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Unter die Räuber gefallen - DKP

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2 Freitag, 5. April 2013 Kommentar / Wirtschaft und Sozialesunsere zeitKolumne von Manfred DietenbergerArbeitskosten ein Drittelüber EU-Schnitt – na und?„Arbeitskosten in Deutschland 2012um 32 % höher als im EU-Durchschnitt“meldete das StatistischeBundesamt und lieferte eine MengeZahlen. So auch, dass <strong>die</strong> in Deutschlandtätigen <strong>Unter</strong>nehmen 2012 rund31 Euro je Arbeitsstunde für Löhneund Lohnnebenkosten ausgebenmussten. Es ist sicher alles andereals Zufall, wenn gerade jetzt, während<strong>die</strong> Tarifverhandlungen im Tarifbereichder IG Metall, ver.di usw.laufen und gleichzeitig immer öfterund lauter <strong>die</strong> Exportlastigkeit derdeutschen Wirtschaft für den Niedergangder südeuropäischen Krisenländermitverantwortlich gemacht wird,das Statistische Bundesamt <strong>die</strong>seMeldung in den Blätterwald ruft.Und alle vom Kapital ausgehaltenenMe<strong>die</strong>n übernehmen <strong>die</strong> Schlagzeileund melden: Die Arbeitgeber in derdeutschen Privatwirtschaft bezahltenim Jahr 2012 durchschnittlich 31Euro (In der Industrie 35,20 Euro)für eine geleistete Arbeitsstunde.Das deutsche Arbeitskostenniveauliege damit innerhalb der EU aufRang acht.Im Vergleich zum NachbarlandFrankreich beispielsweise waren es11 % weniger. Schweden hatte mit41,90 Euro <strong>die</strong> höchsten, Bulgarienmit 3,70 Euro <strong>die</strong> niedrigsten Arbeitskostenje geleistete Stunde. Wassoll damit erreicht werden? Man willuns damit Angst machen, <strong>die</strong> deutscheWirtschaft sei dabei ihre Wettbewerbsfähigkeitzu verlieren. „DieStandortfrage kehrt zurück“, jammertund wehklagt z. B. Anton Börner,Präsident des Groß- und AußenhandelsverbandesBGA. In Wahrheitsagen uns <strong>die</strong> Zahlen des StatistischenBundesamtes etwas ganz anderes.Trotzdem <strong>die</strong> Arbeitskosten inder deutschen Privatwirtschaft 2012um 2,8 Prozent angestiegen sind, unddadurch um gerade mal 0,7 Prozentmehr als im EU-Durchschnitt, ist<strong>die</strong> Bundesrepublik gegenüber 2011vom siebten sogar auf den achtenRang unter den EU-Ländern zurück<strong>gefallen</strong>.Neben Schweden, Belgien,Dänemark, Frankreich, Luxemburgund den Niederlanden wies im vergangenenJahr auch Finnland höhereArbeitskosten auf.Die Arbeitskosten haben aber nichtdirekt etwas mit den tatsächlichenLöhnen zu tun. So waren zum Beispielim Jahr 2009 <strong>die</strong> durch <strong>die</strong> Krisenicht ausgelasteten Kapazitäten undder Rückgang der geleisteten Arbeitsstunden(Abbau von Arbeitszeitkonten,Kurzarbeit) in Deutschlandmit Ursache für den Anstieg derArbeitskosten je geleisteter Stunde.Im Vergleich der Arbeitskosten fürdas Verarbeitende Gewerbe liegtDeutschland weiterhin auf dem fünftenPlatz. Das heißt <strong>die</strong> <strong>Unter</strong>nehmenhaben zwar im Verhältnis zum Kapitaleinsatzhöhere Arbeitskosten, aberdamit haben <strong>die</strong> einzelnen Beschäftigtennoch lange nicht höhere Löhne,gemessen am Produktivitätsfortschritt.In den letzten zwanzig Jahrenwurde in den Tarifrunden der Verteilungsspielraumnie ausgeschöpft.Über den gesamten Zeitraum gesehenblieben <strong>die</strong> Arbeitskosten sogarum fast 15 Prozent hinter der Produktivitätzurück und nicht zuletzt damiterklärt sich denn auch zum Teil <strong>die</strong>gigantische Umverteilung der Einkommenzugunsten der <strong>Unter</strong>nehmensbesitzer.Wenn das StatistischeBundesamt <strong>die</strong> Arbeitskosten als sowichtig darstellt, hat das Methode.Damit wird quasi neue, regierungsamtlichabgesegnete Munition für <strong>die</strong>Propaganda von den „viel zu hohenLohnkosten“ geliefert. Über <strong>die</strong> Konkurrenzfähigkeitsagen <strong>die</strong> Arbeitskostenaber nicht sonderlich viel aus.Die Arbeitskosten setzen sich ausBruttover<strong>die</strong>nsten und den angeblichen„Lohnnebenkosten“ zusammen.In Wirklichkeit sind <strong>die</strong>se „Lohnnebenkosten“nichts anderes als vorenthaltenerLohn, der in jeder Tarifrundeden ArbeiterInnen und ihrenGewerkschaften zur Begründung desniedrigen Abschlusses unter <strong>die</strong> Nasegehalten wird. „Lohnnebenkosten“,ist der vorenthaltene Lohn, den der<strong>Unter</strong>nehmer zu den Sozialbeiträgender Beschäftigen zuzahlen muss – vorallem zu den gesetzlichen Beiträgenzur Sozialversicherung sowie <strong>die</strong> Aufwendungenfür <strong>die</strong> betriebliche Altersversorgungund für <strong>die</strong> Lohn- undGehaltsfortzahlungen im Krankheitsfall.2012 zahlten <strong>die</strong> Arbeitgeber auf100 Euro Bruttover<strong>die</strong>nst zusätzlich27 Euro Lohnnebenkosten. Im EU-Schnitt waren es 32 Euro. Im EU-Listinglag Deutschland mit Rang 16 damitim Mittelfeld. In Schweden wurdenauf 100 Euro Lohn mit 51 Euround Frankreich 50 Euro <strong>die</strong> höchsten,in Malta aber mit10 Euro <strong>die</strong> niedrigstenLohnnebenkosten gezahlt.Viel entscheidender sind aber <strong>die</strong>Lohnstückkosten (Lohnkosten imVerhältnis zur Arbeitsproduktivität.)Doch das passt nicht zur Lügenpropagandain den Me<strong>die</strong>n. Die Entwicklungdes Lohns und der Lohnstückkostenlief in den letzten 20Jahren weit auseinander. Vergleichtman nur <strong>die</strong> Arbeitskosten je Stundeder verschiedenen EU-Länder, vergleichtman eigentlich Birnen mitÄpfeln. Denn <strong>die</strong> alleinige Betrachtungvon Arbeitskosten in Bezug aufabsolute Kosten ist genauso danebenwie der Vergleich der <strong>Unter</strong>haltskostenfür einen Eselskarren und einenSattelzug. Setzt man <strong>die</strong> hierzulandegezahlten Löhne und Gehälterin Deutschland in Relation zu denständig steigenden Lebenshaltungskosen,ist <strong>die</strong> Arbeit in Deutschlandnoch immer viel zu billig.Übrigens: In der Schweiz wird geradeversucht, eine Abstimmungsinitiativezum Thema „Für den Schutz fairerLöhne“ zu starten. Hier geht es um einenMindestlohn von 22 Franken (ca.18,30 Euro) Und da wird hierzulandemit dem Vergleich z. B. mit Rumänien,Bulgarien, Lettland, Portugal, Ungarnusw. bewusst der Eindruck erzeugt,<strong>die</strong> Löhne wären mit rund 31Euro im EU-Durchschnitt zu hoch.Keine Demo ohne UZAm 13. April findet in zahlreichen Städten der dezentrale Aktionstag „UMfairTEILEN – Reichtumbesteuern“ statt. Damit möglichst viele UZ verkauft werden können, bieten wir <strong>die</strong>Zeitung zu besonders günstigen Bezugspreisen an.10 UZ 10,00 Euro, 20 UZ 20,00 Euro, 50 UZ 25,00 Euro, 100 UZ 30,00 Euro,200 UZ 40,00 EuroAlle Preise inklusive Versandkosten! Auch andere Liefermengen möglich. Bestellungen bittebis spätestens Montag, 8. April an Gustl Ballin, ballin@odn.de.Für <strong>die</strong> Aktionstage UMfairTEILEN steht den Parteigruppen neben der UZ abMontag, dem 7. April, auch ein Flugblatt des Parteivorstandes (Kopiervorlage)zum Download auf www.dkp.de zur Verfügung.Endlich Reichtum stärker besteuern<strong>DKP</strong>-Parteivorstand unterstützt den Aufruf des Bündnisses UmfairteilenBis zur Bundestagswahl im Septembersammelt das Bündnis Umfairteilen<strong>Unter</strong>schriften unter ihremAufruf „Umfairteilen – Reichtum besteuern“.Über 22 000 <strong>Unter</strong>schriftenliegen mittlerweile vor, <strong>die</strong> zur Bundestagswahlim September noch vorder Wahl zu einem passenden Anlassöffentlichkeitswirksam den Parteiführungenübergeben werden sollen, umnach dem Wahltermin damitDruck in der Zeit derKoalitionsverhandlungenzu machen. Damit soll <strong>die</strong>Debatte weiter in <strong>die</strong> Breitegetragen und der politischeDruck erhöht werden. KeineBundesregierung, egalwelcher Couleur, soll sichan der Umfairteilung vorbeimogelnkönnen. (sieheauch www.umfairteilen.de/start/home/)In dem Aufruf „HöchsteZeit zum Umfairteilen!“heißt es unter anderem:„In den letzten Jahren haben<strong>die</strong> Regierenden mitSteuersenkungen und Bankenrettungmassiv von untennach oben umverteilt.Wir wollen nicht, dass <strong>die</strong>Schere zwischen Arm undReich immer weiter auseinandergehtund öffentlicheund soziale Leistungenweiter verschlechtert werden.Es gibt eine Alternative:Umfairteilen! Jetzt mussendlich übergroßer Reichtumstärker besteuert werden!Wir fordern:„Wir sagen NEIN zu einem Europa derBanken und Konzerne!“Blockupy Frankfurt ruft zu Protesten und Widerstand gegen <strong>die</strong> neoliberale Kürzungspolitik in Europa aufDie Blockupy-Bewegung ruft dazu auf,sich an den geplanten Krisenprotestenam 31. Mai und 1. Juni 2013 in Deutschlandzu beteiligen. Der Parteivorstandder <strong>DKP</strong> hat <strong>die</strong> <strong>Unter</strong>stützung derVorbereitung und Durchführung derProteste in Frankfurt am Main auf seinerletzten Sitzung beschlossen, sowie<strong>die</strong> <strong>Unter</strong>zeichnung des zentralen Aufrufsder Initiative. Alle Gruppen undMitglieder der <strong>DKP</strong> sind aufgerufen,„sich an den örtlichen Vorbereitungsbündnissen,<strong>die</strong> zu einer gemeinsamenH eine dauerhafte Vermögensteuerund eine einmalige Vermögensabgabe– möglichst europaweit koordiniert;H einen konsequenten Kampf gegenSteuerbetrug und Steueroasen, auchauf internationaler Ebene.Wir brauchen Geld für Investitionenin mehr Bildung und Soziales, Pflegeund Gesundheit, in bessere öffentlicheInfrastruktur, sozialen WohnungsbauFahrt nach Frankfurt mobilisieren, zubeteiligen und selbst als <strong>DKP</strong> sichtbarvor Ort und während der Aktionen inFrankfurt/Main teilzunehmen“.In Vorbereitungen auf <strong>die</strong> Aktion habenGewerkschafterinnen und Gewerkschafteraus Stuttgart einen Aufrufverfasst, in dem es unter anderemheißt:„Die sogenannte ‚Euro-Krise‘ wirdvon den wirtschaftlichen und politischenEliten dazu genutzt, um eineneue Welle des neoliberalen Umbausvoranzutreiben. In vielen Ländern Europasfinden Massenentlassungen imöffentlichen Dienst statt. Das Renteneintrittsalterwird heraufgesetzt, <strong>die</strong>Arbeitslosenversicherung beschnittenund öffentliches Eigentum weiterprivatisiert. Mindestlöhne werdengesenkt, Tarifverträge und der Kündigungsschutzausgehebelt. In Griechenlandwurden der Kündigungsschutzund <strong>die</strong> Tarifverträge praktischaufgehoben, <strong>die</strong> Löhne sollen so langesinken, bis <strong>die</strong> ‚Wettbewerbsfähigkeit‘der <strong>Unter</strong>nehmen wieder hergestelltist. Das Gesundheitssystem wurde kaputtgespart.Die neoliberale Kürzungspolitik in Europawill <strong>die</strong> Krise durch Verarmungin Südeuropa und eine neue Welle vonFoto: DeymannLohn- und Sozialdumpings in der gesamtenEU überwinden. Die deutscheAgenda 2010 wird dabei zum ‚Vorbild‘(Merkel) für <strong>die</strong> Durchsetzungvon Lohnsenkungen, Sozialabbau undPrivatisierungen in ganz Europa erklärt.Das schwächt auch unsere Rechteals Beschäftigte, als aktive Gewerkschafterinnenund Gewerkschafter inDeutschland! Über Kostensenkungenin den Betrieben, Schuldenbremsenund absehbare Kürzungspolitik wirdder Druck auf <strong>die</strong> Löhne, Arbeitsbedingungenund <strong>die</strong> öffentliche Daseinsvorsorgeauch hierzulande erhöht.Wir wissen schon lange, dass <strong>die</strong> ‚Rettungspakete‘nur <strong>die</strong> Gläubiger rettenund nicht <strong>die</strong> Bevölkerungen der südeuropäischenLänder. Wir wissen, dassund <strong>die</strong> Energiewende. Wir brauchenfinanzielle Spielräume für den Schuldenabbauund internationale Armutsbekämpfung.Und es geht um gelebteSolidarität in unserer Gesellschaft.“<strong>Unter</strong>stützung „Umfairteilen“Der Parteivorstand der <strong>DKP</strong> hat aufseiner ersten Sitzung <strong>die</strong> <strong>Unter</strong>stützungder dezentralen Aktionen „Umfairteilen“am 13. April 2013beschlossen und den zentralenAufruf der Initiative unterzeichnet.In dem Beschluss heißt es:„Der Parteivorstand ruftalle Gruppen und Mitgliederder <strong>DKP</strong> auf, sich aktivan der Planung, Vorbereitungund Durchführungder Aktivitäten regionalerBündnisse zu beteiligen.Begründung: In der gemeinsamenEntwicklung von Alternativengegen den Sozialabbau,in der gemeinsamenAktion und den dort möglichenund in Veranstaltungenzu führenden Diskussionenum alternative GesellschaftsmodellekönnenKommunistInnen der <strong>DKP</strong><strong>die</strong> Arbeiterklasse und <strong>die</strong>Menschen ansprechen undüberzeugend für eine anderePolitik wirken. Dabei sindbreitest mögliche Bündnisse– auch für punktuelleForderungen – zu unterstützen.Weitere Informationen:http://umfairteilen.de/start/mitmachen/<strong>die</strong> Gelder aus dem ESM nur dazu<strong>die</strong>nen, <strong>die</strong> Zahlungsfähigkeit für <strong>die</strong>Staatsschulden zu erhalten, <strong>die</strong> Machtder Vermögensbesitzer auf den Finanzmärktenwird nicht in Frage gestellt!Wir wissen auch, dass wirtschaftspolitischkeine nennenswerten Kursänderungenstattgefunden haben und<strong>die</strong> Vermögen einiger Weniger weiterwachsen, während sich Lebensbedingungenfür Millionen verschlechternund sich <strong>die</strong> öffentlichen Haushaltemassiv verschulden.Damit sich das ändert, streiken unddemonstrieren <strong>die</strong> Menschen in Europa.Damit sich das ändert, schaffensie Räume auf Plätzen, in Betrieben,in Gewerkschaftshäusern und an Universitätenund diskutieren über Alternativen.Sie leben praktische inklusiveSolidarität und suchen an vielen Ortenaktiv nach einer gemeinsamen, solidarischenPerspektive für Alle! Das brauchenwir, um den neoliberalen Durchmarschzu stoppen und Alternativen zuentwickeln! Ihnen gilt unsere praktischeSolidarität!Unsere Solidarität gilt auch den Beschäftigtenim Handel, wo <strong>die</strong> Arbeitgeberalle Tarifverträge gekündigthaben und sich für massiveVerschlechterung der Arbeits- undEntlohnungsbedingungen einsetzen.Sie gilt den Millionen von Leih- undWanderarbeitern, <strong>die</strong> grenzüberschreitendbeispielsweise in Billigjobs beiAmazon und im gesamten europäischenNiedriglohnsektor für ihr Überlebenkämpfen. (…)Wir sagen NEIN zur Krisenpolitikder Bundesregierung und der Troika!Wir sagen NEIN zu einem Europa derBanken und Konzerne! Wir rufen dazuauf, sich an den geplanten Krisenprotestenin Deutschland zu beteiligen:Kommt zahlreich zu Blockupy Frankfurtam 31. Mai und 1. Juni 2013!“Dieser Gewerkschaftsaufruf für Blockupywurde auf der Konferenz „Erneuerung durchStreik“ der Rosa Luxemburg Stiftung undver.di Stuttgart verabschiedet


unsere zeitWirtschaft und SozialesFreitag, 5. April 2013 3Revier ohne Zukunft?Opel-Bochum: Belegschaft kämpft gegen <strong>die</strong> Schließung des Werkes – Katastrophale Folgen für <strong>die</strong> Region befürchtetFoto:IGM Bochum-Herne, Thomas RangeDie Arbeitslosenquote in Bochumklettert weiter“, so titeln <strong>die</strong> RuhrNachrichten vom 28. 3. 2013. „Sieist so hoch wie seit 2008 nicht mehr. ImMärz waren deutlich mehr als 19 000Menschen arbeitslos gemeldet.“ Aberdas Zahlenwerk der Arbeitsagenturenist nicht so leicht zu interpretieren undso wird auch in jenem Artikel <strong>die</strong> Arbeitslosenquoteder Hauptagentur Bochumdargestellt.Im März 2013 ist nämlich <strong>die</strong> offizielleArbeitslosenzahl im Bereich derArbeitsagentur Bochum – also ausschließlichBochum um 516 auf 30 228Arbeitslose gestiegen! (11,6 %) DerAnteil der 15 bis 25-Jährigen liegt offiziellbei 8,9 %. 23 490 Menschen werdendem SGB II zugerechnet (HartzIV) Die Zahl der Arbeitsuchendenin Bochum wird insgesamt mit 45 278Menschen ausgewiesen. Hinzurechnenmuss man <strong>die</strong> sogenannten „<strong>Unter</strong>beschäftigten“.<strong>Unter</strong>beschäftigt (ohneKurzarbeit) waren 37 486 Menschen.„In der <strong>Unter</strong>beschäftigung werdenzusätzlich zu den registrierten Arbeitslosenauch <strong>die</strong> Personen abgebildet, <strong>die</strong>nicht als arbeitslos gelten, weil sie Teilnehmereiner Maßnahme der Arbeitspolitikoder in einem arbeitsmarktbedingtenSonderstatus sind.“ (Agenturfür Arbeit Bochum) Auch <strong>die</strong> Aussichtenfür junge Menschen werden immerbedrückender. Ende März waren2 007 Bewerber/Bewerberinnen um einenAusbildungsplatz unversorgt, demstanden 1 388 unbesetzte Berufsausbildungsstellengegenüber.Die Hochschule Aachen hat im Auftragder NRW-Landesregierung ermittelt,dass in NRW 45 000 Arbeitsplätzebei Zulieferern und Dienstleistern indirekter Abhängigkeit zum BochumerOpel Werk stehen. Aktuell arbeiten138 Zulieferer in NRW für Opel Bochum.Im Werk gibt es (Stand Januar2 013) 3 400 Beschäftigte. 600 Mitarbeiter/innenim Bochumer Werk arbeitenin sogenannten „Joint Ventures“. 1000 Mitarbeiter werden über Vertragsfirmeneingesetzt. In der Stadt Bochumsind rund 10 000 Menschen als Dienstleisterund Gewerbetreibende vomOpel Werk und der dort Beschäftigtenabhängig.Die Schließung des Opelwerkes Ende2014 hätte katastrophale Auswirkungennicht nur in Bochum, sondern auf<strong>die</strong> gesamte Region. 45 % der Opelbeschäftigtenleben in Bochum. 250 Mitarbeiterleben in Gelsenkirchen. Über45 000 Menschen in Gelsenkirchensind offiziell von Hartz IV abhängig.Fällt das Opelwerk in Bochum, fälltder Automobilzulieferer TRW in eben<strong>die</strong>ser Stadt. Über 600 Arbeitsplätzestehen hier auf dem Spiel.Einige Tage nach der SolidaritätsveranstaltungAnfang März 2013 in Bochumhat <strong>die</strong> Bochumer Belegschaftden sogenannten Sanierungsplan oderMasterplan abgelehnt. Über Jahre hat<strong>die</strong> Bochumer Belegschaft Zugeständnissemachen müssen. Mehr gearbeitet,auf Lohn und Gehalt verzichtet. Trotzdemwurden in den letzten Jahren zigtausendArbeitsplätze abgebaut. DieGM-Aktionäre durften sich derweil<strong>die</strong> Hände reiben. Laut Me<strong>die</strong>nberichtenerzielte GM 2011 einen Nettogewinnvon knapp 8 Mrd. Dollar. 2012waren es noch 4,9 Mrd. Dollar.Die Solidarität aller Menschen in <strong>die</strong>serRegion und an allen anderen OpelProduktionsstandorten in Deutschlandist nun dringend erforderlich. Esist <strong>die</strong> zwingende Aufgabe und Pflichtder Führung der IG Metall, dass gegeneinanderAusspielen der Opel Produktionsstättenund ihrer Mitarbeiter zuverhindern. Die Spaltung der Belegschaftenkann hingegen nur eines Bewirken:Das Aus sämtlicher Opelstandortein Deutschland und Europa – vielleichtschon 2016.Schon 1986 schrieb der damalige Bezirksvorsitzendeder <strong>DKP</strong> Ruhr-Westfalenund langjährige Fraktionsvorsitzendeder <strong>DKP</strong>-Ratsfraktion inBottrop, unser unvergessener HeinzCzymek, in einem Vorwort zum Ruhrgebietsprogramm„Das Revier hatZukunft“ der <strong>DKP</strong> Ruhr-Westfalen:„Kein normaler Kapitalist wird auchnur im Traum daran denken, im Ruhrgebietzu investieren, wenn er mit seinemKapital auf den internationalenFür den Erhalt der Arbeitsplätze demonstriert der Betriebsratsvorsitzende vonOpel-Bochum, Rainer Einenkel, gemeinsam mit 30 000 Menschen auf demSolidaritätsfest mit der Opelbelegschaft.Finanzmärkten doppelten oder dreifachenProfit erzielen kann.Die Kernfrage ist mithin, wer über Investitionenentscheidet, ob Investitionenallein nach Profitgesichtspunktenerfolgen, oder ob sie den Bedürfnissender arbeitenden Menschen entsprechen.Wir Kommunistinnen undKommunisten kämpfen für eine Wendezu demokratischem und sozialenFortschritt. Wir wollen <strong>die</strong> Macht derGroßkonzerne und Großbanken einschränkenund schließlich überwinden.Das ist eine wesentliche Voraussetzungdafür, dass <strong>die</strong> zukünftige wirtschaftlicheund soziale Entwicklung an Rheinund Ruhr an den Interessen des werktätigenVolkes ausgerichtet werdenkann“ (Zitat Ende).In dem Solidaritätsschreiben der <strong>DKP</strong>Gelsenkirchen an den Betriebsrat vonOpel Bochum wird in <strong>die</strong>sem Zusammenhangunter anderem hervorgehoben:„Anfang März <strong>die</strong>ses Jahres haben wirgemeinsam mit rund 30 000 Menschenin Bochum unsere Solidarität mit derOpelbelegschaft bekundet.Euer Entschluss, den sogenannten „Sanierungsplan“abzulehnen, ver<strong>die</strong>nt allergrößtenRespekt und unsere Hochachtung.(…) Eure Entscheidung amletzten Donnerstag den Sanierungsplänenvon GM nicht zuzustimmen, ist eindeutliches Nein dazu, dem Verlust vonmindestens 3 000 Arbeitsplätzen beiOpel Bochum und vielen tausend Arbeitsplätzenin <strong>die</strong>ser Region tatenloszuzusehen.Leider ist es GM gelungen, zunächstin Europa, dann in Deutschland, <strong>die</strong>jeweiligen Produktionsstandorte undihre Belegschaften gegeneinander auszuspielen.(…)Diese Vorgehensweise ist eine Schandeund ein Skandal. Nokia lässt grüßen:Auch hier wurden vage Versprechungengemacht neue Arbeitsplätzezu schaffen. Diese Versprechen seitensder Politik konnten nicht eingehaltenwerden.Dabei geht es nicht nur um Euch. Esgeht auch um Eure Kinder und umPerspektiven für <strong>die</strong> ganze Region.Wieder werden Ausbildungsplätzewegfallen. Es gibt kaum noch eine beruflicheZukunft für junge Menschenim Ruhrgebiet. (…)Es wird Zeit über Alternativen in unseremLand nachzudenken. Alternativen,<strong>die</strong> das Wohl des Menschen und nichtirgendwelche dubiosen Aktionäre undihre Profitgier in den Mittelpunkt stellen.Es geht um uns und unsere Kinder. Esgeht um unsere Zukunft.Die Mitglieder der <strong>DKP</strong> KreisorganisationGelsenkirchen erklären sich mitEuch und Eurem Handeln solidarisch.Wir stehen an Eurer Seite. Mit solidarischenGrüßen <strong>DKP</strong> Gelsenkirchen“. D. B.Hungerlöhnebei LegolandKein Tarifvertrag,Dumpinglohn und DruckDen Saisonstart des Freizeitparks Legolandin Günzburg begleitete <strong>die</strong>Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten(NGG) mit einer Kundgebungunter dem Motto „Betriebsräte schützen– Tarifverträge erkämpfen.“ DerVorsitzende der NGG, Franz-JosefMöllenberg, forderte dabei ein grundsätzlichesUmdenken der Geschäftsführungdes Parks:„Legoland ist zum kinderfreundlichstenPark in Deutschland gewählt worden.Vor allem deshalb, weil <strong>die</strong> dortbeschäftigten Menschen tolle Arbeitleisten. Und das, obwohl Legoland eineWahl zur Mitarbeiterfreundlichkeithaushoch verlieren würde. Die Geschäftsleitungweigert sich kategorisch,über einen Tarifvertrag zu verhandeln.Menschen werden hier mit Dumpinglöhnenunter 8,50 Euro <strong>die</strong> Stundeabgespeist und der demokratisch gewählteVertreter der Beschäftigten, derBetriebsratsvorsitzende, massiv unterDruck gesetzt. Er soll sogar entlassenwerden. Solche Nachrichten verderbenden Gästen <strong>die</strong> Laune, das wird <strong>die</strong> Geschäftsführungfrüher oder später auchan den Einnahmen merken. Niemandamüsiert sich gerne, wo andere untersolchen Bedingungen schuften.“Es sei absurd, dass <strong>die</strong> Menschen, <strong>die</strong>hart arbeiten, um anderen eine schöneZeit zu ermöglichen, selber nichtin der Lage seien, den Eintritt für sichund ihre Kinder zu bezahlen. „Auf derHomepage von Legoland werden offeneStellen angeboten, das Einstiegsgehaltliegt bei acht Euro. Legoland wirbtmit Löhnen, von denen man nicht lebenkann“, so Möllenberg weiter. Legolandmüsse grundlegend umdenken.Mit ihrer Forderung nach einem Tarifvertragwürden <strong>die</strong> Beschäftigten lediglichverlangen, was andernorts völlignormal sei. Ein Tarifvertrag böte einMindestmaß an Sicherheit und Schutz,den man niemandem verweigern dürfe.