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UZ - DKP

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2 Freitag, 20. September 2013 Wirtschaft und Sozialesunsere zeitGastkolummne von Volker MetzrothDie Zeichen stehen auf SturmBei den Wasser- und Schiffahrtsverwaltungenstehen die Zeichen aufSturm. Das Bundesverkehrsministeriumunter dem CSU-Ramsauer will3 000 von 12 000 Arbeitsplätzen streichen.Wobei die Abbau- und auch Privatisierungspläneschon auf die Zeitvon Schröder/Fischer zurückgehen.Deshalb traten die Wärter der bundesweit335 Schleusen an Deutschlandsgrößter Binnenwasserstraße,dem Nord-Ostsee-Kanal (NOK),ebenso mehrfach in teils mehrtägigeStreiks wie an kleinen Flüssen wieder Lahn. Das war und ist nötig, umdie Bundesregierung zur Aufnahmevon Tarifverhandlungen mit ver.di zudrängen. Da die Beschäftigten hier ineiner Schlüsselposition sind, erreichtensie mit wenig Aufwand große Wirkung,werden doch jährlich 220 Mio.Tonnen Fracht und 10 Mio. Passagiereauf Binnengewässern relativ ökologischbefördert.Das regt zu ein paar gewerkschaftspolitischenBetrachtungen an. DieKolleginnen und Kollegen der obengenannten Verwaltungen sind keinetraditionellen „Kampftruppen“ derGewerkschaften. Wie viele andere imöffentlichen Dienst, profitierten sielange davon, dass die ÖTV ihre kommunalenMüllmänner und Busfahrerzum Streik aufrief, wenn am Verhandlungstischnichts mehr ging. WieErzieherinnen und Krankenpfleger,verstehen immer mehr Schleusenwärterund Co., dass diese Stellvertreterpolitikauch wegen der Privatisierungvieler kommunaler BetriebeVergangenheit ist. Schon vor der aktuellenAuseinandersetzung sah mansie bei den Streikdemonstrationen inden Tarifrunden für Bund und Kommunen.Spartengewerkschaften wie GDLund UFO erzielen relativ große Wirkungenmit Streiks. 200 Lokomotivführerbringen den ganzen Fahrplander Bahn durcheinander und findendeshalb große mediale Resonanz.Wenn 10 000 bei der Telekom einenTag streiken, gibt es meist nur kleineMeldungen, weil „dank“ vollautomatischerSysteme die ganze Republikweiter telefoniert, faxt und im Internetsurft. Dass ver.di in gleicher Weisekämpfen kann, zeigte die Gewerkschaftauch schon vor Monaten beimSicherheitspersonal auf den Flughäfen.Der gravierende Unterschied istaber, dass ver.di auch einen gewerkschaftspolitischenAnspruch hat. Sospricht Frank Bsirske bei UmFAIRteilen,während GDL, UFO und Co.ausschließlich das finanzielle Interesseihrer Mitgliedschaft im Auge haben,wie eine Art Berufs-ADAC.Wie wichtig für erfolgreiche Kämpfedie öffentliche Meinung ist, zeigtesich jetzt wieder. So schlug die Stimmungrasch gegen die Schleusenwärterum, als z. B. an der Mosel keineFlußkreuzfahrt- und Fahrgastschiffemehr fuhren und dies sofort Auswirkungenauf den HauptwirtschaftszweigFremdenverkehr hatte, in demauch die Nachbarn der Schleusenwärterihr Brot verdienen. ErbosteSchiffer reagierten teils gewalttätig,gehören doch längst nicht alle „Kähne“großen Reedereien, sondern auchFamilienbetrieben, die oft am Randdes Existenzminimums wirtschaften.Ganz massiv wirkte sich das inSchleswig-Holstein aus, wo u. a. dieCDU schon auf Streikankündigungenhin mit der Privatisierung desNOK drohte. Hier zeigte sich eineSchwäche von ver.di: Es gelingt nochzu selten, fachbereichsübergreifendepraktische Solidarität zu organisieren,kämpfende Belegschaften mit einerbreiten Öffentlichkeitsarbeit dereigenen Basis zu unterstützen. Das istfür manchen, der in einer „Geschäftsführergewerkschaft“groß wurde, etwasbefremdlich, aber ohne dass Ehrenamtlichedazu durch Schulungund Vertrauen befähigt und ermutigtwerden, lässt sich die Lücke auch mitprofessioneller zentraler Presse- undMedienarbeit nicht richtig schließen.Das ist nicht als Belehrung gedacht,sondern mehr als ein Anstoß an diever.di-Mitglieder unter den <strong>UZ</strong>-Lesern,selbst mit und in ver.di die Initiativezu ergreifen.Karikatur: Bernd BückingAn den Interessen der Jungen vorbeiNeue Jugendstudie der IG MetallKurz vor der Bundestagswahl wissenviele junge Menschen immernoch nicht, welche Partei sie wählensollen. So das Ergebnis einer Infratest-Studieim Auftrag der IG Metall.Kein Wunder, denn die Politik regiertan den Interessen junger Menschenvorbei. Die IG Metall empfiehlt denJungen: Aktiv einbringen, wählen gehenund verändern.Die Parteien erreichen im Wahlkampfmit ihren Themen die Junge Generati-Berufsleben – prekär, viele Brüche,schlecht bezahlt – ist von der Ausnahmezur Regel geworden. Das macht jungeMenschen zu Recht unzufrieden – vorallem mit den politisch Verantwortlichen.Prekäre Beschäftigung schadet nichtnur den Betroffenen. Sie beschädigtauch die Demokratie: Wenn die Parteienhilflos oder gar untätig den unsozialenund unfairen Auswüchsen desArbeitsmarktes gegenüberstehen, über-„Gute Arbeit“ fordern fast alle großenParteien. Doch ein Blick in die Wahlprogrammeoffenbart, was dahintersteckt. Die Eindämmung prekärer Beschäftigung,Equal Pay und einen flächendeckendenMindestlohn fordernSPD, Grüne und „Die Linke“. Statt billigerJobs brauchen wir eine neue Ordnungauf dem Arbeitsmarkt. Wer gut,produktiv und innovativ arbeiten sollund will, braucht Sicherheit und Perspektiven.Doch seit Jahren müssen sichWahlversprechen werden baldMakulatur sein …Kaffeesatz lesen ist nicht mein Ding,aber der Redaktionsschluss der <strong>UZ</strong>liegt nun eben mal kurz vor der Bundestagswahlund so bin doch frech genug,es dennoch zu wagen. Sicher ist heuteschon, dass egal, wie die Wahl ausgeht,entweder eine – geborene – Hamburgerinoder ein Hamburger Kanzlerinoder Kanzler wird. Nicht sicher, abersehr wahrscheinlich ist, dass es wederSchwarz/Gelb noch Rot(SPD)/Grüngelingen wird genügend Wähler zu täuschen,um in dieser Konstellation alleindie Regierung stellen zu können. Unterden Bedingungen der sich abzeichnendenerneuten Verschärfung der internationalenFinanz- und Wirtschaftskrisewird der neugewählte geschäftsführendeAusschuss des Kapitals sehr bald diegemachten Wahlversprechen zur Makulaturmachen.Über die asoziale Marschrichtung deskünftigen Regierungsprogramms wissenwir dank „Spiegel“ seit Ende Dezember2012 eigentlich schon Bescheid.Das Blatt enthüllte, das im Finanzressortunter dem Titel „Mittelfristige Haushaltszieledes Bundes“ schon „ein umfangreichesSparpaket für die nächsteLegislaturperiode“ ausgearbeitet wurde:Die im Auftrag Finanzminister Schäublestätig gewordenen Schreibtischtäterschlagen darin unter anderem vor, denbisher ermäßigten Mehrwertsteuersatzvon sieben Prozent auf z. B. Lebensmittel,Bücher oder Straßenbahnfahrten –also wichtige Ausgaben des Lebensunterhaltsder Bevölkerung – abzuschaffen,um ihn dann auf 19 Prozent zu erhöhen.Doch damit nicht genug. Des Weiterenist beabsichtigt, den Bundeszuschusszum Gesundheitsfonds um 10 Milliardenzu kürzen und einen Gesundheits-Soli einzuführen, der auf die Einkommensteuerdraufgeschlagen werden soll.Zur „Entlastung“ (sprich zur Senkungder Unternehmerbeiträge) der Rentenkassesoll den bekannt gewordenen Plänennach über die Regelaltersgrenze von67 Jahren hinaus gearbeitet werden; derVorruhestand solle so unattraktiv wiemöglich gemacht werden, so der „Spiegel“.Und auch die Hinterbliebenenrentensollen gekürzt werden. Überhaupt, sowird vorgeschlagen, soll auf „eine stärkereBegrenzung konsumtiver Ausgaben“orientiert werden. Gemeint ist damitvor allem die weitere Kürzung derSozialausgaben.Schäuble, nicht aber der „Spiegel“, dementierteden Artikel.Die im Artikel genannten Vorhaben sindaber offenbar noch nicht „das Ende derFahnenstange“. Die Unternehmerverbändewerden mit aller Macht auf einenoch stärkere Deregulierung des Arbeitsmarktesdrängen. Die sogenannteEnergiewende wird ausgebremst bison kaum. Das ist eines der Ergebnisseder TNS-Infratest-Studie im Auftragder IG Metall. Dabei wurden rund 1 000Beschäftigte im Alter von 14 bis 34 Jahrenbefragt.Vor allem die Beschäftigungssituationund die Lage auf dem Arbeitsmarktsind für viele Junge unbefriedigend.Konkret sind daher auch nur noch sechsvon zehn Studienteilnehmern mit ihrerberuflichen Entwicklung zufrieden. Seitdem Vorjahr ist dieser Wert um nahezu10 Prozent gesunken und so niedrigwie noch nie seit Beginn der Befragung2009. Inzwischen ist den meisten Jungenklar: Die lange Phase der beruflichenUnsicherheit beim Einstieg insdie Energie-Vierer-Bande sich neu aufgestellthat. Auf die Agenda 2010 wirddie Agenda 2020 folgen. Zu rechnen istauch, dass nach Harz IV vielen Menschenhierzulande bald Wiesehügel-Vdroht. Und wer Sozialabbau betreibt,baut im Land auch die Demokratie zurückund ist bereit, diese asoziale Politikim Interesse des Kapitals, wenn es seinmuss auch gewaltsam durchzusetzen.Außerdem wird die militärische Absicherungder Profitinteressen des deutschenKapitals ausgebaut.rascht es nicht, dass gerade die jungenMenschen in unsicheren Jobs der Regierungein schlechtes Zeugnis ausstellenund sich am Ende von der Politikinsgesamt im Stich gelassen fühlen. JungeMenschen wünschen sich auch mehrTransparenz bei der Politikgestaltung.Dafür sprachen sich 86 Prozent der Befragtenaus. 76 Prozent fordern zudemeine klarere Sprache. Doch obwohl dieseAussagen eine große Unzufriedenheitzeigen, wollen acht von zehn jungenMenschen wählen gehen. Knappzwei Drittel der unter 35-Jährigen sehenjedoch außer der Wahlbeteiligungzu wenige Möglichkeiten, um Einflusszu nehmen.Daher ist es eigentlich auch schnurz, obes zur Wiederauflage der Koalition ausUnion und FDP oder einer großen Koalitionaus SPD und Grünen, oder gareine Schwarz/Grüne Koalition kommt.Eine von Angela Merkel dominierteGroße Koalition wäre m. E. am ehestenfähig, die vom Kapital gewünschten sozialenGrausamkeiten durchzusetzen.Übrigens auch im Bundesrat, wo ja bekanntlich9 von 16 LänderregierungenSPD-dominiert sind. Die inhaltlicheÜbereinstimmung von Union und SPDetwa ein Drittel der Beschäftigten unter35 mit prekärer Arbeit begnügen. Selbstder vielbeschworene Fachkräftemangelwirkt sich nicht positiv aus.„Gerade jetzt muss es den Parteien darumgehen, die zentralen Themen derjungen Menschen ernst zu nehmen“, soDetlev Wetzel, stellvertretender Vorsitzenderder IG Metall. Die IG Metallerneuert kurz vor der Bundestagswahlihre Forderung nach einer neuen Ordnungauf dem Arbeitsmarkt. „Auch auseigenem Interesse müssen die Unternehmenendlich ihrer Verantwortungzur Fachkräftesicherung nachkommen.Dazu muss die Politik jetzt Druck ausüben“,so Wetzel.IGM/<strong>UZ</strong>ist auffällig groß, die wenigen vorhandenenDifferenzen sind keine unüberwindbarenBarrieren.Aber ganz gleich welche Kombinationvon Parteien nach der Bundestagswahldie Regierung bilden wird, es wird keineKonstellation geben, die den arbeitendenMenschen die Wünsche von denAugen abliest und dann erfüllt. Nein, wirwerden jeden Zentimeter sozialen Fortschrittselber gegen Kapital und Regierungerkämpfen müssen.Manfred Dietenberger


unsere zeitWirtschaft und SozialesDer König ist tot, es lebe der KaiserNach 18 Jahren hat der König sein Königreich verlassen.18 Jahre dirigierte Klaus Wiesehügel die IG BAUNach 18 Jahren als Bundesvorsitzenderder IG BAU ist KlausWiesehügel auf dem 21.Gewerkschaftstagder IG BAU nicht mehr alsBundesvorsitzender angetreten. AlsMitglied des Schattenkabinetts vonPeer Steinbrück ist er als Arbeits- undSozialminister einer sozialdemokratischenRegierung vorgesehen. MitKlaus Wiesehügel verliert die IG BAUIhren König, der die IG BAU hart undzentralistisch regierte. Es endete eineÄra, die nicht gerade vom Erfolg geprägtwurde. Tarifpolitische Erfolgestanden bei der IG BAU selten aufder Tagesordnung. Politische Aussagefähigkeitwurde klein geschrieben.Als Baumeister einer neuen Gewerkschaft,einer neuen IG BAU wollte sichWiesehügel einen Namen machen. DasErgebnis ist verheerend. Die Mitgliederzahlenhaben sich in der Ära Wiesehügelhalbiert, die IG BAU hat sichaus der Fläche zurückgezogen, hauptamtlicheSekretäre wurden entmündigt.Wiesehügel wollte die IG BAUden Mitgliedern zurückgeben. Zurücklässt er eine „zahnlose“ Gewerkschaft,die noch weiter verschlankt werdensoll um eigenständig zu überleben. DieFrage, der sich die Delegierten auf demGewerkschaftstag stellen mussten!Ist der „Abgang“ von Klaus Wiesehügelnun ein Befreiungsschlag für die IGBAU? Mit großen Erwartungen reistenüber 300 Delegierte nach Berlin, in derErwartung eine Aufbruchstimmung zuerleben. Sie erlebten – nach Auffassungnicht weniger Delegierten – einen„Wahlkongress“ der SPD. Bereitsvor dem Gewerkschaftstag zeigte dieIG BAU ihre Wahlempfehlung deutlich.Erstmals wurde im „Grundstein“(IG-BAU-Zeitung) ein Wahlaufruf derSPD veröffentlicht. Die mit Spannungerwarteten Wahlen des neuen Bundesvorstandesder IG BAU blieben ohnegroße Überraschungen.Mit Robert Feiger wählten die Delegierteneinen neuen Bundesvorsitzenden,der zuletzt unter Wiesehügel fürPersonal und Finanzen zuständig war.In seiner Antrittsrede sprach Feigervon einer „schlanken“ Organisation,nicht von einer Kampforganisation,die eine Gewerkschaft sein sollte. Feigersprach – zwischen den Zeilen – voneiner neuen Sozialpartnerschaft zwischenArbeitgeber und Gewerkschaftim Bereich Werkverträge und illegaleBeschäftigung. Der neue Vorsitzendekündigte weiter an, die Gewerkschaftsarbeitvor Ort stärken zu wollen unddie Mitgliedergewinnung ganz obenauf die Tagesordnung zu stellen. „Wirwollen eine starke, politisch mündigeund selbstständige IG BAU“, so Feiger.Rezepte, wie dies umgesetzt werdensoll, nannte er nicht. Ein Farbtupferim Bundesvorstand ist DietmarSchäfers. Schäfers, ein Gewerkschaftervon der Picke auf, verkörpert für vieleIG-BAU-Mitglieder die Außendarstellungihrer IG BAU: kampfeslustig,kritisch und ein Gewerkschafter durchund durch. Mit knapp über 90 Prozentwurde Schäfers wieder zum stellvertretendenBundesvorsitzenden gewählt.Mit Harald Schaum wurde ein weiteresBundesvorstandsmitglied zum Stellvertretergewählt. Schaum, der für dengrünen Bereich innerhalb der IG BAUsteht, spiegelt das Bild der „neuen IGBAU“ wieder: sozialpartnerschaftlich,sozialdemokratisch, anpassungsfähigund ohne Ecken und Kanten. Bei einerSchweizer Managern droht LohndiktatMehr als 400 000 Lohnabhängige leben an der ArmutsgrenzeDie zehn Prozent Schweizer ArbeiterInnenim untersten Lohnsegmentverdienen 1072-mal wenigerals die Topverdiener im Heidi-LandSchweiz. Während das Vermögen der300 Reichsten der Schweiz in den vergangenen20 Jahren um das Fünffachewuchs, stiegen parallel die Löhne derabhängig Beschäftigten kaum über diejeweilig aktuelle Inflationsrate. Mehrals 400 000 Lohnabhängige leben mitihrem Gehalt von unter 4 000 Frankenan der Armutsgrenze, gleichzeitigsackt das kleine Häuflein der Spitzenverdienerim Schnitt 42 400 Franken– wohlgemerkt pro Monat – ein.Damit das nicht so bleibt, gibt es in derSchweiz Ende November