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Brandenburg im Bildungsloch 2004 - DIE LINKE. Kreisverband Oder ...

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22 Widerspruch 5/<strong>2004</strong> Widerspruch 5/<strong>2004</strong> 23ManagerVon Rolf SchneiderErinnert man sich noch an Heinz Dürr? Derhoch gewachsene Eigentümer eines Mittelstandsbetriebes<strong>im</strong> Schwäbischen wurdeeinst überregional bekannt als Verhandlungsführerbei Tarifgesprächen. Das brachteden Aufsichtsrat der Großfirma AEG aufden Einfall, Dürr zum Chef ihres Unternehmenszu bestellen. Er trat an und führte dieAEG, jenen durch die Rathenaus groß undberühmt gewordenen Elektrokonzern, indie Pleite. Zum Lohn dafür berief man ihngleich anschließend an die Spitze der DeutschenBahn. Er versprach, das Staatsunternehmenaus der wirtschaftlichen Krise zuführen, indem er es privatisierte. Die Privatisierunghat er durchgeführt. Bei der ökonomischenKrise ist es geblieben und dies bisheute. Dürr trat dann irgendwann ab. Einenneuen Chefposten erhielt er nicht mehr, daer inzwischen offenbar zu alt geworden war.Das Prinzip Dürr hat Modellcharakter. Dagibt es den Manager Bernd Pischetsrieder.Er stand an der Spitze des hochprofitablenMünchner Automobilkonzerns BMW. Ineinem Anfall von Größenwahn erwarb erfür seine Firma den defizitären britischenAutobauer Rover, womit er BMW an denRand des wirtschaftlichen Kollapses brachte.Die entließ Pischetsrieder, der daraufhinden Chefposten des noch größeren Volkswagenkonzernsin Wolfsburg übernahm. SeitPischetsrieder dort regiert, ist der Umsatzeingebrochen, das Modell Golf der jüngstenGeneration, gerade ein halbes Jahr alt, lässtsich nur noch mit Rabatten unter die Leutebringen.Da wir bei den Automobilen sind, redenwir nunmehr von der anderen EdelmarkeMercedes.Dort regiert seit längerem als VorstandsvorsitzenderJürgen Schrempp. Als er seinAmt antrat, versprach er eine stürmische Erhöhungder Aktienkurse des Unternehmens,weswegen man ihm ehrfürchtig den Titel‚Mr. Shareholder Value’ verlieh. Schremppfusionierte Da<strong>im</strong>ler mit der defizitären USamerikanischenAutomobilmarke Chryslerund kaufte sich in die nicht minder defizitärejapanische Automobilmarke Mitsubishiein. Beide Firmen blieben defizitär undzehren die bei Mercedes in Untertürkhe<strong>im</strong>erwirtschafteten Gewinne auf.Auch an dem skandalösen UnternehmenTollCollect, durch dessen blamables Versagendem Bund Milliarden Euro verloren gehen,ist Schrempps Da<strong>im</strong>ler-Chrysler-Konzernmaßgeblich beteiligt.Mit dem Aktienkurs des deutsch-amerikanischenAutobauers ging es längstnach unten. Gleichwohl will mandem Mr. Shareholder Value, derDeutschlands bestverdienenderManager ist, dessen Bezüge sichmittlerweile vervierfacht habenund den eine US-amerikanischeWirtschaftszeitschrift zum schlechtestenManager des Jahres kürte,festhalten. Und gleichwohl hat manmit ihm eine Vertragsverlängerungvereinbart und seinetwegen sogardie in der Firma verbindliche Altersgrenzefür Spitzenpersonal aufgehoben.Da wir bei Einkünften sind: Gegenwärtigläuft in Düsseldorf ein Prozess wegen Untreueunter anderem gegen den einstigenMannesmannchef Klaus Esser. Der verlor dieÜbernahmeschlacht gegen Vodafone undwurde dafür mit einer millionenschwerenAbfindung belohnt. Der Angeklagte befandsich, als die Übernahmeschlacht lief, geradeerst ein halbes Jahr in seiner Position. Dieschließlich verlorene Übernahmeschlachtwar von ihm selber provoziert worden, da erdurch einen leichtsinnigen Firmenankauf inGroßbritannien das Unternehmen Vodafonegegen sich aufgebracht hatte.Die hier geschilderten Fälle sind eine Auswahl,keine Ausnahme. Mühelos ließen sichdie Misserfolgsgeschichten anderer Spitzenmanagerhinzufügen, etwa die des ThomasMiddelhoff be<strong>im</strong> Medienriesen Bertelsmann.Die aufmerksame Betrachtung der geschildertenKarrieren aber legt zwei grundsätzlicheWeisheiten nahe.Die eine hat zu tun mit dem Peter-Prinzip.Der Amerikaner Lawrence J. Peter formulierte<strong>im</strong> Jahre 1969 die folgende Erkenntnis:‚In einer Hierarchie neigt jeder Beschäftigtedazu, bis zu seiner Stufe der Unfähigkeitaufzusteigen.‘ Zu dieser Formel war er nachgründlicher Untersuchung von Beispielsfällengelangt. Die Richtigkeit der Formel istauch heute noch unbestreitbar, muss jedochin Sachen deutscher Spitzenmanager ergänztwerden wie folgt: In deutschen Großunternehmenneigt jeder Vorstand dazu, seinenBoss für nachweisliche Unfähigkeit besonderszu belohnen, zu behalten oder weiterzu empfehlen. Als Namen schlagen wir vor:Das Schrempp- und Esser-Prinzip.Die zweite Weisheit hat zu tun mit dergegenwärtigen Situation der so genanntenDeutschland AG. Wie bekannt, geht es demIndustriestandort Deutschland nicht sehrgut. Unsere Wirtschaft stagniert, ihr Einflussschwindet, in vielen Kennziffern sindwir europäisches Schlusslicht. Man hat dieSchuld dafür bisher bei der Bundesregierunggesucht, bei den Gewerkschaften, be<strong>im</strong>miesen Bildungsstand deutscher Schüler. Esempfiehlt sich nunmehr, sie vor allem beider Handlungsweise deutscher Spitzenmanagerzu suchen.Rolf Schneider stammt aus Chemnitz. Er war Redakteurder kulturpolitischen MonatszeitschriftAufbau in Berlin (Ost) und wurde dann freierSchriftsteller. Wegen „groben Verstoßes gegen dasStatut“ wurde er <strong>im</strong> Juni 1979 aus dem DDR-Schriftstellerverband ausgeschlossen, nachdem erunter anderem zuvor mitelf Schriftstellerkollegen ineiner Resolution gegen dieZwangsausbürgerung WolfBiermanns protestiert hatte.Veröffentlichungen u. a.„November“, „Volk ohneTrauer“ und „Die Sprachedes Geldes“. Rolf Schneiderschreibt gegenwärtig für eineReihe angesehener Zeitungenund äußert sich insbesonderezu kultur- und gesellschaftspolitischenThemen.DeutschlandRadio Berlin,Politisches Feuilleton,24.4.<strong>2004</strong>, 7.20 Uhr

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