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Weil du arm bist, musst du … Europas Gesundheitssysteme in ... - DKP

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2 Freitag, 8. Februar 2013 Kommentar / Wirtschaft und Sozialesunsere zeitGastkolumne von Volker MetzrothGesünder <strong>du</strong>rchArbeitszeitverkürzung„Die Krankheit des 21. Jahrhundertsist der Stress“, schrieb der belgischeArzt und Genosse Hans Krammisch<strong>in</strong> se<strong>in</strong>em aktuellen Buch über denStress <strong>in</strong> der Arbeit. Wie recht er damithatte, zeigt der jüngst veröffentlichte„Stressreport Deutschland2012“. Waren früher Staublungender Bergleute, Bleivergiftungen derSchriftsetzer und kaputte Kreuze derFernfahrer typisch für Berufskrankheiten,so s<strong>in</strong>d dies heute Magengeschwüre,Bluthochdruck, Herz<strong>in</strong>farktund das sogenannte Burnoutsyndrom.59 Mio. Krankheitstage,28 Mrd. Euro Behandlungskostenund 41 % aller Frühverrentungenim Durchschnittsalter von 48 Jahrenalle<strong>in</strong> <strong>in</strong>folge psychischer Erkrankungenschrecken sogar bürgerlicheÖkonomen und Politiker auf.Alle f<strong>in</strong>den es schlimm. Bei der Fragenach den Ursachen und der richtigen„Mediz<strong>in</strong>“ dagegen gehen dieMe<strong>in</strong>ungen dann aber gehörig ause<strong>in</strong>ander.Dass das auch etwas mit Kapitalismuszu tun hat, bleibt <strong>in</strong> denMa<strong>in</strong>streammedien unerwähnt.Unter kapitalistischen Verhältnissenhat sich die wissenschaftlich-technischeRevolution der letzten Jahrzehnte,der Siegeszug der Mikroelektronik,gegen die Arbeitenden gerichtet,statt ihnen e<strong>in</strong>en Anteil an derPro<strong>du</strong>ktivkraftentwicklung zu br<strong>in</strong>gen,z. B. wesentlich kürzere Arbeitszeiten.Wie zuvor <strong>in</strong> der Pro<strong>du</strong>ktion,wurden Dienstleistung, Verwaltung,Entwicklung und Planung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>zelneTätigkeiten zerlegt und so wiederzusammengefasst, dass immer mehre<strong>in</strong>tönige Arbeit den Berufsalltagbestimmt und kreative Bereiche beiwenigen „Spitzenkräften“ verbleiben.Zudem ermöglichen die neuenPro<strong>du</strong>ktionsmittel immer mehr Leistungs-und Verhaltenskontrollen bish<strong>in</strong> zur Videoüberwachung, die CDUund FDP jüngst im „Arbeitnehmerüberwachungsgesetz“weitgehend legalisierenwollten. Hatte der Fließbandarbeiternach Feierabend undim Urlaub noch se<strong>in</strong>e Ruhe, wirddie jetzt vielen mit Handy, Laptop,Smartphone usw. geraubt. StändigeErreichbarkeit, auch im Urlaub, nichterfasste Überzeiten sonntags amLaptop usw. verwischen die Grenzenzwischen Arbeit und Freizeit immermehr. Das „Menschse<strong>in</strong>“ kommt immerweniger vor, damit auch die Regenerierungvon Körper und Geist,man wird krank. Stressfaktoren s<strong>in</strong>dauch die oft langen Wege zur Arbeit.Viele haben Abwesenheitszeiten vonüber 12 Stunden.Sogenannte leistungsbezogene Entgeltbestandteile,Prämien statt Festlohn,betriebliche Beurteilungssystemeetc. s<strong>in</strong>d weitere Stressursachen.Wenn e<strong>in</strong>e große Tageszeitungschrieb, dass selbst Schuld habe, wernach Feierabend se<strong>in</strong>e dienstlichenMails lese, mag das juristisch stimmen.Es hilft aber im Alltag nicht denen,die Montags morgens erst malihre elektronische Post lesen, währenddie „Schwarzarbeiter“ vom Wochenendegleich loslegen. Ersteres<strong>in</strong>d dann die, die „rumsitzen“, währendandere arbeiten. Mit allen Folgen<strong>du</strong>rch oben genannte Systeme.Frau von der Leyen sieht die betrieblichen„Sozialpartner“ <strong>in</strong> der Pflicht.Betriebsräte sollen reparieren, wasprofitgesteuerte Manager kaputt machen.Tatsächlich haben Betriebsrätebeim Arbeitsschutz e<strong>in</strong>ige Möglichkeiten,Technologieberatungsstellendes DGB unterstützen sie dabei.So gibt es bei VW und bei DaimlerBetriebsvere<strong>in</strong>barungen, nach denenaußerhalb gewisser Kernzeitendienstliche Blackberrys nicht mehrerreichbar se<strong>in</strong> dürfen bzw. im Urlaube<strong>in</strong>gehende E-Mails gelöschtwerden können. Aber nur gut 40 %aller Beschäftigten arbeiten <strong>in</strong> Betriebenmit Betriebsräten, und längstnicht überall s<strong>in</strong>d die so handlungsfähigwie <strong>in</strong> den genannten Konzernen.Es gibt tausende Ratgeber zum Umgangmit Stress, sowohl Personenals auch Bücher, Hefte, Videos etc.Den meisten ist geme<strong>in</strong>, dass sie nuran den Symptomen herumdoktern.Wenn jemand krank wurde, weil zurleistbaren Arbeitsmenge X noch dieMenge Y h<strong>in</strong>zukam, dann kann derggf. mit Sport, autogenem Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gund vieles andere mehr sich selbst,zumeist <strong>in</strong> der Freizeit, so stärken,dass dann X+Y zu schaffen s<strong>in</strong>d.Die Gesetzmäßigkeiten der kapitalistischenKonkurrenz werden dannaber bald dazu führen, dass dem„motivierten und belastbaren Mitarbeiter“zusätzlich die ArbeitsmengeZ aufgebrummt wird und er dann unterX+Y+Z an den Punkt kommt, woihm alle Ratgeber nicht mehr weiterhelfenkönnen.Zu allem kommt die steigende Verunsicherungüber die eigene Zukunft.Werde ich me<strong>in</strong>en Arbeitsplatzbehalten, kriege ich als 50-Jährigerüberhaupt wieder Arbeit oderals 25-Jähriger endlich mal e<strong>in</strong>enunbefristeten Job? Zu den Ablenkungsstrategienvon Personalmanagerngehört auch zu bezweifeln,dass der Stress großteils beruflichbed<strong>in</strong>gt ist. Häusliche und familiäreProbleme seien viel gravierender.Klar, wenn der Partner nach 13 StundenArbeit und Bahnfahrt genervtnach Hause kommt und der Jüngstenoch Hilfe bei den Schularbeitenwill, die Partner<strong>in</strong> auf dem Sprungzur Nachtschicht ist, der Sohn gefrustet<strong>in</strong> der vierten Warteschleifestatt auf e<strong>in</strong>em Ausbil<strong>du</strong>ngsplatz istund die Tochter zwei eigene M<strong>in</strong>ijobskoord<strong>in</strong>ieren muss, dann liegenöfters die Nerven blank, ist heimischerZoff vorprogrammiert. Wo daaber die häuslichen Probleme herkommen,sieht doch der Bl<strong>in</strong>de mitdem Krückstock.Es will niemand behaupten, dass alleProbleme mit Arbeitszeitverkürzungzu lösen seien, schon gar nicht <strong>in</strong> e<strong>in</strong>erkapitalistischen Gesellschaft.Dennoch wäre e<strong>in</strong>e Arbeitszeitverkürzungauf 30 Stunden <strong>in</strong> der Wochenicht nur gut zur Schaffung undSicherung von Arbeitsplätzen undfür e<strong>in</strong> neues Normalarbeitsverhältnisals Voraussetzung für wirklicheGleichstellung der Geschlechter. Die30-Stunden-Woche bei vollem LohnundPersonalausgleich wäre auch e<strong>in</strong>großer Schritt zu Arbeitsverhältnissen,<strong>in</strong> denen die Arbeitenden stattnur noch Anhängsel von Masch<strong>in</strong>enund Computern auch gesündereMenschen se<strong>in</strong> könnten.Bochum zwischen Konflikt und SolidaritätGM/Opel will Werksschließung zu 2014! –Akzeptiert die IG Metall das Ende der Autopro<strong>du</strong>ktion?Etwa 1 500 Beschäftigte der BochumerOpel-Werke legten am 1. Februarerneut für anderthalb Stundendie Arbeit nieder. Der Betriebsrathatte zu Informationsveranstaltungensowohl für die Frühschicht als auch dieMittagsschicht am Tor 1 <strong>in</strong> Laer aufgerufen.Dort wurde über den Stand derVerhandlungen zwischen Betriebsräten/Gewerkschaftund Opel-Management<strong>in</strong>formiert, die die Belegschaft <strong>in</strong>Bochum <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e schwierige Lage gebrachthaben.Der Bochumer Opel-BetriebsratsvorsitzenderRa<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>enkel kritisiert <strong>in</strong>se<strong>in</strong>er Rede die Betriebsräte und Aufsichtsräteaus den anderen deutschenOpel-Werken scharf. „Die Zugeständnisse,die am Mittwoch <strong>in</strong> Rüsselsheimgemacht worden s<strong>in</strong>d, zielen daraufh<strong>in</strong>,den Standort Bochum so schnell wiemöglich zu schließen“, sagte E<strong>in</strong>enkel.In e<strong>in</strong>em heftig kritisierten Forderungskataloghat die IG Metall offensichtlichdie Schließung der Fahrzeugpro<strong>du</strong>ktion<strong>in</strong> Bochum akzeptiert undfordert nur noch den Erhalt e<strong>in</strong>er „vierstelligenZahl“ von Opel-Arbeitsplätzen<strong>in</strong> Bochum. 1 000 weitere Stellensollen mit Hilfe der öffentlichen Handgeschaffen werden. „Ohne jeglichekonkrete Zusagen sollen die Belegschaftsvertreterihre Zustimmung zudieser Kapitulation geben“, so E<strong>in</strong>enkel.Für großen Unmut sorgte auch dieTatsache, dass gegen die 5 Stimmen ausBochum alle Belegschaftsvertreter deranderen Werke e<strong>in</strong>em weiteren Lohnverzichtzustimmen wollen. Diese Ausführungenwurden auf der emotionalaufgeladen Belegschaftsversammlungimmer wieder mit Zwischenrufen wie„Auszahlung“ und „Schluss mit demSchmusekurs“ kommentiert.Steve Girskys ErpressungsbriefBesonders bitter stößt <strong>in</strong> Bochum auf,dass die IG Metall mit ihrem „Forderungskatalog“fast komplett auf dieForderungen des Opel-Managemente<strong>in</strong>gehen will. Mit e<strong>in</strong>em Brief an die„Lieben Mitarbeiter<strong>in</strong>nen und Mitarbeiter“<strong>in</strong> Bochum hatte der Aufsichtsratsvorsitzendeder Adam Opel AG,Steve Girsky, <strong>in</strong> erpresserischer Weise<strong>in</strong> die laufenden Verhandlungen e<strong>in</strong>gegriffenund ultimativ Lohnverzichtund weitere Flexibilität gefordert. Indem Brief mit Datum vom 22. Januar2013 bestätigt der Aufsichtsratsvorsitzendedie Pläne von GM/Opel, noch <strong>in</strong>diesem Jahr „die Pro<strong>du</strong>ktion des F13-Getriebes“ e<strong>in</strong>zustellen. Die „Zafira-Pro<strong>du</strong>ktion“ soll zum Jahresende 2014enden und danach „ke<strong>in</strong> Fahrzeugmehr <strong>in</strong> Bochum pro<strong>du</strong>ziert werden“.In Bochum würden dann nach 52 Jahrenke<strong>in</strong>e Autos mehr gebaut. Der Inhaltdes Girsky Briefes macht deutlich,dass der Konzern der Belegschaft denIG Metall will Konjunkturimpulse setzenGroße Tarifkommission der IG Metall Baden-Württemberg berät über anstehende TarifrundeDie IG Metall Baden-Württembergwill 2013 für die 740 000 Beschäftigtender Metall- und Elektro<strong>in</strong><strong>du</strong>striemehr Kaufkraft schaffen. Das ließ BezirksleiterJörg Hofmann im Anschlussan die Sitzung der Großen TarifkommissionMetall- und Elektro<strong>in</strong><strong>du</strong>strie<strong>in</strong> Filderstadt die neugierig wartendenJournalisten wissen. Die Tarifkommissionbeschloss als ersten Schritt dazudie Kündigung des Entgelttarifvertrages.Über Forderungshöhe wurde offiziellnoch nichts beschlossen. Hofmanngab dennoch Bemerkenswertes preis:Die Metall- und Elektro<strong>in</strong><strong>du</strong>strie imSüdwesten habe im Durchschnitt e<strong>in</strong>estabile Entwicklung. Allerd<strong>in</strong>gs seiim Vergleich zur Vorjahressituation<strong>du</strong>rchaus e<strong>in</strong>e größere Streuung derFirmen- und Branchenkonjunkturenerkennbar. Die jüngsten Konjunktursignalezeigten dagegen wieder deutlichnach oben. „Es war richtig, relativspät die Debatte zur Lohnforderung zubeg<strong>in</strong>nen. Jetzt haben wir den Rückenw<strong>in</strong>de<strong>in</strong>er deutlichen und stabilenschwarzen Peter zuschieben will unddie Schließung des Bochumer Werkesmit dem angeblichen ungenügendenWillen der Belegschaft auf Lohnverzichtund Kostene<strong>in</strong>sparung begründenwill.Wie Opel <strong>arm</strong> gerechnet wirdWütend wurde im Bochumer Werkdie E<strong>in</strong>schätzung der IG Metall aufgenommen,nach der die Lage von Opel„existenzbedrohende Ausmaße angenommenhat“. Vergessen wird offensichtlich,dass Opel immer noch e<strong>in</strong>erder größten Autopro<strong>du</strong>zenten <strong>in</strong> Europaist und Umsatze<strong>in</strong>e<strong>in</strong>bußen fastausschließlich <strong>du</strong>rch die katastrophaleWirtschafts- und F<strong>in</strong>anzpolitik derEU <strong>in</strong> Südeuropa entstanden s<strong>in</strong>d undseit Jahren e<strong>in</strong> materieller und ideellerTransfer von Opel auf den US-amerikanischenMutterkonzern GeneralMotors erfolgt, Patente, Gew<strong>in</strong>ne undzahlreiche Anlagen nach Detroit transferiertwurden. Im Dezember 2012wurde bekannt, dass die Opel-Auslandsfabrikenan den MutterkonzernGM überschrieben wurden. Dies betrafdas Motorenwerk <strong>in</strong> Szentgotthard<strong>in</strong> Ungarn, das österreichische Getriebewerk<strong>in</strong> Aspern, das Entwicklungszentrum<strong>in</strong> Tur<strong>in</strong>, das polnische Werk<strong>in</strong> Gliwice sowie die Opel-Vertretungen<strong>in</strong> Großbritannien und Russland.Poker um WerksflächenParallel dazu wurde die FrankfurterVertretung des Immobilien-KonzernsJones Lang LaSalle (Chicago) mit derVermarktung des Pro<strong>du</strong>ktionsstandortesLangendreer beauftragt, <strong>in</strong>dem zumJahresende die Pro<strong>du</strong>ktion e<strong>in</strong>gestelltwird. GM macht damit deutlich, dassdiese für Bochum und e<strong>in</strong>e zukünftige<strong>in</strong><strong>du</strong>strielle Pro<strong>du</strong>ktion wichtigen Flächene<strong>in</strong> weiteres Mittel, ist um e<strong>in</strong>enhohen Extra-Profit zu erzielen. Verständlich,dass die Bochumer Belegschaft(86 % IGM-Mitglieder), die <strong>in</strong>dieser Gemengelage befürchtet unterdie Räder zu gelangen, weiter kämpfenwill und nicht ihre eigene Beerdigungf<strong>in</strong>anzieren will.Der Bochumer Opel-Betriebsratsvorsitzender Ra<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>enkel <strong>in</strong>formiert dieBelegschaft über die Verhandlungen mit dem Opel-ManagementForderungenIm Mittelpunkt der Forderungen derBochumer Belegschaft stehen die Forderungennach e<strong>in</strong>er Beschäftigungsgarantieüber 2016 h<strong>in</strong>aus, das Verbotvon Massenentlassungen und der Erhaltder Autopro<strong>du</strong>ktion <strong>in</strong> Bochum.Auch werden weitere Lohnkürzungenabgelehnt. Die gestundete 4,3 %igeLohnerhöhung muss ausgezahlt werden,es darf ke<strong>in</strong>e Unterschreitung desFlächentarifvertrages geben. Von denBundes- und den Landesregierungenwird erwartet, dass unter Anwen<strong>du</strong>ngdes § 14 Grundgesetz („Eigentum verpflichtet,se<strong>in</strong> Gebrauch soll zugleichdem Wohle der Allgeme<strong>in</strong>heit dienen“),geme<strong>in</strong>sam mit den betroffeneneuropäischen Regierungen e<strong>in</strong>eStrategie für die Opel-Standorte undden Erhalt der Arbeitsplätze gefundenwird, anstatt weiterh<strong>in</strong> auf ru<strong>in</strong>öseStandortkonkurrenz zu setzen. Vorallem muss e<strong>in</strong> Zukunftskonzept entwickeltwerden. Die Opel-Werke undihre Beschäftigten brauchen e<strong>in</strong>e Perspektive,um umweltverträgliche, ökonomischs<strong>in</strong>nvolle und zukunftsträchtigeAutos und alternative Pro<strong>du</strong>kteherstellen zu können.Das SolidaritätsfestDer Kampf um den Erhalt der BochumerOpel-Werke und die Forderungender Belegschaft werden sicherlich imMittelpunkt des großen Solidaritätsfestesstehen, das am 3. März <strong>in</strong> derBochumer Innenstadt stattf<strong>in</strong>den soll.Der 3. März sollte daher zu e<strong>in</strong>er Manifestationder Entschlossenheit undSolidarität der ganzen Region gemachtwerden.Günter Gleis<strong>in</strong>gVerbesserung der Wirtschaft. Wir setzenauf e<strong>in</strong>e kont<strong>in</strong>uierliche Lohnpolitik.Das heißt, wir werden uns weiter anden gesamtwirtschaftlichen Parameternorientieren und Inflationsrate plusPro<strong>du</strong>ktivität als Basis unserer Tarifforderungenfesthalten. Dazu wird e<strong>in</strong>konjunkturgerechter Zuschlag kommen.Wir müssen dazu beitragen, dassdie Konjunkturlokomotive Deutschlandweiter unter Dampf steht. Dazubraucht es e<strong>in</strong>e Stärkung der Kaufkraft.“Und weiter: „Wir werden e<strong>in</strong>eForderung stellen mit dem Ziel, sieauch <strong>du</strong>rchzusetzen. Unser Anspruchist, dass am Ende das Delta zwischenForderung und Ergebnis möglichst ger<strong>in</strong>gist.“ Und er fügte noch h<strong>in</strong>zu, wichtigsei dabei letztlich das Ergebnis.Inzwischen ist <strong>in</strong> den Betrieben dieDebatte über die richtige Tarifforderungeröffnet. Das Ergebnis der betrieblichenDiskussionen soll Ende Februar<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Forderungsempfehlungzusammengefasst werden. Mitte Märzwird dann die endgültige Tarifforderungfür die Tarifrunde 2013 beschlossen.Der im Mai 2012 abgeschlosseneEntgelttarifvertrag endet am 30. April.Da die Tarifparteien damals vere<strong>in</strong>barthaben, die Friedenspflicht auszusetzen,s<strong>in</strong>d dann ab 1. Mai erste Warnstreiksmöglich.Für die jetzt eröffnete Diskussion wärewichtig: Warum orientiert und fixiertsich die IGM so stur auf die aktuellekonjunkturelle Lage der Betriebe bzw.Branche? Haben die nicht wieder ungeheureProfite e<strong>in</strong>gefahren? Warumalso ke<strong>in</strong>e Umverteilungskomponente?Soll die Umsetzungshoheit des Tarifvertragsden Betrieben/Branchennoch mehr selbst übertragen werden?Und es ist auch zu fragen, was ist neuan Hofmanns bedeutungsschwangeremSpruch „Wir werden e<strong>in</strong>e Forderungstellen mit dem Ziel, sie auch<strong>du</strong>rchzusetzen. Unser Anspruch ist,dass am Ende das Delta zwischen Forderungund Ergebnis möglichst ger<strong>in</strong>gist.“ War das je anders? Eigentlichne<strong>in</strong> – aber eigentlich dann doch oft:weil der Kompromiss vor dem Kampfstand.Manfred Dietenberger


4 Freitag, 8. Februar 2013 Innenpolitikunsere zeitMali: Scheibchenweise <strong>in</strong> e<strong>in</strong>neues Afghanistan„Der nun angestrebte Bundeswehre<strong>in</strong>satzzur Luftbetankung zeigt, dass imSahel e<strong>in</strong> langfristig angelegter und entgrenzterKrieg gegen den Terror geführtwerden soll“, so Sevim Dagdelen, Sprecher<strong>in</strong>der Fraktion „Die L<strong>in</strong>ke“ für InternationaleBeziehungen und Mitgliedim Auswärtigen Ausschuss, angesichtsder Planungen der Bundeswehr und derE<strong>in</strong>richtung e<strong>in</strong>es Luftwaffenstützpunktes<strong>in</strong> Senegal. Dagdelen weiter:„Die Notsituation, mit der Frankreichse<strong>in</strong>en Kriegse<strong>in</strong>satz ursprünglichbegründete, ist längst vorbei. Derverme<strong>in</strong>tliche Vorstoß der IslamistenRichtung Bamako ist gestoppt. Für Flügevon Bamako <strong>in</strong> den Norden Malisbrauchen die Französischen Kampfjetske<strong>in</strong>e Luftbetankung, die erst im Märzbeg<strong>in</strong>nen soll. Offensichtlich geht es alsoum e<strong>in</strong> langfristiges Engagement auchüber Mali h<strong>in</strong>aus. Per Salamitaktik wirdDeutschland nach Afghanistan nun auch<strong>in</strong> Afrika <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en entgrenzten Krieg gegenden Terror führen, ohne dass dies öffentlichkommuniziert oder die Ziele def<strong>in</strong>iertwürden.Die gesamte Großregion wird umfassendmilitarisiert. Fast alle Nachbarstaaten,viele ohneh<strong>in</strong> hochgradig <strong>in</strong>stabil,werden <strong>in</strong> diesen Krieg mit h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>gezogen.Statt Luftschläge, gezielter Tötungenund e<strong>in</strong>er zu Recht kritisierten Militarisierungder humanitären Hilfe wärennun Diplomatie und e<strong>in</strong>e langfristigeStrategie zur Entwicklung der Regiongefragt. Doch all dies wird nun im Eiferdes Gefechtes völlig untergehen.“Neuer V-Mann-Skandal<strong>in</strong> SachsenZum aktuellen Bericht der LeipzigerVolkszeitung über e<strong>in</strong>en heutigen NPD-Funktionär auf Landesebene, der von1998–2002 als V-Mann aktiv war, erklärtKerst<strong>in</strong> Köditz, Mitglied <strong>in</strong> derParlamentarischen Kontrollkommission(PKK) und Sprecher<strong>in</strong> für antifaschistischePolitik der Fraktion „Die L<strong>in</strong>ke“ imSächsischen Landtag:„Man kann leider <strong>in</strong>zwischen sicher se<strong>in</strong>,dass nichts geheim bleibt, von dem dersächsische Geheimdienst Kenntnis hat.Dieser Umstand ist zwar nicht neu, aberes ist bemerkenswert, dass auch der neuePräsident des Landesamtes, GordianMeyer-Plath, <strong>in</strong> diesem schlechten Spielkräftig mitspielt.Wenn e<strong>in</strong>e solche Information aus „Sicherheitskreisen“an die Medien geht,dann handelt es sich schlicht um Geheimnisverrat.Wenn dann noch zusätzlichder Präsident des Landesamtesselbst die Informationen so sehr konkretisiert,dass man sich leicht ausrechnenkann, um wen es sich bei dem Spitzel namentlichhandelt, ist das unverständlich.“Vergessliche StarhistorikerHans Mommsen, Alt-Historiker, nimmt<strong>in</strong> der WAZ und WR die Schwer<strong>in</strong><strong>du</strong>strie<strong>in</strong> Schutz und hält auch die Massenim Nazireich für unschuldig. So kann,laut VVN-BdA, das Interview zusammengefasstwerden, das die WAZ-Gruppemit Mommsen führte. Dazu schreibtVVN-BdA-Sprecher Ulrich Sander <strong>in</strong>e<strong>in</strong>em Leserbrief an WAZ und WR unteranderem:Hans Mommsen nimmt <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en Antwortendas Wort Rüstung und Kriegnicht <strong>in</strong> den Mund. Dies waren aber dieHauptverbrechen des Nazi-Faschismus.Denn ohne Krieg wäre auch „die Selbstentfesselungder NSDAP als rassistischePartei“ nicht denkbar gewesen, der Holocaust.Wo hat sich Hitler denn <strong>in</strong> ‚Me<strong>in</strong>Kampf‘ Fesseln angelegt? Und wer hatdie Selbstentfesselung ausgelöst? Nichtdie „gesamte Schwer<strong>in</strong><strong>du</strong>strie“ willMommsen am Werk gesehen haben. Wirführen seit fünf Jahren die Spurensuche„Verbrechen der Wirtschaft 1933–1945an Rhe<strong>in</strong> und Ruhr“ <strong>du</strong>rch, und wir habennicht e<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>zigen Schwer<strong>in</strong><strong>du</strong>striellenentdeckt, der nicht auf Rüstungund Krieg und damit auf Förderung derNazis aus war. Man habe „die Gewaltbereitschaftunterschätzt“ überschreibenSie das Interview. Als die SPD 1932 mitzur Wahl H<strong>in</strong>denburgs aufrief, der danne<strong>in</strong> Jahr später Hitler <strong>in</strong>s Amt holte, dahatte die KPD die Parole ‚Wer H<strong>in</strong>denburgwählt, wählt Hitler, wer Hiterwählt, wählt den Krieg‘. Es gab die Warnungvor der Gewalt.“Deutsche Waffen weiter <strong>in</strong> alle WeltAusgerechnet der „stern“ wird zurSpeerspitze gegen sexuelle Belästigung!Der „Ke<strong>in</strong>-Titel–ohne-Titten“-Stern! Enthüllt, dass Ra<strong>in</strong>er Brüderlee<strong>in</strong> geiler alter Sack ist.Was gibt’s da zu enthüllen? Die FDPbesteht doch zu 90 Prozent aus geilenalten Säcken, der Rest s<strong>in</strong>d ehrbareSchwule.Und das „alt“ bezieht sich nicht aufdie Zahl der Jahre. Der stellvertretendeVorsitzende der Jungen Liberalen<strong>in</strong> Rhe<strong>in</strong>land-Pfalz ist vielleicht jungan Jahren, aber <strong>in</strong>nendr<strong>in</strong> genauso e<strong>in</strong>geiler alter Sack. „Die Journalist<strong>in</strong> hatwohl e<strong>in</strong>e rege Phantasie. Da war derWunsch der Vater des Gedankens.