„Der Kampf für einen Tarifvertragund ordentliche Löhne lohnt sich undist völlig berechtigt – sollte Legolandnicht einlenken, werden wir gemeinsamweitere Schritte einleiten.“ Demvon der Kündigung bedrohten Betriebsratwerde man weiter zur Seitestehen und ihn nach Kräften unterstützen.„Gegen <strong>die</strong> transnationalen Konzerne und ihr Finanzsystem“11. Weltsozialforum: Gemeinsam kämpfen <strong>die</strong> Völker gegen <strong>die</strong> Vorherrschaft des KapitalsZehntausende marschierten durch <strong>die</strong> Straßen von Tunis, wo vor zwei Jahren Hunderttausende einen Diktator aus demAmt gejagt hatten.Zehntausende marschierten durch<strong>die</strong> Straßen von Tunis, genau dort wovor zwei Jahren Hunderttausendeaufmarschiert waren und einen Diktatoraus dem Amt gejagt hatten: DieAvenue Bourgiba entlang, vorbei andem verhassten Innenministerium,das noch immer von Stacheldrahtrollenbewehrt ist und wo es damals <strong>die</strong>ersten Toten gegeben hatte. Für einigeStunden scheint der aufrührerischeGeist des „arabischen Frühlings“ auchin <strong>die</strong>sem bunten Demonstrationszugzur Eröffnung des elften Weltsozialforums(WSF) spürbar zu sein. Und erprägt auch das Ergebnis <strong>die</strong>ser großenweltweiten Diskussionsveranstaltung.Das elfte Weltsozialforum hatte imVerlauf der vergangenen Woche mehrals 50 000 Menschen aus 127 Ländernin Tunis versammelt. Mit mehrals 1 000 Seminaren, Foren und Diskussionszirkelnsowie mit einer Vielzahlkultureller Veranstaltungen botdas Programm des WSF in Tunis dasganze Spektrum der Globalisierungskritik.Die Ursachen und Perspektivender revolutionären Entwicklungen inNordafrika nahmen einen besonderenRaum ein. Die Diskussionen um<strong>die</strong> weltweite Krise des neoliberalenSystems machten deutlich, dass physischeArmut nicht länger eine Massenerscheinungnur in den Ländern desSüdens wäre. Die gemeinsame Betroffenheithabe <strong>die</strong> Notwendigkeit des gemeinsamenglobalen Widerstands offenkundiggemacht. Ein weiterer thematischerSchwerpunkt wurde in einerVielzahl von Veranstaltungen zu Problemendes Klima- und Umweltschutzessichtbar. Natürlich haben <strong>die</strong> Gastgeberund der Arabische Frühling dasForum stark geprägt: Auf vielen Veranstaltungenwurde hitzig über Demokratiediskutiert, über Folgen der Kolonialisierung,über Frauenrechte, überWürde und Migration – viele Themen,<strong>die</strong> auf dem Weltsozialforum weitgehendneu waren oder aber nur eine Nebenrollespielten.Von den Veranstaltern wird das WSFin Tunis als außerordentlicher Erfolggewertet. „Dieses globale Treffen inTunis hat nicht nur <strong>die</strong> Überlebensfähigkeitder Sozialforumsidee bestätigtsondern auch eine neue Dynamikdes weltweiten Widerstands gegen<strong>die</strong> dramatische Armutspolitik derHerrschenden sichtbar gemacht. Deraufrührerische Geist des arabischenFrühlings hat auch <strong>die</strong> sozialen Bewegungenim Rest der Welt erreicht“,heißt es in einer Erklärung von AttacDeutschland. Das globalisierungskritischeNetzwerk war mit 37 anderenOrganisationen aus Deutschland miteigenen Aktivitäten auf dem Forumdabei, darunter <strong>die</strong> Gewerkschaft Erziehungund Wissenschaft, <strong>die</strong> evangelischeEntwicklungsorganisation „Brotfür <strong>die</strong> Welt“ aber auch Bildungseinrichtungenwie <strong>die</strong> TU Berlin oder <strong>die</strong>Universität Hildesheim.Die internationale Gewerkschaftsbewegungwar mit rund 40 Organisationeneindrucksvoll vertreten. Ihr Spektrumreichte von den großen italienischen,französischen, britischen undbrasilianischen Dachverbänden CGIL,CGT, TUC und CUT bis zum tunesischenUGTT, einem der Mitorganisatorendes Forums und zahlreichen Gewerkschaftsgruppendes afrikanischenKontinents.In einer Erklärung der „Versammlungder Sozialen Bewegungen“ heißt es:„Gemeinsam kämpfen <strong>die</strong> Völker allerKontinente gegen <strong>die</strong> Vorherrschaftdes Kapitals, <strong>die</strong> sich hinter dem illusorischenVersprechen wirtschaftlichenFortschritts und politischer Stabilitätversteckt.Wir, <strong>die</strong> sozialen Bewegungen kämpfen:H Gegen <strong>die</strong> transnationalen Konzerneund ihr Finanzsystem,H Für Klimagerechtigkeit und Nahrungsmittelsouveränität,H Gegen Gewalt gegen Frauen,H Für Frieden und gegen Krieg, Kolonialismus,Besatzung und Militarisierungunserer Länder.“ Hugo Braun


4 Freitag, 5. April 2013 Innenpolitikunsere zeitZusammenarbeit mit denGewerkschaften gefestigtAuszüge aus Erklärungen zum Abschluss der Ostermärsche 2013„Der Friede ist der Normalfall,denn ohne Frieden ist allesnichts“ (Willy Brandt)Zum Abschluss der Ostermärscheerklärt der Sprecher derInfostelle Ostermarsch, Willivan Ooyen:An den Ostertagen 2013 gingen Tausendefriedensbewegte Menschen unteräußerst widrigen Wetterbedingungenauf <strong>die</strong> Straße. Sie demonstriertenfür <strong>die</strong> Beendigung der Kriege mitfriedlichen Mitteln und orientiert amVölkerrecht. Mit Kriegen sind <strong>die</strong> Problemeder globalisierten Welt nicht zulösen. Ziel der Politik muss sein, heißtes in den Aufrufen, dass <strong>die</strong> Menschenein Leben ohne Armut, Ausbeutungund Verletzung der Menschenrechteführen können.Es muss Schluss sein mit den Kriegen,so van Ooyen, in denen jede Minuteein Mensch durch eine Gewehrkugel,eine Handgranate oder eine Landminegetötet wird; Hunderttausendejährlich, denen das Leben genommenwird.Gegenüber einer Kriegspolitik, <strong>die</strong>weiter auf atomare Aufrüstung undBundeswehreinsätze in aller Welt setztsowie durch Rüstungsexport den Todzum Meister aus Deutschland macht,darf es keine Gewöhnung geben, wieMinister de Maiziere es will. Er sprichtvon einem normalen Verhalten derDeutschen zum Krieg. „Der Friede istder Normalfall, denn ohne Frieden istalles nichts“ (Willy Brandt).Für uns ist es eine Ermutigung, dassnach einer Umfrage der Illustrierten„Stern“ 58 Prozent der Deutschen Ostermärscheauch heutzutage als sinnvollbezeichnen. Die Mehrheit unsererBevölkerung lehnt ohnehin <strong>die</strong>gegenwärtige Rüstungspolitik und <strong>die</strong>Kriegseinsätze ab, was hoffentlich nichtnur bei anstehenden Wahlen Wirkungzeigen wird.Als Provokation wurde <strong>die</strong> Ankündigungeiniger Neonazigruppen zur Teilnahmean den Osteraktionen der Friedensbewegunggewertet. Neonazismusund Friedensbewegung seien nicht inEinklang zu bringen, „Nie wieder Faschismus– Nie wieder Krieg“ wurdeskan<strong>die</strong>rt. Gefordert wurde das Verbotder NPD und weiterer neonazistischerOrganisationen.Wie in jedem Jahr waren <strong>die</strong> Aktionsformender basisorientierten Ostermarschinitiativensehr vielfältig. Weitergefestigt zeigte sich <strong>die</strong> Zusammenarbeitmit den Gewerkschaften. In denörtlichen und regionalen Initiativenarbeiteten wieder Verantwortliche verschiedenerDGB-Gewerkschaften mit.Vorrangig wurde bei den Ostermärschender sofortige Abzug der Bundeswehraus allen Auslandseinsätzenund der Abzug der Patriot-Raketenaus der Türkei gefordert. Anstelle derWaffenexporte soll Rüstungskonversionstehen. Und entsprechende deutscheInitiativen sollen zur Ächtungund Abschaffung von Atomwaffen,Uranmunition und Landminen führen.Die Anschaffung von Drohnen für <strong>die</strong>Bundeswehr, um <strong>die</strong> neue Kriegsführungin aller Welt weiter voranzutreiben,wurde bei den Ostermarschaktionenthematisiert. Eine klare Absagewird der militaristischen Werbung derBundeswehr an Schulen, Hochschulenund Arbeitsagenturen erteilt.Frankfurt am Main, 1. April 2013Zum Abschluss der Ostermärscheverschickt das NetzwerkFriedenskooperative folgendePressemitteilung:Die Ostermärsche bezeichnet dasNetzwerk Friedenskooperative als „lebendigeund absolut notwendige Tradition,<strong>die</strong> dazu beiträgt, <strong>die</strong> grundsätzlicheSkepsis gegenüber Krieg und Militärin unserer Gesellschaft aufrecht zuerhalten“.Natürlich wisse man, dass <strong>die</strong> Zahlennicht mit denen zur Hochzeit der Friedensbewegungund des Kalten Kriegesin den 1980er Jahren vergleichbar seien.Aber <strong>die</strong> Beteiligung sei insgesamtin <strong>die</strong>sem Jahr nicht weiter zurückgegangen,bei einigen der insgesamt 80Aktionen sogar gestiegen.Die Themen würden leider durch <strong>die</strong>„völlig verfehlte Außen- und Sicherheitspolitikder NATO und der Bundesregierung“vorgegeben, in <strong>die</strong>semJahr insbesondere <strong>die</strong> skandalösenRüstungsexporte, der Streit um <strong>die</strong>Anschaffung bewaffneter Drohnen,der Bundeswehreinsatz im Afghanistankrieg,<strong>die</strong> militärische Beteiligungin Mali und an der syrisch-türkischenGrenze, <strong>die</strong> zunehmende Rekrutenwerbungder Bundeswehr an den Schulensowie <strong>die</strong> geplante Modernisierungder noch verbliebenen US-Atombombenin der Eifel.Besorgnis erwecken <strong>die</strong> gegenseitigenKriegsdrohungen auf der koreanischenHalbinsel und <strong>die</strong> Verlegung weitererUS-Tarnkappen-Kampfjets nach Südkorea.„Die USA, Süd- und Nordkoreabegeben sich gleichermaßen ineine rhetorische und militärische Eskalationsspirale.Dieser Wettlauf in <strong>die</strong>Unvernunft kann zu einem Krieg führen,den wahrscheinlich keiner der Beteiligtenwirklich gewollt hat“, erklärtNetzwerk-Geschäftsführer ManfredStenner.Den deutschen Verteidgungsministerde Maizière ermuntert <strong>die</strong> Friedenskooperative,an seinem in der CDUumstrittenen Zeitplan für eine Entscheidungdes Bundestages zur Anschaffungvon Kampfdrohnen festzuhalten.„Dann wäre das Thema nochin <strong>die</strong>ser Legislaturperiode vom Tisch“erwartet Stenner. „Ich kann mir nichtvorstellen, dass Killerdrohnen mittenim Wahlkampf im Bundestag eineMehrheit finden“.Auch nach den Ostermärschen werden<strong>die</strong> deutschen Friedensgruppen Aktionenund Kampagnen gegen <strong>die</strong> deutschenRüstungsexporte fortsetzen. EinVerbot gehöre in das Grundgesetz.Dafür will <strong>die</strong> „Aktion Aufschrei –Waffenhandel stoppen“ bis zur Bundestagswahl<strong>Unter</strong>schriften sammelnund <strong>die</strong> Kandidatinnen und Kandidatenin den Wahlkampfveranstaltungenkonfrontieren.Das Netzwerk Friedenskoooperativehat zusätzlich eine Protestkampagnefür ein sofortiges strenges Rüstungsembargogegen Saudi-Arabiengestartet. „Leopard-Panzer an wahabitischeDespoten, <strong>die</strong> Demokratiebewegungenniederschlagen und vonJemen über Syrien bis Nordafrika <strong>die</strong>dschihadistischen Krieger bewaffnen,das geht ja nun gar nicht“, meint Stenner.Ähnlich wie beim im Desaster mündendenAfghanistankrieg zeige sichauch in Mali bereits <strong>die</strong> absolute Untauglichkeitmilitärischer Interventionfür <strong>die</strong> Bewältigung von Krisen undKonflikten. Auch in Nordmali würden<strong>die</strong> von der Bundeswehr unterstütztenfranzösischen Truppen den dschihadistischenKämpfern wohl eher Auftriebverschaffen, anstatt durch politischenund wirtschaftlichen Ausgleich zu einernachhaltigen Konfliktlösung beitragen,meint das Friedensnetzwerk mit Blickauf <strong>die</strong> neu aufgeflammten Kämpfe inTimbuktu.„Eine alternative Strategie ziviler Konfliktbearbeitungwird von der Bundesregierungsträflich vernachlässigt“, beklagtStenner. Zusammen mit internationalenPartnerorganisationen wie den„Bürgermeister für den Frieden“ wollen<strong>die</strong> deutschen Gruppen mittelfristigauch noch <strong>die</strong> Ächtung und Verschrottungaller Atomwaffen erreichen. EineNuklearwaffenkonvention nach demVorbild des Verbots der biologischenund chemischen Waffen wird bereitsvon 146 der 193 UN-Mitgliedsländerunterstützt. Erster Schritt hierzulandesei der Abzug statt der geplanten Modernisierungder noch in Büchel in derEifel stationierten ca. 20 US-Atombomben. Ostermontag, 1. April 2013Kriege brechen nicht aus wie ein VulkanReden für den FriedenIm folgenden dokumentieren wir Auszügeeiniger Reden, <strong>die</strong> bei den Ostermärschengehalten wurden.Helga SchwitzerGeschäftsführendes Vorstandsmitgliedder IG MetallOstermarsch Rhein-Main,Ostermontag in FrankfurtLiebe Freundinnen, liebe Freunde,liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,(…) Liebe Freundinnen und Freunde,zugenommen hat einmal mehr auchder Waffenhandel. Und auch damitmuss Schluss sein! Für Kriege und bewaffneteKonflikte gibt es viele Ursachen.Aber eins steht fest: Kriege brechennicht aus wie ein Vulkan. Sie werdengemacht. Deutschland stand 2012wie schon in den Vorjahren an dritterStelle der Rüstungsexportländer. Nachden USA und Russland. Das darf dochnicht wahr sein, liebe Freundinnen undFreunde. Für <strong>die</strong> Menschen tun sie nix,bei der Rüstung sind sie fix. Wir wollennicht, dass das so weitergeht.Denn ein Bruchteil der 1,7 BillionenDollar, <strong>die</strong> weltweit für Rüstung ausgegebenwerden, würde ausreichen,<strong>die</strong> wichtigsten Milleniumsziele derVereinten Nationen zu erreichen: DieHalbierung der Armut, <strong>die</strong> Versorgungaller Menschen mit sauberem Wasser,mit Gesundheits<strong>die</strong>nsten und mit Bildung… <strong>die</strong>se Ungerechtigkeit in derWelt ist eine Hauptursache für kriegerischeAuseinandersetzungen.Und auch <strong>die</strong> Lobby der Waffenhändlermacht sich um so lauter bemerkbar.Sie drängt immer unverhohlener aufeine Liberalisierung der Waffenexporte,um weiter bombige Geschäfte undGewinne zu machen. Und <strong>die</strong> Bundesregierunggibt <strong>die</strong>sem Drängen immerhäufiger nach …Ich weiß: Beschäftigte in den Rüstungsbetrieben,viele von ihnen Mitgliederder IG Metall, fürchten sinkendeRüstungsausgaben und -aufträge.Nicht weil sie Krieg wollen. Sie habenschlicht Angst um ihre Arbeitsplätzeund Einkommen, mit denen sie sichund ihre Familien über Wasser halten.Wir brauchen <strong>die</strong> Umstellung von militärischerauf zivile Produktion …Im Übrigen behaupte ich: Auch <strong>die</strong>Metallerinnen und Metaller, <strong>die</strong> heutenoch Waffen oder anderes militärischesGerät bauen, würden lieber heuteals morgen zivile Güter herstellen.Ich sage aber auch: Dieser Weg hin zuKonversion und zu zivilen statt militärischenGütern kann nur mit den Beschäftigten,nicht gegen sie entwickeltwerden. Dazu gehört zu allererst: DiePolitik muss Rüstungsexporten engeGrenzen setzen.Ellen WeberMitglied im KoordinierungsausschussFriedensratschlagOstermarsch Rheinland Pfalz,Ostersamstag in MainzLiebe Freunde,wer heute über Krieg und Friedennachdenkt – über Militarismus und Antimilitarismus– über Leben und Tod,erinnert sich oft an <strong>die</strong> Jahre 1990. Daskapitalistische Gesellschaftssystemwähnte sich auf der Straße der Siegerder Geschichte und <strong>die</strong> damals Herrschendensamt ihrer Me<strong>die</strong>n deuteten<strong>die</strong> Lage als <strong>die</strong> Zeit des Beginns einesumfassenden Friedens …Wenn es denn stimme, dass unser Landnur noch von Freunden umzingelt sei –so argumentierten wir damals – sollteder Austritt der Bundesrepublik ausder Nato, <strong>die</strong> Abschaffung der Bundeswehr,der Rückzug aller Atomwaffenaus unserem Land unverzüglich eingeleitetwerden.Das alles ist 24 Jahre her. Die damaligeBundesregierung und in der Folge allespäteren Regierungen dachten nicht imTraum daran, ihrer eigenen GeschichtsbetrachtungTaten folgen zu lassen. DerWarschauer Vertrag war aufgelöst – <strong>die</strong>Nato blieb und plante schon <strong>die</strong> neuenKriege …Ich frage mich, liebe Freunde, stellenwir eigentlich ausdauernd und lautstarkgenug <strong>die</strong> Frage: Wie könnte <strong>die</strong>Welt aussehen, wenn <strong>die</strong>se gewaltigenNur noch von Freundenumzingelt?Summen von Rüstungsmilliarden derfriedlichen Entwicklung der Welt <strong>die</strong>nenkönnten?Ich frage mich oft, wieso es nicht gelingt,<strong>die</strong>se Frage immerfort ideenreichund öffentlich zu diskutieren, Forderungenzu erheben und durchzusetzen.Ich denke, wir müssen unsere Gedankenzur Abrüstung und <strong>die</strong> Schaffungeiner friedlichen Welt gegen eine mächtige„Bewusstseinsindustrie“ zum Tragenbringen. Jeder <strong>die</strong>ser neuen Kriege<strong>die</strong>nt den Herrschenden zur Schaffungihrer neuen Weltordnung …Liebe Freunde,verweigern wir uns dem Zwangsdenkenvon Kriegspropaganda, Kriegsdrohungenund Kriegen. Lasst mich zumSchluss einen Gedanken von AlbertEinstein wiederholen. Er sagte einst:„Was für eine Welt könnten wir bauen,wenn wir <strong>die</strong> Kräfte, <strong>die</strong> den Kriegentfesselten, für den Aufbau einsetzten.Ein Zehntel der Energie, <strong>die</strong> <strong>die</strong> kriegführendenNationen im Krieg verbrauchen,ein Bruchteil des Geldes, das siemit Handgranaten und Giftgas verpulverthaben, wäre hinreichend, um denMenschen aller Länder zu einem menschenwürdigenLeben zu verhelfen,sowie <strong>die</strong> Katastrophe der Arbeitslosigkeitin der Welt zu verhindern. Esgäbe genug Geld, genug Arbeit, genugzu essen, wenn wir <strong>die</strong> Reichtümer derWelt richtig verteilen würden. Vor allemaber dürfen wir nicht zulassen, dassunsere Gedanken und Bemühungenvon konstruktiver Arbeit abgehaltenund für <strong>die</strong> Vorbereitung neuer Kriegemissbraucht werden“…U lrich SanderBundessprecher der VVN/BdAOstermarsch Rhein-Ruhr,Ostermontag in DortmundIch möchte hier im Namen der Vereinigungder Verfolgten des Naziregimes,Bund der Antifaschisten, ein Grußworthalten und danke für <strong>die</strong> Gelegenheit…In <strong>die</strong>sem Jahr sind es 80 Jahre her,da Hitler und seiner Partei <strong>die</strong> Machtübertragen wurde. Sofort nach <strong>die</strong>serMachtübertragung an <strong>die</strong> Naziverschwörer,so stellte das NürnbergerKriegsverbrechertribunal im November1945 fest, begann <strong>die</strong> geheime Aufrüstung.Schon vier Tage nach dem30. Januar traf sich Hitler mit denBefehlshabern des Heeres und derMarine. Man einigte sich darauf, <strong>die</strong>„Wiedergewinnung der militärischenMacht“ und deren Gebrauch anzugehenmit dem Ziel der „Eroberung vonLebensraum im Osten“ und dessenrücksichtslose „Germanisierung“ alsHauptaufgabe. Mit „Germanisierung“war <strong>die</strong> Ausrottung von Juden und Slawenumschrieben. Mit den Rüstungsbossender Industrie einigte sich Hitleram 20. Februar 1933 darauf, dass sieihn unterstützen und er ihnen gewaltigeRüstungsaufträge verschafft. Und sokam es zum grauenvollsten Krieg derWeltgeschichte.1945 schworen sich <strong>die</strong>Menschen:Krieg darf nie mehr seinEs ist gut, dass mit dem Fernsehfilm„Unsere Mütter, unsere Väter“ einemmillionenfachen Publikum, vor allemauch jungen Menschen, deutlich gemachtwurde, wohin <strong>die</strong>se Kriegspolitikführte und zu welchen Verbrechen derdeutsche Faschismus und Militarismusfähig ist. Rund 60 Millionen Tote undEuropa zerstört – das war das Resultatdessen, was am 3. Februar 1933 imGebäude der Reichswehrführung ausgehecktwurde.1945 schworen sich <strong>die</strong> Menschen: Esdarf nie wieder soweit kommen! Kriegdarf nie mehr sein. Aber inzwischenwird mit deutschen Waffen wiederweltweit Krieg geführt. Deutsche Soldatenstehen im Kriegseinsatz auf dreiErdteilen.Unser Land ist über <strong>die</strong> NATO verbundenmit unzähligen Kriegshandlungen.Wir sagen: Die NATO soll aufhören,den Krieg in Syrien anzuheizen. Diekoreanischen Staaten und <strong>die</strong> USAsollen aufhören, an der Kriegseskalationsschraubezu drehen. Von unsererRegierung verlangen wir den sofortigenRückzug aus Afghanistan und ausder Türkei.Der Ostermarsch begann vor 53 Jahrenals Marsch gegen <strong>die</strong> Bombe. Heutegibt es noch immer <strong>die</strong> atomareAufrüstung, stehen wir vor der Modernisierungder auch in Deutschlandlagernden Atombomben und vor derNeuausrüstung der Bundeswehr mitKampfdrohnen und neuen Raketen,mit denen vieltausendfach den MenschenTod und Vernichtung gebrachtwerden kann. So vom NATO-KommandoKalkar aus. Wir fordern: Schlußdamit …Sabine SchifferLeiterin des Institutes fürMe<strong>die</strong>nverantwortungOstermarsch Berlin, Ostersamstag… Die Fähigkeiten, um computergestützteKampfsysteme zu be<strong>die</strong>nen,werden heute schon im Kindes- undJugendlichenalter am heimischen PCgeübt – wenn man etwa das von KulturstaatsministerNeumann prämierteComputerspiel Crysis2 spielt. Zufälligwurde der hochdotierte Computerspielepreisan ein Produkt vergeben,welches von einem <strong>Unter</strong>nehmen entwickeltwird, das sich auch in SachenKooperation mit Militärs hervortut: <strong>die</strong>deutsche Firma Crytek. Exklusiv ist dasjedoch nicht. Schließlich üben verschiedenevirtuelle Ego-Shooter und Strategiespiele<strong>die</strong> Fähigkeiten zur Be<strong>die</strong>nungder „Playstations“ ein und schulen <strong>die</strong>Feindbildwahrnehmung: Vor allemMuslime und Asiaten sind derzeit imBlick von Spieleentwicklern. Die Playstationsähneln dem modernen Arbeitsplatzeines Soldaten erschreckend. …Darum Schluss mit der Förderung gewaltverherrlichenderMe<strong>die</strong>nprodukte!Hollywood und auch <strong>die</strong> hiesige Filmindustrie– nicht zuletzt Til Schweiger –leisten ihren Beitrag zur Einstimmungauf kriegerisches Heldentum, Militärund Gewalt als Mittel der Konfliktlösung…Leider verrichten viele unserer Me<strong>die</strong>nihre Aufgabe als Vierte Gewaltnicht. Nicht nur, dass sie scheuen, kritischeFragen nach geostrategischen Interessenund den wahren Zusammenhängenbei sogenannten Kriseninterventionenzu stellen – sie befeuern garall zu oft direkt das Kriegsgetrommel.Da werden unsere Politiker ins Kreuzverhörgenommen, warum sie in Mali„nur“ Transport- und Ausbildungshilfeleisten und es wird gefragt, wie langeman denn in Syrien noch „zusehen“wolle. Vielleicht haben <strong>die</strong> Redaktionenvon Tagesschau und heute journal nochnicht erkannt, dass eine ihrer Informationsquellen– der arabische Sender AlJazeera – zu einem Instrument seinesFinanziers, des Emirs von Katar, gewordenist. Der einst demokratie-versprechendeSender ist spätestens seit denKriegsvorbereitungen in Libyen aufKriegskurs und stützt <strong>die</strong> katarischeBündnispolitik im Nahen Osten. Dasmuss man ebenso ernst nehmen, wie <strong>die</strong><strong>die</strong> Tatsache, dass Krieg nun einmal keinenFrieden bringen kann – wie wir amAuseinanderbrechen des Iraks sehen.Aber während <strong>die</strong> Lage in KrisengebietenAfrikas, auf <strong>die</strong> man unsere Aufmerksamkeitlenkt, sowie in Syrien völligunübersichtlich ist, scheint für ARDund ZDF und auch <strong>die</strong> privaten Me<strong>die</strong>n<strong>die</strong> Lage stets klar. Man verlautbartnato-freundliche Statements im Sinneeiner westlichen Dominanz.Bleiben wir standhaft: <strong>Unter</strong>stützen wir<strong>die</strong> Me<strong>die</strong>n, <strong>die</strong> kritisch und humanistischausgerichtet sind und <strong>die</strong> Finger in<strong>die</strong> Wunde der Lügen legen!Bleiben wir standhaft: Und fallen nichtauf <strong>die</strong> Rhetorik der Herrschenden herein,<strong>die</strong> Krieg als legitimes Mittel derPolitik verkaufen wollen!Gerechte Kriege gibt es nicht! Eine gerechtePolitik aber ist möglich!


