13.07.2015 Aufrufe

Antworten auf Tiefensee / Mehdorn - VSLF

Antworten auf Tiefensee / Mehdorn - VSLF

Antworten auf Tiefensee / Mehdorn - VSLF

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Frankfurt, Oktober 2007Fakten zum TarifkonfliktDie Mehrheit der Menschen in Deutschland hält die Forderungen der GewerkschaftDeutscher Lokomotivführer für gerechtfertigt. Der Bahnvorstand lässt jedoch nichts unversucht,die öffentliche Meinung durch gezielte Irreführungen in seinem Sinne zu beeinflussen.Wie funktioniert diese Strategie?• Die Bahn unterbreitet Verhandlungsangebote, von denen sie genau weiß, dass die GDLsie nicht akzeptieren kann und wird. Gleichzeitig setzt der Kommunikationsapparat derDB systematisch Fehlvorstellungen über den Inhalt dieser Angebote in die Welt undstempelt die GDL zum notorischen Neinsager.• In zynischem Kalkül gegenüber den eigenen Kunden treibt der Bahnvorstand die GDL inStreiks. Diese Streiks werden dann vom Kommunikationsapparat beklagt in der Erwartung,dass die entnervten Kunden <strong>auf</strong> kurz oder lang der GDL die Schuld geben werden.Bilden Sie sich selbst ein Urteil. Nachfolgend finden Sie die wichtigsten Argumente, diegegen die Position der GDL vorgebracht werden und unsere Erwiderung dazu.-----------------------------------------------------------------------------------------------------------------31 Prozent Lohnerhöhung ist eine völlig unverhältnismäßige,unrealistische Forderung.Die 31 Prozent sind eine Propagandaerfindung der DB. Als die GDL am 19.März 2007 ihrenEntwurf für einen eigenständigen Fahrpersonaltarifvertrag der DB AG vorgelegt hat,war von 31 Prozent Lohnerhöhung nirgendwo die Rede. Gefordert wurde für Lokführerein Brutto-Einstiegslohn von 2.500 Euro, für Zugbegleiter 2.180 Euro und für Gastronomiemitarbeiter1.820 Euro. Darin waren bereits 100 Euro an Zulagen eingearbeitet, diebereits heute gezahlt werden. Hinzu kam die Absenkung der Arbeitszeit von 41 <strong>auf</strong> 40Wochenstunden, die im Übrigen heute für alle Bahnbeschäftigten außerhalb des Fahrpersonalsgilt. Die DB hat spitzfindig ausgerechnet, dass diese Forderungen in einzelnenFällen eine Erhöhung von 31 Prozent bedeuten kann (im Durchschnitt jedoch bedeutendweniger). Sie hat diese 31 Prozent böswillig verbreitet, um Stimmung gegen die GDL zumachen. Die Medien haben die Zahl dann unentwegt wiederholt. Im Juli war die GDL zurVermeidung weiterer Rechtsstreitigkeiten gezwungen, ihre Tarifforderungen zu modifizieren.Bei dieser Gelegenheit hat sie sich – erstmals – die 31 Prozent zu Eigen gemacht.___________________________________________________________________________Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer • Baumweg 45 • 60316 Frankfurt am Main


