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Transparent Ausgabe 1 (2001) - Transparent-online.de

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für die herausgeber:raum zum<strong>de</strong>nken...2ausgabe 01/01andreas oberholzwerner preuskerfür die herausgeber:dialogtransparentmachen...4die angst vorrisiko und dialog...6risikowahrnehmung und dialogbereitschaftgerhard jakubowskianalytischesroulett...11udo pollmernicht <strong>de</strong>r hat recht,<strong>de</strong>r am lautestenschreit...16rosemarie oswaldgeschäft mit <strong>de</strong>rangst...19lucian haasje spektakulärer,<strong>de</strong>stobesser?...23dr. udo ulfkotteein wunschzettelfür die zukunft...32lisanne zimmermann


aufür die herausgeber


transparent03Abstand, lärmfreie Zonen, Platz zum Atmen und fürdie innere Ruhe, solches wird – so lässt sich ohne große prophetischeGabe voraussehen – zu <strong>de</strong>n Luxusgütern <strong>de</strong>r nichtallzu fernen Zukunft zählen. Und wie steht es um <strong>de</strong>n Raumzum Denken, Hinterfragen, zum Suchen ungewöhnlicherAntworten und Lösungen? In einer Zeit, in <strong>de</strong>r ein medialesÜberangebot Information rund um die Uhr suggeriert, aberoftmals nur Vielfalt in Einfalt offeriert, scheint diese Fragedurchaus berechtigt.Diesen Raum wollen wir, die Herausgeber, (siehe Seite35) anbieten. Medienkritik gehört ab und an dazu (wie imBeitrag „Je spektakulärer, <strong>de</strong>sto besser?”), aber im Vor<strong>de</strong>rgrundsteht immer <strong>de</strong>r kritisch-konstruktive Dialog, die„quergedachte” Argumentation, wo immer sich gesellschaftlicheund wissenschaftliche Konfliktfel<strong>de</strong>r zeigen. Sie alle,unsere Leser, sind herzlich eingela<strong>de</strong>n, am Gelingen diesesProjektes mitzuwirken. Hier darf abseits <strong>de</strong>r üblichenSchemata gedacht wer<strong>de</strong>n, wir freuen uns auf Ihre Resonanz.Lediglich beleidigen<strong>de</strong> o<strong>de</strong>r rassistisch-extremistischeBeiträge wer<strong>de</strong>n keine Chance haben. Schließlich sind Offenheitund Dialog das genaue Gegenteil von schlechtem Stilund Bösartigkeit.Andreas OberholzDie meisten Medien unterliegen ökonomischen undgesellschaftlichen Vorgaben und Spielregeln, sie reflektierenund beeinflussen Zeit und Zeitgeist zugleich, aber fast immeraus einem festgelegten Blickwinkel. Diese Einschränkung wollenwir vermei<strong>de</strong>n, auch wenn für dieses Projekt Sponsorengel<strong>de</strong>raus <strong>de</strong>r Industrie unvermeidlich sind. Die Industrie hatam Redaktionstisch die ihr zustehen<strong>de</strong> Stimme, aber ebennur diese eine.Wenn Sie mögen, diskutieren Sie mit uns auchüber die Chancen und Risiken <strong>de</strong>s so gewählten Konstrukts.Doch jetzt la<strong>de</strong>n wir Sie erst einmal herzlich zum Lesenein...


für die herausgeberdialo


transparent05DergWerner PreuskerKunststoff PVC ist einerseits ein alltäglichesProdukt, das uns täglich begegnet: wenn wir morgens Föhno<strong>de</strong>r Rasierer, <strong>de</strong>n biegsamen Schlauch für die Dusche benutzen,das Fenster zum Lüften öffnen, mit Kreditkarte bezahlen,die Computertastatur bedienen und abends auf PVC-BelagSport treiben.An<strong>de</strong>rerseits ist PVC auch ein Beispiel für einen<strong>de</strong>nkbar unverständlichen Streit zwischen einer Industrie,die von ihrem Produkt überzeugt ist, und Umweltschützern,die es als unliebsamen Dämon, wie Gentechnik, Chlor,Atomkraft und Müllverbrennung von dieser Welt verbannenwollen.Heute ist PVC aber auch ein Beispiel, wie man einensolchen Konflikt – ohne dass eine Seite <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren ihrenWillen aufzwingt, mit Respekt vor <strong>de</strong>r Position <strong>de</strong>s an<strong>de</strong>ren –lösen kann: in einem offenen intensiven Dialog, wie ihn dieArbeitsgemeinschaft PVC und Umwelt e.V. mit Wissenschaftlern,Journalisten und NGOs mit Hilfe eines neutralen Mediators,Gerhard Jakubowski, eingeleitet hat.Aus <strong>de</strong>r gemeinsamen Erfahrung <strong>de</strong>s geglückten Dialogsund <strong>de</strong>r Überbrückung <strong>de</strong>s scheinbar unüberwindbarenGrabens ist die I<strong>de</strong>e dieses Heftes entstan<strong>de</strong>n: <strong>de</strong>n Dialogtransparent zu machen, um an<strong>de</strong>ren in ähnlicher Situationein Beispiel für einen Lösungsweg an die Hand zu geben. DieArbeitsgemeinschaft PVC und Umwelt e.V. unterstützt diesesVorhaben, fällt doch auf <strong>de</strong>n Sponsor auch ein positives Lichtals Pionier von Dialogarbeit und Risikokommunikation.Wir wollen mit <strong>de</strong>n Lesern ins Gespräch über unsereErfahrungen kommen und bereiten hierfür ein Seminar imJahr 2002 vor.Ihre Meinung zu <strong>de</strong>n Beiträgen dieses Heftes o<strong>de</strong>rein Bericht über Ihre Erfahrungen in <strong>de</strong>r Konfliktlösung wür<strong>de</strong>uns sehr freuen. Vielleicht entsteht daraus die nächste<strong>Ausgabe</strong> von “transparent”?Auch neue Sponsoren sind herzlich willkommen!Bitte mel<strong>de</strong>n Sie sich bei uns …


transparent07Persönliche Begegnungen sindausschlaggebendDie persönliche Begegnung ist für<strong>de</strong>n Dialog – vor allem in kritischen Situationen– ausschlaggebend. Sie leitet Erfolge,Verän<strong>de</strong>rungen, Verbesserungen ein o<strong>de</strong>rgibt zumin<strong>de</strong>st Hinweise auf Türen, die sichöffnen könnten, Stimmungen, die sich –positiv wie negativ - verän<strong>de</strong>rt haben. Dieweltweiten diplomatischen Aktivitäten undBemühungen dieser Tage legen beredtesZeugnis davon ab.Wie schwer diese persönlichenBegegnungen fallen, gera<strong>de</strong> in sich anbahnen<strong>de</strong>nKonflikten, zeigt die Aussage einerjungen Managerin während eines Workshops,in <strong>de</strong>m diese Problematik behan<strong>de</strong>ltwur<strong>de</strong>: „Ich setze mich ohnehin nur dann,wenn es sein muss, direkt mit Kolleginnen,Kollegen und auch Vorgesetzten auseinan<strong>de</strong>r,spreche mit ihnen persönlich. Normalerweiseschicke ich eine eMail, auch wennwir Tür an Tür, Büro an Büro sitzen.” An<strong>de</strong>reTeilnehmer haben dieses „Handling”bestätigt.Diese Umwege in <strong>de</strong>r Konfliktbearbeitungwer<strong>de</strong>n seit sehr langer Zeit praktiziert.Nur die Mittel haben sich geän<strong>de</strong>rt.Statt <strong>de</strong>s Briefes o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Aktennotiz vonfrüher wer<strong>de</strong>n jetzt an<strong>de</strong>re „Tools” eingesetzt.Vor allem die elektronische Post, dieeMail, gewinnt dabei rasant an Bo<strong>de</strong>n. DerKonflikt ist allerdings bestenfalls aufgeschoben,nicht aufgehoben. Der Versand einereMail ist keine Kommunikation, son<strong>de</strong>rnlediglich Information. Erst wenn <strong>de</strong>r An<strong>de</strong>resie aufgreift, antwortet, mit uns einGespräch führt, wird daraus Kommunikation.Wenn er seine Antwort ebenfalls mailt,wird die persönliche Begegnung, dieses„von Angesicht zu Angesicht” (face to face)konkret vermie<strong>de</strong>n, und <strong>de</strong>r Konfliktschwelt normalerweise weiter. Ein echterDialog, <strong>de</strong>r Klarheit bringt, im besten FallVerständnis för<strong>de</strong>rt und gute Lösungsansätzeermöglicht, ist so kaum zu realisieren.Dies trifft ebenso auf die Streuungvon Pressemeldungen zu. Es ist schonerstaunlich, wie hartnäckig sich in Unternehmendie Vorstellung hält, dies sei bereitsKommunikation.Kenntnisse <strong>de</strong>r eigenen Persönlichkeitsstrukturerfor<strong>de</strong>rlichEiner <strong>de</strong>r zentralen Punkte, wennnicht <strong>de</strong>r Punkt überhaupt für eine konstruktive,klare, respekt- und vertrauensvolleKommunikation sind eine gute Wahrnehmung<strong>de</strong>s eigenen Verhaltens undKenntnisse <strong>de</strong>r eigenen Persönlichkeits-Struktur.Die wenigsten von uns haben in<strong>de</strong>sdiese Sensibilität gelernt o<strong>de</strong>r kennen dieeigene Persönlichkeits-Struktur. Und: Werist bereit, sich dafür Zeit zu nehmen angesichts<strong>de</strong>r enormen Herausfor<strong>de</strong>rungen imBerufs- wie Privatleben und <strong>de</strong>r ohnehinständig zunehmen<strong>de</strong>n Unsicherheiten?Der Weg zu mehr Erfolg o<strong>de</strong>r:Was ist zu tun?Was wäre zu tun, um hier Verbesserungenzu erreichen, mehr innere Zufrie<strong>de</strong>nheitund auch Erfolg nach außen?• Ein Crash-Kurs über ein Wochenen<strong>de</strong>bietet bestenfalls einen Einstieg, eineAhnung <strong>de</strong>r Dinge, die auf einen zukommenkönnten.• Durch Experten erarbeitete Krisen-Papiereversagen so gut wie immer,„Um Kommunikations-Kompetenzzuerreichen, sollten alleSinne geöffnetwer<strong>de</strong>n, müssenpersönliche Begegnungenverstärkt wer<strong>de</strong>n”wenn die Krise tatsächlich eintritt und verschie<strong>de</strong>neSzenarien nicht vorbeugend, kontinuierlichund praxisgerecht trainiert wor<strong>de</strong>nsind.• Es kann begonnen wer<strong>de</strong>n miteinem Weg <strong>de</strong>r kleinen Schritte.So ist zum Beispiel in vielen Untersuchungenfestgestellt wor<strong>de</strong>n, daß <strong>de</strong>rSympathiegrad einer Sprecherin o<strong>de</strong>r einesSprechers und <strong>de</strong>r Erfolg einer Re<strong>de</strong> zu 35Prozent aus <strong>de</strong>r Sprechmelodie, zu 55 Prozentaus Mimik und Gestik – und nur zuzehn Prozent aus <strong>de</strong>m Inhalt gespeist wer<strong>de</strong>n.Fakten, die in Vorträgen auf Kongressen,bei Präsentationen, Festre<strong>de</strong>n und <strong>de</strong>rgleichenmehr sträflich vernachlässigtwer<strong>de</strong>n.Nicht zuletzt <strong>de</strong>shalb gibt es spezielleWorkshops, die diese Problematikbehan<strong>de</strong>ln und weit über die übliche „Rhetorik-Schiene”hinausgehen. Sie nehmenvielmehr Rücksicht auf die Persönlichkeitsstrukturen<strong>de</strong>r einzelnen Teilnehmer un<strong>de</strong>rarbeiten daraus Lösungsansätze.


die angst vor risiko & dialogEinige Grundsätze, die Dialogfähigkeitund Kommunikations-Kompetenzerheblich för<strong>de</strong>rn:• Es sollten keine Effekte gesuchtwer<strong>de</strong>n, die nicht zum eigenen Wesen, <strong>de</strong>reigenen Persönlichkeits-Struktur passen.• Diese Struktur sollte je<strong>de</strong>r kennen,<strong>de</strong>r eine höhere Kommunikations-Kompetenz erreichen möchte.• Die hauptsächlichen Gesten, die<strong>de</strong>r Einzelne anwen<strong>de</strong>t, sollten ihm bekanntsein.• Die Wirkung auf an<strong>de</strong>re auch.• Das gleiche gilt für die Mimik unddie eigene Stimme.• Eines <strong>de</strong>r wichtigsten Themen ist<strong>de</strong>r Umgang mit <strong>de</strong>n eigenen Aggressionen.• Ständiges Training im Alltag,begleitet und unterstützt durch erstklassigesCoaching, ist für einen dauerhaften persönlichenErfolg notwendig.Beziehungsmanagementin Unternehmen –Ergebnisse einer UmfrageKürzlich hat die Harzburger Aka<strong>de</strong>miefür Führungskräfte Ergebnisse einerneuen Studie über Beziehungsmanagementin Unternehmen und Führung/Unternehmenskulturbekannt gegeben. Befragt wur<strong>de</strong>n242 Führungskräfte durch die Aka<strong>de</strong>mie.Die Teilnahme war freiwillig undanonym. Hier einige <strong>de</strong>r interessantestenAussagen auf die Frage „Wie zufrie<strong>de</strong>n sindSie mit <strong>de</strong>m internen BeziehungsmanagementIhres Unternehmens?”:• Knapp 47 Prozent <strong>de</strong>r Befragtenbetonen, daß die Umsetzung verbessertwer<strong>de</strong>n muß: Anspruch und Wirklichkeit<strong>de</strong>s Beziehungsmanagements liegen weitauseinan<strong>de</strong>r.Auch wenn die Unternehmenskulturoffene Konfliktklärung zuläßt und dasMiteinan<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Menschen offiziell hochhält,wird dieser Anspruch nicht gelebt.• Weitere 25 Prozent betonen, daßBeziehungsmanagement trotz <strong>de</strong>s hohenBedarfs im Unternehmen zu wenig praktiziertwird.• Und: Nur wenige suchen dieGrün<strong>de</strong> für unzureichen<strong>de</strong>s Beziehungsmanagementin <strong>de</strong>r eigenen Person und imeigenen Fehlverhalten.Soweit diese Aussagen. Es stellt sicheben immer wie<strong>de</strong>r die Frage:Wer will diesenmöglicherweise langen Weg <strong>de</strong>r„Selbstbetrachtung” mit notwendigen Verhaltensverän<strong>de</strong>rungengehen, um eine hoheKommunikations-Kompetenz zu erreichenund dadurch einigermaßen sattelfest undsouverän Krisen mit Hilfe konstruktiverDialoge erfolgreicher bewältigen zu können?Eingeschränkte SelbstwahrnehmungerweiternDie Regel im Verhalten lautet vielmehr:Wir hören, was wir hören wollen.Wir sehen, was wir sehen wollen. Unangenehmeswird häufig verdrängt, auch überlängere Zeit.• Für konstruktive Dialog-Prozesse,die in unseren weltweit vernetztenGesellschaften immer wichtiger wer<strong>de</strong>n, istes allerdings entschei<strong>de</strong>nd, diese eingeschränkteSelbstwahrnehmung zu erweitern,sie zu trainieren und uns die Frage zustellen, wie offen wir angesichts <strong>de</strong>r selektivenWahrnehmung tatsächlich für Dialogesind; ob in dieser Dialogbereitschaft auchdie Bereitschaft zum konstruktiven Austragenvon Konflikten vorhan<strong>de</strong>n ist, ob wirdie Gesprächspartner ernst nehmen undauf dieser Basis zuhören können, trotz allerinneren Wi<strong>de</strong>rstän<strong>de</strong> sozusagen „ein offenesOhr” haben.• Entschei<strong>de</strong>nd für einen konstruktivenDialogprozeß, für Risikokommunikationist auch die Frage, ob wir dazu bereitsind, uns schließlich „selbst zu bewegen”und dies nicht nur o<strong>de</strong>r in erster Linie „vomAn<strong>de</strong>ren” for<strong>de</strong>rn.Das scheint außeror<strong>de</strong>ntlichschwer zu sein. Allenthalben, in unzähligenDiskussionen ist stark zu spüren, daß es <strong>de</strong>nmeisten Menschen offensichtlich vor allemdarum geht, <strong>de</strong>n „an<strong>de</strong>ren zu bewegen”, ihnzu überzeugen o<strong>de</strong>r gar „argumentativ nie<strong>de</strong>rzu zwingen”. Diese Beobachtung trifftinsbeson<strong>de</strong>re auf heterogen zusammengesetzteGruppen zu. Nicht ohne Grund. Siesind in einer ungleich schwierigeren Ausgangslageals homogen zusammengesetzte„Zirkel”. Diese können sich gegenseitigbestätigen, <strong>de</strong>nn „<strong>de</strong>r Gegner” ist ausgegrenzt.Jene dagegen müssen irgendwie einegemeinsame Plattform fin<strong>de</strong>n, in <strong>de</strong>r RegelMißtrauen ab- und Vertrauen aufbauen; vonständigen Störungen begleitet. Ein schwierigesUnterfangen ...