unsere zeit Innenpolitik Freitag, 5. April 2013 5Strompreisbremse ausgebremst„Energiewende“ und EnergiepreisentwicklungDer bullige und im <strong>Unter</strong>schiedzu seinem blasseren und fastvergessenen Vorgänger NorbertRöttgen als umtriebiger und fastschon provokanter „Macher“ auftretendeUmweltminister Peter Altmaiergilt nach dem jüngsten Energiegipfelder Bundesregierung als politisch angeschlagen.Bislang hatte er es ganz geschickt verstanden,seine in der Sache als Blockadepolitikangelegte „innovative“ Interpretationder „Energiewende“ medialgut zu vermarkten. Damit ist vorläufigSchluss. Altmaier ist „entzaubert“. Dieallerorts aufkommende Schadenfreudebei den Befürwortern einer tatsächlichenWende zu einer klima- und verbraucherfreundlicherenEnergiepolitikist fast mit den Händen zu greifen.Damit ist aber auch <strong>die</strong> doppelbödigeEnergiepolitik der schwarz-gelben Regierungskoalitioninsgesamt vorläufigins Schlingern geraten. Bund und Länderhaben sich nur auf einen für <strong>die</strong> Koalitionpeinlichen Kompromiss einigenkönnen. Die Fördersätze für bestehendeWind- und Solaranlagen werdennun doch nicht rückwirkend gekürzt,wie Altmaier wollte. Das ist das wichtigsteResultat des „Energiegipfels“, andem Merkel, Altmaier und <strong>die</strong> Ministerpräsidentender Länder teilgenommenhatten.Kanzlerin Merkel sprach dennoch voneinem „wichtigen Signal“, das alle beruhigensolle, <strong>die</strong> solche Anlagen betreiben.Sie konnte <strong>die</strong> eigene Schlappedennoch nicht schönreden. Denneigentlich hatte sie den Altmaier-PlanRenten West: Krasse Kürzung der RealrentenSozialverbände warnen vor der steigenden Gefahr von AltersarmutZum 1. Juli sind bei den Rentnern inDeutschland Freud und Leid eng beieinander:Die gesetzlichen Rentenwerden im Osten um 3,29 % erhöht, imWesten dagegen um mickrige 0,25 %.Die hohen Abweichungen zwischen Ostund West erklärt <strong>die</strong> Deutsche Rentenversicherung(DRV) mit „Eigenheitender Rentenberechnung“. z. B. Nachholungvon angeblich unterbliebenenRentenkürzungen vergangener Jahreund höheren Steigerungen beitragspflichtigerLöhne und Gehälter im Osten.Für <strong>die</strong> Rentner in Westdeutschlandbedeutet das nominale Minipluseine weitere drastische Kürzung der realenRenten um mehr als 1,5 % (Rentenerhöhungminus Inflation, <strong>die</strong> mit1,8 % prognostiziert wird).Es ist <strong>die</strong> neunte reale Minusrunde seitdem Jahr 2000. Nur in drei Jahren –2002: + 0,56 %, 2009: + 1,51 %; 2012: +0,2 % - gab es minimale Real-Renten-Zuwächse.Renten: Seit 2000weniger KaufkraftWie aus einer Antwort der Bundesregierungauf eine Anfrage der Linken-Bundestagsfraktion hervorgeht, sank<strong>die</strong> Kaufkraft der Rentner seit demJahr 2000 im Westen um 17 Prozent,im Osten um 22 Prozent (Spiegel-online,13. 10. 2012). Danach lagen <strong>die</strong>durchschnittlichen Rentenzahlbeträgenach Abzug der Sozialbeiträge inden alten Bundesländern zuletzt bei1 062 Euro und in den neuen Ländernbei 1 047 Euro. Gegenüber 2000 warensie in West um 17 Euro höher, inOst um 23 Euro niedriger. Gleichzeitigstieg aber in im selben Zeitraum derVerbraucherpreisindex um etwa 20 Prozent,was den genannten Kaufkraftverlusterklärt. Ein Rentner im Westen hatalso gegenüber dem Jahr 2000 zwei volleMonatsrenten an Kaufkraft verloren,im Osten noch etwas mehr.Diese Entwicklung ist einmal Folgeder relativ niedrigen Lohnabschlüsse,zum anderen wirkten sich <strong>die</strong> verschiedenenRentenreformen, insbesonderevon Rot-Grün und der Großen Koalitionmit ihren verschiedenen Dämpfungsfaktorenaus: „Riestertreppe“,„Nachhaltigkeitsfaktor“ und schließlich„Nachholfaktor“ – alle mit demZiel, das Rentenniveau zu senken. Betrugdas Rentenniveau im Jahr 2000noch 52,6 Prozent der durchschnittlichenNettobezüge, so ist es bis heute auf49,6 % (FAZ, 14. 11. 2012) gesunken. Bis2020 soll es auf 48 % runtergehen und2030 auf 43 %.In Verbindung mit der Zunahme anschlechter Arbeit – geringfügige Beschäftigung,Teilzeitarbeit, Zeitlohn –führt das dazu, dass <strong>die</strong> Rente keinauskömmliches Einkommen im Altergarantiert, sondern zunehmend zur Armutsrentewird.Bereits jetzt arbeiten 800 000 Rentnerals Mini-Jobber, um im Alter über<strong>die</strong> Runden zu kommen. Die Zahl derRuheständler, <strong>die</strong> Grundsicherung(688 Euro im Monat) in Anspruch nehmenmüssen, hat sich seit 2003 um zweiDrittel auf 436 000 erhöht. Die Sozialverbändewarnen vor der steigendenGefahr von Altersarmut.Der Armutsforscher Professor Butterwegge(Buch: Armut im Alter, 2012)schreibt dazu: „Altersarmut ist kein „unsozialerKollateralschaden“ der Globalisierungoder des demografischen Wandels.Sie ist das Ergebnis ökonomischerKrisen und einer Verteilungsschieflage,<strong>die</strong> politisch erzeugt und insofern funktionalist, als sie Opfer von Maßnahmenzur Deregulierung des Arbeitsmarktesbeziehungsweise zur Restrukturierungdes Sozialstaats trifft sowie Menschen,<strong>die</strong> für den Wirtschaftsstandort „nutzlos“,weil angeblich unproduktiv sind“(SZ, 12. 11. 2012).Altersarmut nicht erstein ZukunftsproblemAltersarmut ist also heute schon einMassenphänomen und nicht erst ein„Zukunftsproblem“. Das Problem wurdebisher weggewischt – keiner Rentnergenerationgehe es so gut wie derjetzigen, so <strong>die</strong> Bundesregierung. DaGewerkschaften und Sozialverbändeimmer beweiskräftiger vor dem Problemwarnen, das Menetekel sich immersichtbarer an der Wand abzeichnet,zeigt nun auch <strong>die</strong> Politik beflisseneBetriebsamkeit – zumal Landtags- undBundestagswahlen ins Haus stehen. Vonder Leyen gibt plötzlich <strong>die</strong> Kassandra:Foto: S. Hofschlaeger_pixelio.dedurchboxen wollen, der eine drastischerückwirkende Kürzung der Förderungder Solarenergie als Teil der sogenannten„Strompreisbremse“ vorgeschlagenhatte.Weitere Beschlüsse in Sachen Energiepreisegab es nicht. Die von den Länderngeforderte Senkung der Stromsteuerum 25 Prozent lehnte Merkelab. Mit Blick auf den Bundeshaushalt2014 gebe es dafür keine Spielräume.Kanzleramtsminister Pofalla wurde beauftragtmit den Chefs der Staatskanzleiender Länder im Mai erneut überMöglichkeiten zur „Begrenzung“ desStrompreises und über das Erneuerbare-Energien-Gesetz(EEG) zu verhandeln.Über eine „grundlegende“ EEG-Reformsoll aber erst Anfang der nächstenLegislaturperiode gesprochen werden.Ein Ergebnis erzielten Bund undLänder lediglich beim weiteren Vorgehenzum Ausbau der Stromnetze. DerRechtsrahmen dafür sei nun einvernehmlichgeschaffen, erklärte Merkel.Die erzielte Einigung stärke <strong>die</strong> Rolleder Bundesnetzagentur bei der Planfeststellung.Die entsprechende Änderungdes Bundesbedarfsplangesetzessoll am 7. Juni im Bundesrat verhandeltwerden.Ein Versicherter mit 35 Beitragsjahren,der immer 2 500 Euro brutto ver<strong>die</strong>nthat, bekommt heute 816 Euro Rente, soihr Beispiel. Bis 2030 sinkt jedoch dasRentenniveau auf 43 Prozent. Die Renteeines 2 500-Euro-Ver<strong>die</strong>ners sinktauf 688 Euro Grundsicherung!Doch weder <strong>die</strong> „Zuschussrente“ (jetzt„Lebensleistungsrente“) Ursula vonder Leyens noch <strong>die</strong> „Solidarrente“des SPD-Vorsitzenden Sigmar Gabrielssind ein Ausweg aus der Misere. Sie sindnicht einmal eine kosmetische Korrektur,sondern bestätigen nur das Versagender Politik. Die Hürden dafür sindnur für ganz wenige zu überwinden:Mindestens 30 Jahre (von 2023 an sogar35 Jahre) in <strong>die</strong> Rentenkasse eingezahlt,Kinder großgezogen und zusätzlich vorgesorgthaben. Und dann winkt eineAufstockung auf bis zu 850 Euro, wasArmutsniveau bedeutet (ähnlich sind<strong>die</strong> Bedingungen bei der Solidarrente).Eine demokratische und soziale Reformder gesetzlichen Rente, muss zumstringenten beitragsfinanzierten Umlageverfahrenzurückkehren, das sich inden vergangenen Jahrzehnten in allenSituationen bewährt hat.Alle bisherigen Reformen haben <strong>die</strong>sesPrinzip durchlöchert, steuerfinanzierteBestandteile eingebaut, Beitragssätzegekürzt, um <strong>die</strong> Arbeitgeber vonLohnnebenkosten zu entlasten. Vor allemaber haben sie <strong>die</strong> Menschen zurprivaten Vorsorge gezwungen, zur Anlageihres Geldes auf den volatilen Finanzmärkten,in der Hoffnung, am Lebensabenddavon etwas wiederzusehen.Am deutlichsten ist das bei der Riester-Rentenachzuvollziehen: Hier wurdedas Rentenniveau der gesetzlichenRente abgesenkt, <strong>die</strong> Senkung solltedurch eine freiwillige kapitalgedeckteRiesterrente ausgeglichen werden. DieSchwächeren können sich <strong>die</strong>se abernicht leisten, müssen aber <strong>die</strong> Niveau-Senkung mittragen.Die Stärkeren werden bei der Eigenvorsorgemit staatlichen Mitteln gefördert.„Die Solidarität steht Kopf“ schreibtNorbert Blüm (SZ, 20. 9. 2012). „DieRiester-Rente ist nicht Lösung des Problemsder Altersarmut, sondern eine ihrerUrsachen“. Und er zeigt auf, dass derGesamtbeitrag, den Arbeitnehmer fürRente plus Riester zahlen höher ist alsZu dem derzeit am meisten verbreitetenArgument derjenigen, <strong>die</strong> <strong>die</strong>noch gar nicht wirklich realisierteEnergie“wende“ bereits jetzt als deneigentlichen Sündenbock für <strong>die</strong> laufendenStrompreiserhöhungen ausgemachthaben – ganz gezielt und imSinne der großen Strommonopolistenhat der „junge welt“-Autor und KlimaexpertePomrehn einige wichtige Eckdatenzusammengestellt. Behauptung:„Der rasante Ausbau der Photovoltaiktreibt den Strompreis in <strong>die</strong> Höhe“.Im Jahr können rund 6,8 Milliarden KilowattstundenSolarstrom erzeugt werden.Bei einer durchschnittlichen Vergütungvon 18 Cent und einem Börsenpreisvon mindestens 4,5 Cent für eineKilowattstunde ergeben sich zusätzlicheKosten in Höhe von etwas mehrals 900 Millionen Euro. Umgelegt aufden Verbrauch von Haushalten undGewerbe (der rund 225 Milliarden Kilowattstundenbeträgt), bedeutet <strong>die</strong>seine zusätzliche Belastung von maximal0,4 Cent pro Kilowattstunde.Ansonsten haben sich Solaranlagen inden letzten Jahren drastisch verbilligt.Allein 2011 wurden Solarmodule um30 bis 40 Prozent billiger; in 2012 nocheinmal um 15 bis 30 Prozent. Entsprechendsinkt auch <strong>die</strong> Vergütung fürNeuanlagen immer mehr. Inzwischenist der Strom aus neuen Solaranlagenbilliger als der aus den von der Bundesregierungbesonders gehätscheltenOffshore-Windparks.Hans-Peter Brennerzuvor, das Gesamt-Alters-einkommenaus Rente plus Riester aber niedriger.„Denn bei der Riester-Rente entfälltder Arbeitgeberbeitrag von 2 % und<strong>die</strong> Abschluss- und Verwaltungskostender Privatversicherung sind erheblichhöher als in der Rentenversicherung.Bei der gesetzlichen Rente machen sie1,5 % aus, bei einer Privatversicherungbis zu 25 %“ (ebenda).„Solidarische Bürgerversicherung“Soll <strong>die</strong> Rente im Alter ein auskömmlichesEinkommen garantieren, müssen<strong>die</strong> Konterreformen der vergangenenJahre zurückgedreht werden, durch:H Rücknahme der Dämpfungsfaktoren;H einen flächendeckenden Mindestlohnund Re-Regulierung des Arbeitsmarktes,um den Niedriglohnsektor einzudämmen;H Erhöhung der Rentenbeiträge, um<strong>die</strong> Arbeitgeber stärker an der Rentenfinanzierungzu beteiligen. DerDGB fordert einen Rentenbeitrag von22 Prozent.H Lohnabschlüsse mit echten Reallohnzuwächsen;H Ausdehnung der Sozialversicherungspflicht.Professor Butterwegge dazu: Um das finanzielleFundament der gesetzlichenRentenversicherung zu stabilisieren,kann man <strong>die</strong>se zu einer solidarischenBürgerversicherung ausbauen. Sie würdeim Idealfalle alle Wohnbürger, alsoauch jene Gruppen umfassen, <strong>die</strong> bisherin Sondersystemen beziehungsweise zubesonderen Bedingungen abgesichertsind (Beamte, Landwirte, Handwerker,Künstler und freie Berufe). Sie würdedarüber hinaus Beiträge auf sämtlicheEinkunftsarten ohne Bemessungsgrenzeerheben sowie eine bedarfsgerechteund armutsfeste Grundsicherung integrieren.Altersarmut ist eine große sozialpolitischeHerausforderung, zu derenBewältigung es vermehrter Anstrengungenaller Bevölkerungsgruppen bedarf.Fred Schmid, isw.(Der Artikel ist Teil des isw-wirtschaftsinfos„Bilanz 2012 – Ausblick 2013/Bilanz derschwarz-gelben Bundesregierung“ , das MitteApril bei isw erscheint).Der Widerstandhat sich gelohnt!Stadtwerke wieder inkommunalem Besitz!Ende Februar fiel im Stadtrat eine historischeEntscheidung: Die SolingerStadtwerke sind wieder vollständig imBesitz der Solinger Bürger! Dies ist vorallem ein Erfolg der Initiative SolingerBürgerinnen und Bürger.Bis zuletzt wurde noch mit allen Mittelnvon der Solinger CDU und FDP,dem Oberbürgermeister und der Verwaltung,aber auch von Me<strong>die</strong>n versucht,<strong>die</strong> Stimmung im Stadtrat zukippen, um einer neuen gewinnorientiertenAktiengesellschaft unser „Tafelsilber“zu verkaufen. Stadtwerke ohne„strategischen Partner“ sind nicht lebensfähigund bringen uns nur Unheil,so ihre Logik.Doch von dem Bazillus Privatisierungist <strong>die</strong> absolute Mehrheit der Solingerendgültig kuriert. Zu groß ist der Schaden,den uns eine zehnjährige Abhängigkeitvon der MVV AG zugefügt hat.Geheime Verträge, kein Einfluss aufEntscheidungen, regelmäßiger überhöhterGewinnabfluss, Abbau von Personal,Aushebelung des Betriebsrates,Auslagerung von Geschäftsbereichen,keine Orientierung auf erneuerbareEnergie, <strong>die</strong>s waren nur einige Merkmale<strong>die</strong>ser „Partnerschaft“.Eine Solinger Zeitung befragte ihreLeser. 81 Prozent sprachen sich fürStadtwerke in kommunalem Besitzaus. Dieser Erkenntnis, dass kommunalesEigentum vor Kapitalwirtschaftgeht, ist jahrelange Aufklärungsarbeitvoraus gegangen. Ver<strong>die</strong>nst dafür gebührtder Bürgerinitiative „Solingengehört uns“. Wesentlichen Anteil an<strong>die</strong>ser Bewusstseinsveränderung habenaber auch andere Solinger Organisationen:Gewerkschaften, Kirchenund einige Parteien. Wir, <strong>die</strong> <strong>DKP</strong>, habenvon Anfang an in <strong>die</strong>ser Bewegungmitgearbeitet.Jetzt heißt es, nach vorne zu schauenund den Beweis zu liefern, dass unsereeigenständigen Stadtwerke sehr wohlin der Lage sind, sich den Herausforderungenunserer Zeit zu stellen. Weg vonden Energie-Haien E.on, RWE, Vattenfallund EnBW, weg von der Atomenergie,hin zu dezentraler Erzeugung nachhaltigerund umweltschonender Energie.Ziel muss eine neue Ausrichtungder Stadtwerke zum Wohle der Stadtund ihrer Bürger sein. DemokratischeKontrolle, Eigenständigkeit bei Entscheidungen,Gewinne für Solingen, Sicherungund Schaffung neuer Arbeitsplätze,sowie bürgernahe, transparenteund soziale Preisgestaltung, <strong>die</strong>s sindPrämissen der neuen Zeit.Viele andere Städte gehen ebenfalls<strong>die</strong>sen Weg. Ulm, Bergkamen, Aachen,Schönau, Münster und Leipzig, um nureinige Kommunen zu nennen, sind Beispielefür flexible und zukunftsorientierteEntwicklung.Packen wir es an! HKSchlimmer als Kriminelle behandelt„An den grundsätzlichen Mängelndes EU-Asylsystems ändert sich garnichts“, kommentiert <strong>die</strong> innenpolitischeSprecherin der Fraktion „Die Linke“Ulla Jelpke <strong>die</strong> Einigung der EU-Institutionen zum EU-Asylsystem. Jelpkeweiter:Die Einigung ist eine schlechte Nachrichtfür Schutzsuchende und ein Armutszeugnisfür <strong>die</strong> Europäische Union.Vor allem Deutschland hat sich alsKernland der EU der dringend erforderlichen,solidarischen Umgestaltungdes Asylsystems widersetzt.Das Kernstück des ungerechten Asylsystems– <strong>die</strong> Dublin-Verordnung –bleibt im Prinzip unverändert. Das bedeutet,dass Flüchtlinge weiterhin querdurch Europa verschoben werden, weil<strong>die</strong> Außenstaaten der Union alleinezuständig bleiben für Aufnahme undAsylverfahren. Dabei sind <strong>die</strong> Asylbedingungenin Griechenland, Italien,Malta und anderen EU-Mitgliedstaatenuntragbar.Weiterhin werden Asylsuchendeschlimmer als Kriminelle behandelt,weil sie jederzeit, ohne Straftaten begangenzu haben, inhaftiert werdenkönnen.