Dies geschah nach dem Motto: jetzt bekommt ihr die 31 Prozent, die ihr uns immer angedichtethabt.Darüber hinaus hat das Fahrpersonal seit 1994 durch äußerst moderate Tarifabschlüsseeinen Reallohnverlust von fast zehn Prozent hingenommen und damit einen erheblichenBeitrag zur Sanierung des DB-Konzerns beigetragen. Die DB hat im gleichen Zeitraumihr Betriebsergebnis von minus 2,5 Milliarden Euro um 5 Milliarden Euro <strong>auf</strong> plus 2,5 MilliardenEuro im Jahr 2006 verbessern können.Die Lokführer verdienen schon jetzt überdurchschnittlich gut.Besondere Erschwernisse wie unregelmäßige Schichtwechsel, Nachtarbeit, ständigeOrtswechsel und häufige auswärtige Übernachtungen wurden beispielsweise bei denAngaben des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (im Auftrag der DeutschenBahn) nicht angemessen berücksichtigt. Ein Beispiel: ein 40 Jahre alter Lokführer mitzwei Kindern und 17 Jahren Berufserfahrung verdient netto zwischen 1.778 und 1.928Euro, inklusive Zulagen. Das ist weniger, als alle anderen Lokführer in Westeuropa verdienen.Ein Kollege in Holland, mit den gleichen Eckdaten wie im obigen Beispiel, verdient2.425 Euro netto, in Frankreich 2.770 Euro netto und in Spanien 3.140 Euro netto.Die Bahn hat mittlerweile das fünfte Verhandlungsangebot vorgelegt, jetztmuss sich die GDL bewegen, statt einfach nur Nein zu sagen.Mit Behauptungen wie „Zehn Prozent Einkommensverbesserung, 2.000 Euro Einmalzahlungund ein eigener Tarifvertrag“ (Margret Suckale in: SZ vom 21.10.2007 und Anzeigenkampagnevom 25.10.07) wird die Öffentlichkeit bewusst getäuscht. In Wirklichkeitwar auch das letzte Angebot der Bahn eine Mogelpackung. Die angebliche Einkommensverbesserungvon zehn Prozent entpuppt sich als die Bezahlung von zukünftigerMehrarbeit bei einer Erhöhung der Wochenarbeitszeit von 41 <strong>auf</strong> 43 Stunden. Die Einmalzahlungvon 2.000 Euro entpuppt sich in Höhe von 1.400 Euro als Bezahlung von bereitsgeleisteten Überstunden, die restlichen 600 Euro sind die Übernahme der Einmalzahlungaus dem Transnet-Abschluss. Und der „eigene Tarifvertrag“ entpuppt sich alsKnebelvertrag, mit dem die GDL in ein Verhandlungskorsett mit der Transnet gezwungenwird. Dass es sich um keinen eigenständigen (= selbst ausgehandelten und selbst kündbaren)Tarifvertrag handelt, bestätigt Frau Suckale im gleichen Interview selbst: dieseForderung sei „nicht erfüllbar“. Sie weiß also genau, dass sie keinen eigenständigen Tarifvertragangeboten hat. Das hinderte sie aber nicht daran, bei der Präsentation des„Angebots“ den gegenteiligen Eindruck zu erwecken.Ein eigenständiger Tarifvertrag für das Fahrpersonal würde die Belegschaft derBahn spalten.Es stimmt überhaupt nicht, dass bisher alle Beschäftigte des DB-Konzerns einem gemeinsamenTarifvertrag unterliegen. Von den 230.000 konzernweiten Mitarbeitern unterliegennur 134.000 dem „Haustarifvertrag“ der DB. Dazu zählte bisher auch das Fahrpersonal.Warum sollte nunmehr eine Spaltung der Belegschaft eintreten, wenn rund 32.000Beschäftigte des Fahrpersonals einen anderen Tarifvertrag bekommen als 102.000sonstige Beschäftige und 96.000 Beschäftigte, die ohnehin anderen Tarifverträgen unterliegenoder zugewiesene Beamte sind. Das Fahrpersonal ist eine klar und eindeutig abgrenzbareBerufsgruppe: sie umfasst alle Beschäftigten, die ihre Arbeit überwiegend imrollenden Zug leisten. Die Arbeitsleistung des Fahrpersonals wird unter komplett anderenbetrieblichen Bedingungen erbracht, als diejenigen aller übrigen Berufsgruppen im DB-Konzern.2


