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I.3. Erregungsleitung im Nerv

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20I/3 <strong>Nerv</strong>enleitung<strong>I.3.</strong> <strong>Erregungsleitung</strong> <strong>im</strong> <strong>Nerv</strong>Lernziele: Elektrotonus versus ‚aktive‘ Leitung von Aktionspotenzialen, Leitungsgeschwindigkeit.Markhaltige <strong>Nerv</strong>faser, Ranvier-Schnürring. Fasertypen eines gemischten peripheren<strong>Nerv</strong>en. Neurologische Ableitmethoden. Deutung des Summenaktionspotenzials. Erregungsübertragungan Synapsen. Einfache spinale Reflexe (H-Reflex, Eigenreflex).Klinische Anwendungen: Leitungsgeschwindigkeit bei Reinnervation und Entmarkungskrankheiten(neurologische Diagnostik).Theorie: Unter dem Einfluß äußerer Reize (chemisch, mechanisch etc.) werden in spezifischenSinneszellen durch Öffnen bzw. Schließen von Ionenkanälen "Generatorströme" erzeugt, derenGröße analog zur Amplitude und/oder Änderung der Reizamplitude ist. Ähnlich entstehenStröme unter dem Einfluß von Neurotransmittern an der subsynaptischen Membran. Die Strömeerzeugen lokale Änderungen des Membranpotenzials (z.B. postsynaptische Potenziale), die sichmit Abschwächung ("elektrotonisch") über die Zelle ausbreiten. Diese Potenziale können sichzeitlich und räumlich überlagern. Für die rasche Informationsübertragung über lange Streckensind sie zu störanfällig und werden daher in eine Folge von Aktionspotenzialen (AP’s) umgesetzt,welche die Information in dem zeitlichen Abstand diskreter Signale (frequenzmodulierte AP-Serien, Muster) enthält. Diese Kodierung erfolgt am Axonhügel bzw. am ersten Ranvier-Schnürring.<strong>Nerv</strong>fasern können zwischen 0,5 µm und 20 µm dick und mehr als 1 m lang sein. Myelinscheidenvon Schwann-Zellen bzw. Oligodendrozyten isolieren das Axon. Nur am Ranvier-Schnürringliegt die Axonmembran frei, so daß Ionenströme ein AP regenerieren können. Der Potenzialunterschiedzwischen dem ersten, erregten (R1) und dem zweiten, noch nicht erregten Schnürring(R2) läßt einen Strom fließen, der die Membran von R2 bis zur Schwelle depolarisiert. Esresultieren an R2 Na + -Einstrom und AP. Die Ausbreitungsgeschwindigkeit steigt, wenn 1. derinnere Längswiderstand mit zunehmender Faserdicke sinkt, 2. Stromverluste zwischen denSchnürringen durch die Markscheide min<strong>im</strong>iert werden (großer Membranwiderstand und kleineMembrankapazität) und 3. die Dichte der Na + -Kanäle am Schnürring hoch ist. Wird beiEntmarkungskrankheiten (z.B. der multiplen Sklerose) die Markscheide abgebaut, so sinkt dieLeitungsgeschwindigkeit.Ein peripherer <strong>Nerv</strong> enthält viele tausend Axone, sowohl markhaltige als auch marklose. DieÜberlagerung der AP’s aller Axone wird Summenaktionspotenzial (SAP) genannt. Die mit demSAP einhergehenden extrazellulären Ströme verursachen kleine Potenzialschwankungen (<strong>im</strong>µV-Bereich), die sich auf der Hautoberfläche mit zwei extrazellulären Elektroden ableiten lassen.Wandert die Erregung unter der ersten Elektrode eines Differenzverstärkers hindurch, soentstehen eine Positivierung (Aufwärtsflexion am Schirm des Gerätes) und danach eineNegativierung als zweite Welle, wenn die Erregung unter der zweiten Elektrode hindurchläuft. Esresultiert ein „diphasisches" SAP. Aus der Latenz (in s) und dem Abstand zwischen Reiz- undAbleitelektrode (in m) kann die Leitungsgeschwindigkeit (in m/s) errechnet werden. MonophasischeSAP’s lassen sich registrieren, wenn das SAP zur zweiten Elektrode nicht weitergeleitetwird (z.B. Abtrennen der <strong>Nerv</strong>faser oder pharmakologischer Leitungsblock) oder wenn diezweite indifferente Elektrode fern vom erregten Gebiet liegt. Die gemessenen monophasischenPotenziale entsprechen dann dem Zeitverlauf des Nettomembranstroms während der Erregungunter der differenten Elektrode.Physiologisch verläuft die <strong>Erregungsleitung</strong> orthodrom, d.h. in sensiblen Fasern afferent zumZNS und in motorischen Fasern efferent vom ZNS zum Muskel. Bei exper<strong>im</strong>enteller elektrischerReizung breitet sich das AP sowohl ortho- als auch antidrom von der gereizten Stelle aus.