transparent09„Können wir nochgut zuhören, <strong>de</strong>nAn<strong>de</strong>ren trotz <strong>de</strong>rGegensätze ernstnehmen?”GerhardJakubowski


die angst vor risiko & dialogLernbereitschaft,Transparenz und SouveränitätDennoch haben gera<strong>de</strong> solcheGruppierungen die Möglichkeit, sich an<strong>de</strong>renGedanken, Meinungen, Stimmen zu öffnen.Das Risiko einer stärkeren Transparenz(und Angreifbarkeit) ist dann einzugehen.Gleichzeitig eröffnet sich jedoch die Chanceeines besseren gegenseitigen Verständnisses,zumin<strong>de</strong>st aber einer stärkeren Klarheit.Dazu noch ein Auszug aus <strong>de</strong>m Beitrag„Beschuss-Sache – Globalisierungskritik...”Manager-Magazin 10/01:„Das alte Feinbild <strong>de</strong>s „bösen Multis”ist plötzlich wie<strong>de</strong>r da – was vieleUnternehmen noch nicht wahrhaben wollen.Aber sollten: Es kann je<strong>de</strong>n treffen. Ambesten gewappnet sind nicht jene Unternehmen,die möglichst lange versuchen, in <strong>de</strong>rDeckung zu bleiben.Auch nicht jene, die sichmit Geklapper o<strong>de</strong>r Gedröhne ihrer PR-Maschinerie verteidigen. Im Gegenteil: Gutvorbereitet sind heute Konzerne wie Shello<strong>de</strong>r Novartis, die gelernt haben, ihre Kritikerernst zu nehmen: die sich zunächst füreinen gleichberechtigen Dialog geöffnet,dann Argumente <strong>de</strong>r Gegenseite in die eigeneGeschäftsstrategie integriert haben –ohne zugleich die NGOs zu vereinnahmen.Die sind zumin<strong>de</strong>st im Hinblick auf ihreOrganisation die Schwächeren: Hervorgegangenaus regionalen Initiativen wie inFrankreich gegen <strong>de</strong>n „Drecksfraß” („Malbouffe”)<strong>de</strong>r Fastfood-Kette McDonald´so<strong>de</strong>r fokussiert auf Spezialprobleme wie dasÜberleben <strong>de</strong>r Seeschildkröten, bil<strong>de</strong>n vieleNGO´s noch heterogene Vereinigungen,kaum schlagkräftiger als eine stu<strong>de</strong>ntischeFachschaft.”So weit das Manager-Magazin, dasaußer<strong>de</strong>m von einem ungeheuren Zulaufspricht, <strong>de</strong>r diesen Organisationen starkenAuftrieb gibt.Allein die <strong>de</strong>utschen Mitgliedszahlenvon „Attac” haben sich in <strong>de</strong>n vergangenenMonaten verfünffacht, insgesamtgehören 55.000 Menschen zu <strong>de</strong>m internationalenNetzwerk. Weltweit wer<strong>de</strong>n rund25.000 Organisationen zur NGO-Szenegezählt. Und: Die wichtigsten von ihnenerzielen nach wie vor hohe Beliebtheitswerte.Amnesty International und Greenpeacestehen dabei an <strong>de</strong>r Spitze.Konstruktiver Dialog ist also angesagt,mehr <strong>de</strong>nn je, differenzierter noch alsbisher, weil sehr komplexe Zusammenhängeplausibel, verständlich, klar erklärt, erläutert,diskutiert und eventuell korrigiert wer<strong>de</strong>nmüssen. Konsens ist dann – bei aller Streitbarkeit– erreichbar. Die Frage ist letztenEn<strong>de</strong>s nicht, ob man streitet o<strong>de</strong>r nicht –son<strong>de</strong>rn wie! In „Sachen Streitkultur” allerdingsgibt es großen Nachholbedarf.Die Autoren <strong>de</strong>s Beitrages im Manager-Magazinsprechen davon, daß die Konzerneheute am besten gewappnet sind, diegelernt haben, ihre Kritiker ernst zu nehmen.Lernbereitschaft und „sich hinterfragen”sind Schlüssel zum Erreichen einer besserenDialogfähigkeit und höheren Kommunikations-Kompetenz,die auch Konfliktsituationenstandhält.Ein an<strong>de</strong>rer Öl-Multi als Shell hattevor vielen Jahren einen sehr einprägsamenSlogan mit außeror<strong>de</strong>ntlich hohem Bekanntheitsgradgefun<strong>de</strong>n: „Es gibt viel zu tun –packen wir´s an!”


transparent11toxikologie von rückstän<strong>de</strong>n:analytisches roulette ...Welchen Stellenwert haben analytisch schwer erfassbareRückstän<strong>de</strong>? Welchen Beitrag liefern sie zur Belastung vonUmwelt und Mensch? Antworten von Udo Pollmer,Wissenschaftsjournalist, Buchautor und bun<strong>de</strong>sweitbekannt als kritischer Lebensmittelchemiker.RückstandstypenOrganische Fremdstoffe bil<strong>de</strong>n gewöhnlichdrei Arten von Rückstän<strong>de</strong>n: freie,konjugierte und gebun<strong>de</strong>ne.Allein die Dosis macht das Gift, sodas Credo <strong>de</strong>r Toxikologen. In ausreichendhoher Dosierung kann je<strong>de</strong>r Stoff riskantsein. Umgekehrt gilt auch die giftigste Substanzunterhalb eines Schwellenwertes alsunbe<strong>de</strong>nklich. Deshalb ist es notwendig,Rückstandsdaten stets mit <strong>de</strong>n Resultatentoxikologischer Tests zu vergleichen. Lei<strong>de</strong>rsind diese Tests und ihre Interpretation mitvielen Unsicherheiten behaftet. Ein Beispielist die Schwierigkeit, Befun<strong>de</strong> an Ratten aufMenschen zu übertragen. Bei <strong>de</strong>r Berechnungvon Grenzwerten spielen <strong>de</strong>shalbSicherheitsfaktoren eine wichtige Rolle.Vielweniger Skepsis wird <strong>de</strong>n Ergebnissen <strong>de</strong>ranalytischen Chemiker entgegenbracht.Schließlich sind sie in <strong>de</strong>r Lage, mit entsprechen<strong>de</strong>mAufwand einzelne Stoffe sogar imUltraspurenbereich sicher zu i<strong>de</strong>ntifizieren.Der sprichwörtliche Würfelzucker imBo<strong>de</strong>nsee spiegelt dabei noch nicht einmaldie Leistungsfähigkeit <strong>de</strong>r empfindlichstenVerfahren wie<strong>de</strong>r.Nach offizieller Lesart ist das Risiko,das von Rückstän<strong>de</strong>n ausgeht, gering.Denn die fraglichen Stoffe wer<strong>de</strong>n nach <strong>de</strong>nAngaben <strong>de</strong>r Hersteller schnell abgebautbzw. vom tierischen Organismus ausgeschie<strong>de</strong>n.Nach <strong>de</strong>r Ausbringung bzw.Applikationsinken die Gehalte sogar exponentiell.Daraus resultierte die Vorstellung, <strong>de</strong>rartigeRückstän<strong>de</strong> seien bei Einhaltung <strong>de</strong>rWartezeiten kein Problem. Skeptisch wirdman allerdings, wenn man weiß, dass beispielsweisemit <strong>de</strong>r Routineanalytik vonChloramphenicol nur noch 0,2 Prozent <strong>de</strong>rursprünglich eingesetzten Dosis nachweisbarsind.Wo mag <strong>de</strong>r Rest geblieben sein?Die übliche Analytik erfasst inerster Linie die Ausgangssubstanz. Aberkein Lebewesen kann es sich leisten, gefährlicheSubstanzen wie Pestizi<strong>de</strong> o<strong>de</strong>r Arzneimitteleinfach so durch <strong>de</strong>n Organismustreiben zu lassen. Tiere versuchen Fremdstoffeauszuschei<strong>de</strong>n, in<strong>de</strong>m sie die Rückstän<strong>de</strong>an Transportvehikel koppeln, damitsie wasserlöslich wer<strong>de</strong>n. Pflanzen müssensie irgendwo in <strong>de</strong>n Zellen unschädlich<strong>de</strong>ponieren. Sie bin<strong>de</strong>n <strong>de</strong>shalb die fraglicheSubstanz an inerte Zellbestandteile.Dadurch verlieren sie nicht nur für diePflanze ihre akute Wirkung, sie entziehensich auch <strong>de</strong>r Analytik. Der Analytiker mussdie Substanz vor <strong>de</strong>r Detektion extrahieren.Ist ein Stoff kovalent gebun<strong>de</strong>n, bleibter auch für ihn unsichtbar.• Freie Rückstän<strong>de</strong> sind Rückstän<strong>de</strong>, dieleicht extrahierbar sind. Dazu gehörenneben <strong>de</strong>r Muttersubstanz auch freieMetaboliten. Diese wer<strong>de</strong>n bei <strong>de</strong>rRückstandsanalyse teilweise miterfaßt.Die hohe Präzision und Empfindlichkeitmo<strong>de</strong>rner Analytik trifft in erster Liniefür die unverän<strong>de</strong>rte Muttersubstanz zu.• Konjugierte Rückstän<strong>de</strong> sind Stoffe, dievor allem von Tieren zur schnellerenAusscheidung an Transportmolekülegebun<strong>de</strong>n wur<strong>de</strong>n. Die bekanntestenTransportvehikel sind Glucuronsäure,Aminosäuren o<strong>de</strong>r Sulfat. Sie sind prinzipiellextrahierbar, auch wenn dazu weitereanalytische Schritte o<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>reMetho<strong>de</strong>n erfor<strong>de</strong>rlich sind als zurDetektion <strong>de</strong>r freien Rückstän<strong>de</strong>.• Pflanzen bedienen sich vorzugsweise<strong>de</strong>r Bildung gebun<strong>de</strong>ner und damit nichtextrahierbarer Rückstän<strong>de</strong>. Die Bindungerfolgt an zahlreiche Zellbestandteile,bei Pflanzen beispielsweise an Lignino<strong>de</strong>r Zellulose, wichtige Stützsubstanzen.Sie sind mit <strong>de</strong>n bisher verfügbarenMetho<strong>de</strong>n praktisch nicht zu erfassen.


analytisches roulette ...Welchen Stellenwert haben dieseanalytisch so schwer erfassbaren Rückstän<strong>de</strong>?Welchen Beitrag liefern sie zur Belastungvon Umwelt und Mensch? Bei Tierarzneimittelnwird in aller Regel <strong>de</strong>r größte Teilim tierischen Organismus konjugiert undüber <strong>de</strong>n Urin ausgeschie<strong>de</strong>n. Hans Büning-Pfaue von <strong>de</strong>r Universität Bonn zeigtebereits 1986, dass konjugierte Antibiotika in<strong>de</strong>r Gülle innerhalb weniger Tage o<strong>de</strong>rWochen von <strong>de</strong>n Mikroorganismen wie<strong>de</strong>rin ihre freie Form umgewan<strong>de</strong>lt wer<strong>de</strong>n, sodass ihre Gehalte in <strong>de</strong>r Gülle teilweise erstnach Absetzen <strong>de</strong>r Medikamente ihr Maximumerreichen.Mit <strong>de</strong>n Ausscheidungen <strong>de</strong>r Tieregelangen die Medikamente auf Wei<strong>de</strong>n undÄcker. „Die mit <strong>de</strong>r Gülle auf das Gras ausgebrachtenArzneistoffe", so das Ergebnisvon Büning-Pfaue, „ließen sich bei regengeschützterLagerung, aber üblichen spätherbstlichenWitterungsbedingungen nochnach vier Wochen gut nachweisen. Etwa50 % an Chloramphenicol und etwa 56 %an Sulfadimidin wur<strong>de</strong>n wie<strong>de</strong>rgefun<strong>de</strong>n -verglichen mit <strong>de</strong>n Arzneistoffmengen, dieursprünglich mit <strong>de</strong>r Gülle auf das Gras ausgesprühtwur<strong>de</strong>n." Damit sind die Rückstän<strong>de</strong>,die über konjugierte Arzneistoffe indie Umwelt und Lebensmittelkette gelangen,größer als die, die im tierischen Organismusverbleiben.Dieser Mechanismus erklärt, warumbei Einsatz von Tierarzneimitteln meistensnur „homöopathische" Rückstandsgehaltegefun<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n. Nur ein geringerAnteil <strong>de</strong>r verabreichten Medizin reichertsich in Fleisch, Milch und Eiern an, <strong>de</strong>r überwiegen<strong>de</strong>Teil wird wie<strong>de</strong>r ausgeschie<strong>de</strong>n.Geklärt wird dabei aber auch, warum imfertigen Schweinebraten manchmal mehrRückstän<strong>de</strong> ermittelt wer<strong>de</strong>n als im frischenFleisch. Die Hitze von Topf, Pfanneund Grill kann <strong>de</strong>n einen o<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren konjugierteno<strong>de</strong>r gebun<strong>de</strong>nen Rückstand freisetzen,<strong>de</strong>r nicht ausgeschie<strong>de</strong>n wur<strong>de</strong>.Auch toxikologisch wer<strong>de</strong>n diekonjugierten Rückstän<strong>de</strong> bisher unterschätzt.„Traditionell galt die Konjugation alsdas En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r pharmakologischen Wirkungeines Stoffes", urteilt Gerard J. Mul<strong>de</strong>r von<strong>de</strong>r Universität Lei<strong>de</strong>n: „Und viele Pharmakologenglauben immer noch fest daran, daßdie Konjugation gleichbe<strong>de</strong>utend mit einerEntgiftung sei. In <strong>de</strong>n letzten Jahren wur<strong>de</strong>jedoch klar, daß dies nicht stimmt - diepharmakologische Aktivität eines Konjugateskann (viel) höher sein als <strong>de</strong>s Ausgangsstoffes.Ebenso kann die Konjugation zutoxischeren Metaboliten führen." Diese Tatsacheerfor<strong>de</strong>rt eine Neuorientierungsowohl in <strong>de</strong>r Analytik als auch bei <strong>de</strong>r toxikologischenBewertung von konjugiertenRückstän<strong>de</strong>n.Brisante Lage beigebun<strong>de</strong>nen Rückstän<strong>de</strong>nNoch brisanter ist die Lage bei <strong>de</strong>ngebun<strong>de</strong>nen Rückstän<strong>de</strong>n, da sie sich imGegensatz zu <strong>de</strong>n Konjugaten <strong>de</strong>m analytischenNachweis fast völlig entziehen. DerGehalt an gebun<strong>de</strong>nen Rückstän<strong>de</strong>n nimmtnach Anwendung <strong>de</strong>r Mittel zu - und zwarparallel zur Abnahme <strong>de</strong>r meßbaren Rückstän<strong>de</strong>,weil immer mehr freie Molekülegebun<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n. Damit baut sich im Lauf<strong>de</strong>r Zeit ein neues, bisher unbeachtetesRückstandspotenzial auf - ganz im Gegensatzzur öffentlichen Wahrnehmung, die voneiner kontinuierlichen Abnahme ausgeht.Auch wenn die gebun<strong>de</strong>nen Rückstän<strong>de</strong><strong>de</strong>n Chemiker in <strong>de</strong>r Routineanalytikvor eine beinahe unlösbare Aufgabe stellen,so lässt sich durch radioaktiveMarkierung von Pestizi<strong>de</strong>n ihr Verbleibleicht verfolgen. Aus <strong>de</strong>rartigen Mo<strong>de</strong>llversuchenwissen wir, dass es völlig normal ist,wenn tatsächlich ein Vielfaches <strong>de</strong>ssen imLebensmittel vorhan<strong>de</strong>n ist, was <strong>de</strong>r Chemikermit seinen Metho<strong>de</strong>n fin<strong>de</strong>t. DieWerte sind für die einzelnen Pestizi<strong>de</strong> undKulturen sehr unterschiedlich, so dass esnicht möglich ist, <strong>de</strong>n Fehler durch Multiplikationmit einer Fe<strong>de</strong>rzahl zu korrigieren.So waren in Radieschen von Dieldrin, Permethrinund Carbofuran 24, 29 bzw. 92Prozent <strong>de</strong>r ursprünglich ausgebrachtenMenge nachweisbar.Vergleichbare Ergebnisse wur<strong>de</strong>nmittlerweile für viele wichtige Pestizidklassenbei allen möglichen Lebensmittelngezeigt, egal ob phosphororganische Giftewie Malathion o<strong>de</strong>r Pirimiphos, chlororganischeInsektizi<strong>de</strong> wie DDT, ob Carbamate,Pyrethroi<strong>de</strong>, Triazine, Oxazolidine, Nitroaryleo<strong>de</strong>r Phenoxyessigsäuren. Aber nichtnur Pestizi<strong>de</strong> o<strong>de</strong>r Arzneimittel wer<strong>de</strong>ngebun<strong>de</strong>n, auch typische Umweltgifte wieBenzpyrene o<strong>de</strong>r Nitrosamine können sichdurch „Bindung" <strong>de</strong>m Nachweis entziehen.