“ Sokommentiert e<strong>in</strong> alter Sack immer:„Diese geilen Schlampen s<strong>in</strong>d dochselbst schuld!“Wolfgang Kubicki hält dazu offenbarnoch jede Journalist<strong>in</strong> für e<strong>in</strong>e geileSchlampe und wird, um nicht ähnlicheszu erleben wie Brüderle, ke<strong>in</strong>e Journalist<strong>in</strong>nenmehr um sich <strong>du</strong>lden <strong>…</strong> Nochsexistischer geht’s ja wohl nicht!•Ebenfalls überraschend gewandelt hatsich Peter Altmaier, Umweltm<strong>in</strong>ister.Der ist auf e<strong>in</strong>mal Anwalt der kle<strong>in</strong>enLeute und will den Strompreis niedrighalten. Das ist natürlich nicht gegendie erneuerbare Energie gerichtet! ImGegenteil! Die Energiewende, sagt er,wird doch nur von der Bevölkerung akzeptiert,wenn die Preise nicht steigen.Aber sicher doch! Etwas kosten darfnämlich nur die Atomenergie, und dasÖl, und die Kohle. Das akzeptiert dieBevölkerung immer.•Gewandelt hat sich auch die E<strong>in</strong>stellungder USA zur Reisefreiheit. Diewurde ja bis jetzt immer gefordert – vorallem gegenüber Kuba. Nun hat KubaReisefreiheit verordnet, typisch sozialistischeDiktatur! Kubanische Bürgerkönnen problemlos zwei Jahre undlänger im Ausland verbr<strong>in</strong>gen, ohnezu Hause Rechte zu verlieren. Damit„droht“ e<strong>in</strong>e Welle von arbeitssuchenden,gut ausgebildeten Kubanern dieUSA zu überrollen. Denn der CubanRegierungskoalition bügelt kritische Anträge im Bundestag abMonat der überraschenden Wen<strong>du</strong>ngenDas war der Januar 2013 • Von Jane ZahnAdjustement Act macht e<strong>in</strong>gereistekubanische Bürger automatisch zu politischenFlüchtl<strong>in</strong>gen. Sie bekommene<strong>in</strong>e Wohnung, e<strong>in</strong>e Arbeitserlaubnisund nach e<strong>in</strong>em Jahr die dauerhafteAufenthaltsgenehmigung. Damit ließensich wunderbar Geschäfte machen.Am 17. Januar wurden zwei Mitgliedere<strong>in</strong>er Bande <strong>in</strong> Miami verurteilt, diegefälschte kubanische Geburtsurkundenan E<strong>in</strong>wanderer aus Late<strong>in</strong>amerikaverkauften.Inzwischen fordern die ultrarechtenExilkubaner, dass das Gesetz nur nochfür kubanische E<strong>in</strong>wanderer geltendarf, die nachweislich für e<strong>in</strong>en Umsturzund Systemwechsel <strong>in</strong> ihrer Heimatkämpfen. Wieviel werden danndiese Nachweise auf dem Schwarzmarktkosten?•Noch e<strong>in</strong>e Wen<strong>du</strong>ng aus den USA, allerd<strong>in</strong>gsweniger überraschend: DasBüro, das zur Schließung des Straflagers<strong>in</strong> Guantanamó beitragen sollte,wird dichtgemacht. Guantanamó nicht.War ja auch nur e<strong>in</strong> Wahlversprechenvon Obama. Muss ja nicht gehaltenwerden, Friedensnobelpreise gab’sauch so.Die <strong>in</strong> Guantanamó und anderswopraktizierte Folter zur Erpressung vonGeständnissen wird gerade <strong>in</strong> e<strong>in</strong>emHollywood-Film verherrlicht, „ZeroFoto: LuftwaffeAuf den web-Seiten der Bundesluftwaffe fliegt die Drohne Euro Hawk bereits.Dark Thirty“, der angeblich auf Tatsachenberuht. Aber gerade die zentraleAussage des Films, dass nur unter Foltergewonnene Angaben e<strong>in</strong>es Gefangenenermöglicht haben, B<strong>in</strong> Laden zuf<strong>in</strong>den und h<strong>in</strong>zurichten, stimmt nicht.Der EX-FBI-Agent Ali Soufan erklärte,er habe die betreffende Informationvon dem betreffenden Gefangenenerhalten, und zwar nicht unter Folter.Folter, so beweist auch e<strong>in</strong>e 6 000 Seitenstarke Expertise des US-Senats,führt eben nicht zu brauchbaren Geständnissen.Das hatten wir <strong>in</strong> EuropaDer gerade anlaufende US-Film „Zero Dark Thirty“ verherrlicht die weltweitpraktizierte Folter der „Terroristen-Jäger“ .Anlässlich der Debatte über dendeutschen Rüstungsexport imBundestag erklärten die Sprecherdes Bundesausschusses Friedensratschlag<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er ersten Stellungnahme:Die Friedensbewegung fordert seitlangem, e<strong>in</strong>en Stopp des Waffenexports.E<strong>in</strong>e Forderung, die angesichtsder zur Entschei<strong>du</strong>ng anstehendenumfangreichen Exportvorhabenschwerer Waffen <strong>in</strong> Zonen hoherSpannungen im Wert von etwa 30 MilliardenEuro umso dr<strong>in</strong>glicher wird.Die schwarz-gelbe Bundesregierungversucht mit dem gezielten Rüstungsexport<strong>in</strong> ausgewählte „befreundete“Länder außerhalb von NATO und EUAußenpolitik zu betreiben – ungeachtetder Menschenrechtslage im Empfängerland.Dabei missachtet sie denhohen Stellenwert dieses Kriteriumsund das Richtl<strong>in</strong>ien-Gebot der restriktivenHandhabung.Verheerend s<strong>in</strong>d auch Lieferungenvon Kle<strong>in</strong>waffen <strong>in</strong> Länder <strong>in</strong>sbesondereaußerhalb von EU und NATO,die im Jahr 2011 e<strong>in</strong>en Rekord verzeichneten.Darüber h<strong>in</strong>aus unterliegtder Endverbleib von Waffenlieferungenund <strong>in</strong> Lizenz im Ausland hergestellterWaffen ke<strong>in</strong>er wirksamen Kontrolle.Die Friedensbewegung kritisiertaußerdem die Intransparenz der Entschei<strong>du</strong>ngsf<strong>in</strong><strong>du</strong>ng<strong>du</strong>rch den geheimtagenden Bundessicherheitsrat ebensowie die extrem späte Veröffentlichungbereits vorgenommener Exportentschei<strong>du</strong>ngenund die wenig aussagekräftigeAuflistung dieser Exporte. Esist e<strong>in</strong> Skandal, dass erst Ende Januar2013 der Rüstungsexportberichtfür das Jahr 2011 im Bundestag diskutiertwird. Die Friedensbewegungfordert darüber h<strong>in</strong>aus e<strong>in</strong> Programmzur Konversion von Rüstungsgütern<strong>in</strong> zivile Pro<strong>du</strong>kte. All dies lässt dieBundesregierung völlig ungerührt.Die Redner/<strong>in</strong>nen der Regierungskoalitionverteidigten <strong>in</strong> der Debattealle Waffenexporte – gleichgültig,welche Diktaturen davon profitieren.Und die „Argumente“ s<strong>in</strong>d altbekannt:Rüstungsexporte s<strong>in</strong>d nun e<strong>in</strong>mal e<strong>in</strong>Mittel der Außenpolitik, sie dienender Stabilität <strong>in</strong> unsicheren Regionen,sie sichern die exportabhängige Rüstungswirtschaft<strong>in</strong> Deutschland. Werhier noch von „restriktiver“ Exportpolitikspricht, weiß entweder nicht,wovon er/sie redet, oder er/sie lügtbewusst.Es ist zu begrüßen, dass die Oppositionsfraktionenim Bundestag <strong>in</strong> dreigetrennten Anträgen sich der deutschenRüstungsexportproblematik angenommenhaben. Dabei werden allerd<strong>in</strong>gsunterschiedliche Intentionen undReichweiten deutlich.Wir verhehlen nicht, dass die Forderungender Fraktion „Die L<strong>in</strong>ke“ denVorstellungen der Friedensbewegungam nächsten kommen: ke<strong>in</strong>e Genehmigungenmehr für den Export vonRüstungsgütern – auch ke<strong>in</strong>e Weitergabevon „überschüssigen“ Rüstungsgütern– Auflage e<strong>in</strong>es beschäftigungssicherndenKonversionsprogramms zurUmwandlung von Rüstungspro<strong>du</strong>ktion<strong>in</strong> die Herstellung ziviler Güter.Für die Zeit, <strong>in</strong> der der Rüstungsexportnoch fortgesetzt wird, f<strong>in</strong>den sich <strong>in</strong> denForderungen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Ansätze, die <strong>in</strong> die richtigeRichtung weisen. So etwa die Forderungdanach, das Entschei<strong>du</strong>ngskriterium„Menschenrechtslage im Empfängerland“gesetzlich zu verankern undes somit strafrechtlich zu bewehren.Unterstützenswert ist zudem die Forderungnach e<strong>in</strong>em Verbot der Vergabevon Lizenzen zur Kriegswaffenpro<strong>du</strong>ktionan Länder außerhalb von NATOund EU. Auch sollten ke<strong>in</strong>e Hermesbürgschaften,die den kommerziellenRüstungsexport staatlich ankurbeln,mehr erteilt werden.Geme<strong>in</strong>same Positionen von Bündnis90/Die Grünen und SPD, wie diestrikte Kontrolle des Endverbleibsund die zeitnahe Veröffentlichungdes Rüstungsexportberichts s<strong>in</strong>debenfalls zu begrüßen. Zwar betonendiese beiden Oppositionsparteien,dass sie für e<strong>in</strong>e restriktivereRüstungsexportpolitik stehen, lassenaber den politischen Willen vermissen,konsequent für e<strong>in</strong>e Re<strong>du</strong>zierungdes deutschen Waffenexportse<strong>in</strong>zutreten. Wir er<strong>in</strong>nern nur daran,dass auch unter der früheren rot-grünenBundesregierung zahlreiche Waffenexporte<strong>in</strong> autoritäre Regime (z. B.Vere<strong>in</strong>igte Arabische Emirate, Indonesien,Ägypten, Saudi-Arabien) genehmigtworden waren. Für den Bundesausschuss FriedensratschlagPeter Strutynski, Lühr Henkenauch schon mal festgestellt: Im 18. Jahrhundert,als den Hexenprozessen dasHandwerk gelegt wurde. Gut, da gabes <strong>in</strong> den USA noch die Sklaverei, diebrauchen eben ihre Zeit, um aufgeklärtzu werden.•Bei uns ist die Aufklärung allerd<strong>in</strong>gsauch nicht immer erwünscht: In katholischenKl<strong>in</strong>iken darf e<strong>in</strong> Vergewaltigungsopfernicht auf Hilfe hoffen – siemüsste dann ja über die „Pille danach“aufgeklärt werden, und das widersprichtder katholischen Ethik.•Und das Forschungsprojekt zum sexuellenMissbrauch <strong>in</strong> der KatholischenKirche wurde e<strong>in</strong>gestellt: Die DeutscheBischofskonferenz hat die Zusammenarbeitmit dem Krim<strong>in</strong>ologischen Forschungs<strong>in</strong>stitutNiedersachsen e<strong>in</strong>gestellt.Sie wollte den Abschlussberichtzensieren können. Ja, wo kämen wirdenn da h<strong>in</strong>, wenn Priester mit Namengenannt werden, die im Namen GottesK<strong>in</strong>der missbrauchen? Das wäre ja <strong>…</strong>Ja, das wäre Aufklärung.•Zur Aufklärung s<strong>in</strong>d ja üblicherweiseauch Gerichte berufen, zur Aufklärungvon Straftaten. Nun ist die Blockadee<strong>in</strong>er Nazi-Demo <strong>in</strong> unserem Staate<strong>in</strong>e Straftat, und die Polizei versuchtnach Kräften, solche Straftaten zu verh<strong>in</strong>dern.Und Richter versuchen nachKräften, Straftäter zur Abschreckungzu verurteilen.In Dresden wurde e<strong>in</strong> 36-jähriger Familienvaterzu e<strong>in</strong>er Haftstrafe von 22Monaten ohne Bewährung verurteilt,weil er bei der Anti-Nazi-Demonstration2012 angeblich per Megafon dazuaufgerufen haben soll, die Polizeisperrezu <strong>du</strong>rchbrechen.„Angeblich“, weil weder e<strong>in</strong> Anwohner,der die Szene vom Balkon ausbeobachtet hat, noch 4 Polizeibeamtese<strong>in</strong>e „Täterschaft“ bestätigen konnten.Auch auf den Videos ist er nichtzu erkennen – es gibt außerdem zweiPersonen, die <strong>du</strong>rch das Megafon gesprochenhaben. Aber der Richterme<strong>in</strong>te: „Irgendwann hat die Bevölkerung<strong>in</strong> Dresden es mal satt“ – nichtetwa, dass die Nazis jahrelang marschierten,sondern dass sie dank dergroßen Gegendemonstrationen undBlockaden nicht mehr marschierenkonnten.•Ke<strong>in</strong> Wunder, dass bei solcher Rechts-Sprechung die Menschen von Demokratienicht mehr so viel halten. InNiedersachsen s<strong>in</strong>d die Nicht-Wählerzur stärksten Partei geworden. Unddie Wiederauferstehung der schontotgeglaubten FDP hat die CDU dieRegierung gekostet – das darf bei derBundestagswahl nicht passieren, liebeCDU-Wähler! Auch wenn ihr Brüderleso sympathisch, weil seelenverwandtf<strong>in</strong>det, ihr alten geilen Säcke!


6 Freitag, 8. Februar 2013 Internationale Politikunsere zeitSelbstmorde <strong>in</strong> der US-ArmeeImmer mehr US-Soldaten nehmensich das Leben. Alle<strong>in</strong> im vergangenenJahr beg<strong>in</strong>gen 349 Soldaten aller WaffengattungenSelbstmord, sagte Pentagonsprecher<strong>in</strong>Cynthia Smith. 2011nahmen sich 301 Soldaten das Leben,e<strong>in</strong> Jahr zuvor 295. Damit seien 2012mehr Soldaten <strong>du</strong>rch Selbstmord als<strong>du</strong>rch Kampfhandlungen ums Lebengekommen, berichtete die Militärzeitung„Stars and Stripes“. Zumeist s<strong>in</strong>dSoldaten nach Kampfe<strong>in</strong>sätzen <strong>in</strong> Afghanistanbetroffen. Verteidigungsm<strong>in</strong>isterLeon Panetta sprach bereits vorMonaten von „e<strong>in</strong>em der komplexestenund dr<strong>in</strong>glichsten Probleme“ derStreitkräfte.Iran verhandlungsbereitDer iranische Außenm<strong>in</strong>ister Ali AkbarSalehi hat die Verhandlungsbereitschaftmit den USA über das iranischeNuklearprogramm bekräftigt.„Der Iran ist bereit, bilaterale Gesprächezu beg<strong>in</strong>nen“, sagte er am Montagbei e<strong>in</strong>er Veranstaltung der DeutschenGesellschaft für Auswärtige Politik(DGAP) <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>. Es sei an der Zeit,sich die Sorgen der anderen Seite anzuhören.Solange die Absichten derUSA ehrlich seien, sei er optimistisch,dass auch e<strong>in</strong>e Lösung gefunden werdenkönne. Salehi betonte erneut, dassdie Regierung <strong>in</strong> Teheran ihr Atomprogrammausschließlich für zivile Zweckenutzen wolle. „E<strong>in</strong>e nicht-friedlicheNutzung unserer nuklearen Aktivitätensteht nicht auf unserer Agenda“,sagte er. Das werde sich niemals ändern– schon alle<strong>in</strong>e, weil der Islam esverbiete. Zuvor hatte Salehi am Sonntag<strong>in</strong> München erklärt, dass e<strong>in</strong>e neueVerhandlungsrunde zwischen dem Iranund den sechs Vermittlern (Russland,USA, Frankreich, Großbritannien, Ch<strong>in</strong>aund BRD) am 25. Februar <strong>in</strong> Kasachstanstattf<strong>in</strong>det.Votum für Homo-EheDas französische Parlament hat denersten Schritt zur E<strong>in</strong>führung der Homo-Ehegemacht. In e<strong>in</strong>er ersten Lesungstimmten am Samstag 249 Abgeordnetefür den ersten Artikel des Gesetzes,der gleichgeschlechtliche Ehenermöglichen soll. 97 Abgeordnete sprachensich dagegen aus, zwei enthieltensich.Chávez geht es besserDer krebskranke venezolanische PräsidentHugo Chávez ist auf dem Wegder Besserung. Er habe Chávez am1. Februar im Krankenhaus auf Kubabesucht, sagte der ParlamentspräsidentVenezuelas, Diosdado Cabello. Der gesundheitlicheZustand des Präsidenten„wird e<strong>in</strong>deutig besser“, wurde Cabellozitiert.Luftüberfall auf SyrienDas israelische Militär hat <strong>in</strong> den Krieg<strong>in</strong> Syrien e<strong>in</strong>gegriffen: In der Nachtzum 31. Januar hatten Kampfflugzeugee<strong>in</strong> militärisches Forschungszentrumnordwestlich von Damaskus angegriffen.Das syrische Staatsfernsehenstrahlte am Samstag Bilder der zerstörtenAnlage aus. In den Aufnahmen warenausgebrannte Autos und schwer beschädigteGebäudeteile zu sehen. Unterdessenberichtete das USA-Magaz<strong>in</strong>„Time“ unter Berufung auf westlicheGeheimdienstkreise, die USA hättenJerusalem „grünes Licht“ für weitereAngriffe gegeben. Kriegsm<strong>in</strong>ister Barakräumte nun erstmals <strong>in</strong>direkt e<strong>in</strong>,dass es sich bei dem Vorfall um e<strong>in</strong>enisraelischen Luftangriff gehandelt hat.„Was vor e<strong>in</strong> paar Tagen <strong>in</strong> Syrien passiertist, beweist: Wenn wir etwas sagen,dann me<strong>in</strong>en wir das auch so“, sagteBarak am Sonntag auf der Münchener„Sicherheitskonferenz“.Präsident Assad warf Israel daraufh<strong>in</strong>e<strong>in</strong>e Destabilisierung Syriens vor. „DieseAggression zeigt die wahre Rolle Israels,das sich zusammen mit anderenmit uns verfe<strong>in</strong>deten Staaten mit e<strong>in</strong>erDestabilisierung der Situation <strong>in</strong> Syrienbefasst, um unser Land zu schwächen“,so Assad. In e<strong>in</strong>em Gespräch mit demSekretär des iranischen Sicherheitsrats,Said Dschalili, habe der Staatschef erklärt,Syrien sei den gegenwärtigen Herausforderungengewachsen und werdejede Aggression abwehren.Rajoy im Morast der KorruptionAuch das Königshaus ist <strong>in</strong> Unterschlagung und Steuerh<strong>in</strong>terziehung verwickeltIn der vergangenen Woche veröffentlichtedie spanische TageszeitungEl País e<strong>in</strong>e Reihe vonGeheimdokumenten, <strong>in</strong> denen derfrühere Schatzmeister der PP, LuisBárcenas, über Jahrzehnte h<strong>in</strong>wegSchwarzgeldzahlungen an die Parteispitzefestgehalten haben soll. Alle<strong>in</strong>auf den Namen des heutigen RegierungschefsRajoy s<strong>in</strong>d für e<strong>in</strong>en Zeitraumvon elf Jahren <strong>in</strong>sgesamt bis zu320 000 Euro notiert.Zahlreiche gegenwärtige M<strong>in</strong>ister habenden Enthüllungen zufolge zudemzwischen 1990 und 2008 Zusatzgehälterund andere Geschenke kassiert. Der Listezufolge sollen auch der frühere RegierungschefJosé María Aznar sowie mehrerese<strong>in</strong>er M<strong>in</strong>ister zu den Empfängernder illegalen Zahlungen gehört haben.So kündigte M<strong>in</strong>isterpräsident Rajoy an,<strong>in</strong> dieser Woche se<strong>in</strong>e Steuererklärungenöffentlich machen zu wollen.Parallel zu diesen Enthüllungen siehtsich der langjährige PP-Schatzmeisterauch Ermittlungen der Justiz wegense<strong>in</strong>er persönlichen Geschäfte ausgesetzt.Gegenüber dem Fiskus hatteer e<strong>in</strong> Jahrese<strong>in</strong>kommen von 200 000Euro angegeben, doch zugleich besaßer <strong>in</strong> der Schweiz e<strong>in</strong> Bankkonto mit 22Unüberhörbar ist der Ruf nach dem Rücktritt RajoysMillionen Euro. Zu se<strong>in</strong>er Verteidigungerklärte Bárcenas nun, die Hälfte derSumme habe er im Rahmen der „Steueramnestie“legalisiert.Die von Bárcenas verteilten Geldersollen von großen börsennotiertenKonzernen und wichtigen Bauunternehmenstammen, die auch schon imZusammenhang mit anderen Korruptionsskandalenaufgefallen s<strong>in</strong>d. Alle<strong>in</strong>Autobauer wehren sichErster Streik der französischen Staatsbediensteten seit dem Amtsantritt HollandesMit e<strong>in</strong>er Serie von Streiks und Demonstrationenhaben französische Arbeiterund Angestellte im vergangenenMonat verdeutlicht, dass auch 2013 unterdem Sozialdemokraten Hollande derWiderstand gegen die sozialen Untatendes Kapitals und die sich den Kapital<strong>in</strong>teressenunterordnende Regierungspolitikanhält, während sich der von ihnengewählte Staatschef <strong>in</strong> den letzten Wochenvorwiegend als Kriegsherr mit derMilitär<strong>in</strong>tervention <strong>in</strong> Mali befasst hat.Zum ersten Mal seit dem AmtsantrittHollandes s<strong>in</strong>d am 31. Januar die Bedienstetenstaatlicher Dienststellen,des Bil<strong>du</strong>ngswesens und der staatlichenKrankenhäuser wieder <strong>in</strong> Aktion getreten.Mehr als 150 000 von ihnen folgtene<strong>in</strong>em Aufruf der GewerkschaftenCGT, FSU und Solidaire zu Demonstrationenund Kundgebungen währendder Arbeitszeit <strong>in</strong> 120 Städten. Hauptforderungen:Anhebung der Löhne undGehälter, die die Regierung e<strong>in</strong>frierenwill, Stopp des noch von Sarkozy verordnetenStellenabbaus im öffentlichenDienst und Abschaffung des von Sarkozye<strong>in</strong>geführten unbezahlten Karenztagesbei Krankmel<strong>du</strong>ng. Die Hollande-Regierung hat jedoch verlauten lassen,dass es angesichts der „Haushaltszwänge“<strong>in</strong>folge der von ihr anvisierten Sparzieleim Staatshaushalt 2013 weder e<strong>in</strong>egenerelle Anhebung der Gehälter nochNeue<strong>in</strong>stellungen geben könnte.In den Tagen zuvor setzten sich die französischenAutomobilarbeiter mit mehrfachenArbeitsniederlegungen, Demonstrationenund Kundgebungen gegen dievon den Konzernleitungen angekündigtenWerksschließungen und Stellenkürzungenund die damit verbundeneErpressung zur H<strong>in</strong>nahme längerer Arbeitszeitenund schlechterer Arbeitsbed<strong>in</strong>gungenzur Wehr.Nach jüngst bekannt gewordenen statistischenDaten hatte der größte französischeAutomobilkonzern PSA (Peugeot/Citroën)2012 gegenüber 2011 e<strong>in</strong>enAbsatzrückgang um 16,7 Prozent,das zweitgrößte Unternehmen Renaulte<strong>in</strong>en Rückgang um 7,4 Prozent zu verzeichnen.Der Verkauf von Neuwagenist 2012 <strong>in</strong> Frankreich <strong>in</strong>sgesamt um13,9 Prozent auf se<strong>in</strong>en tiefsten Standseit 15 Jahren zurückgegangen. DenKonzerndirektionen fiel angesichts dieserAbsatze<strong>in</strong>bußen nichts anderes e<strong>in</strong>,als Pro<strong>du</strong>ktionsstandorte zu schließen,die Belegschaften zu re<strong>du</strong>zieren unddie „Arbeitskosten“ <strong>du</strong>rch Lohnkürzungenund Verlängerung der Arbeitszeitenohne Überstundenvergütung zu senken.Nachdem PSA bereits im Herbst 2012die Schließung des Werkes <strong>in</strong> Aulnaysous-Boisbei Paris und die „E<strong>in</strong>sparung“von mehr als 8 000 Arbeitsplätzenauch an anderen Standorten angekündigthatte, gab im Januar auch die Direktionvon Renault ihre „Anpassungspläne“mit der Abschaffung von 7500Arbeitsplätzen bekannt.In Aulnay-sous-Bois blockierten mehrerehundert PSA-Beschäftigte am 29. Januardie Pro<strong>du</strong>ktion <strong>du</strong>rch demonstrativeBesetzung der Werkshalle. Schonam 16./17. Januar hatte e<strong>in</strong>e Arbeitsniederlegungdas Werk stillgelegt. Danachhatte die Direktion e<strong>in</strong>e zehntägige „Betriebsruhe“angeordnet, weil angeblichPro<strong>du</strong>ktionsanlagen beschädigt wordenwaren. Für den 29. Januar hatte sie dieBeschäftigten dann zur Wiederaufnahmeder Arbeit aufgefordert und mehr als200 auswärtige „Kader“ zusätzlich <strong>in</strong> dasWerk geholt. Trotzdem konnte die Pro<strong>du</strong>ktionnicht wieder anlaufen, weil zuviele Belegschaftsangehörige zu Hausegeblieben waren und zudem die Besetzungder Werkhalle <strong>du</strong>rch die Streikendendies verh<strong>in</strong>derte.Auch bei Renault war es bereits am16. Januar und dann wieder am 29. Januarauf Initiative der GewerkschaftenCGT, Force Ouvrière und SUD zu Arbeitsniederlegungengekommen. DieRenault-Direktion hatte ihre Abbauplänenach der Salami-Taktik angekündigt.Mitte Januar wurde zunächst mitgeteilt,dass <strong>in</strong> den Renault-Werken bis Ende2016 e<strong>in</strong> Abbau von 7 500 Arbeitsplätzen,d. h. e<strong>in</strong>e Kürzung der Beschäftigtenzahlum 17 Prozent erforderlich sei.Kurz darauf folgte der zweite Schlag: DieDirektion verkündete das „großzügige“drei Baufirmen sollen <strong>in</strong> der Folge Aufträge<strong>in</strong> Höhe von 6,6 Milliarden Euroerhalten haben. Die Zeitung Diagonalberichtete, dass vier der Bauunternehmen,die der PP Geld gespendet hatten,anschließend mit dem Bau von fünfKrankenhäusern beauftragt wurden.Das spanische Regierungssystems istauf allen Ebenen leckgeschlagen. DieMonarchie genießt den Umfragen zufolgeso wenig Unterstützung wie niezuvor, nachdem der Schwiegersohndes Königs, Iñaki Urdangar<strong>in</strong>, angeklagtist, Millionen Euro unterschlagenund zwischen 2004 und 2006 Steuernh<strong>in</strong>terzogen zu haben. Unklar ist, wieviel Infant<strong>in</strong> Crist<strong>in</strong>a von den Machenschaftenihres Gatten wusste. In Spanienwird nicht mehr ausgeschlossen,dass auch sie Ziel der Untersuchungwird.Seit El País die Schwarzgeldzahlungender PP veröffentlicht hat, reißendie Proteste nicht ab. In Barcelonaübernachteten zahlreiche Demonstranten<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Protestcamp auf derPlaça Catalunya. Die nächste großeDemonstration <strong>in</strong> Madrid ist für den23. Februar angekündigt und soll sichgegen den „Staatsstreich der Märkte“richten. An diesem Tag er<strong>in</strong>nert Spanienan den rechten Putschversuch von1981. Zudem wird über e<strong>in</strong>en weiterenGeneralstreik im März gesprochen.Zur Begrüßung von RegierungschefRajoy beim Staatsbesuch <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> amMontag hatten sich etwa 700 spanischeDemonstranten vor dem Bundeskanzleramtversammelt. E<strong>in</strong> Trompeterblies die Titelmelodie des Films „DerPate“.C<strong>arm</strong>ela NegreteAngebot, auf Standortschließungen undsozialplanpflichtige Entlassungen zu verzichten,falls die Belegschaften und ihreGewerkschaften dem von ihr vorgelegten„Wachstumspakt“ zustimmen. Dersah die Re<strong>du</strong>zierung der Belegschaftenum 5 700 Arbeitsplätze vor. Zugleichwurde e<strong>in</strong> E<strong>in</strong>frieren der Löhne auf demaktuellen Stand, e<strong>in</strong>e Verlängerung derArbeitszeit über die geltende 35-Stunden-Regelarbeitszeith<strong>in</strong>aus, die Abschaffungvon den Beschäftigten bisherzustehenden freien Tagen und die Re<strong>du</strong>zierungder Überstundenvergütungenverlangt. Die Streikaktionen waren dieAntwort auf dieses „Erpressungspaket“,dessen Annahme der Konzern mit derDrohung erzw<strong>in</strong>gen will, dass andernfallsMassenentlassungen nicht zu vermeidenseien.Pierre Poula<strong>in</strong>Frankreichs L<strong>in</strong>ksradikale <strong>in</strong> der KriseIn e<strong>in</strong>er Atmosphäre des Rückgangsan Mitgliedern und Aktivitäten <strong>musst</strong>edie 2009 gebildete „Neue AntikapitalistischePartei“ (NPA) am vergangenenWochenende ihren zweiten Parteitag<strong>in</strong> Sa<strong>in</strong>t-Denis bei Paris abhalten.Die 2009 angegebene Zahl von 9 000Mitgliedern ist <strong>in</strong>zwischen auf etwa3 000 zurückgegangen – e<strong>in</strong> Verlustvon zwei Dritteln der Mitgliedschaft<strong>in</strong> den letzten vier Jahren. Ause<strong>in</strong>andersetzungenüber die zu befolgendepolitische Strategie haben zu diesemRückgang geführt. Der Parteitag warvon der Suche nach e<strong>in</strong>em Weg zurUmkehrung dieses Trends gekennzeichnetund wurde von der neu gewähltenParteiführung als „Parteitagdes Neuaufbaus“ deklariert.Die vorwiegend aus den Reihen derfrüheren als „trotzkistisch“ bezeichneten„Revolutionären KommunistischenLiga“ (LCR) hervorgegangeneNPA hatte sich nach eigener Erklärungdie Sammlung aller antikapitalistischenKräfte <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er geme<strong>in</strong>samenPartei zum Ziel gesetzt. Sie verfolgtedazu e<strong>in</strong>en Kurs der scharfen Abgrenzungnicht nur gegenüber den französischenSozialisten (Sozialdemokraten),mit denen jede Zusammenarbeitabgelehnt wurde, sondern auch gegendie Kommunistische Partei (PCF) unddie anderen L<strong>in</strong>kskräfte, die als demReformismus verfallen attackiert wurden.Die gleiche Haltung nahm dieNPA auch gegenüber der sich 2011im Zeichen des Kampfes um die Abwahldes damaligen rechten StaatschefsSarkozy formierende „L<strong>in</strong>ksfront“ ausNPA will sich den anderen L<strong>in</strong>kskräften zuwendenKommunisten, L<strong>in</strong>kssozialisten und anderenL<strong>in</strong>ken e<strong>in</strong>.Offensichtlich wurde jedoch geradediese Ablehnung jedes Zusammengehensund Bündnisses mit den anderenL<strong>in</strong>ken zu e<strong>in</strong>em der entscheidendenGründe für die heutige <strong>in</strong>nere Krise.Hatte der medienwirksam agierendeBriefträger Olivier Besancenot alsSpitzenkandidat bei der Präsidentenwahl2008 (damals noch für die LCR)beachtliche 4,1 Prozent der Wähler gew<strong>in</strong>nenkönnen, nicht zuletzt auch ausder Anhängerschaft der PCF, <strong>in</strong> deres damals starke Ause<strong>in</strong>andersetzungenum den weiteren Kurs der Kommunistengab, so erreichte ihr neuerSpitzenmann nach dem Rücktritt vonBesancenot, Philippe Poutou, bei derPräsidentenwahl 2012 nur noch 1,15Prozent. Der L<strong>in</strong>ksfront-KandidatJean-Luc Melenchon dagegen kammit 11,1 Prozent auf fast das Zehnfache.Die NPA-Führung hatte wiederholteAngebote zur gleichberechtigtenBeteiligung an dem Bündnisabgelehnt. Diese Entschei<strong>du</strong>ng, vonvielen als „Selbstisolation“ der NPAkritisiert, hatte zur Folge, dass Anhängersich von der NPA lösten und mitzwei eigenständigen Formationen, der„Gauche Unitaire“ (GU – E<strong>in</strong>heitlicheL<strong>in</strong>ke“) und der „Gauche Anticapitaliste“(GA – Antikapitalistische L<strong>in</strong>ke),entgegen den Willen der Führungsspitzedoch an der L<strong>in</strong>ksfront teilnahmen.Ala<strong>in</strong> Kriv<strong>in</strong>e, e<strong>in</strong>er der „historischenFührer“ des französischen L<strong>in</strong>ksradikalismus,bezeichnete die Krisensituationder NPA „mitten <strong>in</strong> der Krise desKapitalismus“ als „paradox“. Die neugewählteNPA-Führung rief die Parteidazu auf, die Reihen wieder zu schließen.„Die Krise der NPA zu beantwortenheißt <strong>in</strong> dieser Etappe, alle jene zusammeln, die nicht darauf verzichtet haben,e<strong>in</strong>e Partei aufzubauen, die unabhängigvon den Reformisten ist“, sagteParteisprecher<strong>in</strong> Christ<strong>in</strong>e Poup<strong>in</strong>. DieSprecher<strong>in</strong> der Plattform „E<strong>in</strong>e Orientierungzum Handeln“, die auf demParteitag schließlich unter den vier zurAuswahl anstehenden Plattformen e<strong>in</strong>eknappe Mehrheit von 51 % erreichte,Sandra Demarcq, betonte, es gehe darum,die NPA <strong>in</strong> Gang zu br<strong>in</strong>gen, „umklar die gegenwärtige Regierung undihre Sparzwangpolitik zu bekämpfen“.Dazu beabsichtige die NPA, sich analle anderen l<strong>in</strong>ken Organisationen zuwenden, „die nicht die Regierung unterstützen“,und zwar auch unter E<strong>in</strong>schlussder L<strong>in</strong>ksfront (Front de gauche– FG). Man werde „ke<strong>in</strong>e Fusionmit der FG vorschlagen“, weil wichtigeMe<strong>in</strong>ungsverschiedenheiten bestehen,aber die NPA alle<strong>in</strong> werde das Zielnicht erreichen. Deshalb müsse man„ohne Anspruch auf Exklusivität“ mitallen Kontakt halten, um e<strong>in</strong>e „echteOpposition von l<strong>in</strong>ks“ voranzubr<strong>in</strong>gen,ohne jede andere Bed<strong>in</strong>gung als „dengeme<strong>in</strong>samen Willen, geme<strong>in</strong>sam zuhandeln“, und zwar mit der Perspektiveder Bil<strong>du</strong>ng e<strong>in</strong>er „Anti-Sparkurs-Regierung“.Damit wird offensichtlich dieMöglichkeit e<strong>in</strong>es teilweisen und punktuellenZusammengehens mit Parteienund Vere<strong>in</strong>igungen der L<strong>in</strong>ksfront nichtmehr völlig ausgeschlossen. P. P.


unsere zeitInternationale PolitikFreitag, 8. Februar 2013 7Dicke DampferZweiter Teil der allgeme<strong>in</strong>en Wahlen auf KubaHoher Besuch aus Brasilien: KubasPräsident Raúl Castro empf<strong>in</strong>gvergangene Woche den ehemaligenAmtskollegen Lula da Silva <strong>in</strong>Havanna. Beide besuchten die Ausbauarbeitendes Hafengeländes Marielnahe der Hauptstadt.Mit brasilianischer technologischer undf<strong>in</strong>anzieller Unterstützung wird <strong>in</strong> Mariele<strong>in</strong> großes Conta<strong>in</strong>erterm<strong>in</strong>al gebaut,mit dem sich e<strong>in</strong>e für die nahe Zukunfterfolgversprechende Vertiefungdes Hafenbeckens verb<strong>in</strong>det. Dannkönnten auch die Conta<strong>in</strong>ergroßschiffeder „Post-PanaMax“-Generation <strong>in</strong>Havanna La<strong>du</strong>ng aufnehmen oder löschen,wenn sie auf dem Weg <strong>du</strong>rch denPanamakanal s<strong>in</strong>d oder waren. Dieserwird seit fünf Jahren mit e<strong>in</strong>er weiterenSchleuse sowie entsprechendenVerbreiterungen und Vertiefungen fürdiese Art von Schiffen ausgebaut (sieheUZ vom 12. Mai 2006); die Arbeitensollen 2015 beendet se<strong>in</strong>. Dann würdewohl auch der größere Teil der Arbeiten<strong>in</strong> Mariel beendet se<strong>in</strong>. Noch imJahr 2013, so der brasilianische ProjektpräsidentMauro Huber <strong>in</strong> „Granma“,wird e<strong>in</strong> Teil der Anlagen benutzbarse<strong>in</strong>, darunter auch siebenhundertMeter Kai. Parallel würden die Bauarbeitenan Gebäuden und Infrastrukturfortgeführt.Osvaldo Bravo, Generaldirektor desUnternehmens DIP-Mariel wird <strong>in</strong>der KP-Zeitung mit der Aussage zitiert,dass diese Investition der Beg<strong>in</strong>nder „Ersten Sonderzone der Landesentwicklung“ist, die etwa 465 Quadratkilometergroß ist und Teil der Beschlüssedes 6. Parteitags der KP Kubasist. Damit würde e<strong>in</strong>e Politik der Exportsteigerungmit e<strong>in</strong>er Importsubstitutionund der Entwicklung von Hochtechnologieprojektengekoppelt. Darausentstünden auch Arbeitsplätze. DasConta<strong>in</strong>erterm<strong>in</strong>al selbst sei wiederumzentraler Punkt der „SonderentwicklungszoneMariel“, die mit weiterenprojektierten In<strong>du</strong>striegeländen <strong>in</strong> derGegend <strong>du</strong>rch Schienen- und Straßenwegeverbunden wird.Raúl Castro hob die Wichtigkeit derHafenanlagen nicht nur für Kuba, sonderndie Region hervor. Lula se<strong>in</strong>erseitszeigte sich vom schnellen Fortgangder Arbeiten bee<strong>in</strong>druckt undversicherte, dass er davon träume, dass„dieser Hafen zur Entwicklung Kubabeiträgt, vor allem bei der Realisierunge<strong>in</strong>es wichtigen In<strong>du</strong>striegebietes“.HIhren Traum erstmals an e<strong>in</strong>er Wahlteilnehmen zu können, haben am Sonntag26 000 Sechzehnjährige erfüllenkönnen. In Kuba fanden landesweiteWahlen zur Nationalversammlung undzu den fünfzehn Prov<strong>in</strong>zversammlungenstatt. Insgesamt waren 8 631836Wähler/<strong>in</strong>nen aufgerufen, <strong>in</strong> fast 30 000Wahllokalen entweder e<strong>in</strong>en, mehrereoder alle vorgeschlagenen Kandidat/<strong>in</strong>n/en der Personenwahllisten zu wählen– <strong>in</strong>sgesamt 612 Abgeordnete fürdie Nationalversammlung und 1269für die Prov<strong>in</strong>zen. Im Gegensatz zuden Kommunalwahlen, die im Oktoberund November stattfanden und wo proWahlbezirk aus bis zu acht Kandidat/<strong>in</strong>n/en e<strong>in</strong>e/r ausgewählt wird, f<strong>in</strong>dete<strong>in</strong>e Entschei<strong>du</strong>ng hier über Auslassungenbeim Ankreuzen statt. Die Abgeordnetenfür die Prov<strong>in</strong>zparlamenteund die Nationalversammlung werdenzum Teil von den Kommunalparlamentenvorgeschlagen, <strong>in</strong> die sie zuvor gewähltworden waren; aber auch die sogenannten Kandidaturkommissionen,die von e<strong>in</strong>em Gremium geleitet werden,dem jeweils e<strong>in</strong> Mitglied des GewerkschaftsbundsCTC vorsteht unddas außerdem aus Vertreter/<strong>in</strong>ne/n derKomitees zur Verteidigung der Revolution(CDR), des Frauenverbands(FMC), der Studierenden- und SchülervertretungenFEU und FEEM sowieder Kle<strong>in</strong>bauernassoziation (ANAP)zusammengesetzt ist, reichen Vorschlägeaus diesen Massenorganisationene<strong>in</strong>. Bis zu fünfzig Prozent der Abgeordnetenfür die beiden höheren Ebenen,die am Sonntag gewählt wurden,entstammen aus den Kommunalparlamenten.Günter PohlWie l<strong>in</strong>ks ist die russische „L<strong>in</strong>ke Front“?Politik und Aktivitäten auf dem PrüfstandSeit dem Beg<strong>in</strong>n der Anti-Put<strong>in</strong>-DemonstrationenEnde 2011 vergehtkaum e<strong>in</strong>e Woche ohne Berichte <strong>in</strong> denrussischen Medien über spektakuläreAktivitäten der „L<strong>in</strong>ken Front“ (LF)und ihres Führers Sergej Udalzow. Dieroten Fahnen mit den Symbolen derOrganisation s<strong>in</strong>d bei den Demonstrationenund Kundgebungen nichtzu übersehen. Zum Bekanntheitsgradder LF tragen aber auch die Nadelsticheder russischen Sicherheitsorganegegen Udalzow und se<strong>in</strong>e Mitstreiterbei. Außerhalb Russlands ist trotz gelegentlicherBerichte weniger über siebekannt. Das veranlasst uns, der Geschichte,den programmatischen Vorstellungenund der politischen Praxisder „L<strong>in</strong>ken Front“ nachzugehen.Geschichte und Zieleder „L<strong>in</strong>ken Front“Die Idee, e<strong>in</strong>e Bewegung wie die „L<strong>in</strong>keFront“ zu schaffen, ist im Frühjahr2005 <strong>in</strong> Vorbereitung des ersten RussischenSozialforums entstanden. ImSommer des gleichen Jahres fand bereitse<strong>in</strong>e erste Konferenz und im Oktoberdie Grün<strong>du</strong>ngskonferenz derMoskauer Regionalorganisation statt.2006 spielte die LF e<strong>in</strong>e wichtige Rollebei der Vorbereitung des zweiten RussischenSozialforums <strong>in</strong> Petersburg, dasmit dem zur gleichen Zeit stattf<strong>in</strong>dendenTreffen der G-8 zusammenfiel. IhreAktivisten beteiligten sich sowohl anden Veranstaltungen des Sozialforumswie an den Protesten gegen die G8.2007 nahmen die Aktivitäten weiterzu, wobei die Zusammenarbeit mitder „Avantgarde der Roten Jugend“(AKM) von großer Bedeutung war.2008 fanden dann <strong>in</strong> zahlreichen RegionenVersammlungen zur Bil<strong>du</strong>ngvon Gruppen der LF statt, <strong>in</strong> denensich ehemalige Aktivisten der LF, derAKM und e<strong>in</strong>fach junge Leute mit l<strong>in</strong>kenAuffassungen vere<strong>in</strong>igten.Am 18. Oktober 2008 tagte der ersteKongress der LF. Auf dem Kongresswurde mit der „Politischen Plattformder L<strong>in</strong>ken Front“ e<strong>in</strong>e Art programmatischesDokument der Bewegungbeschlossen. E<strong>in</strong>leitend heißt es dar<strong>in</strong>u. a.: „Das Hauptziel der L<strong>in</strong>kenFront ist der Aufbau des Sozialismus<strong>in</strong> Russland. Die unmittelbare Aufgabeder L<strong>in</strong>ken Front besteht dar<strong>in</strong>, dieE<strong>in</strong>heit aller Kräfte zu gewährleisten,die für Sozialismus, Demokratie undInternationalismus e<strong>in</strong>treten.Gegenwärtig s<strong>in</strong>d die Menschen, diediese Ansichten teilen, Mitglieder verschiedenerOrganisationen oder nehmenüberhaupt nicht am politischenKampf teil. Ihre freiwillige Zusammenführungmacht die L<strong>in</strong>ke Front zuSergej Udalzow im Griff der Staatsmachte<strong>in</strong>er qualitativ neuen Bewegung, dieden Massen die effektivsten Formenund Methoden des Kampfes gegen dieBourgeoisie vorschlägt.“ Hier wird bereitsder Avantgardeanspruch der LFgegenüber den anderen sich am sozialistischenZiel orientierenden Parteienund Organisationen deutlich, der sicherdazu beigetragen hat, dass aus der „Zusammenführung“nichts geworden ist.Vor wenigen Wochen, am 5. Januar2013, tagte <strong>in</strong> Moskau der 3. Kongressder „L<strong>in</strong>ken Front“. Er verabschiedetee<strong>in</strong>e Entschließung zu den konkretenAufgaben der Bewegung <strong>in</strong> diesemJahr. Außerdem wurden die Führungsorganeneu gewählt, der Rat der L<strong>in</strong>kenFront und das Exekutivkomitee.Als Kommunist kann man der „PolitischenPlattform“ und anderen programmatischenPositionen der LFweitgehend zustimmen. Das gilt auchfür die Orientierung auf die Unterstützungder betrieblichen Kämpfe und sozialenBewegungen. Auffällig ist allerd<strong>in</strong>gs,dass der Friedenskampf und die<strong>in</strong>ternationale Solidarität ke<strong>in</strong>e oderkaum e<strong>in</strong>e Rolle spielen.Widersprüche zwischenZielen und PraxisVon ihrer Zusammensetzung her ist dieLF vor allem e<strong>in</strong>e Jugendbewegung. Sieorganisiert Sommerlager, Schulungenzu den sozialistischen Ideen für jungeMenschen, Filmklubs u. a. Im Vordergrundstehen aber die Aktionstätigkeitund <strong>in</strong>sbesondere spektakuläre Aktionenunter der Devise der „direktenAktion“.Dabei gew<strong>in</strong>nt man besonders <strong>in</strong> jüngsterZeit den E<strong>in</strong>druck, dass die Aktionenhäufig zum Selbstzweck werdenund sowohl die Inhalte, um die es geht,wie die Partner mit denen man sichverbündet, nur noch zweitrangig oderüberhaupt nicht von Bedeutung s<strong>in</strong>d.So mutet es schon seltsam an, wenn beiden Anti-Put<strong>in</strong>-Aktionen die „L<strong>in</strong>keFront“ geme<strong>in</strong>sam mit Nationalistenund von den westlichen Ländern gesponsertenGruppen sowie Aktivistender antisozialistischen Konterrevolution<strong>in</strong> der Sowjetunion demonstriertund Udalzow neben Leuten wie AlexejNawalny, Boris Nemzow und GarriKasparow auf der Rednertribüne steht.Nawalny ist für rassistische Sprüche bekanntund gehörte zu den Organisatorender nationalistischen „RussischenMärsche“, Nemzow war unter Jelz<strong>in</strong>stellvertretender M<strong>in</strong>isterpräsidentund e<strong>in</strong>er der Haupte<strong>in</strong>peitscher fürdie Verschleuderung des Volkseigentumsan die Oligarchen und Kasparowist US-amerikanischer Staatsbürgerund wurde von der Internetseiteder neokonservativen OrganisationCenter for Security Policy als Mitgliedihres Beirats für Nationale Sicherheitgeführt.E<strong>in</strong> Bild, das die Bündnispolitik der LFfragwürdig ersche<strong>in</strong>en lässt, bot sichauch bei der Demo gegen das von derDuma beschlossene Verbot der Adoptionrussischer K<strong>in</strong>der <strong>du</strong>rch US-Bürgeram 15. Januar <strong>in</strong> Moskau. An derSpitze marschierten Nemzow und Kasparow.Im Tross folgten die RF sowieDemonstranten, die ihren politischenStandort da<strong>du</strong>rch deutlich machten,dass nach e<strong>in</strong>em Bericht <strong>in</strong> der „SowjetskajaRossija“ über ihren Köpfenviele US-Fahnen zu sehen waren. Umbei diesem Anblick von den Medien janicht übersehen zu werden, stellte sichUdalzow mit e<strong>in</strong>em <strong>in</strong> Brand gestecktenFoto Put<strong>in</strong>s <strong>in</strong> Pose.Anders die Kommunisten der KPRF.Sie hatten <strong>in</strong> der Duma für das Adoptionsverbotgestimmt, dies aber mit derForderung e<strong>in</strong>es generellen Verbots desVerkaufs russischer K<strong>in</strong>der an Ausländerverbunden und verlangt, dass dieAdoption von Heimk<strong>in</strong>dern <strong>du</strong>rch russischeFamilien stärker gefördert undzugleich alles getan werden müsse, <strong>in</strong>Waisenheimen die bestmöglichen Bed<strong>in</strong>gungenfür das Leben und die Entwicklungder K<strong>in</strong>der zu schaffen.Bei manchen Aktionen der LF drängtsich der E<strong>in</strong>druck auf, dass sie – gewolltoder ungewollt – Zusammenstöße mitden Sicherheitsorganen herausfordernoder diesen den Vorwand für hartesDurchgreifen liefern. Ob das der l<strong>in</strong>kenSache dient, darf bezweifelt werden.Schließlich zieht das <strong>in</strong> der Regeldie Verengung des Teilnehmerkreisesnach sich.Wie die Ereignisse auf dem Bolotnaja-Platz <strong>in</strong> Moskau im Mai letzten Jahreszeigen, kann dies zudem die Existenzder LF gefährden. So deutet vieles daraufh<strong>in</strong>, dass das im Gefolge dieserEreignisse gebildete Untersuchungskomiteedabei ist, e<strong>in</strong>en großen Strafprozessgegen die bereits Verhaftetenund weitere Teilnehmer wegen „Massenunruhenund Gewaltanwen<strong>du</strong>ng gegenVertreter der Staatsmacht“ sowiegegen Udalzow und se<strong>in</strong>e MitstreiterRawosshajew und Lebedjew „wegenVorbereitung und Organisation vonMassenunruhen auf dem Territoriumder Russischen Föderation“ vorzubereiten.Zwischen l<strong>in</strong>ken Ansprüchen und derpolitischen Praxis der „L<strong>in</strong>ken Front“s<strong>in</strong>d also bei genauerer BetrachtungWidersprüche nicht zu übersehen. Damitsoll die l<strong>in</strong>ke Ges<strong>in</strong>nung der anden Aktivitäten der LF teilnehmendenjungen Menschen ke<strong>in</strong>eswegs <strong>in</strong>fragegestellt werden. Sie wollen gegendas die Interessen der Oligarchen undPolitbürokraten vertretende Put<strong>in</strong>-Regime, gegen die Manipulationen beiden Wahlen und die E<strong>in</strong>schränkung derdemokratischen Rechte aktiv werdenund das <strong>du</strong>rchaus mit jugendgemäßenAktionsformen. Darum ist es nicht verwunderlich,dass bei den Demonstrationenim Block der LF auch nicht wenigeMitglieder der Jugendorganisationder KPRF und junge Parteimitgliederzu f<strong>in</strong>den s<strong>in</strong>d, die die vorwiegend aufdie parlamentarische Arbeit gerichteteOrientierung der KPRF alle<strong>in</strong> nichtbefriedigt.Willi GernsIsrael verletztMenschenrechteUN-Kommission verurteiltSiedlungspolitikE<strong>in</strong>e unabhängige Untersuchungskommission,die vom UNO-Menschenrechtsratberufen worden war,hat am 31. Dezember <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em vonihr vorgelegten Bericht die israelische„Siedlungspolitik“ und das „Ausmaßder mit der Politik der Landenteignungverbundenen Verletzung“ derMenschenrechte heftig kritisiert. Israelmüsse jede Aktivität der Bevölkerungsvermehrung<strong>in</strong> den Kolonienbed<strong>in</strong>gungslos e<strong>in</strong>stellen, forderte dieVorsitzende der Untersuchungskommission,die französische Richter<strong>in</strong>Christ<strong>in</strong>e Chanet, bei der Vorlage desBerichts <strong>in</strong> Genf.In dem Bericht wird festgestellt, dassdie israelischen Regierungen, auchwenn private israelische „Siedler“ dasUnternehmen vorantrieben, seit 1967die „volle Kontrolle über Planung, Aufbau,Entwicklung und Konsolidierungder Kolonien sowie das Anreizen zuihrem Bau“ <strong>in</strong> den besetzten Gebietenausgeübt haben und daran beteiligtwaren. Diese Kolonien, heißt es <strong>in</strong>dem Bericht, würden „errichtet undentwickelt zum ausschließlichen Vorteilder jüdischen Israelis“, verbundenmit e<strong>in</strong>em „System der totalen Segregation(Trennung) zwischen den israelischenKolonisten und der Bevölkerungder besetzten Gebiete“. Damit seie<strong>in</strong>‚„Schema von verallgeme<strong>in</strong>ertenVerletzungen (der Menschenrechte)und der systematischen Diskrim<strong>in</strong>ierungder Paläst<strong>in</strong>enser“ praktiziert worden.„Das Ausmaß der Verletzungen,die mit der Politik Israels zur Enteignungvon Land, mit der Verdrängung,Zerstörung von Wohnungen und Ausweisungvon Paläst<strong>in</strong>ensern verbundens<strong>in</strong>d“, sei „von dem Wunsch motiviert,die örtliche Bevölkerung von ihrenLändereien zu verjagen, um so die Ausweitungder Kolonien zu ermöglichen“,sagte e<strong>in</strong> Mitglied der Untersuchungskommission,Unity Dow aus Botswana.Die Weigerung Israels, se<strong>in</strong>e Verpflichtungenzur E<strong>in</strong>haltung der Menschenrechtezu erfüllen, und die Politik derAusweitung der Kolonien könnte nachAnsicht der Kommission e<strong>in</strong> Fall fürden Internationalen Strafgerichtshofse<strong>in</strong>, wird <strong>in</strong> dem Bericht festgestellt.E<strong>in</strong>e Überprüfung der Menschenrechtssituationauf se<strong>in</strong>em Staatsgebiethat Israel boykottiert. Se<strong>in</strong>e Vertretererschienen am 29. Januar <strong>in</strong> Genf nichtzu e<strong>in</strong>er dafür seit langem turnusmäßigangesetzten Sitzung des UN-Menschenrechtsrates.Schon im Frühjahr2012 hatte der damalige Außenm<strong>in</strong>isterLieberman erklärt, se<strong>in</strong> Land werdeden Rat boykottieren, das Gremium sei„parteiisch und nicht objektiv“.