ein Volksbegehren,sprich Volksinitiative.Im ersten Augenblick reibt man sichdie Augen. Ausgerechnet in Helvetia,wo doch die Schweiz eines derzehn reichsten Länder der Erde ist.Jeder zehnte Milliardär auf der Weltlebt dort. Im Schnitt verdienen in denSchweizer Unternehmen die Top-Managerrund vier Millionen Euro proJahr. Damit verdienen sie pro Jahrmehr als die übergroße Mehrheit derabhängig Beschäftigten Schweizer inihrem ganzen Leben. Obendrauf gibtaber noch üppige Boni und Abfindungen.Beispiel: Der gerade erst abgetreteneBoss des Basler PharmariesenNovartis, Daniel Vasella. Er soll mehrals 30 Millionen Euro im Jahr verdienthaben. Das 720-fache des niedrigstenLohns bei Novartis. Der SchweizerKonzern zahlt dem feinen Herrn sageFoto: IG BAU (Paul Schimweg)Der neue Bundesvorsitzende der IG BAU, Robert Feiger.und schreibe 72 Millionen allein dafür,dass er sein Wissen die nächstensechs Jahre nicht an die Konkurrentenweitergibt. Dieser goldene Maulkorbdrückt ihn nicht schwer, auch wenner auf Grund des Publikwerdens desDeals jetzt versprochen hat, das Geldfür einen sozialen Zweck zu spenden.Zum Trost bleibt ihm ja noch die Zusagedes Konzerns, in Zukunft nochals Berater für das Unternehmen zumTagessatz von schlappen 25 000 US-Dollar tätig sein zu dürfen. Damitmuss Schluss sein. Die Konzerne sollenkünftig ihren bestbezahlten Managernmaximal zwölf Mal so viel Gehaltüberweisen wie dem schlechtbezahltestenMalocher im Betrieb, erklärteine Initiative von Jusos, Grünen undSchweizer Gewerkschaften.Ihre Gegner trösten sie mit dem Hinweisdarauf, dass wer von den Bossendennoch ein höheres Einkommenwünsche, könne dies ja leicht möglichmachen, er brauche dazu ja nur denVerdienst der untersten Lohngruppeim Unternehmen entsprechend zu erhöhen.Grund für diese Initiative liefernaber auch noch andere SchweizerKonzernherren. Von einem Lohnverhältnis1 zu 12 ist die Schweiz nämlichderzeit noch meilenweit entfernt. Sobeträgt es beispielsweise beim SchokoladenkonzernLindt & Sprüngli 1:144;beim Lebensmittelkonzern Nestlè1:186; bei der Crèdit Suisse Bank 1: 209und bei der Großbank UBS hat deroberste Chef schon nach 26 Minutenden Monatslohn eines Lastwagenfahrers„verdient“. Klingt utopisch und radikal– doch „1:12“ findet immer mehrGefallen beim Schweizer Volk. Umfragensagen, schon fast jede/r zweiteSchweizer/in sei dafür.HAuch in Deutschland sind die Managergehälterunter Beschuss geraten.Der frühere Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann führte jahrelangdie Hitliste der Topverdiener inden Dax-Konzernen an. 2011 verwiesihn VW-Chef Martin Winterkorn desPlatzes. Winterkorn soll für das Jahr2012 rund 14,5 Millionen Euro erhaltenhaben. Welch unverschämt hoheSumme das ist, wird sichtbar, wennman zur Kenntnis nimmt, dass der tariflicheMindestlohn einer Friseurin inThüringen bei 3,18 Euro in der Stundeliegt. Macht mickrige 25,44 Euroam Tag. Auch wenn die Kollegin tagtäglich,also 365 Tage lang durchmalochenwürde, käme sie brutto geradeeinmal auf 9 300 Euro im Jahr. MartinWinterkorn, Boss des AutomobilkonzernsVolkswagen, kann sich aufdas 1 560-Fache am Ende des Jahresfreuen. Aber auch der Daimler-VorstandsvorsitzendeDieter Zetschesahnt mit 8,2 Millionen und Siemens-Chef Peter Löscher mit 7,8 Millionenauch nicht schlecht ab. Ganz hintenauf der Rangliste der Topverdienerrangiert weit abgeschlagen der ersteMann der Lufthansa, Christoph Franz,mit einem Jahreseinkommen von immerhin2,1 Millionen Euro. Laut DGBKampfabstimmung um die beiden weiterenSitze im Bundesvorstand setztensich Ulrike Laux und Carsten Burckhardtdurch. Laux, die für die Frauenin der IG BAU steht, wird dem linkenFlügel in der IG BAU zugeordnet. Der40jährige Burckhardt ist neu im Bundesvorstand.Er war Bundesjugendsekretär,Fachreferent, Regionalleiter.Der Begriff „Führungskraft“ wurdedurch Burckhardt in der IG BAU neugeprägt. Mal Linker mal Sozialdemokrat,das Fähnchen wird immer in dierichtige Richtung gestellt.Die innergewerkschaftlichen Diskussionenund Aufbruchstimmung spieltenauf dem Gewerkschaftstag nurnoch eine Nebenrolle. Die notwendigeNeuausrichtung der IG BAU zueiner Kampforganisation spiegelt sichnur zum Teil in den Anträgen undDiskussionen wider. Viele ehrenamtlicheFunktionäre stehen der IG-BAU-Struktur hilflos gegenüber und sahenden 21.Gewerkschaftstag als letzten„ordentlichen Gewerkschaftstag“der IG BAU. Vielen Mitgliedern undFunktionären ist bewusst, dass dieseIG BAU alleine nicht überlebensfähigist. Es ist nur noch eine Frage der Zeit,bis wann die IG BAU schlank genugfür eine Übernahme ist. Sinkende Mitglieds-und Beitragszahlen lassen dieIG BAU teilweise vom „Tafelsilber“leben. Grundstücke und Immobiliensind bereits zum Teil verkauft um dieLöcher zu stopfen. Ob der neue „Kaiser“die IG BAU auf einen neuen Kurs,der sie überlebensfähig macht, führenkann, steht nach diesem Gewerkschafts-Tagmehr als nur „in den Sternen“.w_kerist Winterkorn ein Extrem-, aber keinesfallsein Einzelfall. Sein Sklaventreiberlohnbeträgt wohlgemerkt mehrals das 300-Fache des durchschnittlichenBruttoverdienstes eines Beschäftigtenin der Industrie: 1987 habe einVorstand eines Dax-Unternehmenserst etwa das 14-Fache eines Durchschnittsgehaltseingeheimst. Heutzutageist es im Durchschnitt mehr alsdas 70-Fache. Für die Konzernchefs istselbst der vom DGB geforderte Mindestlohnvon 8,50 Euro in der Stundeein Graus, selber aber streichen dieHerren der 30 größten an der Börsegehandelten Konzerne im Durchschnittrund fünf Millionen Euro imJahr ein. 20 Jahre zuvor waren es „erst“570 000 Euro. Heute verdienen dieVorstände das 54-Fache dessen, wasein durchschnittlicher Arbeitnehmerbekommt.Zugleich bauen die Manager nochmillionenschwere Pensionsansprücheauf, während immer mehr Malochervon Altersarmut bedroht sind. WärenKonzerne wie Daimler oder VW,deren Chefs 2012 zwischen knapp7 und 15 Millionen im Jahr kassieren,Schweizer Konzerne und gäbees hierzulande auch eine erfolgreiche„1:12“ -Volksinitiative, dann dürfteVW-Chef Winterkorn pro Jahr künftignicht mehr als 446 400 Euro einstecken.Das bedeutete für ihn einen„Verlust“ von 14,8 Millionen jährlich.Auch Daimlerchef Zetsche bekämepro Jahr „nur“ noch 446 400 Euro. PersönlicherVerlust jährlich 7,7 MillionenEuro. Am Schluss sei hier die Frage erlaubt:Warum starten wir nicht auch soeine wirklich Not-wendige Initiative?MDFreitag, 20. September 2013 3Streiks im Berliner Einzelhandelgehen weiterBestreikt werden Ikea und einigeKaufland Filialen, sowie die BuchhandelsketteThalia.Gemeinsam mit ihrerGewerkschaft fordern die ver.di-KollegInnenfür die insgesamt rund 199 000Beschäftigten im Einzelhandel in derRegion unter anderem eine Erhöhungder Vergütungen um einen Euro proStunde und die Wiederinkraftsetzungdes von den Unternehmern einseitiggekündigten Manteltarifvertrags. Daslächerliche Angebot der Arbeitgeber:2,5 Prozent mehr Geld ab Oktober2013, dazu sollen dann von Juli 2014noch weitere 1,5 Prozent kommen.Siemens baut Stellen abAuf Grund seiner schwächelndenBahnsparte plant Siemens eine massiveArbeitsplatzvernichtung. Mehr als zehnProzent der rund 6 000 Arbeitsplätzesollen vernichtet werden. In Deutschlandwill der Konzern 700 Arbeitsplätzenabbauen, allein am Standort Erlangensei die Streichung von 340 Stellenbereits mit dem Betriebsrat vereinbartworden.Bundesratsinitiative gegenSchein-WerkverträgeUm den Missbrauch von Werkverträgeneinzudämmen, beabsichtigen Baden-Württemberg,Niedersachsen undNordrhein-Westfalen eine gemeinsameBundesratsinitiative zu initiieren. So dieBaden-Württembergische SozialministerinKatrin Altpeter (SPD). Besondersin der Fleischindustrie würden Werkverträgesystematisch nur noch zumSchein genutzt, um so arbeitsrechtlicheStandards zu umgehen. Die Initiativesoll an den neuen Bundestag zur Entscheidungweitergeleitet werden.Löscher gefeuert –jetzt KaeserLöscher wurde gestürzt, weil er dieVorgaben des Siemens-Clans nichteinhalten konnte. Das ungeschriebeneGesetz der Familie Siemens, die denAktienbesitz dominiert, lautet: Mindestensgenau so viel Profit wie dieKonkurrenz. Hauptkonkurrent aufdem Weltmarkt ist der US-KonzernGeneral Electric, der eine Marge von15 Prozent einfährt. Mehrere Malemusste Löscher die Gewinnprognosenkürzen.Er war ein Getriebener des immerschärfer werdenden Kampfes um Maximalprofit.Ein Opfer des Time-tomarket-Rennens,das sich bei Siemensso auswirkte: defekte Klimaanlagen imICE, verzögerte Auslieferung neuerICE-Züge, Debakel mit der Windenergie(siehe Kasten). So ein Rauswurfmag hart sein für einen Spitzenmanager,doch 50 Millionen Euro werdenihm dabei nachgeschmissen.Kaeser, der Neue, galt im Konzern immerschon als langer Arm der Siemens-Familie. Der Ex-Finanzchef hat, andersals Löscher, den Stallgeruch.Und er ist ein Bayer, was Seehoferfreudig anmerkte.Doch schon macht sich übler Geruchbemerkbar. „Die Welt“ vom 10. Septembermeldet, in Erlangen werden340 Stellen abgebaut, jede/r Zehnteist betroffen. In der Bahnsparte sollenbundesweit 700 Arbeitsplätze gestrichenwerden (Stuttgarter Zeitung,11. September). Auch in Krefeld, einemProduktionsstandort, soll abgebautwerden. Nach dem Gezerre umden Chefposten kehrt der normale kapitalistischeAlltag bei Siemens wiederein. krn(aus: Auf Draht, Betriebszeitung der<strong>DKP</strong> München und Gruppe KAZ)15 km vor Borkum drehen sichendlich 30 Windräder.Doch der Anschluss ans Festlandfehlt immer noch, voraussichtlichbis 2014.Um in der rauen Seeluft keinenRost anzusetzen, werden siemit Dieselmotoren betrieben.Sie verbrauchen dabei 22 000Liter Diesel im Monat.Dieselruß statt Ökostrom!


unsere zeitInternationale PolitikGipfel der Schanghai-Organisationunterstützt Putins Syrien-PolitikEinig in der internationalen Politik – Unterschiede bei internen VorhabenRund 360 000 Menschen haben lautden Gewerkschaften am 10. Septemberin 170 französischen Städten beiKundgebungen, Demos und teilweiseauch Streiks am ersten gewerkschaftlichenAktionstag dieses Herbstes teilgenommen.Die Aktionen richtetensich gegen die von der Hollande-Regierungbeabsichtigte neue „Rentenreform“.Allerdings war es nicht gelungen, erneutdie Einheitsfront aller französischenGewerkschaftsbünde zustandezu bringen wie im Herbst 2010 gegendie damalige „Rentenreform“ des rechtenStaatschefs Sarkozy. Die damaligeAuseinandersetzung hatte damit geendet,dass die rechte Parlamentsmehrheitungeachtet der gewerkschaftlichenProteste und der mehrheitlichen Meinungder Bevölkerung die Anhebungdes Renteneintrittsalters von 60 auf 62Jahre beschloss.Zu den diesjährigen Aktionen hattennur vier der sieben Gewerkschaftsbünde,nämlich CGT, Force Ouvrière (FO),FSU und Solidaires, aufgerufen. Die sozialpartnerschaftlichorientierten DachverbändeCFDT, CFCT (christlich), undCFE/CGC (Angestellte) waren nichtdazu bereit.In den bürgerlichen Medien war schontagelang vorher der „Misserfolg“ diesesAktionstages der Gewerkschaftenvorhergesagt worden. Und natürlichnutzten sie dann auch die erreichtenTeilnehmerzahlen (laut PolizeiangabenEnde vergangener Woche fand in derkirgisischen Hauptstadt Bischkekder 13. Gipfel der Schanghai-Organisationfür Zusammenarbeit (SOZ)statt. Teilnehmer waren die Präsidentender Mitgliedstaaten China, Kasachs tan,Kirgistan, Russland, Tadschikistan undUsbekistan. Mit Beobachterstatus vertretenwaren die Staatschefs Afghanistans,des Iran und der Mongolei sowieVertreter Indiens und Pakistans. Gästewaren die Generalsekretäre derEurasischen Wirtschaftsgemeinschaft(EAWG) und der Organisation desVertrages über kollektive Sicherheit(OVKS), der Vollzugssekretär derGUS und der stellvertretende UNO-Generalsekretär.Im Zentrum der Debatten standen Syrien,Iran, Afghanistan und das Raketen-Abwehrsystemder USA. Die gemeinsamenStandpunkte der Mitgliedstaatenzu diesen und anderen Fragenfanden ihren Niederschlag in der „Deklarationvon Bischkek“.Zur Situation in Syrien wird darin klarund deutlich festgestellt, dass „äußere,darunter gewaltsame Einmischung“in die Angelegenheiten des souveränenStaates Syrien ohne die Sanktionierungdurch den UNO-Sicherheitsrat„unzulässig“ ist. Im Unterschied zuden USA und ihren Verbündeten, diefür ein militärisches Eingreifen von außeneintreten und die oppositionellenKräfte propagandistisch sowie mit Waffenunterstützen, wird betont, dass dieSyrer ihr Schicksal selbst entscheidenmüssen. Dafür sei der politische Dialogzwischen Regierung und Oppositionnotwendig „ohne Vorbedingungenund auf der Grundlage des GenferKommuniqués“. Die SOZ unterstütztdie Anstrengungen zur Einberufungder internationalen Konferenz „Genf-2“ und rechnet darauf, dass diese dieGrundlage für eine Aussöhnung unddie Normalisierung der Situation legenwerde. Dies umso mehr, als jetzt eineChance dafür entstanden sei.Zur Iranfrage heißt es: „Die Mitgliedstaatender SOZ bringen ihre Besorgnisüber die Situation um den Iran undsein Atomprogramm zum Ausdruck.Sie sind der Ansicht, dass Drohungenmilitärischer Gewaltanwendung undeinseitige Sanktionsmaßnahmen einzelnerStaaten gegen dieses Land unzulässigsind.“ Alle Staaten werden aufgerufen,Erklärungen und Handlungen zuunterlassen, die die Konfrontation anheizen.In Verhandlungen müsse auchdie Problematik des Atomprogrammsder KVDR erörtert werden.Mit Blick auf Afghanistan wird festgestellt,dass nach dem Abzug der NA-TO-Kampftruppen eine Welle islamistischenRadikalismus drohe. Diese seinicht nur militärisch, sondern vor allemwirtschaftlich durch die Entwicklungdes bescheidenen ProduktionspotentialsAfghanistans, Investitionen in dessenLandwirtschaft und Barrieren gegenden Rauschgifttransfer zu bannen.Zum Raketenabwehr-System der USAbetont die Deklaration, dass der einseitigeund unbegrenzte Ausbau diesesSystems durch einen Staat ohneBerücksichtigung der Interessen andererLänder der Stabilität und internationalenSicherheit Schaden zufüge.Die damit verbundenen Probleme seiendurch politisch-diplomatische Anstrengungenaller interessierten Staatenzu regeln.Ein Thema auf dem Gipfel war auchdie Informationssicherheit. Dazu heißtes u. a.: „Die Staaten der SOZ tretenfür eine friedlichen, sicheren, gerechtenund offenen Informationsraum ein, derauf den Prinzipien Achtung der Souveränitätder Staaten und Nichteinmischungin die inneren Angelegenheitenanderer Länder gründet.