transparent13Aus diesem Grund spiegeln dieRückstandsdaten <strong>de</strong>r Lebensmittelüberwachungnicht die wirkliche Belastung vonGetrei<strong>de</strong> und Mensch wi<strong>de</strong>r, son<strong>de</strong>rnumweltpolitisches Wunsch<strong>de</strong>nken. Meistdringt diese Erkenntnis nur durch Zufall andie Oberfläche wissenschaftlicher Diskussionen.So geschehen, als erhebliche Gehalte<strong>de</strong>s Halmverkürzer CCC in Zuchtchampignonsvorgefun<strong>de</strong>n wur<strong>de</strong>n. Der Einsatzeines Halmverkürzers ist bei Pilzen unsinnig.Das CCC kam aus <strong>de</strong>m Stroh, auf <strong>de</strong>mdie Pilze gezüchtet wur<strong>de</strong>n. Analytisch istim Stroh so gut wie nichts zu fin<strong>de</strong>n. Die Pilzehaben aber die Angewohnheit, das Strohzu zersetzen – und dabei wird auch dasCCC wie<strong>de</strong>r frei.Analytiker vor schierunlösbaren ProblemenHaben die gebun<strong>de</strong>nen Stoffe auchAuswirkungen auf die Gesundheit <strong>de</strong>ssen,<strong>de</strong>r belastete Lebensmittel verspeist? Wer<strong>de</strong>nsie überhaupt vom Körper aufgenommen?Sie wer<strong>de</strong>n. Radioaktiv markiertesMalathion, ein Vorratsschutzmittel, wur<strong>de</strong>entsprechend üblicher landwirtschaftlicherPraxis auf Bohnen ausgebracht. 30 Wochenspäter, zu einem Zeitpunkt, an <strong>de</strong>m nachbisheriger Meinung dieses Pestizid längstabgebaut ist, waren immer noch 17% (= 1,8ppm) <strong>de</strong>r ursprünglich aufgebrachten Dosisals gebun<strong>de</strong>ne Rückstän<strong>de</strong> messbar. EineVerfütterung dieser nach normaler Analyse„rückstandsfreien" und damit vermeintlichsicheren Bohnen an Mäuse ergab, daß ihrKörper drei Viertel <strong>de</strong>s gebun<strong>de</strong>nen Pestizi<strong>de</strong>saufgenommen hatte.Der Grund für <strong>de</strong>n Unterschiedzwischen <strong>de</strong>r chemischen Analyse und <strong>de</strong>ntoxikologischen Befun<strong>de</strong>n liegt auf <strong>de</strong>rHand: Die Aufarbeitung durch <strong>de</strong>n Chemikerentspricht prinzipiell nicht <strong>de</strong>r Aufbereitungin unserem Verdauungstrakt. Was <strong>de</strong>nAnalytiker vor schier unlösbare Problemestellt, nämlich alle möglichen Bindungsformenin einer kaum überschaubaren Matrixsamt Metabolisierung vorherzusehen, ist fürunseren Darm kein Problem: Aus evolutionärenGrün<strong>de</strong>n, um die Nahrung auchoptimal ausnutzen zu können, liefert dieDarmflora eine breite Enzympalette zurFreisetzung, von <strong>de</strong>r ein Analytiker nur träumenkann. Natürlich ist auch <strong>de</strong>r umgekehrteFall <strong>de</strong>nkbar: gebun<strong>de</strong>ne Stoffe wer<strong>de</strong>nim Rahmen <strong>de</strong>r analytischen Aufarbeitungfreigesetzt, nicht jedoch von unseren Darmenzymen.Studien zur Bioverfügbarkeit undtoxikologische Tests legen nahe, dass diegebun<strong>de</strong>nen Rückstän<strong>de</strong> zur Bewertungwahrscheinlich viel wichtiger sind als diebisher gemessenen freien. Bei Verfütterungvon Lebensmitteln, die nach bisheriger Einschätzungkeine toxikologischen Problemehervorrufen sollten, wur<strong>de</strong>n im Tierversuchzahlreiche unerwünschte Effekte beobachtet:auffällige Leberwerte, die gewöhnlichmit übermäßigen Alkoholkonsum erklärtwer<strong>de</strong>n; Verän<strong>de</strong>rungen <strong>de</strong>s Blutbil<strong>de</strong>s, wiedas Absinken <strong>de</strong>r weißen Blutkörperchen,ein Hinweis auf eine Beeinträchtigung <strong>de</strong>sImmunsystems sowie Verän<strong>de</strong>rungen <strong>de</strong>rNeurotransmitter im Gehirn, was neurologischeEffekte nahelegt.„Analytiker setzendurch ihr Schweigenihre Glaubwürdigkeitund Kompetenz inSachen Rückstandsanalytikauf's Spiel”Die Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>r „bound residues"ist weitreichen<strong>de</strong>r, als die hier diskutiertenRückstandsfragen erkennen lassen.Nicht nur Fremdstoffe wer<strong>de</strong>n vom Organismusso behan<strong>de</strong>lt, son<strong>de</strong>rn im Grun<strong>de</strong>alle wichtigen Substanzen. Deshalb müssenzahlreiche an<strong>de</strong>re Daten über die Zusammensetzungunserer Nahrung hinterfragtwer<strong>de</strong>n: Ein beträchtlicher Teil <strong>de</strong>r Vitamineist an Eiweiße o<strong>de</strong>r Zucker gebun<strong>de</strong>n. Sowird <strong>de</strong>r Vitamingehalt unserer Speisengewöhnlich unterschätzt. Ein solcher Analysenfehlerist auch für die Mär vom cholesterinfreienPflanzenöl verantwortlich. Cholesterinliegt in Pflanzen praktisch nur ingebun<strong>de</strong>ner Form vor.Könnte man nicht einfach die„Gebun<strong>de</strong>nen" mitanalysieren? Im Einzelfallschon.Aber die Bindungsformen sind <strong>de</strong>nkbarvielfältig, da Pflanzen wie Tiere unerwünschteSubstanzen an die unterschiedlichstenZelllbestandteile heften können. Somüsste praktisch für je<strong>de</strong>s Lebensmittelund noch dazu bei je<strong>de</strong>m Stoff an<strong>de</strong>rs verfahrenwer<strong>de</strong>n. Eine im Hinblick auf die Vielzahl<strong>de</strong>r Agrochemikalien schier unlösbareAufgabe. Auch die Bioverfügbarkeit ist bishernicht aus Mo<strong>de</strong>llversuchen kalkulierbar.Bei gebun<strong>de</strong>nem Malathion variierten siebei <strong>de</strong>n verschie<strong>de</strong>nen Getrei<strong>de</strong>arten zwischensieben und 63 Prozent. Bei Fütterungsversuchenmit Weizen, <strong>de</strong>r mit Pirimiphos-Methyl,einem populären Lagerschutzmittelbehan<strong>de</strong>lt wor<strong>de</strong>n war,schwankten die Ergebnisse bei <strong>de</strong>r Rattezwischen 29 und 72 Prozent.


analytisches roulette ...Diese Resultate sind nicht nur vontoxikologischer, son<strong>de</strong>rn auch von aktuellerpolitischer Brisanz. Denn sie werfen auchein Schlaglicht auf <strong>de</strong>n ökologischen Landbau.Jahrzehntelang wur<strong>de</strong> behauptet, beiEinhalt <strong>de</strong>r Wartezeiten sei kaum noch einUnterschied zwischen bei<strong>de</strong>n Anbaumetho<strong>de</strong>nerkennbar. Jetzt wissen wir endlich warum.Es wäre an <strong>de</strong>r Zeit, unter diesen neuenGesichtspunkten einmal Ökoprodukte mitkonventioneller Ware zu vergleichen.Das Problem ist nicht neu und allenFachleuten seit über zehn Jahren bekannt.Sie wissen, wie wertlos ihre Messergebnissein <strong>de</strong>r Praxis sein können. Ihnen mussbewusst sein, dass sie mit beachtlicher Präzisionund hohen Kosten <strong>de</strong>n Anteil einesStoffes bestimmen, auf <strong>de</strong>n es oftmals garnicht ankommt. Lägen die Dinge an<strong>de</strong>rsherum,wäre die tatsächliche Belastung erheblichniedriger als die Chemiker messen,wür<strong>de</strong>n die Stan<strong>de</strong>sorganisationen zur„Eile" mahnen, diesen „Missstand" abzustellen.Es ist an <strong>de</strong>r Zeit, dass die Expertensowohl ihren Auftraggebern als auch <strong>de</strong>rÖffentlichkeit die Grenzen ihrer Kunst eingestehen.Niemand wird von einem AnalytikerUnmögliches verlangen, aber durch ihrSchweigen setzen sie ihre Glaubwürdigkeitund Kompetenz in Sachen Rückstandsanalytikauf's Spiel.Der Ringversuch -Die Probe aufs ExempelDie Analytik von Rückstän<strong>de</strong>n,Umweltproben o<strong>de</strong>r Lebensmitteln istnicht nur eine Wissenschaft, sie ist aucheine Kunst. Denn die Zahl <strong>de</strong>r Fehlermöglichkeitenist beachtlich. Aus diesem Grundwer<strong>de</strong>n regelmäßig Ringversuche durchgeführt,bei <strong>de</strong>nen interessierte Labors mitRückstän<strong>de</strong>n markierte Proben erhalten.Nur anhand solcher Ringversuche ist esmöglich, die Zuverlässigkeit eines Laborsfestzustellen. Bisher ließ sich jedoch nurüberprüfen, inwieweit Fachlabors in <strong>de</strong>rLage sind, freie o<strong>de</strong>r konjugierte Rückstän<strong>de</strong>zu bestimmen.Bei einem solchen Ringversuch mit53 Labors, die „zehn aktuelle Insektizi<strong>de</strong>und Fungizi<strong>de</strong>" im Spinat bestimmen mussten,kam Hans-Peter Thier von <strong>de</strong>r UniversitätMünster zu folgen<strong>de</strong>m Resümee: „Diegestellte Aufgabe war zwar nicht leicht unddie Zahl <strong>de</strong>r Wirkstoffe größer als praxisüblich,doch entsprach die Art und Konzentration<strong>de</strong>r Insektizi<strong>de</strong> und Fungizi<strong>de</strong> <strong>de</strong>nAnfor<strong>de</strong>rungen <strong>de</strong>r täglichen Routinearbeit.Die relativ zahlreichen Lücken beimNachweis lassen <strong>de</strong>n Schluss zu, dass dieBreite <strong>de</strong>s Untersuchungsspektrums in vielenLabors immer noch nicht <strong>de</strong>n heutigenAnfor<strong>de</strong>rungen entspricht. Wie die falschpositiven Befun<strong>de</strong> zeigen, wer<strong>de</strong>n die Ergebnissenicht immer genügend abgesichert."An falschen Resultaten sind nichtimmer die Chemiker schuld. Manchmal sinddie verwen<strong>de</strong>ten Reagenzien eine wichtigeFehlerquelle. Der Analytiker verwen<strong>de</strong>t zurKalibrierung seiner Geräte zertifizierteReferenzmaterialien. Diese sind tausend- biszehntausendmal teurer als die gleichen Stoffeohne Zertifikat.Manfred Häfner von <strong>de</strong>r Lan<strong>de</strong>sanstaltfür Pflanzenschutz in Stuttgart musstefeststellen, „dass selbst bei zertifiziertenReferenzmaterialien formale, formal-fachlicheund darüber hinaus gravieren<strong>de</strong> Mängelfestgestellt wer<strong>de</strong>n können". Selbst be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong>Hersteller von Referenzmaterialenlehnen jedwe<strong>de</strong> Verantwortung für die Richtigkeitihres Zertifikates ab. Falsche Zusicherungensind offenbar nichts Ungewöhnliches.Nach Häfner enthalten zertifizierteund damit angeblich beson<strong>de</strong>rs reine Produktezum Teil massive Verunreinigungen.Bei einem britischen Ringversuchmusste ein künstliches Cocosnußöl untersuchtwer<strong>de</strong>n. John Craske von <strong>de</strong>r UniversitätNew South Wales fasst das Ergebniszusammen: „Cocosnußöl ist ein han<strong>de</strong>lsüblichesÖl und es ist nur vernünftig anzunehmen,dass ein fähiger Analytiker in <strong>de</strong>r Lagesein sollte, alle Probleme <strong>de</strong>rartiger Öle zubeherrschen. Von <strong>de</strong>n 34 Teilnehmernerreichten nur vier Ergebnisse, die als gutbezeichnet wer<strong>de</strong>n können. Die Qualität<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren 30 Analytiker fielen in einem soweiten Bereich unten durch, dass bedauerlicherweisegefolgert wer<strong>de</strong>n musste, dass<strong>de</strong>r Mehrzahl <strong>de</strong>r Teilnehmer die notwendigenFähigkeiten fehlten, die Methylesterherzustellen o<strong>de</strong>r ihren GC zu optimiereno<strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>s.Wenn man be<strong>de</strong>nkt, dass dieseAnalyse <strong>de</strong>rzeit wahrscheinlich am häufigstenvon Fettchemikern durchgeführt wirdund dass keine an<strong>de</strong>re Analyse soviele Informationso schnell zur Verfügung stellt, kanndie Be<strong>de</strong>utung dieses Befun<strong>de</strong>s nur als alarmierendbezeichnet wer<strong>de</strong>n."


transparent15Georg Schwedt,TU Clausthal: „Um das Ziel richtiger Analysenwertezu erreichen, sind bisher unterschiedliche Wegebeschritten wor<strong>de</strong>n: Metho<strong>de</strong>nvergleiche, die Suche nachsystematischen Fehlerquellen, Ringversuche, <strong>de</strong>r Einsatz'normierter' Analysenverfahren, beispielsweise vonDIN-Verfahren, sowie Herstellung und Analyse vonStandard-Referenzmaterialien sind Ansätze zur Ermittlungrichtiger Analysendaten.We<strong>de</strong>r Ringversuche nochdie Feststellung von Reproduzierbarkeiten aus Mehrfachbestimmungen,und noch weniger die 'genaue' Anwendungvon DIN- o<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren normierten Analysenverfahren leisteneinen entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Beitrag zur Erstellungrichtiger, son<strong>de</strong>rn eher zur Ermittlungvergleichbarer (und oft sogarfalscher) Ergebnisse."„Oftmals wer<strong>de</strong>nmit hoher Präzisonund Kosten die Stoffebestimmt, aufdie es gar nichtankommt”Udo Pollmer


gefährdungseinschätzung„nicht <strong>de</strong>r hat recht,<strong>de</strong>r am lautesten schreit”Meldungen über Gifte in Lebensmitteln, BSE und MKS, gesundheitsgefähr<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Zusatzstoffein <strong>de</strong>r Kleidung o<strong>de</strong>r in Gebrauchsgegenstän<strong>de</strong>n führen immer wie<strong>de</strong>r zu erheblichemVertrauensverlust <strong>de</strong>r Verbraucherinnen und Verbraucher in die Gesetzgebungund in die produzieren<strong>de</strong> Wirtschaft. Viele Unternehmer i<strong>de</strong>ntifizieren eine überzogeneo<strong>de</strong>r einseitige Medienberichterstattung über Gesundheitsgefahren als Grund für dasMisstrauen. Rosemarie Oswald, ehemalige umweltpolitische Sprecherin <strong>de</strong>r FrankfurterGRÜNEN und Leiterin <strong>de</strong>s Umweltamtes Ludwigshafen, stritt darüber mit WernerPreusker, Geschäftsführer <strong>de</strong>r Arbeitsgemeinschaft PVC und Umwelt e.V.Oswald: Herr Preusker, Sie machen die Medien für dasmangeln<strong>de</strong> Vertrauen <strong>de</strong>r Verbraucherinnen und Verbraucher in dieProdukte <strong>de</strong>r chemischen Industrie verantwortlich. Heißt das, dassdie Ängste <strong>de</strong>r Bürgerinnen und Bürger vor Giften in Nahrungsmittelnund Gebrauchsgegenstän<strong>de</strong>n reine Hysterie sind?Preusker: Nein, ich mache nicht einseitig „die Medien” verantwortlich,son<strong>de</strong>rn das eingefahrene „Spiel” zu Lösungen zu kommen,bei <strong>de</strong>m sich die Beteiligten in <strong>de</strong>n Spielregeln ihres Sub-Systems (Medien,Politik, Wissenschaft, Wirtschaft) gefangen fühlen und am En<strong>de</strong> falscheEntscheidungen herauskommen. Ängste muß man immer ernst nehmen,auch wenn man sie fachlich für unberechtigt hält.Oswald: Also sind Nahrungsmittel und Gebrauchsgütersicherer als die Bevölkerung glaubt?Preusker: Ja, Verbraucherschutz wird in Deutschland großgeschrieben. Je<strong>de</strong>s chemische Produkt wird, bevor es auf <strong>de</strong>n Marktkommt, auf Herz und Nieren - sprich auf sein Gefährdungspotential fürMensch und Umwelt - untersucht. Für die Zulassung von Chemikalienwer<strong>de</strong>n aufwendige Tierversuche durchgeführt. Ein riesiger Apparat vonwissenschaftlichen Untersuchungen, Kontroll- und Normausschüssen etc.ist hierfür aufgebaut wor<strong>de</strong>n. An <strong>de</strong>n Universitäten wer<strong>de</strong>n jährlich tausen<strong>de</strong>von Diplom- und Doktorarbeiten vergeben, die die Wirkung vonchemischen Verbindungen auf die Umwelt untersuchen.,Oswald: Wollen Sie damit sagen, dass diese Untersuchungenüberflüssig sind?Preusker: Nein, ganz und gar nicht! Aber dieser aufwendigeApparat kann durch die Art <strong>de</strong>r öffentlichen Debatte mit einem Schlag adabsurdum geführt wer<strong>de</strong>n. Nämlich dann, wenn Gremien von Politikernsich wi<strong>de</strong>r besseren Wissens <strong>de</strong>r öffentlichen Meinung beugen.Oswald: Können Sie das belegen?Preusker: Ich kann Ihnen hierfür ein Beispiel nennen, dasunsere Branche direkt betrifft: Obwohl wissenschaftliche Untersuchungenüber die Migration von Weichmachern aus Babyspielzeug ergeben haben,dass eine Gesundheitsgefährdung bei Einhaltung <strong>de</strong>r Grenzwerte ausgeschlossenwer<strong>de</strong>n kann – und letzteres ist <strong>de</strong>r Fall-, hat die EU-Kommissionaufgrund <strong>de</strong>s öffentlichen Drucks letztlich doch nachgegeben und einvorläufiges Verbot ausgesprochen.Oswald: Aber war das nicht genau die richtige Reaktion,schließlich geht es um Kin<strong>de</strong>r?


