manuela Triltsch und Christiane Mirwald<br />
übergaben Einrichtungsleiter Reinhard Mehringer im Namen ihrer Gruppe<br />
1.500 Euro, die sie mit dem Verkauf ihrer Bastelarbeiten erzielt hatten.<br />
Die Schülerinnen der St.-Marien-Schulen haben 2.354 Euro für den Förderverein<br />
„Hilfe für Haiti“ des PRMZ gesammelt. Jede Schülerin spendete<br />
mindestens einen Euro. Aus dem Verkauf von Kuchen und Gebäck erlösten<br />
die Schülerinnen weiteres Geld für die Kinder der Partnerschule in Gonaives.<br />
Gelb, rot und mit weit geöffneten Schwingen kommt der feurige Drachenvogel<br />
auf dem neuen Outfit der „firebirds“ daher. Die neuen T-Shirts für<br />
die Schülerband des PRMZ spendierte Bürgermeister Joachim Wolbergs.<br />
Die Idee für das neue Motiv stammt von Hans Heinersdorfer.<br />
Die Politik steht hinter der <strong>KJF</strong>, so auch nach wie vor Altbürgermeisterin<br />
Hildegard Anke. Mit dem zur Tradition gewordenen Verkauf von Kartoffelsuppe<br />
am Christkindlmarkt erlöste Hildegard Anke zusammen mit Elternbeiratsmitgliedern<br />
und leitenden Mitarbeitern des PRMZ 3.500 Euro für<br />
das Förderzentrum.<br />
Sparbücher und Spielsachen<br />
Altbürgermeisterin Hildegard Anke setzt sich auch für junge<br />
Mütter in Haus Mutter und Kind ein. Frau Anke beschenkte<br />
sechs junge Mütter mit einem Sparbuch für ihre Babys.<br />
Zusätzlich überreichte sie einen Spendenscheck der Maria-<br />
Probst-Stiftung über 1.000 Euro für die Ausstattung eines<br />
Spielplatzes in Haus Mutter und Kind.
Zeichen lesen, Zeichen setzen<br />
Das Lesen und Schreiben<br />
von Sätzen gelingt kaum.<br />
Junge Menschen mit geringer<br />
schriftsprachlicher Handlungskompetenz<br />
haben es<br />
schwer, besonders beim Einstieg<br />
in das Arbeits- und Berufsleben.<br />
Die 8. Abensberger<br />
Fachtagung im Berufsbildungswerk<br />
St. Franziskus<br />
verdeutlichte den Zusammenhang<br />
zwischen Schriftsprachkompetenz<br />
und Lebenserfolg<br />
und griff damit ein zentrales Thema sozialer und<br />
rehabilitativer Arbeit mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen<br />
auf. Besonders freute sich das BBW über die ganztägige Teilnahme<br />
der <strong>Behindert</strong>enbeauftragten der Bayerischen Staatsregierung<br />
Irmgard Badura.<br />
Neue Heimat „Sonneneck“<br />
Vor 30 Jahren gab es diesen Traum: Ein Haus für die alt gewordenen<br />
Kinder des Cabrini-Hauses. Mit dem Wohnpflegehaus<br />
Sonneneck ist er nun Wirklichkeit geworden. 27 BewohnerInnen<br />
mit zum Teil schweren Behinderungen leben und wohnen in<br />
einem Haus, das durch sein behindertengerechtes Wohnkonzept<br />
überzeugt. 3.776.500 Euro hat der Neubau auf dem Schlossgelände<br />
in Offenstetten gekostet.<br />
Altbischof Manfred Müller segnete Haus Sonneneck und feierte<br />
mit BewohnerInnen, Schwestern, MitarbeiterInnen sowie Ehrengästen<br />
einen Gottesdienst in der Cabrini-Haus-Kirche.<br />
NEUES<br />
aus den<br />
Einrichtungen<br />
20 Jahre Wohnen und Leben<br />
im Alten Pfarrhof<br />
Die Wohngemeinschaft für Menschen mit Behinderung<br />
in Haselbach, eine Außenstelle der Wohngemeinschaften<br />
St. Hildegard in Straubing, feierte ihr<br />
20-jähriges Bestehen. 30 BewohnerInnen im Alter<br />
zwischen 19 und 75 Jahren wohnen in drei Gruppen<br />
zusammen. Der überwiegende Teil besucht(-e) die<br />
Bruder Konrad Werkstätte der <strong>KJF</strong> in Mitterfels.<br />
„Wir sind in Haselbach richtig gut integriert“, freut<br />
sich WG-Leiterin Karin Aumer.<br />
Fortsetzung Seite 38<br />
29
Thilo Schwarz arbeitet als Entwickler bei der InterNetX GmbH in<br />
<strong>Regensburg</strong>, einem weltweit operierenden Top-Anbieter von Domain-<br />
Produkten und Hosting-Lösungen. Der 42-jährige Informatiker und<br />
Informationswissenschaftler macht genau das, was er gut kann: Softwarelösungen<br />
konzipieren und realisieren. Alles passt – Arbeitgeber,<br />
Arbeitnehmer und die Kollegen sind zufrieden. Was also ist daran<br />
besonders? Der Weg dahin – erfahren wir in einem Gespräch mit ihm,<br />
Manina Sobe, Integrationsberaterin und Leiterin des IFD Oberpfalz,<br />
sowie dem Geschäftsführer von InterNetX, Thomas Mörz.<br />
Herr Schwarz, wie lange arbeiten Sie<br />
schon bei InterNetX?<br />
Seit eineinhalb Jahren. Momentan<br />
bin ich für die Weiterentwicklung<br />
eines Inhouse-Programms zuständig,<br />
mit dem wir alle unsere Server verwalten.<br />
Eines unserer Teilgeschäfte ist<br />
der Verkauf von kompletten Server-<br />
Infrastrukturen. Mit diesem Programm<br />
ist es möglich, den gesamten<br />
30<br />
Workflow von der Kundenbestellung<br />
bis zur Endmontage in unserem<br />
Rechenzentrum abzubilden.<br />
Was haben Sie vorher gemacht und<br />
warum haben Sie sich an den IFD<br />
gewandt?<br />
Nach meinem Studium war ich ungefähr<br />
fünf Jahre bei einer Firma<br />
beschäftigt, die dann leider aus finan-<br />