8 Freitag, 8. Februar 2013 Kommentare / Interviewunsere zeitGastkolumne von Dr. Ulrich SchneiderGeschichtspolitik konkret – dasGedenken an den 30. Januar 1933Wie Medien und Politik Geschichtedeuten, erlebte man anschaulich anlässlichder Er<strong>in</strong>nerung an den 30. Januar1933.Offiziell gibt man sich solide. DasGedenken im Bundestag zum 27. Januarwurde mit der Er<strong>in</strong>nerung anden 30. Januar 1933 verbunden. IngeDeutschkron, die seit 1943 illegal <strong>in</strong>Berl<strong>in</strong> überlebte, schilderte e<strong>in</strong>drücklichihr Schicksal. Übertragen wurdeihre Rede jedoch nur auf Phoenix,während ARD und ZDF <strong>in</strong> leichterUnterhaltung machten.Bundeskanzler<strong>in</strong> Merkel spricht zurEröffnung der Sonderausstellung„Berl<strong>in</strong> 1933 – Der Weg <strong>in</strong> die Diktatur“.Und während die CDU im schwäbischenMöss<strong>in</strong>gen die Antifaschisten,die 1933 e<strong>in</strong>en Generalstreik gewagthatten, denunziert, sagt sie Richtiges,lässt jedoch Entscheidendes aus:„Der Aufstieg des Nationalsozialismuswurde möglich, weil Eliten und Teileder deutschen Gesellschaft daran mitwirkten.“Ja, aber wer waren diese Elitenund was ihre Interessen?„Den Weg <strong>in</strong> e<strong>in</strong> totalitäres staatlichesSystem besiegelte das sog. Ermächtigungsgesetz.“Dann zitiert Merkel sogarden sozialdemokratischen ReichstagsabgeordnetenOtto Wels, jedochke<strong>in</strong> Wort, warum andere demokratischeParteien (Zentrum, Staatspartei,BVP) diesem Gesetz ohne Druck zugestimmthaben.Offener agierten dagegen die Ma<strong>in</strong>stream-Medien(u. a. FrankfurterRundschau), <strong>in</strong> denen sich e<strong>in</strong> GötzAly auslassen <strong>du</strong>rfte, dass „die erstemoderne Volkspartei“ Hitler an dieMacht gebracht habe. Man spürt Alys<strong>in</strong>nere Begeisterung, denn „Hitlerstand für das Neue“, er habe zum erstenMal gegendert und mit „Deutschlandflügen“se<strong>in</strong>e Konkurrenz h<strong>in</strong>tersich gelassen. Und mit Beg<strong>in</strong>n derHerrschaft habe er vor allem sozialeWohltaten an die Bevölkerung verteilt,z. B. Senkung der Krankensche<strong>in</strong>undRezeptgebühr oder M<strong>in</strong>derungder Steuern für Ehepaare mit K<strong>in</strong>dern.Außerdem: „Totalitäre Utopienhatten Konjunktur. Die Lust am gewalttätigenpolitischen Umsturz teiltenviele.“ Dass ihm bei e<strong>in</strong>er solchenPerspektive nicht e<strong>in</strong>mal die Elitene<strong>in</strong>fielen, die Merkel noch versteckterwähnte, überrascht nicht.Denn an e<strong>in</strong>es sollten die Menschenzum 30. Januar 1933 auf ke<strong>in</strong>en Faller<strong>in</strong>nert werden, dass die Errichtungder faschistischen Herrschaft ke<strong>in</strong>e„Machtergreifung“, sondern e<strong>in</strong>eÜbertragung der Macht war, zu derVertreter der Groß- und Privatbanken,der Schwer<strong>in</strong><strong>du</strong>strie und desBergbaus, der IG Farben und der ostelbischenJunker gleichermaßen beigetragenhatten. Sie alle kannten Hitlerspolitisches Programm und wolltendiese faschistische Krisenlösung.Unterstützung erhielt Hitler auch vonder Reichswehr, der er se<strong>in</strong>e Ziele fürdie Revision des Versailler Vertrageserklärt hatte.Solche Fakten sollen aus der Er<strong>in</strong>nerungverdrängt werden. Dagegen hatdie VVN-BdA mit der Internetseitewww.dasjahr1 933.de e<strong>in</strong> geschichtspolitischesGegenangebot mit Dokumenten,Bildern und ausführlichenMaterialien aus antifaschistischer Perspektiveentwickelt. Dieses Angebotwird im Jahre 2013 für Antifaschistenunverzichtbar werden.Dr. Ulrich Schneider ist Bundessprecher derVVN-BdAKöpenickiade 2.0Dem Dilemma „ke<strong>in</strong>e Wohnung – ke<strong>in</strong>eArbeit“ und „ke<strong>in</strong>e Arbeit – ke<strong>in</strong>eWohnung“ und damit auch ke<strong>in</strong>enPass zum Auswandern zu bekommen,versuchte der berühmte Hauptmannvon Köpenick 1906 zu entkommen.Angetan mit e<strong>in</strong>er Hauptmannsuniformund zu Recht auf die ihm hilfreicheWirkung preußisch-militärischenUntertanengeistes bauend, besetzteer mit e<strong>in</strong> paar wenigen Soldaten dasRathaus des heutigen Berl<strong>in</strong>er StadtteilsKöpenick. Noch heute wird darübergelacht.Aktuell lacht man <strong>in</strong> Hessen undRhe<strong>in</strong>land-Pfalz über die „Spezialisten“des hessischen Landeskrim<strong>in</strong>alamts,die e<strong>in</strong>en verme<strong>in</strong>tlichen Kronzeugengegen die Rockerszene <strong>in</strong>Frankfurt <strong>in</strong>s Zeugenschutzprogrammnahmen und ihn mit Hilfe ihrer Kollegenaus Rhe<strong>in</strong>land-Pfalz <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Pension<strong>in</strong> Bad Kreuznachs Kurviertelunterbrachten und offensichtlich mitallerlei Annehmlichkeiten bei Launehielten.Als dann das rhe<strong>in</strong>land-pfälzischeLKA sich den Mann anschaute undfeststellte, dass die Truppe des hessischenInnenm<strong>in</strong>isters Rhe<strong>in</strong> (CDU)e<strong>in</strong>em Aufschneider aufgesessen war,wollte man den sche<strong>in</strong>bar nicht zurRechenschaft ziehen, wäre doch dieBlamage damit e<strong>in</strong>e öffentliche geworden.Mit neuer Identität versehenbrachte man laut Medienberichten den„Kronzeugen“ im ihm dann zu kaltenIrland unter, danach im wärmeren Israel.Dort habe er geheiratet, den Namender Frau angenommen, und se<strong>in</strong>eSpur habe sich verloren.Es gibt aber auch „Krim<strong>in</strong>alfälle“,die weniger Eifer seitens der Behördenprovozieren. So kenne ich vieleMenschen, die ihrer beruflichen Existenzberaubt wurden. Das zumeist ausniedrigen Beweggründen wie z. B. Profitsucht,Aussicht auf steigende Aktienkurseetc. Dann zwang man die Opfer,persönliche Daten preiszugeben,die nach dem Verständnis des Durchschnittsbürgersden Staat nichts angehen.Hatten sie <strong>in</strong> oft jahrzehntelangemArbeitsleben e<strong>in</strong>iges angespart,war auch das futsch.Sollte hier das Interesse an e<strong>in</strong>emKronzeugen bestehen, ich wüsste mehrals e<strong>in</strong>en. Der könnte benennen, werz. B. die Tatwerkzeuge geliefert hat,wer für Hartz II, Hartz IV, Leih- undZeitarbeit, Werkverträge, Niedrigstlöhneund vieles mehr verantwortlichist. Der Zeuge wollte auch ke<strong>in</strong>e Wohnungim Kurviertel, ke<strong>in</strong>en neuen Passund ke<strong>in</strong>e Auslandsreisen. E<strong>in</strong> unbefristeterArbeitsplatz mit tariflicherBezahlung von m<strong>in</strong>destens 10 Eurodie Stunde <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Betrieb mit Betriebsratund somit die Möglichkeit,für sich selbst zu sorgen, reichte ihmschon. Dann könnte er auch mal wiederganz befreit über diverse Köpenickiadenlachen.Jede Ähnlichkeit <strong>in</strong> der dritten Geschichtemit lebenden oder verstorbenenPersonen, ob mit schwadronierendenUnternehmerverbandsfunktionären,dilettierenden „Experten“ <strong>in</strong>Talkshows oder ignorierenden bürgerlichenPolitikern ist nicht zufällig, sondernunvermeidlich.Krassni MedwedWarum muss studentischer Protestantikapitalistisch se<strong>in</strong>?Redebeitrag von Anne Geschonneck vom Sozialistisch-Demokratischen Studierendenverband SDSder Partei „Die L<strong>in</strong>ke“ zum Jugendpolitischen Ratschlag der <strong>DKP</strong> am 25. 1. 2013 <strong>in</strong> HannoverWir veröffentlichen an dieser Stellee<strong>in</strong>en weiteren Redebeitrag des qualifiziertenund gelungenen JugendpolitischenRatschlags der <strong>DKP</strong>, der auchdie geme<strong>in</strong>samen Schnittmengen deranwesenden Jugendorganisationenund die Notwendigkeit der besserenZusammenarbeit verdeutlichte.Bil<strong>du</strong>ng beziehungsweise die Hochschulenimmt im Kapitalismus e<strong>in</strong>ebesondere und wichtige Rolle e<strong>in</strong> undwird folglich auch nach kapitalistischenInteressen gestaltet. Die Forderungnach Ausweitung der Demokratisierungder Hochschule beziehungsweiseBil<strong>du</strong>ng setzt demnach an e<strong>in</strong>em Interessengegensatzan.E<strong>in</strong> Beispiel: Viele Hochschulen <strong>in</strong>stallierenzum Beispiel flächendeckend sogenannteHochschulräte, e<strong>in</strong> Gremium,welches mit Angehörigen der Universitätaber zum Teil auch mit Personen ausder freien Wirtschaft, also Unternehmenund Konzernen besetzt s<strong>in</strong>d. Dieseentscheiden dann zum Beispiel überdas Leitbild und die Ausrichtung vonHochschulen, welche Studiengänge gefördertwerden, wo Geldmittel e<strong>in</strong>gespartwerden können. Meistens werdenStudierende <strong>in</strong> diesen Diskussions- undEntschei<strong>du</strong>ngsprozess nicht mit e<strong>in</strong>bezogen.Dies zeigt deutlich, dass dieInteressen der Studierenden (wohlgemerktals größte Mitgliedergruppe ander Hochschule) ke<strong>in</strong>e Rolle spielen,ja meistens noch den Interessen vonWirtschaft und Uni-Leitung entgegenstehen. Eher spielt die Profit-Logik derbeteiligten Unternehmen e<strong>in</strong>e übergeordneteRolle. Hochschulbil<strong>du</strong>ng, diesich also nicht den Prioritäten kapitalistischerWarenverwertung unterordnenwill, muss daher notwendigerweisesystemkritisch se<strong>in</strong>. Systemkritisch,weil die Hochschule nicht im luftleerenRaum existiert, also genauso denZwängen der Kapitalakkumulation unterworfenist. Wenn man diese ökonomischeZweckb<strong>in</strong><strong>du</strong>ng <strong>in</strong> Frage stellt,agiert man gegen das Interesse von Unternehmenund Regierung.Studentischer Protest muss mith<strong>in</strong> Teile<strong>in</strong>er gesamtgesellschaftlichen Auflehnunggegen die Offensive des Kapitalswerden, also sich auch langfristigdie Umwälzung der gesellschaftlichenKräfteverhältnisse zum Ziel setzen.Dabei muss der Protest das Studiumals Moment der gegenwärtigen gesellschaftlichenOrganisation der Arbeitbegreifen und zu e<strong>in</strong>em Widerstand gegenderen kapitalistische Form werden.Er muss also die heutige Hochschulezusammen mit der gegenwärtigen Organisationder Arbeit bekämpfen.Hochschulkämpfe waren <strong>in</strong> den letztenJahren eher Abwehrkämpfe gegenden neoliberalen Umbau der Uni.Seit 2007 ist der Bil<strong>du</strong>ngsstreik zumBeispiel quasi e<strong>in</strong> permanentes Phänomen,welches regelmäßig wiederkehrt.E<strong>in</strong>e Besonderheit der letztenJahre liegt jedoch dar<strong>in</strong>, dass es sichweniger um spontane Ausbrüche vonFrust und Unzufriedenheit handelte,sondern eher um e<strong>in</strong>e langfristige undbundesweit geplante Kampagne. Diesewar <strong>du</strong>rchaus erfolgreich, die neoliberalenReformen zurück zu schlagen.So wurden <strong>du</strong>rch die massiven Protestedie flächendeckende Rücknahme derStudiengebühren <strong>in</strong> fast allen Bundesländernerreicht und auch die teilweiseAbschaffung von Anwesenheitslisten.Von diesen Abwehrkämpfen <strong>in</strong>nerhalbdes Systems muss studentischerProtest aber zu e<strong>in</strong>er klaren antikapitalistischenPerspektive und Strategiekommen, um langfristig die Interessender Studierenden zu verwirklichen.Wie organisieren?Die Formen der studentischen Organisierungist extrem vielfältig, so wiees das politische Themenspektrum derHochschulgruppen selbst ist. Die Universitätbietet dabei den idealen Rahmen,um sich zu engagieren. Zum e<strong>in</strong>ens<strong>in</strong>d wir nicht der strengen Diszipl<strong>in</strong>e<strong>in</strong>es Arbeitgebers unterworfen,der bestimmte politische Aktivitätenüber ökonomischen Druck sanktionierenkann. Des weiteren können wir aufe<strong>in</strong>e Konzentration von jungen Menschenzurückgreifen, die <strong>in</strong> ke<strong>in</strong>em anderengesellschaftlichen Raum so hochist. Nicht zuletzt bietet die Hochschuledie Möglichkeit <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em größerenRahmen theoretische und vor allemstrategische Diskussionen zu führen.Studentische Organisationen solltendabei die Aufgabe bewältigen können,aktiv <strong>in</strong> Kämpfe vor Ort e<strong>in</strong>greifen zukönnen, <strong>in</strong> dem zum Beispiel Protestunterstützt und organisiert wird, <strong>in</strong> demAngebote zu e<strong>in</strong>er kritischen Theoriebil<strong>du</strong>ngunterbreitet werden und Studierendender Raum für politische Bewusstse<strong>in</strong>sbil<strong>du</strong>ngund Organisierunggeboten wird. Des weiteren muss abere<strong>in</strong>e bundespolitische Perspektive gegebense<strong>in</strong>, um Ause<strong>in</strong>andersetzungenzusammen zu br<strong>in</strong>gen und wie zumBeispiel im Bil<strong>du</strong>ngsstreik flächendeckendDruck auf Regierung und Staataufbauen zu können.E<strong>in</strong> wichtiges Ziel sollte weiterh<strong>in</strong> dieSchaffung von breiten Bündnissen se<strong>in</strong>.E<strong>in</strong>e thematische Verengung auf dasThema „Hochschulpolitik“ ist <strong>in</strong> dieserH<strong>in</strong>sicht der falsche Weg. Hochschulpolitikkann nicht unabhängigvon gesamtgesellschaftlichen Fragenbetrachtet werden und sollte nie beiForderungen stehen bleiben, die alle<strong>in</strong>auf die Uni bezogen s<strong>in</strong>d. Studierendesollten damit auch nicht als wie auchimmer geartete Elite oder Avantgardebegriffen werden (längst ist e<strong>in</strong> akademischerGrad ke<strong>in</strong> Garant für e<strong>in</strong>ensicheren Arbeitsplatz), auch wenn sieim Pro<strong>du</strong>ktionsprozess e<strong>in</strong>e besondereRolle e<strong>in</strong>nehmen. Bündnisse solltenan den Hochschulen vor allem mit demakademischen Mittelbau geschlossenwerden, da hier die Prekarisierung <strong>in</strong>den letzten Jahren massiv zugenommenhat. Mittlerweile s<strong>in</strong>d zum Beispiel 80Prozent aller Verträge befristet. Auchdie nicht-wissenschaftlichen Beschäftigtens<strong>in</strong>d wichtige PartnerInnen. Auchaußerhalb der Hochschule s<strong>in</strong>d Bündnissemit von der herrschenden Klassebesonders marg<strong>in</strong>alisierten Gruppenwir zum Beispiel Erwerbslosen undMigrantInnen wichtig. Erfolgreich könnenBewegungen aber letztendlich nurdann se<strong>in</strong>, wenn sie auch an die ökonomischenKämpfe von ArbeiterInnenangebunden werden, um geme<strong>in</strong>samdie soziale Frage konsequent zu stellen.Was ist die Perspektivefür das Jahr 2013?Angriffe auf das soziale System wirdes auch <strong>in</strong> diesem Jahr geben, an unserenHochschulen wird auch weiterh<strong>in</strong>für den Krieg geforscht, Mieten steigenvor allem <strong>in</strong> den Universitätsstädten.Anne Geschonneck vom Sozialistisch-Demokratischen StudierendenverbandSDSEs gibt also auch <strong>in</strong> diesem Jahr e<strong>in</strong>eMenge Anknüpfungspunkte für l<strong>in</strong>ke,antikapitalistische Politik, für Protestund Widerstand. Gerade die Thematisierungsozialer Probleme, denen dieStudierenden materiell und unmittelbarausgesetzt s<strong>in</strong>d – Leistungsdruck,Studienf<strong>in</strong>anzierung, knapper und zuteurer Wohnraum, nicht zuletzt die Perspektivlosigkeitkönnten uns weiterbr<strong>in</strong>gen.Im Fokus sollten dabei auchimmer radikale Wege zu ihrer Behebungstehen.Dass Studierende wichtige Träger vonsozialen Bewegungen, vor allem auchsystemkritischer Bewegungen s<strong>in</strong>d, beweistdabei e<strong>in</strong> Blick <strong>in</strong> die nicht nurältere Geschichte. Gerade im Zuge derKrisen-Proteste <strong>in</strong> Spanien, Griechenlandoder Portugal waren es vor allemimmer wieder junge Menschen, Studierende,die die Kämpfe <strong>in</strong>itiiert, vorangebrachtund besonders auch radikalisierthaben. Frankreich ist e<strong>in</strong> Beispiel,wie e<strong>in</strong> Bil<strong>du</strong>ngsstreik sich zum Generalstreikentwickeln kann. In Großbritannienhaben die Studierendenprotestebesonders auch die repressivenSeiten des kapitalistischen Staates herausgefordert.In der Bundesrepublik können wir<strong>du</strong>rchaus auch auf bestehende Bewegungenan den Universitäten zurückgreifen.So hat die Zivilklausel-Bewegung imletzten und auch schon <strong>in</strong> diesem Jahre<strong>in</strong>ige Achtungserfolge erzielen können.Für uns als AntimilitaristInnenstellt sie e<strong>in</strong>en wichtigen Ansatzpunktdar, um e<strong>in</strong>e breite Debatte über dieRolle der Hochschulen <strong>in</strong> der Fragevon Krieg und Frieden zu <strong>in</strong>itiieren.Weiterh<strong>in</strong> ist die Frage von bezahlbaremWohnraum vor allem <strong>in</strong> den großenUni-Städten, wie Berl<strong>in</strong>, Münchenund Hamburg e<strong>in</strong> wichtige Frage fürviele Studierende.Der Leistungsdruck im Studium hat <strong>in</strong>den letzten Jahren, besonders im Zusammenhangmit der E<strong>in</strong>führung desBA/MA-Systems (Bachelor-Master-Systems) massiv zugenommen. Statistischgesehen, ist jede/r zweite Studierendeim Laufe se<strong>in</strong>es/ihres Studiums<strong>in</strong> psychologischer Behandlung.Mit all diesen Fragen können wir konkretan die Lebenssituation von Studierendenanknüpfen. Wichtig dabeiist, den Studierenden zu verdeutlichen,dass all diese Probleme nicht zufälligexistieren oder vorübergehender Naturs<strong>in</strong>d. Sie s<strong>in</strong>d Teil e<strong>in</strong>er bestimmtenSystemlogik, die des kapitalistischenSystems. Ihre Aufhebung ist damit auchimmer nur mit der Überw<strong>in</strong><strong>du</strong>ng desSystems möglich.Alle Redebeiträge, die auf dem Jugendpolitischen Ratschlaggehalten wurden, s<strong>in</strong>d auf www.kommunisten.de veröffentlicht.