transparent17„Wollen Sie behaupten,dass die Umweltverbän<strong>de</strong>o<strong>de</strong>r Politikerinnen undPolitiker bewußt falscheInformationen über Umweltgefährdungenin die Weltsetzen?”RosemarieOswaldPreusker: Gera<strong>de</strong> <strong>de</strong>shalb müssen wir auf <strong>de</strong>r sicheren Seite sein und auf <strong>de</strong>r Basis <strong>de</strong>rbekannten wissenschaftlichen Fakten entschei<strong>de</strong>n! Schauen Sie, was ich kritisiere ist, dass politische Entscheidungsträger<strong>de</strong>m Druck <strong>de</strong>r Medien, <strong>de</strong>r Natur- und Umweltschutzverbän<strong>de</strong> o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Gewerkschaften,vor allem vor Wahlen, nachgeben mit <strong>de</strong>r Konsequenz, dass die Verbraucherinnen und Verbraucher letztlichtotal verunsichert sind.Wir fragen uns doch, was wir überhaupt noch essen o<strong>de</strong>r sicher verwen<strong>de</strong>n können o<strong>de</strong>rwir nehmen die Debatte um Schadstoffe überhaupt nicht mehr ernst.Oswald: Das heißt, freie Bahn <strong>de</strong>n Experten <strong>de</strong>r Industrieund Behör<strong>de</strong>n?Preusker: Ich stelle nur die Frage, ob <strong>de</strong>r Aufwand von Entwicklungund Durchführung von Testmetho<strong>de</strong>n, staatlichen Aufsichtsbehör<strong>de</strong>n und wissenschaftlichenBeiräten noch Sinn macht, wenn die Bewertung <strong>de</strong>r Ergebnisse<strong>de</strong>nen überlassen wird, die durch das Schüren von Ängsten eine höhereZuschauerquote erreichen, höhere Spen<strong>de</strong>neinnahmen erzielen o<strong>de</strong>r dieGunst <strong>de</strong>r Wähler gewinnen wollen.Oswald: Wollen Sie damit behaupten, dass die Umweltverbän<strong>de</strong>o<strong>de</strong>r Politikerinnen und Politiker bewußt falscheInformationen über Umweltgefährdungen in die Welt setzen?Preusker: Ich will damit sagen, dass nicht <strong>de</strong>r Recht hat,<strong>de</strong>r am lautesten schreit. Ich will Ihnen dafür ein Beispiel nennen: Aufgrund<strong>de</strong>s öffentlichen Aufschreis in Deutschland wur<strong>de</strong> die BohrinselBrent Spar nicht, wie von <strong>de</strong>r Eignerfirma Shell geplant, im Atlantik versenkt,son<strong>de</strong>rn auf Druck von Greenpeace und <strong>de</strong>nMedien in Teilen in Norwegen als Schiffsanlegestelle weiterverwen<strong>de</strong>t.Greenpeace behauptete, dass die Bohrinsel zusätzlich zu <strong>de</strong>n von <strong>de</strong>rShell AG angegebenen Rückstandsmengen 5.500 Tonnen Oel enthielteund die Versenkung im Meer zu einer immensen Meeresverschmutzungführen wür<strong>de</strong>. Den Beweis hierfür konnte die Umweltschutzorganisationin<strong>de</strong>s nicht führen. Spätere Untersuchungenhaben dann ergeben, dass die ursprünglichen Schadstoffangaben vonShell richtig waren.


„nicht <strong>de</strong>r hat recht,<strong>de</strong>r am lautesten schreit.”Oswald: Greenpeace hat sich für diesen Fehler öffentlichentschuldigt ...Preusker: Das stimmt zwar, aber bis dahin war durch eineAllianz von Politikern und Medienberichterstattern eine Boykottbewegung<strong>de</strong>r Bevölkerung gegen Tankstellen <strong>de</strong>r Shell-AG längst gelaufen, die Entscheidunggegen die Versenkung <strong>de</strong>r Brent Spar auf Hoher See längstgetroffen.Oswald: Was wollen Sie <strong>de</strong>nn tun, um das Vertrauen<strong>de</strong>r Verbraucherinnen und Verbraucher zurückzugewinnen?Preusker: Ich schlage vor, Probleme in Eigeninitiative und ineinem transparenten Verfahren zu lösen. Dafür ist es notwendig, dass sichUnternehmen und Branchen mit Verbraucherverbän<strong>de</strong>n und an<strong>de</strong>renInteressensvertretern um einen Konsens bemühen.Oswald: Wie soll diese Konsensfindung <strong>de</strong>nn konkretaussehen?Preusker: Als Beispiel sei <strong>de</strong>r Diskussionsprozess, <strong>de</strong>n dieFirma Shell nach <strong>de</strong>m Abbruch <strong>de</strong>r Versenkung <strong>de</strong>r Brent Spar begonnenhat, angeführt. Dabei wur<strong>de</strong>n weltweit Firmen,Wissenschaftler und auchNGOs eingela<strong>de</strong>n, ihre Vorschläge zu präsentieren und zu diskutieren, wiedie Entsorgung von Bohrinseln vonstatten gehen soll. Dieser Prozeß waröffentlich und je<strong>de</strong>rzeit nachprüfbar. Ein an<strong>de</strong>res Beispiel ist das Dialogprojekt<strong>de</strong>r Arbeitsgemeinschaft PVC und Umwelt, an <strong>de</strong>m ich selbstbeteiligt war und <strong>de</strong>r letztlich zu <strong>de</strong>r PROGNOS-Studie „PVC und Nachhaltigkeit”führte. Hier hat eine Gruppe von Wissenschaftlern, Journalisten,NGOs und einer Min<strong>de</strong>rheitsbeteiligung <strong>de</strong>r Industrie die Inhalte und Ziele<strong>de</strong>r Studie bestimmt.Oswald: Dieses Beispiel läßt sich meines Erachtensnicht so einfach übertragen.Wer soll <strong>de</strong>nn zum Beispiel die finanziellenMittel für solch aufwendige Prozesse bereitstellen?Preusker: Es war zugegeben ein sehr schwieriger und auchnicht ganz billiger Prozeß, aber er hat gezeigt, dass die Transparenz <strong>de</strong>sDialogs entschei<strong>de</strong>nd für <strong>de</strong>n Erfolg, sprich für das zurückgewonnene Vertrauenbei <strong>de</strong>n NGOs und <strong>de</strong>n Journalisten gegenüber <strong>de</strong>n Standpunkten<strong>de</strong>r chemischen Industrie, ist. Zuzugeben ist auch, dass mein Vorschlagsich auf beson<strong>de</strong>rs kontroverse Themen beschränkt und nicht alle kleinerenStreitfälle lösen kann.Oswald: Glauben Sie, dass die Verbaucherinnen undVerbraucher mehr Vertrauen in solche Gesprächszirkel haben wer<strong>de</strong>nals in Behör<strong>de</strong>nvertreter?Preusker: Sie sagten eingangs selbst, dass das jetzige VerfahrenVerbraucherinnen und Verbraucher stark verunsichert. Das Vertrauen<strong>de</strong>r Bevölkerung in die Entscheidungsträger, wo immer die sitzen, kannmeines Erachtens nur durch die Transparenz <strong>de</strong>r Entscheidungsfindungzurückgewonnen wer<strong>de</strong>n. Das heißt nicht, dass bestehen<strong>de</strong> Gremien <strong>de</strong>rMinisterien und Behör<strong>de</strong>n aufgelöst wer<strong>de</strong>n sollen. Ganz im Gegenteil. Ichplädiere dafür, sie eng in diesen Prozess einzubin<strong>de</strong>n. Die Initiative allerdingssollte von <strong>de</strong>n betroffenen Wirtschaftsunternehmen o<strong>de</strong>r Branchenausgehen. Sie sollten die Initiative zu einem solchen transparenten Prozessergreifen.Oswald: Glauben sie nicht, dass die gewählten Volksvertreterin <strong>de</strong>n Regierungen diese Aufgabe haben? Schließlich wer<strong>de</strong>nsie gewählt, um die Interessen <strong>de</strong>r Bevölkerung, also auch <strong>de</strong>nSchutz <strong>de</strong>r Gesundheit, wahrzunehmen.Preusker: Politiker sind fachliche Laien und sollten sich mitGrundsatzfragen und nicht mit komplexen Detailregelungen befassen.Außer<strong>de</strong>m sind sie meist nur für eine Legislaturperio<strong>de</strong>, also nur vier Jahre,im Amt. Meine Erfahrung ist, dass die Politiker überfor<strong>de</strong>rt sind, die oftschwierige Materie wie zum Beispiel die Zulassung von chemischen Produktenund Gebrauchsgegenstän<strong>de</strong>n zu durchblicken. Ich möchte nocheinmal betonen: es geht mir darum, die Polarisierung <strong>de</strong>r einzelnen Interessensvertretungen,die letztlich nieman<strong>de</strong>m nützen, aufzubrechen und in<strong>de</strong>n offenenen Dialog einzutreten. Meiner Meinung nach kann nur durchdie Offenlegung <strong>de</strong>r Entscheidungswege das Vertrauen <strong>de</strong>r Menschen inunser Han<strong>de</strong>ln und letztlich auch in das Han<strong>de</strong>ln <strong>de</strong>r Politik zurückgewonnenwer<strong>de</strong>n.Oswald: Herr Preusker, ich danke Ihnen für dasGespräch


transparent19schadstoffbelastung in innenräumen:geschäfte mit <strong>de</strong>r angst?Umweltgifte in Wohnungen geraten zunehmend ins Visier. Die Stiftung Warentest undan<strong>de</strong>re bieten passen<strong>de</strong> Analysen an. Aber: Häufig schüren sie mehr die Hysterie, alsdass sie <strong>de</strong>r Aufklärung dienen, kritisiert Lucian Haas, freier Journalist und ehemaligerSprecher <strong>de</strong>s Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND).Kopfschmerzen, Schnupfen,Schlappheit, Halsweh, Allergien - vielfältigsind die gesundheitlichen Lei<strong>de</strong>n, für dieimmer mehr Menschen die Urheber inihrer alltäglichen Umwelt suchen. Doch essind nicht nur Viren, bakterielle Keime o<strong>de</strong>rBlütenpollen, die ihnen zu Hause o<strong>de</strong>r amArbeitsplatz zusetzen. Auch viele in Alltagsprodukteneingesetze Chemikalien wer<strong>de</strong>nin zunehmen<strong>de</strong>m Maß als Bösewichte angesehen.Beispiele hierfür sind Lösemittel, dieaus Parkettklebern ausgasen, Pyrethroi<strong>de</strong>,die Teppichbö<strong>de</strong>n vor Käferfraß schützen,Phthalate, die Vinyl-Tapeten flexibel machen,und Phosphorsäureester, die dafür sorgen,dass Gehäuse von Elektrogeräten schwererentflammbar sind.Nur selten können die Beschwer<strong>de</strong>nein<strong>de</strong>utig <strong>de</strong>n genannten o<strong>de</strong>r ähnlichenSubstanzen zugeordnet wer<strong>de</strong>n. Zugering sind in <strong>de</strong>r Regel die vorhan<strong>de</strong>nenKonzentrationen dieser Stoffe. Doch alleindie potenzielle Gefahr, die von ihnen ausgeht,bil<strong>de</strong>t eine fruchtbare Grundlage fürdie Angst <strong>de</strong>r Menschen um ihre Gesundheit.Medienberichte über entsprechen<strong>de</strong>Verdachtsmomente tragen oft ein Übrigesdazu bei. Denn nicht selten wird ein verdächtigerStoff sofort als ”Schadstoff”<strong>de</strong>klariert - unter Missachtung <strong>de</strong>r schon im15. Jahrhun<strong>de</strong>rt formulierten Erkenntnis <strong>de</strong>sArztes Paracelsus, dass erst eine entsprechen<strong>de</strong>Dosierung eine Substanz zum Giftwer<strong>de</strong>n lässt.Selbst renommierte Institutionen,die sich <strong>de</strong>r Verbraucheraufklärung verschriebenhaben, zeigen in dieser Hinsichtnicht immer Sorgfalt, wie das Beispiel ”StiftungWarentest” zeigt. In <strong>de</strong>ren test-Heft11/2000 macht sie unter <strong>de</strong>m Titel ”AußerKontrolle” Front gegen die ChemikalieDEHP, die als Weichmacher in Bö<strong>de</strong>n undTapeten aus PVC zu fin<strong>de</strong>n ist. DEHP stehtunter Verdacht, möglicherweise diegeschlechtliche Entwicklung von Kin<strong>de</strong>rn zustören. Ein<strong>de</strong>utige Beweise dafür fehlen,doch zur Vorsorge hat die EU diese Chemikaliein Beißringen für Babys verboten.Aber ist darum schon je<strong>de</strong>s Vorkommenvon DEHP gefährlich?Der test-Beitrag gibt auf diese Fragekeine Antwort. Doch subtil wird <strong>de</strong>mLeser <strong>de</strong>r Eindruck vermittelt, sich mitje<strong>de</strong>m PVC-Bo<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r je<strong>de</strong>r Vinyl-Tapeteein Gesundheitsrisiko ins Haus zu holen.„Die Gefahr lauert überall”, heißt es in <strong>de</strong>mBericht. Als Beispiel dient die HausfrauPetra H., <strong>de</strong>ren Tochter auffällig oft kranksei, was selbst <strong>de</strong>r Hausarzt nicht erklärenkönne. Allerdings führt die Analyse einerHausstaubprobe, welche die besorgte Mutteran test schickte, zum Ergebnis: ”DerStaub war <strong>de</strong>utlich mit Diethylhexylphtalat,kurz DEHP, belastet.”Einfach erklärt,aber schief gewickeltSpäter im Text erfährt <strong>de</strong>r Leser,dass in fast allen Zimmern <strong>de</strong>r Petra H.PVC-Bo<strong>de</strong>n verlegt ist, <strong>de</strong>r zu<strong>de</strong>m laut einerweiteren Analyse <strong>de</strong>s Materials mehr alssechs Prozent DEHP enthält: ”Umgerechnetauf die Wohnung sind das viele Kilogramm.”Einen mit <strong>de</strong>r Materie wenig vertrautenLeser führt diese Darstellungwahrscheinlich zu <strong>de</strong>r Annahme: „PVC =DEHP = krank”. Explizit steht das zwarnicht so im Blatt, aber zwischen <strong>de</strong>n Zeilengelesen erscheint ein Verzicht auf PVC ratsam.