6 Freitag, 5. April 2013 Internationale Politikunsere zeitWieder Krieg?Wird wieder Krieg sein auf der koreanischenHalbinsel? Die Propagandakompaniemarschiert schon. Einer ihrerFeldwebel, der Chefredakteur der auflagestarken„Rheinischen Post“, weiß,„Gegen Diktatoren hilft nur Stärke“ undfordert „neue Sanktionen, eine klar herausgearbeitetemilitärische Vergeltungsantwort“und „striktes Einwirken“ aufChina. Zur Begründung wird das üblicheGebräu aus Halbwahrheiten und offenenLügen herangezogen, mit denen <strong>die</strong>Koreanische Demokratische Volksrepublikseit Jahrzehnten dämonisiert wird.Die Bedrohung Nordkoreas ist real.Seit US-geführte Truppen vor 60 Jahrenunter falscher UNO-Flagge das Land in<strong>die</strong> Steinzeit bombten in einem Krieg,der drei Millionen Menschen das Lebenkostete und geführt wurde, um <strong>die</strong> Vereinigungdes Landes zu verhindern, hatkeine Regierung in Washington auchnur einen Hehl aus ihrer Absicht gemacht,<strong>die</strong>sen Staat, von dem umnachtetenGeorge W. Bush zum Bestandteileiner „Achse des Bösen“ erklärt, zueliminieren. Bis heute sind 28 000 GIsständig in Südkorea stationiert, alljährlichführen <strong>die</strong> US-Armee und <strong>die</strong> südkoreanischenStreitkräfte große, bis zumehreren Monaten dauernde Manöverdurch, in <strong>die</strong> sämtliche Teilstreitkräftesowie Tausende Reservisten einbezogensind. Es geht nicht um einen angenommenenFeind, es handelt sich, offenausgesprochen, um Übungen für einenKrieg mit dem Norden. Beim <strong>die</strong>sjährigenManöver, das schon seit Wochenandauert, setzte <strong>die</strong> Air Force noch einsdrauf: Mehrere Male simulierte einUS-Tarnkappenbomber in unmittelbarerNähe zur Demarkationslinie zwischenden beiden koreanischen Staatenden Abwurf einer Atombombe. Am28. März wurden zwei weitere der Bombervom Typ B 2, <strong>die</strong> je 16 Kernsprengköpfetragen können, nach Südkoreageschickt, um ebenfalls den Atombombenabwurfzu üben. Wem <strong>die</strong> ReaktionPjöngjangs auf <strong>die</strong>se Aggressionen zuschrill klingt, möge sich an <strong>die</strong> ReaktionWashingtons auf <strong>die</strong> Stationierungsowjetischer Raketen auf Kuba als Antwortauf <strong>die</strong> US-Raketen in der Türkeivor etwas über 50 Jahren erinnern. DieWelt stand am Rande des Atomkriegs.Was jetzt nötig ist, sind wirklich gleichberechtigteGespräche mit dem Ziel,<strong>die</strong> Blockade zu beenden und endlichnach 60 Jahren einen Friedensvertragzustande zu bringen, der der KDVR ihrenBestand und ihre Souveränität garantiert.Die Aggressionen gegen Nordkoreamüssen eingestellt, Verhandlungenüber eine atomwaffenfreie Zoneauf der koreanischen Halbinsel aufgenommenwerden. Das hieße dann auch,<strong>die</strong> imperialistische Einkreisung Chinasdurch <strong>die</strong> USA zu beenden, derenTeil <strong>die</strong> aggressive Politik gegen Nordkoreaist.Manfred IdlerAbgerechnetwird zum SchlussIn Mali sind seit Beginn der MilitärinterventionFrankreichs 63 malische Soldatengetötet worden. Die meisten vonihnen seien während der Kämpfe gestorben,einige seien später ihren Verletzungenerlegen, sagte der Sprecherder malischen Armee. Zudem seien seitMitte Januar „schätzungsweise 600 islamistischeRebellen“ getötet worden.Frankreich geht seit dem 11. Januar gemeinsammit der malischen Armee undSoldaten aus weiteren afrikanischenLändern gegen Islamisten im NordenMalis vor. Dabei wurden bislang fünfFranzosen getötet. Ende Februar gabder Tschad bekannt, dass bis zu <strong>die</strong>semZeitpunkt 26 seiner Soldaten bei denGefechten getötet wurden.Die Islamisten wurden inzwischen ausden wichtigen Städten der Region vertrieben,französische Soldaten gehenderzeit im Ifoghas-Gebirge im Nordostendes Landes gegen sie vor. Die Islamistengruppe„Ansar Dine“ erklärte,sie wolle in Mali weiter kämpfen. DieMitglieder der Gruppe seien „in einerguten Lage“ und würden den Kampffortführen, hieß es in der Erklärung.Nichts wie weg!Die Signale der Zypern-Rettung – „Modell für Europa“ – könnten kaum verheerender seinInzwischen scheint ziemlich zuverlässigklar, dass Zypern tatsächlich,wie der neue Eurogruppen-ChefDijsselbloem unbedacht ausplauderte,<strong>die</strong> Blaupause liefern durfte für das,was künftig in Euro-Land und auchanderswo, unter dem Stichwort Bankensanierungablaufen wird. Das Tabuist gebrochen. Ein Euro ist nun auchoffiziell nicht mehr ein Euro. Es gibt <strong>die</strong>Beschlagnahme von Bankguthaben, esgibt Kapitalverkehrskontrollen. Zyperndürfte (bald) überall sein.Die FAZ hat mit dankenswerter OffenheitReklame für das zyprische „Modellfür Europa“ gemacht. Eine Ausnahme?„Warum eigentlich?“ Wer sein Geld zurBank bringe, müsse „sich des Risikosbewusst sein“, meint dort ein ChristianSiedenbiedel.Geld fließe wieder,<strong>die</strong> Katastrophe seiausgeblieben. Sogarder Euro-Kurssei wieder gestiegenund auch derDAX habe etwaszugelegt. Na dann.Nun muss manHerrn Siedenbiedelvielleicht nichtüberstrapazieren,aber weil <strong>die</strong> freieQualitätspressewohl in der nächstenZeit etwas sehrÄhnliches, sehr einmütigverlautbarendürfte, ein kurzerBlick auf seine Argumentation.(DieRussenmafia ist, in<strong>die</strong>sem Falle leider,nicht überall.) Alsomuss etwas Anderesher: „Sparersind Gläubiger von Banken (…) „Anleger,<strong>die</strong> unsicheren Banken zu hohenZinsen Geld geliehen haben“, und denenman nun „einen Teil des Schadenszumuten kann, wenn ihre Spekulationschief geht“. So ähnlich hat sich dasnach dem Lehman-Crash auch schonangehört. Nach der Lehman-Oma nun<strong>die</strong> Sparbuch-Spekulantin. Denen kannman ruhig mal 60 Prozent oder mehrabknöpfen.Hier wird nun aus einem Menschen,der, aus welchen Gründen auch immer,sein Geld zu einer Bank trägt, und <strong>die</strong>dort herrschenden Bedingungen für <strong>die</strong>Deponierung seines Geldes wohl oderübel akzeptieren muss, wenn er nichtsein Bares unter <strong>die</strong> Matratze schiebenwill, ein gieriger Spekulant, der überseine „Spekulation“ <strong>die</strong> riskante Politikder Bank mitbestimmt. So ähnlichwie der Käufer bei Lidl, der mit seinerKaufentscheidung <strong>die</strong> Verwendung vonPferdefleisch in der Lasagne verursachthat. Und da ist klar, bei der Bankpleitewie beim Pferdefleisch, wer <strong>die</strong> Suppeauszulöffeln hat.Gemeint sind hier ausdrücklich nicht<strong>die</strong> Großzocker, <strong>die</strong> zusammen mit denZocker-Banken, <strong>die</strong> Welt mit ihren „toxischenPapieren“ überschwemmt haben.Gemeint sind auch nicht <strong>die</strong> Anteilseignereiner Bank, sondern derbislang hoffnungsfroh-gutgläubige Teilder Menschheit, der Banken zumindestinsofern über den Weg traut, dass siesein Geld wieder herausrücken, wenner es für eine gewisse Zeit bei ihnendeponieren würde. Wenn er auch nichtweiß und keinerlei Einfluss darauf hat,und das ist der entscheidende Part, wasmit seinem Geld in der Zwischenzeitpassiert. Wie <strong>die</strong> Troika nun eindrucksvolldemonstriert, ist <strong>die</strong>ses Vertrauennaiv.„Manche Leute“, so Siedenbiedel naserümpfend,leiteten aus den Interessender Volkswirtschaft „eine Art ‚Grundrechtauf Sparen‘ ab“, bei dem „<strong>die</strong>Staaten eine Garantie für <strong>die</strong> Einlagender Sparer abgeben“. Betrachtet manEinlagen als Spekulation, ist so etwasnatürlich systemwidriger Unsinn. DasVorgehen im Fall Zypern öffne „denAnlegern nun <strong>die</strong> Augen“.In der Sache ist das natürlich Unsinn.Der Staat garantiert, wie sich gezeigthat, allenfalls <strong>die</strong> Banken. Trotz destheaterreifen Auftritts von Merkel undSteinbrück („Ritt auf der Rasierklinge“,Steinbrück). Für <strong>die</strong> Einlagen garantieren,wenn da etwas garantiert wird, <strong>die</strong>Einlagensicherungsfonds der Bankenund der Haftungsverbund der Sparkassen.Solange sie können. Richtig aberbleibt: Dass Anlegern <strong>die</strong> Augen geöffnetwerden. Vermutlich langsam – abersicher.„Aber muss das etwas Schlechtessein?“, fragt frohgemut unser FAZ-Schreiber. „Im Prinzip nein“, könnteman mit Radio Eriwan sagen, „wennman nach dem ultimativen Sprengsatzfür <strong>die</strong> Eurozone sucht, und den wirtschaftlichenAbsturz des südlichen Europamaximal beschleunigen möchte,„Dazu braucht ihr doch keine Knarren, Leute! Sagt einfach, ihr kommt von der EU.“kann das eine sehr treffliche Maßnahmesein.Nun ist ja keine Frage, dass das Abschmelzenhoher Vermögen und ihreBeteiligung an der Sanierung von Staatund Gesellschaft und soweit erforderlichauch eines realwirtschaftorientiertenBankensektors eine sinnvolle Maßnahmewäre. Entsprechende Maßnahmensind bekannt, erprobt und wärenleicht installierbar. Sie haben 30 Jahrelang nach dem Zweiten Weltkrieg rechtzuverlässig funktioniert, soweit sich soetwas für kapitalistische Verhältnissesagen lässt. Hier aber geht es um etwasAnderes.Diejenigen, auf <strong>die</strong> es wirklich ankäme,<strong>die</strong> Spekulationsabteilungen,dürften sich schon aufgrund ihres Insiderwissensauch bei künftigen Beschlagnahmeaktionendiskret aus derAffäre ziehen können. Betroffen wäregerade der mittlere, für eine Ökonomieso entscheidende Gewerbe- undDienstleistungssektor, aber auch institutionelleAnleger, Lebensversicherer,Renten- und Pensionsfonds. (Immervorausgesetzt <strong>die</strong> 100 000-Euro-Grenzegilt auch weiterhin, wasbekanntlich alles andere als in Steingemeißelt ist.) Und zwar sowohl durch<strong>die</strong> sofortigen Verluste, <strong>die</strong> bei einerUmwandlung der Einlagen in Bankpapiere(Debt for Equity Swap) allenfallsmoralisch aufgewertet werden, alsauch durch <strong>die</strong> nun installierten rigidenKapitalverkehrskontrollen. Letzterekönnten vielleicht eine Renaissanceder Tauschwirtschaft einleiten.An einen Zustrom frischen Kapitalsist nun ohnehin kaum noch zu denken.Im Gegenteil. Die antikapitalistischePose Schäubles wird für genau das Geschäftsmodellden Turbo einschalten,das er angeblich austrocknen wollte:Die Finanzoase.Erst einmal installiert, dürfte es kompliziertwerden, von den Kapitalverkehrskontrollenwieder herunterzukommen,will man nicht plötzlich völligohne Euro dastehen, <strong>die</strong> man nurgegen neue Schulden wieder bekommenkann. Die EZB hat daher mit vielTamtam 5 Mrd. Euro nach Zypern geschafft.Wie lange das reicht, wirdman sehen. Was man nicht abwartenbraucht, ist <strong>die</strong> Welle der Austeritätsprogramme,<strong>die</strong> Zypern nun verordnetwerden. Mit jeder neuen Hilfszahlungwird der Druck größer werden.Der Euro – unter den Bedingungendes Berliner Rettungsregimes – dürftesicht nicht nur für Zypern als tödlicheFalle erweisen.Klaus WagenerWar Zypern ein Steuerpara<strong>die</strong>s?AKEL-Vorstellungen von der Alternative zur Troika-PolitikMit besonders in deutschen Me<strong>die</strong>nverbreiteten Anschuldigungen gegenZypern setzt sich der Leiter der Wirtschaftsabteilungder „Fortschrittsparteides arbeitenden Volkes“ (AKEL),Stavros Evagorou, zugleich Abgeordneterdes zyprischen Parlaments, ineinem Interview auseinander („Humanité“,27.3.2013). Nachfolgend einigeAuszüge:„Frage: Ist Zypern ein Steuerpara<strong>die</strong>s?Stavros Evagorou: Mehrere Monatevor der Entscheidung der Eurogruppe,alle Bankeinlagen mit einer Abgabezu belasten, haben <strong>die</strong> deutschen Me<strong>die</strong>nfalsche Anschuldigungen gegenZypern propagiert. Unser Land seiein Steuerpara<strong>die</strong>s, ein Zentrum derGeldwäsche. Diese Zeitungen schriebenüber <strong>die</strong> russischen Oligarchen.Doch wir haben den gleichen <strong>Unter</strong>nehmenssteuersatzwie Bulgarien, einSatz nahe dem Irlands und höher alsder Maltas. Warum sich also auf Zypernverbeißen? In den Niederlanden gibtes dreimal mehr russisches Geld angelegtals auf Zypern. Und zweimal mehrin Luxemburg. Ich habe nicht den Eindruck,dass dort <strong>die</strong> Russen Proletarierwären. Unser Banksystem ist von Moneyval,einer Einrichtung des Europaratszur Bekämpfung von Geldwäscheinspiziert worden. Wir haben eine bessereNote als Deutschland bekommen.Wir sind auf dem siebten Platz in derEurozone. Wenn sie dennoch daraufbeharren, unser Finanzsystem zu zerstören,dann nicht, weil sie etwas gegen<strong>die</strong> Zyprioten hätten. Sie zielen auf <strong>die</strong>Russen. In den letzten Tagen begabensich Abordnungen deutscher Bankiersoder der Eurozone nach Zypern, um<strong>die</strong> russischen Investoren davon zuüberzeugen, ihr Geld in ihr Land zutransferieren.“Im weiteren Verlauf des Interviews betontder AKEL-Wirtschaftspolitiker,dass Zypern offensichtlich als „Versuchskaninchender Eurozone“ <strong>die</strong>nensoll. Das zwischen der Eurogruppe unddem zyprischen Präsidenten geschlosseneAbkommen sei nicht das Ende desWeges, sondern nur sein Anfang.„Frage: AKEL verlangt, dass ZypernLösungen außerhalb des Rahmens derTroika prüfen soll. Was verstehen Siedarunter?Stavros Evagorou: Unsere eigenenMaßnahmen treffen, aber außerhalbdes Rahmens der Troika. Vielleichtwird man ebensoviel leiden. Aber wirwerden dann nicht bei jeder Etappeunseres täglichen Lebens in den Institutionen<strong>die</strong> Beamten, <strong>die</strong> Vertreterder Troika haben, <strong>die</strong> uns diktieren,was zu tun ist. Die Kanzlerin AngelaMerkel ist <strong>die</strong> Repräsentantin einerDoktrin, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Arbeitslosigkeit imSüden vergrößert und das Geld nachdem Norden abzieht. Leider ist FrançoisHollande, wie man hier sagt, der‚unsichtbare Politiker‘ geworden. ZahlreicheStimmen verlangen jetzt, <strong>die</strong> Eurozonezu verlassen. Das ist nicht das,was wir sagen. Denn das wäre ein sehrharter Weg. Es wäre nicht klug seitensmeiner Partei, zu sagen, dass man darausausscheiden soll, ohne <strong>die</strong> Kartenin der Hand zu haben. Aber man muss<strong>die</strong> anfallenden Kosten stu<strong>die</strong>ren, fallsman im Rahmen der Troika bleibt undfalls man aus dem Euro austritt.“Evagorou erwähnt im weiteren Verlaufdes Gesprächs, dass sich <strong>die</strong> frühere Regierungunter dem AKEL-PräsidentenChristofias bereits bemüht habe, <strong>die</strong> Krisensituationin den Griff zu bekommen.Christofias habe den damaligen Gouverneurder zyprischen Zentralbank zuüberzeugen versucht, dass der Bankensektorumstrukturiert werden muss. DieRegierung habe <strong>die</strong>s aber nicht einfachanordnen können, weil eine Umstrukturierungnur durch <strong>die</strong> Zentralbank beschlossenwerden konnte, <strong>die</strong> laut EU-Vorschrift unabhängig ist. Doch <strong>die</strong>sehabe <strong>die</strong> Expansion der zyprischenBanken in Griechenland, Russland undSerbien genehmigt, was AKEL kritisierte.Auch gewisse Sparmaßnahmen habe<strong>die</strong> AKEL-geführte Regierung bereitseingeleitet, darunter auch eine Reduzierungvon Gehältern und Renten, <strong>die</strong>eine bestimmte Höhe überstiegen. DieTroika habe aber eine Reduzierung derZahl der Staatsangestellten um 6 000 gefordert,obwohl es insgesamt nur 52 000gibt und bereits ein Mangel an Krankenhauspersonalund Ärzten festgestelltwurde. Das Problem Zyperns mit einemHaushaltsdefizit von 5 Prozent und einerVerschuldung von 70–75 Prozent seiennicht <strong>die</strong> öffentlichen Finanzen gewesen,sondern <strong>die</strong> Verschuldung des Bankensektors.Sein Bankrott sei <strong>die</strong> Folgevon EU-Beschlüssen wie der teilweisenAnnullierung der griechischen Verschuldunggewesen, <strong>die</strong> den zyprischen BankenVerluste von 4,5 Milliarden Euro ineiner einzigen Nacht einbrachten. Trotzder schwierigen Lage seien aber bedeutendeSozialmaßnahmen eingeführtworden: „Wir haben einen vierzehntenMonat für Kleinrentner eingeführt, <strong>die</strong><strong>Unter</strong>stützung für kinderreiche oder alleinerziehendeFamilien erhöht. Der Sozialbeitragfür Studenten wuchs. Selbstnach den Sparmaßnahmen liegt <strong>die</strong> Erhöhungder Sozialfonds bis heute bei 12Prozent.“„Frage: Auf welchen Grundlagen kannZypern sich wiederaufrichten?Stavros Evagorou: Was übrig bleibt,muss erhalten werden. Sodann kannman unsere Insel in ein Land vonDienstleistungen umwandeln, indemunsere Gesundheits- und Bildungssysteme,unsere Wirtschaftsprüfungs<strong>die</strong>nste,unsere Rechts<strong>die</strong>nste entwickeltwerden. Die Bankenaktivität kann eineRolle spielen, aber mit einem kleinerenSektor. Kleinere Fortschritte kannes in spezifischen Sektoren wie Pharmazieoder Hi-Tech geben. Entwickeltwerden muss unser Gas- und Ölsektor.Schließlich können wir angesichts unserergeographischen Situation unserenFlughafen und unsere Häfen ausbauen.China will nautische Anlagen für seineExporte. Zypern wird seinen Weg aufsNeue finden. Die Zyprioten sind Arbeiter.Wir werden Erfolg haben.“ G. P.


unsere zeitInternationale PolitikGipfel der SchwellenländerDie Gründung einer Entwicklungsbank wurde vertagt„Die Parteien und eine neue Gesellschaft“Das XVII. Internationale Seminar linker und kommunistischer Parteien in MexikoZum Beginn des Treffens erhoben sich<strong>die</strong> TeilnehmerInnen von ihren Plätzenund gedachten mit einem mehr als eineMinute lang andauernden Applaus desam 5. März verstorbenen PräsidentenVenezuelas, Hugo Chávez Frias.Alberto Anaya Gutiérrez, NationalerKoordinator der gastgebenden Parteider Arbeit (PT) Mexikos, sprach aus,was viele dachten. Hugo Chávez „kannphysisch sterben, aber er stirbt nicht inden Herzen, in den Gedanken, im Gedächtnis,im Geiste, in den Idealen allerRevolutionäre Lateinamerikas, der Karibikund der Welt. Wir sind bei HugoChávez durch das, was er repräsentiert,durch seine Ideen vom Sozialismus des21. Jahrhunderts.“Insgesamt 1137 TeilnehmerInnen nahmenan dem bereits zum 17. Male ausgerichtetenSeminar teil, das vom 14.–16. März in der mexikanischen Hauptstadtstattfand. Darunter befandensich 198 VertreterInnen internationalerParteien und Organisationen aus37 Ländern von allen 5 Kontinenten.Traditionell stellten hierbei <strong>die</strong> linkenund kommunistischen OrganisationenLateinamerikas und der Karibik <strong>die</strong>Mehrheit.Aus Europa waren u. a. GenossInnender KP Frankreichs, der KP Spaniensund der KP Russlands angereist. Ausder BRD waren <strong>die</strong> Partei „Die Linke“und <strong>die</strong> <strong>DKP</strong> dabei. Erstmals warauch eine Delegation der EuropäischenLinkspartei zu Gast.Wie schon in den Vorjahren warenauch asiatische Länder wie <strong>die</strong> VRChina, Vietnam und <strong>die</strong> KDVR starkvertreten. Das zeigte sich z. B. in derAnwesenheit von größeren Delegationender jeweiligen Botschaft oder auchin der Neu-Edition politischer Bücherin spanischer Sprache, <strong>die</strong>ses Mal u. a.Von links: Der indische Premierminister Manmohan Singh, Chinas Präsident XiJinping, Präsident Jacob Zuma (Südafrika), <strong>die</strong> brasilianische Präsidentin DilmaRousseff und der russische Präsident Wladimir PutinZur BRICS-Gruppe gehören fünfStaaten, deren wirtschaftlicherund politischer Stellenwert in derWelt in den letzten Jahren stark zugenommenhat: Brasilien, Russland, In<strong>die</strong>n,China und Südafrika. Sie umfassenzusammen 40 Prozent der Weltbevölkerungund erwirtschaften ein Vierteldes weltweiten Bruttoinlandsprodukts.Die Staatschefs <strong>die</strong>ser fünf wichtigstenSchwellenländer haben bei ihrem Gipfelin Durban (Südafrika) Menschenrechtsverletzungenin Syrien verurteiltsowie sich gegen eine weitere Militarisierungdes seit zwei Jahren andauerndenKonfliktes in <strong>die</strong>sem Landausgesprochen. „Angesichts der sichverschlechternden Lage in Syrien rufenwir alle Parteien auf, den Organisationenunverzüglichen, sicheren undungehinderten Zugang zu allen Hilfsbedürftigenzu erlauben und sicherzustellen“,heißt es in der Erklärung zumAbschluss des Gipfels in Durban. DieBRICS-Staaten gehen davon aus, dassder Übergangsprozess in Syrien denBelangen aller BevölkerungsschichtenRechnung tragen sowie durch einenbreiten nationalen Dialog zustandekommen müsse. Die Unabhängigkeitsowie <strong>die</strong> territoriale Einheit und SouveränitätSyriens dürften dabei nichtgefährdet werden.„Wir unterstützen <strong>die</strong> Anstrengungendes Sondergesandten der UNO und derArabischen Liga“, heißt es in der Erklärungweiter.Die Position der BRICS-Länder zu Syrienist der Haltung von Russland in<strong>die</strong>ser Frage sehr ähnlich und hat inder Abschlusserklärung des Gipfels ihrenNiederschlag gefunden, betonte derstellvertretende russische AußenministerSergej Rjabkow in Durban. Im Gegensatzzu den westlichen und etlichenarabischen Staaten, <strong>die</strong> den Rücktrittdes syrischen Präsidenten Baschar Assadals notwendige Voraussetzung für<strong>die</strong> Beilegung des andauernden Konfliktesfordern, hat Russland wiederholt daraufverwiesen, dass <strong>die</strong> Syrer bei einemgesamtnationalen Dialog selbst über <strong>die</strong>Zukunft ihres Landes entscheiden müssen.„Die in der Schlusserklärung formuliertePosition ist der Haltung Russlandssehr nah. Das ist ein sehr wichtigesErgebnis“, so Rjabkow. Dies zeugedavon, dass nicht nur Russland <strong>die</strong>seAuffassung vertritt, „sondern auch <strong>die</strong>Länder, in denen 45 Prozent der Erdbevölkerungleben“.Die BRICS-Staaten verständigtensich auch zum aktuellen Stand desProblems um das iranische Atomprogramm:„Wir sind der Auffassung, dasses keine Alternative zur Lösung desiranischen Nuklearproblems auf demVerhandlungsweg gibt. Wir erkennendas Recht des Iran auf <strong>die</strong> friedlicheKernkraftnutzung entsprechend denvon ihm übernommenen internationalenVerpflichtungen an und tretendafür ein, dass <strong>die</strong> damit verbundenenFragen mit politischen und diplomatischenMitteln gelöst werden, und zwardurch einen Dialog, darunter zwischender Internationalen Atomenergieagenturund dem Iran, im Einklang mit denBestimmungen der <strong>die</strong>sbezüglichenResolutionen des UNO-Sicherheitsratesund entsprechend den Verpflichtungendes Iran aus dem Atomwaffensperrvertrag“,heißt es in der Erklärung.