SozialistischeWochenzeitung –Zeitung der <strong>DKP</strong>www.unsere-zeit.deFoto: Plitt/ www.securityconference.deNATO-Konferenz3 000 demonstrieren <strong>in</strong> München gegen Krieg und RüstungFoto: Schel/ www.securityconference.de„Ke<strong>in</strong> Frieden mit der NATO“ diese Losungder Demonstrierenden gegen dieNATO-Sicherheitskonferenz am 2. Februar<strong>in</strong> München war aus gutem Grunddoppeldeutig.Denn die Aussagen maßgeblicher Politikerauf der Konferenz machten klar: Mitder NATO gibt es ke<strong>in</strong>en Frieden, dennsie ist der militärische Arm, mit dem derRessourcenimperialismus der kapitalistischenHauptmächte <strong>du</strong>rchgesetzt werdensoll. Wo nötig, auch mit militärischerGewalt.Der Chef der „Siko“, Wolfgang Isch<strong>in</strong>germachte dies schon vor Beg<strong>in</strong>n der Konferenz<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Artikel deutlich: „Es hatlange gedauert, bis wir verstanden haben,dass die Androhung oder gar derE<strong>in</strong>satz militärischer Gewalt bisweilennötig ist, um politische Ziele zu erreichen.“„Genau gegen diese Logik der Gewaltgehen wir auf die Straße, denn es gab niee<strong>in</strong>en Krieg gegen den Terror – es gabimmer nur den Terror des Krieges“ sagteWalter Listl, Redner des Bündnissesgegen die NATO-Sicherheitskonferenz.Und das war der andere S<strong>in</strong>n der Losung„Ke<strong>in</strong> Frieden mit der NATO“ – Wir machenke<strong>in</strong>en Frieden mit dieser NATOund der Politik des Krieges. Wir s<strong>in</strong>dnicht ohnmächtig angesichts der Monströsitätihrer Verbrechen, wir machenke<strong>in</strong>en Frieden mit e<strong>in</strong>em System, dassich ausschließlich am Profit orientiertund dabei über Leichen geht.Auf der sogenannten Sicherheitskonferenzmachte US-Außenm<strong>in</strong>ister Biden– unterstützt von se<strong>in</strong>en „atlantischenPartnern“ <strong>in</strong> Europa – klar worumes geht: Die NATO habe als „überragendesMilitärbündnis“ die Mittel undWerkzeuge, um <strong>in</strong> künftigen E<strong>in</strong>sätzenerfolgreich zu se<strong>in</strong>.Dementsprechend unverhohlen dieDrohungen gegen Iran, dessen Atomprogrammangeblich Sicherheit und Stabilitätbedrohe.Und weil sich die USA zu oft blamierthatten beim Nachweisen von Massenvernichtungswaffen<strong>in</strong> anderen Ländern,spricht man jetzt von der „Umkehr derBeweislast“. D. h. Jetzt müsse der Iranbeweisen, dass er diese Waffen nicht besitze.Mehr als je zuvor waren auf der KonferenzVertreter <strong>in</strong>ternationaler Konzerne– nicht nur der Rüstungs<strong>in</strong><strong>du</strong>strie –anwesend. Angesichts der wachsendenBedeutung des asiatischen Wirtschaftsraumes– dort werden bis 2015 30 Prozentder Weltwirtschaftsleistung erbracht– spricht man bereits von e<strong>in</strong>er„Wirtschafts-NATO“ die notwendig sei,um der asiatischen Herausforderung zuBild oben l<strong>in</strong>ks: Westerwelle sprichtauf der Sicherheitskonferenz imPlenarsaal.Bild darunter: Die Vorspeise wirdangerichtet <strong>…</strong>Alle anderen Bilder auf dieser Seitestammen von der Gegendemonstrationam Sonnabend.begegnen. Die großen Wirtschaftsverbände<strong>Europas</strong> und der USA stündenebenso dah<strong>in</strong>ter, wie die politischen Eliten.Wirtschafts-NATO, also die Wirtschaftals Waffe zur Durchsetzung westlicher,kapitalistische Gesellschaftsmodelle.Wo das nicht ausreicht, behilft man sichnoch mit den herkömmlichen Waffen.So kritisierte SIKO-Chef Isch<strong>in</strong>ger diedeutsche Politik für ihre Weigerung sich„Es gab nie e<strong>in</strong>en Krieggegen den Terror – esgab immer nur denTerror des Krieges“mit Kampftruppen am Krieg <strong>in</strong> Mali zubeteiligen und plädierte leidenschaftlichfür die Anschaffung von Kampfdrohnenfür die Bundeswehr – e<strong>in</strong> würdiger Chefe<strong>in</strong>er „Sicherheitskonferenz“.Große DemonstrationTrotz Nieselregen, vere<strong>in</strong>zelter Graupelschauerund mancher Irritationenim Demobündnis nahmen am Samstagetwa 3 000 KriegsgegnerInnen ander Demonstration und Kundgebunggegen die Siko teil. 90 Organisationenund ebenso viele E<strong>in</strong>zelpersonen hattenden Aufruf zur Demo unterschriebenund entsprechend bunt waren Kundgebungund Demo.E<strong>in</strong> antikapitalistischer Block, e<strong>in</strong> großerJugendblock, der von der SDAJ <strong>in</strong>itiiertwurde, Lautsprecherwagen vonver.di und verschiedener regionalerFriedens<strong>in</strong>itiativen waren ebenso vertretenwie Sambagruppen, Leute vonder Clowns<strong>arm</strong>ee. Wie seit Jahren schonkam auch Konstant<strong>in</strong> Wecker zur Abschlusskundgebung.Auf der sprachen u. a. Claudia Haydtvon der Informationsstelle Militarisierungund der Bürgerrechtler NormanPaech.Sie kritisierten vor allem die geplanteAnschaffung von Killerdrohnen für dieBundeswehr und den Ausbau der Bundeswehrzur weltweit e<strong>in</strong>setzbaren Interventions<strong>arm</strong>ee.Brigitte Kichle von der Initiative „TatortKurdistan“ verwies mit leidenschaftlichenWorten auf den Krieg der Türkeigegen das kur- dische Volkund die aktive UnterstützungderBundesrepublikdabei.Streit imBündnisIm Vorfeldder Demonstrationkames zu heftigenKontroversenim Demonstrationsbündnis,über die natürlichvon der Presse mehr berichtet wurde,als über das Anliegen der Kriegsgegner.Auslöser war der Plan des AntikapitalistischenBlockes, Inge Viett als Redner<strong>in</strong>des Blockes auf der Auftaktkundgebungsprechen zu lassen. Auch die SDAJ unterstützteim Bündnis diesen Vorschlag.Schon am nächsten Tag titelten mehrereZeitungen: „Exterrorist<strong>in</strong> als Redner<strong>in</strong>bei der Siko-Kundgebung“ und mehrereOrganisationen und E<strong>in</strong>zelpersonensagten ihre Teilnahme an der Demo aboder zogen ihre Unterstützungsunterschriftenzurück.In e<strong>in</strong>er Erklärung des Sprechers desBündnisses, Claus Schreer wird dazu betont,dass es sich dabei um e<strong>in</strong> „Störmanöver“handelt, das sich gegen die Breiteder Antikriegsbewegung richtet unddie Gefahr bestehe, dass die Bewegungause<strong>in</strong>anderdividiert werde.Kurz vor der Demonstration wurdevon den Verantwortlichen Inge Viettals Redner<strong>in</strong> zunächst zurückgezogenund nur ihre Rede verlesen.Dass sie dann doch auf e<strong>in</strong>er nicht vere<strong>in</strong>bartenZwischenkundgebung sprach,für die der antikapitalistische Block dieganze Demo anhielt, stieß bei großenTeilen der Demonstrierenden auf wenigVerständnis.Vor diesem H<strong>in</strong>tergrund wurde schonauf der Auftaktkundgebung darauf h<strong>in</strong>gewiesen:„Dass <strong>in</strong> der Presse <strong>in</strong> den letzten Tagennicht über unsere Inhalte, sondernmehr über e<strong>in</strong>e Personalie geschriebenwird, war vorhersehbar. Unser Anliegenist e<strong>in</strong> möglichst breites Bündnis allerKriegsgegnerInnen über politische Me<strong>in</strong>ungsverschiedenheitenh<strong>in</strong>weg.Dazu gehören pazifistische Organisationen,Gewerkschaften, kirchliche undSoligruppen, Jugendorganisationenebenso wie l<strong>in</strong>ke, sowie sozialistischeoder kommunistische Organisationen –alle im weitesten S<strong>in</strong>n demokratischenund humanistischen Kräfte.Alle Entschei<strong>du</strong>ngen, auch personellerArt, die diesen Konsens torpedieren,wie wir das derzeit erleben, schadenunserem Anliegen.Wir brauchen den geme<strong>in</strong>samen Widerstandaller Kriegsgegner. Daran solltenwir weiterarbeiten. Trotz allledem.. Walter Listl


10 Freitag, 8. Februar 2013 Theorie und Geschichteunsere zeitHerr Dr. Karl MarxRandnotizen zu e<strong>in</strong>er Bonner Marx-Ausstellung • Von Hans-Peter Brenner„Marx ist out!“ Nichts ist überholter als dieser<strong>du</strong>mme Spruch. E<strong>in</strong>e wahre kle<strong>in</strong>e „Marx-Renaissance“hat im Zusammenhang mit der tiefen Krisedes F<strong>in</strong>anz-, Banken- und Wirtschaftssystemsstattgefunden. Zwar steht mehr der „Ökonom“Marx im Mittelpunkt. So hat im Herbst das LeibundMagenblatt des F<strong>in</strong>anzkapitals, das „Handelsblatt“,ganzseitig – und das auch noch als Aufmacher– Marx als den „wichtigsten Klassiker“ derpolitischen Ökonomie wiederentdeckt, ohne denKarl Marx (geboren am 5. Mai 1818 <strong>in</strong>Trier, gestorben am 14. März 1883 <strong>in</strong> London)als Student. Daneben das Abgangszeugnis derUniversität Bonn.die Krise des F<strong>in</strong>anzsystems nicht zu verstehensei. Aber auch andere Dimensionen des MarxschenWerkes und Lebens werden wieder diskutiert.Zunehmend <strong>in</strong>s Blickfeld geriet <strong>in</strong> den letztenJahren das „Privatleben“ der Familie Marx –aber auch das von Friedrich Engels.Dass damit e<strong>in</strong>e Entpolitisierung der Personenund des Werkes verbunden s<strong>in</strong>d, ist gewiss e<strong>in</strong> gezielterNebeneffekt. Und dennoch gilt auch hierder Adorno-Satz „das Private ist politisch“. Auchdas Privatleben des noch sehr jungen Menschen,des Studenten Karl Marx.HE<strong>in</strong>en <strong>in</strong>teressanten Beitrag dazu leistet imMoment das Bonner Stadtmuseum mit se<strong>in</strong>ernoch bis zum 10. März verlängerten Ausstellung„Dr. Karl Marx. Vom Studium, zur Promotion –Bonn, Berl<strong>in</strong>, Jena.“. Sie ist untergebracht imErnst-Moritz-Arndt-Haus, e<strong>in</strong>er Dependance desBonner Stadtmuseums, dem ehemaligen Wohnhausdes Poeten und Lyrikers der napoleonischenBefreiungskriege, bürgerlichen 1848er-Revolutionärs,Abgeordneten der Frankfurter Nationalversammlungund Professors <strong>in</strong> Greifswald undBonn, wo er am 29.1.1860 auch verstarb. Mitveranstalterist das Universitätsarchiv der Friedrich-Schiller-Universität Jena, an der Marx „<strong>in</strong> absentia“(<strong>in</strong> Abwesenheit) am 15. April 1841 promoviertwurde.Der Zuspruch und das Interesse an der Ausstellunghat dazu geführt, dass die Ausstellungsdauerum vier Wochen bis zum 10. März verlängertwurde. Es ist also noch Zeit für e<strong>in</strong>en Besuch derAusstellung, die es <strong>in</strong> dieser Form und Gründlichkeitnoch nicht gegeben hat.Akribisch werden die Lernstationen des geradee<strong>in</strong>mal 17-jährigen Jura-Studiosus während se<strong>in</strong>ernur kurzen Bonner Studentenphase im W<strong>in</strong>tersemester1835/36 und Sommersemester 1836 ander noch sehr jungen Bonner Alma Mater (Grün<strong>du</strong>ngsdatumwar der 18.10.1818 gewesen) nachvollzogen.Die Vorlesungen und Sem<strong>in</strong>are, an den Marx teilgenommenhat, s<strong>in</strong>d aus den diversen Bibliografienbekannt; neu aber ist die ausführliche Dokumentierungzu se<strong>in</strong>en damaligen akademischenLehren mitsamt den dazugehörigen längerenoder kurzen Porträts se<strong>in</strong>er Professoren. Hervorgehobenwird vor allem der E<strong>in</strong>fluss des PhilosophenFriedrich Wilhelm Schlegel, den Marx nochim Jahre 1875 während e<strong>in</strong>es Kuraufenthaltes <strong>in</strong>Karlsbad <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Gespräch mit se<strong>in</strong>em KurbekanntenJulius Walther <strong>in</strong> lebhafter Er<strong>in</strong>nerunghatte. (Dass die Autor<strong>in</strong> den 1818 geborenen„schlanken“ und „fesselnden Erzähler“ Marx dabeizu e<strong>in</strong>em 63-Jährigen macht, ist mir persönlichnicht unsympathisch, aber leider doch e<strong>in</strong>e mathematischeFehlleistung.)War der spätere „wissenschaftliche Berserker“,der die Literatur – selbst zu fernen Randgebietense<strong>in</strong>er politökonomischen und philosophischenStudien nur so verschlang, schon <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er BonnerZeit e<strong>in</strong> aufmerksamer und fleißiger Student oderwar er e<strong>in</strong> Bummelant? Wie Ingrid Bodsch, dieLeiter<strong>in</strong> des Bonner Stadtmuseums <strong>in</strong> dem sehransprechenden und gut aufgemachten Begleitbuchzur Ausstellung – leider ist der Abdruck e<strong>in</strong>igerDokumente teilweise ob ihrer W<strong>in</strong>zigkeit sehrstörend – schreibt, belegte Marx <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em erstenStudiensemester neun Vorlesungen, die er auchbezahlte, darunter fünf öffentliche und vier Privatvorlesungen.„Von den dort e<strong>in</strong>getragenen neunVorlesungen s<strong>in</strong>d drei „obwohl bezahlt, <strong>du</strong>rchgestrichenworden, was die Annahme nahelegt, dassMarx sie entweder gar nicht besucht hat oder sounregelmäßig. dass er sich als Testat nicht e<strong>in</strong>male<strong>in</strong> „belegt“ erhoffen konnte. Ganz anders se<strong>in</strong>edokumentierte zumeist vorzüglich benoteteMitarbeit <strong>in</strong> den Vorlesungense<strong>in</strong>er Berl<strong>in</strong>er Studienzeit.Marx hattesich zue<strong>in</strong>emvon allen se<strong>in</strong>enProfessoren als enormfleißiger und hochqualifizierterStudent entwickelt.Die verbreitete Legende über den „Bummelstudenten“Marx, der tatsächlich e<strong>in</strong>mal „Wegennächtlichen Lärmens auf der Straße“ e<strong>in</strong>e Nachtim universitären Karzer (18. Juni 1836) verbr<strong>in</strong>gen<strong>musst</strong>e, relativiert sich bei genauerer Kenntnis desdamaligen studentischen Lebens <strong>in</strong> der Prov<strong>in</strong>zstadtBonn, die mit ihren 13 721 E<strong>in</strong>wohnern derGröße se<strong>in</strong>er Heimatstadt Trier entsprach.Die gegen Marx verhängte Strafe war die niedrigste,die <strong>in</strong> diesem Zusammenhang überhauptverhängt wurde. Die Liste der „Ruhestörer“ desJahres 1836 ist erstaunlich lang, die Strafen <strong>in</strong> vielenFällen recht hoch. Marxens kle<strong>in</strong>er Fehltrittersche<strong>in</strong>t im Vergleich dazu schon fast wie e<strong>in</strong>eBagatelle. Erst auf se<strong>in</strong>em Abgangszeugnis beimWechsel von Bonn nach Berl<strong>in</strong> wird als Grund fürdie Strafe „Trunkenheit“ angegeben. Im erhaltenenKarzerbuch fehlte diese E<strong>in</strong>tragung.Wenig e<strong>in</strong>gegangen wird auf die damals psychologischeund biografisch so zentrale Liebesbeziehungzu se<strong>in</strong>er späteren Frau Jenny von Westphalen,mit der er sehr sich während se<strong>in</strong>er BonnerZeit (zunächst) heimlich verlobte. Se<strong>in</strong>e Ausflüge<strong>in</strong> die Poesie und romantischen Dichtkunstversuche,se<strong>in</strong>e Mitgliedschaft <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Dichterzirkel(„Poetenkränzchen“), die von se<strong>in</strong>em Vater mitgroßer Besorgnis verfolgte Unstetigkeit, Ziellosigkeitund <strong>in</strong>nere Zerrissenheit wären <strong>in</strong> der Ausstellung<strong>du</strong>rchaus erwähnenswert gewesen. Wieohneh<strong>in</strong> die Ausstellung doch etwas zu dokumentenlastigist und der „lebendige“ junge Marx nurschwer erkennbar wird.Dass <strong>in</strong> diesem Dichterzirkel „revolutionäre Lieder“entstanden, die e<strong>in</strong>e Haus<strong>du</strong>rchsuchung nachsich zogen, die dazu führte, dass der Urheber dieseraufrührerischen Gesänge, e<strong>in</strong> Johann MichaelBirmann, fluchtartig Bonn verließ und sich nachParis rettete, sche<strong>in</strong>t nur halb zu stimmen. DerVorfall ereignete sich e<strong>in</strong> Semester vor MarxensBonner Immatrikulation. Se<strong>in</strong> eigenes „Kränzchen“kann es also nicht gewesen se<strong>in</strong>.Die im Begleitbuch sehr ausführlichen Darlegungenzu se<strong>in</strong>em Studienkollegen Emanuel Geibelsprengen m. E. den Rahmen, zumal dieser Marxpersönlich offenbar persönlich kaum kannte. Immerh<strong>in</strong>erfahren wir aber aus Geibels oft zitiertenBriefen e<strong>in</strong>iges über die Atmosphäre des studentischenLebens, über die persönlichen Marottenund Eitelkeiten des Herrn Professor Schlegel,aber auch über die nicht unerheblichen Studiengebühren,die damals nach jeder Vorlesung barzu entrichten waren: Fünf Silbergroschen für jede„Privatvorlesung, und für jede öffentliche Vorlesung2 1/2 Silbergroschen. Dazu kamen noch dieHonorare, die für die Privatvorlesungen zusätzlichbezahlt werden <strong>musst</strong>en.Damit wird erklärlicher, warum der Bonner StudentMarx so häufig über Geldsorgen klagte. Daswar wohl weniger – oder nicht nur – se<strong>in</strong>er imspäteren Leben so oft erwähnten „Unfähigkeit“im Privatleben mit Geld umzugehen geschuldet,sondern schlicht Ausdruck hoher Kosten. VielenStudenten erg<strong>in</strong>g es offenbar ebenso. Obwohl imBonner Abgangszeugnis von 1836 darüber nichtsverlautete, muss Karl Marx den brieflichen Mahnungenund Klagen se<strong>in</strong>es Vater zufolge auch <strong>in</strong>Bonn häufig Schulden gemacht haben. So unangenehmdas für se<strong>in</strong>en Vater gewesen ist, so wenigwar das studentische Schuldenmachen damalse<strong>in</strong>e Besonderheit. Etwa 30 Jahre später berichtetee<strong>in</strong> <strong>in</strong> Bonn zurückgebliebener Studienfreunddem schon nach Hause gereisten Friedrich Nietzsche,dass sich viele Studenten zum Ende des Sommersemesterskaum <strong>in</strong> ihre Zimmer getraut hättenund lieber woanders übernachtet hätten, weilüberall die Schuldene<strong>in</strong>treiber auf sie gewartethätten.“Wer denkt da nicht an die oft verzweifelten f<strong>in</strong>anziellenKatastrophen der Familie Marx <strong>in</strong> derZeit des späteren Pariser, Brüsseler und LondonerExils.Dass Marx im 2. Bonner Semester „Präsident“ derTrierer studentischen Landsmannschaft, der „Treveraner“,gewesen sei – wie es <strong>in</strong> diversenBiografien (u. a. <strong>in</strong> der von N. Lap<strong>in</strong> 1974erschienenen Arbeit „Der junge Marx“ –auf Russisch 1968) berichtet wird – kanndokumentarisch nicht belegt werden. Ausführlichkommentiert und belegt wird h<strong>in</strong>gegendie Entstehungsgeschichte des e<strong>in</strong>zigen(gezeichneten) Jugendbildnisses von Marx mitse<strong>in</strong>er „üppigen schwarzen Lockenpracht“ imRahmen e<strong>in</strong>er lustigen Ausflugsgesellschaft ebendieser studentischen Vere<strong>in</strong>igung.Dank der Ausstellung und des Begleitbuches warich endlich <strong>in</strong> der Lage auch e<strong>in</strong>e der beiden studentischenWohnungen <strong>in</strong> unmittelbarer Universitätsnäheausf<strong>in</strong>dig zu machen. Das nach dem 2.Weltkrieg neu errichte Gebäude <strong>in</strong> der Stockenstraße12 wird seit 10 Jahren von eben diesem Jugendporträtgeziert, mit dem H<strong>in</strong>weis dass der„Philosoph und Politiker Karl Marx“ eben hiere<strong>in</strong>st als Student gelebt habe.Ausstellung und Begleitbuch tragen mit den weiterenDokumenten der Berl<strong>in</strong>er Studienzeit, dersehr detaillierten Darstellung über die Wiederentdeckungder Promotionsakte im vom Bombenzerstörten Keller der Universität Jena unddes im Begleitbuch enthaltenen Aufsatzes des Leitersdes Jenaer Universitätsarchivs J. Bauer undse<strong>in</strong>es Kollegen T. Pester dazu bei, den akademischenWerdegang von Marx anschaulich nachzuvollziehen.Das wird nicht da<strong>du</strong>rch gem<strong>in</strong>dert, dass bei derAnalyse se<strong>in</strong>er Promotionsarbeit zum Thema„Differenz der demokratischen und epikureischenNaturphilosophie“ <strong>du</strong>rch den amtierenden Rektorder Jenaer Universität, Prof. K. Dicke, Marx zwarals e<strong>in</strong> „Intellektueller voller Saft und Kraft“ undals „hochgebildeter Zeitgenosse“ gewürdigt wird,Nach se<strong>in</strong>em weiteren Studium <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>promovierte Karl Marx an der Universität Jena.Hier se<strong>in</strong> Doktordiplom vom 15. April 1841.ihm zugleich aber völlig unmotiviert das Etikett„Dogmatismus“ verpasst wird, der angeblich „fürMarx prägend wurde“.Se<strong>in</strong>e „nicht ger<strong>in</strong>ge Zahl an Polemiken, verbundenmit dem Reklamieren der Wahrheit fürdie eigene Position“ stören den Herrn Präsidentengar sehr, zumal der junge Promovend es sichdoch nicht verkneifen konnte „se<strong>in</strong>e Philosophiedes Selbstbewusstse<strong>in</strong>s“ als e<strong>in</strong> Paradigma zu verstehen,für die „vorwärtsweisende Funktion e<strong>in</strong>ersolchen Philosophie (nämlich) aus Widersprüchender Gegenwart Zukunftsentwicklungen herzuleiten“und damit den für Dicke nun gar nicht mehrzu nachzuvollziehenden „Abschied von der Philosophieund den Übertritt <strong>in</strong> die Politik“ bereits <strong>in</strong>dieser Dissertationsschrift zu verkünden.So kommt nun doch noch die <strong>in</strong> der Ausstellungnur recht kurz angedeutete politische Dimensionim Werdegang des jungen Dr. Marx zur Spracheund zur Geltung. In den Dokumenten aus der Berl<strong>in</strong>erStudienzeit wird dies auf e<strong>in</strong>e mir nicht nachvollziehbareWeise nur sehr verhalten angedeutet.HDas empfehlenswerte Buch zur Ausstellung: IngridBodsch (Hg.), Dr. Karl Marx. Vom Studium zurPromotion – Bonn, Berl<strong>in</strong>, Jena. Verlag StadtMuseumBonn. 160 Seiten, br., 12 EuroDie Ausstellung im Ernst-Moritz Arndt-Haus istnoch bis zum 10.3.2013 geöffnet.Am 2. Februar 1943 g<strong>in</strong>g die Schlachtum Stal<strong>in</strong>grad zu EndeFür den Sieg wurde e<strong>in</strong> hoher Preis gezahlt. Die Schlacht an der Wolga dauerte mehr als sechse<strong>in</strong>halbMonate und kostete auf sowjetischer Seite mehr als 1 Million Menschenleben – Russen, Ukra<strong>in</strong>er, Belorussen,Kasachen, Usbeken usw. usf, Unter den Toten und Verletzten waren viele Bewohner Stal<strong>in</strong>grads.Anfang Januar 1943 hatten die sowjetischen Truppen mit der Operation „Kolzo“ – mit der E<strong>in</strong>schließungder deutschen E<strong>in</strong>heiten begonnen. Diese versuchten, die E<strong>in</strong>kreisung zu <strong>du</strong>rchbrechen. Im Ergebnisder Operation „Kolzo“ zur E<strong>in</strong>kesselung der Wehrmachtse<strong>in</strong>heiten wurden 24 Generäle und 91 000 Soldatenund Offiziere gefangengenommen. Es kapitulierten mehr als zwanzig deutsche Divisionen. Insgesamtverlor die Wehrmacht <strong>in</strong> der Schlacht um Stal<strong>in</strong>grad etwa 1,5 Millionen Mann.Das Ende der 6. deutschen Armee bedeutete mehr als nur e<strong>in</strong>en grandiosen Sieg. Dieser Sieg bedeutetedie Wende des Krieges, den Anfang vom Ende des Hitlerregimes und se<strong>in</strong>er Verbündeten.