geschäfte mit <strong>de</strong>r angst?Ist das sinnvolle Verbraucheraufklärung?„Wenn die Welt so einfach erklärbarwäre, dann bräuchte man keine Wissenschaft”,sagt Werner Butte, Professor füranalytische Chemie an <strong>de</strong>r Uni Ol<strong>de</strong>nburg.Seit Jahren beschäftigt er sich mit <strong>de</strong>r Frage,wie Messwerte von Stoffkonzentrationen in<strong>de</strong>r häuslichen Umwelt erhoben wer<strong>de</strong>nkönnen, um für die Einschätzung einerGesundheitsgefahr brauchbar zu sein. DieVorgehensweise <strong>de</strong>r Stiftung Warentestsieht er vor diesem Hintergrund kritisch:„Wenn man allein aus <strong>de</strong>n DEHP-Messwertenim Hausstaub eine toxikologischeBewertung ableiten will, dann ist man schiefgewickelt.”Einer <strong>de</strong>r Grundsätze <strong>de</strong>r Toxikologielautet, dass nicht nur die Konzentrationeines Stoffes seine Giftigkeit bestimmt.Bedingung ist stets auch die Exposition: Erstwenn eine Substanz in <strong>de</strong>n Körper gelangt,kann sie dort ihre Wirkung entfalten.Ein Weichmacher stellt, solange erin einem PVC-Bo<strong>de</strong>n fest gebun<strong>de</strong>n ist, für<strong>de</strong>n Menschen keine Gefahr dar, egal ob <strong>de</strong>rBo<strong>de</strong>nbelag zu fünf o<strong>de</strong>r zu 50 Prozent darausbesteht. Und selbst im Hausstaub, <strong>de</strong>r<strong>de</strong>n feinen Abrieb <strong>de</strong>s Bo<strong>de</strong>ns enthaltenkann, sind gesteigerte Konzentrationen vonDEHP erst dann ein höheres Risiko, wenndie Hausbewohner mit <strong>de</strong>m Staub auchintensiv in Kontakt kommen: Sie müsstenihn längere Zeit an <strong>de</strong>r Haut haben o<strong>de</strong>r ihnständig verschlucken.Auszuschließen ist das nicht, weshalbDEHP im Haushalt keinesfallsgrundsätzlich verharmlost wer<strong>de</strong>n sollte.Ob ein Mensch nun tatsächlich damit belastetist, darüber kann allenfalls eine Untersuchung<strong>de</strong>s Urins auf Spuren <strong>de</strong>s Weichmacherso<strong>de</strong>r <strong>de</strong>ssen Abbauprodukte(Metaboliten) Auskunft geben, keineswegsjedoch eine Untersuchung <strong>de</strong>s Hausstaubs.”Aus einer Hausstaubanalyse lässt sichetwas zur Hygienevorsorge sagen, abernicht zur Gesundheitsvorsorge”, erklärtButte.Bekannt ist das übrigens auch bei<strong>de</strong>r Stiftung Warentest. ”Es ist problematisch,anhand <strong>de</strong>r DEHP-Werte im Staub aufGesundheitsgefahren zu schließen”, gibtBritta Barlage, zuständige test-Mitarbeiterin,auf Nachfrage zu. Geschrieben hat sie dasnicht. „Was wir gemacht haben ist in gewisserWeise eine worst-case-Betrachtung,”verteidigt sie <strong>de</strong>n Zungenschlag <strong>de</strong>sBerichts und verweist auf die satzungsgemäßeAufgabe <strong>de</strong>r Stiftung Warentest,<strong>de</strong>n Verbraucher auf Umweltgefahren hinzuweisen.Dass Suggestion „zwischen <strong>de</strong>n Zeilen”dafür ein geeigneter Weg ist, steht dortallerdings nicht. Genauso wenig befürwortetdie Stiftung offiziell <strong>de</strong>n Einsatz zweifelhafterTestmetho<strong>de</strong>n. Doch auch hier siehtPraxis manchmal an<strong>de</strong>rs aus.Staubsaugerverfälscht MesswerteSo bietet die Zeitschrift test ihrenLesern in je<strong>de</strong>r <strong>Ausgabe</strong> eine ganze Palettevon Umweltanalysen an, darunter diebereits genannte Hausstaubanalyse. Dafürmuss man zwei Esslöffel Staub aus <strong>de</strong>mBeutel seines Staubsaugers kratzen, inAlufolie verpacken und zusammen miteinem Verrechnungsscheck über 252 Markan die Stiftung Warentest schicken. Diesereicht die Probe an ein Vertragslabor weiterund schickt nach ein paar Tagen einen Analysebogenmit <strong>de</strong>n Ergebnissen <strong>de</strong>r Messungenvon 25 verschie<strong>de</strong>nen Pestizi<strong>de</strong>n,Flammschutzmitteln und an<strong>de</strong>ren ”Schadstoffen”zurück.Die Analysen berücksichtigen auchdrei Weichmacher. An<strong>de</strong>re Experten haltendie Ergebnisse allerdings für wenig aussagekräftig.”Ein Staubsauger enthält vieleWeichmacher in <strong>de</strong>n Plastikteilen. DieseWeichmacher sind dann auch im Staubsaugerbeutelzu fin<strong>de</strong>n”, erklärt Tunga Salthammer,Leiter <strong>de</strong>r Abteilung ”Chemische Technologieund Umweltforschung” amFraunhofer Wilhelm-Klauditz-Institut fürHolzforschung (WKI) in Braunschweig. Insgleiche Horn stößt auch Andreas Stache.”Bei Weichmachern ist die Staubsaugermetho<strong>de</strong>fragwürdig. Da hat man mehr Weichmacheraus <strong>de</strong>m Staubsauger als aus <strong>de</strong>mZimmer im Beutel,” sagt <strong>de</strong>r AbteilungsleiterInnenraumschadstoffmessung beim KölnerKatalyse-Institut.


transparent21„Die Untersuchungenvon Innenräumenwer<strong>de</strong>n mehr undmehr zum Geschäft.”Lucian Haas


geschäfte mit <strong>de</strong>r angst?Ob die gemessenen Weichmacherschon im Zimmer o<strong>de</strong>r erst bei <strong>de</strong>r Probennahmeals so genannter Blindwert <strong>de</strong>sStaubsaugers in <strong>de</strong>n Hausstaub kamen, kanndie von test angebotene Analyse nichtermitteln. Damit sind die Messwerte nichtgeeignet, das Vorkommen dieser Stoffe imHaushalt zu bewerten. Doch die StiftungWarentest geht über dieses Problem einfachhinweg. ”Wir halten es für möglich,dass es geringe Einflüsse durch <strong>de</strong>n Staubsaugergeben kann”, wiegelt test-RedakteurinBarlage ab. Im Heft steht das nicht einmalals Fußnote.Es klingt paradox, doch <strong>de</strong>r folgen<strong>de</strong>Fall ist unter diesen Vorzeichen durchaus<strong>de</strong>nkbar: Ein Verbraucher, <strong>de</strong>r nach einertest-Hausstaubanalyse das Ergebnis ”DEHP:stark belastet” geliefert bekommt, entsorgtfür viel Geld seinen PVC-Bo<strong>de</strong>n. Laut test-Empfehlung setzt er dann auf ”umwelt- undgesundheitsschonen<strong>de</strong> Alternativen” wieLinoleum, Holz, Naturstein o<strong>de</strong>r Fliesen.Schließlich saugt er auch über diese neuenBö<strong>de</strong>n, und eine weitere Analyse zeigt: DieBelastung <strong>de</strong>r Staubprobe mit Weichmachernist kaum gesunken. Denn <strong>de</strong>r Staubsauger,<strong>de</strong>n er dafür verwen<strong>de</strong>t, ist <strong>de</strong>rselbegeblieben.Damit dieser Beitrag nicht in gleicherWeise Verunsicherung hervorruft, seian dieser Stelle eindringlich darauf hingewiesen,dass Weichmacher in einem Staubsaugerallen bekannten Zusammenhängennach keinerlei Gesundheitsgefahr darstellen!Hausstaubanalysengrundsätzlich sinnvollEbenso ist klarzustellen: Das BeispielWeichmacher kann nicht dazu dienen,Hausstaubanalysen grundsätzlich in Frage zustellen. In vielen Fällen ist diese Metho<strong>de</strong>durchaus geeignet, um Stoffe aufzufin<strong>de</strong>n,die in Innenräumen möglichst nicht vorkommensollten. ”Die Hausstaubanalyse isteine gute Metho<strong>de</strong>, um schwer flüchtigeStoffe aufzuspüren, wie zum BeispielSchwermetalle, PCB, Holzschutzmittel o<strong>de</strong>rPyrethroi<strong>de</strong>,” sagt Stache. Hierbei sei auchnicht zu befürchten, dass <strong>de</strong>r Staubsaugerdie Messwerte verfälscht.Ob eine solche Analyse <strong>de</strong>m Verbraucherwirklich weiterhilft, ist allerdingsnicht nur eine Frage <strong>de</strong>r Messwerte. ”EineAnalyse ist schnell gemacht, aber mit <strong>de</strong>nErgebnissen wer<strong>de</strong>n die Leute häufig alleinegelassen”, sagt WKI-Experte Salthammer.Eine Aussage wie ”stark belastet” implizierebeim Verbraucher immer eine Gefährdung.Ob sie nun tatsächlich gegeben ist und aufwelchem Weg sie in sinnvoller Weise eingeschränktwer<strong>de</strong>n kann, darüber sagen nackteZahlen o<strong>de</strong>r die Einstufung in Gefährdungsklassenwie „gering belastet” o<strong>de</strong>r„stark belastet” wenig aus.Begutachtungvon InnenräumenIm Grun<strong>de</strong> müsste je<strong>de</strong> Analyse miteiner individuellen Beratung verbun<strong>de</strong>nsein. „Zu einer guten Bewertung gehört dieBegutachtung <strong>de</strong>s Innenraumes,” sagt <strong>de</strong>rAnalytiker Butte. Doch nicht je<strong>de</strong>r kanno<strong>de</strong>r will das bieten. Die Stiftung Warentestist da kein Einzelfall. Beratung ist teuer, undauf <strong>de</strong>m Markt <strong>de</strong>r Umweltanalysen herrschtrege Konkurrenz. „Die Untersuchungenvon Innenräumen wer<strong>de</strong>n mehr undmehr zum Geschäft”, sagt Salthammer. „Mit<strong>de</strong>r Kommerzialisierung beginnt das Problemsolcher Messungen.” In <strong>de</strong>r Branchewer<strong>de</strong>n bereits Fälle kolportiert, bei <strong>de</strong>nenUnternehmen Schadstoffmessungenkostenlos angeboten haben, um anschließend<strong>de</strong>n durch ”belasten<strong>de</strong>” Ergebnisseverunsicherten Kun<strong>de</strong>n für viel Geld einganzes Paket von Sanierungsdienstleistungenanzudienen.Die Stiftung Warentest gibt an, mitihren Umwelttests keine kommerziellenInteressen zu verfolgen. „Wir bieten unsereAnalysen zum Selbstkostenpreis an”, beteuertBritta Barlage. Das schließt allerdingsnicht aus, dass ein solch günstiger Servicedie Leser bei <strong>de</strong>r Stange hält und somit dieAuflage <strong>de</strong>s Heftes sichert. Und <strong>de</strong>rSchwung neuer Staubanalysen als Folge <strong>de</strong>szugespitzten Artikels über die Gefahr <strong>de</strong>rWeichmacher aus PVC-Bö<strong>de</strong>n dürfte fürdas test-Vertragslabor auch nicht vonNachteil gewesen sein.


transparent23medien und die wirklichkeit:je spektakulärer, <strong>de</strong>stobesser?Wie viel Realität vermitteln Rundfunk, Fernsehen und Presse? Selbst seriöse Medien erliegenimmer häufiger <strong>de</strong>m Druck <strong>de</strong>r Quote, meint Dr. Udo Ulfkotte, Buchautor („So lügenJournalisten”), Redakteur <strong>de</strong>r Frankfurter Allgemeinen Zeitung und Lehrbeauftragter <strong>de</strong>rUniversität Lüneburg.Was haben Sebnitz, das Waldsterben,die Versenkung <strong>de</strong>r Ölbohrinsel BrentSpar und <strong>de</strong>r „Skandal" um uranhaltigeMunition gemeinsam? In allen Fällen wur<strong>de</strong>nicht über Wahrheiten berichtet, son<strong>de</strong>rnberichtend und mit vorgefaßten Meinungen„Wahrheit" geschaffen, die dann zu eineröffentlichen Hysterie führte. Entgegen <strong>de</strong>nsensationslüsternen Darstellungen wur<strong>de</strong><strong>de</strong>r sechs Jahre alte Joseph in Sebnitz nichtvon Rechtsextremisten ermor<strong>de</strong>t. Undan<strong>de</strong>rs als von Greenpeace behauptet, bargdie Versenkung <strong>de</strong>r Brent Spar im Atlantikkeine Umweltrisiken. Sowohl das Waldsterbenals auch die „Gefahren" durch angereichertesUran erwiesen sich als medialeEnten.Täglich kommen neue Unwahrheitenhinzu. Zugunsten politischer und wirtschaftlicherInteressen wird die Öffentlichkeitimmer wie<strong>de</strong>r durch Desinformation,schlechte Recherche und manipulierte Statistikenbetrogen.Hunger<strong>de</strong>batte ohne Hungern<strong>de</strong>Manchmal nimmt die Veröffentlichungangeblich seriöser Statistiken skurrileZüge an, so etwa in Finnland zu Jahresbeginn1994. Damals hatte das finnischeGesundheitsministerium eine Studie veröffentlicht,in <strong>de</strong>r eigentlich <strong>de</strong>r Zusammenhangzwischen einer leichten wirtschaftlichenRezession und <strong>de</strong>m gesundheitlichenBefin<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Bevölkerung herausgefun<strong>de</strong>nwer<strong>de</strong>n sollte. Die Frage lautete: „Haben Siein <strong>de</strong>n letzten zwölf Monten wegen wirtschaftlicherSchwierigkeiten das Gefühlo<strong>de</strong>r die Erfahrung von Hunger gehabt?"Drei Prozent (57 Menschen) von 1906Befragten bejahten, in <strong>de</strong>n vergangenenzwölf Monaten schon einmal einen knurren<strong>de</strong>nMagen gespürt zu haben. Nun wur<strong>de</strong>die Zahl hochgerechnet. Und ausursprünglich 57 wur<strong>de</strong>n plötzlich mehr als100 000 hungern<strong>de</strong> Finnen. Es war eineHunger<strong>de</strong>batte ohne Hungern<strong>de</strong>. Sie wur<strong>de</strong>von Tag zu Tag absur<strong>de</strong>r. Fernsehsen<strong>de</strong>r entsandtenihre besten Reporter, um endlichdie Bil<strong>de</strong>r jener chronisch Unterernährteneinzufangen, die man bislang offenkundigübersehen hatte. Endlich fand sich ein Ortfür die gewünschten Aufnahmen, die Castrenstraßeim Helsinkier Stadteil Kallio, womehr als hun<strong>de</strong>rt Menschen vor einemBüro <strong>de</strong>r Heilsarmee auf die Verteilung vonBroten wartete. Sie dienten <strong>de</strong>m Sen<strong>de</strong>rzum Beweis dafür, daß Finnland auf <strong>de</strong>mWeg in ein Hungerland war. In Wahrheitaber stammten die Bil<strong>de</strong>r von Finnen, dieihre Sozialhilfe in Alkohol umgesetzt hattenund nun von <strong>de</strong>r Heilsarmee verpflegt wur<strong>de</strong>n.Quotendruck und HemmschwellenIn einer Zeit, in <strong>de</strong>r „News" - unabhängigvom Wahrheitsgehalt - Quote versprechenund vermeintliche, aber schlechtrecherchierte Neuigkeiten die Auflagenhöhebestimmen, sinken die Hemmschwellenjener, die eigentlich neutral über Vorkommnisseberichten sollten. ImMediendschungel scheint immer öfter dieDevise zu lauten: je spektakulärer, <strong>de</strong>stobesser.