„Wir sind über <strong>die</strong> Drohungen, gegenden Iran militärische Gewalt anzuwenden,genauso besorgt wie über einseitigeSanktionen.“Zum Abschluss des Gipfeltreffens vertagten<strong>die</strong> fünf Staatschefs <strong>die</strong> erwarteteGründung einer gemeinsamenEntwicklungsbank auf einen späterenZeitpunkt. Südafrikas gastgebenderPräsident Jacob Zuma sagte, es gebeden Beschluss, „offizielle Verhandlungen“zur Gründung einer solchen Bankzu führen. Sie soll nach bisherigen Plänenvor allem Infrastrukturprojektefinanzieren. Umstritten sind unter anderemnoch ihre Größe, <strong>die</strong> Kriterienfür <strong>die</strong> Vergabe von Geldern und derSitz des Instituts. Mit der eigenen Entwicklungsbankwird ein Konkurrent zuwestlichen Banken sowie zur Weltbankund zum Internationalen Währungsfonds(IWF) geschaffen.Die neue Entwicklungsbank sollte ursprünglichmit einem Startkapital von50 Milliarden Dollar ausgestattet werden,das heißt zehn Milliarden Dollar jeLand. Das entspricht etwa 2,5 Prozentvon Südafrikas Bruttosozialprodukt,und viele Südafrikaner fragten sich,wie <strong>die</strong>se Summe zusammenkommensoll. Schließlich erwies sich Russland,das zwei Milliarden Dollar pro Landvorschlug, als Bremser.BIP/Ria Nowosti/ZLVdas Buch „Marxismus und Dialektikbei Mao Tse-tung“.Inhaltlich war das Seminar in drei großeBereiche gegliedert:1. Strategien zur Machteroberung undKonsoli<strong>die</strong>rung alternativer nationalerRegierungen2. Volksmacht und seine verschiedenenFormen, vor und nach der Machteroberungdurch alternative nationaleRegierungen3. Themen der konjunkturellen Entwicklung.- Geoökonomische und geopolitischeKonsequenzen der neuen multipolarenWeltordnung. Das Risiko von militärischenKonflikten- <strong>die</strong> Weltwirtschaftskrise und ihre weiterePerspektive- Kolonialismus und Prozesse der Re-Kolonialisierung in der WeltZu den einzelnen Themenfeldern berichteten<strong>die</strong> RednerInnen dann überErfahrungen und Vorhaben in ihren jeweiligenLändern. Dabei wurde immerwieder auf das Wirken von Hugo ChávezBezug genommen, sein Einfluss aufdas aktuelle Denken und Handeln inLateinamerika unterstrichen. Das zogsich wie ein roter Faden durch <strong>die</strong> Redebeiträge.So versuchte z. B. der argentinische HistorikerNestor Kohan im einleitendenBeitrag des ersten Themenblocks dasProjekt von Chávez aus einer historischenPerspektive heraus zu erläutern.Es sei nur zu verstehen, wenn man einenBlick in <strong>die</strong> gemeinsame GeschichteLateinamerikas wirft. Chávez bezogsich bekanntlich in vielen konkretenAktionen auf den Unabhängigkeitskampfgegen <strong>die</strong> spanische Kolonialmachtzu Beginn des 19. Jahrhundertsund auf das Wirken Simón Bolívars.Chávez‘ Vision war es, den Traum Bolívarswieder zu beleben, <strong>die</strong> Einheit derlateinamerikanischen Völker in einemgemeinsamen Vaterland, dem PatriaGrande, herzustellen. Diesen Kampfgilt es fortzuführen. Eine eigenständigeEntwicklung Lateinamerikas, auchüber den Kapitalismus hinaus, ist nurin einem gemeinsamen kontinentalenKampf zu erreichen.Neben den fast 100 Redebeiträgen deseigentlichen Seminars bot <strong>die</strong> Veranstaltungviel Raum für bilaterale Gesprächezwischen den Delegationen. Sokonnte der Autor ein ausführliches Gesprächmit Carolus Wimmer, InternationalerSekretär der KommunistischenPartei Venezuelas (PCV), führen. Dabeistanden <strong>die</strong> Analyse der aktuellenpolitischen Situation in Venezuela sowie<strong>die</strong> Einschätzung der am 14. Aprilanstehenden Präsidentschaftswahlenim Zentrum. Wimmer zeigte sich vorsichtigoptimistisch, dass es dem progressivenBündnis Polo Patriótico, zudem neben der PSUV, der Partei desPräsidentschaftskandidaten NicolasMaduro, auch <strong>die</strong> KP Venezuelas gehört,gelingen wird, einen überzeugendenWahlsieg zu erzielen. Das sei wichtig,um Vorwürfen von Wahlmanipulationseitens der Opposition von Anfangan <strong>die</strong> Grundlage zu entziehen.Sicherlich auch auf Grund <strong>die</strong>ser Mischungaus Referaten und bilateralemMeinungsaustausch hat sich das InternationaleSeminar der PT über <strong>die</strong> Jahrehinweg nach den Jahrestreffen desForo Sao Paulo zum vielleicht wichtigstenTreffpunkt linker und kommunistischerOrganisationen in Lateinamerikaentwickelt.Zum Abschluss wurden dann auch gemeinsamTermin und Agenda des 18.Seminars im März 2014 beschlossen.Rainer SchulzeFreitag, 5. April 2013 7Georgien unter derRegierung IwanischwiliKampfbedingungen für <strong>die</strong> Kommunisten „etwas leichter“Bei den georgischen Parlamentswahlenam 1. Oktober 2012 hat <strong>die</strong> Partei desUSA-hörigen Diktators Saakaschwilibekanntlich eine deutliche Niederlageerlitten. Die Wahlen gewonnen hat<strong>die</strong> von dem Oligarchen Bidsina Iwanischwiligeführte Parteienkoalition„Georgischer Traum“. Eine neue Regierungmit Iwanischwili als Ministerpräsidentenwurde gebildet und ist baldein halbes Jahr im Amt. Die Zeitung„Prawda Moskwy“ nutzte <strong>die</strong> Teilnahmedes Politischen Sekretärs des ZKder Einheitlichen KommunistischenPartei Georgiens, Temur Pipija, als Gastam 15. Parteitags der KPRF, um ihn ineinem Interview nach den Veränderungenzu fragen, <strong>die</strong> sich seither in Georgienvollzogen haben und was <strong>die</strong>se für<strong>die</strong> Kommunisten bedeuten.Nach den Worten Pipijas steht heuteein eher pragmatischer Politiker ander Regierungsspitze. Es habe Veränderungensowohl in der Innen- wie inder Außenpolitik gegeben. Das „faschistischeRegime“ Saakaschwilis seigestürzt, und <strong>die</strong> neue Regierung habe„damit begonnen bürgerliche Demokratieeinzuführen“. Die Menschen atmetenfreier und man sei davon überzeugt,dass niemand mehr unbegründetinhaftiert werde.Was <strong>die</strong> Innenpolitik betreffe, so bleibeder Kapitalismus natürlich Kapitalismus.Aber es gebe dennoch bestimmteVeränderungen, z. B. in der Landwirtschaft.So würden Formen kooperativerLandwirtschaft durch <strong>die</strong> neue Gesetzgebungeingeführt. Dies geschehe zudem Zweck, zur Stärkung des Binnenmarkteslandwirtschaftliche Nutzflächenzu erweitern. <strong>Unter</strong> Saakaschwilihätten sich dagegen Mitglieder derRegierung am Import landwirtschaftlicherProdukte bereichert. Vieles davonkönnte im Land selbst produziertwerden.Die ultra-liberale Politik in der sozialenSphäre sei beendet, der neue Haushaltsozialer orientiert. Die Privatisierungsei eingestellt worden und <strong>die</strong> Finanzierungdes Bildungswesens habe begonnen.Mit Blick auf <strong>die</strong> Außenpolitik hebt TemurPipija hervor, dass <strong>die</strong> neue Regierung„eine gewisse Garantie“ dafür biete,dass es künftig keine Versuche mehrgeben werde, Probleme im Lande militärischzu lösen. Hinsichtlich der Beziehungenzu Russland sprächen einigeRepräsentanten der heutigen Führungvon dem Wunsch, humanitäre und kulturelleVerbindungen wiederherzustellen.Weiter gehe man aber nicht. DiePolitik sei prowestlich und proamerikanisch.Eine Besonderheit bestehe darin, dassdas frühere Regime noch über gewisseHebel verfüge, weil Saakaschwili bisOktober 2013 Präsident der RepublikGeorgien bleibe und das Recht habe,<strong>die</strong> Regierung aufzulösen. Die neueVerfassung trete erst nach den Präsidentenwahlenim Oktober in Kraft.Saakaschwili versuche mit Hilfe derUSA ein Gegengewicht zur neuen Regierungzu bilden. Es werde nach einerRevanche gesucht. ProamerikanischeKräfte bereiteten in ganz GeorgienAktionen vor. Die Situation bleibe gespannt.Pipija charakterisiert <strong>die</strong> EinheitlicheKommunistische Partei Georgiens alseine Oppositionspartei, <strong>die</strong> für <strong>die</strong> Wiederherstellungder Georgischen SozialistischenRepublik eintritt, für <strong>die</strong> Integrationder ehemaligen Sowjetrepubliken.In erster Linie unterstütze sie <strong>die</strong>Integration jener Formen, <strong>die</strong> bereitsauf dem Territorium der ehemaligenUdSSR unter Beteiligung der RussischenFöderation geschaffen wurden.Die Partei ist Mitglied der Union KommunistischerParteien – KPSU und hatetwa 3 000 Mitglieder.<strong>Unter</strong> der neuen Regierung sei es imVergleich zum diktatorischen Saakaschwili-Regimefür <strong>die</strong> KommunistischePartei etwas leichter geworden.Allerdings bestehe das Verbot derkommunistischen Symbole und dersowjetischen Ideologie bisher weiter.Und was <strong>die</strong> historischen Ereignisseder Sowjetperiode betreffe, so würdensie verzerrt und in einem negativenLicht dargestellt. „Wir arbeiten unterschwierigen Bedingungen. Die heutigenMachthaber in Georgien verhaltensich zu den Kommunisten wie zuAussätzigen. Selbst <strong>die</strong> Parteien, <strong>die</strong>sich als prorussisch positionieren, wollenöffentlich keine Blöcke mit uns bilden,keine Bündnisse mit uns eingehen.20 Jahre antikommunistischer Propagandazeigen ihre Wirkung.“ Ebensohabe <strong>die</strong> während all <strong>die</strong>ser Jahre betriebeneantirussische Kampagne dasBewusstsein der Jugend beeinflusst undmache es für <strong>die</strong> Kommunisten schwer,ihre Ideen zu propagieren. Willi GernsTod durch Vergiftung?Der Leichnam Pablo Nerudas wird exhumiertLange wurde darüber spekuliert, obPablo Neruda, kommunistischer Literaturnobelpreisträger,am 23. September1973 eines natürlichen Todesstarb oder Opfer der kurz zuvor an <strong>die</strong>Macht geputschten chilenischen Militärdiktaturwurde. Am 6. April soll eineExhumierung seines Körpers beginnenund Aufschluss darüber bringen, aufwelche Weise der Dichter zu Tode kam.Nerudas Leiche wurde an seinemWohnort Isla Negra in der Region Valparaísobeerdigt. Nach Angaben derZeitung „La Nación“ werden aufgrundder schwierigen Bodenverhältnisse dreiTage für <strong>die</strong> Exhumierung geplant; <strong>die</strong>sterblichen Überreste von Pablo Nerudasollen am 8. April geborgen werden.Der Rechtsmedizinische Dienst (SML)arbeitet gemeinsam mit internationalenExperten an der Exhumierung.Neruda war am 23. September 1973 ineiner Klinik in Santiago gestorben. Derehemalige Chauffeur des Dichters, ManuelAraya, hatte ausgesagt, dass PabloNeruda ihm gegenüber davon gesprochenhatte, dass er während seinesHausarrests in Isla Negra eine Spritzein den <strong>Unter</strong>leib bekommen hatte, <strong>die</strong>nicht zur Behandlung seines Prostatakrebsesgehört hatte. Daraufhin hatte<strong>die</strong> Kommunistische Partei Chiles Anzeigeerstattet. Deren Anwalt EduardoContreras sagte, auch das völlige Fehlenvon klinischen Berichten deute aufeinen Mord hin. Die <strong>Unter</strong>suchungenkönnten Aufschluss über eine Vergiftunggeben.Für den Fahrer und Sekretär Nerudasist <strong>die</strong> Exhumierung eine Genugtuung:„Endlich wird es Gerechtigkeit geben“,sagt Manuel Araya. Die DiffamierungArayas seitens der „Neruda-Stiftung“durch deren Präsidentin Aida Figue-roa,Arayas Aussage habe keine Bedeutung,wurde durch ihn zurückgewiesen: „Wowaren denn <strong>die</strong> Damen und Herrender Stiftung zwischen dem 11. und dem23. September, als ich Pablo gepflegthabe?“ Der letzte Wille des Dichterssei durch <strong>die</strong> Neruda-Stiftung missachtetworden, denn der Dichter hatte verfügt,dass sein Besitz dem Volk Chilesgehören sollte. Darüber hinaus bezahle<strong>die</strong> Stiftung ihren Angestellten so miserableLöhne, dass <strong>die</strong>se im Januar einenStreik durchführen mussten.Manuel Araya hatte <strong>die</strong> Ereignisse inden letzten Tagen im Leben Nerudas indem 2012 erschienenen Buch „El dobleasesinato de Neruda“ (Der zweifacheMord an Neruda) beschrieben. Er stelltesich damit in Widerspruch zu Aussagender Lebensgefährtin Pablo Nerudas,Matilde Urrutia, <strong>die</strong> den Mord nieangezeigt hatte. Günter Pohl


SozialistischeWochenzeitung –Zeitung der <strong>DKP</strong>www.unsere-zeit.deFoto: SarbokFoto: SarbokSaarlandOstermärsche 2013Bild oben rechts: Auftakt des OstermarschesRhein-Ruhr 2013.Bild oben links: Willi HoffmeisterBid unten: Ostermarsch Rhein-Ruhr,3. TagFoto: Konni Schmidt, www.bikeforpeace.netBild ganz unten: Der Berliner Ostermarschendete in <strong>die</strong>sem Jahr vor demKanzleramt. Frau Merkel war nicht zuHause …NürnbergIn der Senne gegen DrohnenFoto: BallinFoto: EngelsVor etwa 100 Ostermarschierern eröffneteDr. Eugen Drewermann denOstermarsch Ostwestfalen-Lippe/Sennein Bad Lippspringe. Mit den Worten„Der Krieg der Zukunft ist eingezieltes Morden aus der Entfernungmit Drohnen und Nanogeräten“ forderteer, den Appell „Keine Kampfdrohnen“zu unterstützen. In der Abschlusskundgebungam Rande derSenne führt Hartmut Linne vom Aktionskreis„Freie Senne“ den Teilnehmendenvor Augen, dass <strong>die</strong> britischenSoldaten den Häuserkampf, der Frauenund Kindern das Leben gekostet hätten,auf dem Truppenübungsplatz Sennetrainieren. „Krieg fängt mit übenan – und das direkt vor unseren Augen.“Der Aktionskreis „Freie Senne“ fordert<strong>die</strong> Entmilitarisierung der Senne und<strong>die</strong> zivile Nutzung als Nationalpark.Für <strong>die</strong> SDAJ Ostwestfalen-Lippe forderteFelix Heiligenstühler ein sofortigesZutrittsverbot für Bundeswehrsoldatenin Schulen.Hubert KniesburgesBerlin: Gemeinsam gegen Imperialismus und KriegFoto: Uwe Hiksch (CC BY-NC-SA 2.0)Es ist an der Zeit: Sagt NEIN zurKriegspolitik des Imperialismus, lautetedas Motto des Ostermarschs in Berlin,vom Potsdamer Platz zum Bundeskanzleramt.Dem Aufruf der BerlinerFriedenskoordination mit klaren Absagenan Kriegspropaganda und an <strong>die</strong>Grundgesetz- und völkerrechtswidrigenAuslandseinsätze der Bundeswehrzur Durchsetzung von geostrategischenund wirtschaftlichen Interessen folgtenrund 1 000 Teilnehmer aus dem Friedensbündnis.Die Berliner <strong>DKP</strong> demonstriertemit Rosa-Luxemburg-Posternund eigenem Transparent „Händeweg von Syrien! Gemeinsam gegen Imperialismus& Krieg“.„Verteidigungsminister“ de Maizièrewill mit Drohnen Interventionen derBundeswehr im Ausland perfektionieren.An der Spitze des Zuges thematisiertendeshalb Attrappen von deutschenKampfdrohnen als „neue Waffenkategorie“wie auch <strong>die</strong> vor demKanzleramt verlesene Rede Lühr Henkensvom Bundesausschuss Friedensratschlagdas neuerliche Wettrüsten mit„Killerrobotern“ auf hohem Niveau,eine Spirale zu immer entfesselterenKriegen. Den seit 24. März laufendenAppell „Keine Kampfdrohnen!“ unterstützenbundesweit 100 Verbände,Initiativen und Gruppen. Bisher unterschriebendafür bereits 6 000 Bürgerinnenund Bürger. Die Liqui<strong>die</strong>rung vonMenschen durch Drohnen und Sondereinsatzkommandosmuss sofort beendetund als Mord geächtet, <strong>die</strong> Planendenund Durchführenden müssen für<strong>die</strong>se Morde zur Rechenschaft gezogenwerden.„Bundeswehr raus aus Schulen undHochschulen! Weg von Jobbörsen undVolksfesten! Keine öffentlichen Gelöbnisseund Zapfenstreiche!“sind Forderungen,<strong>die</strong> in Zeiten von Wirtschaftskriseund Jobsim Niedriglohnsektorjunge Menschen zugleichvor uniformierten„Rattenfängern“warnen. Sabine Schiffer,Leiterin des ErlangerInstituts für Me<strong>die</strong>nverantwortung,verglich<strong>die</strong> gegenläufigenBundeswehr-Karrierendes Kundus-Kommandeurs OberstKlein und von Major Pfaff, der sichweigert, völkerrechtswidrigen Dienstzu tun. Wie leicht eine gesetzlich nichtlegitimierte„Parlamentsarmee“ wie <strong>die</strong>Bundeswehr in kriegerische Auseinandersetzungengeraten kann, lässt sichbeispielhaft an der Installation von Patriot-Raketenin der Türkei nachvollziehen.„Wie sich langsam herumspricht,stammt <strong>die</strong> Bombe für den ‚Angriff auf<strong>die</strong> Türkei‘ 2012 aus NATO-Beständen.Diese Bombe kann mitnichten auf dasKonto der syrischen Führung gehen.Was ist das Ziel <strong>die</strong>ses Manövers?“fragt Schiffer. Daher fordert das Friedensbündnisden „Patriot“-Abzug ausder Türkei und „Hände weg von Syrien“.Es sagt auch Nein zum Schmusekursvon DGB-Chef Sommer mit derals „Sicherheitsindustrie“ beschönigtenKriegswirtschaft. „Wenn <strong>die</strong> Vertreterder Arbeiterschaft nicht mehr derenlangfristiges Wohl im Auge haben“, soSabine Schiffer, „wenn <strong>die</strong> Lobby derLohnarbeiter ins gleiche Horn stößt wie<strong>die</strong> Lobbyisten der Kriegswirtschaft,wer vertritt dann noch unsere Interessen?Die Interessen der Mehrheitsbevölkerung,der Menschen, <strong>die</strong> das Fazitaus den Kriegen gezogen haben, dassnie wieder Krieg herrschen soll.“ Zusammenmit Gewerkschaften und Betriebsrätenmüssen deshalb Rüstungskonversionsprogrammedurchgesetztwerden, <strong>die</strong> gleich dem generellen Verbotvon Rüstungsexporten, dem sofortigenStopp der Rüstungsproduktionfolgen.Hilmar FranzMünchen


10 Freitag, 5. April 2013 Theorie und Geschichteunsere zeitDas war nur der Auftakt1. April 1933: Der Tag des JudenboykottsDer Terror nach der Machtübertragung an<strong>die</strong> NSDAP galt gewiss zunächst vorrangigder marxistisch orientierten Arbeiterbewegung,<strong>die</strong> zerschlagen werden sollte. Er traf Mitgliederder KPD, der SPD, linke Gewerkschafter,aber auch viele fortschrittliche Intellektuelle.Doch schon in der Weimarer Republik hatte esnicht nur offenen Antisemitismus bei Deutschnationalenusw., der NSDAP – für <strong>die</strong> Rassismus,speziell der Hass auf „<strong>die</strong> Juden“ von Anfang anBestandteil ihrer menschenverachtenden Ideologiewar – und auch in Kreisen der Kirchen gegeben,sondern vor allem brutale Überfälle von SA-Horden auf jüdische Bürger, auf ihre Geschäfte,Wohnungen und auf jüdische Einrichtungen. Für<strong>die</strong> deutschen Faschisten und andere faschistischeBewegungen waren <strong>die</strong> Juden der Weltfeind. Siebrachten „alle anderen Feindgruppen mit ihm inZusammenhang: Kapitalismus wie Kommunismus,Demokratie wie Liberalismus seien letztenEndes nur besondere Erscheinungsfor men des Judentums,geschaffen zum Zwecke der Vernichtungder höherwertigen Völker und Rassen. Damit warein Höchstmaß an Einfachheit und Effektivitäterreicht.” (Reinhard Kühnl, Formen bürgerlicherHerrschaft, Liberalismus – Faschismus,1971)Nach Beginn der Weltwirtschaftskrise 1929 wurdendann gezielt mittelständische Warenhäuserin jüdischem Besitz boykottiert. In der RuhrgebietsstadtEssen riefen NSDAP-Gauleiter JosefTerboven und seine „National-Zeitung“ offenzum Boykott jüdischer Geschäfte auf. Die NS-DAP-Parteipresse erwog seit 1931 mehrfach einenreichsweiten Boykott.Die Angriffe gegen jüdischeBürgerinnen und Bürger nehmen zuNach Hitlers Ernennung zum Reichskanzler am30. Januar 1933 und vor allem nach den Reichstagswahlenvom 5. März nahmen <strong>die</strong> Angriffe aufjüdische Bürger sowie auf jüdische Geschäfte, Betriebeund Einrichtungen deutlich zu.SA-Truppen griffen jüdische Geschäftsinhaberan, misshandelten sie, plünderten ihre Läden,verschleppten und ermordeten jüdische Bürger.Am 9. März nahmen SA-Angehörige im BerlinerScheunenviertel Dutzende osteuropäischer Judenfest und misshandelten sie in einem ihrer Folterkeller.Am gleichen Tag marschierten SA-Kolonnen vorder Berliner Börse auf und verlangten den Rücktrittdes „jüdischen Börsenvorstandes“.Am 9. März forderte Hitler von InnenministerFrick eine „bewusst völkische Gesetzgebung“ gegenüberden osteuropäischen Juden mit einemEinwanderungsverbot und Teilausweisungennicht eingebürgerter Juden. Am 16. März befolgteFrick <strong>die</strong> Anweisung und schickte einen dementsprechendenRunderlass an alle Landesregierungen.Der Terror traf auch polnische, österreichischeund US-amerikanische Staatsbürger.Am 11. März 1933 organisierte <strong>die</strong> faschistischeFührung des Freistaates Braunschweig den sogenannten„Warenhaussturm“ in Braunschweig. InKiel wurde am 12. März der Rechtsanwalt WilhelmSpiegel ermordet. Die Liste der Verbrechenin jenen Tagen ist lang…All <strong>die</strong>s wurde begleitet von antijüdischer Hetzein Zeitungen und auf Plakaten. Die NürnbergerZeitschrift „Der Stürmer“, deren Herausgeber dermehrfach vorbestrafte Julius Schleicher war, tatsich dabei besonders hervor. Die Zeitschrift erreichtezeitweilig immerhin eine Auflage, <strong>die</strong> in<strong>die</strong> Hunderttausende ging. „Der Stürmer“ war,wie es im antifaschistischen „Braunbuch“ 1933hieß, „kein antisemitisches Hetzblatt im üblichenMaßstab. Sein Inhalt ging weit über alles hinaus,was man bisher in Deutschland an Schmutz zulesen gewöhnt war. ‚Der Stürmer‘ war immer einGossenerzeugnis.