I/3 <strong>Nerv</strong>enleitung 21Aufgabe 1: Aktionspotenziale am Frosch-<strong>Nerv</strong> (S<strong>im</strong>ulation)Die Versuchsanordnung besteht aus einer Exper<strong>im</strong>entierkammer, einer Schale mit Nährlösungund zwei präparierten Froschnerven (N. ischiadicus), einem St<strong>im</strong>ulator und einem Speicheroszilloskop.Die Versuche werden gestartet, indem die „s<strong>im</strong>ulierten Geräte“ eingeschaltet werden undein <strong>Nerv</strong> in die Exper<strong>im</strong>entierkammer gebracht wird. Die Bedienung erfolgt mit der Computermaus.Die Exper<strong>im</strong>entierkammer wird durch Anklicken des Deckels geöffnet bzw. geschlossen.Diskutieren Sie mit dem Assistenten folgende Fragen: Wo liegen die Reiz- und die Ableitelektroden?Auf welchem Kanal des Oszilloskops wird der Reiz und auf welchem das SAP dargestellt?Wozu dient die "Masseleitung"? Welchen Sinn hat die Triggerleitung? Was ist einDifferenzverstärker, wo befindet er sich in der Versuchsanordnung? Welchen Effekt hat die“POLARITY”-Einstellung am St<strong>im</strong>ulator? Welchen Einfluß hat der “DELAY”-Schieberegler <strong>im</strong>“TWIN-MODE”?Aufgabe 1a: Best<strong>im</strong>men Sie die Reizschwelle und die Reizstärken-Abhängigkeit des SAP!Durchführung: Bringen Sie einen <strong>Nerv</strong> aus der Schale in die Exper<strong>im</strong>entierkammer. Stellen Sieam St<strong>im</strong>ulator die Reizdauer auf 1 ms und die Zeitablenkung des Oszilloskops auf 0,5 oder1 ms/div. Best<strong>im</strong>men Sie zuerst die Reizschwelle zur Auslösung eines SAP, indem Sie den <strong>Nerv</strong>mit steigenden Reizamplituden reizen. Anschließend erhöhen Sie die Reizstärke weiter, bis keineErhöhung der SAP-Amplitude mehr zu beobachten ist.Darstellung: Notieren Sie Reizstärken und messen Sie die SAP-Amplituden. Übertragen Sie dieWerte in Tabelle 1.Reizstärke(mV)SAP-Amplitude(mV)Tabelle 1SchwelleMax. SAP-AmplitudeAufgabe 1b: Vergleichen Sie diphasisches und monophasisches SAP!Durchführung: Lösen Sie ein max<strong>im</strong>ales SAP aus. Übertragen Sie seinen Verlauf in dieAbbildung 1. Öffnen Sie die Kammer erneut und binden Sie mit einem Faden (Fadenrolle rechts)den <strong>Nerv</strong> zwischen den Ableitelektroden ab. Kammer schließen und erneut reizen.Übertragen Sie auch dieses SAP in Abbildung 1. Beschriften Sie die SAP’s! Welches ist eindiphasisches und welches ein monophasisches SAP?