unsere zeitKulturFreitag, 8. Februar 2013 11Der eiserne Strom der RevolutionDer Autor e<strong>in</strong>es revolutionären Klassikers wurde 150: Alexander SerafimowitschAm 19. Januar jährte sich der 150.Geburtstag e<strong>in</strong>es der „Klassiker“der revolutionären Sowjetliteratur:Alexander Serafimowitsch.Se<strong>in</strong> 1924 erschienener Roman „Dereiserne Strom“ bildet neben Furmanows„Tschapajew“ (1923) den Auftakte<strong>in</strong>er neuen russischen Romanliteratur,<strong>in</strong> dem der Atem der Revolutionund des Bürgerkrieges im jungen Sowjetrusslan<strong>du</strong>nmittelbar die Leser ergreift.Kurze Zeit darauf folgen Gladkows„Zement“ (1925) und Fadejews„Die Neunzehn“ (1927). SerafimowitschsRoman liegt e<strong>in</strong> historischesEreignis zugrunde: der Feldzug dersogenannten Taman-Armee. Im August1918 waren die im Kubangebietoperierenden Teile der Roten Armee<strong>in</strong> die Umz<strong>in</strong>gelung des Fe<strong>in</strong>des geraten.Die Kosaken hatten sich gegen dieSowjetmacht erhoben und rechnetenblutig mit all jenen ab, die mit den Rotensympathisierten.Serafimowitsch schildert im „EisernenStrom“, wie sich e<strong>in</strong> zunächst ungeordneterZug Tausender <strong>arm</strong>er Bauern<strong>du</strong>rch das von Weißen beherrschteKubangebiet während e<strong>in</strong>es zweiunddreißigTage währenden Marsches zue<strong>in</strong>er bewusst handelnden Schar vonKämpfern entwickelt. Das Ziel dieserHeerschar ist die Sicherung der Sowjetmacht.Am Ende des Romans habensie dieses Ziel erreicht: „Das gelang ihnen,so wie sie waren: hungrig, nackt,barfuß, ohne materielle Mittel, ohne irgendwelcheHilfe. Alle<strong>in</strong> hatten sie esgeschafft (<strong>…</strong>) – und das Gefühl des unermesslichenGlücks der Zusammengehörigkeitmit jenem Großem, das siePer Landgerichtsbeschluss untersagtdas Landgericht Hildesheim dem KommissarSchönberger weiter zu ermitteln.Wer Edw<strong>in</strong> Schönberger kennt,weiß nur zu genau: Er wird sich nachbereits vier erfolgreich <strong>du</strong>rchgestandenenFällen im nun fünften Fall nichtmundtot machen lassen. Das Widerspruchsverfahrenist e<strong>in</strong>geleitet unddie „ertappten“ städtischen Großkopfertenwerden sich mitnichten ruhig zurücklehnenkönnen.Seit dem 19. Dezember läuft die HildesheimerImmobilien- und Versicherungs-AgenturLüder Sturm, sie, an dernach Insider<strong>in</strong>formationen ke<strong>in</strong>e Ausschreibungvorbeigeht, wenn über dieVergabe lukrativer öffentlicher Aufträgeim kommunalen Sektor Hochbauentschieden wird.Ste<strong>in</strong> des Anstoßes s<strong>in</strong>d die Ermittlungenvon Kommissar Edw<strong>in</strong> Schönbergerim Mordfall Löberich, <strong>in</strong> demnun bereits fünften Krim<strong>in</strong>alroman mitRegionalkolorit des (UZ-LeserInnenwohlbekannten) Hildesheimer AutorsJürgen Meier.Gustl Löberich, stets gut gekleidet,Baulöwe der kle<strong>in</strong>en Großstadt <strong>in</strong>Norddeutschland, liegt e<strong>in</strong>es Morgensermordet <strong>in</strong> der kürzlich fertig gestelltenE<strong>in</strong>kaufspassage Barneken-Galerie.In dessen Sohn Konrad, der <strong>in</strong>sFadenkreuz des Täterverdachts gerät,me<strong>in</strong>t nun der Hauptgesellschafter derHildesheimer Firma Lüder, SebastianLüder, sich selbst zu erkennen. Unmittelbarnach Vorstellung des Krimis <strong>in</strong>der Hildesheimer Allgeme<strong>in</strong>en Zeitungerhielten die Zeitungsredaktion unddas Studio des örtlichen RadiosendersRadio Tonkuhle rechtsanwaltlichenBesuch im Firmen-Auftrag. Lüderdrohte mit Unterlassungsklage, solltenwesentliche Inhalte des Romans weiterverbreitet werden. Zwischenzeitlichhatte Jürgen Meier selbst se<strong>in</strong>en Krimibei Radio Tonkuhle e<strong>in</strong>gelesen. Jeweilsan zwei Term<strong>in</strong>en im Januar waren dieersten beiden Folgen auf Sen<strong>du</strong>ng.Dann war Schluss mit lustig. Das HildesheimerLandgericht untersagte pere<strong>in</strong>stweiliger Verfügung vom 15. Januardem Autor zu behaupten, zwischenGustav und Sebastian Lüder gäbe ese<strong>in</strong>en Vater-Sohn-Konflikt, Vater undllustration zu „Der eiserne Strom“kennen und doch nicht kennen und dassich Sowjetrussland nennt, wuchs immermehr <strong>in</strong> ihrer Seele an.“ So heißtes am Ende des Romans.Obwohl Serafimowitsch nur wenigeGestalten, wie den Kommandeur Koshuchund die alte Bäuer<strong>in</strong> Gorp<strong>in</strong>a, ausder revolutionären Masse heraushob,vermochte er Wesentliches über die<strong>in</strong>neren Wandlungen der Menschen <strong>in</strong>der Revolution auszusagen. Das dramatischeGeschehen wird <strong>in</strong> scharfenKontrasten und mit unterschiedlichenStilmitteln, die von heroischem Pathosbis zu derber Komik reichen, verdeutlicht.Anatoli Lunatscharski, unterLen<strong>in</strong> Volksbil<strong>du</strong>ngskommissar, stelltedas Buch <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Reihe mit Gorkis„Die Mutter“. „Die Rote Fahne“, dieZeitung der KPD, druckte den „EisernenStrom“ dann auch schon 1925 alsFortsetzungsroman ab.Skandal um Kommissar SchönbergerDem fiktiven Prov<strong>in</strong>zkrim<strong>in</strong>alisten wird der Ton abgedrehtSohn hätten sich zerstritten, die FirmaLüder sei an (Hedge-) Fonds-Unternehmen<strong>in</strong> der Schweiz beteiligt, dasCampus-Bauprojekt <strong>in</strong> Hildesheim seie<strong>in</strong> großer Bluff und die Firma Lüderbewege sich geschäftlichamRande der Legalität.Der Autor hatdies alles selbstverständlichnie behauptet.Dennoch wirdMeier gerichtliche<strong>in</strong> Ordnungsgeldvon250 000 Euroangedroht.Dasselbe Landgerichthattezunächst denKlageantragder Firma Lüderzurückgewiesen.DurchAnweisungdes OberlandesgerichtesCelle kamen die RichterKlöhn und Schulze bei erneuter Prüfungzu besagtem Unterlassungsurteil,ohne Kontakt mit dem Autor und ohneKenntnis des Buches, ausschließlich aufder <strong>in</strong>haltlichen Grundlage der Presseveröffentlichungvom 19.12.2012. Dassdie Vater-Sohn-Beziehung zwischendem Firmengründer Gustav Lüderund se<strong>in</strong>em Sohn Sebastian so e<strong>in</strong>vernehmlichwie im Gerichtsbeschlussunterstellt nicht se<strong>in</strong> kann, lässt e<strong>in</strong>eBemerkung des Vaters gegenüber derHAZ-Redakteur<strong>in</strong> Mart<strong>in</strong>a Prante vermuten:Er habe sich zwar über den Dezember-Artikelauch „kräftig geärgert“.Aber solle Jürgen Meier doch „schreiben,was er will. Mich <strong>in</strong>teressiert dasnicht.“ (HAZ vom 25.1.) Dennoch hater als Antragsteller der e<strong>in</strong>stweiligenVerfügung neben se<strong>in</strong>em Sohn mit unterzeichnet.Edw<strong>in</strong> Schönberger, der philosophierendeKommissar der kle<strong>in</strong>en Großstadt<strong>in</strong> Norddeutschland, war <strong>in</strong> denKrim<strong>in</strong>alromanen zuvor Mordfällenauf der Spur, die stets <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Netzvon Korruption, Umweltskandalenoder im Zusammenhang mit dem Ausverkauföffentlichen Eigentums, z. B.des städtischen Krankenhauses, passierten.Die agierenden Personen s<strong>in</strong>dselbstverständlich Kunstfiguren des„Vater“ und Stimme von Edw<strong>in</strong> Schönberger: Jürgen MeierAutors, die Ereignisse er<strong>in</strong>nern aber<strong>du</strong>rchaus an real Geschehenes des gesellschaftlichenUmfeldes der Kommune,des Bundeslandes und darüber h<strong>in</strong>aus.Se<strong>in</strong>e Fälle wurden bisher <strong>in</strong> derÖffentlichkeit eher marg<strong>in</strong>al registriert.Mit se<strong>in</strong>em neuen Fall rückt er urplötzlich<strong>in</strong>s Rampenlicht der kommunalenÖffentlichkeit.Menschen sprechen ihn auf offenerStraße, beim E<strong>in</strong>kauf oder auchbeim Besuch kultureller Veranstaltungenan, <strong>in</strong> der Regel zustimmend.Manchmal wird er sogar um<strong>arm</strong>t obse<strong>in</strong>er Zivilcourage: „Geben Sie bloßnicht kle<strong>in</strong> bei!“ wird häufig ergänzt<strong>du</strong>rch Schimpfkanonaden gegen die„Abzocker“ des großen Kapitals. Obder Hausmeister e<strong>in</strong>er HildesheimerHauptschule oder der Schulleiter dergrößten Schule im Landkreis, das Spektrumaufmunternden Zuspruchs istbreit gestreut. Die <strong>in</strong>nere Wut richtetsich zugleich <strong>in</strong> häufig derben Wortengegen die Profitmacher des Systems.Jürgen Meier versteht den Angriff ke<strong>in</strong>eswegsisoliert auf se<strong>in</strong>e Person bezogen,sondern vielmehr als AngriffAlexander Serafimowitsch Popow (sose<strong>in</strong> eigentlicher Name) kommt währendse<strong>in</strong>es Studiums an der PetersburgerUniversität <strong>in</strong> Kontakt mit AlexanderUljanow (Len<strong>in</strong>s älterem Bruder).Für e<strong>in</strong> von ihm nach dem AnschlagUljanows auf den Zaren Alexander IIIverfasstes Flugblatt wird er verhaftetund für drei Jahre nach Archangelskam Eismeer verbannt. Hier verfasst erse<strong>in</strong>e erste Erzählungen, die überwiegenddie Lebensumstände der Flößer,Fischer und Arbeiter im unwirtlichenNordwesten Russlands zum Gegenstandhaben. Während der Oktoberrevolutionsteht Serafimowitsch aufder Seite der Bolschewiki. Er berichteteals Korrespondent der Prawdavon den Bürgerkriegsfronten und trataktiv für die Formierung der proletarischenKräfte <strong>in</strong> der Literatur e<strong>in</strong>. Inden folgenden Jahren wandte sich Serafimowitschvor allem dem sozialistischenAufbau des Sowjetlandes zu, so<strong>in</strong> dem Romanfragment „Kolchosfelder“.Der Überfall des faschistischenDeutschland h<strong>in</strong>derte ihn an der Vollen<strong>du</strong>ng.An se<strong>in</strong>em 86. Geburtstag ister <strong>in</strong> Moskau gestorben.Weshalb hat die russische Revolutionvor fast 100 Jahren gesiegt? Antwortendarauf können uns auch die Romanegeben, die uns e<strong>in</strong> unmittelbares, authentischesund ungeschm<strong>in</strong>ktes Bildjener Zeit plastisch vor Augen führen.Serafimowitschs „Eiserner Strom“ istso e<strong>in</strong> Buch (das man z. B. antiquarischals Ausgabe der Kle<strong>in</strong>en Arbeiterbibliothekdes Damnitz-Verlages erwerbenkann).Günther Stamerauf die (noch) basis-demokratisch verfasstenBürger-Radios. Frank Wodsack,bei der Landtagswahl <strong>in</strong> Niedersachsenvor wenigen Tagen als CDU-Direktkandidat <strong>du</strong>rchgefallen, gehörtzur Geschäftsleitung der Firma Lüder.Erst kürzlich hat er sich erneut <strong>in</strong> denVorstand von Radio Tonkuhle wählenlassen, um mit E<strong>in</strong>schüchterungsversuchendie Redakteure zu verunsichern.Meier, als langjähriger freier Mitarbeiterselbst Mitglied im Ton-Vere<strong>in</strong> desörtlichen Bürger-Radios, hat jetzt imVorstand beantragt, Herrn Wodsackdas Vorstandsmandat zu entziehen.Wie erklärte Kommissar Schönbergerse<strong>in</strong>em Freund, dem Antiquar, schulmeisterlichse<strong>in</strong> Weltverständnis <strong>in</strong> e<strong>in</strong>emse<strong>in</strong>er Krim<strong>in</strong>alromane, diesemAntiquar, „den der Kommissar immerHG nannte, weil ihm dessen VornameHeilfried-Gustavson e<strong>in</strong>fach zu langund zu sehr nach diesem JudenhasserWagner klang. ‚Die herrschende Elitedieser maroden spätbürgerlichen Gesellschaftnennt se<strong>in</strong>e Krisensitzungengeneralstabsmäßig ‚Strategiekonferenzen‘,dabei geht es nur darum,wie sie die Abzocke des Volkes ambesten organisieren können. Ich sagenur Strompreiserhöhungen! Die mittlerenund unteren Angestellten- undBeamtendienstgrade, die diese strategischgeplante Abzocke organisierenund womöglich mit Schlagstöckenoder Mahnbriefen <strong>du</strong>rchführen sollen,nennen dagegen ihre Treffs ganz e<strong>in</strong>fachBesprechungen oder Planungen,vielleicht auch workshops, manchmal,wenn sie Kommunikation, sprich, dasGeschäft der taktischen Verblö<strong>du</strong>ngder Privathaushalte erlernen sollen,sprechen sie eventuell von Sem<strong>in</strong>aren,aber niemals sprechen sie von Strategiekonferenzen.Ist dir das noch nieaufgefallen, HG?‘ Der wusste, dassEdw<strong>in</strong> nicht auf se<strong>in</strong>e Antwort wartete,sondern gleich weiter protestierenwollte. Also schwieg er und hörte, nochimmer an se<strong>in</strong>em Schreibtisch stehend,aufmerksam zu. Er sei als Kommissarfür alle da, nicht nur für die Eitelstender Eitlen.“Die Ause<strong>in</strong>andersetzung im öffentlichenRaum Hildesheims hat erst begonnen.Udo PaulusGuido Z<strong>in</strong>gerlAchtzig –trotz alledemund alledem„Ich stehe vor me<strong>in</strong>er Staffelei100 mal 120, Höhe vor BreiteOrdentlich weiß grundiertUm mich herum Farben auf e<strong>in</strong>emTisch5 mal 5 mal 3 Kubikmeter Raum1 Fenster im elfenbe<strong>in</strong>ernen TurmIch suche e<strong>in</strong> Gleichnis von dieser WeltDas Abbild des SchreckensDen Alptraum der WirklichkeitUnd <strong>in</strong>mitten dieser 9 Kreise der HölleDer Lügen und VerfluchungenSuche ichDen w<strong>in</strong>zigen Ste<strong>in</strong> der HoffnungVerzweifle und verstumme zugleichWill mich e<strong>in</strong>schließen vor dieser WeltUnd reiß doch die Tür aufLasse die Welt e<strong>in</strong>Lasse mich e<strong>in</strong> mit ihrUnd b<strong>in</strong> schon verstricktIn Gut und BöseIn Tun und NichttunIn Gel<strong>in</strong>gen und VersagenUnd male das Bild auf den weißenGrundUnd spüreDen w<strong>in</strong>zigen Ste<strong>in</strong> der Hoffnung“Guido Z<strong>in</strong>gerl als Literat? Ja, auch dasist unser Maler-Genosse. Im Buch zuraktuellen Ausstellung <strong>in</strong> Puchheim hater – im Gegensatz zu se<strong>in</strong>en früherenBüchern – die Bilder mit eigenen Textenbegleitet.19 Bilder – alle im vergangenen Jahrgeschaffen – schlagen e<strong>in</strong>en weitenBogen von der K<strong>in</strong>dheit bis zum Alter.Geboren im Januar 1933, wenige Tagevor der Machtübergabe an die Nazis <strong>in</strong>Regensburg als He<strong>in</strong>rich Scholz. Se<strong>in</strong>eK<strong>in</strong>dheit wird geprägt von der brennendenSynagoge, dem ausgebombtenElternhaus und dem Tod des Bruders,der nicht aus dem Krieg heim kommt.Trotz se<strong>in</strong>es Zorns auf die politischenVerhältnisse, die immer Thema se<strong>in</strong>erBilder waren und s<strong>in</strong>d, verliert er nichtden Blick auf die Schönheiten der Natur,auf den Genuss e<strong>in</strong>es kühlen Biersnach der Bergwanderung, auf die Liebe.Dass er sich im letzten Jahr vor se<strong>in</strong>em80. Geburtstag mit dem Alter und demTod ause<strong>in</strong>andersetzt – wen wundert‘s?Gerd Deumlich zitiert den Jubilar überse<strong>in</strong>e „Karriere“ <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Glückwunsch<strong>in</strong> der UZ (18.01.13) so:„<strong>…</strong> schaffte aus eigener Kraft den Abstiegnach unten: Studium an der TH<strong>in</strong> München, Diplom<strong>in</strong>genieur fürMasch<strong>in</strong>enbau, Feuerwehrtechniker,Holzfachmann, Hilfsarbeiter, Malerund Graphiker <strong>in</strong> München“ und RichardHiepe nennt se<strong>in</strong>e Kunst „e<strong>in</strong>Kuckucksei <strong>in</strong> der zeitgenössischenModerne“.Se<strong>in</strong> Freund Werner Dreher, bis vor kurzemRedaktionsleiter des Brucker Echo,beschreibt Z<strong>in</strong>gerl <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Ansprachezur Vernissage als Malerphilosophen:„Dieser Zyklus <strong>…</strong> ist im Grunde e<strong>in</strong>edreifache Wegbeschreibung: Erstensdie Beschreibung e<strong>in</strong>es geradl<strong>in</strong>igen,unbeugsam <strong>in</strong> aufrechtem Gang beschrittenenLebensweges. Zweitensdie autobiografische Darstellung e<strong>in</strong>esKünstlers, der se<strong>in</strong>en Lebensraumanders liebt, als er geliebt werdenwill. Und drittens e<strong>in</strong>e Illustration desTao – Der Lehre vom richtigen Weg.Nach Worten von Wolf Peter Schnetz„<strong>in</strong> schönstem E<strong>in</strong>klang“ mit Lao Tse,dem ch<strong>in</strong>esischen Dichterphilosphen.“Allen, die die Möglichkeit haben, seider Besuch der Ausstellung im PuchheimerKulturcentrum wärmstens ansHerz gelegt. Sie dauert noch bis 8. Februar2013.Das Buch (20 Euro) mit den Ausstellungsbildernenthält liebevolle Geleitwortevon se<strong>in</strong>er Frau Ingrid, mitder er 55 Jahre geme<strong>in</strong>sam <strong>du</strong>rchs Lebeng<strong>in</strong>g – ihn tragend, wie es die dazughörigeKarikatur im Zyklus ausdrückt.Das Buch ist zu bestellen bei:Ingrid Scholz, Maisacher Str. 80, 82 256Fürstenfeldbruck.Sonja Schmid


12 Freitag, 8. Februar 2013 H<strong>in</strong>tergrun<strong>du</strong>nsere zeitUnion-Bust<strong>in</strong>g bei Autoteile Unger?A.T.U soll Grün<strong>du</strong>ng e<strong>in</strong>es Betriebsrats massiv gestört haben – Gerüchte um GesamtverkaufWie der Soester Anzeiger am20. Januar 2013 berichtet,soll die E<strong>in</strong>leitung e<strong>in</strong>er Betriebratswahlbeim Autoteile-HändlerA.T.U <strong>in</strong> Werl massiv beh<strong>in</strong>dert wordense<strong>in</strong>. Wieder ist Unternehmens-Sprecher Markus Meißner im Spiel, derlaut Presse bei e<strong>in</strong>er vereitelten A.T.UBetriebsratsgrün<strong>du</strong>ng im Oktober 2012<strong>in</strong> der A.T.U-Zentrale <strong>in</strong> Weiden persönlichzugegen war.„Das war wüst“, wird die IG Metall-Sekretär<strong>in</strong> Britta Peter zitiert. Bei e<strong>in</strong>erWahlversammlung zur Ernennunge<strong>in</strong>es Wahlvorstands – dem erstenSchritt zur Grün<strong>du</strong>ng e<strong>in</strong>es Betriebsrats(BR) – sei es zu „massiven Störungen<strong>du</strong>rch ständige Zwischenrufediverser Vorgesetzter“ gekommen. Da<strong>du</strong>rchhabe die Veranstaltung, die oft <strong>in</strong>wenigen M<strong>in</strong>uten über die Bühne geht,90 M<strong>in</strong>uten gedauert.Das Unternehmen kündigte über UnternehmenssprecherMarkus Meißnergegenüber der Lokalpresse die Prüfungjuristischer Schritte gegen dasZustandekommen e<strong>in</strong>er ersten Wahlzum Wahlvorstand an. Meißner rechtfertigtesowohl die Störmanöver beider Wahlversammlung als auch evtl.folgende juristische Schritte mit folgendenWorten:„Aufgrund zahlreicher gravierenderVerstöße seitens der Gewerkschafthaben wir begründete Zweifel an derRechtmäßigkeit der Wahl des Wahlvorstands.So wurde die Annahme weitererWahlvorschläge von der Versammlungsleitungstrikt verweigert, trotzmehrmaliger Aufforderung aus demKreis der Beschäftigten. ZahlreicheFragen der Mitarbeiter wurden ignoriert,sodass es zu Zwischenrufen kam.“Das Unternehmen behalte sich deshalbrechtliche Schritte vor, Anwälte seienbereits am Zug. Man kann die perfideStrategie wohl so zusammen fassen:Erst versucht das Management, <strong>du</strong>rchgezielte Störungen, die Versammlungim Chaos zu versenken. Dann nimmtder selbe Personenkreis dieses Chaosals Grundlage für die Anfechtung derWahl. Wir s<strong>in</strong>d gespannt, welche AnwälteMeißner und A.T.U an den Startbr<strong>in</strong>gen wird und werden weiter berichten.Die nächste Frage wäre: WerdenWahllisten an den Wahlvorstandausgehändigt, s<strong>in</strong>d diese vollständig?Oder geht die Beh<strong>in</strong>derung systematischweiter?Auslöser für die Initiative aus der Belegschaftzur BR-Grün<strong>du</strong>ng waren offenbarGerüchte, der US-amerikanischeHauptgesellschafter KKR wolleden Standort schließen oder A.T.U gargesamt verkaufen. Die IG Metall habeWer ist Arbeitsunrecht.de?Der Blog arbeitsunrecht.de wird seit März 2012 von den Publizisten Elmar Wigan<strong>du</strong>nd Werner Rügemer erstellt.Sie erforschen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Projekt, das von der Otto-Brenner-Stiftung gefördertwird, die systematische Bekämpfung von Beschäftigten, Betriebsräten undGewerkschaften <strong>in</strong> Deutschland. Die Website dient vorerst zur Dokumentationund Sammlung von Material. In unregelmäßigen Abständen werden aucheigene Beiträge zur Thematik veröffentlicht. Besonderes Augenmerk liegtauf Dienstleistern, die im H<strong>in</strong>tergrund beratend, konzeptionell oder operativtätig s<strong>in</strong>d:· Auf Arbeitsrecht spezialisierte Anwaltskanzleien+ Arbeitsrechtsabteilungen großer Rechtskonzerne· Beratungskonzerne (Consult<strong>in</strong>g-Agenturen)· PR- und Lobby-Agenturen· Detekteien, ÜberwachungsspezialistenÜber sachdienliche H<strong>in</strong>weise zu e<strong>in</strong>zelnen Fällen und Vorgängen freuen sichdie beiden Blogger immer.E<strong>in</strong>e ganze Branche liefert mittlerweile professionelle Hilfe für das H<strong>in</strong>ausdrängen vonBetriebsräten. http://www.arbeitgeber.org/Betriebsrat/dem-betriebsrat-kuendigen.htmldie Grün<strong>du</strong>ng e<strong>in</strong>es Betriebsrats fürdas A.T.U-Logistikzentrum empfohlen,„um bei e<strong>in</strong>em möglichen Inhaberwechsele<strong>in</strong>en dann notwendigen Sozialplanverhandeln zu können“, heißt es<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Pressemitteilung. Bislang gebees nur e<strong>in</strong>en Betriebsrat für die Lkw-Fahrer.A.T.U- Zentrale <strong>in</strong> Weidenmit ähnlichen KonfliktenBereits im November 2012 gab es vergleichbarenÄrger bei der A.T.U-Zentrale<strong>in</strong> Weiden. Hier war es der Geschäftsleitungansche<strong>in</strong>end gelungen,die E<strong>in</strong>richtung e<strong>in</strong>er demokratischenMitarbeitervertretung zu verh<strong>in</strong>dern.Die Lokalpresse berichtete, dass Leitungspersonensich weigerten die Versammlungzu verlassen und stattdessendie Angestellten und Arbeiter anheizten.Die Krönung: Oben zitierter PR-Sprecher Markus Meißner ließ sichdamals offenbar zum Protokollführerwählen:Sämtliche Abteilungsleiter waren vorOrt. Es entbrannte e<strong>in</strong>e Diskussion,weil leitende Angestellte laut Gesetznicht teilnehmen dürfen. Udo Fechtner,zweiter Bevollmächtigter der IG Metall,konfrontierte damit den Leiter desPersonalbüros. Dieser konterte, er seike<strong>in</strong> leitender Angestellter (mit Rechtauf E<strong>in</strong>stellung und Entlassung) undwerde den Raum nicht verlassen. Zwischenruferforderten beharrlich e<strong>in</strong>enVersammlungsleiter aus den eigenenReihen. Schließlich wurde BernhardHofmann (Leiter Qualitätsmanagement)zum Moderator ernannt, MarkusMeißner (Leiter Kommunikation) zumProtokollführer, beide ohne Gegenstimmen.Manche Besucher sprechenvon e<strong>in</strong>er „abgekarteten Inszenierung“.Die Wahl zum Wahlvorstand g<strong>in</strong>g damals<strong>in</strong> die Hose. Das Unternehmen Betriebsratwar vorerst gestorben. Die IGMetall prüft dort, ob e<strong>in</strong> Wahlvorstandper Gericht e<strong>in</strong>gesetzt werden kann.KKR – E<strong>in</strong> aggressiverF<strong>in</strong>anz<strong>in</strong>vestor als EigentümerDas Onl<strong>in</strong>e-Portal Oberpfalz.netbrachte damals <strong>in</strong>teressante H<strong>in</strong>tergrund-Informationenüber die Strategievon KKR, e<strong>in</strong>er weltbekannten Investmentfirma(aka Heuschrecke):In der Tat steht A.T.U vor e<strong>in</strong>er heiklenSituation: „Unsere Bonds laufenab“, bestätigt Meißner. 2014 werdendrei A.T.U-Anleihenüber 600 MillionenEuro fällig.Diese Schuldenmüssen ref<strong>in</strong>anziertwerden. Laut Medienberichtenhat dieUS-BeteiligungsfirmaKohlberg KravisRoberts & Co e<strong>in</strong>eUS-Großbank beauftragt,die Möglichkeitenfür A.T.U am F<strong>in</strong>anzmarktzu prüfen.Denkbar ist e<strong>in</strong> Verkaufoder eben dieUmschul<strong>du</strong>ng.Die NachrichtenagenturBloomberghatte zuvor vermeldet,dass KKR dieGroßbank JP Morganmit der Sondierungvon Verkaufsoptionenbeauftragt habe.Auto-Teile-Ungerseit Verkaufauf KrisenkursA.T.U ist seit Jahrenauf Schl<strong>in</strong>gerkurs.Das Engagementdes F<strong>in</strong>anz<strong>in</strong>vestorsKKR hat die Sachlage– laut Spiegel vomSeptember 2009 –auch nicht eben verbessert.KKR hattedas Unternehmen2004 mehrheitlichübernommen und –wie <strong>in</strong> der Brancheüblich – die Kredite für die Übernahmeauf dem Unternehmen abgeladen: 1,34Milliarden Euro, die nicht zuletzt <strong>du</strong>rchE<strong>in</strong>sparungen und Arbeitsverdichtungetc. e<strong>in</strong>gespart bzw. von den Angestelltenerwirtschaftet werden <strong>musst</strong>en.Seither war jedoch wenig von Transparenzund Verantwortung zu spüren,umso mehr aber von Entlassungen, Arbeitsdruckund Verkaufsvorgaben.Das e<strong>in</strong>st florierende Unternehmen,das 1985 vom Branchenpionier PeterUnger gegründet worden war, ist <strong>in</strong>zwischenschwer angeschlagen. DieRat<strong>in</strong>gagentur Standard & Poor‘s stufteA.T.U b<strong>in</strong>nen Jahren so drastischherunter wie kaum e<strong>in</strong> anderes Unternehmen<strong>in</strong> dieser Zeit – von B+ aufRamschstatus CCC.KKR hat <strong>in</strong> der Branche den Ruf, sichweit stärker <strong>in</strong>s Geschäft se<strong>in</strong>er Beteiligungene<strong>in</strong>zumischen als andere Investoren.Die Wachstumspläne für A.T.Us<strong>in</strong>d ambitioniert, fast 50 neue Filialenkamen seit 2000 jährlich h<strong>in</strong>zu, dasschaffte auch neue Arbeitsplätze.Doch die Expansionsstrategie wechselteständig, zwei Geschäftsführer sowiezahlreiche regionale Führungskräfte<strong>musst</strong>en bereits gehen. Zusätzlich gabKKR die Schulden der Übernahmevon 1,34 Milliarden Euro an A.T.Uweiter, sie s<strong>in</strong>d bis heute erst zur Hälfteabgebaut.Die FAZ berichtete 2008 von e<strong>in</strong>emKurse<strong>in</strong>bruch bei A.T.U. um 40 Prozent.Der ehemalige Besitzer spürtedavon nichts mehr. Er hatte sich erfolgreichabgeseilt:A.T.U-Gründer Peter Unger verkauftedie nach ihm benannte Werkstatt- undAutozubehör-Handelskette bereits zurJahresmitte 2002 an den F<strong>in</strong>anz<strong>in</strong>vestorDoughty Hanson und wird seitdemvon Wirtschaftsblättern auf der Listeder superreichen Deutschen geführt.Fazit: Die Namen Markus Meißner (Inhouse-UnionBust<strong>in</strong>g) und KKR (aggressiveInvestment-Strategien) solltenwir uns möglicherweise merken. MarkusMeißner studierte laut kfz-betriebonl<strong>in</strong>ean der Universität Regensburgund der University of Colorado (USA).Er ist seit 1. April 2009 im Job und fürbereits vorher für die europaweite <strong>in</strong>terneKommunikation von A.T.U zuständiggewesen. Ob er <strong>in</strong> Coloradobesondere Qualifikationen als UnionBuster erworben hat, ist unbekannt.Quelle: www.arbeitsunrecht.deVorsicht Union Bust<strong>in</strong>g!In Deutschland s<strong>in</strong>d Netzwerke ausAnwälten, Unternehmensberatern,Personalmanagern und Detektivenaktiv.Ihr Ziel ist es unabhängige Organisierungvon Arbeitern und Angestelltenzu verh<strong>in</strong>dern. Sie wenden sichgegen E<strong>in</strong>zelne wie gegen ganze Belegschaften.Was ist Union Bust<strong>in</strong>g?Der Begriff „Union Bust<strong>in</strong>g“ kommtaus dem Amerikanischen. Esheißt wörtlich: „Gewerkschaftenplattmachen“ . Union Bust<strong>in</strong>g richtetsich <strong>in</strong> Deutschland auch gegenBetriebsräte, Vertrauensleute, kritischeArbeiter_<strong>in</strong>nen und präventivauch gegen Organisierung unter Kollegen,die erst im Entstehen begriffenist.In den USA ist das Union Bust<strong>in</strong>goder auch Union Avoidance (Gewerkschaftsvermei<strong>du</strong>ng)e<strong>in</strong>e eigenständigemilliardenschwere In<strong>du</strong>strie. Ine<strong>in</strong>er neutraleren Form nennt sie sich„Labor Relations Consult<strong>in</strong>g“ (Beratungfür Arbeitsbeziehungen).In Deutschland ist seit etwa 2001 e<strong>in</strong>Geflecht aus e<strong>in</strong>schlägigen Netzwerkenentstanden, <strong>in</strong> dem sich folgendeAkteure <strong>in</strong>tensiv über bewährte Methodenzur Gewerkschafts- und Betriebsratsvermei<strong>du</strong>ngaustauschen:Unternehmensberater, Rechtsanwälte,Personalabteilungen (HumanRessources), Detekteien, Leiharbeitsfirmen,Th<strong>in</strong>k-tanks und „wissenschaftliche“Institute. Wer nach denGründen für die feststellbare Verrohung<strong>in</strong> deutschen Arbeitsverhältnissenfragt, sollte sich diese Netzwerkeund ihre Protagonisten genaueransehen.Wir def<strong>in</strong>ieren Union Bust<strong>in</strong>g wiefolgt:Union Bust<strong>in</strong>g ist die gezielte Anwen<strong>du</strong>ngund mo<strong>du</strong>lare Komb<strong>in</strong>ationvon Praktiken, die geeignet s<strong>in</strong>d,arbeitgeberunabhängige Organisierungund Interessenvertretung <strong>in</strong>e<strong>in</strong>em Betrieb, e<strong>in</strong>er Branche, e<strong>in</strong>erGesellschaft zu zerschlagen, auszuhebelnoder im Entstehen zu be- undverh<strong>in</strong>dern.Union Bust<strong>in</strong>g wird sowohl betrieben,um den erreichten Status quoan Kollektivität, Mitbestimmung undArbeitsrechten anzugreifen wie auchOrganisierungsbemühungen von Beschäftigtenmöglichst im Keim zu ersticken.Zum Union Bust<strong>in</strong>g gehören im weiterenS<strong>in</strong>ne Methoden der Stimmungsmache,der Bee<strong>in</strong>flussung vonGesetzgebung, Strafverfolgung undRechtsprechung sowie der Etablierungvon Überzeugungssystem undVerhaltensmustern. Ziel der Anstrengungenist die größtmögliche unternehmerischeGestaltungsfreiheit beider Nutzung menschlicher Arbeit.