“Aufgrund solcher Ereignisse und der antijüdischenHetze nahmen <strong>die</strong> internationalen Protestezu. In der britischen und US-amerikanischenPresse wurden <strong>die</strong> Gewaltakte aufmerksam registriert.Der „Manchester Guardian“ stellte damals fest:„Die vorliegenden Beispiele von Terrorakten derNazis seit den Wahlen machen es offenkundigerals je, dass der Terror viel schlimmer war, als zuerstgeglaubt wurde. Die britische, französischeund amerikanische Presse hat <strong>die</strong> Tatsache nichtetwa, wie <strong>die</strong> deutsche Presse behauptet, übertrieben,sondern <strong>die</strong> Schrecknisse unterschätzt, wasallerdings sehr natürlich ist, da ja nur ein kleinerTeil des Tatsachenmaterials zur Kenntnis der Auslandspressegelangt ist. Am schlimmsten – sogarschlimmer als in Berlin – scheint der Terror inKassel gewütet zu haben…“ (Braunbuch - sieheQuellenangaben)Jüdische Organisationen in den USA, Großbritannienund Palästina rechneten seit Mitte Märzmit den im faschistischen Hetzblatt „Der Stürmer“angedrohten Boykottmaßnahmen und berietenGegenmaßnahmen. Dabei wurde auch derBoykott deutscher Wirtschaftsunternehmen öffentlichdiskutiert.Diese internationale Reaktion lieferte der faschistischenFührung in Deutschland den geeignetenVorwand für einen reichsweiten Boykottjüdischer Läden und Einrichtungen, für <strong>die</strong> Vertreibungvon Ärztinnen und Ärzten, Juristinnenund Juristen, Künstlerinnen und Künstlern, Wissenschaftlerinnenund Wissenschaftlern, Lehrerinnenund Lehrern.Minutiöse VorbereitungBinnen vier Tagen organisierte Goebbels mit seinenLeuten <strong>die</strong> Durchführung. Überall wurden injenen Tagen Plakate an Litfaßsäulen, an Ladentüren,an Schaufenstern von Kaufhäusern und anEingänge öffentlicher Gebäude geklebt, <strong>die</strong> <strong>die</strong>jüdischen Bürgerinnen und Bürger verleumdeten.Die Faschisten setzten dabei – um ihre Zieledurchzusetzen – erfolgreich auf „Sündenbockphilosophie“(Kühnl). Geschickt nutzten sie vorhandeneVorurteile und Ängste von Menschen aus,von denen ein großer Teil in der Weltwirtschaftskrisean den Rand der Existenz gedrängt wordenwar. Nicht anders als <strong>die</strong> Mehrheit der Arbeiterinnenund Arbeiter sowie der kleinen Angestelltenjüdischer Herkunft. Die Demagogie aber „griff“ –wenn auch noch nicht so wie später – ebenso wieAngst und führte so auch zur Spaltung und Entsolidarisierungin der Arbeiterklasse.Am 30. März 1933 gab Goebbels vor der Presseeine Erklärung ab. Die Reichsregierung habegegen jüdische Geschäftsinhaber einen Boykottbeschlossen. Praktisch bedeute <strong>die</strong>se Maßnahme,dass alle Handelsbeziehungen zu jüdischen Kaufleutenvon „den Deutschen“ abgebrochen werdensollten.Einen Tag darauf druckten <strong>die</strong> faschistischen ZeitungenAusnahmebestimmungen ab: „Es ist beschlossen… ab Samstag, dem 1. April 1933, vormittags10.00 Uhr, über alle jüdischen Geschäfte,Warenhäuser … den Boykott zu verhängen. DieserBoykottierung Folge zu leisten, dazu rufen wirEuch, deutsche Frauen und Männer, auf!“·Am selben Tag veröffentlichte <strong>die</strong> Nazipartei dazu11 Programmpunkte. Darin hieß es unter anderem:„1. In jeder Ortsgruppe … sind sofort Aktionskomiteeszu bilden zur praktischen, planmäßigenDurchführung des Boykotts …2. Die Aktionskomitees haben sofort durch Propaganda… den Boykott zu popularisieren ….3. Der Boykott setzt nicht verzettelt ein, sondernschlagartig …“Zum Schluss hieß es: „Nationalsozialisten! Samstag,Schlag 10 Uhr, wird das Judentum wissen,wem es den Kampf angesagt hat!“Organisiert wurde <strong>die</strong>se antisemitische Kampagnevom „Zentral-Komitee zur Abwehr der jüdischenGreuel- und Boykotthetze“ unter Julius Streicher.Dieser versprach: „Ich werde ganze Arbeit leisten!“Zu seinem Stellvertreter im Aktionskomiteeernannte Streicher unverzüglich seinen Mitarbeiter,den Redakteur des „Der Stürmer“, Holz. AuchHolz war – wie Streicher – zuvor vielfach mit denStrafgesetzen in Konflikt geraten.Streicher erklärte am 30. März vor Pressevertretern:„Ich werde nicht davor zurückschrecken, dendeutschen Juden auch <strong>die</strong> Ausübung des Gottes<strong>die</strong>nstesmit Gewalt zu verbieten und sie am Betretender Synagogen durch bewaffnete SA-Leutehindern zu lassen.“Um von den eigenen Taten abzulenken, wurdeschon Tage zuvor vor „kommunistischen Provokateuren“gewarnt. Die Brutalitäten und Ausschreitungender SA-Horden sollten nicht „derBewegung“ zugeordnet werden. InnenministerWilhelm Frick telegrafierte am 31. März an allePolizei<strong>die</strong>nststellen, in SA-Uniformen verkleideteKommunisten seien <strong>die</strong> Täter. Das Braunbuch berichtete1933: „… konsequent sind denn auch <strong>die</strong>meisten Bestialitäten, <strong>die</strong> an <strong>die</strong>sem Tage vorgekommensind, auf das Konto <strong>die</strong>ser frei erfundenen‚kommunistischen Provokateure‘, <strong>die</strong> merkwürdigerweiseschon seit vielen Jahren in denReihen der SA stehen, geschoben worden. Nichtin allen Fällen ist es möglich gewesen zu leugnen,dass SA-Kommandos auf Weisung mittlerer oderhöherer Funktionäre ‚Verhaftungen‘ vorgenommenhaben, bei denen dann das eine oder andere‚Judenschwein zu Schaden gekommen‘ ist.Der reichsweite Boykott„Deutsche! Wehrt Euch! Kauft nicht bei Juden!“ –unter Parolen wie <strong>die</strong>ser begann am 1. April 1933,am jüdischen Sabbat, an dem viele jüdische Kaufleutegar nicht arbeiteten oder ihre Geschäfte frühschlossen, um 10 Uhr der Boykott jüdischer Geschäfte,Ärzte und Rechtsanwälte. So postiertensich in allen Stadtteilen Berlins SA und SS vorjüdischen Geschäften – um den Alexanderplatz,im sogenannten Scheunenviertel, in dem damalsviele jüdische Bürgerinnen und Bürger lebten,d. h. in den Straßen bis zum Oranienburger Tor,um den Rosenthaler Platz, aber auch in RichtungJannowitzbrücke und Königstor, in den Konfektionsviertelnum den Hausvogtei-, Dönhoff- undPotsdamer Platz, in der Friedrichstraße …Durch <strong>die</strong> Straßen fuhren Lastwagen mit Transparenten:„Es ist verboten, bei Juden zu kaufen!“Geschäfte wurden geplündert und zerstört. (Gotschlich)Überall im Land geschah zur gleichen Zeit Ähnliches.In Annaberg terrorisierte ein starkes SA-Aufgebot<strong>die</strong> Bevölkerung. Passanten oder Käufer,<strong>die</strong> den Boykott verurteiltenoder sich ihm widersetzten,wurden zusammengeschlagenoderverhaftet. Jedem Käufer,der <strong>die</strong> jüdischen Lädenverließ, drückten sie einenStempel mit der Inschriftauf das Gesicht:„Wir Verräter kauftenbeim Juden!“ In anderenOrten fotografierten <strong>die</strong>Faschisten Jene, <strong>die</strong> sichüber den angeordnetenBoykott hinwegsetzten.Tage später wurden siedem Publikum in einerKino-Wochenschau als„abschreckendes Beispiel“präsentiert.Aus Kassel kam <strong>die</strong> Meldung:„Auf dem Friedrichsplatzvor dem WarenhausTietz ist einViereck des Platzes inKäfigform mit Stacheldrahtabgesperrt und ein Schild mit der Aufschriftangebracht: ‚Konzentrationslager für widerspenstigeStaatsbürger, <strong>die</strong> ihre Einkäufe bei Juden tätigen!‘“Die Tochter des jüdischen Kaufmanns JonasFränkel aus Berlin erzählte: „… gegen halb 8 Uhrabends drangen drei SA-Hilfspolizisten in unsereWohnung, Dragonerstr. 37, ein. Zwei hielten… mir je einen Revolver auf <strong>die</strong> Brust und auf<strong>die</strong> Stirn. Der Dritte schoss auf den Vater, der amSchreibtisch saß … Mein Vater sank blutüberströmt… zu Boden.“ (Gotschlich)Goebbels fuhr am gleichen Tag durch <strong>die</strong> BerlinerInnenstadt. Zufrieden stellte er fest: „DerBoykott … ist in voller Schärfe entbrannt … AlleJudengeschäfte sind geschlossen.“Zwar wurde der Boykott bereits am Abend des1. April abgebrochen und am 4. April offiziell fürbeendet erklärt, doch <strong>die</strong> Folgen für <strong>die</strong> jüdischenBürgerinnen und Bürger – auch für Bänker undIndustrielle – waren gravierend. Der jüdische Geschäftsführerund jüdische Vorstandsmitgliederdes Reichsverbandes der deutschen Industriewurden zum Ausscheiden gezwungen.Der Judenboykott traf ebenso <strong>die</strong> Juristen. Ineinem amtlichen Schreiben des Reichskommissars(für das Preußische Justizministerium) vom31. März 1933 an sämtliche Oberlandesgerichtspräsidenten,Generalstaatsanwälte und Präsidentender Strafvollzugsämter heißt es: „Ich… ersuche… umgehend, allen amtierenden jüdischenRichtern nahezulegen, sofort ihr Urlaubsgesucheinzureichen und <strong>die</strong>sem sofort statt zugeben …Mir scheint es selbstverständlich zu sein, dass <strong>die</strong>Beiordnung jüdischer Anwälte … nicht mehr erfolgt… Wenn von den Gau- und KreisleitungenFoto: Bundesarchiv, Bild 102–14468/Georg Pahl/CC-BY-SA 3.0der NSDAP der Wunsch geäußert wird, durchuniformierte Einheiten <strong>die</strong> Sicherheit und Ordnunginnerhalb des Gerichtsgebäudes zu überwachen,ist dem …. Rechnung zu tragen.“Wenige Tage später meldete <strong>die</strong> Presse <strong>die</strong> Streichungder jüdischen Bürger aus den Listen derGeschworenen, Schöffen und Handelsrichter.Ähnliche Verordnungen wurden auch gegen jüdischeÄrzte wirksam. Der Leiter der DeutschenÄrzteschaft gab am 1. April 1933 einen Beschlussder Krankenversicherungsanstalt bekannt. Danachsollen Zahlungen für <strong>die</strong> Behandlung vonPatienten bei jüdischen Ärzten ab sofort eingestelltwerden. Weiter wird erklärt: „Die Krankenversicherungsanstalterwartet, dass … [ihre]Mitglieder … auch jüdische Apotheken, Kliniken,Optiker, Badeanstaltsbesitzer, Zahnärzte… nichtin Anspruch nehmen.“Im Mai 1933 veröffentlicht das „Groß-BerlinerÄrzteblatt“ einen Aufruf: „Fort mit den jüdischenÄrzten! … insbesondere <strong>die</strong> Ärzte kommen mitweitesten Kreisen der Bevölkerung in persönlicheBerührung und nehmen als Ärzte ihren Patientengegenüber eine Vertrauensstellung ein … DerProvinzialvorstand der Ärzte Brandenburgs hältes daher in unserem … Staat für undenkbar, dassein Jude <strong>die</strong> Möglichkeit behält, das Gift jüdischenDenkens auf <strong>die</strong>sem Wege auszustreuen …“Wenige Tage nach den Ärztinnen und Ärzten folgten<strong>die</strong> jüdischen Redakteure und Journalisten.Auch bekannte Sportler waren betroffen.Am 7. April 1933 trat ein Reichsgesetz in Kraft,das <strong>die</strong> Entfernung jüdischer Bürger aus den öffentlichenÄmtern und aus dem kulturellen Lebenanordnete. Arbeitslos wurden auch jüdische Angestellteund Arbeiter.Die faschistische Presse erklärte, „dass es untragbarist, wenn… noch jüdische Lehrer amtieren“.Am 25. April 1933 erließ <strong>die</strong> Hitler-Regierung ein„Gesetz gegen <strong>die</strong> Überfremdung deutscher Schulenund Hochschulen“. Auch viele jüdische Kindermussten nun <strong>die</strong> Schule verlassen.Die frei gewordenen Lehrerstellen wurden durchNazis besetzt. Sie bestimmten nun den Inhalt desBildungs- und Erziehungsprogramms. Eines derneuen <strong>Unter</strong>richtsfächer nannte sich „Rassenlehre“.Der Boykott war nur der AuftaktAm 15. September 1935 fand in Nürnberg einNSDAP-Parteitag statt. Die dort verkündeten„Nürnberger Gesetze“ entzogen den Menschenjüdischer Herkunft in Deutschland fast sämtlicheRechte. Eines <strong>die</strong>ser Gesetze verbot <strong>die</strong> Heiratzwischen Deutschen jüdischer und nicht jüdischerHerkunft. Durch das „Reichsbürgergesetz“verloren jüdischer Bürgerinnen und Bürger nunauch <strong>die</strong> „Reichsbürgerschaft“. Damit wurde ihreim 19. Jahrhundert durchgesetzte Emanzipationrückgängig gemacht.Ein Attentat auf den Legationsrat der deutschenBotschaft durch einen jüdischen Studenten inParis wurde den Faschisten zum willkommenenAnlass für ein neues blutiges Vorgehen gegen <strong>die</strong>jüdischen Bürgerinnen und Bürger. In der sogenannten„Kristallnacht“ in der Nacht vom 9. zum10. November 1938 ermordeten <strong>die</strong> Faschisten 91jüdische Menschen, brachten 20 000 in Konzentrationslager,zerstörten 7 500 Geschäfte, 281 Synagogenund 200 weitere Gebäude.Im Jahre 1939 beschloss <strong>die</strong> Reichsbehörde derHitler-Regierung <strong>die</strong> „Arisierung“ der deutschenWirtschaft, <strong>die</strong> endgültige Enteignung der jüdischen<strong>Unter</strong>nehmer.Am 31. Juli 1941 erteilte Göring dem Chef derGestapo, Reinhardt Heydrich, in konsequenterUmsetzung des faschistischen rassenideologischenProgramms, den Auftrag zur „Endlösungder Judenfrage“, zur systematischen Ermordungvon Millionen jüdischer Menschen aus ganz Europa.Auch ein Teil der Familie meiner Mutter kamso um.Schon zuvor war jedoch der „Generalplan Ost“beschlossen worden, der zum Tod und zur Versklavungvon Millionen Menschen slawischer Herkunftin Osteuropa und vor allem in der Sowjetunionführte. Hunderttausende Sinti und Romawurden Opfer der Faschisten.Es gibt kein Vergeben. Es gibt kein Vergessen.(Zusammenstellung: Nina Hager)Quellen u. a.:• Braunbuch über Reichstagsbrand und Hitlerterror.Vorwort Lord Marley, Universum-Bücherei Basel 1933,Nachdruck Akademie-Verlag Berlin 1980• Helga Gotschlich, Als <strong>die</strong> Faschisten an <strong>die</strong> Macht kamen,Berlin 1982• Deutsche Geschichte, Bd. 3, Berlin 1968• Rainer Zilkenat, Daten und Materialien zur Diskriminierung,Entrechtung und Verfolgung der Juden inDeutschland im Jahre 1933, Rosa-Luxemburg-Stiftung –Gesellschaftsanalyse und Politische Bildung – Seminarmaterialien,2004


12 Freitag, 5. April 2013 Politisches Buchunsere zeitWie man einen säkularen Staat zerstörtund eine Gesellschaft islamisiertZu den Ereignissen in und um SyrienDie Herausgeber des Buchs „Syrien – Wie man einen säkulären Staatzerstört und eine Gesellschaft islamisiert“, Wolfgang Gehrke undChristiane Reymann, gehören zu den konsequenten Verteidigern derfriedenspolitischen Grundsätze der Partei „Die Linke“, <strong>die</strong> auch inderen Erfurter-Programm von 2011 – gegen alle Widerstände in dereigenen Partei – festgeschrieben werden konnten.Wir bieten eine Leseprobe aus dem Vorwort von Christiane Reymann undWolfgang Gehrcke.Die Dritte Kraft – Oder:Die Große Kriegs-Koalitionwerden Sie hier nicht findenAngesichts der Gewalt und dermenschlichen Katastrophen in Syriensind Friedenskräfte in Deutschlandund in Europa wie gelähmt. Sie wollendas Regime Assad nicht verteidigenund schon gar nicht von ihm instrumentalisiertwerden. Zugleich sehensie, dass <strong>die</strong> meisten der hierzulandebekannten Assad-Gegner und „FreundeSyriens“ weder demokratisch nochfriedlich sind. Als Partner fallen sieaus. Und nirgendwo scheinteine dritte Kraft in Sicht. Dochsie ist schon da, aber kaum inden Me<strong>die</strong>n: Die dritte Kraft sindFriedensbe- wegte, Demokraten,Linke in Deutschland, inSyrien und weltweit.Wenn es um den Nahen Osten,<strong>die</strong> Ausein- andersetzung Israel-Palästina, den Libyen-Kriegund viel mehrnoch wennes um Syriengeht, hörenwir immerwieder: Wirblicken nichtdurch, wirkennen unsnicht aus,wir wissennicht, was wir tun sollen. Das wäreaber nötig, denn im Syrien-Konfliktkreuzen sich alle strategischen Konfliktliniendes Nahen und Mittleren Ostens.Deshalb steht auf der Agenda derFriedenskräfte in Deutschland und übrigensauch in Syrien: Aufklärung, Austauschvon Wissen, Analysen, Erfahrungenund Diskussion. Dazu möchtenwir mit <strong>die</strong>ser Publikation beitragen.Hier schreiben Autorinnen und Autoren,<strong>die</strong> Gewalt als Mittel zur Lösungdes Syrien-Konflikts ablehnen. Männerund Frauen aus Syrien bringenihre eigene Sicht mit eigener Stimmeresp. Handschrift ein. Sie alle kämpfenseit Jahren in der demokratischen Oppositionfür sozialen und politischenWandel in ihrem Land. Sie waren politischverfolgt, inhaftiert, einige musstendas Land verlassen. Ihnen dankenwir ganz besonders. Auf der Basis einerStrategie von Gewaltlosigkeit undDialog setzen auch <strong>die</strong> Einzelnen in<strong>die</strong>sem Teil der syrischen Oppositionsehr unterschiedliche Akzente. Diehaben wir als Herausgeber nichtnur respektiert, sondern ihnenRechnung getragen als Teilder syrischen Wirklichkeit.Die gewaltfreie, dialogorientierteOpposition in Syrienist einer zweifachen Repressionausgesetzt: durch <strong>die</strong> auf einenRegime-Change ausgerichtetengewaltsamen Gruppen unddurch denStaat. Hinzukommt: Sie werden durch <strong>die</strong> Politikder westlichen Staaten und <strong>die</strong> Mainstream-Me<strong>die</strong>nausgegrenzt. Zusammenmit den Autorinnen und Autorenaus Syrien beschreiben <strong>die</strong> aus Ägypten,Libanon und Deutschland in <strong>die</strong>serPublikation einen Korridor für einendemokratischen Wandel in Syrien, gewaltfreiund beginnend mit dem Allerdringlichsten:Ende des Blutvergießens.Notwendig sind Verhandlungen zwischenden Konflikt- und Bürgerkriegsparteien.Sie deuten sich an. Eine politischeChance für Verhandlungenbietet <strong>die</strong> Tätigkeit des Sonderbeauftragtender UNO und der ArabischenLiga, Lakhdar Brahimi. Eckpunkte dafürsind von der UNO oder unter ihrerSchirmherrschaft erarbeitet worden, soim Genfer Kommuniqué der Syrien-Kontaktgruppe: Gewaltverzicht, Waffenruhe,Waffenstillstand, Erhalt derstaatlichen Einheit und des multireligiösenCharakters Syriens, Freilassungvon Gefangenen und Verschleppten,vollständiges Waffenembargo für alleKonfliktseiten, Vereinbarung zu einerÜbergangsregierung und zu Bedingungenfür Wahlen.Zugleich wird in <strong>die</strong>sem Buch ein Gegenentwurfskizziert zur Strategie derVorwortDie Dritte Kraft – OderDie Große Kriegskoalition werden Sie hier nicht findenInhalt„Freunde Syriens“, der NATO, derBundesregierung, <strong>die</strong> einen Regime-Change ansteuern und prinzipiell eineausländische Militärintervention nichtausschließen. In <strong>die</strong>sem Fall wäre <strong>die</strong>NATO und mit ihr Deutschland Teileines Nahostkrieges mit unabsehbarenRisiken. Einen ersten Schritt in <strong>die</strong>seRichtung ist Deutschland bereits mitder Stationierung der Patriot-Raketenan der türkisch-syrischen Grenze gegangenund einen zweiten durch <strong>die</strong>exorbitante Steigerung der Rüstungsexportein <strong>die</strong> Krisenregion Nahost. In<strong>die</strong> Golfstaaten verdoppelten sie sich2012 im Verhältnis zum Vorjahr undauch Israel wird reichlich bedacht, nichtnur mit U-Booten. So trägt Deutschlandzur Militarisierung der Konfliktebei. „Wann Krieg beginnt, das kannman wissen, aber wann beginnt derVorkrieg“, fragt Christa Wolfs Kassandra.„Falls es da Regeln gäbe, müssteman sie weitersagen. In Ton, in Steineingraben, überliefern. Was stünde da.Da stünde unter andern Sätzen: LASSTEUCH NICHT VON DEN EIGNENTÄUSCHEN.“ Zu den Täuschendengehört das Interessengeflecht aus Wirtschaft– Interesse an Energie und Rohstoffen–, Politik – Interesse an strategischemEinfluss – und Me<strong>die</strong>n – Interesse,dabei zu sein und dazu zu gehören,zu oft „embedded“.Vermissen werden Sie in <strong>die</strong>sem BuchAufrufe zu Gewalt, zur Fortsetzungdes Bürgerkrieges, zum Waffenhandel,zur „humanitären Intervention“,zur „Bündnistreue“. Grüne, Christdemokraten,Liberale und SPD bilden imBundestag seit Jahren eine übergroßeKoalition der Unvernunft. Sie hatKrieg wieder zu einem Mittel der Politikgemacht im Kosovo, in Afghanistan,am Horn von Afrika und anderswo.Doch Militär hat internationale Konfliktenicht gelöst, sondern verschärft,<strong>die</strong> Welt ist unfriedlicher geworden.Dem setzen wir entgegen: Realistischist einzig eine unbeugsam auf Friedenausgerichtete Politik in Syrien und anderswo.(.…)Wolfgang Gehrcke/Christiane Reymann(Hg.), Syrien. Wie man einen säkularenStaat zerstört und eine Gesellschaftislamisiert,PapyRossa Verlag 2013, 187 Seiten,ISBN: 978–3-89 438–521-7, Ladenpreis:EUR 9,90 [D]Fakten und HintergründeHarri Grünberg: Aufstieg, Niedergang und Sturz des sekulären Arabischen NationalismusKarin Leukefeld: Der Aufstand hat eine Vorgeschichte, sozialökonomisch und politisch H Mamdouh Habashi: Derislamische Fundamentalismus und und der politische Islam H Arne C. Seifert: Erobert der Dschihad Syrien? Oder:das Fiasko der Antiterrorstrategie H Norman Peach: Wer siegt in Syrien, der Krieg oder das Völkerrecht? H EberhardCromme: Die Türkei. Ein neuer globaler Akteur H Karin Kulow: Israel – Syrien: Widerstreitendes Interessengefüge HJohanna Bussemer: Entschlossen in der zweiten Reihe. Zur Syrien Politik der deutschen Bundesregierung H WolfgangGehrke/Christiane Reymann: Linke und der Syrien-Konflikt. Eigenes jenseits der Konfliktparteien.Stimmen aus der demokratischen OppositionIssam Haddad: Syrische Kommunisten zwischen Widerstand, Teilhabe an der Macht und Spaltungen H MichelKilo: Das denkt der Präsident vom Volk – Mythen, Fehler und Selbsttäuschungen des Assad-Regimes H HaythamManna: Es kann gelingen – demokratischer Wandel in Syrien H Louay Hussein: Der syrische Aufstand: Realität undPerspektiven H Mouna Ghanem: Der Schmetterlingseffekt: Syrerinnen für den FriedenWho Is Who in der syrischen PolitikParteien und Gruppen der Opposition, der Linken, der RegierungFoto: BundeswehrDie Stationierung von Patriot-Raketen der Bundeswehr an der türkisch-syrischenGrenze und <strong>die</strong> wesentliche Steigerung der Rüstungsexporte in <strong>die</strong> KrisenregionNahost verschärft <strong>die</strong> Gefahr, dass <strong>die</strong> NATO und mit ihr Deutschland zum Teileines Nahostkrieges mit unübersehbaren Risiken wird.DokumenteSechs-Punkte-Plan von Kofi Annan vom 12.4.2012Schlusskommunique der Syrien-Aktionsgruppe vom 30.6.2012 (Genfer Kommunique)Genfer Erklärung der gewaltfreien, demokratischen Opposition vom 29. Januar 2013Autorinnen und AutorenAlte und neue Weckrufe… für eine Gesellschaft der Freien und Gleichen •Buchempfehlung von Lothar GeislerWohl ein jeder Kommunist, eine jedeKommunistin hat Bücher, <strong>die</strong> ihn odersie von Jugend an begleiten und zu denenman in unterschiedlichen Lebenslagenimmer wieder greift. Meine beidenFavoritenwaren bisher:Voltaires„Candide“ und Bert Brechts „Me-Ti –Buch der Wendungen“. Jetzt ist im Ossietzky-Verlagein Buch erschienen,dasdurchaus Potenzial für einen ähnlichenLangzeit-Favoritenstatus hat: „Lob desKommunismus“ – mit dem wunderbaren<strong>Unter</strong>titel „Alte und neue Weckrufefür eine Gesellschaft der Freien undGleichen“ und ebensolchen Illustrationenvon Thomas Richter.Eckart Spoo, Hermann Klenner undWolfgang Beutin haben – unterstütztvon anderen- „Lesefrüchte zusammengetragen“,„Fundamentalsätze kommunistischerDenk- und Lebensweise“(Klenner) von über 100 zumeist europäischen– manchmal auch vergessenen– Dichtern, Denkern, Philosophenund Politikern. Wobei so vieleaus Platzgründen nicht aufgenommenwurden, dass Eckart Spoo in seinenNachbemerkungen bereits einen zweitenBand ankündigt. Das Motiv derHerausgeber für ihr Projekt: IntellektuellerFlankenschutz für Widerständige.Eckart Spoo: „In der Auseinandersetzungzwischen Menschenrecht undKapitalmacht … wird es immer aufMenschen ankommen, <strong>die</strong> sich nichteinschüchtern lassen, weil sie sich ihrerSache sicher sind. Ihnen soll es helfenzu wissen, dass viele berühmte Dichterund Denker auf ihrer Seite stehen.“Herausgekommen ist eine „Mischungvon Auszügen aus Aufsätzen, Gedichten,Romanen, auch aus einem Theaterstücksowie aus Reden, Dialogen undInterviews von Weltverbesserern – „indurchaus unterschiedlichen Weltanschauungeneingebettet“. Sie verstandensich „keineswegs alle als Kommunisten,<strong>die</strong> allermeisten aber als Gegnervon Ausbeutungs-, <strong>Unter</strong>drückungsundVerdummungsverhältnissen in derGesellschaft ihrer Zeit“, schreibt HermannKlenner zum Geleit.