22I/3 <strong>Nerv</strong>enleitungAmplitude [mV]Zeit [ms]Abbildung 1: Monophasisches und diphasisches SAPAufgabe 1c: Best<strong>im</strong>men Sie die Leitungsgeschwindigkeit!Durchführung: Öffnen Sie die Exper<strong>im</strong>entierkammer. Die Kathode der Reizelektroden wird nachrechts kurz vor die erste Ableitelektrode (nicht auf die mittlere Markierung!) verschoben.Notieren Sie die Positionen der Kathode! Nach Schließen der Kammer wird ein SAP ausgelöst(Achtung: Am Oszilloskop “STORE” einschalten). Danach schieben Sie die Kathode auf dieursprüngliche Position zurück und lösen wieder ein SAP aus. Auf dem Oszilloskop sind nun zweiSAP’s mit unterschiedlicher Latenz zu sehen.Best<strong>im</strong>men Sie die Zeitdifferenz zwischen den beiden SAP’s (in s) mittels der “TIMEBASE”, soerhalten Sie die Leitungszeit Δt (in s). Aus dem Abstand der Kathode während erster und zweiterReizung errechnet sich der Leitungsweg Δs (in m). Damit ergibt sich die <strong>Nerv</strong>enleitungsgeschwindigkeitv:v = Δs/Δt [m/s]Δs [mm] Δt [ms] v [m/s]Aufgabe 1d: Best<strong>im</strong>men Sie absolute, relative und totale Refraktärzeit!Unter der absoluten Refraktärzeit (aRZ) versteht man die völlige Unerregbarkeit der Zellmembrannach einer vorangegangenen Erregung. Während der relativen Refraktärzeit (rRZ) ist dieErregbarkeit noch herabgesetzt. Die totale Refraktärzeit (tRZ) ist die Summe aus aRZ + rRZ.Durchführung: Der St<strong>im</strong>ulator wird auf “TWIN”-Mode (Doppel<strong>im</strong>pulse) geschaltet und eineReizzeit von 1 ms eingestellt. Die Reizamplitude sollte etwas größer als die max<strong>im</strong>ale Schwellesein. Der Abstand der Doppel<strong>im</strong>pulse wird mittels des “DELAY”-Schiebereglers kontrolliert.


I/3 <strong>Nerv</strong>enleitung 23Zunächst werden 10 ms eingestellt. Am Oszilloskop muß die “TIMEBASE” so gewählt werden,dass beide SAP’s abgebildet werden. “STORE” einschalten! Nun wird nach jeder Reizung“DELAY” verringert. Ab einem best<strong>im</strong>mten “DELAY” n<strong>im</strong>mt die Amplitude des zweiten SAPab (Ende der tRZ). Reduzieren Sie “DELAY” weiter, bis kein zweites SAP mehr ausgelöstwerden kann (Ende der aRZ). Die Refraktärzeiten (in ms) ergeben sich aus den “DELAY”-Zeiten. Messen Sie die Amplituden der SAP’s, und tragen Sie die Werte in die Tabelle 2 ein.DELAY[ms]Amplitude des 1. SAP[mV]Amplitude des 2. SAP[mV]Tabelle 2Aus der Tabelle 2 werden die Werte der Amplituden des 1. SAP’s und des 2. SAP’s in Abhängigkeitvom eingestellten Delay in die Abbildung 2 eingezeichnet.Amplitude [mV]Zeit [ms]Abbildung 2: Refraktärzeiten


24I/3 <strong>Nerv</strong>enleitungBest<strong>im</strong>men Sie aus Abb. 2 die Refraktärzeiten. (rRZ = tRZ – aRZ)aRZ [ms] rRZ [ms] tRZ [ms]Aufgabe 1e: Vergleichen Sie die Effekte der kathodischen und der anodischen Reizung!Gleichströme depolarisieren die Membran an der Kathode und hyperpolarisieren sie an derAnode. Insbesondere be<strong>im</strong> geschädigten <strong>Nerv</strong> (weniger negatives Membranpotenzial) wird eineAnodenöffnungs-Erregung