“ Zugleichwird kein Zweifel daran gelassen, dassman beabsichtigt, die Propagierung vonTerrorismus, Extremismus und Separatismusüber das Internet zu unterbinden.Es sei notwendig, Regeln, Prinzipienund Normen für ein verantwortungsbewusstesHandeln der Staatenim Informationsraum auszuarbeiten.Was die Projekte im Rahmen derSchanghai-Organisation betrifft, so bestätigtendie Präsidenten der Mitgliedstaatenden Aktionsplan 2013–2017 zurRealisierung des Vertrages über guteNachbarschaft, Freundschaft und Zusammenarbeit.Außerdem wurde dieVereinbarung zwischen den Regierungender Mitgliedsländer zur wissenschaftlich-technischenZusammenarbeitbestätigt. Es wurde eine Übereinkunfterzielt, für die Modernisierungder nationalen Volkswirtschaften imRahmen der SOZ Entwicklungsfondsund eine Bank für Entwicklung zuschaffen. Das Fehlen eines Finanzierungsmechanismuswar das Haupthindernisfür das weitere Voranschreitender Organisation. Es existierten dazuverschiedene Projekte. Das russischeFinanzministerium schlug vor, die EurasischeBank für Entwicklung dafür zunutzen. Andere, vor allem China, bestandendarauf, eine spezielle Entwicklungsbankder SOZ zu schaffen.Eine gewisse Konkurrenz zwischenRussland und China wurde in Bischkekauch bei Verkehrsprojekten deutlich.So propagierte der chinesische Präsidentbereits im Vorfeld des Gipfels dieIdee einer „neuen Seidenstraße“, d. h.der Öffnung eines Transportkorridorsvon Zentralasien an den PersischenGolf. In russischen Medien wird diesesVorhaben als Konkurrenzprojekt zurTranssib gesehen. Wladimir Putin unterbreitetedarum den Vorschlag, dasPotenzial der transsibirischen Magistraleim Interesse der SOZ zu nutzenund bei deren Modernisierung zusammenzuarbeiten.Das Problem der Aufnahme neuer Mitgliederin die SOZ wurde in Bischkeknicht entschieden. Aufnahmeanträgehatten Iran und Pakistan bereits gestellt,die Absicht, Mitglied zu werden,hatte Indien erklärt und Interesse zeigtauch die Mongolei. Putin äußerte aufdem Gipfel die Meinung, die Diskussiondarüber müsse fortgesetzt werden,„ohne sich zu übereilen“.Der Wunsch der genannten Staaten,Mitglied der SOZ zu werden, ist ein Belegfür die internationale Autorität dieserOrganisation. Die SOZ ist zu einemwichtigen Spieler auf der internationalenBühne und – wie auch die BRICS-Staaten – zu einem der Eckpfeiler fürdas Gebäude einer multipolaren Weltordnunggeworden.Umso deutlicher fällt die Ignoranzdeutscher und anderer westlicherMassenmedien ins Auge, die so gutwie nichts über den Gipfel der SOZ-Mitgliedstaaten berichtet haben, derenTerritorien den größten Teil des eurasischenKontinents umfassen und in denenüber eineinhalb Milliarden Menschenleben.Willi GernsFreitag, 20. September 2013 7Landarbeiterstreikvor einer Lösung?Kolumbiens Bauern und Regierung begleiten dieHavanna-Verhandlungen auf ihre WeiseFranzösischer Aktionstag gegen die Rentenreform„Wir wollen eine Rente noch, solange wir leben“„Kein Geld für Renten und Löhne – aber für Bomben.“sollen es nur 155 000 gewesen sein), umdurch einen Vergleich mit den Zahlenvon 2010 ihre Misserfolgs-Prognose alsbestätigt auszugeben. Damals hatte dieTeilnehmerzahl bei 2,7 Millionen (1,1Mio. laut Polizei) gelegen. Aber dieheutige Situation ist natürlich wedervom politischen Umfeld, angesichts einersozialdemokratisch geführten Regierung,noch vom sachlichen Inhaltder jetzigen Regierungspläne her mitder damaligen Situation zu vergleichen.FO-Chef Mailly sagte deshalb, der Aktionstagsei zwar „keine Riesenwelle,aber eine gute Mobilisierung“ gewesen.Eric Aubain von der CGT betonte, dieserAktionstag sei „nur die Premiere“gewesen. Weitere Aktionen wurden angekündigt,besonders, wenn im Oktoberdie Beratung der Regierungsvorlage imParlament ansteht.Von der Regierung Hollande war eigentlicherwartet worden, dass sie diereaktionäre Sarkozy-„Reform“ rückgängigmachen und das Recht auf eineVollrente mit 60 Jahren wieder herstellenwürde. Stattdessen sieht die neuesozialdemokratische „Rentenreform“nun eine weitere Verschlechterung desfranzösischen Rentenrechts vor, wennauch mit deutlichen Abstrichen gegenüberden Forderungen der Unternehmerverbände(MEDEF) und mit einerReihe von Maßnahmen, die nicht sofortspürbar, sondern erst in einigen Jahrenwirksam werden.Die kolumbianische Regierung ist indem anhaltenden Landarbeiter- undVolksstreik auf Grund des Drucks derMassen auf der Straße am 8. Septemberauf die „Vereinbarung von Popayán“(Departement Cauca in Südkolumbien)eingegangen. VizepräsidentAngelino Garzón und Gouverneuresowie Kirchen- und UN-Vertreter warenzugegen.Die Sprecher der Landwirtschaftlichenund Nationalen Gesprächs- undVereinbarungsgemeinschaft (MIA) unterzeichnetenden Text gemeinsam mitGarzón und sieben Gouverneuren ausbetroffenen Departements, der das Zieleines direkten Dialogs über die bäuerlichenForderungen hat. Der Streik aufdem Lande wird bis dahin nur ausgesetzt,aber nicht aufgehoben.Die ersten drei Wochen Streik habeneinen Erfolg für die Landbevölkerungdargestellt. Sie hatte ihn bewusst inden Kontext der Friedensverhandlungenzwischen Regierung und FARC-EP in Havanna gestellt, die sich zuletztum die Landfrage gedreht haben(Ende September gehen sie zu Fragenvon Drogenanbau und -handelüber). Zunächst sollte die Situationder Kleinbauern allgemein ins Lichtder Öffentlichkeit gestellt werden,aber darüber hinaus auch das strukturelleVerteilungsproblem, das Fehleneiner staatlichen Entwicklungspolitikfür die Landzonen und die Riesengewinne,die ausländische Unternehmenaus den bilateralen Freihandelsverträgenziehen.Natürlich blieb die staatliche Antwortauf die Demonstrationen in Stadt undLand nicht aus: 262 Menschen wurdenfestgenommen; 485 Verletzte und zwölftote Bauern sind der Saldo der brutalenEinsätze von Armee und Polizeigegen die Protestierenden, vor allemim Cauca und in Tolima. Der Fall derFestnahme des stellvertretenden Vorsitzendenvon Fensuagro (Landarbeitereinheitsgewerkschaft),Huber Ballesteros,ist dabei in Kolumbien als direkterAngriff auf die starke Rolle derMarcha Patriótica in diesem Streik gewertetworden, der die Regierung eineFARC-Nähe vorwirft. Immer mehrkommt die Regierung in die Verlegenheitdie FARC einerseits als isoliertzu denunzieren, andererseits aber Demonstrationenvon hunderttausendenMenschen, die nicht einmal vor den Paramilitärszurückschrecken, immer wiederals FARC-gesteuert zu bezeichnen.In der KP-Zeitung VOZ wurden Bauernsprecherzitiert: „Es ist nicht zu verstehen,wie der Protest der Bauern fürminimalste Rechte des Überlebens solcheReaktionen nach sich ziehen kann.Die Behandlung des Protestes in Kolumbienvollzieht sich militärisch, unddas muss auf die Regierung von PräsidentSantos zurückfallen, die von Friedenspricht und wie im Krieg agiert!“Die MIA-Sprecher betonten, dass derStreik beibehalten bleibt, bis sechsPunkte geklärt sind: Maßnahmen gegendie Krise der Landwirtschaft, Eigentumsrechtefür die Bauern amLand, Anerkennung der bäuerlichenTerritorialität, Garantien für die Teilhabevon Bauern und Kleinbergleutenbei der Bergbaupolitik, Garantien fürdie politischen Rechte der Bauern undInvestitionen in Bildung, Gesundheit,Wohnungen, öffentliche Dienstleistungenund Wegebau auf dem Land.Während Juan Manuel Santos den agroindustriellenSektor zu einem „NationalenAgrarpakt“ eingeladen hat,bereiten die Bauernverbände einen„Nationalen Agrargipfel“ vor, zu demVertreter/innen aus allen siebzehnDepartements, die der Streik umfasst,eingeladen sind. „Wir nehmen an demNationalen Agrarpakt nicht teil, weiler nicht die Interessen des Landes widerspiegelt.Wir kennen die Ziele diesesPaktes nicht, haben keine Klarheitüber das, was damit gemacht werdensoll. Unser Gipfel hat dagegen ein klaresZiel für die kolumbianische Landbevölkerung“,sagte Andrés Gil, Sprecherder MIA, zu VOZ.Innerhalb der kürzlich vorgenommenenKabinettsumstellung wird vomFensuagro-Vorsitzenden Eberto Díazinsbesondere der neue LandwirtschaftsministerRubén Lizarralde als„Agromanager“ kritisiert. Mit ihm seienkeinerlei Lösungen für die Bauernnoch für die indigene und schwarze Bevölkerungauf dem Land erwartbar.VOZ/Günter PohlHauptkritikpunkt ist, dass zwar das vonSarkozy eingeführte Renteneintrittsaltermit 62 Jahren nicht weiter erhöhtwerden soll, wie die Unternehmer geforderthatten, dass aber stattdessen diefür eine Vollrente notwendige Zahl vonBeitragsjahren von derzeit 41,5 auf 43Jahre angehoben wird, was praktisch ingleicher Weise auf die Verlängerung derFrist für den Bezug einer Vollrente hinausläuft.Allerdings soll diese Anhebungschrittweise nur alle drei Jahre umjeweils ein Quartal vorgenommen werden,sodass sie erst ab 2035 voll wirksamwird.Außerdem wird ein Punktesystem fürdie Verrichtung besonders anstrengenderoder gesundheitsbelastender Arbeiteneingeführt, das es bei Erreicheneiner bestimmten Punktezahl ermöglichensoll, zwei Jahre früher in Rente zugehen. Dies wurde auch von CGT undFO als eine echte Verbesserung gegenüberdem jetzigen Zustand bewertet.Vorgesehen sind jedoch weitere, wennauch vielleicht für die Mehrheit derBetroffenen nicht ganz so gravierendeVerschlechterungen. Auf eine generelleErhöhung des „Allgemeinen Sozialbeitrags“(CSG), wie sie „Expertenvorschläge“empfohlen hatten, wurdeverzichtet. Vorgesehen ist aber eineschrittweise jährliche Erhöhung derBeiträge in die Rentenkasse ab 2014um 0,15 %, 2015, 2016 und 2017 um je0,05 %, insgesamt also um 0,3 Prozent.Ferner wird die jährliche Rentenanpassungan den Preisindex vom 1. April auf1. Oktober verschoben, also ein halbesJahr lang weniger als bisher ausgezahlt.Auch sollen die Zuschläge für Rentnerinnenund Rentner, die drei oder mehrKinder großgezogen haben, künftig versteuertwerden müssen.Von Kritikern des Vorhabens wurdevorgerechnet, dass Jugendliche, dieheute im Durchschnitt den ersten festenArbeitsplatz mit 27 Jahren erhalten,mit dieser „Rentenreform“ bis 70arbeiten müssen, um eine Vollrente zuerhalten. Wer laut dem geltenden Renteneintrittsaltermit 62 in Rente gehenmöchte, kann die 43 notwendigen Beitragsjahrenur erreichen, wenn er schonmit 19 eine feste Beschäftigung hatteund seitdem ununterbrochen beschäftigtwar.Es war deshalb kein Zufall, dass zu demgewerkschaftlichen Aktionstag auch Jugendorganisationenwie der allgemeineStudentenverband UNEF und dieSchülerunion sowie ein Jugendkollektiv„Die Rente – eine Sache der Jungen“aufgerufen hatten.Zu den Unterstützern zählten auch dieFranzösische Kommunistische Partei,die „Linkspartei“(PG) und die anderenKomponenten der „Linksfront“, fernerdie als „linksradikal“ geltende „NeueAntikapitalistische Partei“ (NPA) sowieAttac und eine Reihe von Personen ausdem Spektrum der Grünen und vomlinken Flügel der regierenden „SozialistischenPartei“.Pierre Poulain


8 Freitag, 20. September 2013 Kommentare / Dokumentationunsere zeitGastkolumne von Sevim Dagdelen*Die Heuchelei des WestensSeit zwei Jahren herrscht ein schrecklicherBürgerkrieg in Syrien. Die katastrophaleLage in Syrien hat ihreUrsachen nicht in der „Untätigkeit“des Westens, sondern ganz im Gegenteil!Die NATO-Staaten habenimmer wieder bewaffnete Sezessions-und Aufstandsbewegungen unterstützt,um einen völkerrechtswidrigen„Regime-Change“ durchzusetzen.So auch in Syrien – wie bereits zuvorim Kosovo, im Sudan und zuletzt inLibyen. Sie haben die Militarisierungdes Aufstandes und eine Eskalationdes Bürgerkrieges von außen angeheizt.Die Bundesregierung war daranin vollem Umfang beteiligt: Früh legtesie sich auf einen Sturz der RegierungAssad fest, belegte sie mit Sanktionen,kappte die diplomatischen Verbindungenzu dieser und anerkanntestattdessen einen Zusammenschlussvon Exil-Syrern als „legitime Vertretungdes syrischen Volkes“. Noch bevordie Situation zum offenen Bürgerkriegeskaliert war, entwickeltesie mit den zunehmend bewaffnetenAufständischen Pläne für den „Tagdanach“ und richtete eine „ArbeitsgruppeWirtschaftlicher Wiederaufbauund Entwicklung“ der „FreundeSyriens“ ein. Auch die gerade von derSPD und den Grünen immer wiederangestoßene Diskussion um eineFlugverbotszone nach libyschen Vorbildbestärkte gerade die reaktionärstenKräfte der syrischen Oppositionund internationale Djihadisten, trotzoffensichtlicher militärischer Unterlegenheit,zu den Waffen zu greifenund den Konflikt zu eskalieren. DieWaffen hierfür lieferten DeutschlandsVerbündete in der NATO und unterden „Freunden Syriens“: die USAund die Türkei, Frankreich, Großbritannien,Saudi Arabien und Katar.Deutschland lieferte Geheimdienstinformationenund unterstützte dievon der Türkei ausgehenden Provokationenmit der Stationierung vonPatriot-Raketen, letztere auch nochauf Basis einer Lüge.Durch das Befeuern des Bürgerkriegeshaben die NATO und auchDeutschland massiv dazu beigetragen,dass zirka zwei Millionen Menschenbislang vor Krieg, Verfolgungund Not aus Syrien geflohen sind. Siekonzentrieren sich in vier Ländern:Libanon (716 000), Jordanien (515000), Türkei (460 000) und Irak (168000). Das stellt diese Staaten vor extremeHerausforderungen. In Syrienselbst suchen mehr als doppelt soviele Menschen Zuflucht. Auch hierist derzeit eine Verschlechterung inSicht. Denn, wie die Bundesregierungauf eine Kleine Anfrage der Linksfraktioneingeräumt hat, operieren alsterroristisch eingestufte djihadistischeGruppen aus dem türkischen Grenzgebietheraus. Von hier aus haben sieAngriffe auf die kurdischen Selbstverwaltungsstrukturengeplant undausgeführt, bei denen zahlreiche Zivilistengetötet und entführt wurden.Foto: MaercksZuvor waren die kurdischen Gebietevom Bürgerkrieg weitgehend verschontgeblieben, boten einen Rückzugsraumfür Binnenflüchtlinge undUmschlagplatz für humanitäre Hilfe.Hiermit dürfte es bei einer weiterenEskalation durch die Unterstützungder reaktionärsten Kräfte der syrischenOpposition und internationalenDjihadisten bald komplett vorbeisein.Während sich Deutschland an derEskalation des Konflikts beteiligt,will man mit den Folgen so wenig wiemöglich zu tun haben. Die „großzügige“Aufnahme von 5 000 syrischenFlüchtlingen durch Deutschlandwirkt geradezu lächerlich. Zynischist, dass neben der Schutzbedürftigkeitweniger humanitäre Aspekte einRolle spielen. So sollen bestehendeFamilienbindungen nach Deutschlandund die Qualifikation der Flüchtlingeüber die Aufnahme entscheiden.Deutschland und speziell der Bundesinnenministerwollen also aus derhumanitären Katastrophe neben dempropagandistischen Wert der Flüchtlingsaufnahmeletztlich möglichstauch noch wirtschaftliches Kapitalschlagen.Es ist diese Migrationspolitik, dieBevölkerungen zu Gefangenen ihrereigenen Regierungen oder von sogenanntensicheren Drittstaaten machtund es sind die Menschen in Afghanistan,dem ehemaligen Jugoslawien,Somalia, Libyen und Syrien, welchedurch die imperialistischen Konfliktezwischen Großmächten und westlichenPlänen zur Neuordnung ganzerTerritorien in unsägliches Leid gestürztwerden. Für sie müssen wir unsstark machen. Das heißt, ihnen mussunbürokratisch Schutz gewährt werden.Das heißt aber auch, Rüstungsexportezu verbieten und AusbildungsundAusstattungshilfen von MilitärundPolizeikräften zu beenden, diezur Unterdrückung der jeweiligenBevölkerungen dienen.