Interview und Fotos: Christine Allgeyer<br />
„Es darf auch einmal<br />
richtig gut gehen!“<br />
Integrationsfachdienst Oberpfalz vermittelt<br />
Arbeitsuchenden erfolgreich in den Arbeitsmarkt<br />
ziellen Gründen geschlossen wurde.<br />
Danach war ich sehr lange arbeitslos.<br />
Die Vermittlerin bei der ARGE<br />
Landkreis <strong>Regensburg</strong> hat mich dann<br />
an den IFD verwiesen, weil sich herausstellte,<br />
dass in meinem Fall ein<br />
spezialisierter Vermittlungspartner<br />
notwendig ist.<br />
Frau Sobe, worin haben Sie Herrn<br />
Schwarz unterstützt?<br />
Ziel war, Herrn Schwarz beruflich zu<br />
integrieren. Er brachte Top-Bewerbungsunterlagen<br />
mit, war hoch<br />
motiviert und gut qualifiziert. Die<br />
Schwierigkeit bestand darin, seine<br />
Erfahrungen und sein berufliches<br />
Wissen gut beim Arbeitgeber zu präsentieren.<br />
Schriftlich stellte er sich<br />
super dar. Ging es dann in die Kontaktphase,<br />
schreckten Arbeitgeber<br />
eher zurück. Ihre Reaktion war,<br />
etwas überspitzt gesagt, etwa so:<br />
„Oh, da ist jemand im Rollstuhl, er
hat eine Sprachbehinderung - wie<br />
machen wir das?“ Es wollte einfach<br />
nicht in ihre Köpfe, dass jemand mit<br />
Behinderung so fit sein kann. Wir<br />
haben leider häufig das Problem,<br />
dass die Vorstellung von einem<br />
arbeitsfähigen Menschen, wie ihn ja<br />
auch die Medien darstellen, eine<br />
ganz andere ist. Ich übernahm also<br />
eher eine Dolmetscherrolle, stellte<br />
dar, wie gut Herr Schwarz ausgebildet<br />
ist, welche Erfahrungen er hat<br />
und dass er hoch motiviert ist. Ich<br />
sagte: „Er nimmt viele Hürden, die<br />
man ihm nicht zutraut. Geben Sie<br />
ihm eine Chance!“<br />
Bewerbungsunterlagen erstellen<br />
und Menschen motivieren ist Teil<br />
Ihrer Arbeit?<br />
Ja, das macht einen großen Teil aus.<br />
War jemand lange arbeitslos, müssen<br />
wir meist intensiv am Selbstwertgefühl,<br />
an der Motivation und auch an<br />
den Bewerbungsunterlagen arbeiten.<br />
Wir optimieren die Bewerbung, finden<br />
Stärken und Ressourcen der Person<br />
heraus, vermitteln und begleiten<br />
Praktika und versuchen herauszufinden,<br />
wo unser Klient langfristig seinen<br />
Platz finden könnte; möglichst<br />
passgenau, was natürlich nicht immer<br />
geht. In solchen Fällen sind wir mehr<br />
als nur Vermittler, wir sind eigentlich<br />
Lebensberater oder, wie wir uns auch<br />
nennen, Prozessbegleiter.<br />
Herr Mörz, was hat Sie dazu bewogen,<br />
Herrn Schwarz einzustellen?<br />
Ausschlaggebend war, dass Herr<br />
Schwarz sehr gute Qualifikationen<br />
vorwies und genau die Computersprache<br />
beherrschte, die wir brauchten.<br />
Frau Sobe hat Kontakt zu meinem<br />
Partner, Hakan Ali, aufgenommen.<br />
Im Gespräch wurde sehr schnell<br />
deutlich, dass Herr Schwarz zu uns<br />
passt. Wir haben ein Praktikum vereinbart,<br />
denn auch Herr Schwarz<br />
sollte die Gelegenheit haben, herauszufinden,<br />
ob wir zu ihm passen.<br />
Teamfähigkeit und Kollegialität wird<br />
in unserem Unternehmen groß<br />
geschrieben. Auch in diesem Bereich<br />
hat Herr Schwarz überzeugt. Man<br />
kann wunderbar mit ihm zusammenarbeiten.<br />
Das waren die wesentlichen<br />
Aspekte für uns. Seine Behinderung<br />
stand nicht im Vordergrund.<br />
Thilo Schwarz: Mit dem Praktikum<br />
hat sich eine Erfahrung bestätigt, die<br />
ich so schon oft in meinem Leben<br />
gemacht habe: Bin ich erst einmal<br />
drin, kann ich meine Kommunikations-<br />
und Teamfähigkeit unter<br />
Beweis stellen. Das Problem ist<br />
immer nur, in ein Unternehmen reinzukommen.<br />
An dieser Stelle möchte<br />
ich mich bei Herrn Mörz und Herrn<br />
Ali bedanken, die mir die Möglichkeit<br />
gegeben haben, mich in ihrem<br />
Unternehmen zu beweisen.<br />
Wie ging es Ihnen während des<br />
Praktikums?<br />
Wenn jemand noch nie mit einem<br />
behinderten Menschen zu tun hatte,<br />
ist eine gewisse Scheu vorhanden. Ich<br />
weiß das; mit dieser Problematik bin<br />
ich groß geworden. Die Hauptaufgabe,<br />
die ich für mich im Praktikum<br />
sah, war es, den Teammitgliedern die<br />
Scheu zu nehmen. Ich wusste, wenn<br />
das gelingt, dann ist der Rest kein<br />
Problem mehr.<br />
Wie bewerten Sie rückblickend den<br />
Prozess der Jobintegration?<br />
Thomas Mörz: Sie lief bestens, weil<br />
Frau Sobe uns sehr gut unterstützt<br />
hat. Sie hatte die richtigen Kontakte<br />
und beriet uns dabei, wie wir mit der<br />
doch etwas komplizierteren Situation<br />
am besten umgehen können. Bei der<br />
Einstellung gab es ja einiges mehr zu<br />
berücksichtigen als üblich.<br />
Thilo Schwarz: Es waren Umbauten<br />
notwendig, weil das WC für mich<br />
nicht zugänglich war. Außerdem musste<br />
der Arbeitsplatz angepasst werden.<br />
Ich brauchte eine Rampe, einen spe-<br />
Aktuell<br />
ziellen Bildschirm, einen Trackball<br />