beobachtet. (Die längere Hyperpolarisation hat Na + -Kanäle aus deminaktivierten Zustand in den ruhenden, aktivierbaren Zustand überführt. Das Wegnehmen derHyperpolarisation wirkt wie eine Depolarisation.)Der St<strong>im</strong>ulator wird wieder auf Einzel<strong>im</strong>puls geschaltet und der <strong>Nerv</strong> zwischen den beidenReizelektroden abgebunden. Bei 1 ms Reizdauer und normaler Polarität der Reizung führt dasAbbinden zu keiner Änderung am SAP. Wird jedoch die Polarität am Reizgerät auf „invert“geschaltet (Die Anode wird zur Kathode und umgekehrt), kann kein SAP ausgelöst werden.<strong>Nerv</strong> zwischen Reizelektroden abgebundenSAP-Amplitude (POLARITY = Norm) [mV]SAP-Amplitude (POLARITY = Invert) [mV]Die Polarität wird wieder auf „normal“ geschaltet und der Faden wieder vom <strong>Nerv</strong> entfernt. DieReizdauer wird auf 10 ms erhöht. Sie erhalten 2 SAP’s: Am Impulsbeginn wird ein SAP mittelsder Kathode, am Impulsende ein SAP mittels der Anode ausgelöst. Letzteres SAP hat einedeutlich geringere Amplitude, die mit zunehmender Impulsdauer etwas größer wird, jedoch nichtdie Amplitude des kathodisch ausgelösten SAP erreicht.SAP-Amplituden bei großer Impulsdauer (<strong>Nerv</strong> nicht abgebunden)SAP-Amplitude (Impulsbeginn = kathodisch) [mV]SAP-Amplitude (Impulsende = anodisch) [mV]Aufgabe 2: <strong>Erregungsleitung</strong> am menschlichen peripheren <strong>Nerv</strong>(Untersuchungen mit dem neurologischen 2-Kanal-Diagnosesystem NeuroScreen)Aufgabe 2a: Best<strong>im</strong>men Sie die Leitungsgeschwindigkeit der motorischen Fasern vomN. ulnaris! Schätzen Sie die neuromuskuläre Überleitungszeit ab!Wir leiten nicht das <strong>Nerv</strong>-AP, sondern die Erregung des dazugehörigen Muskels als Elektromyogramm(EMG) ab. Die Zeit vom Reizbeginn (gestrichelte Linie in Abbildung 3) eines motorischen<strong>Nerv</strong>s bis zum Gipfel des ersten abgeleiteten Muskel-Summen-AP (EMG) setzt sichzusammen aus 1. der Nutzzeit des Reizes, 2. der Leitungszeit des <strong>Nerv</strong>s, 3. der neuromuskulärenÜbertragungszeit, 4. der Leitungszeit über den Muskel und 5. der Zeit bis zum Beginn desMuskelaktionspotenzials. Die Leitungsgeschwindigkeit wird ermittelt, indem wir die zeitlicheVerzögerung messen, die sich ergibt, wenn die Reizelektrode auf eine entferntere Stellebezüglich der Ableitelektrode gesetzt wird.Anleitung: Der N. ulnaris wird an verschiedenen Orten entsprechend der Abb. 3 mit kurzenReizen mit großer Amplitude gereizt. In Höhe des Handgelenks wird eine angefeuchteteKlettbandelektrode zur Erdung angebracht. Die aktive Ableitelektrode (A) wird <strong>im</strong> Bereich desM. abductor digiti min<strong>im</strong>i angebracht (Handkante, etwa 1 cm von der Mitte in RichtungHandgelenk), die Referenzelektrode (R) auf das Gelenk des kleinen Fingers geklebt.Die Reizelektrode wird vom Versuchsleiter aufgesetzt und gehalten. Zu beachten ist, daß die mit„+ “ gekennzeichnete Seite der Elektrode vom Ableitort weg zeigt. Eine Leitungsstreckeentspricht dem Abstand zwischen der aktiven Reizelektrode (-) und der Ableitelektrode (A). Aus