*Sevim Dagdelen, Sprecherin für InternationaleBeziehungen und Sprecherin für Migrationund Integration der Fraktion „Die Linke“im Bundestag, Mitglied im AuswärtigenAusschuss und stellvertretendes Mitglied imInnenausschuss.Umfairteilen-Demo in Berlin: Aktion zum Abschluss der Demonstration. Allehatten gemeinsam Spaß daran, symbolisch die Euros bei den Reichen einzusammelnund umzuverteilen.Karikatur: Bernd BückingSo hoch wie es sein mussInterview mit Tobias Kriele, einem der Initiatoren der „Spitzenaktion“Am 12. September, dem 15. Jahrestagder Verhaftung der fünf als „CubanFive“ bekannt gewordenen Kubaner,bestieg eine kleine Gruppe vonAktivisten den Gipfel der Zugspitzeund forderte dort die Freilassung dervier in US-Gefängnissen verbliebenenGenossen. Organisiert wurde dieAktion vom Netzwerk Cuba auf Vorschlagdes <strong>DKP</strong>-Parteivorstandes.Die <strong>UZ</strong> sprach mit Tobias Kriele, einemder Initiatoren der Besteigung.<strong>UZ</strong>: Zunächst einmal, Gratulation: Ihrhabt es tatsächlich geschafft, auf denGipfel der Zugspitze zu gelangen.Tobias Kriele: Danke. Es war uns wichtig,bis zum symbolisch wichtigen Gipfelkreuzzu gelangen. Wir sind keineAlpinisten, niemand von uns hat Bergsteigererfahrungund unsere ursprünglichenPläne wurden durch widrigeWetterbedingungen auf den Kopf gestellt.Unser Plan war, mit unserer kleinenGruppe ab 2 500 m aufzusteigen. Alswir von der Basisstation aufbrachen,herrschten jedoch Temperaturen vonfünf Grad unter Null und dichtesSchneetreiben begrenzte die Sicht aufunter 100 Meter. Die Wegweiser warenzudem eingeschneit und die örtlichenBergführer erklärten unser Vorhabenfür wahnsinnig. Schweren Herzensmussten wir den Aufstieg abkürzen unddie Seilbahn nehmen.Von der Seilbahnstation bis zum eigentlichenGipfel ist es eigentlich einekurze Strecke, die aber schon bei gutemWetter Bergsteigererfahrung und eineKletterausrüstung verlangt. Kurzum, eswurde auf den letzten Metern noch einmalrichtig abenteuerlich: Mit schlotterndenKnien standen wir schließlichauf dem Gipfel und konnten dort unserTransparent entrollen.<strong>UZ</strong>: Wie war die Gruppe der Bergsteigerzusammengesetzt?Tobias Kriele: Wir waren sechs Aktivisten,davon zwei aus Österreich. EineGenossin war erst zwei Tage vorher vonder SDAJ-Brigade aus Kuba zurückgekehrt.Niemand von uns hatte Erfahrungam Berg. Aber wir hatten ein Ziel,und alle waren der Ansicht, dass es fürden Erfolg der Sache notwendig sei, biszum Gipfelkreuz zu klettern. Über dieextra eingerichtete Homepage www.spitzenaktion.de sowie unsere Seite beiFacebook konnten wir die Geschehnissezeitnah dokumentieren und bekamendementsprechend noch im Bergdie ersten Reaktionen.Noch auf dem Weg zum Gipfel erreichteuns die Gratulation der kubanischenBotschaft zu dieser Aktion. Etwas ganzBesonderes war aber, dass wir auf derZugspitze telefonischen Kontakt mitRené González herstellen und ihn vomGelingen unserer Aktion unterrichtenkonnten.<strong>UZ</strong>: Wie hat René auf diesen Anruf reagiert?Tobias Kriele: René wird in Kuba alsHeld verehrt, entpuppte sich aber amTelefon als freundlicher und bescheidenerMensch. Er konnte kaum glauben,von wo er da angerufen wurde undmeinte, die Verbindung sei so deutlich,als wären wir nah bei ihm. In gewisserHinsicht war das ja auch der Fall. Erzeigte sich beeindruckt von den klimatischenBedingungen und gratulierteTobias Krieleuns zur gelungenen Besteigung. WenigeTage vorher hatte René im kubanischenFernsehen dazu aufgerufen, am12. September ganz Kuba mit gelbenBändern zu versehen, als Zeichen dafür,dass ein ganzes Volk auf die Rückkehrvon Antonio, Ramón, Gerardound Fernando wartet. Wir berichtetenihm, dass wir alle gelbe Bänder trügen.Und alle äußerten wir die Hoffnung,im nächsten Jahr keinen weiteren internationalenAktionstag mehr durchführenzu müssen. Zum Schluss wurdeuns aufgetragen, im Namen der FünfGrüße an alle Freundinnen und Freundein Deutschland zu übermitteln.Später haben wir dann erfahren, dassRené am Rande einer großen Veranstaltungin Havanna begeistert von unsererAktion berichtet hat. Das war natürlicheine große Bestätigung für uns.<strong>UZ</strong>: Hat es sich also um eine echte„Spitzenaktion“ gehandelt, wie zuvorangekündigt?Tobias Kriele: Das Motto „Spitzenaktion– Zug um Zug für die Freiheit derCuban Five“ ist ja ein Wortspiel aus„Aktion“ und „Zugspitze“. Unser Konzepthat vorgesehen, eine symbolischeund in gewisser Hinsicht Aufsehen erregendeAktion mit einer Online-Mobilisierungzu verbinden. Dazu habenwir die Internetseite www.spitzenaktion.deund später eine Facebook-Seiteeingerichtet. Beide Seiten sind gut angenommenworden, auf jeder habengut zweihundert Menschen die Aktiononline unterstützt. Ohne der noch ausstehendenAuswertung vorgreifen zuwollen, kann man festhalten, dass dieVerbindung einer symbolischen Gipfelbesteigungmit einer Internet-Mobilisierungzumindest teilweise gelungenist. Als Erfolg ist es auch zu verbuchen,dass fast 70 Freundinnen und Freundedie Aktion mit einem öffentlichenStatement unterstützt haben, daruntereinige Gewerkschaftssekretäre. Aufder anderen Seite hatten wir höhereErwartungen, was die schneeballartigeVerbreitung der Aktion im Internet angeht.Möglicherweise sind wir da unterunseren Möglichkeiten geblieben.Viele der Compañeras und Compañeros,die im Netzwerk Cuba organisiert sind,haben uns großartig unterstützt. Offensichtlichkonnten sich viele mit der Aktionidentifizieren. Mit den Kundgebungen,die zeitgleich in Frankfurt Hamburgund Düsseldorf stattfanden, habenwir uns gut ergänzt. Unsere Idee war jaeben, ein unübersehbares Zeichen zusetzen, welches aus den medial vernebeltenTälern herausragt. Wie wahr diesesAnliegen ist, zeigt sich, wenn mansich vor Augen führt, dass in der BRD,abgesehen von der „jungen Welt“, natürlich,keine Tageszeitung über die Aktionberichtete. Das verordnete Schweigen istnicht durch eine Aktion zu brechen, hierist unsere Ausdauer gefragt, wie überhauptim Fall der Cuban Five.<strong>UZ</strong>: Wie ist denn die aktuelle Situationder Gefangenen?Tobias Kriele: Die juristischen Mittelsind weitgehend ausgeschöpft. Nochläuft ein ein Antrag unter dem Titel„Habeas Corpus“ bei Gerardo, der dienachgewiesenen Zahlungen der US-Regierung an Journalisten thematisiertund die US-Regierung auffordert, diediesbezüglichen Dokumente freizulegen.Aber gerade in dieser Sache wirddeutlich, dass die Entscheidungen derpolitischen Justiz vom öffentlichenAufruhr abhängen, der sich um einenFall entfacht. Man kann wohl sagen,dass der Fall der Cuban Five jeden Tagweniger juristisch und mehr politischwird. Die Strategie der US-Regierungist offensichtlich, den einen oder anderenmit den Jahren zu entlassen – dernächste wäre in dieser Logik Fernando.Das Kalkül ist aber, Gerardo mit seinenzwei Mal lebenslänglich plus 15 Jahrenauf alle Ewigkeit als Geisel gegen dasantiimperialistische Kuba festzuhalten.Die Mühle der Zeit ist die Verbündeteder US-Regierung – gerade deshalbist es so wichtig, auch nach 15 JahrenSolidarität nach neuen Aktionsformenzu suchen und neue Akzente zu setzen.Wie wir am Telefon zu René sagten:Wenn es notwendig sein sollte, steigenwir wieder hoch. So hoch, wie eseben sein muss, um Gerechtigkeit fürdie Fünf und für Kuba zu erkämpfen.Fragen: Manfred Idler


BochumSozialistischeWochenzeitung –Zeitung der <strong>DKP</strong>www.unsere-zeit.deFoto: K.-R. Engels„Umfairteilen – Reichtum besteuern“Tausende Menschen gingen am 14. September auf die StraßeFoto: K.-R. EngelsEs geht um die ganze BäckereiAus der Presseerklärung des BündnissesUmfairteilen:Als starkes Signal werten die Initiatorendie (…) Demonstrationen undKundgebungen, bei denen insgesamtmehr als 15 000 Menschen für einestärkere Besteuerung von Reichtumund gegen soziale Ungleichheit undSozialabbau auf die Straßen gegangensind. Zu den Demonstrationen aufgerufenhatte das Bündnis „Umfairteilen– Reichtum besteuern“ von Attac,Gewerkschaften, Sozialverbänden undweiteren zivilgesellschaftlichen Initiativenund Organisationen. Die äußerstbreite Zustimmung in der Bevölkerungstelle für die Politik eine Verpflichtungzu einem steuerpolitischen Kurswechseldar.Die zentrale Demonstration fand inBochum statt, wo sich insgesamt mehrals 12 000 Menschen an einem Sternmarschbeteiligten. Zeitgleich bildetenin Berlin Tausende eine Umfairteilen-Kette im Regierungsviertel. Auch inanderen Städten – darunter etwa Saarbrückenund Regensburg – fanden (…)Umfairteilen-Veranstaltungen statt.„Wir haben die Verteilungsfrage unddie Finanzierung sozialer Infrastrukturerfolgreich auf die politische Agendagesetzt. Innerhalb weniger Monatebildeten sich mehr als 60 lokale Bündnissein Deutschland, die mit über250 Veranstaltungen und Demonstrationenerreichten, dass die Forderungnach einer gerechten Steuerpolitik alsMittel der fairen Verteilung in die Öffentlichkeitkam. Das ist ein Riesen-Erfolg“, sagte Helge Bauer vom globalisierungskritischenNetzwerk Attac.Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführerdes Paritätischen Wohlfahrtsverbands,wertete den (…) Tag ebenfallsals beeindruckende Bestätigung(…). Konkret fordert das Bündniseine dauerhafte Vermögenssteuer sowieeine einmalige Vermögensabgabezur Finanzierung des Gemeinwesensund notwendiger Reformen. „WichtigeBereiche wie Bildung und Pflege sinddauerhaft unterfinanziert. Wir brauchendeshalb dringend zusätzliche Investitionenin die gesellschaftliche undsoziale Zukunft Deutschlands. Da istes ein Akt ausgleichender Gerechtigkeit,wenn Millionäre und Milliardäre,deren Vermögen im Zuge der Finanzkrisemit dem Geld der Steuerzahlergerettet wurden, jetzt einen stärkerenBeitrag leisten“, sagte Frank Bsirske,Vorsitzender der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaftver.di.Özlem Alev Demirel, Bundesvorsitzendevon DIDF, bilanzierte für dieMigrantenorganisationen, die zahlreichzu der Demonstration mobilisierthaben: „Die Schere zwischen Armund Reich klafft in Deutschland immerweiter auseinander. Nicht zuletzt diePolitik der Steuergeschenke und Rettungspaketean Reiche, Konzerne undBanken auf der einen Seite und Sozialkürzungenund Lohndumping aufder anderen Seite haben dazu beigetragen,dass wir eine geradezu perverseReichtumsverteilung in diesem Landhaben. Um diesen Trend umzukehren,soziale Gerechtigkeit und Teilhabe füralle Menschen einzufordern, warenwir heute lautstark und kreativ aufder Straße.“Dem parteipolitisch unabhängigenBündnis „Umfairteilen – Reichtumbesteuern!“ gehören auf Bundesebene24 Organisationen an: vom globalisierungskritischenAttac und dem Online-Netzwerk Campact, Gewerkschaftenwie ver.di und GEW, Sozialverbändenwie Paritätischer Wohlfahrtsverband,SoVD und Sozialverband VdK überdie Katholische Arbeitnehmerbewegung,Migrantenverbände, Jugend- undStudierendenorganisationen bis hin zuden Naturfreunden Deutschlands undder Initiative Vermögender für eineVermögensabgabe. 14.9.2013Foto: K.-R. EngelsBochumFoto: K.-R. EngelsABerlinBochumBochumAuch in Berlin standen die Verteilungsfrageund die Finanzierung dersozialen und kulturellen Infrastrukturim Mittelpunkt. Etwa 3 000 waren zurAuftaktkundgebung gekommen, umanschließend zum Regierungsviertelzu demonstrieren. Stark vertreten warendie Sozialverbände, Attac und dieGewerkschaften ver.di und GEW. DieAndrea Kocsis, stellvertretende ver.di-Bundesvorsitzende, forderte einenPolitikwechsel, weg von der „unfairen“Verteilung des gesellschaftlichenReichtums. Umverteilen, das bedeuteauch, am Wahlsonntag die Stimmenneu zu verteilen. Friedhelm Hengsbach,angekündigt als christlicher Sozialethikerund Kapitalismuskriti-die Forderung nach „Umverteilen“. Beigemeinsamer Kapitalismuskritik machtdies für viele den Unterschied aus zwischender Suche nach einer Alternativeim System und der Suche nach einerAlternative zum kapitalistischen System.Gemeinsamkeit gibt es aber trotzdembei den aktuellen Forderungen desFoto: Gustav Pursche / Campact/ flickr.com (CC BY-NC 2.0)BerlinBerlinFoto: Gustav Pursche / Campact/ flickr.com (CC BY-NC 2.0)Foto: Gustav Pursche / Campact/ flickr.com (CC BY-NC 2.0)Blöcke von der Partei „Die Linke“ undvon den Grünen waren nicht zu übersehen.Die Veranstalter waren mit derMobilisierung zufrieden angesichtsder Tatsache, dass eine Woche vorhernicht nur die große Demonstration„Freiheit statt Angst“ mit 20 000 Teilnehmernstattgefunden hatte, sondernauch der DGB zum Aktionstag „Flaggezeigen für einen Politikwechsel“ aufgerufenhatte. Im Rahmen dieser Aktionwaren zum Metall-Parlament derIGM vor dem Brandenburger Tor etwa2 000 TeilnehmerInnen gekommen.ker, stellte die Eigentumsfrage in denMittelpunkt seiner Ausführungen. Erprangerte den „exklusiven Reichtum“an, der „gesellschaftlich parasitär“ sei.Ursula Engelen-Kefer vom SozialverbandDeutschland forderte in ihrerkämpferisch vorgetragenen Rede, auchnach dem Wahltag weiterzukämpfen.„Dann müssen wir antreten und vonder neuen Regierung verlangen, dassdie Umverteilung beginnt und zwar zuerstbei den Steuern.“Im Demonstrationszug gab es nebender offiziellen Losung „UmFairTeilen“Bündnisses. Als zum Abschluss derDemonstration eine Menschenketteüber die Spree zum Regierungsviertelgebildet wurde, hatten alle gemeinsamSpaß daran, symbolisch die Euros beiden Reichen einzusammeln und umzuverteilen.Geldsäcke wurden dahinweitergereicht oder geworfen, wo dasGeld wirklich benötigt wird.Dazu sang Dota Kehr, bekannt alsKleingeldprinzessin, ihr Lied „Utopie“:„Es geht nicht um ein Stück vom Kuchen,es geht um die ganze Bäckerei.“Michael MaercksFoto: Gustav Pursche / Campact/ flickr.com (CC BY-NC 2.0)Berlin