Die Spaltung der Eisenbahner findet an anderer Stelle statt, und zwar bei der Lohnspreizung:In den unteren Lohngruppen wird immer weniger verdient durch die Be<strong>auf</strong>tragungvon Zeit- und Leiharbeitsfirmen, die nicht den geltenden Tarifverträgen unterliegen. Inden oberen Lohngruppen werden übertarifliche Prämien- und Bonuszahlungen gewährt,die den unteren und mittleren verwehrt bleiben.Ein eigenständiger Tarifvertrag für die GDL würde gegen das arbeitsrechtlichePrinzip der Tarifeinheit verstoßen.Nein. Der Grundsatz der Tarifeinheit lautet „Ein Betrieb, ein Tarifvertrag“ und nicht etwa„Ein Konzern, ein Tarifvertrag“. In einem Konzern wie der Deutschen Bahn gibt es dieunterschiedlichsten Betriebsverhältnisse und die unterschiedlichsten Berufsgruppen.Schon jetzt unterliegen mitnichten alle Beschäftigten einem Tarifvertrag. Es wäre dochabsurd, einen LKW-Fahrer bei Schenker genauso zu behandeln, wie einen Fahrkartenverkäuferbei DB-Fernverkehr. Und genauso unsinnig ist es, einen Vertriebsmitarbeitervon Railion (Güterverkehr) genauso zu behandeln, wie einen Lokführer. Es kommt eben<strong>auf</strong> die konkreten betrieblichen Verhältnisse an.Das Fahrpersonal unterliegt komplett eigenständigen räumlichen, betrieblichen und fachlichenBedingungen. Der Fahrpersonaltarifvertrag soll für rund 35.000 Mitarbeiter zurAnwendung kommen. Er wird den Erfordernissen und Eigenarten des Fahrbetriebs undden darin tätigen Arbeitnehmern am besten gerecht. Deshalb wäre ein Fahrpersonaltarifvertragspezieller als jeder andere Tarifvertrag und würde nach der Rechtsprechung desBAG alleine zur Anwendung kommen. Für Fahrpersonal, das bei der Transnet organisiertist, gibt es zwei Möglichkeiten (die nicht von der GDL, sondern von DB AG und Transnetzu entscheiden sind): entweder gilt für diese Beschäftigten ein anderer Tarifvertrag (=freiwillige Aufgabe der Tarifeinheit, die immer möglich ist) oder es gilt der GDL-Fahrpersonaltarifvertrag, weil die GDL mit Abstand den höchsten Organisationsgradbeim Fahrpersonal <strong>auf</strong>weist.Wenn die Bahn den Lokführern nachgibt, werden auch andere spezialisierteBerufsgruppen eigenständige Tarifverträge fordern.Das ist bloße Spekulation und völlig abwegig. Tariffähig sind nur Gewerkschaften, d.h.diese Berufsgruppen müssten erst einmal eigene Gewerkschaften gründen und dafür gibtes sehr hohe Hürden. Spezialisierte Berufsgruppen bei der Bahn, wie die Fahrdienstleiter,sind bei der Transnet organisiert und können dort schon jetzt ihre Interessen durchsetzen.Die Existenz der GDL ist dagegen keine Spekulation, sondern Realität, seit es Bahnverkehrin Deutschland gibt. Die Aussage von Personalvorstand Margret Suckale „Wenn jedeBerufsgruppe ihre eigene Gewerkschaft gründet, dann wären wir nur noch am Verhandeln.“(SZ vom 21.10.07) ignoriert schlicht und ergreifend Art. 9 Abs. 3 Grundgesetz:„Das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen (= Gewerkschaften)zu bilden, ist für jedermann und für alle Berufe gewährleistet“.Die Lokführer glauben offenbar, etwas „Besseres“ zu sein.Die GDL vertritt nicht nur Lokführer, sondern das gesamte Fahrpersonal (Lokführer, Zugbegleiterund Bord-Gastronomiemitarbeiter). Lokführer und das übrige Fahrpersonal sindnichts „Besseres“, aber etwas anderes als die übrigen Bahnmitarbeiter. Nur sie unterlie3


