SemesterJournal - MBA Programme der HWR Berlin
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12 Neue Medien<br />
<strong>SemesterJournal</strong> 2/07 <strong>SemesterJournal</strong> 2/07 Neue Medien<br />
13<br />
Wiki-Projekte in <strong>der</strong> Lehre<br />
„Gruppen-Lernprojekt: interessant, praxisnah, empfehlenswert.“<br />
Text: Ute Hechtner und Heike Wiesner<br />
Entscheidend für die Akzeptanz und<br />
die kreative Nutzung von Informationstechnik<br />
in Lern- und Arbeitskontexten<br />
ist, dass die Nutzenden die Technologie<br />
als komfortabel und vertraut empfi nden.<br />
Die Dinge zu vereinfachen, ist<br />
eine gute Ausgangsbasis, um Soft wareprojekte<br />
zu verbreiten. „Partizipative<br />
Soft waregestaltung“ geht jedoch einen<br />
Schritt weiter. Die potenzielle Gruppe<br />
von Nutzer/innen in den Gestaltungsprozess<br />
<strong>der</strong> Technologie zu integrieren,<br />
kann dazu führen, dass Soft ware nicht<br />
mehr als statisches Produkt, son<strong>der</strong>n<br />
als Prozess empfunden wird.<br />
Das Lernziel <strong>der</strong> Lehrveranstaltung<br />
„Grundlagen <strong>der</strong> Wirtschaft sinformatik“<br />
besteht nicht nur darin, die<br />
Studierenden über Datenbanken,<br />
IuK-Systeme in Unternehmen etc. zu<br />
informieren, son<strong>der</strong>n sie auch mit<br />
Soft wareentwicklungsprozessen direkt<br />
in Berührung zu bringen: Im Ersten<br />
Studienabschnitt <strong>der</strong> Bachelor-Studiengänge<br />
geht es v. a. um eine wissenschaft<br />
liche Grundausbildung, in <strong>der</strong><br />
auch die Praxisbezüge zu verdeutlichen<br />
sind.<br />
„Das Projekt hat auf jeden Fall Spaß gemacht ...“<br />
Soft ware- bzw. Systementwicklung<br />
ist die Gestaltung rechnergestützter<br />
Informations- bzw. Anwendungssysteme,<br />
die i. d. R. mit Hilfe eines<br />
Vorgehensmodells konzipiert wird und<br />
u. a. eine Analyse-Phase beinhaltet.<br />
Dieser Aspekt lässt sich hervorragend<br />
in authentische, realitätsnahe<br />
Lernprojekte übertragen. Auch in <strong>der</strong><br />
berufl ichen Zukunft <strong>der</strong> Studierenden<br />
werden Vorgehensmodelle eine Rolle<br />
spielen, da Endbenutzer/innen in die<br />
Entwicklung von Soft ware einbezogen<br />
werden.<br />
„Für die Soft ware-Entwicklung sind<br />
Systemanalytiker/innen o<strong>der</strong> Programmierer/innen<br />
zuständig“, so lautete die<br />
Meinung <strong>der</strong> Studierenden. Das Th ema<br />
hatte in ihren Augen eine geringe<br />
Gegenwartsbedeutung, da sie ja Wirtschaft<br />
und nicht Informatik studieren.<br />
Insofern wurde <strong>der</strong> Lehr-Lerninhalt<br />
als „verordnet“ empfunden. Um<br />
den Studierenden den thematischen<br />
Zugang zu erleichtern, wurden sie<br />
in praxisnahen Projekten mit Aufgabenstellungen<br />
konfrontiert, die an<br />
ihre Interessen und Vorkenntnisse im<br />
Foto: Ute Hechtner<br />
Umgang mit Computer bzw. Internet<br />
anknüpft en. Im Vor<strong>der</strong>grund stand<br />
dabei, dass digitale Medien nicht nur<br />
zur Wissensrepräsentation o<strong>der</strong> zum<br />
Transport für deklaratives Wissen, son<strong>der</strong>n<br />
auch als kognitive Werkzeuge für<br />
die aktive Wissenskonstruktion dienen<br />
sollten. Um dieses Ziel zu erreichen,<br />
wurde während des Semesters mit dem<br />
Wiesner-Wiki 1 gearbeitet.<br />
Die sogenannte Wiki-Technologie<br />
ist eines <strong>der</strong> Herzstücke <strong>der</strong> Web-<br />
2.0-Anwendungen und steht für<br />
Nutzerfreundlichkeit, Standardisierung,<br />
Mitwirkung, Weiterverwendbarkeit<br />
und – als fast unbeabsichtige<br />
Nebenfolge – Wirtschaft lichkeit. Statt<br />
(mo<strong>der</strong>ner) Geschlossenheit wird<br />
postmo<strong>der</strong>ne interaktive Off enheit<br />