10 Freitag, 20. September 2013 Theorie und Geschichteunsere zeitNoch 1967/1968 gab es intensiveBemühungen, die Aufhebung desVerbotsurteils gegen die KPD zu erreichen.(Ankündigung unterschiedlicherVeranstaltungen)Am 25. September 1968 versammelten sichüber dreißig Kommunistinnen und Kommunistenin Frankfurt am Main, sie diskutiertenund verabschiedeten eine Erklärung zurKonstituierung der Deutschen KommunistischenPartei.Sie verstandensich als Initiatorenund MitgliedereinesBundesausschusses.Festgelegt wurde, dass eine Bundeskonferenzstattfinden und im Frühjahr 1969 dererste Parteitag durchgeführt werden sollte. DemParteitag war vorbehalten über den Namen derPartei, eine Grundsatzerklärung und ein Statutzu entscheiden sowie die Gremien der Partei zuwählen.Einen Tag später führten Kurt Bachmann als Leiterdes Arbeitsausschusses und weitere Mitgliedereine viel beachtete Pressekonferenz durch.Nicht alle Mitglieder des Bundesausschussesnahmen an dieser Pressekonferenz am 26. Septemberteil. Sie waren schon wieder auf derFahrt in Heimatorte, informierten weitere Genossinnenund Genossen und bereiteten in ihrenBundesländern Landeskonferenzen vor, auf denenLandesausschüsse gewählt wurden. Ebensowurden in den wichtigsten Orten auch Kreisausschüssegebildet.Soweit die nüchternen Fakten zur Konstituierungder <strong>DKP</strong>.Nachzutragen wäre noch, dass ein Großteil derMitglieder des Bundesausschusses in der Zeitdes Kalten Krieges wegen illegaler Arbeit fürdie verbotene KPD inhaftiert waren. Zum Beispielsaß der Genosse Otto Hans aus Hildesheimnoch bis März 1968 in der Haftanstalt Hannover.HVorausgegangen waren intensive Bemühungenum die Aufhebung des Verbotsurteils gegen dieKPD und für ihre Wiederzulassung. National wieinternational mehrten sich die Forderungen nachder Legalität für die KPD. Bundesweit bekannteJuristen und Verfassungsrechtler wiesen nach,dass das Verbotsurteil weniger mit Recht als mitpolitischer Willkür zu tun hatte. Auf Konferenzen,in Fernsehdiskussionsrunden war dieses Themapräsent. Bei Ostermärschen, Antinotstandsaktionenund auf gewerkschaftlichen Maidemonstrationentauchten Plakate und Umhängeschilder mitder Forderung zur Aufhebung des Verbots auf.Eine Initiativgruppe zur Aufhebung des KPD-Verbots wirkte praktisch bundesweit, in ihr arbeitetenbekannte Mitglieder der KPD mit.Die Parteiführung der KPD benannte eine Verhandlungsgruppemit Max Schäfer, Herbert Mies,der ehemaligen Bundestagesabgeordneten GreteThiele und dem ehemaligen niedersächsischenLandtagsabgeordneten Ludwig Landwehr.Als es für die Bundesregierung, eine „Große Koalition“,immer enger wurde ein Verbot der KPDweiter zu begründen, trat dann der Minister HerbertWehner (SPD) auf und schlug vor, dass dieKPD einen Programmentwurf vorlegen solle.Die KPD legte dann im Januar 1968 einen Programmentwurfvor. Dieser sollte auf einer Pressekonferenzin Frankfurt der Öffentlichkeit vorgestelltwerden. Das wurde durch die Bundesregierungverhindert. Max Schäfer und Herbert Mieswurden verhaftet. Die vorliegenden Entwürfebeschlagnahmt.Gleichzeitig war organisiert worden, dass derEntwurf bundesweit an Mitglieder der Parteiund Bündnispartner verteilt werden konnte.Doch nicht überall gelang das. Die politischePolizei machte Hausdurchsuchungen bei örtlichbekannten Kommunistinnen und Kommunistenund beschlagnahmte einen Teil der Dokumente.In einigen Bundesländern konnten Kommunistenöffentliche Veranstaltungen durchführen, in45 Jahre <strong>DKP</strong> – Erinnerungenvon Peter Dürrbeck, Mitglied im Bundesausschuss der <strong>DKP</strong> 68/6925. September 1968, Frankfurt am Main: Überdreißig Kommunistinnen und Kommunistendiskutieren und verabschieden eine Erklärungzur Konstituierung der Deutschen KommunistischenPartei.anderen, wie in Niedersachsen, wurde jedes Auftretenverhindert.Als Kurt Baumgarte, Ernst Wichmann, Fritz Maiwald,Otto Hans und ich am 17. August 1968 inHannover eine Pressekonferenz durchführenwollten, wurdediese mit demHinweis verboten,dassdiesePressekonferenz imAuftrage der illegalenKPD stattfinden solle, schließlichwaren wir in den Jahren 1966 bis 1968 aufGrund von Urteilen durch die politische Strafkammerin Lüneburg inhaftiert gewesen.Aus den bisherigen Schilderungen wird schonersichtlich, dass die Situation im 1968 sehr zwiespältigwar.HAuf der einen Seite hatten in den Jahren 1967/1968Forderungen nach mehr Demokratie zu gewissenVeränderungen im Land geführt. Mit den sozialistischenLändern wollte die Bundesregierung zunormalen Kontakten kommen und auch die Handelsbeziehungenerweitern. Auf der anderen Seitegalt eine kommunistische Partei nach wie vorals „rotes Tuch“. Während Kleinzeitungen, die vonKommunisten herausgegeben wurden, teilweiseverfolgt wurden, konnten „maoistische“ Zeitungenungehindert agieren.Man empfahl uns in jener Zeit auch eine Partei zuschaffen, die sich von der KPdSU und der SED„lossagt“.Die Zwiespältigkeit der damaligen Situation bekamich auch persönlich zu spüren, als – wie obenbeschrieben – uns eine Pressekonferenz verbotenwurde. Als ich aber im Mai 1968 – trotz Auflageim Urteil der Lüneburger Strafkammer, drei Jahrenicht in die DDR und andere sozialistische Länderzu reisen – nach Halle zum Arbeiterjugendkongressfuhr und dort auftrat, bzw. in Sofia beiden Weltjugendfestspielen eine Rede in der Radrennbahnhielt und anschließend im Deutschlandsenderder DDR einen Kommentar dazu abgab,wurde ich nicht verfolgt oder von der politischenPolizei belästigt.HUnter Genossen in der KPD, bis in die Parteiführung,gab es Überlegungen in welcher Form wirin dieser Situation die Legalität der Partei erreichenkönnten.Dass wir dann den Schritt der Neukonstituierungeiner kommunistischen Partei unternahmen, warmeiner Meinung nach der richtige Weg und ichbin auch der Meinung, dass dieser Schritt mit anderenbefreundeten Parteien abgestimmt war.Völlig klar war uns nicht, wie die Bundesregierungreagieren würde und noch während der Vorbereitungdes ersten Parteitages in Essen als JuppAngenfort legal in die Bundesrepublik einreisenwollte, wurde er zeitweilig inhaftiert. Gegen den1. Sekretär der KPD, Max Reimann, bestandebenfalls ein Haftbefehl, der zu jener Zeit nochnicht aufgehoben worden war. Bekanntlich konnteMax erst später wieder in die Bundesrepublikeinreisen und wurde Ehrenpräsident der <strong>DKP</strong>.In der folgenden Zeit gab es auch Legenden:So jene, die KPD-Führung hätte mit der BonnerRegierung gemauschelt; oder wir seien mitdem Statut der <strong>DKP</strong> und der Grundsatzerklärungvon den Prinzipien einer kommunistischenPartei abgerückt.Weniger beachtet wird, dass wir von Anfang aneine feste Verbindung zur KPdSU und zur SEDhatten, was vielen Mitgliedern unserer Parteidann auch Berufsverbote einbrachte, sofern siefür die Partei bei Wahlen kandidierten.Die Beobachtung durch den Verfassungsschutzging weiter und ich bekam 1991/1992 auf meineAnfrage durch das Innenministerium Niedersachsenbestätigt, weiter beobachtet zu werden.Meine Funktionen und mein öffentliches Auftretenfür die Partei werden dort wahrscheinlich immernoch registriert.Ulrich Sander hat ja des Öfteren über ähnlicheBeobachtungen in der <strong>UZ</strong> berichtet.HGründungskongress der <strong>DKP</strong> in Offenbach im Oktober 1968.Äußerst lesenswert finde ich bis heute das Referatvon Kurt Bachmann auf dem 1. Parteitag der<strong>DKP</strong> vom 12./13. April 1969. Das Referat trug dieÜberschrift: „Einig handeln für eine demokratischeErneuerung von Staat und Gesellschaft“.Darin hieß es unter anderem: „Sechs Monate sindseit der Neukonstituierung einer kommunistischenPartei in der Bundesrepublik vergangen.Wenn sich die Deutsche Kommunistische Parteiin diesen sechs Monaten bereits als eine Kraft erwies,deren politische Initiative Beachtung fand,so ist das den mehr als 22 000 Mitgliedern zuverdanken, die gleich in den ersten Monaten denKampf als Mitglied der <strong>DKP</strong> aufnahmen.Partei der ArbeiterklasseSie waren es, die den Arbeitern des HamburgerHafens, den Belegschaften des Thyssen-Konzerns,den Beschäftigten der Adler-Werke, den Arbeiternund Angestellten vieler anderer Betriebedie <strong>DKP</strong> als Partei der Arbeiterklasse, als Interessenvertretungder arbeitenden Bevölkerungvorstellten. In Hunderten von Veranstaltungen,öffentlichen Diskussionen und Auseinandersetzungenebenso wie in der politischen Aktion hatsich die <strong>DKP</strong> als Partei erwiesen, die mit ihremklaren politischen Konzept, mit ihren bestimmtenVorstellungen für die Gegenwart und für die Zukunftdas Interesse beachtlicher Teile der Jugendals Diskussions- und Aktionspartner findet.Einigende KraftÜberall in Bewegungen der jungen Generationebenso wie bei unserer Tätigkeit als Gewerkschafterund bei Bemühungen um Zusammenarbeit mitSozialdemokraten, bei den Ostermärschen, derKampagne für Demokratie und Abrüstung, wieim Aktions- und Wahlbündnis für demokratischenFortschritt waren und sind wir bestrebt, als einigendeKraft zu wirken …“Soweit der Einstieg in das Referat des GenossenKurt Bachmann. Das ganze Referat kann man imProtokoll des Essener Parteitages nachlesen. KurtBachmann umriss jene Grundsätze unserer Partei,die sich dann auch in der Grundsatzerklärung, denDetailprogrammen und den Programmen der <strong>DKP</strong>wiederfinden. Dabei blieb er nicht an der Oberflächehaften, sondern zeigte die widersprüchlichenProzesse in Staat und Gesellschaft auf.HWenn wir es ernst meinen mit unserer Betrachtungdes historischen Materialismus, sollten wir uns seinenüchterne Analyse zu eigen machen. Ich sehe inseiner Parteitagsrede, wie auch in vielen seiner Artikelein Stück Geschichte des Landes, in dem ichgroß geworden bin, gepaart mit einem großen Erfahrungsschatz,den Kurt Bachmann in seinem Lebenangesammelt und uns Jüngeren vermittelt hat.Einige Fragen, die sich – meine ich – neu stellen,betreffen unser Sozialismus-Bild. Hier werden wirunter anderem untersuchen müssen, wo wir Entwicklungenin der Vergangenheit nicht genügendhinterfragt haben, eventuell Dinge nur so gesehenhaben, wie wir sie sehen wollten. Das betrifft auchunser Bild großet kommunistischer Parteien, diewir durch eine andere Brille gesehen haben, alskleinere Parteien. Auf keineN Fall dürfen wir inSchwarz-Weiß-Malerei verfallen.(Ich verweise auch auf den Artikel von Kurt Bachmannin den Marxistischen Blättern Nr. 5 aus demJahre 1993 unter der Überschrift: „1968 formierensich die Kommunisten neu“.)


unsere zeitKulturGeschichtliches LehrstückKen Loachs Film „The Spirit of ’45!“Margaret Thatcher, ja, die „eiserneLady“, an die erinnertman sich auch außerhalb vonGroßbritannien noch. Aber ClementAttlee? Den Namen kennen nur nochHistoriker oder Menschen, die dasEnde des Zweiten Weltkriegs einigermaßenbewusst miterlebt haben. Oderdie Ken Loachs Dokumentarfilm „TheSpirit of ’45“ gesehen haben, der nachder Uraufführung bei der diesjährigenBerlinale nun wenigstens als VoD zuhaben ist (bei iTunes seit 12. September);dass ein Film eines so bekanntenund vielfach ausgezeichneten Regisseurskeinen Kinoverleih mehr findet,kann man getrost als eines der Resultateder von Loach beschriebenen politischenEntwicklung sehen, in der nurnoch der Profit zählt und die Interessendes großen Kapitals scheinbar unaufhaltsamauf dem Vormarsch sind.Loachs Film ist, so hat es der britischeKritiker Philip Kemp treffend formuliert,„zugleich ein Jubel- und ein Klagelied“.Die beiden genannten Politikerstehen für diese beiden Pole, natürlichin umgekehrter Reihenfolge und mitunterschiedlicher Gewichtung, wie beidem engagierten Linken und bekennendenTrotzkisten Loach nicht anderszu erwarten. So erinnert er in den erstenzwei Dritteln seines Films an die Jahreder ersten Labour-Regierung (1945–1951) mit Attlee als reformfreudigemPremier, um dann einen großen zeitlichenBogen zu schlagen zum Jahr 1979und der ersten Thatcher-Regierung, diein raschen Schlägen die Reformen derAttlee-Zeit zerschlug und wieder ganzauf die „freie Marktwirtschaft“ setzte.Die Folgen der Reformen wie auch ihrerZerschlagung beschreibt Loach mitZeitzeugen-Interviews und gut recherchiertemArchivmaterial, darunter alsGlanzpunkt Aufnahmen einer Rede desgerade als Attlees Nachfolger gewähltenWinston Churchill, umringt undfast übertönt von lauten Rufen aus derMenge, doch die ruft nicht ihn, sondern„Clement! Clement!“Das geeinte Volk ist unbesiegbarHommage für Allende und die im Kampf gegen Pinochet GefallenenDass der 1967 verstorbene Attlee auchheute bei der britischen Bevölkerungnoch in guter Erinnerung ist, belegtLoach mit einem breiten Spektrumvon Zeitzeugen, das von Eisenbahnernund Hafenarbeitern über Medizinerund Krankenschwestern bis hin zumehemaligen Lord und Labour-MinisterTony Benn reicht und so den Umfangder sozialen Veränderung durch AttleesReformen widerspiegelt. Die Britenhatten 1945 – der Erdrutsch-Sieg vonLabour mit einer satten Mehrheit von146 Sitzen spricht eine deutliche Sprache– Krieg und Bombenterror aus Nazideutschlandüberwunden und dabeidie Kraft der Solidarität gespürt. Nunwollten sie, wie der Arzt Julian TudorHart sagt, „nicht nur nie wieder Krieg,sondern auch nie wieder jene Art Friedenwie in den 1930er Jahren“, in denenbreite Massen der Weltmacht Großbritannienin Hunger und Elend lebten.So wurde ein großes Wohnungsbauprogrammaufgelegt, Bergwerke, das Transportwesenund die Eisenbahnen kamenin staatliche Regie. Der von Attlees MinisterAneurin „Nye“ Bevan durchgesetztenationale Gesundheitsdienst(NHS) ist trotz zahlreicher Abstrichespäterer Jahre noch heute eine der großenErrungenschaften jener Zeit.40 Jahre nach jenem 11. September1973, da Salvador Allende aus der Verteidigungsstellungdes Präsidentenpalastsheraus seine letzte, einer sozialistischenZukunft Chiles zugewandteBotschaft frei über den Äther verkündete,erinnerte eine Hommage an dieeinst weltweite Solidarität gegen denCIA-gesteuerten Militärputsch: „Dasgeeinte Volk ist unbesiegbar.“ Etwa300 Leser der initiierenden Tageszeitung„junge Welt“, dazu Freunde von„Melodie & Rhythmus“ und hier lebendeChilenen kamen in der Berliner„Wabe“ am Ernst-Thälmann-Park zuFilm, Lesung und Konzert zusammen.Zu einem Programm „von Trauer undnoch zu erarbeitender Zuversicht“,wie es Moderator Michael Mäde ausdrückte.Für viereinhalb Stunden lieferteSergio Ortegas Widerstands-Hymne,bekannt durch „Inti Illimani“, mehr alsein Motto. Zum Takt der mitschwingendenFäuste wurde zum Schluss wiedereinmal gemeinsam gesungen undskandiert: „El pueblo – unido – jamásserá vencido!