je spektakulärer, <strong>de</strong>stobesser?Umwelt- und Gesundheitsthemenbeispielsweise eignen sich gut zur Panikmache.So schockierte „Plusminus", ausgestrahltvom öffentlich-rechtlichen WDR, in<strong>de</strong>n ersten Januartagen mit <strong>de</strong>r Meldung,Fantrikots seien mit <strong>de</strong>r giftigen SubstanzTributylzinn (TBT) verseucht. TBT ist einMittel gegen Fußpilz und Algen. Schiffsrümpfewer<strong>de</strong>n damit gestrichen, umSchneckenansatz zu verhin<strong>de</strong>rn. DieSchwermetallverbindung ist in Deutschlandbei <strong>de</strong>r Herstellung von Textilien nicht verboten,unterliegt aber Grenzwerten. „Plusminus"glaubte offenkundig einen Skandalaufge<strong>de</strong>ckt zu haben, als es Trikotherstellerwie Nike in <strong>de</strong>r Sendung auch beim Namennannte. Der unheimliche Verdacht wur<strong>de</strong><strong>de</strong>nn auch als Vorabmeldung an die Agenturengegeben, um die Einschaltquote zuerhöhen. „Gift-Verdacht: Kaufhäuser stoppenVerkauf von Fußballtrikots", überschriebdie „Berliner Zeitung" unter Berufung aufdie WDR-Informationen ihren Artikel. Unddie „taz" sprach von „toxischen Leibchen"und fragte, ob neben <strong>de</strong>m Verkaufsverbotfür die Hem<strong>de</strong>n nicht auch die letzte Bun<strong>de</strong>sligasaisonannulliert wer<strong>de</strong>n müsse, weildie Spieler unter <strong>de</strong>m Einfluß hormonellerMittel gestan<strong>de</strong>n hätten. Kaufhauskettennahmen die mit <strong>de</strong>m skandalträchtigen AntipilzmittelTBT behan<strong>de</strong>lten Radlerhosen,Ba<strong>de</strong>anzüge, Socken und Fußballtrikots aus<strong>de</strong>n Regalen.Einen Tag später hieß es in <strong>de</strong>r„Berliner Zeitung": „Entwarnung für Fußballfans:Trikots nicht giftig." Das Bun<strong>de</strong>sinstitutfür gesundheitlichen Verbraucherschutzhatte sich <strong>de</strong>r Sache angenommen,Trikots im Chemiekolben untersucht undEntwarnung gegeben: Die zulässigen Grenzwertewur<strong>de</strong>n nicht überschritten.Untersuchungen & GlaubwürdigkeitMerkwürdig verhielt sich während<strong>de</strong>ssen<strong>de</strong>r WDR. An einem Dienstagstrahlte „Plusminus" <strong>de</strong>n Bericht aus. Docherst am darauffolgen<strong>de</strong>n Freitag stan<strong>de</strong>n<strong>de</strong>m Bun<strong>de</strong>sinstitut für gesundheitlichenVerbraucherschutz die <strong>de</strong>m Fernsehberichtzugrun<strong>de</strong> liegen<strong>de</strong>n Analyseergebnisse zurVerfügung, in <strong>de</strong>nen es geheißen hatte, insechs von elf untersuchten Radlerhosen,Sportbodys und Socken sei TBT enthaltengewesen. Die „Plusminus"-Redaktion hattesie <strong>de</strong>m Bun<strong>de</strong>sinstitut nicht herausgegeben.Einige Tage später wur<strong>de</strong> klar, warumdie Daten zurückgehalten wor<strong>de</strong>n waren.„Das angebliche Giftpotential <strong>de</strong>r Fußballhem<strong>de</strong>nwur<strong>de</strong> weit übertrieben dargestellt."In einem <strong>de</strong>m Zuschauer vom WDRpräsentierten Trikot <strong>de</strong>s BallspielvereinsBorussia Dortmund hatten die Analytiker inWahrheit nur geringste Spuren von TBTgefun<strong>de</strong>n. Das im Auftrag <strong>de</strong>r „Plusminus"-Redaktion tätige Galab-Labor hatte in <strong>de</strong>muntersuchten Borussenhemd nur 2,2 MillionstelGramm pro Kilogramm Trikot anTBT ent<strong>de</strong>ckt. Das Bun<strong>de</strong>sinstitut fürgesundheitlichen Verbraucherschutz urteilte:Ein <strong>de</strong>rart niedriger Wert liege nurknapp über <strong>de</strong>r Nachweisgrenze und stellekeine gesundheitliche Gefahr dar. Das von„Plusminus" beauftragte schleswig-holsteinischeLabor Galab hatte auch in Strümpfen<strong>de</strong>r Firma Falke kein TBT und in <strong>de</strong>r gesamtenMeßreihe überhaupt nur einen überhöhtenWert ent<strong>de</strong>ckt; <strong>de</strong>r aber betraf nichtTBT, son<strong>de</strong>rn eine an<strong>de</strong>re Organozinnverbindungnamens Dibutylzinn (DBT). Der„Spiegel" schrieb zu diesem sensationellenFund: „Sie gilt als so unbe<strong>de</strong>nklich, daß sie in<strong>de</strong>n USA sogar in <strong>de</strong>n Verpackungen vonLebensmitteln zugelassen ist."Sportartikelhersteller Nike erlittnach <strong>de</strong>m WDR-Bericht auf <strong>de</strong>m <strong>de</strong>utschenMarkt Umsatzeinbußen und sah sichgezwungen, die von ihm in Deutschland vertriebenenTrikots in Analyse-Institutenuntersuchen zu lassen, um das Vertrauen<strong>de</strong>r Verbraucher zurückzugewinnen. Es dauertemehr als fünf Wochen, bis alle Untersuchungenabgeschlossen und die Vorwürfeentkräftet waren. Allerdings ist fraglich, wassich mehr in <strong>de</strong>n Köpfen <strong>de</strong>r Verbraucherfestgesetzt hat: die verzweifelten Dementis<strong>de</strong>r Hersteller o<strong>de</strong>r die Schlagzeile „Gift-Verdacht" in Zusammenhang mit Sporttrikots.


transparent25Wahrheiten undVerdrängungsmechanismenDie Panikmache <strong>de</strong>r Medien wäreoft vermeidbar. Zur Entschuldigung wirdvon vielen die immer knapper bemesseneZeit angeführt, die Medienschaffen<strong>de</strong>n zurRecherche bleibe. Manchmal aber verdrängendiese auch Wahrheiten, so in Zusammenhangmit <strong>de</strong>r „Gentechnik-Debatte”.Bei <strong>de</strong>r Frage, ob ein gezielter Eingriff in dasGen einer Nutzpflanze (etwa von Mais)wirklich „unkalkulierbare” Risiken für dieUmwelt birgt, vergaß man, daß über Jahrzehntehin in fast allen Staaten <strong>de</strong>r WeltSaatgut in Kernreaktoren mutiert wor<strong>de</strong>nwar – bislang ohne erkennbare Schä<strong>de</strong>n fürdie Umwelt.Wer heute durch Gentechnik verän<strong>de</strong>rteBohnen, Kartoffeln o<strong>de</strong>r Tomatenverkauft, wird in Europa auf eher argwöhnischeVerbraucher stoßen. Spätestens seitBSE for<strong>de</strong>rn immer mehr Konsumentenunbe<strong>de</strong>nkliche Lebensmittel. Sie mei<strong>de</strong>nWaren, die in biotechnischen Laborsgeschaffen wur<strong>de</strong>n, und greifen verstärkt zu<strong>de</strong>n vermeintlich ursprünglichen bäuerlichen„Naturprodukten". Dabei wissen sienicht, daß manche <strong>de</strong>r Samen, Früchte undZierpflanzen ihren Ursprung nicht in ländlicherIdylle haben, son<strong>de</strong>rn durch dieBestrahlung etwa in einem Atomreaktorverän<strong>de</strong>rt wur<strong>de</strong>n. Ebenso wur<strong>de</strong>n Röntgenstrahlenund die Gammastrahlen vonKobalt-Kanonen zur Schaffung neuer Sorteneingesetzt.Auch manch eine Samensorte,die naturbegeisterte Hobbygärtner indiesen Tagen erstehen, wur<strong>de</strong> irgendwanneinmal mit Hilfe radioaktiver Strahlen kreiert.Unter Bauern und Saatgutverkäufernist das kaum bekannt.Von <strong>de</strong>r Öffentlichkeitunbemerkt, haben Wissenschaftler allerLän<strong>de</strong>r immer wie<strong>de</strong>r versucht, das Erbgut<strong>de</strong>r wichtigsten Nutzpflanzen durch radioaktiveBestrahlung zu verän<strong>de</strong>rn. SelbstWahrzeichen ökologischer Bewegungenwie Jute (Corchorus capsularis undCorchorus olitorius) wur<strong>de</strong>n - ausgerechnetauf <strong>de</strong>m Höhepunkt <strong>de</strong>r Anti-Atom-Bewegungen in <strong>de</strong>n siebziger und achtzigerJahren - durch Bestrahlung mutiert.Gentechnik,Strahlen und ErbmaterialSeit <strong>de</strong>r Mitte <strong>de</strong>s vergangenenJahrhun<strong>de</strong>rts weiß man, daß Strahlen auchdas Erbmaterial von Pflanzen verän<strong>de</strong>rnkönnen. Im Gegensatz zu gentechnischenEingriffen wer<strong>de</strong>n bei <strong>de</strong>r Bestrahlung nichtgezielt neue Gene eingebracht, son<strong>de</strong>rn dieMutationsraten erhöht. Auch so kann manneue ertragreichere und gegen Krankheitenresistentere Sorten schaffen. GentechnischeEingriffe verän<strong>de</strong>rn eine bestimmte Erbanlage,während bei <strong>de</strong>r Bestrahlung niemandvorhersagen kann, welche Mutationen entstehenwer<strong>de</strong>n. Gezielte gentechnische Eingriffein das Erbgut einer Pflanze unterliegenstrengen Bestimmungen und müssen <strong>de</strong>mVerbraucher kenntlich gemacht wer<strong>de</strong>n. DieMutationszüchtung durch Bestrahlung dagegenist nicht kennzeichnungspflichtig.Nur wenige Staaten <strong>de</strong>r Welt habenauf Mutationszüchtungen mit Hilfevon radioaktiven Strahlen verzichtet. Einzigdie Unterabteilung <strong>de</strong>r in Wien ansässigenInternationalen Atomenergiebehör<strong>de</strong>(IAEA) für Pflanzenzüchtung und Genetikführt heute Buch darüber, welche Erbsen,Bohnen, Zitrusfrüchte, Äpfel, Birnen, Tomaten,Bananen, Gersten- und Weizenkörner„Weil vermeintliche,aber schlechtrecherchierteNeuigkeitendie Auflagenhöhebestimmen, sinken dieHemmschwellen”mit Hilfe von Bestrahlung seit 1963 zu neuen- zuvor nicht bekannten - Sorten gewor<strong>de</strong>nsind. Nach Angaben <strong>de</strong>s Sprechers <strong>de</strong>rIAEA, David Kyd, waren es En<strong>de</strong> vergangenenJahres weltweit 2252 Pflanzensorten,die mit Hilfe von Mutationstechniken (unterihnen auch schnelle Neutronen und Gamma-o<strong>de</strong>r Röntgenstrahlen) neu gezüchtetwor<strong>de</strong>n waren.Weil kein Züchter gezwungen wird,eine durch radioaktive Bestrahlung indizierteMutation bei <strong>de</strong>r IAEA anzuzeigen, dürftedie tatsächliche Zahl <strong>de</strong>r so geschaffenenPflanzensorten wesentlich höher liegen.


je spektakulärer, <strong>de</strong>stobesser?Egal, ob es sich um texanische Grapefruit,amerikanischen o<strong>de</strong>r asiatischenReis, italienischen Hartweizen o<strong>de</strong>r die Jutefür eine Tasche han<strong>de</strong>lt, auf <strong>de</strong>r „Atomkraft,nein danke" aufgedruckt ist - die meistendieser Pflanzensorten wur<strong>de</strong>n in Atomreaktorenbestrahlt o<strong>de</strong>r auf <strong>de</strong>n Fel<strong>de</strong>rn mitKobalt-60-Kanonen o<strong>de</strong>r Röntgenstrahlenbehan<strong>de</strong>lt. Von <strong>de</strong>n Pflanzen wur<strong>de</strong>n dannjene ausgewählt, <strong>de</strong>ren „Mißbildungen" in<strong>de</strong>r Zucht Vorteile (Resistenzen, höhererErtrag, neue Farbe) versprachen, und inbestehen<strong>de</strong> Sorten eingekreuzt. Mehr alsdie Hälfte <strong>de</strong>r in Europa angebauten Gerstehat <strong>de</strong>mnach Gene in ihrem Erbgut, dieletztlich durch Bestrahlung verän<strong>de</strong>rt wur<strong>de</strong>n.Allein <strong>de</strong>utsche Züchter haben nachAngaben <strong>de</strong>r IAEA mit Hilfe radioaktiverBestrahlung 44 Getrei<strong>de</strong>sorten neu gezüchtet.Der Leiter <strong>de</strong>s gemeinsam vonIAEA und Welternährungsorganisation(FAO) betriebenen Sektion „Nukleartechnikin Ernährung und Landwirtschaft",Miroslaw Maluszynski, sagte in Wien, daßauch in Schottland viele <strong>de</strong>r für die Whisky-Produktion genutzten Gerstensorten aufeine Mutante zurückgehen, die durchBestrahlung erzeugt wur<strong>de</strong>:Die von Maluszynski geleiteteAbteilung hilft weltweit Bauern, mit künstlichmutierten Pflanzensorten höhere Erträgezu erwirtschaften und so die Lebensgrundlagenzu sichern. Nach Informationen<strong>de</strong>r FAO/IAEA-Datenbank wur<strong>de</strong>n inDeutschland auch min<strong>de</strong>stens zwei Weizensorten,34 Chrysanthemensorten, drei Azaleensorten,vier Nelkensorten, drei Bohnensorten,eine Sojabohnensorte, eine Spinatsorte,elf Inka-Liliensorten und eineGeraniensorte mit Hilfe von radioaktiverBestrahlung entwickelt und offiziell unterSortenschutz gestellt.Wahrnehmungund SensibilisierungDie Jute fast aller Tragetaschenstammt nach übereinstimmen<strong>de</strong>n Angabenvon IAEA/FAO und führen<strong>de</strong>n Lebensmittelchemikernheute aus Staaten wie Burma,Indien, China und Bangla<strong>de</strong>sch, die sichoffen dazu bekennen, die Jute-Pflanzendurch radioaktive Bestrahlung mutiert undso neue Sorten entwickelt zu haben. VonZwiebeln über Erdnüsse, Grassamen, Senf,Soyabohnen, Reis, Baumwolle, Zitrusfrüchtenwie Orangen, Zitronen, Mandarinen undLemonen, Papaya, Pfeffer, Pfefferminze,Wassermelonen,Flachs, Tabak, Aprikosen, SüßundSauerkirschen, Birnen, Äpfel und Pflaumenbis hin zu Oliven, Mais, Sesam, Tomaten,Trauben, Bananen und Bohnen reichtdie Zahl jener Pflanzen, die Züchter in allerWelt schon mit Hilfe von schnellen Neutronen,Gamma- o<strong>de</strong>r Röntgenstrahlen genetischzu verän<strong>de</strong>rn suchten.Beson<strong>de</strong>rs erfolgreich waren sie beiReis, Bananen, Gerste, Hartweizen, Kichererbse,Apfel, Grapefruit, Pfefferminze undjapanischer Birne.Auch <strong>de</strong>r Großteil <strong>de</strong>s in<strong>de</strong>r Mittelmeerregion angebauten Hartweizens,Grundlage für Pasta und Nu<strong>de</strong>lgerichte,sind heute mit Hilfe von Gamma-(Kobalt-60), Röntgenstrahlen o<strong>de</strong>r schnellenNeutronen geschaffene Sorten wieetwa Castelporziano und Castelfusano.Hartweizen-Mutanten be<strong>de</strong>cken heutesiebzig Prozent <strong>de</strong>r Anbauflächen für dieseGetrei<strong>de</strong>sorte. Und immerhin elf Tabaksortenwur<strong>de</strong>n ebenfalls dieser Behandlungunterzogen. Das alles wur<strong>de</strong> in <strong>de</strong>r Gentechnik-Debatte<strong>de</strong>r Öffentlichkeit von <strong>de</strong>nmeisten Medien verschwiegen. Einzig dieFrankfurter Allgemeine Zeitung berichteteausführlich darüber.Computersicherheitund VirenwarnungenManchmal wer<strong>de</strong>n Nachrichten <strong>de</strong>rÖffentlichkeit we<strong>de</strong>r vorenthalten, nochbewußt verfälscht. Sie wer<strong>de</strong>n schlicht aufgebauscht.Das sieht man regelmäßig an <strong>de</strong>nalarmistischen Meldungen über angeblicheViren-Attacken auf Rechner.