proklamiert. In Wikis fi ndet das kooperative<br />
und konstruktivistische Arbeiten<br />
seine volle Entfaltung. Die Grenze<br />
zwischen Lehrenden und Lernenden<br />
wird absichtsvoll vermischt und lädt zu<br />
neuen Lehr-Lernformen und inhaltlichen<br />
Neuorientierungen ein – ein<br />
grenzüberschreiten<strong>der</strong> Schmelztiegel<br />
aus Laien- und Expertenwissen. Wikis<br />
vereinen damit kollektives Wissen, das<br />
nicht nur abgerufen, son<strong>der</strong>n zugleich<br />
auch weiterentwickelt werden kann.<br />
Die Wiki-Technologie für die Lehrveranstaltung<br />
nutzbar zu machen,<br />
war daher nahe liegend. Lernprojekte<br />
innerhalb <strong>der</strong> Lehrveranstaltung<br />
„Grundlagen <strong>der</strong> Wirtschaft sinformatik“<br />
bei Prof. Wiesner zu erproben,<br />
wurde von Ute Hechtner angeregt,<br />
geplant und direkt umgesetzt. So hat<br />
sich ein Team gefunden, das nicht nur<br />
Wiki-Begeisterung auslösen konnte<br />
(Wiesner), son<strong>der</strong>n auch über mediendidaktische<br />
Kompetenzen in Sachen<br />
„Lernprojekte“ (Hechtner) verfügte.<br />
Nach einer kurzen Einführung in die<br />
Handhabung des Wikis konnten die<br />
Studierenden eigene Web-Seiten mit<br />
Artikeln zum Vorlesungsstoff (z. B.<br />
Fachbegriff e) anlegen, verfassen und<br />
miteinan<strong>der</strong> verlinken. Jede Arbeitsgruppe<br />
erhielt einen Projektauft rag<br />
mit <strong>der</strong> Aufgabe, eine Ist-Analyse zu<br />
Internet-Anwendungen durchzuführen.<br />
Die Studierenden konnten sich<br />
entscheiden, ob sie Firmen-Wikis o<strong>der</strong><br />
die Gebrauchstauglichkeit, das Suchmaschinen-Ranking<br />
bzw. den Online-<br />
Kundenservice <strong>der</strong> FHW-Webpräsenz<br />
untersuchen.<br />
Die Lernprojekte waren so formuliert,<br />
dass die Studierenden keine vorgefertigten<br />
Lösungswege abarbeiten konnten.<br />
Die beiden Lehrenden begleiteten<br />
stattdessen die Lernprozesse. Das<br />
Fehlen von konkreten Handlungsanweisungen<br />
zur Lösung <strong>der</strong> Aufgaben<br />
irritierte die Studierenden anfänglich.<br />
Doch bereits nach einer zweiwöchigen<br />
Einarbeitungszeit zeigte sich, dass die<br />
Beschäft igung mit dem jeweiligen<br />
Th ema das Interesse <strong>der</strong> Studierenden<br />
geweckt hatte. In einem Zwischenfazit<br />
präsentierten die Gruppen erste<br />
Lösungsansätze. Das Wiesner-Wiki<br />
wurde zur Dokumentation <strong>der</strong> Lernergebnisse<br />
und für Absprachen hinsichtlich<br />
<strong>der</strong> Arbeitsauft eilung rege genutzt.<br />
Ende Mai referierten die Studierenden<br />
zu ihren Th emen und den Ergebnissen<br />
ihrer Lernprojekte. Dabei wurden die<br />
Stärken bzw. Schwächen des Internetauft<br />
ritts <strong>der</strong> FHW <strong>Berlin</strong> sowohl<br />
aus <strong>der</strong> Perspektive verschiedener<br />
Zielgruppen als auch im Vergleich zu<br />
konkurrierenden Hochschulen aufgezeigt<br />
und Vorschläge zur Verbesserung<br />
unterbreitet. Darüber hinaus wurde<br />
ein Kontakt mit <strong>der</strong> Synaxon AG, <strong>der</strong><br />
größten IT-Verbundgruppe Europas,<br />
hergestellt. Die Studierenden interviewten<br />
den CEO des Unternehmens,<br />
Frank Roebers, zu seinen Erfahrungen<br />
im Hinblick auf die Einführung eines<br />
Firmen-Wikis. Selten wurden wirtschaft<br />
liche Aspekte so hautnah in eine<br />
Grundveranstaltung integriert.<br />
Fazit<br />
Mit den Lernprojekten wurde konstruktives,<br />
kooperatives und selbstgesteuertes<br />
Lernen ermöglicht. Die Studierenden<br />
zeigten großes Engagement,<br />
um innovative und kreative Lösungsansätze<br />
zu fi nden. Die Einladung zur<br />
Wissenskonstruktion wurde von ihnen<br />
gern angenommen: „Das Projekt hat<br />