und eine besondere Tastatur. Die<br />
ARGE Landkreis <strong>Regensburg</strong> und das<br />
Integrationsamt haben diese Leistungen<br />
weitgehend übernommen.<br />
Manina Sobe: Unsere Aufgabe ist es,<br />
das alles zu koordinieren. Wir arbeiten<br />
als Casemanager, vom Erstkontakt<br />
mit dem Klienten und den<br />
Arbeitgebern bis hin zur Gestaltung<br />
des Arbeitsplatzes und der Klärung<br />
weiterer Rahmenbedingungen für die<br />
Einstellung. Wir haben auch einen<br />
Eingliederungszuschuss beantragt,<br />
der die Einarbeitung ein Stück weit<br />
erleichterte.<br />
Herr Schwarz, welche Barrieren<br />
machen die größten Probleme?<br />
Ich meine, es sind die Barrieren im<br />
Kopf. Bei den meisten Arbeitgebern<br />
ist es diese Scheu, sich jemanden mit<br />
Behinderung ins Team zu holen, der<br />
dann nicht teamfähig sein könnte.<br />
Gerade bei Projektarbeiten ist es aber<br />
wichtig, dass man im Team etwas<br />
zustande bringt.<br />
Was war für Sie bisher das schönste<br />
Erlebnis bei InterNetX?<br />
Ich habe vor ein paar Monaten die<br />
Projektleitung übertragen bekommen.<br />
Das war für mich ein sehr großer<br />
Schritt nach vorne. Es zeigte mir,<br />
dass ich hier wohl längerfristig bleiben<br />
werde.<br />
Das hat sich ja alles super für Sie<br />
entwickelt. Zeigen Sie mir noch<br />
Ihren Arbeitsplatz?<br />
Sie erwartet ein kreatives Chaos, sind<br />
Sie darauf vorbereitet?
Titelthema<br />
Mehr als „nur“ soziales Engagement:<br />
Modehaus Hippele und EMV Testhaus<br />
möchten ihre Freunde nicht mehr missen<br />
Text und Interview: Isolde Hilt · Fotos: Isolde Hilt, EMV Testhaus<br />
»<br />
32<br />
Modehaus Hippele<br />
Erinnern Sie sich an das gut<br />
geführte Bekleidungsfachgeschäft<br />
gleich am Ort? In das man mit den<br />
Eltern, vorzugsweise der Mama,<br />
schon als Kind ging, weil zur Kommunion,<br />
spätestens zur Firmung der<br />
erste Anzug fällig war? Wo die Verkäuferinnen<br />
- jede ein Original - in<br />
der Regel wussten, welches Hemd<br />
oder Kostüm einem stand, von dem<br />
einen Hersteller, in der Farbe, vorzugsweise<br />
in dem Schnitt? Wo man<br />
nicht irgendwer war, dem man<br />
irgendetwas aufschwätzte? Selten<br />
geworden, aber in Halbergmoos im<br />
Landkreis Erding gibt es so so etwas<br />
noch – das Modehaus Hippele.<br />
„Sie müssen diesen Beruf lieben und<br />
viel Idealismus mitbringen“, sinniert<br />
Anni Hippele. 1971 fing die rührige<br />
Geschäftsfrau auf sechs Quadratmetern<br />
an. Mit ihrem Sohn Norbert<br />
unterhält sie heute ein Fachgeschäft<br />
mit einer Filiale in Manching. Zehn<br />
Mitarbeiterinnen arbeiten bei Hippele.<br />
Wo neben erfolgreichem Unternehmertum<br />
das Herz zu Hause ist,<br />
entsteht auch Ungewöhnliches. Beim<br />
„Blödeln“ mit Elke Bauer zum Beispiel,<br />
einer guten Freundin der Familie<br />
und Leiterin der Wohngemeinschaft<br />
St. Benedikt in Mitterteich,<br />
einer Einrichtung der <strong>KJF</strong> für<br />
Ein Modefachgeschäft aus dem Münchner Umland nimmt jedes Jahr jede<br />
Menge Zusatzstunden und Aufwand auf sich, um in der nördlichen Oberpfalz<br />
eine professionelle Modenschau mit Menschen mit geistiger Behinderung als<br />
Models auf die Beine zu stellen. Ein international agierendes Unternehmen<br />
mit Sitz in Straubing, das elektrische Geräte auf ihre Sicherheit und elektromagnetische<br />
Verträglichkeit hin überprüft, bringt Zeit, Geld und viel Herz auf,<br />
um Menschen mit geistiger Behinderung eine Freude zu bereiten.<br />
...Und in beiden Unternehmen sind Geschäftsführung und MitarbeiterInnen<br />
dankbar für das, was sie in der Begegnung erleben. Freundschaften sind entstanden,<br />
die niemand mehr missen möchte.<br />
erwachsene Menschen mit geistiger<br />
und Mehrfachbehinderung: „Ich<br />
erzählte den Hippeles, dass sich unsere<br />
Bewohner so schöne Sachen nicht<br />
leisten können. Dass ihnen, wenn sie<br />
Kleidung einkaufen gehen, oft Ladenhüter<br />
angedreht werden. Dabei entstand<br />
in einer launigen Stunde die<br />
Idee, mit unseren Bewohnern eine<br />
Modenschau auf die Beine zu stellen.“<br />
Norbert Hippele wollte immer schon<br />
etwas Soziales machen: „Uns geht es<br />
so gut. Da können wir doch etwas<br />
davon abgeben.“ Beim ersten Mal<br />
habe er sich aber zugegebenermaßen<br />
bei der Frage erwischt, was er da<br />
mache, das bringe doch nichts.<br />
„Dahinter steckte Angst, wie mit<br />
behinderten Menschen umgehen?<br />
Die eigene Befangenheit macht<br />
einem anfangs zu schaffen. Aber<br />
irgendwann siegt der Spaß und auch<br />
der Wunsch zu helfen.“<br />
Die scheinbar verrückte Idee ist spätestens<br />
mit dem vierten Mal zum<br />
Renner in Mitterteich geworden. Die<br />
erste Modenschau lief noch in den<br />
Räumen der Wohngemeinschaft.<br />
Inzwischen braucht man die Mehrzweckhalle.<br />
Einmal im Jahr reist<br />
Familie Hippele im März mit ihrer<br />