transparent27Im Zeitalter <strong>de</strong>r globalen Vernetzunggelten Computerviren als die Armeendigitaler Schlachtordnungen. Mit ihnen, sodie Fachleute, können Böswillige Rechnerlahmlegen, Daten löschen und nicht nur Privatleuteund Unternehmen, son<strong>de</strong>rn selbstStaaten an <strong>de</strong>n nicht nur virtuellen Rand<strong>de</strong>s Abgrun<strong>de</strong>s drängen. Solche Perspektivenhaben einen nicht unwesentlichenAnteil daran, dass die Hersteller von Anti-Viren-Software heute traumhafte Renditenerzielen. Doch auch staatliche Einrichtungendürfen sich freuen: In allen Industriestaatenfinanzierten Politiker jene Institutionen,die nun vor drohen<strong>de</strong>m Unheilrechtzeitig warnen könntenWenn es um Prognosen auf <strong>de</strong>mGebiet <strong>de</strong>r Computersicherheit geht, danngilt die amerikanische Bun<strong>de</strong>spolizei FBIeigentlich als verläßlicher Ansprechpartner.Den dort geäußerten Warnungen über neueViren haben Medien in vergangenen Jahrenohne Vorbehalte Glauben geschenkt. Dasaber scheint sich allmählich zu än<strong>de</strong>rn. Erstsagte die Behör<strong>de</strong> zum Jahrtausendwechsel- fälschlicherweise - einen „Millenniums-Crash" voraus. Dann folgten Monat fürMonat Viren- o<strong>de</strong>r Wurm-Warnungen, dieentwe<strong>de</strong>r nicht o<strong>de</strong>r nur in wesentlichgeringerem Maß als vorhergesagt Datennetzeschädigten.So genannte Computer-Würmerhaben die Fähigkeit, sich selbst zu reproduzieren.Sie können zu<strong>de</strong>m eigenständig aktivwer<strong>de</strong>n. Dabei unterschei<strong>de</strong>t man zweiArten von Würmern: Massen-Mailer und dieNetzwerkverbreiter. Massen-Mailer wer<strong>de</strong>nals Dateianlage per E-Mail verschickt.Wenn<strong>de</strong>r Empfänger die Anlage anklickt, wird <strong>de</strong>rComputer infiziert. Erst durch die Mithilfe<strong>de</strong>s Computernutzers kann sich <strong>de</strong>r Wurmsomit an alle Adressaten verbreiten, die imAdreßbuch stehen. Im Gegensatz dazukopiert sich ein Netzwerkverbreiter selbstaufgrund von Sicherheitslücken aus <strong>de</strong>mInternet auf <strong>de</strong>n Computer und infiziert diesen.Dann sucht er sich bei einer Online-Verbindung weitere ungeschützte Computer.Wer sich also <strong>de</strong>n verlocken<strong>de</strong>nDoppelklick auf einen unbekannten Dateianhangerspart o<strong>de</strong>r seinen Rechner vorNetzwerkverbreitern schützt, läuft nichtGefahr, Opfer eines Wurms zu wer<strong>de</strong>n. Dennochverfallen viele Medien in Hysterie,wenn wie<strong>de</strong>r einmal ein Wurm im Internetauftaucht.Großangriff auf dieRechner <strong>de</strong>r WeltAuch vor <strong>de</strong>m „Wurm", <strong>de</strong>r als„Co<strong>de</strong> Red" in die Computergeschichte eingehenwird, hatte das FBI über die Mediengewarnt und damit sogar das Pentagon dazuveranlaßt, seine Internetseite kurzfristig vomNetz zu nehmen. Am 19. Juli <strong>2001</strong>, so dasFBI, habe <strong>de</strong>r angeblich grauenvolle digitaleComputerwurm seinen Großangriff auf dieRechner <strong>de</strong>r Welt gestartet. Heute weißman, daß diese Warnung nicht nur übertrieben,son<strong>de</strong>rn schlicht falsch war. Denn„Co<strong>de</strong> Red" stellte in Wahrheit keineBedrohung auf <strong>de</strong>r ganzen Welt dar. Zwargab es am 19. Juli tatsächlich einige Störungenim amerikanischen Datennetz, doch wardie Ursache nicht ein bösartiger Viren-Angriff, son<strong>de</strong>rn ein Brand in einem Eisenbahntunnelnahe Baltimore. Dort verbranntenbei einem Zugunglück nach Angaben <strong>de</strong>skalifornischen Softwareunternehmens Keynote(http://www.keynote.com/) auch einige<strong>de</strong>r wichtigsten Datenleitungen <strong>de</strong>r sieben„Manchmal wer<strong>de</strong>nNachrichten <strong>de</strong>r Öffentlichkeitwe<strong>de</strong>r vorenthalten,noch bewußtverfälscht.Sie wer<strong>de</strong>n schlichtaufgebauscht”größten amerikanischen Provi<strong>de</strong>r, über dieein beträchtlicher Teil <strong>de</strong>r Internetkommunikationgeführt wur<strong>de</strong>. Das FBI hatte die vermeintliche„Wurm-Warnung" von <strong>de</strong>m ihmunterstehen<strong>de</strong>n amerikanischen NationalInfrastructure Protection Centre (NIPC)erhalten und als Pressemeldung auf <strong>de</strong>rganzen Welt verbreitet. Das NIPC hatte fälschlicherweisezuvor nicht nur <strong>de</strong>n Jahr-2000-Crash, son<strong>de</strong>rn nach <strong>de</strong>r Notlandungeines amerikanischen Spionageflugzeuges inChina auch <strong>de</strong>n angeblich bevorstehen<strong>de</strong>nGroßangriff chinesischer Hacker auf amerikanischeWeb-Seiten an das FBI gemel<strong>de</strong>t.Zwei Wochen dauerte es, bis das FBI in <strong>de</strong>nMedien Anfang August in Hinblick auf „Co<strong>de</strong>Red" weitgehend Entwarnung geben konnte.In <strong>de</strong>r Zwischenzeit hatten Nachrichtenagenturenmit reißerischen Berichtenzur Verunsicherung von Millionen Computer-Nutzernbeigetragen


je spektakulärer, <strong>de</strong>stobesser?IT-Fachmann Rob Rosenberger, Betreiber<strong>de</strong>r Internetseite http://vmyths.com,gilt als einer <strong>de</strong>r wichtigsten Kritiker überzogenerViren-Warnmeldungen. Immer wie<strong>de</strong>rweist er darauf hin, daß mit <strong>de</strong>mSchüren <strong>de</strong>r Viren-Hysterie vor allem auchGeld verdient wer<strong>de</strong>.Während die Herstellervon Anti-Viren-Software per E-MailViren-Warnungen verbreiten, kontertRosenberger mit einem „Anti-Hysterie-Viren-Warndienst". Rosenberger sammeltauf seinen Web-Seiten die Stimmen jenerFachleute, die vor <strong>de</strong>r wachsen<strong>de</strong>n Hörigkeitgegenüber vermeintlichen Virus-Schä<strong>de</strong>nwarnen.Der Sprecher <strong>de</strong>s Bonner BSI,Michael Dickopf, sagt: „Durch die Inflationvon Viren-Meldungen in <strong>de</strong>n Medien wirdfür <strong>de</strong>n einzelnen Computeranwen<strong>de</strong>rimmer schwerer erkennbar, ob es sich umeine ernsthafte Bedrohung han<strong>de</strong>lt o<strong>de</strong>rnicht. In Hinblick auf Co<strong>de</strong> Red war fürmich erschreckend, daß, obwohl hier Fachleutewie Systemadministratoren gefragtwaren und es ausreichen<strong>de</strong> Vorlaufzeitengab, nicht die Chance genutzt wur<strong>de</strong>, entsprechen<strong>de</strong>Sicherheitsprogramme herunterzula<strong>de</strong>n,um sich so vor <strong>de</strong>m Wurm zuschützen."Das BSI (www.bsi.<strong>de</strong>) gilt inDeutschland als eine <strong>de</strong>r wenigen seriösenInformationsquellen über die tatsächlicheGefahr von Computerviren. Welche Viren<strong>de</strong>rzeit auf Rechnern ent<strong>de</strong>ckt wer<strong>de</strong>n,kann man live auf <strong>de</strong>n Web-Seitenhttp://www.messagelabs.com/viruseye/,http://www.mcafee.com/anti-virus/virusmap.aspund http://www.inci<strong>de</strong>nts.org/sehen. Im Gegensatz zu „Co<strong>de</strong> Red I" verfügt<strong>de</strong>r sich jetzt verbreiten<strong>de</strong> Wurm„Co<strong>de</strong> Red III" auch über einen Trojaner,<strong>de</strong>r unbemerkt Daten von Festplattenkopieren kann. Er stellt damit mehr als nureine theoretische Bedrohung dar. Doch werwird vor <strong>de</strong>m Hintergrund inflationärerMedien-Warnungen vor „Co<strong>de</strong> Red I"seriösen Institutionen wie <strong>de</strong>m BSI jetztnoch Gehör schenken?Pharma-Branche,Lipobay und WirtschaftskriegeOftmals ist es wesentlich einfacherPanik zu schüren, als seriös zu recherchieren.Recherche jedoch ist oftmals lohnend,<strong>de</strong>nn nur so fin<strong>de</strong>t man Hintergrün<strong>de</strong>, diezur seriösen Information gehören. Ein Beispieldafür war die angebliche „Lipobay-Affäre” um <strong>de</strong>n Bayer-Konzern im August<strong>2001</strong>. Hier gab es nicht nur zahlreicheZufälle, son<strong>de</strong>rn auch ebensoviele Nebenwirkungen.Der französische Philosoph Voltairehat einmal gesagt, das Wort Zufall habeeigentlich keinen tieferen Sinn. Denn inWahrheit könne nichts ohne Ursachebestehen. Manchmal aber för<strong>de</strong>rt die Suchenach Ursachen interessante „Zufälle" zutage,so auch in <strong>de</strong>r gegenwärtigen Bayer-Krise.Ein solcher „Zufall" ist die amerikanisch-<strong>de</strong>utscheKonkurrenz auf <strong>de</strong>m Gebiet<strong>de</strong>r Pharma-Neuentwicklungen. Der umsatzstärksteCholesterinsenker <strong>de</strong>r Welt("Lipitor") wird vom amerikanischen UnternehmenPfizer hergestellt. Mehr als fünf Milliar<strong>de</strong>nDollar Umsatz erzielte Pfizer imJahr 2000 allein mit diesem Präparat,während das wegen möglicher To<strong>de</strong>sfälle imAugust <strong>2001</strong> vom Markt genommene Bayer-Konkurrenzprodukt„Lipobay" nur 570Millionen Dollar erwirtschaftete. Pfizer wirdnun wohl einen Teil <strong>de</strong>r von „Lipobay" hinterlassenenMarktlücke füllen. Auch auseinem an<strong>de</strong>ren Grund kam Pfizer <strong>de</strong>r Imageverlust<strong>de</strong>r Marke Bayer gelegen: In wenigenMonaten wollte Bayer ein „Var<strong>de</strong>nafil"genanntes Potenzmittel auf <strong>de</strong>n Markt bringen.Nach Studien soll es wesentlich wenigerNebenwirkungen als das von Pfizerangebotene und bislang einzigartige „Viagra"haben.


transparent29983 To<strong>de</strong>sfälle durch ViagraDie Arzneimittelkommission <strong>de</strong>rDeutschen Ärzteschaft hatte schon imJanuar 2000 gefor<strong>de</strong>rt, dass sich die <strong>de</strong>utscheAufsichtsbehör<strong>de</strong>, das Bun<strong>de</strong>sinstitutfür Arzneimittel und Medizinprodukte, nachdamals 18 Viagra-To<strong>de</strong>sfällen allein inDeutschland mit <strong>de</strong>m Pfizer-Medikamentbefassen müsse. Der Vorsitzen<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Ärztekammer-Gremiums,Müller-Oerlinghausen,hob damals hervor: „Es wur<strong>de</strong>n schonMedikamente bei Bekanntwer<strong>de</strong>n vonweniger schweren Nebenwirkungen un<strong>de</strong>iner geringeren Zahl an To<strong>de</strong>sfällen vomMarkt genommen." Pfizer hatte zu jenerZeit For<strong>de</strong>rungen nach einem Viagra-Verbot„unbegrün<strong>de</strong>t" genannt. Das Medikamentist weiterhin erhältlich, obwohl die Datenbank<strong>de</strong>r amerikanischen Gesundheits- undArzneimittelbehör<strong>de</strong> FDA ("Adverse EventReporting System" <strong>de</strong>r FDA) En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s vergangenenJahres über 983 To<strong>de</strong>sfälle berichtete,die Ärzte in Zusammenhang mit Viagra,das zu jenem Zeitpunkt kaum länger alszwei Jahre auf <strong>de</strong>m Markt war, gemel<strong>de</strong>thatten. Eine Aussage über einen kausalenZusammenhang <strong>de</strong>r Sterbefälle wird in <strong>de</strong>rFDA-Datenbank - wie jetzt bei <strong>de</strong>n „Lipobay"-To<strong>de</strong>sfällen- jedoch nicht gemacht.Müller-Oerlinghausen kritisiert das„eigentümliche Messen mit zweierlei Maß.Hun<strong>de</strong>rte To<strong>de</strong>sfälle in Zusammenhang mitViagra, und we<strong>de</strong>r auf europäischer nochinternationaler Ebene wird das zum Anlaßgenommen, um sich stärker damit zu befassen."Er fragt zu<strong>de</strong>m: „Wieso gibt eseigentlich keine Sammelklagen in Zusammenhangmit Viagra? Das ist doch schonziemlich interessant und zugleich ein bizarresSchauspiel." Der Sprecher <strong>de</strong>r Zwangsarbeiter-Stiftungsinitiative,zu <strong>de</strong>ren Gründungsmitglie<strong>de</strong>rndie Bayer AG zählt,Wolfgang Gibowski, macht auf einen weiteren„Zufall" aufmerksam: „Mir ist aufgefallen,daß in <strong>de</strong>n Vereinigten Staaten imZusammenhang mit <strong>de</strong>r Bayer AG jetzt wie<strong>de</strong>reinmal von dieser historisch be<strong>de</strong>utsamenZahl sechs Millionen Geschädigtergesprochen wird. Hier entsteht <strong>de</strong>r Eindruck,daß Bayer in Amerika damit gebrandmarktwer<strong>de</strong>n soll. Das geht schon in dieRichtung eines Wirtschaftskrieges."Die negativen Schlagzeilen über dieBayer AG klangen auch für <strong>de</strong>n MünchnerPharmarechtler Alexan<strong>de</strong>r Ehlers nachSchlachtenlärm. „Die jetzt bei Bayer eingetreteneSituation wird in Deutschland undinternational durch die Außendienstmitarbeitervon Konkurrenten dazu genutzt wer<strong>de</strong>n,um eigene Produkte zu positionieren",sagte Ehlers. Ist es ein Zufall, daß just auf<strong>de</strong>m Höhepunkt <strong>de</strong>r Bayer-Krise trotzhöchster Sicherheitsvorkehrungen <strong>de</strong>rnoch streng geheime Viagra-Konkurrent„Var<strong>de</strong>nafil" aus einem Bayer-Labor verschwun<strong>de</strong>nist?„Mit <strong>de</strong>mSchüren <strong>de</strong>r Viren-Hysterie wird vorallem auch Geld verdient”Auffällig ist auch, daß bewährte Bayer-Präparatevon amerikanischen Wissenschaftlernöffentlich diskreditiert wur<strong>de</strong>n.Ein Beispiel dafür ist <strong>de</strong>r Bluthochdruck-Senker Nifedipin, <strong>de</strong>r vom Bayer-ForscherWulf Vater Mitte <strong>de</strong>r siebziger Jahre entwickeltwor<strong>de</strong>n war und weltweit in Apothekenunter <strong>de</strong>m Namen „Adalat" angebotenwird. 1995 veröffentlichte <strong>de</strong>r an <strong>de</strong>rWake-Forest-Universität in Winston-Salemim amerikanischen Bun<strong>de</strong>sstaat NorthCarolina lehren<strong>de</strong> Medizin-Professor CurtFurberg eine Studie, nach <strong>de</strong>r mit „Adalat"behan<strong>de</strong>lte Patienten wesentlich häufigereinen Herzinfarkt erlitten als Patienten, diemit Blutdrucksenkern <strong>de</strong>r Konkurrenzbehan<strong>de</strong>lt wor<strong>de</strong>n waren. Professor Furbergsoll nach Angaben <strong>de</strong>s British MedicalJournal nicht nur Forschungsgel<strong>de</strong>r vomBayer-Konkurrenten Pfizer erhalten, son<strong>de</strong>rnauch einen Beratervertrag mit <strong>de</strong>mBayer-Konkurrenten Bristol Myers Squibbgehabt haben. Zurückhaltend betrachtetman auch bei <strong>de</strong>r „Ärzte-Zeitung" dieArbeit von Furberg. Diese überschriebeinen Bericht über einen Kardiologen-Kongreßin Amsterdam im August <strong>de</strong>s vergangenenJahres mit <strong>de</strong>n Worten „Curt Furbergist wie<strong>de</strong>r auf <strong>de</strong>m Kriegspfad".