auf jeden Fall Spaß gemacht und mir<br />
persönlich viel mehr gebracht als mein<br />
EDV-II-Kurs.“, „Lernprojekte för<strong>der</strong>n<br />
selbständiges Arbeiten ... Learning by<br />
Doing gewährleistet tieferen Einblick<br />
ins Fachgebiet.“, „Projekt war sehr<br />
gut, man hat auf jeden Fall was für die<br />
Zukunft gelernt.“ „Gruppenlernprojekt:<br />
interessant, praxisnah, berufsorientiert,<br />
empfehlenswert.“<br />
Die Konzeption und Betreuung <strong>der</strong><br />
Lernprojekte waren Teil <strong>der</strong> Masterarbeit<br />
„Digitale Medien und Wissensgenerierung<br />
in Lehr-Lernkontexten.<br />
Lernprojekte zur För<strong>der</strong>ung von<br />
Medienkompetenzen bei Studienanfängern.“<br />
(Universität Rostock). Ohne<br />
diesen speziellen Kontext wären die<br />
Lernprojekte nicht möglich gewesen.<br />
Doch jenseits <strong>der</strong> guten Zusammenarbeit<br />
zwischen den beiden Dozent/innen<br />
gilt <strong>der</strong> Dank den Studierenden <strong>der</strong><br />
Lehrveranstaltung. Sie haben deutlich<br />
gemacht, dass mehr Potenzial in ihnen<br />
schlummert, als vorab vermutet. Eine<br />
tolle Erfahrung für alle Beteiligten!<br />
Und natürlich werden in <strong>der</strong> nächsten<br />
Grundlagenveranstaltung wie<strong>der</strong> Lernprojekte<br />
angeboten …<br />
Lese-Tipps<br />
Ergebnisse aller Lernprojekte im<br />
Wiesner-Wiki:<br />
http://www.heike-wiesner.de/wiki/<br />
index.php/Kategorie:GWI<br />
Zum Einsatz von Wikis in Lehr-<br />
Lernkontexten: Wiesner, H. (2007):<br />
Neue Lehr- und Lernkonzepte in <strong>der</strong><br />
Wirtschaft sinformatik. In: Curdes,<br />
B./Marx, S./Schleier, U./Wiesner, H.<br />
(Hrsg.): Gen<strong>der</strong> lehren – Gen<strong>der</strong><br />
lernen in <strong>der</strong> Hochschule. Konzepte<br />
und Praxisbeispiele, Oldenburg,<br />
S. 127–158<br />
Auszug aus dem Lernprojekt (1):<br />
Wissensmanagement und Firmen-Wikis<br />
Zielsetzung Einführung eines Firmen-Wikis<br />
Inhalt Forschungsstand Wikis<br />
Wissensmanagement im internationalen<br />
Vergleich<br />
Analyse: Erhebung, Beschreibung<br />
und Bewertung des<br />
Ist-Zustandes bezüglich <strong>der</strong> an<br />
<strong>der</strong> FHW <strong>Berlin</strong> vorhandenen<br />
An wendungssysteme<br />
Grobkonzept zur Einführung<br />
eines Firmen-Wikis<br />
Interview mit <strong>der</strong> Synaxon AG<br />
Auszug aus dem Lernprojekt (2):<br />
Suchmaschinenoptimierung<br />
Zielsetzung Gute Platzierung <strong>der</strong> zu<br />
bestimmten Suchbegriffen relevanten<br />
FHW-Webseiten,<br />
z. B. auf den Ergebnisseiten <strong>der</strong><br />
Suchmaschine Google<br />
Inhalt Gerade in den wirtschaftswissenschaftlichen<br />
Studiengängen<br />
konkurrieren die Hochschulen<br />
um leistungsstarke Bewerber.<br />
Da die meisten Internet-User<br />
(und damit auch Studieninteressierte)<br />
für die Informationsrecherche<br />
Suchmaschinen<br />
benutzen, ist zu prüfen, mit<br />
welcher Platzierung und mit<br />
welchen Verweisen die FHW-<br />
Webpräsenz in den Suchmaschinen<br />
erscheint.<br />
Forschungsstand: Suchmaschinenoptimierung<br />
Analyse: Erhebung, Beschreibung<br />
und Bewertung des<br />
Ist-Zustandes unter Berücksichtigung<br />
des Rankings <strong>der</strong><br />
Hauptkonkurrenten (nach<br />
Standort und Studienangebot)<br />
Erstellung eines Lastenheftes,<br />
um ein Angebot von Firmen<br />
einzuholen, die Webseiten für<br />
Suchmaschinen optimieren<br />
1 Das Wiesner-Wiki ist eine Applikation auf <strong>der</strong><br />
Web-Präsenz von Prof. Wiesner. Dabei handelt es<br />
sich um Artikelsammlungen, die mit einem normalen<br />
Web-Browser nicht nur angeschaut, son<strong>der</strong>n auch direkt<br />
editiert werden können.