SemesterJournal - MBA Programme der HWR Berlin
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08 Thema: Hochschulmanagement im Fokus <strong>SemesterJournal</strong> 2/07 <strong>SemesterJournal</strong> 2/07 Thema: Hochschulmanagement im Fokus<br />
09 9<br />
Wissenschaft im Zentrum <strong>der</strong><br />
Managementbemühungen<br />
Text: Jürgen Blum<br />
Ich wurde um einen Artikel zur Evaluation<br />
<strong>der</strong> Gremien- und Leitungsstruktur<br />
<strong>der</strong> FHW <strong>Berlin</strong> gebeten,<br />
die ich mo<strong>der</strong>iert habe. Ich möchte<br />
hier nicht den Ergebnisbericht <strong>der</strong><br />
Evaluationskommission wie<strong>der</strong>geben,<br />
den die Hochschulmitglie<strong>der</strong> in <strong>der</strong><br />
veröff entlichten Lang- und Kurzfassung<br />
nachlesen können, vielleicht auch<br />
sollten. Ich will in dem kurzen Artikel<br />
einige persönliche Anmerkungen zu<br />
einigen mir beson<strong>der</strong>s wichtig erscheinenden<br />
Problemen und Lösungsansätzen<br />
im Wissenschaft smanagement<br />
machen, die auch bei <strong>der</strong> Evaluation<br />
<strong>der</strong> FHW <strong>Berlin</strong>, zumindest in <strong>der</strong><br />
Diskussion, eine Rolle gespielt haben.<br />
Meine Ausführungen geben nur meine<br />
persönliche Meinung und nicht die <strong>der</strong><br />
Evaluations kommission wie<strong>der</strong>.<br />
Management zum Nutzen <strong>der</strong><br />
Wissenschaft<br />
Ich benutze lieber den Ausdruck<br />
„Wissenschaft smanagement“ statt<br />
„Hochschulmanagement“, da mit ihm<br />
klar ist, dass im Zentrum <strong>der</strong> Managementbemühungen<br />
die Wissenschaft<br />
steht, die Lehre und Forschung und<br />
Nebenfunktionen wie den Transfer<br />
umfasst. Mit dieser Begriffl ichkeit wird<br />
klar, dass Management nachweislich (!)<br />
<strong>der</strong> Wissenschaft nutzen muss. Soweit<br />
dieser Nachweis nicht erbracht werden<br />
kann, sollten Managementprozesse, ihr<br />
Aufwand und die hierfür verantwortlichen<br />
Personen in Frage gestellt werden.<br />
Das gilt für die Verwaltungen <strong>der</strong><br />
Hochschule ebenso wie für jegliches<br />
Projektmanagement in <strong>der</strong> Wissenschaft<br />
. Das gilt auch für Beratungsleistungen,<br />
die nur über den konkreten<br />
Erfolg für die Wissenschaft zu rechtfertigen<br />
sind. Ich verstehe nicht, dass<br />
Wissenschaft lerinnen und Wissenschaft<br />
ler sich inzwischen geduldig einer<br />
Flut sie rechtfertigen<strong>der</strong> Evaluationen<br />
unterziehen, ohne dieses gleichzeitig<br />
und nach einem strengen Maßstab für<br />
ihre Verwaltungen zu verlangen, <strong>der</strong>en<br />
Aufwand ja aus den Ressourcen für<br />
Wissenschaft bestritten wird.<br />
So kommt eine „billige“ und trotzdem<br />
effi ziente Verwaltung <strong>der</strong> Wissenschaft<br />
direkt zugute. Das hieraus abgeleitete<br />
Motto für Wissenschaft smanagement<br />
lautet daher: Nur soviel Management,<br />
wie für den Erfolg für Wissenschaft<br />
unbedingt nötig, und das heißt, so<br />
wenig wie möglich! Daraus ergeben<br />
sich die Hauptkriterien für eine Evaluation<br />
von Verwaltung, die meines<br />
Erachtens alle vier Jahre erfolgen sollte.<br />
Soweit die Einleitung, um jeden Zweifel<br />
über die Funktion von Management für<br />
Wissenschaft von vorneherein auszuschließen.<br />