je spektakulärer, <strong>de</strong>stobesser?Nach Auffassung von ProfessorPeter Eckert,Autor <strong>de</strong>s Buches „Das Pharmakartell",lag <strong>de</strong>r amerikanischen Kritik amBayer-Produkt „Adalat" ein zielgerichtetesVorgehen amerikanischer Konkurrentengegen das Leverkusener Unternehmenzugrun<strong>de</strong>.Es mag ein Zufall sein, daß wissenschaftlichunhaltbare Studien, Falschmeldungenund die Markteinführung eines vielversprechen<strong>de</strong>nProduktes, vermischt mithistorischen Vorbehalten gegen Bayer, in <strong>de</strong>rGeschichte <strong>de</strong>s Unternehmens aufeinan<strong>de</strong>rtreffen.Sicher ist jedoch, daß sie Konkurrenzunternehmenzugute kommen. Vordiesem Hintergrund gewinnt auch das hartnäckigkolportierte Gerücht an Be<strong>de</strong>utung,wonach sich amerikanische Pharmaherstellerseit <strong>de</strong>m vergangenen Jahr mehrfach zuAbsprachen über ein gemeinsames Vorgehengegen unliebsame <strong>de</strong>utsche Konkurrentengetroffen haben sollen.Generell heißt es vom GermanAmerican Business Council: „Seit <strong>de</strong>m En<strong>de</strong><strong>de</strong>s Kalten Krieges haben wir verstärktenwirtschaftlichen Wettbewerb zwischenamerikanischen und <strong>de</strong>utschen Unternehmen,und auch die amerikanisch-<strong>de</strong>utschenBeziehungen sind, weil es einen gemeinsamenFeind nicht mehr gibt, ständig auf <strong>de</strong>mWeg <strong>de</strong>r Verschlechterung. Wirtschaftlichgesehen heißt das, die Konkurrenz wirdhärter. Der Wettbewerb im pharmazeutischenBereich ist sehr hart. Die Firmenwür<strong>de</strong>n alles tun, um <strong>de</strong>n Marktanteil zuhalten o<strong>de</strong>r sogar noch zu vergrößern."In <strong>de</strong>n meisten Medien wur<strong>de</strong> dieBayer AG zu jenem Zeitpunkt jedoch alsTäter, nicht als Opfer, dargestellt. Es ist ebenleichter, schnell eine Geschichte über einenangeblich bösen <strong>de</strong>utschen Konzern zuschreiben, <strong>de</strong>r das Leben zahlreicher Menschengefähr<strong>de</strong>t, als die Hintergrün<strong>de</strong> einerUnternehmenskrise eingehen<strong>de</strong>r zubetrachten.Der hier abgedruckte, gekürzte Text geht zurückauf das Manuskript eines Vortrages, <strong>de</strong>n Dr. UdoUlfkotte, Redakteur <strong>de</strong>r Frankfurter AllgemeinenZeitung, auf einer Klausurtagung in Berlin gehaltenhat.


transparent31„Es mag Zufallsein, dass wissenschaftlichunhaltbareStudien, Falschmeldungenund dieMarkteinführungeines Produktesaufeinan<strong>de</strong>rtreffen”Dr. Udo Ulfkotte


jugend und nachhaltigkeitein wunschzettel für diezukunftNachhaltigkeit soll die Welt von morgen prägen. Was aber halten Jugendliche von dieseminhaltlich schwierigen und begrifflich eher langweiligen Leitbild?Lisanne Zimmermann, Gymnasiastin <strong>de</strong>r Jahrgangsstufe 12 aus Wuppertal, mitBerufsziel Journalistin, über die geringe Faszination <strong>de</strong>r Zukunftsformel.Ökonomie, Ökologie und sozialeGerechtigkeit - im Begriff „Nachhaltigkeit”vereint sich, was für die zukünftige Entwicklungwünschenswert ist. Der mo<strong>de</strong>rnisierteUmweltgedanke soll das nächste Jahrtausendund das Wirken kommen<strong>de</strong>r Generationenprägen, doch uns Jugendliche hat erbisher noch nicht nachhaltig beeindruckt.Nur 13 % <strong>de</strong>r Deutschen gebenlaut Studie <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>sumweltministeriumszum Umweltbewusstsein <strong>de</strong>r Deutschen imJahr 2000 an, <strong>de</strong>n Begriff „Nachhaltigkeit”schon einmal gehört zu haben; auf <strong>de</strong>nSchulhöfen aber herrscht noch größereRatlosigkeit.So muss beispielsweise MatthiasHampe, Schüler <strong>de</strong>r Jahrgangsstufe 13 amRemschei<strong>de</strong>r Ernst-Moritz-Arndt-Gymnasium,erst einmal nachfragen, was sich <strong>de</strong>nnhinter <strong>de</strong>r Bezeichnung verbirgt, bevor ervon seinem Mitwirken im „Future-Team”,einer Arbeitsgemeinschaft, bei <strong>de</strong>r Nachhaltigkeiteigentlich Programm ist, berichtenkann. Hier geht es konkret um Energiesparenin <strong>de</strong>r eigenen Schule, also im direktenUmfeld, und dies läuft so gut, dass sich sogarEinsparungen von 28.000 DM im Jahr 2000im Portemonnaie bemerkbar machten.Nach anfänglicher Skepsis und Äußerungenwie „Ach, die spinnen doch”, stehe nun dieganze Schule hinter ihnen, bericht Matthias.Dieses Team und viele an<strong>de</strong>re Engagiertezeigen, dass auch Jugendliche <strong>de</strong>r oft kritisierten„Spaß-Gesellschaft” Zukunftsproblemeernst nehmen. Doch wie kann mandarüber hinaus einer Vielzahl von Jugendlichendie neue Thematik näherbringen, siegleichzeitig zum Han<strong>de</strong>ln und Um<strong>de</strong>nkenanimieren?Denn für ein „ZukunftsfähigesDeutschland”, wie das Wuppertal-Institutfür Klima, Umwelt und Energie seine Veröffentlichungzur nachhaltigen Entwicklungbetitelte, braucht es auch o<strong>de</strong>r vor allemeine „zukunftsfähige Jugend”, also eine neueGeneration mit Mut zur Verän<strong>de</strong>rung.Ein erster Schritt liegt in <strong>de</strong>r Analyse<strong>de</strong>r momentanen Probleme, die sich imUmgang mit Nachhaltigkeit ergeben: Bereits<strong>de</strong>r Begriff, 1992 nach <strong>de</strong>r Umweltschutzkonferenz<strong>de</strong>r Vereinten Nationen in Rio <strong>de</strong>Janeiro einfach aus <strong>de</strong>m Englischen „sustainable<strong>de</strong>velopment” übersetzt, und seineDefinition schrecken ab. Er lässt Jugendlichegähnen, klingt nach Politik und ist nichtohne genaue Erklärung zu verstehen. AlsAdjektiv zwischen „Nachhall” und „nachhängen”beschreibt „nachhaltig” laut CD-Rom-Nachschlagewerk Encarta 2000 Substantive„von starker und langer Wirkung”.83,5 % <strong>de</strong>r Deutschen sprechensich nach Erläuterung für die umfassen<strong>de</strong>Zielsetzung <strong>de</strong>s Konzeptes aus, die sowohlökonomische als auch ökologische undsoziale Interessen in einem Dreieck <strong>de</strong>rNachhaltigkeit vereint. Schonen<strong>de</strong>r Umgangmit <strong>de</strong>n natürlichen Ressourcen, Erhaltung<strong>de</strong>r heutigen Lebensbedingungen für dienachwachsen<strong>de</strong>n Generationen und einökonomisches Gleichgewicht zwischen reichenund armen Län<strong>de</strong>rn.


transparent33Die Be<strong>de</strong>utung für das alltäglicheLeben bleibt allerdings imDunkeln. Speziell bei jungen Leutenmüssen hier Wissenschaft, Politikund Pädagogik ansetzen, <strong>de</strong>nn vielfachgeraten Ökologiei<strong>de</strong>ale beiverstärktem Konsum<strong>de</strong>nkenins Hintertreffen.„Für uns Jugendlicheerschließen sichUmweltprobleme oftnicht, da wir einer(noch) heilen Welt imAlltag gegenüberstehen”Lisanne Zimmermann„Der Wohlstand macht uns bequemund Unbequemes lässt man gerne mal linksliegen”, analysiert eine 18-Jährige aus Wuppertal.Ein alltagstaugliches Paket, bestehendaus Möglichkeiten zur Problemerkenntnisund -erfahrung sowie Vorschläge zu umweltfreundlicheremHan<strong>de</strong>ln im persönlichenUmfeld, ganz nach <strong>de</strong>m Motto „global<strong>de</strong>nken - lokal han<strong>de</strong>ln”, sollte einen nachhaltigenRahmen bieten.Den wachsen<strong>de</strong>n Mangel an Naturerfahrungenwährend <strong>de</strong>r Kindheit, sollltenLehrer/-innen und Erzieher/-innen durchverstärkte, konstante und umfassen<strong>de</strong>Umweltbildung im Lernprozess kompensieren.Es sei wichtig, nicht nur Naturkontaktezu vermitteln, son<strong>de</strong>rn ihre Wertschätzungzu för<strong>de</strong>rn, so Dr.Armin Lu<strong>de</strong> in einer Studieüber Naturerfahrungen und Naturschutzbewusstsein.Doch reicht das aus?Nachhaltigkeit sollte auch eineChance bieten, <strong>de</strong>n Umweltschutz aus <strong>de</strong>rangestaubten „Ökoschubla<strong>de</strong>” zu holen undsomit bei <strong>de</strong>r Umwelterziehung ohne Weltuntergangsprognosenund erhobenen Zeigefingerauskommen. Für uns Jugendlicheerschließen sich Umweltprobleme oft nicht,da wir einer (noch) heilen Welt im Alltaggegenüber stehen. „Unterricht zum Anfassenund Erfahren” mit gezielter Projektarbeitund sichtbaren Erfolgen, Anschauungsmaterialo<strong>de</strong>r „Insi<strong>de</strong>r”-Berichten sollte<strong>de</strong>shalb die Devise lauten.


ein wunschzettelfür die zukunftIn Seminaren und Workshops <strong>de</strong>rUmweltorganisationen o<strong>de</strong>r von Umweltbeauftragtenin Unternehmen nähmenJugendliche wahrscheinlich verstärkt dieProbleme ihrer Altersgruppe wahr, beschäftigtensich mit Anwendungsmöglichkeiten inSchule o<strong>de</strong>r Verein und könnten selbst alsMultiplikatoren, so genannte „peer-educator”,wirken. Denn mit Gleichaltrigen vorhan<strong>de</strong>nesUmweltwissen in Umwelthan<strong>de</strong>lnumzusetzen und <strong>de</strong>ssen Be<strong>de</strong>utung zuerkennen, bewirkt mehr und macht auchnoch Spaß.Bessere VermarktungParallel zur Umweltbildung müsstenWerbefachleute Begriff und Zielsetzung einfach,pfiffig und einprägsam darstellen undzugleich Umweltschutz wie<strong>de</strong>r erstrebenswertermachen, so die Ergebnisse einerDiskussion mit einer Schülergruppe imWuppertaler Carl-Fuhlrott-Gymnasium, diesich Gedanken zur besseren Vermarktung<strong>de</strong>s Begriffs Nachhaltigkeit gemacht hat.Be<strong>de</strong>utsam sei es dabei auch, <strong>de</strong>n Jugendlichendas Gefühl zu geben, dass sie für Entwicklungund Umsetzung genauso wichtigeAkteure sind wie die Wirtschaft und auchwirklich etwas verän<strong>de</strong>rn können, so dieSchülerinnen und Schüler. Schließlich seieine Kette ja bekanntlich nur so stark wieihr schwächstes Glied.Ein generelles Um<strong>de</strong>nken, nicht nurin <strong>de</strong>n Köpfen <strong>de</strong>r kommen<strong>de</strong>n Generation,son<strong>de</strong>rn vor allem bei <strong>de</strong>n Politikern, sollmit <strong>de</strong>r Zeit das Konzept „Wirtschaft o<strong>de</strong>rÖkologie” durch „Wirtschaft und Ökologie”ersetzen.Doch muss es bei solchenZukunftsvisionen nicht wie Hohn in unserenOhren klingen, wenn die USA aufGrund wirtschaftlicher Interessen dieUnterzeichnung <strong>de</strong>s Kyoto-Protokollsablehnen? Die Vorbil<strong>de</strong>r, die Nachhaltigkeitpropagieren und interessant machen, fehlen.Eltern und Bekannte sind genauso weniginformiert wie wir, in <strong>de</strong>r Schule stehtNachhaltigkeit im Lehrplan <strong>de</strong>r gymnasialenOberstufe für die Fächer Erdkun<strong>de</strong> undSozialwissenschaft eher zwischen <strong>de</strong>n Zeilen.Doch uns reichen bloße Erklärungenund Definitionen, die wie ein Wunschzettelfür unsere Zukunft aussehen, nicht alsAnreiz.Vergleichbar mit <strong>de</strong>m Nachhaltigkeits-Dreieckließe sich folglich auch einDreieck entwerfen, <strong>de</strong>ssen Eckpunkte Bildung,Werbungund „learning-by-doing” dasUmweltbewusstsein bei Jugendlichen stärken,sie für die Thematik begeistern und einGefühl für die Probleme <strong>de</strong>r Zukunftwecken sollen.Eben nicht bloß „global <strong>de</strong>nken -lokal han<strong>de</strong>ln”, son<strong>de</strong>rn vor allem „thinkfuture”.impressumtransparentrisikowahrnehmung unddialogbereitschaftherausgeberchrista friedlgerhard jakubowskiandreas oberholzrosemarie oswaldudo pollmerwerner preuskerredaktionandreas oberholz visdpkoordinations- und redaktionsanschriftgerhard jakubowskikommunikations- und konfliktberatunggrosse strasse 2222926 ahrensburgtel 04102.51268fax 04102.56255eMail g.jakubowski@t-<strong>online</strong>.<strong>de</strong>gestaltung und layoutstudio wun<strong>de</strong>rlichhttp://www.studio-wun<strong>de</strong>rlich.<strong>de</strong>tel 08024.92131belichtung & druckprint 64postfach 184722808 nor<strong>de</strong>rstedtdiese publikation wird geför<strong>de</strong>rt von <strong>de</strong>rarbeitsgemeinschaft pvc und umwelt (agpu e.v.)am hofgarten 1-253111 bonnansprechpartner:geschäftsführer werner preusker


transparent35herausgeber„Im Vor<strong>de</strong>rgrund steht immer<strong>de</strong>r kritisch-konstruktive Dialog, diequergedachte Argumentation”Christa FriedlChemiestudium an <strong>de</strong>n Fachhochschulen Aalen und Reutlingen;Journalistikstudium an <strong>de</strong>r Universität Stuttgart-Hohenheim;Volontariat bei diversen Tageszeitungen und Agenturen;seit 1989 bei <strong>de</strong>n „VDI-Nachrichten” verantwortlicheRedakteurin für Umwelt und Forschung.Rosemarie OswaldBiologin, seit 20 Jahren im Natur- und Umweltschutz aktiv.Wichtige Stationen: WWF, „Ökologische Briefe”, umweltpolitischeSprecherin von Bündnis90/Die Grünen in Frankfurt,Leiterin <strong>de</strong>s Umweltamtes in Ludwigshafen, ab 1.1.2002Referentin <strong>de</strong>s Umwelt<strong>de</strong>zernates Frankfurt.Gerhard JakubowskiJahrgang 1941,Verlagskaufmann, PR-Führungspositionen in<strong>de</strong>r Industrie, seit 1976 eigene Agentur für Konflikt- undKommunikationsberatung in Ahrensburg. Neben seinemSpezialgebiet <strong>de</strong>r Dialogkommunkation ist er vor allem auchals Dozent und im Coaching tätig.Udo PollmerJahrgang 1954, Lebensmittelchemiker, Dozent, Unternehmensberater,Wissenschaftsjournalist,mehrfacher Buchautorund Wissenschaftlicher Leiter <strong>de</strong>s Europäischen Institus fürLebensmittel- und Ernährungswissenschaften (EU.L.E.)Andreas OberholzJahrgang 1957, arbeitet als freier Journalist in Heiligenhaus.Schwerpunkte: Umwelt- und Mittelstandsthemen.Als Blattmacherkonzipiert und betreut er entsprechen<strong>de</strong> Printmedien.Bislang vier Sachbücher. Seit 1996 Vorsitzen<strong>de</strong>r <strong>de</strong>sArbeitskreises Umweltpresse.Werner PreuskerJahrgang 1950, Jurist, zunächst Mitarbeiter <strong>de</strong>s Sachverständigenratesfür Umweltfragen, dann <strong>de</strong>s Verban<strong>de</strong>s <strong>de</strong>r ChemischenIndustrie (Abteilung Technik und Umwelt). Seit1989 Geschäftsführer <strong>de</strong>r Arbeitsgemeinschaft PVC undUmwelt (AgPU) e.V. in Bonn.

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