Belegschaft und einem 7,5 Tonner in<br />
der nördlichen Oberpfalz an. In einer<br />
Modenschau präsentieren die<br />
BewohnerInnen von St. Benedikt die<br />
neue Frühjahrs- und Sommermode.<br />
Anschließend wird kräftig zum günstigen<br />
Preis „geshoppt“. „In Mitterteich<br />
zählen wir inzwischen mehr<br />
Besucher als bei einer Modenschau in<br />
Halbergmoos mit Monika Gruber,<br />
der bekannten Kabarettistin und<br />
einer guten Freundin von uns“, amüsiert<br />
sich Norbert Hippele anerkennend.<br />
„Die Models von St. Benedikt<br />
und ihre Betreuerinnen ziehen aber<br />
auch ein tolles Programm auf, nicht<br />
einfach so über den Steg laufen, sondern<br />
mit Gags, Highlights und kleinen<br />
Geschichten.“ Die Stars wachsen<br />
über sich hinaus, strahlt Elke Bauer:<br />
„Die Bewohner können zeigen, dass<br />
sie auch hübsch, lustig und mutig<br />
sind. Sie sind selbstbewusst etwas<br />
Besonderes und nicht die armen<br />
Kranken.“<br />
Wenn dann der große Tag zu Ende<br />
gegangen ist und alle rechtschaffen<br />
erledigt sind, wenn der Motor, angelassen,<br />
den LKW wieder auf Spur gen<br />
München bringt, muss eines klar<br />
sein: der Termin für die nächste<br />
Modenschau. „Es ist“, sagen Norbert<br />
und Anni Hippele, „für uns etwas<br />
ganz Besonderes. Wir können viel<br />
von den Menschen von St. Benedikt<br />
lernen. Sie haben mehr Selbstwertgefühl<br />
und sind authentisch. Wir<br />
machen aus zu vielen Dingen ein<br />
Drama. Wir haben großen Respekt,<br />
wie sie ihr Leben meistern. “
»<br />
Emv Testhaus<br />
Wie kamen EMV Testhaus<br />
und die Wohngemeinschaften<br />
St. Hildegard zusammen? Beide<br />
bewegen sich ja doch in sehr<br />
unterschiedlichen Welten.<br />
Peter Weiß, Einrichtungsleiter<br />
von St. Hildegard, erinnert sich:<br />
Im Februar 2007 meldete sich Rudi<br />
Klein. Er habe von Freunden gehört,<br />
unser Kickerkasten funktioniere<br />
nicht mehr. Da wolle er Abhilfe<br />
schaffen. Er stelle uns zwei neue<br />
Kästen zur Verfügung, wir müssten<br />
uns diese jedoch erst „verdienen“.<br />
Das Kickerturnier war geboren:<br />
EMV Testhaus mit Freunden gegen<br />
die WG St. Hildegard. Wir haben<br />
uns beim Miteinander- und Gegeneinander-Spielen<br />
kennen gelernt<br />
und angefreundet. Es war ein wunderbares<br />
Fest, es wurde viel gelacht,<br />
alle Bewohner waren anwesend. Wir<br />
wurden sehr verwöhnt. Familie Klein<br />
sorgte mit Hilfe ihrer Mitarbeiter<br />
und ihres Freundes Norbert Schweizer<br />
für Essen und Getränke und<br />
brachten gleich ihren Hausmetzger<br />
samt Grill mit. Zu unserer Überraschung<br />
und Freude spendete sie<br />
neben den Kickerkästen für jedes Tor<br />
einen Euro - und es fielen weit über<br />
tausend Tore! Die Kickerkästen blieben<br />
in der WG und eine Freundschaft<br />
begann.<br />
Manches ist jetzt beinahe schon Tradition:<br />
Im Frühjahr steigt das Kickerturnier.<br />
Im August besuchen wir gemeinsam<br />
das Straubinger Gäubodenvolksfest<br />
und werden zum Mittagessen<br />
ins Bierzelt eingeladen. In der<br />
Adventszeit besuchen Charlotte und<br />
Rudi Klein mit Mitarbeitern die<br />
Wohngruppen und bringen Geschenke<br />
mit. Nun hat uns EMV Testhaus<br />
eingeladen, weil die Bewohner<br />
wissen möchten, wie die Arbeit dort<br />
aussieht. Letztes Jahr haben wir das<br />
Niederbayerische Sportfest der<br />
Wohnheime veranstaltet, Mitarbeiter<br />
von EMV Testhaus halfen ehrenamtlich.<br />
Mit den Geldspenden, die wir<br />
immer wieder erhalten, können wir<br />
Freizeitmaßnahmen finanzieren und<br />
Therapiematerialien anschaffen.<br />
Charlotte und Rudi Klein, ihren<br />
Mitarbeitern und auch Freunden<br />
der beiden liegen die Menschen<br />
von St. Hildegard sehr am Herzen.<br />
Was zieht sie an? Charlotte<br />
Klein erzählt, was sie besonders<br />
beeindruckt:<br />
Am meisten bewegen uns die Freundlichkeit<br />
und Herzlichkeit der Bewohner.<br />
Ihre Freude an Kleinigkeiten, die<br />
für andere Menschen zur Selbstverständlichkeit<br />
geworden sind. Die<br />
Menschen von St. Hildegard stecken<br />
uns stets mit Ihrer Fröhlichkeit und<br />
Ihrer Fähigkeit, im Augenblick zu<br />
leben, an, so dass wir uns jedes Mal<br />
reich beschenkt fühlen.<br />
Uns gefällt die familiäre Gemütlichkeit,<br />
die man in den Wohngruppen<br />
vorfindet; dass die Bewohner gefordert<br />
und gefördert werden, sei es im<br />
gemeinsamen Haushalt, in ihren ver-<br />
schiedenen Arbeitsbereichen und<br />
auch bei sportlichen Aktivitäten.<br />
Gefallen hat uns, dass sich sehr viele<br />
Bewohner zum Kickern motivieren<br />
ließen. Uns beeindruckt die gesamte<br />
Einrichtung. Es ist sehr wichtig, dass<br />
erwachsene Menschen mit Behinderung<br />
in dieser Umgebung leben und<br />
betreut werden können.<br />
Wie die Öffentlichkeit unserer Meinung<br />
nach Menschen mit Behinderung<br />