Effektivität und Effi zienz auch im<br />
Wissenschaftsmanagement<br />
Eine zweite Vorbemerkung ist,<br />
dass ein auf betriebswirtschaft liche<br />
Kriterien von Eff ektivität und Effi zienz<br />
ausgerichtetes Management aus<br />
<strong>der</strong> Wirtschaft auf die Wissenschaft<br />
prinzipiell übertragbar ist, wenn es<br />
sich dem Kontext <strong>der</strong> Wissenschaft<br />
anpasst. Das ist per defi nitionem ganz<br />
selbstverständlich, da Management<br />
immer akzessorisch zu seinem Gegenstand<br />
ist. Konkret bedeutet das u. a.,<br />
dass Wissenschaft smanagement nicht<br />
genauer sein kann als die Wissenschaft<br />
selber und dass für ihre Unwägbarkeiten<br />
auch im Management die erfor<strong>der</strong>lichen<br />
Freiräume und Flexibilitäten<br />
vorgehalten werden müssen. Das aber<br />
darf von <strong>der</strong> Wissenschaft nicht als<br />
ein Vorwand, eine generelle Abwehr<br />
und prinzipielle Diskreditierung von<br />
Wissenschaft smanagement missbraucht<br />
werden. Viele Bereiche des Managements<br />
sind aus <strong>der</strong> Wirtschaft direkt<br />
auf die Wissenschaft übertragbar, wenn<br />
es z. B. nicht direkt um die eigentlichen<br />
Wissenschaft sprozesse geht, son<strong>der</strong>n<br />
um die Betriebsfunktionen <strong>der</strong> Wissenschaft<br />
seinrichtungen, die Administration,<br />
die Infrastrukturen etc., die einen<br />
ganz wesentlichen Produktions- und<br />
Kostenfaktor für Wissenschaft darstellen.<br />
Das wird vielfach von den Wissenschaft<br />
ler/innen nicht gesehen. Sie<br />
trauen sich in ihrem aus wissenschaft -<br />
lichem Erfolg abgeleiteten Übermut<br />
Leitungsfunktionen im Management<br />
von Wissenschaft s-„Unternehmen“(!)<br />
zu, für die sie nicht ausgebildet sind<br />
und die sie häufi g überfor<strong>der</strong>n. Für<br />
diesen Zusammenhang fehlt vielfach<br />
das Bewusstsein, da für Folgen solchen<br />
Missmanagements nicht gehaft et wird.<br />
Diese Kultur des professionellen Dilettantismus<br />
fi ndet auch kein generelles<br />
Korrektiv durch die hauptamtlichen<br />
Administratoren, die nach wie vor<br />
weitgehend eine juristische Ausbildung<br />
und Ausrichtung haben und es ebenfalls<br />
nicht können. Hier liegt ein doppelter,<br />
sich gegenseitig verstärken<strong>der</strong><br />
Eff ekt von spezieller Unfähigkeit vor,<br />
<strong>der</strong> <strong>der</strong> Wissenschaft schadet.<br />
Ich will im Nachfolgenden thesenartig<br />
einige mir beson<strong>der</strong>s wichtig erscheinende<br />
Managementaspekte ansprechen,<br />
die mir im Generellen und auch für<br />
die FHW <strong>Berlin</strong> als beson<strong>der</strong>s wichtig<br />
erscheinen:<br />
Unter den Gesichtspunkten von<br />
Management sind Strategie und<br />
Strategieentwicklung essentiell, sozusagen<br />
<strong>der</strong> Beginn von Management.<br />
Ohne eine zielgerichtete, umsetzbare<br />
Strategie kann man allenfalls von<br />
Verwaltungen – Fortschreibung eines<br />
Zustands, <strong>der</strong> sich höchstens zufallsbedingt<br />
än<strong>der</strong>t – sprechen, bestenfalls<br />
von Administration – Verwaltung als<br />
Zuwendung zur Wissenschaft . Erst<br />
Strategie macht den Managementprozess<br />
zu einem zielgerichteten und<br />
vom Management zu verantwortenden<br />
Vorgang. Dies ist ein top-down angestoßener<br />
Vorgang, <strong>der</strong> in einem organisierten<br />