„Kommunismus ist tabu. Dass er vernünftigsein könnte, darf niemand denkenoder gar aussprechen. Niemanddarf auf <strong>die</strong> Idee kommen, kommunistischeGedanken könnten richtig undnützlich sein. Wer gegen <strong>die</strong>ses Tabuverstößt, hat mit heftigen öffentlichenAngriffen und Distanzierungen zu tun.“(S. 5)Hermann Klenner erinnert daran,dass nachvollziehbar-vernünftige Äußerungenz. B. von Gesine Lötsch oder-Gregor Gysi „bei fanatisierten Antikommunistenein ihrem limitierten Horizontgemäßes Echo aus(lösten).“ Dasist eine der wenigen Stellen, an denenParteipolitik durchschimmert, von deransonsten „in <strong>die</strong>sem Buch kaum <strong>die</strong>Rede (ist)…Für parteipolitische Zweckeist <strong>die</strong>ses Buch nicht gedacht undnicht geeignet“, betont Eckart Spoo inseiner Nachbemerkung. Das ist auchwirklich gut so! Denn wer hätte heuteschon Bert Brechts „Lob der Partei“ver<strong>die</strong>nt? Das ist kein Makel, sondernStärke <strong>die</strong>ses Buches. Und außerdem:Antikommunismus, <strong>die</strong> „Grundtorheit“des letzten Jahrhunderts, macht als Totschlagargumentauch im 21. Jahrhundertvor niemandem halt, der <strong>die</strong> realexistierende Welt nicht für <strong>die</strong> bestealler Welten hält. Davor schützt keinAbtauchen. Insofern sind <strong>die</strong> hier zusammengetragenen„Lesefrüchte“ alldenen, „<strong>die</strong> sich Blick und Weg nachvorn nicht verschandeln lassen wollen“,sei es in Gewerkschaften, sozialenBewegungen oder verschiedenstenParteien, wirklich sehr zu empfehlen.Denn sie drücken, so Hermann Klenner„eine Sehnsucht aus, dass <strong>die</strong> Verhältnissegrundlegend anders werdenmüssen, als sie waren und als sie sind.Und es geht auch um <strong>die</strong> Konturen einerlinken, auf sozialistische, letztlichkommunistische Lebensverhältnissegerichteten Politik.“Aber als Leser bin ich persönlich vorfast vierzig Jahren nun mal organisierter(!) Kommunist geworden undzwar aus nachvollziehbar-vernünftigenGründen in der <strong>DKP</strong>. „PolitischePraxis ist immer organisiert-kollektivePraxis. Das Individuum bleibt immerprivat, wie sehr es auch von den Inhaltender Politik ergriffen und erregt seinmag.“ So hat Hans Heinz Holz 1995 in„Kommunisten heute“ (Neue ImpulseVerlag) knapp begründet, warum „<strong>die</strong>Organisationsfrage nicht nur eine praktisch-soziologische,sondern eine philosophischeWesensfrage“ ist.Und als organisierter Kommunist findeich das Buch durchaus auch für unsereparteipolitischen Zwecke geeignet,selbst wenn es nicht dafür gedacht ist.Gerade weil auch unserem „Verein“ –wie Brecht <strong>die</strong> Partei in seinem „Me-Ti“ nannte – <strong>die</strong>se „Weckrufe für eineGesellschaft der Freien und Gleichen“nur gut tun können. Es kann auchfür unsereins – und zwar altersunabhängig– nur gut sein, sich angesichtsschwierigster äußerer Verhältnisse wieinnerer Debatten nicht einschüchternzu lassen, sich gemeinsame Wurzeln,Werte, Utopien und historische Erfahrungenanzueignen und – selbstverständlichmit anderen zusammen –das „Wirklichwerden kommunistischerDenk- und Lebensweise“ nicht nur füreine ferne Zukunft zu erhoffen, sondernheute zu organisieren, was – konsequentin Angriff genommen – auchunser eigenes Erscheinungsbild in derÖffentlichkeit nur verbessern, unsereAnziehungskraft nur vergrößern kann.Wolgang Beutin, Hermann Klenner,Eckart Spoo (Hg.), Lob des Kommunismus– Alte und neue Weckrufe für eineGesellschaft der Freien und Gleichen“ ,Ossietzky-Verlag 2013, 200 Seiten, 20,-Euro


unsere zeitHintergrundFreitag, 5. April 2013 13„Sozialismus Inside“ – Fakten und Infos ausund über Kuba und <strong>die</strong> „Cuban5“SDAJ und kommunistische Jugend Kubas veranstalteten Rundreise mit einer kubanischen JungkommunistinVom 15. bis 28. März <strong>die</strong>ses Jahresveranstalteten <strong>die</strong> SDAJ (SozialistischeDeutsche Arbeiterjugend) und<strong>die</strong> UJC (Unión de Jóvenes Communistas– Kommunistischer Jugendverband)aus Kuba eine Veranstaltungsrundreisemit Gisleidy Sosa Cabrera,Mitarbeiterin der internationalenKommission der UJC. <strong>Unter</strong>stützt wurde<strong>die</strong> Rundreise von UZ, NetzwerkCuba, Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba, Marxistische Blätter, <strong>DKP</strong>, CubaSí und der „jungen welt“. Im Zentrumstand <strong>die</strong> Solidaritätsarbeit mit den„Cuban5“ und ihr Zusammenhang mitdem Kampf um <strong>die</strong> Souveränität deskubanischen Sozialismus.In zehn Städten fanden Veranstaltungenstatt, meist in Räumlichkeiten derGewerkschaften oder in großen Kulturzentren.Begleitet wurde <strong>die</strong> Rundreisedurch eine intensive Pressearbeit,Flugblatt- und Onlinemobilisierungund größere Aktionen, wie z. B. einerDemonstration in Nürnberg. Ziel derVeranstaltungen war es mehr – auchjunge – Menschen für <strong>die</strong> Solidaritätsarbeitmit Kuba zu gewinnen und <strong>die</strong>seinhaltlich weiter zu qualifizieren. AufKuba und auf internationaler Ebenekönnen mit der Solidaritätsarbeit für<strong>die</strong> Freilassung der „Cuban5“ Menschenauch allgemein für <strong>die</strong> Sacheder kubanischen Revolution gewonnenwerden. Der Kampf um <strong>die</strong> Freiheitder fünf Inhaftierten ist nicht nur einKampf gegen <strong>die</strong> US-amerikanischeKlassenjustiz. Die Fünf sind der konkreteAusdruck des ideologischen Klassenkampfesder Bourgeoisie gegen denSozialismus auf internationaler Ebene.In Deutschland geschieht <strong>die</strong>s inder Regel durch <strong>die</strong> Behauptung, dassKuba eine Diktatur sei, welche wedereine oppositionelle Meinung zulassen,noch demokratische Mitbestimmungder Massen ermöglichen würde.Gisleidy argumentierte, dass es aufKuba keine Verneinung von Bürgerrechtengibt. Politische Gegner werden,im Gegensatz zu Ländern wie USAoder BRD, nur dann verurteilt, wennsie gegen Strafgesetze verstoßen haben.Terror gegen dassozialistische KubaBis auf den heutigen Tag haben durchTerrorakte rund 3 500 Kubanerinnenund Kubaner ihr Leben verloren, 2 099Überlebende der Anschläge habenmit bleibenden Schäden zu kämpfen.„Die Cuban5“ haben als Agenten innerhalbder terroristischen exilkubanischenNetzwerke Miamis gewirkt undihre Informationen dem FBI weitergeleitet,um dem Terrorismus Einhaltzu gebieten. Doch anstatt gegen denTerrorismus aktiv zu werden, sperrteman <strong>die</strong> Fünf ein, und <strong>die</strong> Staatsgewaltunterstützte <strong>die</strong> Terroristen mitEin junges Podium für eine junge Zuhörerschaft. In der Bildmitte: Gisleidy Sosa Cabrera, Mitarbeiterin der internationalenKommission des Kommunistischen Jugendverbandes von Kuba.einem offiziellen Haushaltsetat vonjährlich rund zwölf Mio. US-Dollarfür antikubanische Aktivitäten. Hierlässt sich eine deutliche Parallele zur<strong>Unter</strong>stützung der NSU-Terroristendurch den Verfassungsschutz ziehen:Das Monopolkapital ist überall auf derWelt gezwungen sich den Terror gegenDemokratinnen und Demokraten zuNutze zu machen, um keine Alternativenzuzulassen.Denn, und auch das konnte <strong>die</strong> Referentindurch viele Beispiele herleiten:Kuba bietet heute <strong>die</strong> gesellschaftlicheAlternative nicht nur für den lateinamerikanischenRaum, sondernauch für Jugendliche in Europa undanderswo. Die rege Nachfrage nachden Veranstaltungsterminen, vor allemaus dem Spektrum der Gewerkschaftsjugendund der SchülerInnen-Vertretungen zeigt: Befeuert durch <strong>die</strong>Krise sind zumindest <strong>die</strong> bewussterenTeile der arbeitenden und lernendenJugend bereit, sich mit grundlegendenAlternativen auseinander zu setzen.Wenn hier <strong>die</strong> Gewerkschaften tariflicheVerbesserungen erstreiten, ist es<strong>die</strong> Ausnahmesituation, dass <strong>die</strong>se zuallgemeinverbindlichen Regelungenoder gar zu Gesetzestexten werden.Ein solcher Prozess dauert viele Jahreund bedarf eines hohen Drucks -politischenKlassenkampfes- durch <strong>die</strong> Gewerkschaftenund <strong>die</strong> sozialen Bewegungen.Auf Kuba ist das der normaleWeg: Vorschläge aus den Massenverbändenwerden von der Gesamtbevölkerungauf allen Ebenen diskutiert unddann als Gesetz erlassen. Dabei spielenMöglichkeiten der Finanzierung ebensoeine Rolle wie <strong>die</strong> Effektivität dergewählten Instrumente im Prozess derkubanischen Revolution eine Gleichheitaller Menschen zu erreichen.Richtlinien zur Aktualisierungdes kubanischenWirtschaftssystemsAm deutlichsten zeigt <strong>die</strong>s wahrscheinlich<strong>die</strong> Entwicklung der so genannten„Lineamientos“, der Richtlinien zurAktualisierung des kubanischen Wirtschaftssystems.Ausgehend von derThese, dass sich der Sozialismus aufKuba weiterentwickeln muss, haben<strong>die</strong> Kommunistische Partei Kubas undihre Jugend, <strong>die</strong> Massenverbände, allenvoran <strong>die</strong> Gewerkschaften und <strong>die</strong>Nachbarschaftskommités über umfangreicheMaßnahmen diskutiert, umden wirtschaftlichen HerausforderungenKubas sozial und vor allem kollektiventgegenzutreten. Die beschlossenenMaßnahmen, wie <strong>die</strong> Zulassungvon privat organisierter Arbeit oder<strong>die</strong> Legalisierung von Transaktionenaus dem Ausland, sind eben nicht einfachEinfallstore des Kapitalismus nachKuba, sondern sind alle in dem Kontextentstanden, <strong>die</strong> Arbeitsproduktivitätzu erhöhen und den Lebensstandardder gesamtkubanischen Bevölkerungauszubauen. In vielen Fällen sind<strong>die</strong> Maßnahmen ein neuer Umgang mitPhänomenen, <strong>die</strong> auf Kuba bereits vorherRealität waren – durch <strong>die</strong> Einführungvon z. B. Steuern kann nun abereine Umverteilung von privilegiertenSchichten auf alle stattfinden. DieserProzess ist komplex und mit gewissenRisiken verbunden. Die Ziele der Lineamientoswerden sich nicht von selbsterfüllen. Dementsprechend kam es immerwieder zu Fragen und Debattenauf den Veranstaltungen mit Gisleidy,<strong>die</strong> betonte, dass sie nichts versprechenkönne, aber als Patriotin keine bessereInstanz zu den Fragen des WirtschaftssystemsKubas kenne als <strong>die</strong> kollektiveEinschätzung des kubanischen Volkesselbst.Eric YoungInternationaler Kampf gegen <strong>die</strong> Klassenjustiz: Nürnberger Demonstrationfordert. „Freiheit für Deniz K. und <strong>die</strong> Cuban5“ .Die SDAJ ruft auf:Deine Kreativität für Kuba!In Frankfurt wurde <strong>die</strong> Rundreise unterstützt von Lien Alfonso Perez von der Kubanischen Botschaft.Jugend-Kunstwettbewerb zur Solidarität mit Kuba geht in den EndspurtNoch bis zum 15. April bleibt Zeit, um kreativ zu werden. Dein Wandgemäldeentwurfzum Thema „Solidarität mit Kuba – Grundrechte der Jugend“ kanndich nach Kuba bringen. Denn der Hauptpreis des Jugend-Kunstwettbewerbsist ein Flug nach Kuba im Sommer 2013 mit den Soli-Brigaden der SDAJ!Die zwei besten Entwürfe werden auf Kuba an der polytechnischen Hochschulein Havanna (CUJAE) als Zeichen der Solidarität verwirklicht. Alsoran an Bleistift, Pinsel oder PC-Maus – was fällt euch ein zu Kuba und Rechtauf Bildung und Arbeit, zu internationaler Solidarität, Mitbestimmung undVölkerfreundschaft?Wir sind gespannt auf eure Einsendungen. Und <strong>die</strong> Teilnahme lohnt sich: Eswarten tolle Preise auf <strong>die</strong> Gewinner! Zusätzlich wird unter allen Einsendungenein Ipod Nano verlost. Teilnahmebedingungen und weitere Infos unterkunst.sdaj-netz.deVeranstalter: SDAJ, UJC, Red de Unversidades en Solidaridad con los 5,CUJAE<strong>Unter</strong>stützer: junge Welt, FG BRD-Kuba, Netzwerk Cuba, Cuba Sí, KJÖ,UZ, Marxistische Blätter


14 Freitag, 5. April 2013 Anzeigenunsere zeitAm 7. April 2013 wird unsere GenossinThea Rann 80 Jahre alt!Thea hat wie nur wenige andere Genossinnen in den letztenJahrzehnten unsere Partei in Hamburg mitgeprägt. Siewar über viele Jahre in verantwortlichen Positionen unsererHamburger Parteiorganisation tätig, sei es als KreisvorsitzendeAltona oder als Bezirksvorstandsmitglied. Thea isteine hochgeschätzte, immer klare Worte findende, streitbareund konsequente Kommunistin. Sie ist auch heute noch, sofernes ihre Gesundheit zulässt, in und für <strong>die</strong> Partei aktiv, inder Wandsbeker Wohngebietsgruppe, im Vorstand der ThälmannGedenkstätte. Für Thea findet Antikriegsengagementnicht nur verbal statt, sondern bis heute auch praktisch imHamburger Forum und in der Bramfelder Friedensinitiative.Ihre redaktionellen Beiträge für unsere Wohngebietszeitung,wie <strong>die</strong> in den letzten Jahrzehnten zahlreichen Artikelin verschiedenen Publikationen unserer Partei, sind für unsvon unschätzbarem Wert.Genossinnen wie Thea ist es zu verdanken, dass <strong>die</strong> <strong>DKP</strong>89/90 und in den darauf folgenden Jahren überleben konnte.Sie hat durch ihre klare, überzeugende Art zahlreiche Sympathisantenan <strong>die</strong> <strong>DKP</strong> herangeführt und zeichnet maßgeblichverantwortlich für etliche Parteieintritte.Liebe Thea, das was wir Dir wünschen, ist eine riesige PortionGesundheit!Wir würden gerne noch lange mit Dir an unserer Seite fürFrieden, demokratischen Fortschritt und Sozialismus streiten!<strong>DKP</strong>/Karl-Liebknecht-SchuleAm Stadtpark 68, 51 373 Leverkusen – Tel: 0214/45 418E-Mail: karl-liebknecht-schule@web.deWochenendseminar, Sa./So., 27./28. AprilThema:Die Aktualität der Marxschen LehreKrisenanalyse, ZukunftsvorstellungenReferentin: Beate Landefeld"Der letzte Grund aller wirklichen Krisen bleibt immer <strong>die</strong> Armut und Konsumtionsbeschränkungder Massen gegenüber dem Trieb der kapitalistischenProduktion, <strong>die</strong> Produktivkräfte so zu entwickeln, als ob nur <strong>die</strong>absolute Konsumtionsfähigkeit der Gesellschaft ihre Grenze bilde."(MEW Bd. 25, S. 501)Um rechtzeitige Anmeldungen wird gebeten. Rückantworten erfolgen nur,wenn es sich um Absagen handelt.Die Anreise kann bereits Freitag zwischen 17 und 22 Uhr erfolgen.Beginn Samstag 10.30 Uhr. Ende Sonntag gegen 13 Uhr.Kosten pro Person für <strong>Unter</strong>kunft und Verpflegung 25 Euro. Ab Freitag 30Euro. Finanzierung bitte mit Parteigruppe, Kreisorganisation oder Bezirksvorstandabklären.<strong>DKP</strong> Wohngebietsgruppe Hamburg Wandsbek<strong>DKP</strong> Bezirksvorstand HamburgGedenkstätte Ernst Thälmann HamburgWie uns zu Ohren gekommen ist, lädt <strong>die</strong> Genossin Thea anlässlichihres Geburtstages am Sonntag, den 7.4.13 ab 12 Uhrzu einem kleinen Brunch ins MTZ und wünscht sich statt Blumeneine Spende für Kuba.Jetzt bestellen:UZ & UZ-Extra zum 1. MaiEnde April erscheint <strong>die</strong> 8-seitigeUZ-Extra zum 1. Mai mit folgendenThemen:Widerstand gegen Agenda 202Krise in der EU, Situation auf ZypernInterview mit Gewerkschaftern ausIrlandArbeitszeitverkürzung – Argumentefür <strong>die</strong> 30 StundenwocheDGB-Flirt mit der BundeswehrAktuelle TarifkämpfeBlockupyAufruf gegen LeiharbeitPreise:70 x UZ-Extra: EUR 7,00140 x UZ-Extra: EUR 14,00210 x UZ-Extra: EUR 21,00500 x UZ-Extra: EUR 45,001000 x UZ-Extra: EUR 90,00Damit zusätzlich möglichst vieleExemplare der regulären UZ verteiltoder verkauft werden können,bieten wir <strong>die</strong> Zeitung zu besondersgünstigen Bezugspreisen an. Nutztbitte <strong>die</strong>ses Angebot, um <strong>die</strong> UZ bekannterzu machen und viele neueLeserInnen für unsere Wochenzeitungzu gewinnen! Preise:10 x UZ: 10,00 €20 x UZ: 20,00 €50 x UZ: 25,00 €100 x UZ: 30,00 €200 x UZ: 40,00 €Alle Preise inklusive Versandkosten!Auch andere Liefermengenmöglich.Keine Mai-Demo und Kundgebungohne UZ und UZ-Extra!Bestellungen bitte bis 15.04.2013an Gustl Ballin, info@dkp-nordbayern.deoder Tel.: 0911 8 019991Urlaub im schönen Havelland– wald- und wasserreich – Nähe Berlin-Spandau preiswerteFerienwohnung für 5 Personen (2 Zimmer, Wohnküche – Herd, Kühlschrank,Bad, Dusche,WC). Preis nach VereinbarungNäheres Tel./Fax: 033 231/60661Weingut EicherRheinterassenBachstraße 767 577 AlsheimTel.: 06 249-4128Fax: 06 249-67 263www.amiata.de olivastra@amiata.deimmer gute AdressenFerienhaus und Ferienwohnungen in der Toscana-SEGGIANOBei GUNTER & SIBYLLETel. 003905 641 836 713, mob. 00393 381539818Ferienwohung in Südfrankreichbei Narbonne am Meer zu vermietenAnzeigenhelfen der UZUrlaub imLotsenhausan der Ostsee(14 km von Stralsund) 3 komfortableFE.-Wo.Erich und Michaela BartelsNäheres: Tel. 03 831-459 366,www.ferien-im-lotsenhaus.dePfingstferien noch frei.Hiltraut Wurm, 08 144/7200anna.boegel@googlemail.comCarlisBienenhonigFrüh- oder Sommertracht500 g für 5 Euro,250 g für 3 Euro + Portoab 12 Gläser (1 Karton)portofrei.Wir liefern auchhandgefertigteBienenwachskerzen.Anfrage bei:Imkerei Trauth,02 241/973 111camatra@web.de


unsere zeitLeserbriefe / Termine / ImpressumFreitag, 5. April 2013 15Über Kontinuitäten undLegendenBetr.: „Zur Auswertung des 20. <strong>DKP</strong>-Parteitages“, UZ vom 22.3.2013, S. 8Unmittelbar vor der konstituierendenPV-Tagung hat der neue Parteivorsitzendeder <strong>DKP</strong>, Genosse Köbele, inder UZ „eine vorläufige Einschätzung“des 20. Parteitages veröffentlicht. Eineneue Herangehensweise. Früher gab esErklärungen nach den PV-Tagungen.Möglicherweise hielt es Genosse Köbelefür notwendig, vor der Tagung (…)ein paar orientierende Hinweise zu geben,so als eine Art Linienrichter.Und <strong>die</strong>se Linie sieht so aus:„Die deutliche Mehrheit der Delegiertensetzte fort, was der 19. Parteitag begonnenhatte. Es geht um <strong>die</strong> Konkretisierungder Identität als kommunistischePartei heute unter Beibehaltungder ideologischen Grundlagen, der Ideenvon Marx, Engels und Lenin und damitder programmatischen Kontinuitätseit Gründung der <strong>DKP</strong>.“ Offensichtlichgehörte es zu den historischen Leistungender neuen Mehrheit, dass <strong>die</strong>„ideologischen Grundlagen, der Ideenvon Marx, Engels und Lenin“ beibehaltenwurden.Ein Hinweis auf das gültige Parteiprogrammallerdings fehlt. (…) Doch<strong>die</strong> „programmatische Kontinuitätseit Gründung der <strong>DKP</strong>“ bescheinigten<strong>die</strong>sem Programm damals ja noch<strong>die</strong> Genossen Hans Heinz Holz, WilliGerns, Robert Steigerwald, Hans-PeterBrenner u. a.Offensichtlich gibt es zwei Kontinuitäten.Zu den Legenden habe ich noch eine:„Wir haben es mit relativ klar ausgeprägtenStrömungen, Linien zu tun.Ein Teil der Partei kann oder will sichdem derzeit nicht zuordnen, ein Teilder Partei ist oder verhält sich indifferent.Trotzdem werden <strong>die</strong>se Strömungenauf <strong>die</strong>sem Parteitag um <strong>die</strong> Hegemonieringen, das wird sich in deninhaltlichen Debatten, aber auch in denWahlen niederschlagen.“ Die Legendebesagt, <strong>die</strong>ses Zitat stamme aus demReferat von Genosse Köbele auf der10.PV-Tagung, September 2012.Was nicht sein kann. Denn erst jetzt,nachdem es <strong>die</strong> neue „deutliche Mehrheitder Delegierten“ gibt, stellt er fest,„Vor dem Hintergrund <strong>die</strong>ser Legendewird aber an offen fraktionelles Handelngedacht.“ Und zur Benennung derFraktionierer wird wieder das Gespenstder Thesen 2010 bemüht. Aber, es warenGenossinnen und Genossen, <strong>die</strong>sich unmissverständlich zur programmatischenKontinuität des Parteiprogrammsbekannten, <strong>die</strong> von der „deutlichenMehrheit der Delegierten“ abgewatschtwurden.Wir werden in Zukunft wohl noch vieleLegenden lesen.Rainer Dörrenbecher,Neunkirchen/SaarlandWarnung vor LegendenbildungBetr.: „Zur Auswertung des 20. <strong>DKP</strong>-Parteitages“, UZ vom 22.3.2013, S. 8Der Vorsitzende Köbele warnt also voreiner Legendenbildung und einer offenenFraktionierung. Diese „Warnung“hat aber mehr den Charakter des Ausrufes„Haltet den Dieb“ eines Einbrechers,der damit versucht, eine falscheFährte zu legen.Robert Steigerwald hat es in einer Kurzinterventionauf dem Parteitag klar benannt.Sinngemäß führte er aus, dassseine Freundschaft mit Hans HeinzHolz an dessen Mitarbeit an T&P zerbrochensei, weil für ihn, Steigerwald,<strong>die</strong>se Zeitschrift eine Fraktionierungbedeute, <strong>die</strong> zur Spaltung der Parteiführen würde. „Kommunistinnen undKommunisten halten <strong>die</strong> innere Ordnungder Partei als für je des Mitgliedverbindlich. Sie verstehen <strong>die</strong> Bildungvon Fraktionen, d. h. Gruppen mit eigenerDisziplin, eigenen Strukturenund politischen Plattformen als Gefahrfür den Bestand der Partei.“ EinZitat aus dem Statut. Dass <strong>die</strong> Truppeum T&P aber mit einer eigenen Disziplin,eigenen Struktur und einer politischenPlattform an <strong>die</strong> Vorbereitungund Durchführung des PT gegangenist, kann ja wohl niemand ernsthaft bezweifeln.Ja, Robert hatte Recht. DieseFraktionierung hat <strong>die</strong> Partei gespalten,handlungsunfähig gemacht und in ihrerExistenz gefährdet.Dass Robert allerdings auf dem PTeinen der Häuptlinge <strong>die</strong>ser Fraktionzum Parteivorsitzenden mit vorgeschlagenhat, muss ich nicht verstehen undmöchte ich auch nicht kommentieren.