Frankfurt ist auch eine (Halbtags-)Reise wert! - Evangelische ...
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2 Der Anruf<br />
Liebe Leserin,<br />
lieber Leser,<br />
zwei verschiedene Texte fallen mir in diesen Tagen völlig unabhängig von<br />
einander in die Hände, die ich Ihnen gerne in die Advents- und Weihnachtszeit<br />
weitergeben möchte.<br />
Einmal <strong>ist</strong> es ein Bericht aus <strong>eine</strong>r großen deutschen Wochenzeitschrift:<br />
„Was Kenneth Henderson, Major des britischen Expeditionskorps,<br />
am 25. Dezember 1914 im nordfranzösichen Richebourg<br />
beobachtete, war der Alptraum aller Offiziere und der Traum aller<br />
Pazif<strong>ist</strong>en: „Ich fand das gesamte Niemandsland besetzt von<br />
<strong>eine</strong>r Menschenmenge; unseren Leuten und den Deutschen, alle<br />
durcheinander, in freundlicher Unterhaltung.“ Als das Fest kam,<br />
waren allein an der Westfront über <strong>eine</strong> Million Waffenträger tot<br />
oder verwundet – und ein Ende des Schlachtens war nicht absehbar.<br />
Da brach spontan der Friede aus. Fast überall an der<br />
knapp 800 km langen Westfront zwischen Nordsee und Schweizer<br />
Grenze hörten Soldaten an Weihnachten auf zu kämpfen.<br />
Sie stiegen aus den Gräben, schenkten einander Schnaps oder<br />
Plumpudding und spielten Fußball. Es war die größte Verbrüderung<br />
in der Geschichte des Krieges überhaupt. ... Sie stellten Kerzen<br />
und Weihnachtsbäume auf die Brustwehr der Schützengräben<br />
und sangen gemeinsam Weihnachtslieder ...“<br />
(Der Spiegel 45/2003)<br />
Das zweite Fundstück <strong>ist</strong> ein Briefausriss aus dem Feldpostarchiv in Berlin,<br />
knapp dreißig Jahre älter:<br />
Der Anruf 3<br />
Nur knapp drei Jahrzehnte liegen zwischen den beiden Texten und zwei mal<br />
drei Jahrzehnte zwischen dem letzten und heute. Viel komplizierter <strong>ist</strong> die<br />
Weltlage geworden.<br />
Zwar gilt: Kriege sind immer noch und Weihnachten wird es wohl <strong>auch</strong><br />
wieder werden.<br />
Doch wo wären gemeinsame, versöhnliche Zeichen,<br />
um die sich die heute Verfeindeten scharen könnten?<br />
Vielleicht wird es Zeit nach ihnen zu suchen.<br />
Und was muss – den zweiten Text aufnehmend – geschehen,<br />
dass Weihnachten sich für uns, für mich, ja<br />
vielleicht für jene, für die das Gesagte heute genau so<br />
gilt wie 1942 für den Soldaten, „lohnt“?<br />
Und viele von uns empfinden die Spannung zwischen dem, was in den beiden<br />
Texten beschrieben wird: Die Sehnsucht, dass Weihnachten wirklich etwas<br />
bewirken könnte, das mit dem besungenen „Friede auf Erden“ zu tun<br />
hat und auf der anderen Seite die Angst, dass es ganz umsonst <strong>ist</strong>.<br />
Die Advents- und Weihnachtszeit kann für uns <strong>eine</strong> Zeit genau solcher<br />
Fragen sein. Dass es für Sie <strong>eine</strong> in aller Nachdenklichkeit gesegnete Zeit<br />
sein möge, wünscht Ihnen<br />
Ihre