“Ausschnitte aus authentischen Dokumentarfilmen,die die jW-nahe „Bibliothekdes Widerstands“ ergänzen, warenals Zeugnisse großer Volksbewegungenfür den sozialistischen HoffnungsträgerAllende und die Unidad Popular zu erleben:„Wenn das Volk erwacht“ (Chile1972), „Chile, der Kampf geht weiter“(Chile 1972/73) und „Gespräche mitAllende“ (USA/Chile 1972) über dieersten Schritte gegen den Ausverkaufder nationalen Bodenschätze. Schonauf die Wahl des BündniskandidatenSalvador Allende reagierte das Lagerder Konservativen mit Blockaden. jW-Chefredakteur Arnold Schölzel gingauf die Strategie der Verhinderungenund permanenten Spannungen nachMaßgabe des Weißen Hauses ein. Ausgehendvom faschistischen Putsch undvom neoliberalen Modell chilenischerPrägung zieht der Imperialismus aufRollback-Kurs seine neuerliche Blutspurdurch die Welt.Afghanistan, Irak, Syrien – und demnächstIran? fragte der temperamentvollechilenische Liedermacher undDichter Nicolás Rodrigo Miquea.Und kämpferisch singend gab derklassisch-virtuose Gitarrist die Antwort:„Kommt mir nicht mit Freiheit“.Der 34-Jährige begründet das mit andie tausend Unterwanderungshinweisenzur UP und zu Allende – inden Memoiren eines gewissen HenryKissinger. Den in der Diktatur „Verschwundenen“widmet er Teile seinesRepertoires, mit anderen ehrt er alleGefallenen des Imperialismus. Da istauch etwas aus der Hommage „Loscinco minutos“ für den KommunistenVictor Jara dabei, 1999 zusammen mitdem Freund Félix Cárdenas veröffentlicht.26 Jahre nach der Ermordung despopulärsten Sängers der Unidad Popularerlebte Nicolás eine Art Initialzündung.Die von Jara geförderte Bewegung„Nueva canción“ (Neues Lied)war unter der Junta verboten, Miqueamöchte auf eigene Weise und unter anderenBedingungen daran anknüpfen.Seinem eigenen Vortrag des „Ho ChiMinh“-Lieds fügte er hier eine weitereStrophe über den Sänger der chilenischenRevolution an.Der Dichter Pablo Neruda, ebenfallsin den Händen der Junta, überlebteseinen Genossen Victor Jara um ganzesieben, den Freund Allende um zwölfTage. Aus den letzten Gedichten undanderen Texten des chilenischen Literatur-Nobelpreisträgerslas die SchauspielerinJennipher Antoni: Chile, eineSchlacht um die Existenz, eine Schlachtfür die Ehre und für die Liebe. – DenWie es der Reaktion gelingen konnte,eine so breite, vom Volk getrageneReformbewegung so gründlich zuzerschlagen, dafür findet Loach einfache,manchmal auch zu einfache Erklärungen.Er macht kein Hehl aus seinerVorliebe für basis- und rätedemokratischeModelle gegenüber denvon Labour praktizierten, die oft dieneuen Posten mehr nach Parteinäheals nach Qualifikation vergaben undzum Beispiel – so Tony Benns heutigesResümee – „die Nationale Kohle-Behörde (NCB) genauso führten wiedie früheren Minenbesitzer“. Loach attackiertdie Labour-Führung („Labourhat keine Ahnung von seiner eigenenStärke“) und die Gewerkschaften, die„den großen Streik der Dockarbeiterdurch ihre Inaktivität verloren“und sich zu staatsfromm verhielten,wo doch auf den Transparenten derProtestierenden offen dazu aufgefordertwurde, „Gesetze brechen, um denNHS zu verteidigen“. Loach zeigt auch,wie britische Polizei Streiks und Protestebrachial niederknüppelt. Undhierzulande redet DGB-Chef Sommervom „Schulterschluss mit der Bundeswehr“!Hans-Günther Dicks9. Mai 1945,„Victory Day“ ,in LondonVölkern reiche ich unseren Kelch aufder Höhe der Zeit. – Und: Eine MinuteDunkel macht uns nicht blind. (DieKommunisten)Einen weiteren Block im Konzertprogrammbestritt José Miguel Marquez,langjähriger Frontmann der GruppeIllapu, gemeinsam mit dem peruanischenKonzertgitarristen David Sandoval.Auf Victor Jaras Kinderlied an„Luchin“, der symbolträchtigen Hoffnungaufs Morgen, folgten „Hasta lavictoria siempre“ und eine von VioletaParras fröhlich verbindenden Cuecas.Marquez‘ eigene Hoffnung ist aufdie Präsidentschaftswahl im Novembergerichtet. Ein Sieg der SozialistinBachelet soll Weichen zu einer neuen,demokratischen Verfassung stellen.José Miguel wurde schon 17-jährigin seiner Heimatregion, der Salpeter-Wüstenzone Antofagasta, schlagartigpolitisiert, da füllten sich dort Gefangenenlager.Als der Mord an VictorJara bekannt wurde, entdeckte er dieGitarre als Compañera der Gefühle,des Kampfes und der Hoffnung. 1981ließ ihn Pinochet ausweisen. In derDDR-Hauptstadt studierte er von1985 bis 1989 an der Musikhochschule„Hanns Eisler“. Später gründete er dieGruppe Illapu mit, tourte mit ihr 35Jahre durch 28 Länder, wurde schließlicheiner der virtuosesten Instrumentalistenund bekanntesten Sänger Chiles.Seit 2011 ist er wieder in Berlin.Um etwas von dem zurückzugeben,was ihm einst gegeben wurde, unterrichteter Kinder im Stadtbezirk Pankow.Dass er die Bambusflöte und diekleine Flöte ebenso virtuos beherrschtwie seine Gitarre und die Verwandtenaller Größenordnungen in dieserInstrumentengattung, das hat er mitDavid Sandoval begeisternd gezeigt.Hilmar FranzFreitag, 20. September 2013 11Rache-EposPallières lässt „Michael Kohlhaas“ in den Cevenneneinsam sterbenVor ihnen liegt ein steiniger Weg. Diekargen Berge in düsteren Wolken. Nebelfetzen.Die Reiter mit ihren mitgeführtenPferden kommen in der grandiosenLandschaft nur langsam voran.Monumental-großartige Bilder, die aufvorzivilisatorische Urkonflikte verweisen.Die kommen in Form einer eher improvisiertwirkenden Straßensperre.Der Pferdehändler Michael Kohlhaas(Mads Mikkelsen) hat zwei Rappenals Pfand zu geben. Wie sich herausstellt,reine Willkür des örtlichen Feudalherrn(Swann Arlaud). Als Kohlhaasdie Pferde auslösen will, findet er sieund seinen ebenfalls auf der Burg verbliebenenKnecht schwer misshandelt.Kohlhaas will Schadenersatz.Regisseur Arnaud des Pallières hatKleists Erzählung aus dem frühneuzeitlich-protestantischenSachsen indie Südausläufer des französischenZentralmassivs verlegt. Die Konkretheitdes frühbürgerlichen Gesellschaftskonfliktesdurch die ewige Erhabenheitder Cevennen ersetzt. SeinKohlhaas ist ein archaischer Rächer.Mads Mikkelsens braucht seiner eisigenMiene kaum ein Lächeln abzuringen.Als seine Frau Judith (DelphineChuillot) von einem Bittgangzu „der Prinzessin“ (Roxane Duran),möglicherweise eine Anspielung aufMarguerite d‘Angoulême (1492–1549),schwer verletzt zurückkommt undstirbt, ist das Maß voll.Pallières müht sich nicht sonderlich mitErklärungen ab. Wer Judith verletzt hatund warum bleibt ebenso im Dunklenwie die feudalen Interessenkonflikteund Ränkespiele der doch komplexdifferenziertenKleistschen Vorlage.Die im Übrigen, und zwar ebensowenig beachtet, ihre Entsprechung inden Divergenzen in Kohlhaas‘ Heerhaufenfinden. Mads Mikkelsen „siehtRot“ wie schon 1974 Charles Bronsonund die unsäglichen Sylvester Stallonesnach ihm.So machen denn der Rosshändler undseine Leute die Burgbesatzung nieder,als hätten sie nie etwas anderes getan.Zwar verzichtet Kamerafrau JeanneLapoirie dankenswerterweise auf dasgenretypische Umherspritzen von Gehirnund Gedärm, doch ihre langatmigzelebrierte Waffenästhetik ist sich auchso Sinn genug. Ihr Kameraobjektiv hatsich auf Mikkelsens eisgehärtetemGesicht mit dem dahinter drohendenSchwertgriff förmlich festgesaugt.Plötzlich taucht eine Art Lutherverschnitt(Denis Lavant) auf. Gerade alsKohlhaas einen eigenen Mann aus seinenebenso plötzlich auf stattliches Formatangeschwollenen Truppen wegenPlünderns aufhängen lässt. Der Pfaffebringt ihn mit dem legalistischen Argumentin die Bredouille, er sei für dieGerechtigkeit ausgezogen und nun beiMord gelandet. So wie er seinen Ladenin Ordnung zu halten versuche, müsstenes die Fürsten eben auch tun. Kohlhaas‘letzte Hoffnung auf Absolutionwird ihm verweigert. Vom Pfaffen wiewohl auch vom Regisseur.Dies stimmt ein auf die alte Taktik, gegenZusicherung von freiem Geleit dieSelbstentwaffnung zu ergaunern. Undes danach natürlich zurückzunehmen.Am Ende unternimmt es Bruno Ganzals „Gouverneur“ eine Art Gerechtigkeitsvergleichherzustellen. Dabei erhältKohlhaas Entschädigung für seinenKnecht und seine wiederhergestelltenRappen und „die Prinzessin“Entschädigung für die Verletzung ihrerlandesherrlichen Rechte, indem Kohlhaasder Kopf abgeschlagen wird.Diese, wohl um Kleist nicht völlig ausden Augen zu verlieren, unvermitteltejuristische Wendung, der bis dahinreichlich schwertlastigen Interpretationproduziert eine eigentümliche Befremdlichkeit.Dort, wo es um Kampfkraftund Entschlossenheit, um archaischeBlutrache ging, tritt plötzlich, excathedra, eine unerklärliche „Versöhnung“der widerstreitenden bürgerlichenund feudalen Rechtsauffassungenins Werk. Genau hier allerdingsliegt das Problem, um das es Kleist eigentlichgeht.Während Pallières im Individuellenverharrt, gerät der Pferdehändler beiKleist zum Auslöser und Katalysatorgesellschaftlich-sozialer Umbruchprozesseund erwachenden frühbürgerlichenSelbstbewusstseins. Sein Handelnist nicht einsam, sondern wird von densozialen Schichten lebhaft reflektiert.Zwar aus sehr unterschiedlichen Motiven,doch nicht ohne Grund schließensich, trotz brutalster Strafandrohung,viele seinem Aufstand an. Kleistschreibt unmittelbar unter dem Eindruckder Französischen Revolution.Die Rückverlegung in die Zeit der Reformationund der Bauernkriege, wieauch das Scheitern seines Helden verdeutlichenseine pessimistische Perspektive.Schon Shylocks Anspruch auf „einPfund Fleisch“ in Shakespeares „Kaufmannvon Venedig“ repräsentierte denamoralischen bürgerlichen Eigentumsrigorismus:Recht ist Recht undGeschäft ist Geschäft. Und wenn dieWelt dabei in Scherben fällt. WederShakespeare noch Kleist war sonderlichwohl bei dem, was da nun in dieWelt tritt. Auch wenn es das in der Posedes „Wohlstands der Nationen“ tut.Shakespeare lässt seine Heldin Portiakontern: „Recht sollst du bekommen.Mehr als du begehrst.“Eine positive Deutung der KohlhaasschenAmbivalenz als antifeudaler Rebellversuchte Volker Schlöndorff 1969.Der aktualisierende Vorspann deuteteauf ein Art zeitloses Rebellionskontinuumbis in die Gegenwart. Das wirktfür Leser dieser Zeitung gemeinhinsympathisch. Der Adelige Kleist wussteum die Überlebtheit seiner altenherrschenden Klasse und ihm grautevor der profan-pekuniären Unerbittlichkeitder neuen. Nicht völlig ohneGrund.Klaus WagenerMarkiger Blick und Schwertgriff: Mads Mikkelsen als Kohlhaas.


12 Freitag, 20. September 2013 Krisendebatteunsere zeitZum Hintergrund der gegenwärtigen KriseDiskussionsbeitrag von Helmut Dunkhase, BerlinMit dieser Ausgabe der <strong>UZ</strong> setzen wir die im Juli begonnene Krisendebattemit einem Diskussionsbeitrag von Helmut Dunkhase zu LucasZeise fort.Die bisherigen Beiträge zeigen, dass es neben Gemeinsamkeiten auchunterschiedliche Herangehensweisen gibt und nach wie vor differierendeEinschätzung der gegenwärtigen Krise, ihrer Ursachen und möglichenFolgen.In drei längeren Beiträgen haben Lucas Zeise „Zum Charakter der aktuellenWeltwirtschaftskrise“ (19. Juli), Beate Landefeld „Nur eine „stinknormale“zyklische Krise?“ (2. August) und Klaus Wagener „Nach demEndsieg – zu sich selbst gekommen“ (16. August) ihre Positionen dargestellt.Fred Schmid kritisierte in seinem Beitrag „Die Krise mit der Definitionder Krise“ der <strong>UZ</strong> vom 9. August die Krisendefinition im Beschluss des20. Parteitages „Antworten der <strong>DKP</strong> auf die Krise“. Ihm antwortetenJürgen Lloyd und Hans-Peter Brenner.Lucas Zeise meint, dass die gegenwärtigeKrise nichts Anderes sei alseine normale Überproduktionskrise,nur eben in einem größeren Ausmaß.In der Tat zeugen platt gemachte odernoch platt zu machende Autofabrikenoder Geisterstädte in Spanien von vernichtetemKapital, produziertem Kapitalalso, das sich nicht mehr verwertenlässt. Zeises Ausführungen erklärenaber weder Tiefe und Dauer der Krisenoch ermöglichen sie eine Abschätzungder Perspektiven im Verhältnis von Kapitalund Arbeit.Was wir jetzt beobachten können, istdie Erscheinung eines Problems, dassich in einer Jahrzehnte langen Entwicklungaufgestaut hat, dessen Ursacheletztlich in einem ökonomischenGesetz liegt, von dem Marx sagte, dasses „in jeder Beziehung das wichtigsteGesetz der modernen politischen Ökonomie“(MEW 42, 641) sei: das Gesetzvom tendenziellen Fall der Profitrate.Die Entwicklung der Profitrate hängtim Wesentlichen vom Verhältnis derWachstumsrate der Arbeiterpopulationzur Investitionsrate ab. (Detaillierterin meinem Beitrag in den MB 1/11 zurProfitratendiskussion.) Die These klingtzunächst erstaunlich. Doch hat bereitsMarx diesen Sachverhalt thematisiert(MEW 25, 15. Kapitel, III). Dort beschäftigter sich u. a. hypothetisch mitder Situation einer absoluten Überproduktionvon Kapital, die vorläge, „sobald…das Kapital gewachsen wäre ineinem Verhältnis zur Arbeiterbevölkerung,dass weder die absolute Arbeitszeit,die diese Bevölkerung liefert, ausgedehnt,noch die relative Mehrarbeitszeiterweitert werden könnte …“.Diese Situation drohte in Großbritannienum 1980 herum ganz akut, in derBRD in abgeschwächter Form. Die genannteThese ist empirisch überprüfbarund hat ihre Prüfung anhand vielerLänder bisher gut bestanden. Aus derGültigkeit der These folgt, dass in einerstagnierenden oder zurückgehendenBevölkerung die Profitrate gegenNull tendiert und damit eine produktiveExpansion der kapitalistischen Produktionsweiseunmöglich wird.Betrachten wir die Nachkriegsentwicklungin der BRD. Wir können hier zunächst,nach den Verwüstungen des 2.Weltkrieges, eine 30-jährige von gravierendenäußeren Einflüssen freie kapitalistischeEntwicklung beobachten: HohesWachstum der arbeitenden Bevölkerungbei hohen Akkumulationsraten.Eine hohe Akkumulationsrate implizierteine hohe Investitionsrate, die dieProfitrate senkt, wenn nicht durch Erhöhungder Arbeitsproduktivität oderstärkeres Wachstum der Bevölkerungein Gegengewicht entsteht. Das Wachstumder Arbeitsproduktivität blieb von1960 an (wo es schon relativ hoch war)in der Tendenz konstant; das Potenzialan ausbeutbaren Arbeitskräften wurdeallmählich absorbiert. Die Gewerkschaftenwaren dadurch in einer starkenPosition und konnten vergleichsweisehohe Löhne durchsetzen. Auf Grunddes oben angegebenen Zusammenhangsbegannen die Profitraten zu sinken.Wäre die BRD ein abgeschlossenesökonomisches System, wären dieProfitraten so tief gesunken, dass dieKapitalisten keine Lust mehr gehabthätten zu investieren und unser Landwäre dem Sozialismus entgegengetaumelt.In Zahlen: Die Profitrate sank von15,6 Prozent im Jahr 1960 kontinuierlichbis auf gut 7 Prozent Anfang der 1980erJahre. Komplementär dazu sank dieAusbeutungsrate von 66,3 Prozent imJahr 1960 auf 30 Prozent im Jahr 1982.Den ökonomischen Gesetzen entkommenkönnen die Kapitalisten nicht, abersie können internationale Konstellationenausnutzen. In den 1960er Jahrenwurden die ersten „Gastarbeiter“ insLand geholt. (Sie konnten die erstenStrukturkrisen Anfang der 1970er Jahrenicht verhindern, sondern nur aufschieben.)Dann gab es die ersten Produktionsverlagerungen.Den Durchbruch inBürgerliche Herrschaft in der Krise2. Hamburger Veranstaltungsreihe Oktober – Dezember 2013Veranstalter der Reihe ist das Bündnis „Kapitalismus in derKrise“ , zu dem sich eine Reihe linker Organisationen zusammengefundenhaben*. In der gut besuchten letztjährigenReihe des Bündnisses standen die ökonomischen Ursachender langanhalten Weltwirtschaftskrise im Mittelpunkt. Indiesem Jahr geht es um die politischen Verwerfungen, umdie dramatischen staats-, kriegs- und machtpolitischen Folgender ökonomischen Krise nach innen und außen.Für die Reihe konnten höchst kompetente Fachleute gewonnenwerden. Zu den namhaftesten gehören der wissenschaftlicheMitarbeiter des Europaparlamentes und BuchautorAndreas Wehr, der Historiker, Journalist und AutorDr. Ingo Niebel, Prof. Dr. Freerk Huisken, Jürgen Lloyd undDr. Stefan Heinz.Das Themenspektrum der Veranstaltungen** reicht vonH historischen Themen, wie der Volks- und Einheitsfrontpolitikder Kommunistischen Internationale und der kommunistischenGewerkschaftspolitik am Ende der WeimarerRepublikH über aktuelle Tendenzen des Umbaus des bürgerlichenStaates, wie der Enteignung und dem Demokratieabbauunter deutscher Vorherrschaft im Rahmen der EU oder denStationen des Staatsumbaus seit 1990H und Entwicklungstendenzen beim Rechtspopulismusund Faschismus, wie der Einordnung des modernenRechtspopulismusH bis hin zu strategischen Fragen des Antifaschismus heute,wie der Aktualität der faschistischen Gefahr und denbesonderen Rollen von Nazis, Rechtspopulisten und bürgerlichemStaatFoto: Popicinio/ flickr.com (CC BY-NC-ND 2.0)„Empörte“: Demonstration in Madrid.Die Reihe beginnt am 4. Oktober mit einer Podiumsdiskussionzum Thema „Bürgerliche Herrschaft in der Krise – EineHerausforderung für die antifaschistische Bewegung?