Willy Eisenschitz - Kunsthandel Widder
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Thomas Ender<br />
Wien 1793 – 1875 Wien<br />
Nachdem Thomas Ender 1853 von einer mehrmonatigen Italienreise<br />
zurückgekehrt war, legt er dem Sponsor dieser Reise, Erzherzog<br />
Johann, in einem Brief ausführlichen Bericht vor: „... bin<br />
ich frei, meine glückliche Zurückkunft von Italien gehorsamst<br />
zu melden. Meine Reise ging über Triest nach Venedig, Padua<br />
und Bologna, wo ich zwei Tage der Beschauung von Kunstgegenständen<br />
widmete. Von da an gings über die Apenninen nach dem<br />
herrlichen reizenden Florenz. ... Dann blieb ich noch fünf Tage<br />
in Pompeji, und kehrte zurück nach Neapel, wo ich drei Wochen<br />
mich aufhielt und Exkursionen in die Umgebung machte. ... Italien<br />
ist und bleibt das schönste und reichste Land für Kunst und<br />
Künstler, ... Selbst heute noch hat das Leben der Menschen in<br />
diesen Umgebungen für den Künstler und Kunstfreund noch<br />
Begeisterung, wo man geht und steht sieht man Bilder. Oh, welch<br />
großer Unterschied mit den großen und jetzigen konventionellen<br />
Städten, wo Häuser und Menschen nur trockene Berechnungen<br />
sind.“<br />
Alles andere als „trockene Berechnung“ ist auch vorliegendes<br />
Aquarell von Thomas Ender, das wohl auf dieser zweiter Italienreise<br />
entstanden ist. Es zeigt eine Kanalszene in Venedig, in der<br />
architektonische Detailgenauigkeit nicht mehr sein größtes Anliegen<br />
ist. Dass er dies beherrscht, hat er schon oft genug unter<br />
Beweis gestellt. Ihm geht es ums Atmosphärische; das Erfassen<br />
der Stimmung und des Lichts ist ihm das Wichtigste. So sind es<br />
auch die aufbauschenden Wolken, die der Ansicht eine Raumtiefe<br />
geben und die vom Schräglicht der Sonne angestrahlten Fassaden,<br />
welche die Häuser plastisch wirken lassen. Die Figuren sind<br />
weniger bedeutsam, obwohl er etwa die Gondoliere im Vordergrund<br />
mit einiger Detailliebe erfasst. Ähnlich wie auch Rudolf<br />
von Alt und Ferdinand Georg Waldmüller vollzieht er in seinem<br />
Spätwerk eine Wende und wird so zum Vorläufer des österreichischen<br />
Stimmungsimpressionismus.<br />
Thomas Ender wurde gemeinsam mit seinem Zwillingsbruder Johann<br />
Nepomuk in Wien geboren. Beide studierten von 1806 bis 1813<br />
an der Wiener Akademie unter Janscha und Mößmer. Schon in seiner<br />
Jugend genoss er die Förderung durch Staatskanzler Metternich. 1816<br />
sammelte er während einer Reise durch Salzburg und Tirol reiches<br />
Skizzenmaterial, dass ihn im darauffolgenden Jahr den ersten Preis<br />
der akademischen Ausstellung gewinnen ließ und zur Teilnahme<br />
an der österreichischen Brasilienexpedition verhalf. Bei seiner Rückkehr<br />
brachte er 700 Aquarelle und Zeichnungen mit. 1819 begleitete<br />
er Metternich nach Rom, wo er sich bis 1824 als Stipendiat aufhielt.<br />
1829 trat er als Kammermaler in die Dienste Erzherzog Johanns,<br />
mit dem er auf Studienreisen Salzburg, die Steiermark,<br />
Kärnten und Tirol bereiste und dabei hunderte Aquarelle schuf.<br />
1836 wurde er Korrektor an der Akademie, ein Jahr später Professor<br />
für Landschaftsmalerei. 1837 begleitete er Erzherzog Johann nach<br />
Russland, Griechenland und Konstantinopel. 1845 wurde er zum<br />
Kaiserlichen Rat ernannt, 1853 wurde ihm der Franz-Joseph-Orden<br />
verliehen. Es folgte eine zweite Italienreise. Von all seinen Studienfahrten<br />
brachte Ender eine große Anzahl an Zeichnungen und<br />
Aquarellen mit. Alles in allem schuf er ein Lebenswerk von mehreren<br />
tausend Arbeiten, die sich in zahlreichen bedeutenden Sammlungen<br />
und Museen befinden.<br />
Literatur: Walter Koschatzky: Thomas Ender (1793 – 1875)<br />
Kammermaler Erzherzog Johanns, Graz 1982; Ausstellungskatalog<br />
der Albertina: Thomas Ender (1793 – 1875), Zeichnungen<br />
und Aquarelle, Wien 1964<br />
Thomas Ender<br />
Wien 1793 – 1875 Wien<br />
Venedig, 1853, Aquarell auf Papier, 18 x 16 cm, signiert Tho. Ender<br />
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