unsere zeitAntifaschismusGedenken an den Tag der MachtübertragungVielzahl von Veranstaltung im gesamten BundesgebietFreitag, 8. Februar 2013 13Hanau: <strong>DKP</strong> er<strong>in</strong>nert an die Rolleder Banken und KonzerneIn Bochum (Bild l<strong>in</strong>ks oben) wurde am 30. Januar mit e<strong>in</strong>er Mahnwache an selbiges Datum vor 80 Jahrener<strong>in</strong>nert. 1933 wurde Adolf Hitler zum Re.ichskanzler ernannt. Veranstaltet wurde die Mahnwache von derVere<strong>in</strong>igung der Verfolgten des Naziregimes <strong>in</strong> Bochum. Vor dem Gebäude der ehemaligen Westfalenbank gabes e<strong>in</strong>en stillen Protest mit Plakaten und Handzetteln. Im Bankgebäude saß damals die Gauleitung der NSDAP.Gedenken <strong>in</strong> Dormagen (Bild oben rechts): Nur vier Tage, nachdem Reichspräsident Paul von H<strong>in</strong>denburg dieMacht im Deutschen Reich an Adolf Hitler übertragen hatte, starb der KPD-Ratsherr Ernst Junghans am 4. Februar1933. Erik Lierenfeld, 2. Stellvertretender Bürgermeister (SPD), Uwe Schunder, Vorsitzender des Partnerschaftsvere<strong>in</strong>sKiryat Ono, Peter Herrmann, Enkel von Ernst Junghans, und Uwe Koopmann, der als Lehrer dieÜbernahme der Patenschaft für den „Stolperste<strong>in</strong>“ <strong>du</strong>rch die Dormagner Bertha-von-Suttner-Gesamtschule<strong>in</strong>itiiert hatte, luden zu e<strong>in</strong>em Gedenken e<strong>in</strong>.Am vorigen Samstag führte die <strong>DKP</strong>Ma<strong>in</strong>-K<strong>in</strong>zig e<strong>in</strong>e Mahn- und Gedenkaktionaus Anlass der Machtübertragungan die Nazis <strong>du</strong>rch. Vor der ehemaligenGestapo-Folterstätte am Fronhof<strong>in</strong> der Hanauer Innenstadt fandensich Kommunisten, Gewerkschafter,Mitglieder der Partei „Die L<strong>in</strong>ke“ und<strong>in</strong>teressierte Bürger e<strong>in</strong>. Die <strong>DKP</strong> er<strong>in</strong>nertedaran, wie der Faschismus mitHilfe von Großkonzernen und Bankenan die Macht geschoben wurde. Außerdemwurde dem mutigen, antifaschistischenWiderstand <strong>in</strong> Hanau und Umgebungaus verschiedenen politischenund sozialen Umfeldern gedacht. E<strong>in</strong>dr<strong>in</strong>glichwandten sich die Teilnehmergegen neonazistische Umtriebe undgegen deren vielseitige Unterstützungund Verh<strong>arm</strong>losung <strong>du</strong>rch staatlicheStellen, wie Geheimdienste, Polizeiund Justiz.Bee<strong>in</strong>druckende Aktion <strong>in</strong> Möss<strong>in</strong>genNie wieder <strong>…</strong>Rund 1 200 TeilnehmerInnen aus derweiteren Region gedachten am vergangenenSamstag des e<strong>in</strong>zigen Generalstreiksgegen Hitler am 31. Januar 1933.Aufgerufen hatten außer VVN-BdAdie regionalen Gewerkschaftsverbände,außerdem <strong>DKP</strong> und SDAJ, die Partei„Die L<strong>in</strong>ke“ und selbst die regionaleSPD (die UZ berichtete).Als Redner sprachen unser Genosseund langjähriger Stadtrat <strong>in</strong> Tüb<strong>in</strong>gen,Gerhard Bialas, für die VVN-BdA undder DGB-Landesvorsitzender NicoLandgraf. Der bekannte ArbeitsrechtlerProf. Däubler führte überzeugendaus, dass es s<strong>in</strong>nlos wäre, den politischenStreik von den Herrschendenrechtlich e<strong>in</strong>zufordern, sondern dasser, wie <strong>in</strong> Möss<strong>in</strong>gen damals oder heutez. B. <strong>in</strong> Spanien e<strong>in</strong>fach <strong>in</strong> Anspruchgenommen werden muss. Sehr berührendwar der Beitrag der Tochter e<strong>in</strong>esverstorbenen Generalstreik-Teilnehmers,die von Diffamierungen im Ort,aber auch von der Widerständigkeitund dem persönlichen Mut der Beteiligtensprach. Den Schluss bildetendrei junge Antifaschisten, die leidenschaftlichden Zusammenhang zwischenKapitalismus und Faschismusaufzeigten und die Notwendigkeit desheutigen Kampfs gegen die Nazis betonten.Alles <strong>in</strong> allem e<strong>in</strong>e sehr gute Aktion.Das Gesamtbild war vielfältig vonTransparenten und Fahnen u. a. derVVN-BdA, der IG-Metall, von ver.di,der GEW, von antifaschistischen Gruppenund von politischen Parteien geprägt.Unsere Partei und die SDAJ kamenauch optisch und akustisch <strong>du</strong>rche<strong>in</strong> Transparent zum politischen Massenstreik,Fahnen, Schilder und Sprechchörezur Geltung.Text und Foto: Klaus MausnerHeideruh-Geschichte aufgearbeitetOrt der Verfolgten, des Widerstandes und der ErholungProf. Dr. phil. Oliver Rump erforschtemit StudentInnen der FHTW Berl<strong>in</strong>die Geschichte des eher beschaulichwirkenden Anwesens der AntifaschistischenErholungs- und Begegnungsstätte„Heideruh“. Das Ergebnis der jahrelangenForschung präsentierten sie nun zurGedenkveranstaltung der Stadt Buchholzzum Gedenktag für die Opfer desNS-Regimes.UZ: Wie s<strong>in</strong>d Sie zu dem Thema gekommen?Oliver Rump: 2001 b<strong>in</strong> ich aus Hamburg<strong>in</strong>s nördliche Niedersachsen gezogen,die Gegend ist <strong>du</strong>rch Tostedteher als braun bekannt. Als Historikerund Sammler habe ich erst e<strong>in</strong>mal alleverfügbaren Postkarten aus der neuenHeimat gesammelt. 200 Stück nuraus Holm-Seppensen, rund 15 über e<strong>in</strong>„Wohn- und Ferienheim Heideruh“.Diese Bezeichnung ist <strong>in</strong>mitten vonPensionen und Gasthäusern eher ungewöhnlich,sodass ich schnell neugierigwurde. Ich fuhr mit dem Fahrradauf e<strong>in</strong> abgelegenes Waldgrundstück,um dieses „Heideruh“ zu suchen undtraf Helmut, den damaligen Geschäftsführer.Er war mir gleich sympathischund machte mich noch neugieriger. Ichfühlte mich zurückversetzt <strong>in</strong> die Solidarität,Gleichheit und Freundschafte<strong>in</strong>er Gesellschaft, wie ich sie mir wünscheund zuletzt <strong>in</strong> der DDR erleben<strong>du</strong>rfte.E<strong>in</strong> paar Stichworte und ich war wachgeworden für e<strong>in</strong> neues Forschungsfeld:„Heideruh“ als Ort politisch Verfolgterund kommunistischen Widerstands<strong>in</strong> Deutschland, seit wann und wie? InBerl<strong>in</strong> an me<strong>in</strong>er Hochschule fand ichfünf StudentInnen, die mit mir zuerste<strong>in</strong>mal prüften, ob das Thema wirklichgenug Stoff bot.UZ: Wie ist das Forschungsvorhabengelaufen?Oliver Rump: Unser Kollektiv hat allehistorischen Zeugnisse <strong>in</strong> der weitläufigenAnlage von „Heideruh“ zusammengeholt:Bücher, Dokumente, Karten,Pläne, Fotos, Filme, historischeObjekte. Wir haben diese gesichtet,sortiert, ausgewertet, digital erfasstund archivgerecht e<strong>in</strong>gelagert. Dannhaben wir die spärliche Literatur zu„Heideruh“ gelesen und s<strong>in</strong>d allenH<strong>in</strong>weisen auf Quellen <strong>in</strong> Archivenim Landkreis Harburg, Hamburg undBerl<strong>in</strong> nachgegangen. Außerdem habenwir mit ZeitzeugInnen zahlreicheInterviews geführt.Im Ergebnis konnte wir e<strong>in</strong>e Chronikvon „Heideruh“ erstellen und das Lebenund Arbeiten <strong>in</strong> „Heideruh“ elfhistorischen Phasen zuordnen (z. B.Widerstandsnest, FDJ-Schulungsheim,K<strong>in</strong>derheim, Genossenschaft <strong>…</strong>). Imnächsten Schritt gestalteten wir e<strong>in</strong>igeGästezimmer <strong>in</strong> „Heideruh“ alsThemenzimmer. Wir gaben ihnen Namenund bemalten jeweils e<strong>in</strong>e Wandmit dem dazu passenden Symbol derPhase. Dazu versahen wir die Zimmermit Informationen. Anlässlich des27.01.2013, dem Holocaust-Gedenktagauch <strong>in</strong> Buchholz i. d. N., <strong>du</strong>rften wir <strong>in</strong>der Stadtbücherei e<strong>in</strong>e Ausstellung zeigenund konnten e<strong>in</strong>e begleitende Publikationpräsentieren.UZ: Was folgt nun nach dem 27.01.2013?Oliver Rump: Die Forschungen konntenden e<strong>in</strong>maligen Wert von „Heideruh“<strong>in</strong> der deutschen Geschichtenachweisen, sodass es nun konsequentwäre, die Anlage von „Heideruh“ quasials lebendigen Gedenkort zu würdigenund <strong>du</strong>rch f<strong>in</strong>anzielle Unterstützungdauerhaft zu erhalten. „Heideruh“ sollke<strong>in</strong> Museum werden, es wird ja nochwie schon seit neunzig Jahren weiterh<strong>in</strong>als Antifaschistische Erholungs- undBegegnungsstätte gebraucht.Das Außengelände von „Heideruh“würden wir gerne mit wetterfesten H<strong>in</strong>weistafelnausstatten, allgeme<strong>in</strong> begehbarund damit auch se<strong>in</strong>e Geschichteerlebbar machen. E<strong>in</strong> Flyer mit Rundgangsoll dann kostenlos allen Besuchernvor Ort den E<strong>in</strong>stieg <strong>in</strong> die Geschichtevon „Heideruh“ erleichtern.Dafür suchen wir aber noch F<strong>in</strong>anzierungsquellen.Es ist noch viel zu tun, aber ich freuemich darauf!Mit Prof. Oliver Rump sprach Karl-He<strong>in</strong>z Sabelleck für die UZ.(Dokumentation „Heideruh – Verfolgungund Widerstand“ , ISBN 987–3-00–040 914-1, 5,00 Euro)Unter dieser Überschrift fand am 30. Januar,dem 80sten Jahrestag der Machtübertragungan Hitler <strong>du</strong>rch H<strong>in</strong>denburg,e<strong>in</strong>e Gedenkveranstaltung für dieOpfer und Verfolgten des Naziregimes<strong>in</strong> Elmshorn statt. Sieben Schulen ausElmshorn gestalteten <strong>du</strong>rch darstellendesSpiel, Lesungen, szenisches Theater,musikalische Beiträge und die Aufführungvon zwei Szenen das Programm.Zum Abschluss wurde das Thema:„Neonazis – der aktuelle Rechtsextremismusals tägliche Herausforderung“e<strong>in</strong>drucksvoll dargestellt. Insgesamtbeteiligten sich 119 Schüler<strong>in</strong>nen undSchüler, sowie 13 Lehrer<strong>in</strong>nen und Lehrerund andere Mitwirkende.Es ist geschafft!Gedenkste<strong>in</strong> für ZiegenhalsDer Saalbau war gut gefüllt, das Programmwurde mit großer Aufmerksamkeitund viel Beifall aufgenommen. Dieszenische Darstellung zu Anne FranksLeben und Leiden berührte sichtlich:Man hätte die berühmte Stecknadelbeim Fallen auf den Boden hören können.Veranstalter war die Stadt Elmshornunter Mitwirkung der AG Stolperste<strong>in</strong>e.Auch das Motto dieser Veranstaltung„Der Schwur von Buchenwaldvom 19. April 1945“, macht deutlich,dass auch diese Veranstaltung e<strong>in</strong> Beitragwar, das antifaschistische Klima <strong>in</strong>der Stadt weiterzuentwickeln.Am Sonntag, 10. Februar, f<strong>in</strong>det <strong>in</strong> Ziegenhalse<strong>in</strong>e Veranstaltung anlässlichder beiden Jubiläen der „ZiegenhalserTagung“ 1933 und der Eröffnungder Ernst-Thälmann-Gedenkstätte vor60 Jahren statt. Dazu laden das Aktionsbündnis„Gedenkste<strong>in</strong> Ziegenhals“und der Freundeskreis Ernst-Thälmann-Gedenkstätte e. V. Ziegenhals e<strong>in</strong>.Die Veranstaltung beg<strong>in</strong>nt mit derE<strong>in</strong>weihung des Gedenkste<strong>in</strong>s. Diesersteht gegenüber der 2010 abgerissenenGedenkstätte und trägt die Aufschrift:„7. Februar 1933. Illegale Tagungder Kommunistischen Partei Deutschlandsim Sporthaus Ziegenhals unterder Leitung ihres Vorsitzenden ErnstThälmann. Beg<strong>in</strong>n des organisiertenWiderstandes gegen die Herrschaft desFaschismus“ .Bereits mehrere Jahre zuvor gab es Bestrebungen,e<strong>in</strong>en Gedenkste<strong>in</strong> an dieserStelle zu errichten, der an die Tagungder KPD unter der Leitung ErnstThälmanns an diesem Ort Anfang Februar1933 und den Beg<strong>in</strong>n des organisiertenantifaschistischen Widerstandesgegen die faschistische Herrschaft<strong>in</strong> Deutschland er<strong>in</strong>nern soll. Damitsollte jedoch der Anspruch, die Gedenkstättee<strong>in</strong>es Tages wiederzuerrichten,nicht aufgegeben werden.Die Partei „Die L<strong>in</strong>ke“ brachte <strong>in</strong> derStadtverordnetenversammlung vonKönigs Wusterhausen (KW) diesen –auch mit anderen, so der <strong>DKP</strong>, lange zuvordiskutierten und abgestimmten –Vorschlag e<strong>in</strong> (siehe UZ vom 6.4.2012,S. 7).Daraufh<strong>in</strong> nahm man die Sache <strong>in</strong> dieeigenen Hände. Im vergangenen Jahrgründete sich <strong>in</strong> Königs Wusterhausene<strong>in</strong> Aktionsbündnis, dem neben derPartei „Die L<strong>in</strong>ke“ , anderen Organisationenund Zusammenschlüssen auchdie <strong>DKP</strong> angehört. E<strong>in</strong>e Spendensammlungwurde <strong>in</strong>itiiert und war – weitüber das Land Brandenburg h<strong>in</strong>aus – erfolgreich.Spenden wurden unter anderemauch während des KSCM-Treffens<strong>in</strong> Kunetická Hora gesammelt.Am Sonntag um 10 Uhr 30 beg<strong>in</strong>nt dieVeranstaltung mit der E<strong>in</strong>weihung desGedenkste<strong>in</strong>s.Es sprechen Leo Kuntz (LAG Buchenwald/Dora,Sohn des Teilnehmers ander illegalen Tagung Albert Kuntz), e<strong>in</strong>Vertreter oder e<strong>in</strong>e Vertreter<strong>in</strong> der Partei„Die L<strong>in</strong>ke“ , e<strong>in</strong> Vertreter der KSCM,e<strong>in</strong>e Vertreter<strong>in</strong> der <strong>DKP</strong>.Danach übernimmt der FreundeskreisErnst-Thälmann-Gedenkstätte e. V. dieweitere Regie.nh


unsere zeitDiskussionstribüne / Term<strong>in</strong>e / ImpressumFreitag, 8. Februar 2013 15<strong>DKP</strong> Kreis Düsseldorf:E<strong>in</strong> Arbeitspapier, das es unserlaubt, selbstbewusst <strong>in</strong>die Kämpfe e<strong>in</strong>zugreifen(<strong>…</strong>) Zunächst e<strong>in</strong>mal halten wir dasZiel des Parteivorstandes für richtig,e<strong>in</strong>e Antwort auf die Krise zu gebenund diese nach außen zu artikulieren.Dies kann auch zur Bil<strong>du</strong>ng und/oderSchärfung von Klassenbewusstse<strong>in</strong> beitragen.(<strong>…</strong>) Der <strong>in</strong>nere Zwist <strong>in</strong>teressiertdie Arbeitsleute nicht; er langweiltund nervt sie, auch <strong>in</strong> der UZ! (<strong>…</strong>)Im Folgenden setzen sich die DüsseldorferGenoss<strong>in</strong>nen und Genossen unteranderem mit e<strong>in</strong>igen Kritiken amParteivorstandsbeschluss ause<strong>in</strong>ander.Hier e<strong>in</strong>ige wenige Ausschnitte aus derStellungnahme:(<strong>…</strong>) Bereits der Epilog (des PV-Antrags– d. Redaktion) stellt e<strong>in</strong>e Momentaufnahmedes Widerstands mitBlick von unten dar. Was s<strong>in</strong>d Betriebsbesetzungen,Kämpfe gegen die Lastenabwälzungund Streiks, bei denenimmer häufiger die Eigentumsfrage gestelltund der Kapitalismus angegriffenwird, anderes als Klassenkämpfe? Undals Programmzitat heißt es <strong>in</strong> der Bilanzausdrücklich, dass die europäischeIntegration e<strong>in</strong> Feld des Klassenkampfesbleibe.Der deutsche Imperialismus <strong>in</strong> der Offensivewürde nicht als Hauptgegnerangesehen, es fehle an e<strong>in</strong>er präzisenE<strong>in</strong>schätzung se<strong>in</strong>er Rolle. Tatsächlichheißt es im Antrag wörtlich: „Das imperialistischeDeutschland“ sei „,Vorreiter‘dieser reaktionären Politik“ (<strong>…</strong>).E<strong>in</strong>ige Absätze später im Antrag wirddie Rolle der BRD dann detailliert beschrieben(Agendapolitik, Exportorientierung,Fiskalpakt, Rettungsschirm,Wirtschaftsmacht). Vielmehr sei dieEU e<strong>in</strong> Instrument <strong>in</strong> den Händen desdeutschen Imperialismus oder se<strong>in</strong>erInteressen, wie es Patrik Köbele formuliert,um <strong>du</strong>rch E<strong>in</strong>b<strong>in</strong><strong>du</strong>ng oderdie Verbreitung von Illusionen se<strong>in</strong>eVorherrschaft <strong>in</strong> der EU ausbauen zukönnen. Aber genau das steht (<strong>…</strong>) <strong>in</strong>dem Antrag.Die Überbetonung des transnationalen(F<strong>in</strong>anz-)Kapitals lenke vom Hauptgegnerab. Die Darstellung der spezifischenKapitalentwicklung seit derNiederlage des Realsozialismus habeaber Bestandteil der Analyse zu se<strong>in</strong>.Der dialektische Prozess wird <strong>in</strong> e<strong>in</strong>emweiteren Programmzitat (des Antrags -d. Redaktion) deutlich: Europa sei derMacht des transnationalen Kapitals unterworfen,„ohne dass die widerstreitendenInteressen der transnationalenund nationalen Bourgeoisien aufgehoben“würden. Soweit kritisiert wird,dass die Enteignungsforderungen nichtweit genug g<strong>in</strong>gen, haben wir nichts dagegen,die Großkonzerne h<strong>in</strong>zuzusetzen,wie es <strong>in</strong> dem AktionsorientiertenForderungsprogramm des letzten Parteitagesder Fall war. (<strong>…</strong>) Die Enteig-nung der Energiekonzerne ist ohneh<strong>in</strong>im Forderungskatalog vorgesehen. (<strong>…</strong>)Bemängelt wird des weiteren, die Arbeiter<strong>in</strong>nen-und Arbeiterklasse würdezwar als die objektiv entscheidendeKraft angesehen, der subjektive Faktorjedoch vernachlässigt. Auch dieseKritik vermögen wir nicht zu teilen: Indem Abschnitt zur Formation der Gegenkräftewerden die Ursachen für dieResignation, also warum sich die Klasse<strong>in</strong> den Abwehrkämpfen nicht zurführenden entwickle (was wir überdiesbezweifeln, denn es dürften im wesentlichenschon die Lohnabhängigen – <strong>in</strong>ihrer ganzen Differenziertheit – se<strong>in</strong>,von denen die Kämpfe getragen werden),deutlich benannt: Differenzierungund Spaltung, e<strong>in</strong>e fehlende kollektivesozialistische Perspektive (ke<strong>in</strong>geme<strong>in</strong>sames Zukunftsprojekt) sowiedas Konfrontiertse<strong>in</strong> mit e<strong>in</strong>er Politikdes „Teile und Herrsche“. (<strong>…</strong>)Ferner wird kritisiert, die Hauptaufgabeder Partei, nämlich Klassenbewusstse<strong>in</strong>zu transportieren, sei nicht deutlichgenug formuliert. Doch die Erkenntnissedes wissenschaftlichen Sozialismus<strong>in</strong> die Klassenkämpfe „e<strong>in</strong>zubr<strong>in</strong>gen“(Die Aufgaben der <strong>DKP</strong> <strong>in</strong> den heutigenKämpfen), halten wir nicht fürmissverständlich, ebenso wenig „fürdie Bil<strong>du</strong>ng von Klassenbewusstse<strong>in</strong>“zu wirken (ebendort), Solidarität vorzuleben(Z. 344), „Wissen als Kommunist<strong>in</strong>nenund Kommunisten“ zu „verbreiten“und zu „vermitteln“. In diesenAuse<strong>in</strong>andersetzungen wächst Klassenbewusstse<strong>in</strong><strong>du</strong>rch uns, aber eben auchnur, wenn wir die Beschäftigung mituns selbst beenden und uns der Handlungsorientierunggemäß da draußenals e<strong>in</strong>ige Partei darstellen. Das h<strong>in</strong>dertuns nicht, die von Patrik Köbele<strong>in</strong> dessen organisationspolitischemReferat aufgeführten fünf Streitfragen(Verhältnis zu Bruder- und Schwesternparteiensowie zur ELP, Rolle derNationalstaaten, Bündnispolitik undGewerkschaft) weiter zu disputieren.Nur sollten wir dies für uns klären undnicht <strong>in</strong> dem Agitationspapier für unsereund mit unseren Adressat<strong>in</strong>nen undAdressaten. (<strong>…</strong>)Dass Analyse und daraus abzuleitendeAufgaben fehlten, können wir ebensowenig bestätigen: Die ersten zwei Teiledes Antrages bilden die Analyse (Bilanzder Krisenjahre und Formationder Gegenkräfte), die beiden letzterendie Handlungsorientierung (Aufgabender <strong>DKP</strong> sowie die dr<strong>in</strong>gendsten Forderungen).Gegen qualifizierende Änderungs-oder Ergänzungsanträge habenwir selbstredend nichts e<strong>in</strong>zuwenden.(<strong>…</strong>)(<strong>…</strong>) Wir begrüßen e<strong>in</strong> nach außen e<strong>in</strong>igwirkendes Arbeitspapier, das es uns erlaubt,<strong>in</strong> die Abwehrkämpfe der Kriseselbstbewusst als Kommunist<strong>in</strong>nen undKommunisten e<strong>in</strong>zugreifen.(Stark gekürzt – die vollständige Fassungsiehe www.kommunisten.de)<strong>DKP</strong> Karlsruhe:Die Staatsschulden demKapital anlastenDer Bezirk Baden-Württemberg hatden Antrag „Die Staatsschulden demKapital anlasten“ an den Parteitag gestellt.Worum geht es?Die Gesellschaften stehen heute an e<strong>in</strong>emWendepunkt. Der Imperialismusschickt sich an, unter Instrumentalisierungder von ihm selbst hervorgebrachtenKrise alle destruktiven Widersprüche<strong>in</strong> historisch e<strong>in</strong>maliger Weise zuzuspitzen.Um der politischen Praxis der <strong>DKP</strong> <strong>in</strong>Zeiten der Krise e<strong>in</strong> wissenschaftlichesFundament zu geben, muss der Parteitage<strong>in</strong>e Analyse der Krise vom Standpunktdes wissenschaftlichen Sozialismuserarbeiten.Die <strong>DKP</strong> hat bisher noch ke<strong>in</strong>e Krisenanalysevorgelegt, die über die Begrifflichkeitder „Übergangs- oder GroßenKrise“ h<strong>in</strong>ausgeht (vgl. Politische Resolution).Die unabd<strong>in</strong>gbare Voraussetzungaber, die aktuelle Gegenpositionder Arbeiterklasse zu schärfen, ist diewissenschaftliche Analyse. Es ist daherhöchste Zeit, dass der Parteitag dieFrage nach dem Wesen der Krise zum<strong>in</strong>dest<strong>in</strong> groben Zügen beantwortet.Dies ist e<strong>in</strong>e dr<strong>in</strong>gende Schlüsselaufgabe,die es zu bewältigen gilt.Der Antrag „Die Staatsschulden demKapital anlasten“ bietet e<strong>in</strong>e möglicheAnalyse der Krise an und stellt sie zurDiskussion. Nach e<strong>in</strong>er allgeme<strong>in</strong>enCharakterisierung der Krise als Überpro<strong>du</strong>ktions-und Überakkumulationskrisewird der Versuch unternommen,die Rolle der Staatsverschul<strong>du</strong>ng alsihr dom<strong>in</strong>antes Merkmal herauszuarbeiten.Nachdem die Staatsverschul<strong>du</strong>nghistorisch als progressives Mittelzur Generierung von Reichtum entstandenist, und als solches z. B. im Verlaufder Krisen der 1970er Jahre Teilder bürgerlichen Lösungsstrategie war,verwandelt sie sich im Zuge der gegenwärtigenKrise <strong>in</strong> e<strong>in</strong> brachiales Repressions<strong>in</strong>strumentzur Unterdrückung derArbeiterklasse und der überwiegendenMehrheit der Bevölkerung. Dieser qualitativeUmschlag im Wesen der Staatsverschul<strong>du</strong>nghebt den allgeme<strong>in</strong>enVerfaulungsprozess des Kapitalismus,der mit se<strong>in</strong>em imperialistischen Stadiume<strong>in</strong>setzte, auf e<strong>in</strong> höheres Niveau.Dies führt zu fundamentalen Umbrüchenan der Basis, im Überbau und imVerhältnis der beiden Momente zue<strong>in</strong>ander.Damit wird die E<strong>in</strong>schätzungder Politischen Resolution des 19. PTauf e<strong>in</strong>e wissenschaftliche Basis gestellt,wonach „Umbrüche <strong>in</strong> den gesellschaftlichenVerhältnissen – den Formen derPro<strong>du</strong>ktion, der Machtausübung desKapitals, im Verhältnis zwischen Kapitalund Arbeit, im <strong>in</strong>ternationalen Kräfteverhältnis,usw. – vor sich gehen“. DieBesonderheit der aktuellen Krise wird<strong>in</strong> der besonderen Rolle der Staatsverschul<strong>du</strong>ngausgemacht.FR H 8. FebSchwe<strong>in</strong>furt: Gruppenabend der <strong>DKP</strong>Schwe<strong>in</strong>furt – Haßberge mit Gerald Müller,Vorsitzender der RotFuchs-RegionalgruppeSuhl. DFG-VK-Büro, Gabelsbergerstraße 1,19.00 Uhr.SA H 9. FebKrefeld: Infostand der <strong>DKP</strong> zum Thema„Arbeitszeitverkürzung“. Neumarkt,10.30 Uhr.SO H 10. FebHamburg: „Me<strong>in</strong>e Tante Annusch“. Lesunge<strong>in</strong>er Angehörigen e<strong>in</strong>es Euthanasie-Opferszur Spurensuche. Gedenkstätte „ErnstThälmann“, Tarpenbekstraße 66, EckeErnst-Thälmann-Platz, 11.00 Uhr.Dortmund: Spielenachmittag der <strong>DKP</strong> imZ, Oesterholzstraße 27, 15.00 Uhr.MO H 11. FebHannover: Fehlende Krippenplätze, drohendeAlters<strong>arm</strong>ut, Gender Pay Gap undweitere Herrenwitze. Vortrag und Diskussionzur Situation der Frauen <strong>in</strong> unserer Republikund zu unserem Frauenbild. Veranstaltungder <strong>DKP</strong>-Gruppe Hannover-L<strong>in</strong>den.Freizeitheim L<strong>in</strong>den,19,30 Uhr.DI H 12. FebBremen: „Man glaubte 1933 nicht an zwölfJahre Hitler-Diktatur.