wahrnimmt..? Es gibt positive<br />
wie negative Beispiele. Zum einen<br />
haben wir die Erfahrung gemacht,<br />
dass die Menschen lieber auf Distanz<br />
zu behinderten Menschen gehen,<br />
dass sie meinen, mit ihnen nicht<br />
umgehen zu können. Zum anderen<br />
jedoch finden viele Menschen in<br />
unserem Umfeld unsere Aktionen<br />
sehr gut, Familie und Freunde schließen<br />
sich gerne an, wenn eine Veranstaltung<br />
mit den Bewohnern von St.<br />
Hildegard stattfindet.<br />
Man sollte bereits in Kindergarten<br />
und Schule den Umgang mit behinderten<br />
Menschen lernen. Es wäre<br />
schön, wenn es mehr Einrichtungen<br />
gäbe, in denen behinderte und nicht<br />
behinderte Kinder gemeinsam spielen<br />
und voneinander lernen könnten.<br />
Menschen ohne Behinderung können<br />
von Menschen mit Behinderung<br />
viel lernen: das Leben mit Freude so<br />
annehmen, wie es einem von Gott<br />
geschenkt wird. Mit Liebe und Ver-<br />
Menschen ohne Behinderung können<br />
von Menschen mit Behinderung viel lernen:<br />
das Leben mit Freude so annehmen,<br />
wie es einem von Gott geschenkt wird.<br />
trauen durchs Leben gehen und im<br />
Umgang mit Ihnen lernen, was wirklich<br />
im Leben zählt. Dass man<br />
zusammengehören und gemeinsam<br />
Vieles machen und erleben kann.<br />
Uns ist wichtig, dass man Menschen<br />
mit Behinderung so annimmt, wie sie<br />
sind. Dass eine Behinderung an vielen<br />
Tagen bestimmt eine echte Herausforderung<br />
ist, doch dass das Leben<br />
deshalb nicht weniger lebens- und<br />
den Menschen nicht weniger liebenswert<br />
macht.<br />
33
Neues von<br />
der Katholischen Jugendfürsorge<br />
Menschen im<br />
+++ Dienstjubiläen ++ Neubesetzungen ++ Verdienste ++ Abschiede +++<br />
Ein lieber Mensch<br />
ist gegangen<br />
Die Nachricht vom Tod von Sr. M. Clemens Englisch hat bei<br />
der <strong>KJF</strong> und im Kinderzentrum St. Vincent Betroffenheit ausgelöst.<br />
Prälat Dr. Josef Schweiger würdigte die Verdienste der<br />
langjährigen Oberin des Kinderzentrums St. Vincent: „Sr.<br />
Clemens war eine geborene Führungspersönlichkeit mit einer natürlichen<br />
Begabung im Umgang mit Menschen. Anpackend, energisch<br />
und dennoch voller Anteilnahme und Sympathie.“<br />
Die im Januar 1917 geborene Schwester trat 1936 in die<br />
Kongregation der Barmherzigen Schwestern des Hl. Vinzenz<br />
von Paul ein und legte am 15. März 1939 ihre Profess<br />
ab. Ab 1975 war sie als Oberin im Bischof-Wittmann-<br />
Kinderheim und im Waisenhaus der Stadt tätig, die später<br />
zum Kinderzentrum St. Vincent zusammengelegt wurden.<br />
1997 trat sie im Alter von 74 Jahren zurück. Sie verstarb<br />
am 27. Februar 2010 im Schwesternheim St. Hildegard in<br />
Siegsdorf bei Adelholzen. Clothilde Schambeck<br />
Abschied in<br />
großer Dankbarkeit<br />
Die Katholische Jugendfürsorge der<br />
Diözese <strong>Regensburg</strong> e.V. und die <strong>KJF</strong>-<br />
Werkstätten trauern um Walter Damböck,<br />
langjähriger Gesamtleiter des<br />
Niederbayerischen Werkstättenverbundes<br />
und ein Mensch mit großem Herzen.<br />
Walter Damböck war von 1977 bis 2004 in führender<br />
und verantwortungsvoller Position für die <strong>KJF</strong><br />
tätig. Er hat den Niederbayerischen Werkstättenverbund<br />
mit den Standorten Straubing, Mitterfels,<br />
Eggenfelden, Riedenburg, Offenstetten und Hermannsberg<br />
vorbildlich auf- und ausgebaut. Seinem<br />
unermüdlichen Engagement und seiner herausragenden<br />
Fachkompetenz ist es zu verdanken, dass<br />
der Werkstättenverbund zu einer der erfolgreichsten<br />
Einrichtungen für Menschen mit Behinderung in<br />
Bayern geworden ist. Für seine besonderen<br />
Verdienste hat die <strong>KJF</strong> Walter Damböck mit ihrer<br />
Ehrenmedaille ausgezeichnet.<br />
34<br />
Der Tod ist Anfang eines<br />
neuen Lebens.<br />
Eyquem de Montaigne, Philosoph, Politiker<br />
geb. 22.05.1945 - gest. Januar 2010<br />
Verwaltungsangestellte in der Geschäftsstelle der <strong>KJF</strong><br />
Sr. M. Clemens Englisch<br />
geb. 09.01.1917 - gest. 27.02.2010<br />
ehemalige Oberin<br />
im Kinderzentrum St.Vincent <strong>Regensburg</strong><br />
Sr. M. Rufina - Achunni Poonathu<br />
geb. 04.09.1942 - gest. 28.02.2010<br />
Schwester im Haus des Guten Hirten Ettmannsdorf<br />
Walter Damböck<br />
geb. 28.10.1942 - gest. 01.04.2010<br />
ehemaliger Gesamtleiter<br />
des Niederbayerischen Werkstättenverbundes<br />
Herta Schultz<br />
geb. 03.09.1955 - gest. 09.05.2010<br />
Erzieherin im Kinder- und Jugendhilfezentrum<br />
St. Josef Wunsiedel<br />
Im Gebet und im Glauben wissen wir<br />
uns den Verstorbenen über den Tod hinaus<br />
verbunden und zu Dank verpflichtet.<br />
Direktor Michael Eibl
Gespräch<br />
Neues von<br />
der Katholischen Jugendfürsorge<br />
+++ Dienstjubiläen ++ Neubesetzungen ++ Verdienste ++ Abschiede +++<br />