gen einer spezifischen Belastung aus dem unregelmäßigen Schicht- und Wechseldienst,Nachtarbeit, ständigen Ortswechseln und häufigen auswärtigen Übernachtungen mit unbezahlterAusbleibezeit. Bei einer Wochenarbeitszeit von 41 Stunden beträgt dieAusbleibezeit bis zu 55 Stunden. Keine andere Berufsgruppe der Eisenbahner hat vergleichbarschwere Arbeitsbedingungen. Keine andere Berufsgruppe hat vergleichbareErschwernisse für das familiäre und gesellschaftliche Leben. Übrigens: die Lokführer warenschon immer als Berufsgruppe selbständig organisiert – die GDL ist mit 140 Jahrendie älteste aller Gewerkschaften in Deutschland. Das Fahrpersonal ist eine eigene Berufsgruppemit eigenen Arbeitsbedingungen und braucht daher auch einen eigenständigenTarifvertrag.Ein eigener Tarifvertrag für die Lokführer wäre unsolidarisch, weil die schwachenBerufsgruppen die Leidtragenden wären.Alle Berufsgruppen der Eisenbahner besitzen genügend Möglichkeiten, ihren ForderungenNachdruck zu verleihen. Die Behauptung, nur die Lokführer hätten „Macht“, ist Unsinn.Auch das Personal in den Stellwerken, den Werkstätten, der Netzinstandhaltungund anderswo könnte mit Streiks die Bahn lahm legen – mindestens so wirkungsvoll wiedie Lokführer. Die Eisenbahner mussten seit 1994 fast zehn Prozent Reallohn-Einbußehinnehmen. In der gleichen Zeit haben sich Vorstand (+ 300 Prozent) und Führungskräfte(+ 150 Prozent) die Taschen gefüllt. Transnet und GDBA sehen dabei tatenlos zu, dieGDL nicht. Das Fahrpersonal ist insofern nur Vorreiter <strong>auf</strong> dem Weg zu angemessenen,leistungsgerechten Einkommensverbesserungen aller Eisenbahner.Nichts ist scheinheiliger, als wenn ausgerechnet der Bahnvorstand die Solidargemeinschaftder Eisenbahner beschwört. Der Vorstand und die so genannten Führungskräftehaben sich aus der Gehaltsentwicklung abgekoppelt. 1996 hat ein Vorstandsmitgliednoch durchschnittlich 300.000 Euro verdient, zehn Jahre später waren es knapp 2,1 MillionenEuro pro Vorstand (jeweils ohne Altervorsorge). Das ist eine Steigerung um 700Prozent.Lokführer kann man nicht mit Ärzten und Piloten vergleichen, deshalb könnensie auch keinen eigenständigen Tarifvertrag bekommen.Die GDL zieht diesen Vergleich nicht, das haben andere getan. Der eigenständige Tarifvertragsoll für Lokführer, Zugbegleiter und Mitarbeiter der Bordgastronomie gelten – alsonicht nur für eine herausgehobene Gruppe. Der Fahrpersonaltarifvertrag ist durch die besonderenArbeitsbedingungen und Erschwernisse des Fahrpersonals gerechtfertigt. Unddie GDL ist durch ihren hohen Organisationsgrad beim Fahrpersonal die dafür zuständigeGewerkschaft. Und was die Verantwortung angeht, da können Lokführer durchaus mitPiloten und Ärzten mithalten. Sie tragen schließlich die Verantwortung für bis zu 1 000Reisende und häufig für sehr teure oder gefährliche Güter.Die Tarif- und Gewerkschaftslandschaft wird zersplittert, wenn immer neuekleine Spezialistengewerkschaften, deren Mitglieder Schlüsselfunktionen ausüben,ihre Gruppeninteressen durchzusetzen versuchen.Man kann streiten, ob diese Gefahr theoretisch besteht oder nicht. Mit dem Tarifkonfliktzwischen Bahn und GDL hat es aber nichts zu tun. Die GDL ist die älteste Gewerkschaftin Deutschland, es gibt sie fast so lange, wie es Bahnverkehr gibt. Sie verfügt bei denLokführern über einen Organisationsgrad von über 80 Prozent und beim gesamten Fahrpersonalvon 66 Prozent.4