I/3 <strong>Nerv</strong>enleitung 25der Differenz von zwei Leitungsstrecken und der Differenz der dazu gehörigen Leitungszeitenlässt sich die Leitungsgeschwindigkeit über den jeweiligen Abschnitt des <strong>Nerv</strong> berechnen. AmNeuroScreen wird das Programm "USER/nerv1" aufgerufen.Die Leitungszeiten entnehmen Sie dem Meßprotokoll. Übertragen Sie alle Werte in Tabelle 3,und berechnen Sie die mittlere Leitungsgeschwindigkeit!Um die neuromuskuläre Übertragungszeit abschätzen zu können, übertragen Sie Leitungszeitenund die Leitungsstrecken aus dem Messprotokoll in die Abbildung 4. Zeichnen Sie durch dieMeßwerte eine Gerade. Der Schnittpunkt der Geraden mit der Zeit-Achse liefert Ihnen eine guteNäherung für die neuromuskuläre Übertragungszeit.Die Leitungsgeschwindigkeit errechnet sich aus:Leitungsgeschw.Distanz zw. 2 St<strong>im</strong>ulationsorten=Differenz der Leitungszeiten⎡m⎤⎢⎣ s ⎥⎦St<strong>im</strong>ulationsortDistanzzurAbleitelektrode[cm]Distanzzwischen2 St<strong>im</strong>ulationsorten[cm]Latenz(Fußpunktdes AP)[ms]Differenz derLeitungszeiten[ms]Leitungs-Geschwindigkeit[m/s](1) Sulcus bicipitalis ------------------ ------------------ -----------------(2) S. ulnaris (1)(2): (1)(2): (1)(2):(3) Unterarm (fern) (2)(3): (2)(3): (2)(3):(4) Unterarm (nah) (3)(4): (3)(4): (3)(4):(5) Handgelenk (4)(5): (4)(5): (4)(5):Tabelle 3mittlere Leitungsgeschwindigkeit:_____________________(m/s)Abbildung 3: St<strong>im</strong>ulationsorte am N. ulnaris (angegebene Distanzen sind Beispiele)


26I/3 <strong>Nerv</strong>enleitung454035Distanz [cm]3025201510500 3 6 9 12 15Abbildung 4Latenzzeit [ms]Neuromuskuläre Übertragungszeit:______________msAufgabe 2b: Monosynaptische Aktivierung von α-Motoneuronen.Stellen Sie durch Reizung des N. tibialis den H-Reflex dar! Vergleichen Sie die Latenzzeiten vonH- und M-Welle (Tabelle 4)!Im gemischt peripheren <strong>Nerv</strong> (N. tibialis) besitzen die sensiblen Fasern eine geringere Reizschwelleals die motorischen Fasern, d.h. kleine Reizstärken erregen vornehmlich die von denMuskelspindeln kommenden Aα-Afferenzen, die an den α-Motoneuronen des Rückenmarksenden und diese aktivieren. Die Erregung der α-Motoaxone induziert das EMG und dieKontraktion des M. triceps surae (sog. H-Reflex). Die Amplitude der H-Welle wächst mitzunehmender Reizstärke, weil die Anzahl der gereizten Ia-Fasern steigt. Wird die Reizstärkeweiter erhöht, werden die motorischen Fasern direkt aktiviert. Es erscheint mit kürzerer Latenzvor der H-Welle eine M-Welle <strong>im</strong> EMG.Durchführung: Die aktive EMG-Elektrode (A) wird auf der Unterschenkelmuskulatur über demM. triceps surae, die Referenzelektode über der Achillessehne befestigt. Gereizt wird der N.tibialis unterhalb des Kniegelenks. Zwischen Reiz- und Ableitelektroden wird zur Erdung dieangefeuchtete Klettbandelektrode fixiert. Die Reizstärke wird, ausgehend vom Schwellenwert,soweit erhöht, bis M-Wellen deutlich auftreten.Reizstärke [mA]H-WelleLatenz max.Amplitude[ms] [mV]M-WelleLatenz max.Amplitude[ms] [mV]Tabelle 4