“ Veranstaltung vonDGB, IGM, MASCH, VVN-BdA u. a. zu demThema „Bremer Frauen im Widerstand“.Die Repression <strong>du</strong>rch die Staatsschulden(Schuldenbremse, Sparprogramme,usw.) trifft dabei die Angehörigender Arbeiterklasse am heftigsten,wirkt sich aber auch auf die ArbeitsundLebensverhältnisse der anderengesellschaftlichen Klassen und Schichtenaus. Das unmittelbare Erleben derRepression <strong>du</strong>rch die Staatsschuldensoll dem Antrag zufolge Anhaltspunktse<strong>in</strong>, den Widerstand zu forcieren. DerKampf der Gegenkräfte soll auf diesenPunkt konzentriert werden. Dies ist dieterm<strong>in</strong>e@unsere-zeit.deDGB-Haus Bremen, 17.00 Uhr.SA H 16. FebRe<strong>in</strong>heim: „S<strong>in</strong>gen , das geht so – Liederund Geschichten aus unterschiedlichenKulturen und Zeiten“ – Fredrik Vahle mitGruppe für „Junggebliebene und Fans“.„Zum Kühlen Grund“, He<strong>in</strong>richstraße,20.00 Uhr.Krefeld: Infostand der <strong>DKP</strong> zum Thema„Arbeitszeitverkürzung“. Neumarkt,10.30 Uhr.SO H 17. FebRe<strong>in</strong>heim: Großes K<strong>in</strong>der-Sitzkissenkonzertder <strong>DKP</strong> mit Fredrik Vahle. „Zum KühlenGrund“, He<strong>in</strong>richstraße, 11.00 Uhr.D<strong>in</strong>slaken: „Pflegenotstand – DüstereZukunft für Pflegende und Gepflegte“,Diskussionsveranstaltung der <strong>DKP</strong> KreisWesel/Kleve mit Irmgard Bobrzik, <strong>DKP</strong>-Ratsfrau aus Bottrop und lange Jahre <strong>in</strong>der Altenpflege tätig. City-Hotel am BahnhofD<strong>in</strong>slaken, 10.30 Uhr.DI H 19. FebBremen: „Antisemitismus und Endlösung– Die Frage nach dem Warum.“ Veranstaltungder MASCH Bremen mit Prof.Kurt Pätzold. Villa Ichon, 20.00 Uhr.MI H 20. FebDortmund: Seniorenarbeitskreis der <strong>DKP</strong>im Z, Oesterholzstraße 27, 14.30 Uhr.strategische Grundl<strong>in</strong>ie des Antrages.Mit der Forcierung des Widerstands aufdie Institution der Staatsverschul<strong>du</strong>ngwird zugleich die Eigentumsfrage als„Grundfrage der Bewegung“ (Manifest)gestellt.Deshalb unsere Bitte: lest den Antrag(http://dkp-karlsruhe.de/artikel/2012/20121 218.html) sorgfältig<strong>du</strong>rch, formuliert Ideen und Kritik undtragt so und da<strong>du</strong>rch dazu bei, dass derParteitag diese dr<strong>in</strong>gende Schlüsselaufgabewirkungsvoll lösen kann.TestabonnementJa, ich will die Wochenzeitung unsere zeitvier Wochen kostenlos testen.Das Testabonnement endet automatisch.AbonnementJa, ich abonniere die Wochenzeitungunsere zeit für m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong> Jahr. DasAbonnement verlängert sich um jeweils e<strong>in</strong> Jahr,wenn es nicht bis sechs Wochen vor Beendigungdes Bezugszeitraums schriftlich gekündigt wird.___________________________________________Name/Vorname___________________________________________Straße/Nr.___________________________________________PLZ/Ort___________________________________________Telefon___________________________________________E-Mail___________________________________________Datum/UnterschriftAbonnementpreise imRechnungsversand Bitte ankreuzen!Normalabonnement jährlich126,— Euro halbjährlich64,— EuroFörderabonnement jährlich 160,— EuroErmäßigtes Abonnement jährlich 72,— Euro halbjährlich 37,— EuroAbonnementpreise mitE<strong>in</strong>zugsermächtigungErmäßigtes Abonnement jährlich 66,— Euro halbjährlich33,50 Euro vierteljährlich 17,— Euro monatlich6,— EuroNormalabonnement jährlich120,— Euro halbjährlich61,— Euro vierteljährlich 32,— Euro monatlich11,— EuroFörderabonnement jährlich160,— Euro halbjährlich 80,— Euro vierteljährlich 40,— Euro monatlich14,— Euro Lieferung im Umschlag20,– Euro pro Jahr zusätzlichIch ermächtige den CommPress-Verlaghiermit, den Betrag von me<strong>in</strong>em Kontoabzubuchen.________________________________________________Konto<strong>in</strong>haber/<strong>in</strong>________________________________________________Geld<strong>in</strong>stitut________________________________________________Bankleitzahl________________________________________________Kontonummer________________________________________________Datum/UnterschriftJa, ich b<strong>in</strong> damit e<strong>in</strong>verstanden, dass Sie mich zwecks e<strong>in</strong>erLeserbefragung zur Qualität der Zeitung, der Zustellung undder Fortführung des Abonnements kontaktieren. Der Verlaggarantiert, dass die Daten ausschließlich zur Kundenbetreuunggenutzt werden. Das E<strong>in</strong>verständnis kann ich jederzeitwiderrufen (per E-Mail: vertrieb@unsere-zeit.de oder perPost: CommPress Verlag GmbH, Hoffnungstraße 18, 45 127Essen). Dies bestätige ich mit me<strong>in</strong>er Unterschrift.Coupon e<strong>in</strong>senden an:CommPress VerlagHoffnungstraße 18 – 45 127 Essenoder faxen an 0201/2 486484Impressumunsere zeit (UZ) – Zeitung der <strong>DKP</strong> (ISSN 0943–4216)Herausgeber:Parteivorstand der <strong>DKP</strong>Ersche<strong>in</strong>t wöchentlichRedaktion:N<strong>in</strong>a Hager (0201/1778–8914, Chef redakteur<strong>in</strong>,v. i. S. d.P.), Paul Kranefeld, WernerSarbok, Wolfgang TeuberFür Beiträge, die mit vollem Namen gekennzeichnets<strong>in</strong>d, übernehmen alle<strong>in</strong> die Autor/<strong>in</strong>n/endie Verantwortung. 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16 Freitag, 8. Februar 2013 Die letzte Seiteunsere zeitMe<strong>in</strong>e progressive WocheVom 26. Januar bis 1. FebruarDienstagTotaalvoetbal, Maler von Weltrang, Coffee-Shops,das E<strong>in</strong>sparen von Gard<strong>in</strong>enund die Erf<strong>in</strong><strong>du</strong>ng der <strong>in</strong>donesischenReistafel; man kann unseren niederländischenNachbarn e<strong>in</strong>iges neiden – ihreDynastie nicht.Die hat e<strong>in</strong> Riesenvermögen gemachtund sich im Laufe der Jahrhunderte soe<strong>in</strong>iges an den Stecken geschafft, Kolonialverbrechenund Waffenschiebereien <strong>in</strong>klusive.Über dem neuen König WilhelmAlexander liegt aber nicht nur der Schattense<strong>in</strong>er Ahnen – von denen die meistenaus Deutschland stammen. Ausgerechnetse<strong>in</strong>e Gatt<strong>in</strong>, die schöne Maxima, lässt anse<strong>in</strong>em Charakter zweifeln. Ihr Vater, derArgent<strong>in</strong>ier Jorge Zorreguieta, war von1976 bis 1979 Staatssekretär und bis 1981M<strong>in</strong>ister für Landwirtschaft <strong>in</strong> der Diktaturvon Jorge Rafael Videla. Damalsermordeten Todesschwadronen 30 000Regimegegner, wovon Maximas Papanichts gemerkt haben will. Von Tochterund Schwiegersohn s<strong>in</strong>d kritische Worteöffentlich nicht vermeldet.Allerd<strong>in</strong>g <strong>du</strong>rfte er an der Hochzeit se<strong>in</strong>erTochter se<strong>in</strong>erzeit nicht teilnehmen. Malsehen, ob er Maxima bei ihrer Inthronisierungdas Händchen hält. Weit reisenmüsste er dafür nicht. Er wohnt seit Jahrenunbehelligt <strong>in</strong> den Niederlanden.HNachdem Bundesumweltm<strong>in</strong>ister Altmaierzu Beg<strong>in</strong>n se<strong>in</strong>er Amtszeit e<strong>in</strong>igenWirbel verursacht hat, ist der Lack nunab. Nur noch die engste Verwandtschaft<strong>du</strong>rchschaut die Fadensche<strong>in</strong>igkeit se<strong>in</strong>erPolitik nicht. Jetzt behauptet Altmaier, dieStrompreise e<strong>in</strong>frieren zu wollen. Da lachendie Hühner, da wackelt die Hackordnung.Sogar der zerzauste Philipp Röslerdarf dem tiefgesunkenen Altmaier <strong>in</strong>s Genickpicken. Armer Umweltm<strong>in</strong>ister.MittwochImmer wieder reden <strong>in</strong>teressierte Kreisevom Ende der Krise. Der heute veröffentlichte„Stressreport Deutschland 2012“„Wir s<strong>in</strong>d der Sieg“der Bundesanstalt für Arbeitsschutz undArbeitsmediz<strong>in</strong> spricht e<strong>in</strong>e andere Sprache.Überstunden, Arbeitshetze, Schlafstörungen,immer mehr physische undpsychische Erkrankungen, freiwilligerVerzicht auf Pausen s<strong>in</strong>d nur e<strong>in</strong>ige derStichworte. Gleichzeitig wird heute gemeldet,dass die Mehrheit der deutschen Unternehmerzuversichtlich <strong>in</strong> die Zukunftblickt.„Was dem e<strong>in</strong>en s<strong>in</strong> Uhl, ist dem anderens<strong>in</strong> Nachtigall.“ Das alte Sprichwortpasst auf den täglichen Klassenkampfwie die Faust aufs Auge. Die Rollenkönnen allerd<strong>in</strong>gs wechseln – es wärean der Zeit.FreitagIn Griechenland und Spanien s<strong>in</strong>d unglaubliche57,6 beziehungsweise 55,6 Prozentder jungen Menschen arbeitslos. Dasmeldet die EU-Statistikbehörde Eurostat.Dieser Zustand dauert nun schon e<strong>in</strong>igeJahre an. Besserung ist nicht <strong>in</strong> Sicht.Gleichzeitig wird gemeldet, dass <strong>in</strong> Spanien(und anderswo) die Wirtschaft weiterschrumpft – seit mittlerweile e<strong>in</strong>e<strong>in</strong>halbJahren.Die Folgen s<strong>in</strong>d katastrophal; <strong>in</strong> Griechenlandhaben wir Selbstverbrennungenerlebt; Menschen sterben, weil sie überlebensnotwendigeMedikamente nichtmehr bekommen; wer zählt die, die stillzu Grunde gehen, während verantwortlichePolitiker jede Schuld von sich weisen?Es bleibt beim <strong>in</strong>humanen Spardiktat ausBrüssel und Berl<strong>in</strong>, es bleibt beim Klassenkampfvon oben, mit dem Ziel denWert der Arbeitskraft immer weiter nachunten zu drücken. Syrien, Mali, Ägyptenbeherrschen die Schlagzeilen. Den Herrschendens<strong>in</strong>d ihre Interessen dort allemalwichtiger als das Elend der Menschen <strong>in</strong>Europa. Das ist so und das wird so bleiben.Überw<strong>in</strong>den können wir diesen Zustandnur, <strong>in</strong>dem wir den Kampf für unsere Interessenaufnehmen.Adi ReiherDer ArbeiterschriftstellerLudwig Lessen wurde alsLouis Salomon geboren.Foto: Paul SielaffEr<strong>in</strong>nerung an Ludwig Lessen„Wem schon ist bekannt, dass LudwigLessen zu den deutschsprachigenArbeiterschriftstellern zählt und sose<strong>in</strong>en Platz <strong>in</strong> der deutschen Nationalliteraturhat.“ Das schreibt Hans-Dieter Schneider <strong>in</strong> dem Beitrag „E<strong>in</strong>‚Doppelbelasteter’ und se<strong>in</strong> Erbe“ überLudwig Lessen im Heimatkalenderdes Stadt- und Landkreises Eisenhüttenstadt1988. Auch wir wollen weitere25 Jahre später an den Arbeiterschriftstellerer<strong>in</strong>nern, der als Sozialdemokratund Jude von den Faschisten 1943 <strong>in</strong>den Tod getrieben wurde und dessenTodestag sich am 11. Februar 2013 zum70. Mal jährt.Geboren wurde er als Louis Salomonam 17. September 1873 <strong>in</strong> Lessen – damalsProv<strong>in</strong>z Westpreußen, heute Polen.Nach diesem Geburtsort nanntesich der Schriftsteller später. Se<strong>in</strong> Lebenswegführte ihn nach Berl<strong>in</strong>; nach1896 begann er se<strong>in</strong>e Redakteurlaufbahn<strong>in</strong> der sozialdemokratischenArbeiterpresse. „Von der Stunde an,da Lessen redaktionell tätig wurde,hat er mit se<strong>in</strong>er Feder der SPD treugedient“, erfahren wir im Heimatkalender.„Immer habe er aufrecht zurArbeiterklasse gestanden, sei er sichdoch bewusst gewesen, dass e<strong>in</strong> Siegdes Proletariats notwendig ist undkommen wird.“Allerd<strong>in</strong>gs bleibt festzuhalten, dass beiLudwig Lessen die Sehnsucht des Proletariatsnach e<strong>in</strong>em besseren Lebenunkonkret und verschwommen dargestelltwird. „Das Morgenrot, das wirersehnen“, wie es Lessen <strong>in</strong> dem Gedicht„Wir s<strong>in</strong>d der Sieg!“ beschreibt,bleibt – wie <strong>in</strong> anderen Werken – dochsehr unbestimmt. Zwar benennt er dieArbeiter als Saat, Licht, Kraft, Zornoder Sturm, „die fest im Kampfgewühle“stehen, aber das Ziel bleibt im Nebelverborgen.Trotz allem: „Wer sich <strong>in</strong> se<strong>in</strong>e Verseh<strong>in</strong>e<strong>in</strong>liest, der spürt, dass Lessen dasProletariat für e<strong>in</strong>e neue, bessere, sozialgerechte Welt begeistern, gew<strong>in</strong>nenwollte“, betont Hans-Dieter Schneider.1933 bei Machtantritt der Faschistenwurde Ludwig Lessen das Lebengleich zur Hölle gemacht. Buchhandlungenund Bibliotheken wurden vonse<strong>in</strong>en Schriften „bere<strong>in</strong>igt“. „Es sollteihn nicht gegeben haben.“Außer se<strong>in</strong>er sozialdemokratischenE<strong>in</strong>stellung wurde Lessen se<strong>in</strong>e jüdischeHerkunft zum Verhängnis. „Alsgefürchteter ‚Doppelbelasteter’ kamer auf die Abschussliste der faschistischenMachthaber und wurde nachqualvollen Jahren e<strong>in</strong>es der MillionenOpfer des Rassenterrors“, heißt es imHeimatkalender. „Gebrandmarkt mitdem Davidstern, sollte er den Weg <strong>in</strong>sKZ antreten. Fast 70-jährig g<strong>in</strong>g er freiwilligaus dem Leben.“In Müllrose bei Eisenhüttenstadt erhieltLudwig Lessen auf dem dortigenFriedhof e<strong>in</strong>en Ehrenplatz. Auch imHeimatmuseum der Stadt wird an dennahezu vergessenen Arbeiterschriftstellerheute noch er<strong>in</strong>nert. Paul SielaffAn ihren Autos sollt ihr sie erkennenFoto: BentleyE<strong>in</strong> gewöhnlicher Volkswagen ist der EXP 9F (nicht). Er gehört <strong>in</strong> die Kategorie Sport Utility Vehicle (SUV), auchGeländelimous<strong>in</strong>e. Die SUV ähneln wohl nicht zufällig dem US-Militärfahrzeug Humvee.Die Automarke Bentley, e<strong>in</strong>e Tochter des VW-Konzerns, stellte das Luxus-Gefährt auf dem Genfer Autosalon2012 vor. Jetzt entschied VW das Gefährt zu bauen. 200 000 Euro soll die Basis-Version kosten. Unser Bild zeigte<strong>in</strong>e mögliche Variante der Heckklappe als Picknick-Bank – Sektkelch <strong>in</strong>klusive.Der Bentley soll das größte aller SUV-Mobile werden. Die von fast allen Herstellern reichlich angebotenenAutos s<strong>in</strong>d schwerer als Limous<strong>in</strong>en, verbrauchen deutlich mehr Benz<strong>in</strong>, s<strong>in</strong>d unfallträchtiger für Insassenund andere Verkehrsteilnehmer. Das Risiko e<strong>in</strong>es Überschlages z. B. ist achtmal höher als bei anderen Autos.Fußgänger, <strong>in</strong>sbesondere K<strong>in</strong>der, gefährdet das massive SUV bei Kollisionen kaum weniger als e<strong>in</strong> Kampfpanzer.Wahns<strong>in</strong>n.Gerechtfertigt wird die Pro<strong>du</strong>ktion mit dem „Bedürfnis der Verbraucher“ . Genannt werden die üblichenVerdächtigen: arabische Scheichs und russische Neureiche. Tatsächlich bedienen die Autobauer mit denmartialischen Statussymbolen – <strong>du</strong>rchaus gewollt – gesellschaftliche Hierarchisierung und Militarisierung.SUV‘s repro<strong>du</strong>zieren nichts anderes als den gewöhnlichen Kapitalismus.Fußball-Fans gegen NazisDie bundesweite Koord<strong>in</strong>ierungsstelleder Fanprojekte berichtet auf ihrer Websiteüber den „Er<strong>in</strong>nerungstag im deutschenFußball“ 2013. Dort heißt es u. a.:Seit 2005 gibt es den Er<strong>in</strong>nerungstagim deutschen Fußball. Rund um den27. Januar, den Jahrestag der Befreiungdes Konzentrationslagers Auschwitz,gedenken Vere<strong>in</strong>e, Verbände undFans <strong>du</strong>rch verschiedene Aktionen derOpfer des Nationalsozialismus. Mit dabeis<strong>in</strong>d auch die Fanprojekte.Die Initiative, die e<strong>in</strong>e Idee aus Italienaufgreift, g<strong>in</strong>g von der EvangelischenVersöhnungskirche <strong>in</strong> Dachau aus,die im jüdischen Sportvere<strong>in</strong> MaccabiMünchen und den „Löwenfans gegenRechts“ schnell Mitstreiter fand. Seit2005 wird <strong>in</strong> Abstimmung mit DFLund DFB e<strong>in</strong> Textvorschlag zum Gedenktagversandt, der im Stadion verlesenwerden kann. Die weitere Ausgestaltungist den Vere<strong>in</strong>en und weiterenmöglichen Initiativen überlassen,das Spektrum der Veranstaltungen istvielfältig und auch Fanprojekte beteiligtensich an mehreren Orten an denAktivitäten.Am 25. Januar veranstaltete beispielsweisedas Fanprojekt D<strong>arm</strong>stadt e<strong>in</strong>eantifaschistische Stadtführung , um anE<strong>in</strong>la<strong>du</strong>ng zur Veranstaltung der St-Pauli-Fans.historischen Orte <strong>in</strong> der eigenen Stadtüber Verbrechen des Nationalsozialismuszu <strong>in</strong>formieren: „Aus dieser Geschichtelernen, heißt heute: Im Stadionund im Alltag entschieden gegen Antisemitismus,Rassismus und Fremdenfe<strong>in</strong>dlichkeitWiderstand zu leisten“,schreiben die Kolleg/<strong>in</strong>nen <strong>in</strong> D<strong>arm</strong>stadt.Der Fanladen St. Pauli ist auch 2013 beiden Veranstaltungen dabei. Nach e<strong>in</strong>erkurzen E<strong>in</strong>führung am Treffpunkt amehemaligen NSDAP-ParteigebäudeHolocaust-Gedenktag 2013gab es e<strong>in</strong>en geme<strong>in</strong>samen Marsch zumStadion, wo der Journalist Patrick Gens<strong>in</strong>güber die aktuelle Neonaziszeneberichtete. E<strong>in</strong>e Kranzniederlegung ander Gedenktafel vor dem Stadion bildeteden Abschluss der Veranstaltung.Auch <strong>in</strong> Augsburg standen die lokalenBezüge zum Nationalsozialismusim Mittelpunkt. Am 26. Januarveranstaltete das Fanprojekt Augsburge<strong>in</strong>en Besuch auf dem Geländedes ehemaligen KZ-AußenlagersHaunstetten.In Münster hat der FANport, das lokalesozialpädagogische Fanprojekt,aus Anlass des Er<strong>in</strong>nerungstages denJournalisten Werner Skrentny e<strong>in</strong>geladen.Er wird am 31. Januar aus se<strong>in</strong>erBiografie über den NationalspielerJulius Hirsch vortragen, der als deutscherJude im KZ Auschwitz ermordetwurde. Die Fußballvere<strong>in</strong>e beteiligensich ebenfalls mit eigenen Veranstaltungenund über das Verlesen derStadion<strong>du</strong>rchsage h<strong>in</strong>aus am Er<strong>in</strong>nerungstag.So fand <strong>in</strong> Nürnberg bereitsam 22. Januar e<strong>in</strong> Festabend unterdem Titel „Jenö Konrad, Franz Salomonund der Club“ zum Gedenken andie jüdischen Aktiven des Clubs. Ehrengastder Veranstaltung war die ausNew York angereiste EvelynKonrad, Tochter des jüdischenTra<strong>in</strong>ers Jenö Konrad.Zu se<strong>in</strong>em Andenkenhatten die Ultras Nürnbergzum Derby gegen den FCBayern München bereitse<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>drucksvolle Choreografiepräsentiert.Der Anteil jüdischer Spieler,Tra<strong>in</strong>er und Mitgliederan der Vere<strong>in</strong>sgeschichtesteht auch bei weiteren Klubs imFokus: Der FC Bayern München veranstalteteam 27. Januar u. a. e<strong>in</strong>e Lesungmit Fußballautor Dietrich Schulze-M<strong>arm</strong>el<strong>in</strong>g.Der Hamburger Sport-Vere<strong>in</strong> bot am 27. Januar 2013, um 14Uhr im HSV-Museum e<strong>in</strong>e Tour zurNS-Geschichte des Vere<strong>in</strong>s an, bei derdie <strong>in</strong>teraktive Lernstation zum Thema„Die Raute unter dem Hakenkreuz“e<strong>in</strong>geweiht wird. Die E<strong>in</strong>nahmen kommender Sammelaktion für die KZ-GedenkstätteNeckarelz zugute. Dorth<strong>in</strong>wurde der ehemalige HSVer und WiderstandskämpferAsbjorn Halvorsendeportiert. Der FC Schalke 04 weihtam 30. Januar im Beise<strong>in</strong> der Profis BenediktHöwedes, Christoph Metzelderund Julian Draxler e<strong>in</strong>e Gedenktafelfür neun jüdische Mitglieder und Förderer,die während des Nationalsozialismusverfolgt und ermordet wurden,offiziell e<strong>in</strong>.Der rote KanalLennon, NYC, USA 2011Die Dokumentation befasst sich mitJohn Lennons politischster Zeit Anfangder 70er Jahre.Sa., 9. 2., 21.40–23.55 Uhr, arteDie Mörder s<strong>in</strong>d unter uns, D 1946Wolfgang Staudtes erster Film nachdem Krieg ist e<strong>in</strong>er se<strong>in</strong>er besten.Der ehemalige Militär-Chirurg Mertensleidet unter den schrecklichenKriegser<strong>in</strong>nerungen und wird zumAlkoholiker. Er begegnet se<strong>in</strong>emehemaligen Hauptmann Ferd<strong>in</strong>andBrückner, der 1942 36 Männer, 54Frauen und 31 K<strong>in</strong>der e<strong>in</strong>er polnischenOrtschaft erschießen ließ.Inzwischen ist er erfolgreicher Geschäftsmann.Mertens beschließt ihnzu töten.So., 10. 2., 20.15–21.35 Uhr, 3satDie Macht der LobbyistenArte-Themenabend: gezeigt werdenFilme über die 2 500 Lobbyisten <strong>in</strong>Brüssel, ihre 5 000 (!) Artgenossen<strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> und die Folgen der Privatisierungam Beispiel der Wasserversorgung.Di., 12. 2., 20.15–23.20 Uhr, arteFettleibigkeit vorprogrammiert,D 2013Der Dokumentarfilm stellt die wissenschaftlicheThese vor, dass dieständig wachsende Aufnahme chemischerSubstanzen und Hormoneverantwortlich für Übergewicht s<strong>in</strong>d.Do., 14. 2., 20.15–21.00 Uhr, 3sat

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