(…)Wilhelm Koppelmann, Bramsche(Parteitagsdelegierter)K – das verlangtPolitikfähigkeitBetr.: „Besinnung auf das K“,UZ vom 29.3.2013, S. 8Lösungen werden nicht einfacher, wennAbläufe so dargestellt werden, um damitausschließlich <strong>die</strong> eigenen Positionenzu unterstützen, und <strong>die</strong> damit oftnicht mehr den tatsächlichen Verläufenentsprechen. Hans Peter Brenner hatin seinem UZ-Beitrag <strong>die</strong> schwierigenProbleme vor dem 19. und dem 20. Parteitagaus seiner Sicht geschildert.Tatsachen dagegen sind, dass <strong>die</strong> Thesennach einer vorwiegenden Zustimmungim damaligen PV, als Antrag anden 19. Parteitag nicht gestellt wurden,stattdessen wurde beschlossen eine„Politische Erklärung“ und ein „AktionsorientiertesForderungsprogramm“zu erarbeiten. Beides wurde dem 19.Parteitag, nach einer kollektiven Diskussionin der <strong>DKP</strong> vorgelegt und (…)verabschiedet.Die Begründung für <strong>die</strong>ses Herangehenwar, <strong>die</strong> innerparteilichen Auseinandersetzungennicht eskalieren zu lassen,und trotzdem Antworten auf <strong>die</strong>politischen Herausforderungen zu geben.Der 19. Parteitag beschloss, unter anderem<strong>die</strong> Thesen als weiteres Diskussionsmaterialzu nutzen und <strong>die</strong>Parteidiskussion zu organisieren. Wirbenötigen <strong>die</strong> Debatte zu neuen kompliziertenHerausforderungen.Diese Tatsachen sind wichtig, weil esletztendlich um <strong>die</strong> Politikfähigkeit der<strong>DKP</strong> geht.In Deutschland ist im Zusammenhangmit den Auswirkungen der tiefen Krisedes neoliberalen Kapitalismus eineSituation entstanden, <strong>die</strong> zu weiterengravierenden Veränderungen der sozialen,demokratischen und letztendlichaller politischen Verhältnisse führenwird. Die Verantwortung der Mitgliederder <strong>DKP</strong> ist es, Antworten auf <strong>die</strong>seHerausforderungen zu entwickeln.Gelingt uns <strong>die</strong>s nicht, werden wir <strong>die</strong><strong>DKP</strong> substantiell gefährden, davon binich überzeugt. Die Äußerungen vonHans-Peter in der letzten UZ signalisiereneinen erschreckenden Abschiedvon den realen politischen Herausforderungen,zugunsten innerparteilicherAuseinandersetzung.Heinz Stehr, ElmshornDas Tandem SDAJ und <strong>DKP</strong>voranbringenBetr.: a) Referat von PatrickKöbele, b) Aufruf „Spendet für <strong>die</strong>Arbeiterjugend“, UZ vom 29.3.2013,S. 8 und 15Laut Statut haben „Alle Mitglieder der<strong>DKP</strong> … eine besondere Verantwortung,SDAJ und AMS zu unterstützen.“ DiesemSelbstverständnis entspricht derPV-Beschluss, der SDAJ einen Minijobzu finanzieren. Leider steht in derUZ nichts zum Hintergrund <strong>die</strong>ser <strong>Unter</strong>stützung.(…) Wie schätzt <strong>die</strong> SDAJihren Organisationsaufbau ein, wasläuft gut, wo gibt es Probleme? Weshalbschafft es <strong>die</strong> SDAJ nicht, <strong>die</strong> Mittelfür den Minijob selbst aufzubringen(…)? Es ist nicht ehrenrührig <strong>die</strong>s zufragen. Vielleicht benötigt <strong>die</strong> SDAJ janicht nur Geld für einen Minijob, sondernauch <strong>die</strong> Erfahrung der <strong>DKP</strong> inder Organisationsarbeit und praktische<strong>Unter</strong>stützung vor Ort!Eng verbunden mit Fragen der Organisationsentwicklungder SDAJ ist dasVerständnis des unter Jugendlichenanzutreffenden Bewusstseins, dessenAnalyse und der Klärung, wie <strong>die</strong> Organisationdamit umgeht. Missständedes BRD-Kapitalismus und ihre spezifischenAuswirkungen auf <strong>die</strong> Jugendanzuprangern, Ursachen zu benennenund den Sozialismus als Ausweg zupropagieren ist eine Voraussetzung zurGewinnung Jugendlicher für SDAJ undPartei, aber nicht <strong>die</strong> einzige. Was macht<strong>die</strong> neuen sozialen Bewegungen so attraktivfür Jugendliche, was politischeParteien unattraktiv? Wie spiegelt sich<strong>die</strong> bürgerliche Massenkultur im Bewusstseinder Jugend wider? WelchenStellenwert haben Werte der kommunistischenund Arbeiterbewegung wieOrganisiertheit, planmäßiges Handeln,Disziplin und Zuverlässigkeit in der Jugend?Was ist „cool“ oder „uncool“, undwarum? Wie stehen SDAJ und Partei zuden verschiedenen jugendlichen Subkulturen?Welche Rolle kommt ihnenin der kapitalistischen Gesellschaft zu?Wie gehen wir auf Jugendliche zu ohneuns anzubiedern, wie kritisieren wir falscheAnsichten und Verhaltensweisenohne lehrmeisterhaft zu wirken? Fragenüber Fragen, auf <strong>die</strong> SDAJ und<strong>DKP</strong> Antworten brauchen, wenn sie <strong>die</strong>Jugend gewinnen wollen. Das wird nurim Tandem möglich sein. Ohne <strong>die</strong> Erfahrungender SDAJ fehlt der <strong>DKP</strong> dasOhr am Puls der Jugend. Ohne <strong>DKP</strong>fehlt der SDAJ das Handwerkszeug, <strong>die</strong>Erfahrung und der geschichtliche Horizontmarxistisch-leninistischer politischerArbeit. Die UZ muss beitragen,<strong>die</strong>ses Tandem voranzubringen.Klaus Weber, KarlsruheWer hat Informationen?Betr.: „Mögliche Einstiegsdroge“, UZvom 29.3.2013, S. 5In der sehr guten UZ Nr. 13 vom 29.3. fand ich den Artikel „Mögliche Einstiegsdroge“von Volker Metzroth (…)besonders interessant. Endlich mal einegute und fortschrittliche Einschätzungzu einem Thema, über das jeder redet,weil es jeden betrifft, aber kaum geschriebenwird. Ich hätte eine praktischeFrage an den Autor, bzw. an Leser,<strong>die</strong> möglicherweise darüber etwaswissen: Wir haben seit einigen Wocheneinen kleinen Laden hier in Berlin. AlsHandwerker ist das für uns „Neuland“.Laut Gewerbeanmeldung sind wir damiteine Firma. Der Laden hat keinRundfunk- oder Fernsehgerät und wirwollen auch keins anschaffen. Eine zuverlässigeInformation darüber, ob undwenn ja, wie viel Rundfunkbeitrag wirhier in Berlin bezahlen müssen zu erhalten,scheint nicht möglich zu sein.Wer hat Informationen? Vielen Dank.Hermann Glaser-Baur, Berlintermine@unsere-zeit.deDO H 11. AprEssen: „Solidarität mit Kuba – Freiheit für <strong>die</strong>Miami 5!“ Öffentliche Mitgliederversammlungder Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba e. V. mit den Themen Aktionsplanungen,Internationales Kulturfest auf Zeche Carl am1. Mai (FG zum 20. Mal dabei!), Fiesta Moncada,SDAJ-Brigaden u. a. Gaststätte Linker,Oberdorfstraße 34, Essen-Altendorf NäheHaltestelle Helenenstraße, 18.00 Uhr.FR H 12. AprEsslingen am Neckar: Mitglieder- und Sympathisantenversammlungder <strong>DKP</strong>. Thema:Auswertung des Parteitages mit Dieter Keller.Restaurant SV 1875, Pliensauvorstadt, Weilstraße81, 18.00 Uhr.Fürth: „Gebt ihnen einen Namen“, Ehrung fürRudolf Benario und Ernst Goldmann. Uferpromenadein Fürth, an den drei Birken (gegenüberder Stadthalle), 17.30 Uhr.Konzert in Gedenken an Rudolf Benario undErnst Goldmann mit Esther Bejarano & MicrophoneMafia. Kulturforum Fürth, U-BahnstationStadthalle, 20.00 Uhr. Eintritt: 14,00 Euro,ermäßigt 8,00 Euro.DI H 16. AprRecklinghausen: Kreismitgliederversammlungder <strong>DKP</strong> mit Vorbereitung der nächstenAktionen Albert-Funk-Ehrung und 1. Mai.Kellerstraße 7, 19.30 Uhr.SA H 20. AprMünchen: Kreismitgliederversammlung der<strong>DKP</strong> München mit Wahl des neuen Kreisvorstandes.KommTreff, Holzapfelstraße 3,10.00 Uhr.Terminankündigungenvon Gliederungen der <strong>DKP</strong> gehören auch in<strong>die</strong> UZ! Bitte so schnell wie möglich, spätestensam Freitag eine Woche vor dem Erscheinungsterminder entsprechenden Ausgabe derUZ, möglichst auch mit Angabe des Themasder Veranstaltung an termine@unsere-zeit.de oder UZ-Redaktion, Hoffnungstraße 18,45 127 Essen.Aktionstage Umfairteilen – Fortsetzung von Seite 1Saarbrücken: Menschenkette undKundgebung, Agentur für Arbeit, Hafenstraße,11.00 Uhr Saarlouis: Aktionen,Französische Straße, 11.00 Uhr.Mannheim: Aktionen, Paradeplatz,11.00 Uhr.Tübingen: Aktionen, Holzmarkt,11.00 Uhr.Reutlingen: Straßenaktionen, Wilhelmstraße,10.30 Uhr.Karlsruhe: Demo; Stephansplatz,13.00 Uhr.Kandel: Aktionstag, Hauptstraße/HöheSchulgasse, 10.00 Uhr.Singen (Hohentwiel): Demo, Fußgängerzone,11.00 Uhr.Freiburg (Breisgau): Demo, Holzmarkt,12.00 Uhr.Rosenheim: Jubeldemo, Innstraße,9.00 Uhr.Landsberg: Aktionen, Fußgängerzone,10.30 Uhr.Ulm: Aktionen, Münsterplatz 2,14.00 Uhr.Regensburg: Demo, Bismarckplatz,11.00 Uhr.Bayreuth: Aktionstag, Stolpersteindemo;Am Markt, 12.00 Uhr.Kronach: Bundesweiter Aktionstag.Erfurt: Millionäre für Merkel, Anger,15.00 Uhr.Weitere Infos unter www.umfairteilen.deTestabonnementJa, ich will <strong>die</strong> Wochenzeitung unsere zeitvier Wochen kostenlos testen.Das Testabonnement endet automatisch.AbonnementJa, ich abonniere <strong>die</strong> Wochenzeitungunsere zeit für mindestens ein Jahr. DasAbonnement verlängert sich um jeweils ein Jahr,wenn es nicht bis sechs Wochen vor Beendigungdes Bezugszeitraums schriftlich gekündigt wird.___________________________________________Name/Vorname___________________________________________Straße/Nr.___________________________________________PLZ/Ort___________________________________________Telefon___________________________________________E-Mail___________________________________________Datum/<strong>Unter</strong>schriftAbonnementpreise imRechnungsversand Bitte ankreuzen!Normalabonnement jährlich126,— Euro halbjährlich64,— EuroFörderabonnement jährlich 160,— EuroErmäßigtes Abonnement jährlich 72,— Euro halbjährlich 37,— EuroAbonnementpreise mitEinzugsermächtigungErmäßigtes Abonnement jährlich 66,— Euro halbjährlich33,50 Euro vierteljährlich 17,— Euro monatlich6,— EuroNormalabonnement jährlich120,— Euro halbjährlich61,— Euro vierteljährlich 32,— Euro monatlich11,— EuroFörderabonnement jährlich160,— Euro halbjährlich 80,— Euro vierteljährlich 40,— Euro monatlich14,— Euro Lieferung im Umschlag20,– Euro pro Jahr zusätzlichIch ermächtige den CommPress-Verlaghiermit, den Betrag von meinem Kontoabzubuchen.________________________________________________Kontoinhaber/in________________________________________________Geldinstitut________________________________________________Bankleitzahl________________________________________________Kontonummer________________________________________________Datum/<strong>Unter</strong>schriftJa, ich bin damit einverstanden, dass Sie mich zwecks einerLeserbefragung zur Qualität der Zeitung, der Zustellung undder Fortführung des Abonnements kontaktieren. Der Verlaggarantiert, dass <strong>die</strong> Daten ausschließlich zur Kundenbetreuunggenutzt werden. Das Einverständnis kann ich jederzeitwiderrufen (per E-Mail: vertrieb@unsere-zeit.de oder perPost: CommPress Verlag GmbH, Hoffnungstraße 18, 45 127Essen). Dies bestätige ich mit meiner <strong>Unter</strong>schrift.Coupon einsenden an:CommPress VerlagHoffnungstraße 18 – 45 127 Essenoder faxen an 0201/2 486484Impressumunsere zeit (UZ) – Zeitung der <strong>DKP</strong> (ISSN 0943–4216)Herausgeber:Parteivorstand der <strong>DKP</strong>Erscheint wöchentlichRedaktion:Nina Hager (0201/1778–8914, Chef redakteurin,v. i. S. d.P.), Paul Kranefeld, ManfredIdler, Werner Sarbok, Wolfgang TeuberFür Beiträge, <strong>die</strong> mit vollem Namen gekennzeichnetsind, übernehmen allein <strong>die</strong> Autor/inn/en<strong>die</strong> Verantwortung. 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16 Freitag, 5. April 2013 Die letzte Seiteunsere zeitMeine progressive Woche(Vor)-OsterausflugAm ersten Abend eines Kurztripps nachBratislava erzählt uns eine Deutsch-Griechinaus Stuttgart, <strong>die</strong> hier Medizin stu<strong>die</strong>rt,in einer gemütlichen Kneipe und inbreitem Schwäbisch, dass „Preschburg“schön, der Rest der Slowakei aber fürchterlichsei: „Die glauben immer noch anden Sozialismus“.Dass der hier herrscht, glaube ich – widerbesseres Wissen – seit dem ersten Blickauf <strong>die</strong> Getränkekarte. Mitten im Regierungsviertel,mit Blick auf den Hochsicherheitstraktder US-Botschaft und dasLuxushotel Ritz-Carlton, kosten der halbeLiter tschechisches Krušovice und slowakischesZlatý bažant noch keine zweiEuro – gezapft, nicht gebottled, verstehtsich. Fern der Hauptstadt lernen wir späternoch ganz andere Preiswunder kennen.Eines <strong>die</strong>ser Wunder gibt gleichzeitig einEU-Rätsel auf. Feinster Wein aus demBurgund und der Toskana kosten hier imRestaurant nur <strong>die</strong> Hälfte von dem, wasman am Erzeugerort bezahlen muss. Derslowakische Wein, vor allem der weiße,ist nicht schlecht, kostet gleich viel, obwohlihm zur Qualität des italienischenund französischen noch einiges fehlt.HDer Durchschnittsver<strong>die</strong>nst in Bratislavaliegt bei 700 Euro, <strong>die</strong> Preise in denShopping-Malls, <strong>die</strong> nach schlechtestemUS-Vorbild am Rande der Altstadtaufgezogen wurden, liegen auf „Weltniveau“.Das Angebot entspricht 1:1 demjenigen,das wir von Stockholm bis Palermo,von Tokio bis Dehli oder von NewYork bis San Francisco überall finden,wo der Konsumterror herrscht. Dass wirlänger als eine Viertelstunde hier aushalten,ist ausschließlich dem Sauwetterund einem akzeptablen Cappuccino geschuldet.HIn einer anderen Welt sind wir auf demBahnhof von Štrba. Hier ist nichts los,schließlich sind wir mitten in den Karpaten.Aber, liebe Bahn AG, hier gibt eseinen kleinen Kiosk und eine Kneipeund ein kleines Restaurant, auf dessenBesuch wir allerdings verzichten – ausZeitgründen und weil <strong>die</strong> einzigen Sitzplätzedraußen sind. Und da herrschenminus sieben Grad.Vollends im Sozialismus wähnen wir unsbeim Gang auf <strong>die</strong> Toilette. Von einemGlaspalast aus verkauft man links denDamen, rechts den Herren ein Billett für30 Cent. Außerdem gibt es vier BlätterNeuherausgabeHeinrich Vogeler/Johannes R. Becher, Das Dritte ReichIm Frühjahr 1934 legten der WorpswederMaler Heinrich Vogeler undder Vorsitzende des Bundes proletarisch-revolutionärerSchriftstellerJohannes R. Becher unter <strong>die</strong>sem Titelim Moskauer Verlag „Zwei Welten“ein im wörtlichen Sinne kleinesHeft, eigentlich eine Sammlung vonZeichnungen und Versen über <strong>die</strong>politischen Verhältnisse im faschistischenDeutschland vor. Zum 80. Jahrestagder Machtübertragung an dendeutschen Faschismus erscheint <strong>die</strong>seBroschüre als historischer Reprint.Vogeler und Becher waren als politischeGegner des NS-Regimes imMoskauer Exil. Von dort versuchtensie mit ihren Mitteln einen Beitragzum antifaschistischen Kampf gegen<strong>die</strong> Naziherrschaft zu leisten. Im Stileder Holzschnitte eines Frans Masereelgestaltete Vogeler für <strong>die</strong>se Broschüregut 34 schwarz-weiß Zeichnungen,in denen – ergänzt durch <strong>die</strong>Verse von Johannes R. Becher – Alltagssituationen,Widerstand und Verfolgungim „Dritten Reich“ gezeichnetwerden. Dabei formulierten Vogelerund Becher in <strong>die</strong>sen Bildernund Texten auch ihre Hoffnungenauf eine Überwindung derNaziherrschaft. Die Botschaftdes letzten Bildes lautet „Eslebe <strong>die</strong> kämpfende Einheitsfront“.Der Reprint wird ergänzt durcheinen historischen Kommentardes Herausgebers.Das Dritte Reich, Moskau 1934, ReprintKassel 2013, 80 S., Format 11,2 xKlopapier. Angesichts meines offenenMundes drückt <strong>die</strong> Dame mir noch einmalvier Blätter in <strong>die</strong> Hand. Wenn dasman nicht schon <strong>die</strong> erste Stufe des Kommunismuswar. Adi ReiherDer rote KanalTecumseh, DDR 1972Der Spielfilm ist dem IndianerführerTecumseh gewidmet, der Anfang des19. Jahrhunderts versuchte, <strong>die</strong> Indianervölkerzu vereinen.So., 7. 4., 11.00–12.45 Uhr, mdrKönig Drosselbart, DDR 1965Die hochmütige Prinzessin Roswithadurchlebt <strong>die</strong> Niederungen von Armutund Arbeit. Kindgerechte <strong>Unter</strong>haltung.So., 7. 4., 12.00–13.15 Uhr, kikaDie Frau, <strong>die</strong> singt –Incen<strong>die</strong>s, Kan 2011Familientragö<strong>die</strong> vor dem Hintergrunddes libanesischen Bürgerkrieges.Unbedingt ansehen. (auch Mo.20.15 auf Einsfestival)Mo., 8. 4., 0.05–2.13 Uhr, ardDünkirchen – 2. Juni 1940, F/I 1940Trotz einiger Schwächen gelungeneVerfilmung des Romans „Wochenendin Zuidcoote“ von Robert Merle.Mo., 8. 4., 22.50–0.50 Uhr, mdrGuantánamo-Häftlinge im Hungerstreik …– und das seit Wochen. Bekanntlich hat US-Präsident Obama sein Versprechen gebrochen, das LagerGuantánamo zu schließen. Stattdessen hat er einen neuen Leiter geschickt, gegen dessen Methoden sich vieleHäftlinge seit Wochen mit einem Hungerstreik wehren.Nach Angaben des Roten Kreuzes leben noch 166 Gefangene auf Guantánamo. Fast ein Viertel von ihnen istjetzt im Hungerstreik. Über den Zustand der Hungernden lässt das Rote Kreuz nichts verlauten. Eine Rot-Kreuz-Sprecherin erklärte, ein Grund für den Hungerstreik sei <strong>die</strong> ungewisse Zukunft der Gefangenen. Einige Männerleben schon seit mehr als zehn Jahren in dem Lager.12,5 cm, 120 gr. Papier, empfohlenerLadenpreis: 8,00 EuroBezugsadresse: Dr. Ulrich Schneider,Kirchditmolder Str. 11, 34 131Kasseldr.u.schneider@arcor.deAuslieferung ab Mitte April 2013Lager Heuberg – das ersteKZ DeutschlandsVor 80 Jahren begann der „SS-Staat“Am 21. März 1933 wurde auf demHeuberg bei Stetten am kaltenMarkt das erste KonzentrationslagerDeutschlands eingerichtet.Anlässlich des 80. Jahrestages derErrichtung veranstaltete <strong>die</strong> Vereinigungder Verfolgten des Naziregimes– Bund der AntifaschistenBaden Württemberg(VVN-BdA)am Samstag beim Mahnmal amRande des Truppenübungsplatzeseine beeindruckende Gedenkfeier.Nachdem der Vorsitzende des StettenerSPD-Ortsvereins, WalterSambil, <strong>die</strong> Gäste begrüßt und indas Thema eingeführt hatte, hieltender Regionsvorsitzende Südwürttembergdes Deutschen Gewerkschaftsbundes,Peter Fischer, sowieder 80-jährige <strong>DKP</strong>-Genosse HeinzHummler Ansprachen.Es folgen Auszüge aus Heinz‘ Rede.Liebe Teilnehmer an <strong>die</strong>ser Gedenkveranstaltung,Kameradinnen und Kameraden,an einem 80. Jahrestag hier an <strong>die</strong>semOrt zu stehen lässt einem keine andereWahl als auf <strong>die</strong> Geschichte zurückzublicken.Und wenn ich <strong>die</strong>s heute angehe, kommeich nicht umhin, eine ganz andereGeschichte zu beschreiben, als <strong>die</strong>, welchein den Schulbüchern meiner Töchterstand und auch noch in denen meinerEnkel steht.Am 30. Januar war es 80 Jahre her,dass Adolf Hitler und seiner Nazi-Parteivon den Rechtskonservativen derWeimarer Republik durch den ReichspräsidentenHindenburg <strong>die</strong> Macht inDeutschland übertragen wurde.Genau vier Wochen später brannte derReichstag, und obwohl alle Fachleuteeine Einzeltäteraktion kategorisch ausschließen,gibt es bis heute so genannteHistoriker, welche alle möglichen Versionenerfinden, um nicht das Offensichtlichstezugeben zu müssen, nämlichdass es <strong>die</strong> Nazis mit kriminellemKalkül selbst gewesen sein müssen.Einen Tag später gab es dafür schon denersten Beweis. Wohlvorbereitet wurdenin ganz Deutschland 4 000 Funktionäreund Mitglieder der KommunistischenPartei und zahlreiche Sozialdemokratensowie dem Regime unbequeme Liberalevon der SA und der PolitischenPolizei der Weimarer Republik verhaftetund in so genannte Verhörkellereingesperrt. Drei Wochen später gab eshier auf dem Heuberg das erste KZ inDeutschland. Damit begann das größtestaatlich organisierte Verbrechen in derGeschichte der Menschheit.Was hier auf der Gemarkung von Stettenam kalten Markt seinen Anfangnahm, endete mit der planmäßigen Vernichtungvon Andersdenkenden, sogenanntenAndersrassischen, Andersartigen,Behinderten und insgesamtmehr als 55 MillionenToten in dem von Deutschlandaus entfesselten 2. Weltkrieg.Doch damals erkannten nochviel zu wenige <strong>die</strong> Dimensionender heraufziehenden Gefahren.Hatten <strong>die</strong> Kommunisten beider Wahl des Reichspräsidenten1932 noch gewarnt „WerHindenburg wählt, wählt Hitlerund wer Hitler wählt, wähltden Krieg“, so wurde <strong>die</strong> Gefahr,welche von Hindenburg,vor allem aber von den Nazisausging, von viel zu vielen bagatellisiert.Der Mössinger Generalstreikam 31. Januar 1933, nur wenigeKilometer von hier entfernt,welcher dem Aufruf der KPD-Landesleitung folgte, blieb eineEinzelaktion, obschon seineBedeutung für den gemeinsamenWiderstand im Nachhineinnicht hoch genug gewürdigtwerden kann.Der Aufruf von Kurt Schumacheram 1. Februar 1933, aufder Kundgebung der EisernenFront in Stuttgart, kam viel zu spät: „Inder Stunde der Gefahr wenden wir unsauch an <strong>die</strong> kommunistischen Arbeiter,denn nicht Bruderkampf, sondernKlassenkampf tut not … Die neue Epochedes Kampfes gegen den Faschismussollte auch ein neues Verhältniszwischen uns und den Kommunisteneinleiten“.Leider war zuvor schon im Juli 1932 der„Dringender Appell“ zur Einheitsfront,unterschrieben – unter anderen – vonAlbert Einstein, Heinrich Mann, KätheKollwitz, Arnold Zweig, Erich Kästner– sowohl von Sozialdemokratenals auch von der Gewerkschaftsführungabgeblockt worden. Die früherengegenseitigen Beschimpfungen als Sozialfaschistenbzw. rotlackierte Nazissteckten noch in den Köpfen Vieler.Doch jetzt begannen auf dem Heubergfür alle dort Eingelieferten unabhängigvon ihrer politischen Überzeugungvorher nicht vorstellbare Quälereien.Das Lager Heuberg war noch keinsystematisches Vernichtungslager wie<strong>die</strong> hinterher entstandenen KZ, aberauch schon ein Ort der Unmenschlichkeit,Demütigung, Willkür und Gewalt.Nach wenigen Wochen waren dortschon mehr als 1 500 Häftlinge zusammengepfercht.Eine besonders perfide „HeubergerSpezialität“ war <strong>die</strong> Folter am Brunnen.Die Folter begann unter dem Wasserhydranten,darauf folgte das vielfacheEintauchen in das eiskalte Wasser desBrunnentrogs, das Abspritzen mit Wasseraus einem unter Hochdruck stehendenSchlauch und das darauf folgendeAbreiben der KZ der Häftlinge mit einerrauen Scheuerbürste.So etwas nennt man heutzutage „waterboarding“,und ist der beste Beweisdafür, dass <strong>die</strong> Foltermethoden der Nazisnoch immer nicht aus den Reservoirsder Machtapparate verschwundensind.Auf dem Heuberg wechselten sichScheinhinrichtungen, Prügelorgienund Demütigungen ab. Die SA versuchteimmer wieder Sozialdemokratenund Kommunisten gegeneinanderauszuspielen, indem sie Denunzianten<strong>die</strong> Freiheit versprachen.Dass <strong>die</strong>s so gut wie nie klappte, beschreibtErich Rossmann, der damaligeSPD-Landesvorsitzende und Reichstagsabgeordneteso: „Die Kommunistenhatten unter sich vereinbart, sichvon den SA-Banditen nicht gegen unsmissbrauchen zu lassen“. Die Klassensolidaritätfunktionierte also doch…Die Überlebenden berichteten, dassSozialdemokraten wie Kurt Schumacherund Oskar Kalbfell, der spätereOB von Reutlingen, getragen vonder Solidarität im Lager versprochenhatten, es nie wieder zum Zwist unterKlassenbrüdern – das mit den Klassenschwesternwar damals noch nicht in –kommen zu lassen …Die Stadt Hannover benannte eine Straße nacheinem der ersten Toten auf dem Heuberg.

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