Die GDL kann ihre Interessen effizienter in einer Tarifgemeinschaft mit derTransnet/GDBA einbringen, sie braucht keinen eigenständigen Tarifvertrag,weil die anderen Gewerkschaften bereit sind, ihr in Lokführer-Angelegenheitendie Verhandlungsführerschaft zu überlassen.Die GDL hat jahrzehntelang eine Tarifgemeinschaft mit einer anderen Bahngewerkschaftgebildet, aber die Voraussetzungen dafür sind inzwischen entfallen. Der DB-Konzern vonheute ist nicht mehr die alte Bahn. Bahnchef <strong>Mehdorn</strong> verkündet bei jeder Gelegenheit,die DB AG sei ein internationaler Logistikkonzern. Die Dinge haben sich verändert unddamit lassen sich auch nicht mehr alle Beschäftigen über einen Kamm scheren. Im Übrigenschützt Art. 9 Grundgesetz das Recht, Gewerkschaften zu bilden, Tarifverträge abzuschließenund dafür zu streiken, für „alle Berufe“, also auch für die Lokführer, Zugbegleiterund Gastronomiebeschäftigte. Um die Interessen des Fahrpersonals wirkungsvollvertreten zu können, muss die GDL beispielsweise eigenständig entscheiden können, obein l<strong>auf</strong>ender Tarifvertrag gekündigt wird oder nicht.Dem Bahnvorstand kann nicht zugemutet werden, separate Verhandlungen miteiner kleinen Gewerkschaft wie der GDL zu führen. Der Vorstand möchte verständlicherweisemit einer Tarifgemeinschaft oder mit einer großen Hausgewerkschaftverhandeln.Dass der Bahnvorstand lieber mit der Transnet verhandelt, mag aus mehr oder wenigerbekannten Gründen so sein, ist aber rechtlich und politisch völlig irrelevant. Es gehört zuden unbestrittenen Errungenschaften der demokratischen Gesellschaften, dass sich einArbeitergeber nicht eine Gewerkschaft, die er „gut“ findet, als Verhandlungspartner aussuchenkann. Von wem sich die Angehörigen des Fahrpersonals vertreten lassen, entscheidensie über ihre Organisationszugehörigkeit selbst. Was passiert, wenn Arbeitgeberund Hausgewerkschaft eine besondere Nähe zueinander entwickeln, durfte zuletztbei Volkswagen und Siemens besichtigt werden.Streiks der GDL sind völlig unverhältnismäßig, die Allgemeinheit wird geschädigtund die Fahrgäste in Geiselhaft genommen.Ein Streik ist kein Werfen mit Wattebällchen, sondern ein Druckmittel. Auch und geradediese Funktion des Streiks ist verfassungsrechtlich geschützt. Dass bei einem Dienstleistungsunternehmenauch Kunden und Dritte von den Streikfolgen getroffen werden, istnicht der Zweck eines Streiks, aber unvermeidlich. Wenn Müllwerker streiken, sind auchDritte, ist auch die Allgemeinheit betroffen. Das trifft auch bei Bahnstreiks zu, aber einnationaler Notstand bricht wahrlich nicht aus.Die GDL hält sich nicht an das Moderations-Ergebnis, das Professor Kurt Biedenkopfund Heiner Geißler vorgelegt haben. Die GDL hat die dort vereinbarteKooperation mit den anderen Gewerkschaften verweigert.Die GDL hat sich lediglich geweigert, vorab eine Kooperationsvereinbarung mit Transnet/GDBAzu schließen und dazu war sie auch nicht verpflichtet. Biedenkopf und Geißlerhaben wörtlich bestätigt:„1. Die in einem eigenständigen Tarifvertrag zwischen Bahn und GDL zu regelnde Materieumfasst nach Ziff. 1 des Gesprächsergebnisses neben Arbeitszeitregelungen das Entgelt5