I/3 <strong>Nerv</strong>enleitung 27Aufgabe 2c: Best<strong>im</strong>men Sie die Leitungsgeschwindigkeit sensibler Fasern <strong>im</strong> peripheren<strong>Nerv</strong>! Demonstrieren und deuten Sie die Dispersion des Summen-AP’s!Ebenso wie die motorischen enthalten auch die sensiblen <strong>Nerv</strong>fasern unterschiedliche Leitungsgeschwindigkeiten.Es können so in den Ableitungen mehrere Gipfel auftreten: Je größer dieLeitungsgeschwindigkeit, desto früher wird die Ableitelektrode erreicht. Diese Dispersion n<strong>im</strong>mtmit dem Abstand zwischen Reiz- und Ableitelektrode zu.Anleitung: Die Best<strong>im</strong>mung der Leitungsgeschwindigkeit für den sensiblen <strong>Nerv</strong> erfolgt nur fürantidrome <strong>Nerv</strong>enleitung. Die Reiz- und Ableitpunkte werden gemäß der Abb. 5 gewählt. Gereiztwird der N. ulnaris (alternativ N. medianus, beste Ableitung suchen) oberhalb des Handgelenksund weiter prox<strong>im</strong>al. Die Ableitung der <strong>Nerv</strong>-AP erfolgt mittels Klettbandelektroden vomMittelfinger oder kleinen Finger. Die aktive Elektrode (A) weist in Richtung Fingerspitze. DieErdungselektrode (Klettband) wird über der Handfläche angebracht. Am NeuroScreen wird dasProgramm “NLG/sensibel antidrom" aufgerufen.Sensibler <strong>Nerv</strong>: Distale ReizungAbstand[cm]Latenz[ms]Leitungsgeschwindigkeit[m/s]Abschätzung der <strong>Nerv</strong>enleitungsgeschwindigkeiten bei prox<strong>im</strong>aler ReizungschnelleLeitunglangsameLeitungAbstand[cm]Latenz[ms]Leitungsgeschwindigkeit[m/s]Abbildung 5


28I/3 <strong>Nerv</strong>enleitungAufgabe 2d: Ermitteln Sie den Einfluß der Kühlung auf die Leitungsgeschwindigkeit!Bei einer Temperaturminderung um 10° C n<strong>im</strong>mt die Leitungsgeschwindigkeit etwa auf einDrittel des Ausgangswertes ab (Q 10 = 3).Anleitung: Es wird mit dem Programm "NLG/sensibel antidrom" am NeuroScreen gearbeitet.Die Elektrodenanordnung entspricht dem vorhergehenden Versuch. Gereizt wird der N. ulnarisam Handgelenk. Es wird zuerst eine normale Registrierung vorgenommen. Danach wird die Hautder Handkante bis zum kleinen Finger intensiv mit Chloraethyl-Spray (Kältespray) besprüht(Achtung: Abstand > 15 cm einhalten). Danach sollen Sie in möglichst geringem zeitlichenAbstand 2-3 weitere Registrierungen aufnehmen. Beachten Sie: Die Fasertypen zeigen unterschiedlicheTemperaturempfindlichkeit; Abkühlung kann daher <strong>im</strong> SAP zur Dispersion führen.Sensibler <strong>Nerv</strong>: Leitungsgeschwindigkeit [m/s]vor Kühlungnach KühlungAufgabe 3: <strong>Nerv</strong>enleitungDas S<strong>im</strong>ulationsprogramm „El_Phys“ demonstriert Ihnen elektrische Eigenschaften von<strong>Nerv</strong>fasern. Die entsprechenden Aufgaben wählen Sie aus dem Menü oder durch Anklicken <strong>im</strong>Startbildschirm.Aufgabe 3a: Elektrotonische <strong>Nerv</strong>enleitung.Die S<strong>im</strong>ulation zeigt Ihnen Membranpotenziale in Abständen von 1 - 5 mm Entfernung von derReizelektrode, wie sie bei rein elektrotonischer