“ .Moderiert von Andreas Grünwald diskutieren Hans-PeterBrenner (stellvertretender Vorsitzender der <strong>DKP</strong>), SevimDagdelen (Sprecherin für Migration und Integrationder Fraktion DIE LINKE im Bundestag), Markus Bernhardt(Journalist und Autor von „Das braune Netz: Naziterror –Hintergründe, Verharmloser, Förderer“) und Susann Witt-Stahl (Journalistin und Autorin einer Kritik am bürgerlichenAntifaschismus) u. a. die Fragen:H In welchem Verhältnis stehen der Kampf gegen Neonazisund der Widerstand gegen die nach innen wienach außen aggressiver werdende bürgerliche Herrschaftselbst zueinander?H Was folgt daraus für Stoßrichtung, Losungen undWahl der Bündnispartner einer antifaschistischen Bewegung?Die Reihe endet mit einem kulturellen Höhepunkt am13. Dezember: Unter dem Motto von Erich Fried „Wer willdass die Welt so bleibt wie sie ist der will nicht dass siebleibt“ präsentieren Rolf Becker und Peter Franke Literaturund Musik zu Faschismus und Widerstand.Genauere Informationen auf www.kapitalismus-in-derkrise.deKontakt: veranstaltungsreihe@gmx.de*Das Bündnis „Kapitalismus in der Krise“ besteht aus: MarxistischeAbendschule (MASCH) e. V., Linksjugend [‚solid] Hamburg, SozialistischeDeutsche Arbeiterjugend (SDAJ) Hamburg, Assoziation Dämmerung,Kommunistische Plattform (KPF) Hamburg „Clara Zetkin“(Zusammenschluss in „Die Linke“), Deutsche Kommunistische Partei(<strong>DKP</strong>) Hamburg, CubaSi Hamburg, Tatort Kurdistan Hamburg,Gruppe Arbeiterpolitik, Kuratorium Gedenkstätte Ernst Thälmanne. V., Sozialforum Eimsbüttel**Die Liste aller Veranstaltungen: http://www.kapitalismus-in-derkrise.de/index.php/veranstaltungen(Aus der Pressemitteilung)diese Richtung brachte Chinas Öffnunggegenüber westlichem Kapital unterDeng Xiaoping, wodurch in der Perspektiveein gigantisches Reservoir vonArbeitskräften zur Verfügung stand.(Später kam noch das Arbeitskräftepotenzialhinzu, das durch die Konterrevolutionenin Ost- und Südosteuropa unterdas Kapital zusätzlich subsummiertwerden konnte.)Die zweite Reaktion auf die fallendenProfitraten war zum einen das Zurückfahrender produktiven Investition zugunstenvon Investitionen in den Finanzsektor.1960 wurde von den Profitenfast alles investiert, heute nur nochdie Hälfte. Zum andern wurden neueBereiche durch Privatisierungen für dieKapitalisierung erschlossen.Die erste Reaktion (Migration, Produktionsverlagerungen)bedeuten eine(relative) Erhöhung des Bevölkerungswachstums,die zweite eine Reduzierungder Investitionsrate; beides alsoEffekte, die eine Erhöhung der Profitratebefördern.Mit der Verlagerung der Produktionins Ausland und dem damit erzeugtenrelativen Überfluss an Arbeiterpopulationwurden die Gewerkschaftenobjektiv geschwächt. (Hinzu kamdie subjektive Schwächung durch die„Sozialpartnerschafts“-Ideologie.) Eskonnte nun die klassische Methodeder Erhöhung der Ausbeutungsrategreifen. Die Entwicklung der Lohnquote,ein ungefährer Anhaltspunktfür die Entwicklung der Ausbeutungsrate,zeigt ein Gefälle von ungefähr75 Prozent Anfang der 1980er Jahreauf 66,3 Prozent im Jahr 2010. Dasentspricht einer Erhöhung der Ausbeutungsrateum 50 Prozent. Fernerkonnten Maßnahmen wie die Umwandlungvon Staatseigentum in Kapitaldurch Privatisierungen, die „Verschlankung“des Staates (Ausgabenfür Soziales, Bildung, usw. sind vomStandpunkt des Kapitals Abzüge vomProfit), steuerliche Belastungen für dieArbeiterklasse und Entlastung für dieReichen, usw. durchgesetzt werden.Der Rückgang der produktiven Investitionenzugunsten der Akkumulationvon Geldkapital hat dazu geführt, dassheute in den Finanzierungssalden dieNicht-Finanz-Unternehmen seit Anfangder 2000er Jahre als Netto-Kreditgeberund nicht mehr als Netto-Kreditnehmerder Banken ausgewiesen werden.D. h. ein immer größerer Teil desMehrprodukts wird unproduktiv konsumiert.Die klassische Funktion derBanken, Einlagen einzusammeln, umsie für Investitionen zu kanalisieren,spielt nur noch eine geringe Rolle. Inden klassischen kapitalistischen Ländern– in Deutschland aus hier nicht zubehandelnden Gründen weniger ausgeprägt– machen sich Tendenzen zurDeindus trialisierung breit. Großbritannienist heute kein Industrieland mehr.Die Kehrseite dieser Medaille ist, dassdie Fabrik des Weltkapitalismus heutein China steht. Insofern reflektiertdie Finanz- und Wirtschaftskrise auchdie neue weltweite Arbeitsteilung: Fabrikenund Export in BRICS-Staaten,Finanzen, Management und Dienstleistungenin der westlichen Welt.Und damit dürfte auch klar gewordensein, dass die Wirtschaftskrise eigentlichkeine Weltwirtschaftskrise ist; diemeisten BRICS-Staaten sind wenigervon ihr betroffen.Die Rolle des KreditsDie in Aktien, Anleihen, Schuldtiteln,usw. angehäuften Eigentumstitel sindnach Marx „fiktives“ Kapital. Sie sindkein Kapital, weil es sich nicht um geronneneArbeit handelt. Sie erheben„nur“ Ansprüche auf die Ergebnisseder gesellschaftlichen Arbeit.Es liegt auf der Hand, dass die in angehäuftenFinanztiteln impliziertenAnsprüche nichts zu tun haben mitder derzeit oder in ein paar Jahrenvorhandenen geronnenen Arbeit. InDeutschland sind die Schulden insgesamtauf 290 Prozent des BIP angewachsen(Staat 81 Prozent, PrivateHaushalte 60 Prozent, Unternehmen149 Prozent). Das heißt, die gesamteBevölkerung müsste fast drei Jahrelang arbeiten, um nur die Schulden abzubauen!Dennoch wird mit Hilfe desKlassenstaates versucht, die mit derAusweitung der Kredite verbundenenAnsprüche auf fremde Arbeit um jedenPreis durchzusetzen.Konsequenzen(…) Die dargelegte Akkumulationskrisebzw. die Veränderungen in derKapitalistenklasse legen einen für dieArbeiterklasse günstigen strategischenAnsatzpunkt für den Angriff auf diebestehenden Macht- und Eigentumsverhältnissenahe. Ein Ansatzpunkt,der ein ökonomischer ist, aber darüberhinausweist: ein radikaler Schuldenschnitt.(Hier stimme ich wieder mitLucas Zeise überein.) Getroffen würdedie dominierende Schicht der Rentiers,während die überwältigende Mehrheitder Bevölkerung ungeschoren bliebe.Rentiereinkommen ist schwerer zulegitimieren als Profite der industriellenUnternehmer. KapitalististischeMarktwirtschaft steht noch ziemlichunangefochten da. Es wäre eine antimonopolistische,aber natürlich nochkeine antikapitalistische Maßnahme.Banken würden paradoxerweise wiederliquide. Ihre Verbindlichkeitenständen in einem vernünftigen Verhältniszu ihrem Geldmittelbestand.Die Industrie wird kaum beeinträchtigt(außer z. B. Luxusgüterproduktion)und bleibt weiterhin privat organisiert.Ob die Kapitalisten allerdings Lust haben,sich mit geringeren Profitraten zubegnügen (VW z. B. fährt 60 Prozentseiner Gewinne über „Finanzdienstleistungen“ein), steht auf einem anderenBlatt. Der Druck in Richtungzukünftiger Produktionsweise würdewachsen.


unsere zeitHintergrundFreitag, 20. September 2013 13„Unternehmen Spanien“In Katalonien wird die Forderung nach der Unabhängigkeit lauter • Kommunisten uneinsFoto: C. S.ben 364 Tage im Jahr Zeit dafür – abersie machen ihre Aktion am gleichenTag zur gleichen Uhrzeit“, kritisiert einRedner der Gruppe während der Gedenkveranstaltungfür die VerteidigerBarcelonas, die 1714 während der Belagerungder Stadt durch französischeund spanische Truppen getötet wordenwaren. An das Datum der KapitulationBarcelonas und das damit verbundeneEnde der faktischen UnabhängigkeitKataloniens erinnert die Diada Nacionalam 11. September.Kataloniens Kommunisten fühlen sichin der gegenwärtigen politischen Lagezwischen Baum und Borke. Die erstelegale Großdemonstration zum Nationalfeiertagam 11. September 1977 mitHunderttausenden Teilnehmern warnoch von den Fahnen und Transparentender gerade aus dem Untergrundaufgetauchten PSUC, der traditionellenkommunistischen Partei, dominiertworden. In den 90er und 2000er Jahrenwar die in den 80er Jahren als Abspaltungvon dieser entstandene PCC immermit vielen Mitgliedern und demSlogan „Som una nació – Autodeterminació“(Wir sind eine Nation – Selbstbestimmung)bei den Demonstrationendabei.Doch die PCC arbeitet heute mit derPSUC-viu, der offiziellen katalanischenPartnerpartei der KP Spaniens(PCE), zusammen, und beide wollensich wohl im kommenden Jahr zu einergemeinsamen Partei vereinigen.Im Bündnis Vereinigte und AlternativeLinke (EUiA) sind sie die prägendenKräfte. Doch während die PCCtraditionell auf katalanische Selbstbestimmungsetzt – nicht unbedingt aufUnabhängigkeit –, besteht die Mitgliedschaftder PSUC-viu zu einemWird 2014 in Katalonien übereine Abspaltung von Spanienabgestimmt? Dafür demonstriertenam 11. September, demkatalanischen Nationalfeiertag, HunderttausendeMenschen mit einer 400Kilometer langen Menschenkette. KataloniensInnenminister Ramon Espadalerbezifferte die Teilnehmerzahlanschließend auf 1,6 Millionen, währendsein spanischer Amtskollege JorgeFernández Díaz die Ziffer auf einViertel reduzierte. Die genaue Zahl –sie wird wohl oberhalb der Millionengrenzeliegen – wird sich ermitteln lassen,denn die Organisatoren von derparteiunabhängigen KatalanischenNationalversammlung (ANC) habendie eindrucksvolle Demonstration aufganzer Länge abfotografiert, das rekordverdächtige„Megafoto“ soll veröffentlichtwerden.Die meisten Parteien Kataloniens, vonden bürgerlichen Katalanisten bis zurLinken, unterstützen die Forderungnach einer Volksabstimmung, auchwenn nicht alle für die Unabhängigkeiteintreten. Nur die postfranquistischeVolkspartei (PP), die in Madriddie spanische Zentralregierung stellt,und die rechten „Ciutadans“ (Bürger)stellen sich im katalanischen Parlamentgegen ein Referendum, die sozialdemokratischePSC schlingert aus Rücksichtauf ihre spanische Mutterpartei PSOE.Die stärkste Partei, die offen für dieUnabhängigkeit der Region eintritt,ist die sozialdemokratisch orientierteRepublikanische Linke Kataloniens(ERC), die im Parlament inzwischendie zweitstärkste Fraktion stellt undsich Hoffnungen machen kann, beiden nächsten Wahlen 2016 die bisherregierende konservative CiU an derSpitze abzulösen. Jetzt schon ist dieseauf die Stimmen der ERC angewiesen,die ihre Tolerierung der Regierung deskatalanischen Präsidenten Artur Masdavon abhängig gemacht hat, dass dieserim kommenden Jahr ein Referendumüber die Unabhängigkeit durchführt– zur Not auch unabhängig voneiner Zustimmung oder Ablehnungdurch Madrid.„Es ist unmöglich, mit einer Regierungauf Augenhöhe zu sprechen, die mitMonologen antwortet“, reagierte ERC-Chef Oriol Junqueras am vergangenenSonntag auf die nicht anders erwarteteAntwort des spanischen MinisterpräsidentenMariano Rajoy. Dieser hattesich sechs Wochen Zeit gelassen, aufein Schreiben von Artur Mas zu antworten,in dem dieser offiziell „Dialog“und „Verhandlungen“ geforderthatte, um eine mit Madrid vereinbarteBefragung des katalanischen Volkes„in der kürzestmöglichen Frist“ durchführenzu können. Rajoy verwies einmalmehr auf den „legalen Rahmen“,in dem sich jedes Handeln abspielenmüsse und der wegen der in der Verfassungfestgeschriebenen „UnteilbarkeitSpaniens“ jeden Austritt eines Teilsaus dem Staat verbiete – und ignoriertedabei explizit die umfangreiche juristischeAnalyse von möglichen Vorgehensweisen,die Mas seinem Schreibenbeigefügt hatte. Statt dessen warnte derspanische Regierungschef: „Die Bande,die uns zusammenhalten, können nichtohne enorme gefühlsmäßige, ökonomische,politische und soziale Kosten gelöstwerden.“Inzwischen ist in Katalonien jedochUmfragen zufolge eine Mehrheit derBevölkerung bereit, diese angedrohtenKosten hinzunehmen. „Spanien ist vorallem ein Unternehmen, das aus derGeschichte entstanden ist. Dessen Zielist, dass eine Minderheit in der ZentraleMadrid mit Hilfe reicher baskischerund katalanischer Minderheiten dickeGeschäfte macht“, formuliert dies imGespräch Quim Arrufat, der für die linkeKandidatur der Volkseinheit (CUP)im katalanischen Parlament sitzt. „Wirhaben nie wirklich mit der Franco-Diktatur Schluss gemacht. Trotz allerReformen sind noch immer dieselbenFamilien an der Macht, sie stellen Minister,die Spitzen der beiden größtenParteien. Wenn man Spanien verändernwill, muss man deshalb mit SpanienSchluss machen.“ Der spanischeNationalismus habe in den vergangenenJahrzehnten wirkliche Veränderungenunmöglich gemacht, so dass es fürdie Katalanen keine Zukunft innerhalbdieses Staates geben könne.Die CUP – deren Name Candidaturad‘Unitat Popular auch eine bewussteReferenz an die Unidad Popular vonSalvador Allende in Chile ist – konntebei den Wahlen im vergangenen Jahrerstmals in das katalanische Parlamenteinziehen, nachdem sie zuvor bereits invielen Kommunalvertretungen präsentgewesen war. Sie versteht sich als sozialistisch,feministisch, ökologistischund eben „independentista“, also fürdie Unabhängigkeit. Um sie herumgruppieren sich neben kleineren linkenParteien auch unabhängige Organisationenwie die JugendorganisationArran, die Gewerkschaftsbünde COSund Intersindical-CSC sowie alternativeMedien.Dieser Bewegung ist klar, dass es beimKampf um die Unabhängigkeit nichtdarum gehen kann, die Fahnen auszutauschen.„Am Tag danach geht derKampf weiter“, betont etwa Adriá, deram 11. September einen Infostand vonArran betreut. In der Nacht zuvor hatseine Gruppe Wandbilder gemalt undTransparente aufgehängt. Im Zentrumvon Barcelona leuchten nun neben denFarben Kataloniens auch Hammer undSichel, das feministische Frauenzeichenoder auch das aus Deutschland stammendeSymbol der AntifaschistischenAktion als Acció Antifeixista.Die von Arran hochgehaltenen Symboleder kommunistischen Bewegungsind bei den Aktionen am Nationalfeiertagpraktisch die einzigen dieserArt. Zumindest auf der traditionelleDemonstration am Abend des11. September fehlen die kommunistischenParteien PCC und PSUC-viu.Lediglich eine kleine Abordnung desJugendverbandes des LinksbündnissesEUiA zeigt Flagge. Auch zu derMenschenkette hatten die beiden Parteiennicht aufgerufen, sondern sichstatt dessen an einer Umzingelung derkatalanischen Caixa-Bank beteiligt.Man habe dafür sorgen wollen, dassder soziale Protest an diesem Tag nichtzu kurz komme, hieß es zur Begründung.Für die Mitglieder einer Nachbarschaftsinitiativein Barcelonas Altstadt,die ein kleines Geschichtsmuseumbetreibt, ist die Aktion hingegeneine Spaltung der Bewegung. „Sie ha-Foto: C. S.Großteil aus Immigranten, die aus anderenRegionen Spaniens nach Katalonieneingewandert sind und sich weiterauf ihre Herkunftsgebiete orientieren.Ihr Fixpunkt ist nicht Barcelona, sondernMadrid und dort die PCE. Zudemist auch die EUiA selbst in eine Allianzeingebunden: Im Parlament bildetsie eine gemeinsame Fraktion mit derökosozialistischen ICV, die mobilisierungsfähigerund in den Medien deutlichpräsenter ist.Während es in der Frage der Unabhängigkeitaus diesem Lager keineeindeutige Stellungnahme gibt, sprechensich alle Parteien und Bündnissefür das Recht des katalanischen Volkesaus, seine Zukunft selbst zu entscheiden.Es ist zu vermuten, dass unabhängigvon den offiziellen Orientierungenihrer Spitzen viele der Mitglieder vonPCC, EUiA und ICV, aber auch einigeder PSUC-viu, bei einem solchenReferendum gegen Spanien stimmenwerden.André Scheer