einschließlich Entgeltstruktur. Das ergibt sich neben dem Inhalt unserer intensiven Erörterungendieses Punktes auch aus der Formulierung „Entgeltstruktur im Übrigen“ in Ziff. 1 letzter Satz.2. Für die jetzt l<strong>auf</strong>enden Tarifverhandlungen zu Entgelt und Arbeitszeitregelungen bedarf eskeines zeitgleichen Abschlusses der Vereinbarungen zwischen den beiden GewerkschaftenGDL und TG und oder beiden Gewerkschaften und der Bahn. Die sonstigen, gemeinsamenRegelungen (in unseren Gesprächen als 80 Prozent der Normen bezeichnet), werden in den Tarifvertragmit der GDL <strong>auf</strong>genommen. Zwischen beiden Gewerkschaften müsste dann ein Konsultationsverfahrenvereinbart werden, welches sicherstellt, dass das in Ziff. 2 bezeichnete Zielerreicht werden kann.“3. Der in Ziff. 2 verwendete Begriff „Ergebnis“ ist nicht gleichbedeutend mit „Tarifvertragswerk“.Die Konflikt- und Widerspruchsfreiheit ist auch gewährleistet, wenn sie durch zweiselbstständige Tarifverträge und die Kooperationsvereinbarung gewährleistet ist.“(schriftliches Statement der Moderatoren Biedenkopf und Geißler vom 20.9.07, Hervorhebung nurhier)Auch das Arbeitsgericht Chemnitz hat die bewusst falsche Auslegung des Moderationsergebnissesdurch die DB AG bestätigt:„Auch wenn die Verfügungsklägerseite (= DB AG) unter Hinweis <strong>auf</strong> den weiteren Wortlaut der Erklärungdas gleichfalls formulierte Ziel betont, ein konflikt- und widerspruchsfreies Ergebnis zu erhalten, so kannhierin nicht die Bestätigung dafür gesehen werden, dass aus Sicht der Arbeitgeberseite die Tarifeinheit inden Unternehmen des DB-Konzerns gewahrt bleiben sollte. Das in Ziffer 2 der Erklärung angestrebte Zieldes konflikt- und widerspruchsfreien Ergebnisses bezieht sich <strong>auf</strong> die inhaltliche Bewertung des Ergebnisses,während Ziffer 1 ausdrücklich die Form eines eigenständigen Tarifvertrages benennt.“ (Urteil vom5.10.2007, S.25)Es steht also fest: nicht die GDL, sondern die Bahn und die Konkurrenzgewerkschaftenhaben das Moderationsergebnis missachtet. Es sieht einen eigenständigen Tarifvertragfür die GDL vor und dieser muss nicht wortgleich mit dem Tarifvertrag der Transnet sein,sondern lediglich in den Ergebnissen konflikt- und widerspruchsfrei.Ob eigener Tarifvertrag oder eigenständiger Tarifvertrag ist egal, das ist bloßeWortklauberei.Falsch: einen eigenen Tarifvertrag hat die GDL schon seit Jahrzehnten. Er war aber stetswortgleich mit den Tarifverträgen der Transnet und wurde in Tarifgemeinschaft ausgehandelt.Die GDL konnte ihn nicht eigenständig kündigen und eigenständig neu verhandeln.Spezifische Verbesserungen für das Fahrpersonal sind deshalb mit einem bloß „eigenen“Tarifvertrag nicht möglich. Die GDL besteht als unverzichtbare Forderung deshalb<strong>auf</strong> einem „eigenständigen“ Tarifvertrag, wie er im Moderatorenergebnis zugesichertwurde.Der GDL geht es nur um Macht und Einfluss im Bahnkonzern.Nein, in erster Linie geht es um Verbesserungen für das Fahrpersonal angesichts derspezifischen Belastungen dieser Berufsgruppe. Vorstand und Transnet-Führung teilensich die Macht im Unternehmen, die GDBA wird als Anhängsel der Transnet geduldet.Hartmut <strong>Mehdorn</strong> ist der große Bahnboss, Norbert Hansen der große Gewerkschaftsboss– jeder hilft dem anderen, seine Position abzusichern. Die Transnet besetzt diewichtigen Aufsichtsrats- und Betriebsratsposten. Tarifverhandlungen zwischen Bahn undTransnet gleichen regelmäßig einem inszenierten Theater. Für die Unterstützung Hansensbeim Börsengang bedankte sich <strong>Mehdorn</strong> im Sommer diesen Jahres mit einempassgenauen Tarifabschluss zum Gewerkschaftstag der Transnet.Bahnvorstand und Transnet wollen die GDL in die Knie zwingen, um sich weiter ungestörtMacht und Einfluss zu teilen – ein Geschäft <strong>auf</strong> Gegenseitigkeit. Der DB-Vorstand6


aucht die Transnet, um seine Vorstellungen vom Bahnbörsengang gegenüber demBund durchzudrücken. Norbert Hansen unterstützt den <strong>Mehdorn</strong>schen Weg der Privatisierung– gegen die Interessen der Beschäftigten – aus purem Eigeninteresse derTransnet: um als Hausgewerkschaft überleben zu können. Beim Verlust dieses geschütztenStatus fürchtet Transnet nicht nur die Konkurrenz der GDL, sondern auch dievon Verdi und IG Metall. Norbert Hansen hat sich völlig verrannt. Er hat nicht nur gegenden DGB-Beschluss zur Bahnprivatisierung, sondern zuletzt auch als einziger in der Arbeitsgruppedes SPD-Parteivorstands gegen das Volksaktienmodell gestimmt. Hartmut<strong>Mehdorn</strong> kann sich <strong>auf</strong> ihn offensichtlich verlassen.Die Forderung der GDL nach einem Eingreifen der Bundesregierung bedeuteteine Gefährdung der Tarifautonomie in Deutschland.Die GDL ruft nicht nach „der Politik“, sondern nach dem Eigentümer der DB. Der Eigentümerkann nicht dulden, dass der Bahnvorstand die GDL zum Schaden der Bahnkundenin den Streik zwingt.7

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!