Strategieentwicklungsprozess<br />
im Gegenstromverfahren das gesamte<br />
Wissenschaft sunternehmen erfasst und<br />
so zu einer Identifi kation durch aktive<br />
Mitwirkung und Auseinan<strong>der</strong>setzung<br />
mit <strong>der</strong> Strategie führt. Der Strategieentwicklungsprozess<br />
ist die wichtigste<br />
Führungsaufgabe, für die nicht nur<br />
Fantasie son<strong>der</strong>n auch handwerkliches<br />
Können zur Durchführung des Prozesses<br />
notwendig sind.<br />
Zur Strategieentwicklung gehört<br />
notwendigerweise auch eine professionelle<br />
Kommunikation. Hierunter<br />
ist nicht zu verstehen, dass viele viel<br />
miteinan<strong>der</strong> reden, son<strong>der</strong>n dass<br />
obligatorische Kommunikationsstrukturen<br />
etabliert werden. Das heißt, die<br />
gezielte Information zur rechten Zeit<br />
wird zur Dienstpfl icht und ihre Verletzung<br />
ist arbeitsvertragliches Dienstvergehen<br />
mit den möglichen rechtlichen<br />
und tatsächlichen Konsequenzen. Ich<br />
kenne keine Wissenschaft seinrichtung,<br />
bei <strong>der</strong> ich die Kommunikationsstrukturen<br />
nicht als mehr o<strong>der</strong> weniger stark<br />
defi zitär bezeichnen würde, auch die<br />
eingeschlossen, bei denen ich selber<br />
hierfür Verantwortung getragen habe.<br />
Das Personalmanagement ist <strong>der</strong> kritische<br />
Erfolgsfaktor für Wissenschaft smanagement.<br />
Im Personalmanagement<br />
fehlen im öff entlichen Bereich vor<br />
allen Dingen die monetären Incentives.<br />
Wenn auch die persönlichen Incentives,<br />
die stimulierende und selbstbestätigende<br />
Beschäft igung mit Wissenschaft ,<br />
in <strong>der</strong> Regel stärker wirken mögen als<br />
ein geldwerter Anreiz, sollte dieses aber<br />
nicht zu einer verklärenden Idealisierung<br />
mäßig bezahlter und stark<br />
regulierter Tätigkeit in Lehre und Forschung<br />
führen. Hier gibt es aus meiner<br />
Sicht ein starkes Motivationsdefi zit und<br />
gleichzeitig bei <strong>der</strong> öff entlichen Hand<br />
wie auch bei <strong>der</strong> Wissenschaft selbst<br />
we<strong>der</strong> Neigung noch durchsetzbare<br />
Vorstellungen, diesen Zustand wirksam<br />
zu verän<strong>der</strong>n.<br />
Ein weiterer wichtiger prinzipieller<br />
Punkt ist das Verhältnis von Zentralität<br />
und Dezentralität: Es gilt <strong>der</strong><br />
Grundsatz „Soviel Dezentralität wie<br />
möglich und soviel Zentralität wie<br />
unbedingt nötig“. Die Umsetzung<br />
dieses Subsidiaritätsprinzips stellt hohe<br />
Ansprüche an die Führungspersonen<br />
auf <strong>der</strong> zentralen und <strong>der</strong> dezentralen<br />
Ebene, die auf <strong>der</strong> einen Seite die strategische<br />
Verantwortung und Delegation<br />
<strong>der</strong>en Umsetzung beherrschen<br />
und auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite die operative<br />
Umsetzungsverantwortung übernehmen<br />
müssen.<br />
Drohende Handlungsautonomie?<br />
Das Wissenschaft ssystem im universitären<br />
und außeruniversitären Bereich<br />
ist in einem weiteren Umbruch: Ihre<br />
Finanzierungsnöte versucht die öff entliche<br />
Hand dadurch zu lin<strong>der</strong>n, dass<br />
sie den Wissenschaft seinrichtungen,<br />
insbeson<strong>der</strong>e den Hochschulen, unter<br />
Chiff ren wie „Solidarpakt“, „Globalhaushalt“<br />
etc. eine Autonomie einzuräumen<br />
vorgibt, die das (dann insoweit<br />