„I know I can!“<br />
Stefanie Roßmeier von der<br />
Bischof-Wittmann-Schule<br />
und Stefan Bayer von der<br />
Cabrinischule Offenstetten<br />
sind die Hauptdarsteller in<br />
einem Dokumentarfilm zu<br />
Special Olympics von Bruno<br />
Hartl und Isolde Hilt. Zur<br />
Filmpräsentation war auch<br />
Markus Sackmann, MdL<br />
und Staatssekretär des Bayerischen<br />
Sozialministeriums,<br />
nach <strong>Regensburg</strong> gekommen.<br />
In vielen Einrichtungen der<br />
<strong>KJF</strong> nehmen junge Menschen an Wettbewerben von Special<br />
Olympics teil, der weltweit größten Sportorganisation für Menschen<br />
mit geistiger Behinderung. Eine großartige Sache, die<br />
noch viel zu wenige kennen. Die <strong>KJF</strong> gab den Film „I know I<br />
can!“ in Auftrag, der u. a. bei DSF und München TV ausgestrahlt<br />
und an bayerischen Schulen gezeigt worden ist. Auch Special<br />
Olympics Deutschland e.V. mit Sitz in Berlin hat die Dokumentation<br />
angefordert, um sie weitflächig zu verteilen. Ein herzliches<br />
Danke geht an das Bayerische Sozialministerium, das den Film<br />
maßgeblich finanziert hat, sowie an die PSD Bank <strong>Regensburg</strong><br />
für ihre großzügige Spende. Michael Eibl, Direktor der <strong>KJF</strong>,<br />
bedankte sich bei allen, die seit vielen Jahren das Training engagiert<br />
in die Hand nehmen, allen voran Ulrike Schön-Nowotny<br />
und Herbert Pischulti.<br />
„Lass es Gold, Silber<br />
und Bronze regnen!“<br />
Sportler des Jahres<br />
Slalom und Riesenslalom<br />
– in diesen Disziplinen<br />
ist Patrick Meier zu<br />
Hause. Bei den Nationalen<br />
Winterspielen von<br />
Special Olympics in Inzell<br />
2009 stellte er sein<br />
Können überzeugend<br />
unter Beweis. Im April<br />
2010 wurde er nun zum<br />
Sportler des Jahres in<br />
Niederbayern in der Kategorie<br />
<strong>Behindert</strong>ensport gewählt: „Ich bedanke<br />
mich bei allen. Ich bin so glücklich!“<br />
Vor zwei Jahren erst begann der 14-Jährige an der<br />
Bischof-Wittmann-Schule der <strong>KJF</strong> in <strong>Regensburg</strong><br />
mit dem Leistungssport. Dass er nun neben seinen<br />
Medaillen und Urkunden auch noch diese Auszeichnung<br />
erhalten hat, daran ist der heimische<br />
Sportverein SG Painten in Niederbayern nicht ganz<br />
unschuldig, der eifrig die Werbetrommel für Patrick<br />
rührte. Angelika Meier, glückliche Mama, bedankte<br />
sich bei der Schule, die ihrem Sohn den Weg<br />
zum Leistungssport eröffnet habe.<br />
Die zweiten Bayerischen Special Olympics<br />
Winterspiele 2010 waren ein voller<br />
Erfolg für die Sportler der <strong>KJF</strong>. In Reit im<br />
Winkl gingen SchülerInnen der Bischof-<br />
Wittmann-Schule <strong>Regensburg</strong> und der<br />
St. Wolfgang-Schule Straubing an den Start und holten insgesamt 26 Medaillen.<br />
Mit sechs Gold-, sechs Silber- und zwei Bronzemedaillen erzielten die acht Ski-<br />
Alpin-FahrerInnen der Bischof-Wittman-Schule ein Traumresultat. Die Straubinger<br />
standen den <strong>Regensburg</strong>ern in nichts nach. Acht SchülerInnen der St. Wolfgang<br />
Schule holten sechs Gold-, fünf Silber- und eine Bronzemedaille bei den Bayerischen<br />
Special Olympics Winterspielen.<br />
35
Großartige Hilfe für<br />
Erdbebengeschädigte, kranke,<br />
unterernährte Kinder und ihre Familien:<br />
Am 12. Januar dieses Jahres hat ein Erdbeben der Stärke 7,0 Haiti, eines der<br />
ärmsten Länder der Welt, erschüttert und den Menschen dort unsägliches Leid<br />
zugefügt. Hunger, Elend und Tod, ein Leben in und auf den Trümmern – die<br />
Haitianer kämpfen ums Überleben. Unzählige Erdbebengeschädigte müssen<br />
medizinisch versorgt werden. Die Zahl der Opfer mit Amputationen ist<br />
besonders hoch.<br />
Die Partnereinrichtung des Pater-Rupert-Mayer-Zentrums, das Centre St. Joseph<br />
in Gonaives, blieb Gott sei Dank unbeschädigt. Die Schwestern des französischen<br />
Ordens „Les Soeurs de Saint Joseph de L’Apparition“ unter der Leitung<br />
von Sr. Margaret leisten in ihrem Ernährungs- und <strong>Behindert</strong>enzentrum Notfallhilfe,<br />
behandeln kranke und unterernährte Kinder und deren Familien, versorgen<br />
täglich 89 Mütter und ihre Babys mit Nahrungsmitteln und Medizin. In<br />
der angeschlossenen Schule erhalten etwa 670 Kinder kostenlos Schulbildung<br />
und Essen. Die Hilfe des Fördervereins läuft seit Beginn der Katastrophe<br />
auf Hochtouren.<br />
29 Jahre schon unterstützt das Pater-<br />
Rupert-Mayer-Zentrum (PRMZ)<br />
der <strong>KJF</strong> gemeinsam mit SchülerInnen,<br />
Eltern, Freunden und Förderern<br />
das Centre St. Joseph. Seit 1991<br />
engagiert sich der Förderverein „Hilfe<br />
für Haiti“ für die Partnereinrichtung.<br />
Sie ist 150 km von der Hauptstadt<br />
Port-au-Prince entfernt und<br />
liegt damit etwa ebenso weit vom<br />
Epizentrum des Bebens entfernt.<br />
Schäden am Gebäude gab es keine,<br />