Ausbreitung von Membranpotenzialänderungen(ohne Änderung der Na + - und K + -Leitfähigkeit) als Antwort auf einen depolarisierenden Reizvon einem marklosen Axon abgeleitet werden. Vergleichen Sie Amplitude und Zeitverlauf derDepolarisation in den 5 Abschnitten! Notieren Sie in Tabelle 5 die für jeden Abschnitt vomComputer ermittelte und angegebene Dauer bis zum Erreichen des Schwellenpotenzials (t 1 bist 5 )! Was folgern Sie für die Weiterleitung eines postsynaptischen Potenzials oder eines Rezeptorpotenzials?Beobachten Sie den Einfluß des Axon-Durchmessers (zehnmal vergrößern, siehe Tabelle 5,„Riesenaxon“)! Verändern Sie hierzu entsprechend nacheinander den Innenwiderstand R i , denMembranwiderstand R m sowie die Membrankapazität C m ! Erklären Sie den unterschiedlichenEffekt der Durchmesseränderung auf diese drei Parameter! Notieren Sie wieder in Tabelle 5 dieZeiten t 1 bis t 5 !S<strong>im</strong>ulieren Sie den Einfluß einer leichten sowie einer starken Myelinisierung bei konstantemAxon-Durchmesser durch zuerst 10fache, dann 250fache Vergrößerung des Membranwiderstandes(R m ) sowie entsprechende Verkleinerung der Membrankapazität C m ! Notieren Sie erneut inTabelle 5 die Zeiten t 1 bis t 5 ! Diskutieren Sie anhand Ihrer Befunde die Bedeutung der Markscheiden!


I/3 <strong>Nerv</strong>enleitung 29R m[GΩ·mm]C m[pF/mm]R iZeit bis zum Erreichen der Schwelle [ms][GΩ/mm] t 1 t 2 t 3 t 4 t 54 0.31 34 0.31 0.030.4 0.31 0.030.4 3.1 0.0340 0.31 340 0.031 31000 0.31 31000 0.0012 3Unmyelinisiert, dünnRiesenaxon (10facher Radius)leichte Myelinisierungstarke MyelinisierungTabelle 5: Einfluß von Membranparametern auf die elektrotonische AP-FortleitungAufgabe 3b: Saltatorische <strong>Erregungsleitung</strong>.Die Überleitung zwischen zwei Ranvier-Schnürringen wird modelliert. Für die myelinisierteStrecke zwischen den beiden Schnürringen (Internodium) wird der Einfachheit halber angenommen,daß dort die Membrankapazität gleich Null und der Membranwiderstand unendlich großsind. (Das entspricht in etwa der letzten Zeile aus Tabelle 5.)Lösen Sie <strong>im</strong> linken Schnürring ein AP aus. Beobachten Sie die mit den roten Pfeilen symbolisiertenStröme! Ändern Sie die Parameter: 1.) Leitfähigkeitsverhältnis in den SchnürringenG Na,max /G K als Maß für die Anzahl der Na + -Kanäle <strong>im</strong> Schnürring; 2.) Innenwiderstand R i alsMaß für den Abstand der Schnürringe entsprechend Tabelle 6! Messen Sie den zeitlichenAbstand zwischen den zwei Aktionspotenzialen Δt (Durchgang durch 0 mV) unter diesenverschiedenen Bedingungen. Tragen Sie die Ergebnisse in Tabelle 6 ein. Beobachten Sie dieVeränderungen der Aktionspotenzialform und der dem AP zugrunde liegenden Ströme!G Na,max /G K C m [pF] R i [GΩ] Δt [ms]Ausgangszustand10 0.3 5Na + -Kanal-Inaktivierung8 0.3 5Verringerung des Schnürringabstandes10 0.3 2Vergrößerung des Schnürringabstandes (z. B. durch Ausfall eines Schnürrings)10 0.3 1010 0.3 20Tabelle 6: Einfluß von Membranparametern auf die saltatorische AP-Fortleitung

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