arbeitslose) Mittelmanagement<br />
<strong>der</strong> Wissenschaft sministerien nicht<br />
wirklich will und zu <strong>der</strong> das hierauf<br />
nicht vorbereitete Management <strong>der</strong><br />
Wissenschaft seinrichtungen (noch)<br />
nicht befähigt ist. Über Jahrzehnte<br />
haben die Wissenschaft seinrichtungen<br />
diese Chance verwirklichter Handlungsautonomie<br />
für sich gefor<strong>der</strong>t, die<br />
nun zu drohen scheint. Hieraus ergeben<br />
sich Reaktionsnotwendigkeiten,<br />
von denen ich nur einige stichwortartig<br />
ansprechen möchte:<br />
Es bedarf <strong>der</strong> weiteren Professionalisierung<br />
auch im Managementbereich.<br />
Zur Strategie gehört daher ein Konzept<br />
<strong>der</strong> Personalentwicklung mit einer<br />
darauf abgestimmten Fort- und Weiterbildung<br />
und dessen Finanzierung<br />
in einem <strong>der</strong> Industrie vergleichbaren<br />
Umfang.<br />
Konsequenz <strong>der</strong> ausgeweiteten Selbstverantwortung<br />
<strong>der</strong> Wissenschaft seinrichtungen<br />
muss ein erfolgsorientiertes<br />
Qualitätsmanagement im Hinblick auf<br />
die Leistungen und Produkte <strong>der</strong> Wis-<br />
senschaft seinrichtungen sein. Dieses<br />
steckt erst in den Anfängen.<br />
Ehe Studenten und Studentinnen<br />
zur erfolgsbestimmenden Kundschaft<br />
von Hochschulen werden, müssen<br />
<strong>der</strong>en Leistungen stärker auf diese<br />
zugeschnitten und wirksame Marketingkonzepte<br />
entwickelt werden.<br />
Interessanterweise hat ein erfolgreicher<br />
Finanzdienstleister, <strong>der</strong> das akademische<br />
Personal als Zielgruppe hat,<br />
hierfür das Modell <strong>der</strong> Career-Center<br />
entwickelt, das in ersten Ansätzen nun<br />
im Hochschulbereich übernommen<br />
wird. Mit diesem Konzept gilt es sich<br />
auseinan<strong>der</strong>zusetzen und es fortzuentwickeln.<br />
Das öff entliche Vergütungssystem,<br />
dem die Wissenschaft seinrichtungen<br />
unterworfen sind, bietet bei guten<br />
Verdiensten für ordentliche, aber nicht<br />
herausragende Leistungen und hoher<br />
Beschäft igungs- und Versorgungssicherheit<br />
keine ausreichenden Incentives<br />
für die beson<strong>der</strong>e Leistung. Nach<br />
20-jähriger Diskussion um einen<br />
eigenen Wissenschaft starif habe ich<br />
den Glauben an Einsicht und Durchsetzung<br />
verloren und setze auf eine<br />
an sich unvernünft ige Kompensation<br />
durch Nebentätigkeiten, z. B. an<br />
sogenannten „An-Instituten“, die es<br />
inzwischen an allen im Drittmittelbereich<br />
erfolgreichen Wissenschaft seinrichtungen,<br />
insbeson<strong>der</strong>e in den<br />
Ingenieurwissenschaft en, gibt. Diese<br />
intelligenten Umgehungsstrukturen<br />
mit ihren zum Teil hervorragenden<br />
Forschungs-, Ausbildungs- und Transfereff<br />
ekten werden inzwischen zum<br />
Glück selbst von den Rechnungshöfen<br />
nicht mehr diskreditiert, son<strong>der</strong>n sogar<br />
begrüßt, sind aber insoweit ein Testat<br />
für die Unfähigkeit des öff entlichen<br />
Systems.<br />
Ein perspektivisch beson<strong>der</strong>s wichtiger<br />
Entwicklungsschwerpunkt für die<br />
Wissenschaft seinrichtungen sind die<br />
IT-Infrastrukturen, die ich in nur zwei<br />
Gesichtspunkten ansprechen will: Die<br />
IT-Serviceprozesse als Umsetzungsfunktionen<br />
für Wissenschaft und<br />
Management bedürfen einer hohen