allerdings spitzte sich die Situation<br />
im Zentrum in den ersten Wochen<br />
nach dem Beben dramatisch zu. Das<br />
36<br />
erste Lebenszeichen von Sr. Margaret<br />
ließ die Freunde in <strong>Regensburg</strong><br />
aufatmen: Schwestern und Kinder<br />
blieben unversehrt. Sr. Margaret<br />
berichtete wenige Tage nach dem<br />
Beben: „Wir haben keine Nahrungsmittel<br />
mehr, um den Kindern etwas<br />
zu kochen. Die Vorräte reichen nur<br />
noch für einige Tage und der Diesel<br />
für die Wasseraufbereitungsanlage<br />
etwa eine Woche. Wir brauchen<br />
dringend Medikamente, aber die<br />
Versorgungs- und Verbindungswege<br />
von und nach Port-au-Prince sind<br />
abgeschnitten.“<br />
Text: Christine Allgeyer<br />
Fotos: Pater-Rupert-Mayer-Zentrum<br />
Förderverein „Hilfe für Haiti“ unterstützt Partnereinrichtung<br />
Centre St. Joseph nach dem verheerenden Erdbeben mit Spendenaktion<br />
Die Vorsitzenden Traudl Maninger<br />
und Joachim Schramm, Reinhard<br />
Mehringer, Gesamtleiter des PRMZ,<br />
und seine MitarbeiterInnen sind seit<br />
Monaten unermüdlich tätig, um die<br />
groß angelegte Spendenaktion „Hilfe<br />
für Haiti“ am Laufen zu halten. Sie<br />
akquirierten bislang Spendengelder in<br />
Höhe von großartigen 209.000 Euro,<br />
organisierten Hilfslieferungen und<br />
einen Geldtransport, betrieben Öffentlichkeitsarbeit.<br />
Im Mai fuhren Physiotherapeut<br />
Peter Schmitt, Traudl<br />
Maninger und Joachim Schramm<br />
nach Gonaives. Peter Schmitt behandelte<br />
4 Wochen Kinder und Erwachsene<br />
von früh bis spät. Sie kehrten mit<br />
zum Teil erschütternden Bildern und<br />
Berichten aus Haiti zurück. Sie wissen,<br />
ihr Engagement darf nicht nachlassen,<br />
die Menschen kämpfen ums<br />
Überleben.<br />
Hilfe tut Not!<br />
Peter Schmitt erzählt von Kindern<br />
mit zentralen Bewegungsstörungen,<br />
mit Unfall- oder Brandverletzungen,<br />
mit unversorgtem Hydrocephalus.<br />
Nicht alle konnte er selbst behandeln.<br />
Viele Kranke warten auf einen Operationstermin<br />
oder eine weitergehende<br />
Behandlung im Krankenhaus. Die
medizinische Versorgung ist jedoch<br />
bereits seit dem Hurrikan 2008 nicht<br />
ausreichend gewährleistet. Die Lage<br />
hat sich seit dem Beben dramatisch<br />
zugespitzt, denn auch das Kinderkrankenhaus<br />
in der Hauptstadt existiert<br />
nicht mehr. Trotz der nicht allzu<br />
schlechten Möglichkeiten im Centre<br />
St. Josef stößt Peter Schmitt deshalb<br />
mit seiner Arbeit schnell an Grenzen.<br />
Der <strong>Regensburg</strong>er Förderverein beabsichtigt,<br />
den jungen Mitarbeiter Emanuell<br />
Delavarre, der Peter Schmitt zur<br />
Hand ging, bei einer Ausbildung zum<br />
Physiotherapeuten zu unterstützen.<br />
„Die Menschen schaffen<br />
die Trümmer mit<br />
bloßen Händen beiseite.“<br />
Was die <strong>Regensburg</strong>er im Land sahen<br />
und erlebten, ist bedrückend: riesige<br />
Zeltlager in Port-au-Prince für die<br />
Überlebenden des Bebens, die alles<br />
verloren haben. Auf den Planen die<br />
Embleme von Hilfsorganisationen<br />
aus aller Welt. Die Menschen hausen<br />
zwischen und auf Häuserruinen.<br />
Sollte die Regenzeit heftig einsetzen,<br />
droht ihnen eine neue Katastrophe.<br />
Ein Glück, dass ein erster gemeldeter<br />
Hurrikan an Haiti vorbeigezogen ist.<br />
„Wir haben ganze Häuserzeilen in<br />
Trümmern gesehen, Gebäude, die<br />
wie Kartenhäuser in sich zusammengefallen<br />
sind“, so Joachim Schramm,<br />
„darunter vermutet man noch unzählige<br />
Leichen. Aktuelle Meldungen<br />
sprechen von 300.000 Todesopfern.“<br />
Ihre Fahrt nach Gonaives führt Joachim<br />
Schramm und Traudl Maninger<br />
an einem Steinbruch vorbei, in dem<br />
Zehntausende von Leichen in einem<br />
Massengrab verscharrt wurden. Das<br />
Elend im Land ist allgegenwärtig:<br />
ärmlichste Hütten, Müll, Menschen<br />
in dreckiger Kleidung, nackte Kinder.<br />
Die Zerstörung und das unvorstellbare<br />
Leid der Menschen – diese Bilder<br />
gehen nicht mehr aus dem Kopf.<br />
Traudl Maninger und Joachim<br />
Schramm sahen Menschen, die ohne<br />
jedes schwere Gerät, mit bloßen<br />
Händen Trümmer beiseite schafften.<br />
Nur selten fuhren Fahrzeuge der UN-<br />
Schutztruppen durch die Straßen:<br />
„Von einer koordinierten Wiederaufbauhilfe<br />
ist noch nichts zu spüren“,<br />
so Maninger.<br />
„Vergelt’s Gott allen, die uns<br />
bislang geholfen haben!“<br />
Die Liste derer, die den Förderverein<br />
unterstützten, ist lang. Vielen Freunden,<br />
Förderern und großzügigen<br />
Spendern gilt der Dank des Förder-<br />
Aktuell<br />
vereins und Reinhard Mehringers. So<br />
rief bereits im Januar die Vertretung<br />
des kirchlichen Schulwesens in Bayern<br />
(VKS) zu Spenden auf. Bayernweit<br />
spendeten SchülerInnen aus<br />
etwa 80 Schulen, meist in kirchlicher<br />
Trägerschaft, die stolze Summe von<br />
113.000 Euro. Als eine der ersten<br />
Schulen übereichte die Bischof-Manfred-Müller-Schule<br />
in <strong>Regensburg</strong><br />
4.500 Euro an Reinhard Mehringer.<br />
Die größte Einzelspende kam mit<br />
über 11.000 Euro von der Maria-<br />
Ward-Realschule in Schrobenhausen.<br />
Ebenfalls seit März läuft die Aktion<br />
„1.000 Schulrucksäcke für die Schulkinder<br />
in St. Joseph“. Bislang kamen<br />
809 Rucksäcke zusammen. Die Spender<br />
sind: PRMZ, Montessorischule<br />
<strong>Regensburg</strong>, Berufsschule St. Erhard<br />
der <strong>KJF</strong> in Plattling, Grundschule<br />
Offenstetten, Prälat-Michael-Thaller-Schule<br />
der <strong>KJF</strong> in Abensberg, Bildungsstätte<br />
St. Wolfgang der <strong>KJF</strong> in<br />
Straubing, Kinderkrippe Bambino<br />
der <strong>KJF</strong> in <strong>Regensburg</strong>, Kinderhaus<br />
der <strong>KJF</strong> in Abensberg.<br />
Mit den Geldspenden können die<br />
laufenden Kosten des Zentrums<br />
gedeckt werden. Das heißt: Essen,<br />
Medikamente und Schulbildung für<br />
die Schulkinder, Nahrungsmittel,<br />
sauberes Wasser und medizinische<br />
Hilfe für Mütter mit ihren unterernährten<br />
Babys wie für Säuglinge und<br />
Kinder mit Behinderung, darüber<br />
hinaus Nothilfe und Versorgung<br />
der unzähligen Flüchtlinge und<br />
Erdbebengeschädigten.<br />
37
NEUES<br />
aus den<br />
Einrichtungen<br />
Familienfreundliches<br />
Unternehmen<br />
Das Prädikat erhielt das Haus des Guten Hirten in Ettmannsdorf<br />
von der Agentur für Arbeit und dem Landratsamt. In familienfreundlichen<br />
Strukturen gelingt es, attraktive Arbeitsplätze für<br />
Frauen anzubieten, die beides auf die Reihe kriegen wollen:<br />
Beruf und Familie. Die Einrichtung der berufsbezogenen Jugendhilfe<br />
und der Jugendsozialarbeit beschäftigt 120 MitarbeiterInnen,<br />
90 davon sind Frauen.<br />
„Wir brauchen<br />
noch mehr <strong>Regensburg</strong>er,<br />
die uns unterstützen!“<br />
Angesichts des Leids und Elends der<br />
Menschen auf Haiti wollen der Förderverein<br />
und das PRMZ nicht nachlassen<br />
und ihre Partnereinrichtung so<br />
gut sie können unterstützen. Geplant<br />
und dringend notwendig ist die<br />
Erweiterung des <strong>Behindert</strong>enzentrums<br />
um eine Orthopädieabteilung.<br />
Die vielen Menschen mit Amputationen,<br />
bereits registrierte Kinder und<br />
Jugendliche mit Behinderungen<br />
sowie Erdbebengeschädigte können<br />
dort mit Hilfsmitteln versorgt und<br />
38<br />
Freie Bildungswahl für Menschen<br />
mit Behinderung<br />
Die Evangelische Schulstiftung, die LAG katholischer Förderschulen in Bayern,<br />
deren Vorsitz <strong>KJF</strong>-Direktor Michael Eibl innehat, und die Lebenshilfe<br />
haben ein Positionspapier zu den Auswirkungen der UN-<strong>Behindert</strong>enrechtskonvention<br />
verfasst. Sie überreichten es dem Staatsminister für Unterricht und<br />
Kultus, Dr. Ludwig Spaenle.<br />
Wichtig ist den Verbänden, die Situation für SchülerInnen<br />
mit Behinderung zu verbessern. Sie for-<br />
betreut werden. Für den ersten Bauabschnitt<br />
- Orthopädiezentrum,<br />
Ernährungszentrum und Konvent -<br />
sind 260.000 Euro veranschlagt. Der<br />
Neubau der Schule mit mindestens<br />
zehn Klassenzimmern ist für den 2.<br />
Bauabschnitt geplant. „Um dies verwirklichen<br />
zu können, brauchen wir<br />
dringend weitere Spenden“, so Joachim<br />
Schramm: „Wir haben gesehen,<br />
dass die Arbeit im Centre St. Joseph<br />
für die Menschen ein wahrer Segen<br />
ist. Wir können garantieren, dass die<br />
Spenden den Ärmsten der Armen<br />
ohne Umwege zugeführt werden.“<br />
dern die Bereitstellung von entsprechenden Mitteln<br />
und ein uneingeschränktes Wahlrecht der<br />
Eltern zwischen den Schulstandorten. Sie plädieren<br />
dafür, die Förderschulen zu erhalten, sie zu<br />
Kompetenzzentren zu erweitern und Inklusionsmodelle<br />
wie z. B. Außenklassen auszubauen. Die Bildungsrechte<br />
von Menschen mit Behinderung müssten<br />
als Aufgabe des gesamten staatlichen Bildungswesens<br />
angesehen werden.<br />
Das Centre St. Joseph braucht<br />
dringend Unterstützung, um den<br />
Betrieb des Zentrums und die<br />
Nothilfe weiterführen zu können.<br />
<strong>Behindert</strong>e und kranke Kinder<br />
sowie Erdbebengeschädigte<br />
benötigen unbedingt ärztliche<br />
und therapeutische Hilfe.<br />
Weitere Spenden sind dringend<br />
erforderlich! Bitte spenden Sie!<br />
Spendenkonto Hilfe für Haiti.<br />
Konto-Nr. 245 233<br />
BLZ 750 500 00<br />
Sparkasse <strong>Regensburg</strong>
Innehalten<br />
Se�N<br />
Das Anderssein der anderen<br />
als Bereicherung des eigenen Seins begreifen.<br />
Sich verstehen, verständigen,<br />
miteinander vertraut werden,<br />
darin liegt die Zukunft der Menschheit.<br />
Rolf Niermann
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