14 Freitag, 20. September 2013 Anzeigenunsere zeit


unsere zeitAntifaschismus / Termine / ImpressumBerlin-Neukölln: Kein Platz für Faschisten!„Nicht Flüchtlinge – Flüchtlingsursachen bekämpfen“Foto: Voigt/(CC BY-SA 3.0)Ansicht einer Straße in der Hufeisensiedlung. Die Siedlung entstand nach Plänenvon Bruno Taut und Martin Wagner von 1925 bis 1933 im Berliner Ortsteil Britz.Seit 2008 gehört sie zum UNESCO-Welterbe Siedlungen der Berliner Moderne.Die Initiative „Hufeisern gegenrechts“ aus Neukölln-Britz inBerlin hatte zu einer Informationsveranstaltungüber eine geplanteFlüchtlingsunterkunft geladen undetwa 400 Menschen füllten die Aulader Fritz-Karsen-Schule. Deutlichüber 100 Interessierte konnten ausSicherheitsgründen nicht mehr an derVeranstaltung teilnehmen. Zuvor warenmehrere Veranstaltungen ähnlicherArt von Neofaschisten für ihrerassistischen Ziele umfunktioniertworden.Ein breites Unterstützungsbündnisaus Parteien, der Gewerkschaftenver.di und EVG und Verbänden verhinderteein weiteres Hellersdorf undverbannte die NPD in weitere und unbeachteteFerne dieser Veranstaltung.Rechtzeitig hatte das Bündnis eigeneKundgebungen zur Unterstützungangemeldet und durch eigene Ordnerden sicheren Verlauf gewährleistet.Auf dem Podium machte JürgenSchulte, Sprecher der Britzer Initiative,klar, dass das Motto der Veranstaltung„Nicht Flüchtlinge – Flüchtlingsursachenbekämpfen“ auch Programmist. Zustände wie in Hellersdorf würdenvon dem Veranstalter in Neuköllnnicht toleriert werden. „Wer Bombensät, wird Flüchtlinge ernten“, so Schultezur Begrüßung. Anschließend informiertenVertreter des Landesamts fürGesundheit und Soziales, des BezirksNeukölln, des Flüchtlingsrates undeine Sozialarbeiterin über ihre Arbeitund Erfahrungen mit Flüchtlingsunterkünften(Sammelunterkünfte, individuelleWohnungen). In Neukölln sollalles gut durchdacht und vorbereitetsein. Statt wie von den Medien erwartetzu poltern, wurden Fragen gestelltund klar gemacht, dass es um Hilfefür Flüchtlinge gehe. Kritisiert wurdender beauftragte private Betreiberder Einrichtung und dessen miserableStandards. Eine Lehrerin der Schulewies auf Stellenstreichungen hin unddarauf, dass mehr Personal für denDeutschunterricht erforderlich sei.Am Schluss war man sich einig, dassman nur gemeinsam handelnd etwasfür die Flüchtlinge erreichen kann,und dass weitere ähnliche Veranstaltungenstattfinden sollen.Die Veranstaltung war eine Demonstrationeines anderen Neuköllnsund keines „Problembezirks“, wie esder ebenfalls anwesende SPD-BürgermeisterBuschkowsky gerne sieht.Dieser wurde nicht müde, die Veranstalterund die Veranstaltung im Vorwegezu beschimpfen. Seiner Meinungnach würde die Initiative die Flüchtlingefür ihren Kampf gegen rechtsmissbrauchen. Richtig ist, dass die Initiative„Hufeisern gegen rechts“ sichnach einer Serie von Brandanschlägengegen das Jugendhaus der NeuköllnerFalken in Britz, Überfälle auf Jugendlicheund Terror gegen eine Familie inder Hufeisensiedlung bildete. Schondie Ankündigung von Planungen fürFlüchtlingsunterkünfte und Veranstaltungenvon Linken nutzte die NPD fürihre soziale Demagogie und Kundgebungen.Selbst eine Veranstaltung derCDU in Süd-Neukölln wurde genutzt,um rassistische Stimmung zu erzeugen.Diese Entwicklungen negierte der Bezirksbürgermeisterin einem Interviewund hielt es lediglich für „möglich,dass es zu Problemen kommen könnte“,wenn die Unterkunft in Betrieb genommenwird.Die Einstellung des Neuköllner Bezirksbürgermeisterswundert überhauptkeinen, arbeitet er doch selbstmit rassistischen Ressentiments in seinenVeröffentlichungen und schmolltenun, dass er von der Initiative nichtals Diskussionspartner geladen wurde.Es war schließlich der Vertreter desLandesamts der deutlich machte, dasssich die Veranstaltung positiv abhobvon anderen Veranstaltungen dieserArt. Ein Erfolg des antifaschistischenBündnisses in dem Stadtbezirk.Rainer PerschewskiAnzeigenin der <strong>UZ</strong>helfender <strong>UZ</strong>SA H 21. SepNeumünster: „45 Jahre <strong>DKP</strong> – 45 JahreSDAJ“, Veranstaltung der <strong>DKP</strong> Schleswig-Holstein mit Georg Polikeit und Dieter Keller.Kiek, Gartenstraße 32, 11.00 Uhr. Teilnehmerbeitrag(auch für Essen und Getränke)10,00 Euro.Stadtlohn: Parteifest der <strong>DKP</strong> im Kreis Borkenim Garten. Vredenerstraße 54 bei Tenbusch,15.00 Uhr.Wuppertal: Antifaschistische Demo gegenden Naziaufmarsch der Partei „Die Rechte“.Genauere Informationen unter www.wuppertal-gegen-rechts.de. Treffpunkt: City-Arkaden, Alte Freiheit 9, 10.00 Uhr.SO H 22. SepEssen: „Manifest der Kommunistischen Partei“Lesezirkel der MASCH Essen – ErsterTeil. <strong>DKP</strong>-Parteizentrum, Hoffnungstraße 18,14.00 Uhr.MO H 23. SepKöln: Mitgliederversammlung der <strong>DKP</strong> Köln-Kalk. Naturfreundehaus Kalk, Kapellenstr. 9a,19.00 Uhr.DI H 24. SepDüsseldorf: „Neoliberalismus – Was ist daseigentlich?“ – Vortrag und Diskussion. Wassteckt hinter dem Wörtchen „neoliberal“ undwie ist der Bezug zum Putsch in Chile vor 40Jahren? Veranstalter: ¡Alerta! – LateinamerikaGruppe Düsseldorf . Linkes Zentrum, Corneliusstr.108, 19.00 Uhr.Hanau: „Krise und Widerstand“ – Diskussionsveranstaltungder <strong>DKP</strong> Main-Kinzig mitWerner Seppmann. Reinhardskirche, Jakob-Rullmann-Straße 6, 19.30 Uhr.MI H 25. SepKrefeld: Mitgliederversammlung der <strong>DKP</strong>Linker Niederrhein. Thema: Auswertung derBundestagswahl. Brauhaus Wienges, NeusserStr. 55, 19.30 Uhr.DO H 26. SepDortmund: Mitgliederversammlung der <strong>DKP</strong>Dortmund. Thema: Flucht und Migration. Z,Oesterholzstrasse 27, 19.00 Uhr.Fellbach: „Die Wahrheit kommt erst nach derWahl, Widerstand tut Not“ – Diskussion undSchlussfolgerungen zur Bundestagswahl. Mitgliederversammlungder <strong>DKP</strong> Rems Murr. Gasthauszum Schiller, Schillerstr. 24, 18.30 Uhr.FR H 27. SepDarmstadt: Internationales Sommerfest der<strong>DKP</strong> Darmstadt-Dieburg – Thema „Viva CubaSocialista!“, mit Berichten von Teilnehmernder SDAJ-Solibrigaden und ihren Erfahrungenin Kuba. Bürgerhaus Kranichstein, Luise-Büchner-Saal, Grundstr. 10, 18.00 Uhr.Freitag, 20. September 2013 15termine@unsere-zeit.deSO H 29. SepDuisburg: „Marx in Marxloh“ – Sonntagsbrunchdes Deutschen Freidenker-Verbandes,in dem der Inhalt der Marxschen Werke„Das Kapital“ Band I und „Das KommunistischeManifest“ skizziert werden. Referent:Klaus von Raussendorff (NRW-Vorsitzenderdes Deutschen Freidenker-Verbandes). BürgerbüroMarxloh, Kaiser-Wilhelm-Straße278, 11 Uhr.Essen: „Manifest der Kommunistischen Partei“Lesezirkel der MASCH Essen – ZweiterTeil. <strong>DKP</strong>-Parteizentrum, Hoffnungstraße 18,14.00 Uhr.Siegen: „40 Jahre nach dem Putsch – Nichtsist vergessen, und niemand!“ Ausstellung,Diskussionen und Kultur aus und über Chile1973 und heute. Referent: Mario BerriosMiranda. Veranstalter: <strong>DKP</strong> Siegen-Olpe-HSKu. a. VEB, Marienborner Straße 16, 17.00 Uhr.MO H 30. SepDarmstadt: Mitgliederversammlung der <strong>DKP</strong>Darmstadt-Bergstraße. LinksTreff „GeorgFröba“, Landgraf-Philipps-Anlage 32, 19.30Uhr.SA H 5. OktBochum: Festveranstaltung zum 64. Jahrestagder Gründung der DDR. Neben Kultur u. a.mit der Schalmeienkapelle „Kurt Weineck“wird es interessante Diskussionen und Vorträgegeben u. a. mit Kurt Andrä zum Lebenvon Wilhelm Pieck und mit Dieter Winderlichzum 100. Geburtstag von Friedrich Dickel.Die Moderation wird Peter Wolter (junge Welt)leiten. Veranstalter: DDR-Kabinett-Bochume. V. Pestalozzi-Realschule, Graf-Adolf-Straße40, Einlass und Essen ab 12.00 Uhr, Beginn14.00 Uhr. Eintritt ist frei, um Spenden wirdgebeten. Voranmeldung unter: info@ddrkabinett-bochum.de.SO H 6. OktEssen: „Manifest der Kommunistischen Partei“Lesezirkel der MASCH Essen – DritterTeil. <strong>DKP</strong>-Parteizentrum, Hoffnungstraße 18,14.00 Uhr.SA/SO H 12./13. OktLeverkusen: „Zur Arbeit von Kommunistinnenund Kommunisten in Kommunalvertretungen,in Parlamenten und inWahlkämpfen“ – Wochenendseminar derKarl-Liebknecht-Schule. Mit Beiträgen vonMichael Gerber (Bottrop), Arno Grieger (Reinheim),Wolfgang Richter (Dortmund) und TuniaErler (Direktkandidatin der <strong>DKP</strong> für dieBundestagswahl in Berlin-Mitte). Anmeldungunter www.karl-liebknecht-schule.org. Karl-Liebknecht-Schule der <strong>DKP</strong>, Am Stadtpark68, 10.30 Uhr.Terminankündigungenvon Gliederungen der <strong>DKP</strong> gehören auch indie <strong>UZ</strong>! Bitte so schnell wie möglich, spätestensam Freitag eine Woche vor dem Erscheinungsterminder entsprechenden Ausgabe der<strong>UZ</strong>, möglichst auch mit Angabe des Themasder Veranstaltung an termine@unsere-zeit.de oder <strong>UZ</strong>-Redaktion, Hoffnungstraße 18,45 127 Essen.Impressumunsere zeit (<strong>UZ</strong>) – Zeitung der <strong>DKP</strong> (ISSN 0943–4216)Herausgeber:Parteivorstand der <strong>DKP</strong>Erscheint wöchentlichRedaktion:Nina Hager (0201/1778–8914, Chef redakteurin,v. i. S. d.P.), Paul Kranefeld, ManfredIdler, Werner Sarbok, Wolfgang TeuberFür Beiträge, die mit vollem Namen gekennzeichnetsind, übernehmen allein die Autor/inn/endie Verantwortung. 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16 Freitag, 20. September 2013 Die letzte Seiteunsere zeitMeine progressive WocheVom 7. bis 13. SeptemberMontag25 Jahre ist es her, dass das Atomkraftwerkin Mülheim-Kärlich per Gerichtsbeschlussstillgelegt wurde. Grund: Errichtungauf einem ehemaligen Vulkanund einer Erdbebenspalte. Diese Problematikwar dem Betreiber RWE schon1973, also noch während der Planungsphase,bekannt geworden. Intern verlegteman den Standort des Reaktors innerhalbdes Geländes mehrmals. Den Genehmigungsbehördenteilte RWE das nicht mit –zumindest nicht offiziell. Und so vergabdie damalige rheinland-pfälzische CDU-Landesregierung unter Helmut Kohl am9. 1. 1975 eine 1. Teilgenehmigung. DreizehnJahre und diverse Prozesse späterließ sich diese nicht mehr halten.Der Rückbau des nur kurz betriebenenAKWs ist noch nicht abgeschlossen. Vielefeiern heute zu Recht den Sieg der Anti-AKW-Bewegung. Überschattet wird dieservon den vielen ungelösten Problemendes deutschen Ausstiegs und der Tatsache,dass weltweit neue Reaktoren aus demBoden schießen – auf Erdbebenspalten, inpotentiellen Kriegsgebieten, an Tsunami-Küsten – wo auch immer die Atom-Mafiasich Profit verspricht.DienstagVor Gericht geht es nicht um Gerechtigkeit,sondern um Recht. „Ton, Steine,Scherben“ sangen einmal: „Wer die Machthat, hat das Recht“. Daran hat sich nichtsgeändert. Auch beim Bundessozialgerichtnicht, das heute entschied, dass der Sohneiner Hartz-IV-Empfängerin keinen Zuschussfür das Ausleihen eines Cellos beiseiner Schule bekommt. Und das trotz„Bildungs- und Teilhabepaket“, das seit2011 „Bedürtigen“ Sport, musische undandere Freizeitaktivitäten ermöglichensoll. Im Falle des Cellos begründete dasGericht: Es gebe keine gesetzliche Grundlage,dieses Geld für schulische Belangezu verwenden, auch nicht für ein schulischbenötigtes Musikinstrument. Zuständigsei hier die Schule. Das ist nicht gerecht,entspricht aber wohl dem Recht und hatvor allem seine deutsche Richtigkeit: Wobleibt das Bildungsprivileg, wenn jedesRotzblag Cello spielen darf?MittwochWo das Bundessozialgericht gesternausschloss, schließt das Bundesverwaltungsgerichtheute ein – (muslimisches)Mädchen in den schulischen Schwimmunterrichtnämlich. Eine 13 Jahre alteGymnasiastin hatte sich aus religiösenGründen vom Schwimmunterricht befreienlassen wollen.Die Richter entschieden nun in einemGrundsatzurteil, dass die Teilnahme amSchwimmunterricht zumutbar ist. DasMädchen könne einen Ganzkörperbadeanzugtragen, den Anblick von Jungen mitnacktem Oberkörper müsse sie hinnehmen.Auch außerhalb der Schule liefenMänner im Sommer ohne Oberteil herum.Interessant wäre gewesen, ein US-amerikanischesGericht mit dieser Frage befasstzu sehen. Die Kehrseite der dort blühendenPorno-Industrie ist bekanntlichVerklemmtheit und Prüderie, die bis insprivate Schlafzimmer reicht und je nachBundesstaat die Sexualpraktiken in erlaubtund nicht erlaubt unterteilt. Männermit nacktem Oberkörper wird man in denUSA abseits von Badesständen übrigenskaum zu sehen bekommen.Egal. Wer meint, es habe etwas mit europäischerAufklärung zu tun, Cellounterrichtab- und Schwimmunterricht durchzusetzen,täuscht sich. GesellschaftlicheFreiheit ist vor allem die Freiheit desEinzelnen zu tun und zu lassen, was erfür richtig hält. Das ist auch eine soziale,aber auch eine Frage der Religionsfreiheit.Aufklärung erzwingt man nicht.FreitagZur Einstellung der unsäglichen Landserhefteschreibt die Süddeutsche: „Andersals manche glaubten, war ‚Der Landser‘kein Naziblättchen, das Hitler angebetet,seine Verbrechen rechtfertigt oderden Holocaust geleugnet hätte. Hitler,die deutschen Verbrechen und der Holocaustkamen im Landser nämlich so gutwie nicht vor.“ Falsch, SZ. Genau das hatüber ein halbes Jahrhundert lang funktioniert.(Potentielle) Neonazis durften sichmit Landserheftchen an der Verwirrungberauschen, dass die Wehrmacht gut war.So wie einst die kämpfende Truppe erstdie Gebiete eroberte, in denen die Polizeitruppendann mordeten und der SS-Lager-Staat entstand, planierte der Bauer-Verlag mit seinen Lügengroschenheftendas geistige Feld, auf dem der Faschismusimmer wieder neu erblüht.Der Landser, eingegangen wegen Protestender Simon-Wiesenthal-Stiftung? Mitnichten.Wenigstens das durchschaut dieSZ: „Zugrunde gegangen ist es an sichselbst.“ An den sinkenden Erträgen nämlich.So sterben Zeitungen und nur so!Adi ReiherDie Gier nach den FiletstückchenFoto: handel-bawue.verdi.de/Copyright by helmut-roos@web.deDie Warenhauskette Karstadt wird zerlegt. Im Juni 2010 hatte der FinanzinvestorBerggruen die insolvente Warenhauskette gekauft und versichert, dass es keinePläne über eine Zerlegung gäbe. Vergangenen Montag die „Überraschung“: DieMehrheiten an dem Berliner KadeWe, an zwei weiteren Luxushäusern, sowie28 Sport-Filialen werden an die österreichische Signa-Gruppe verkauft – für300 Millionen Euro. Berggruen bezeichnete den Verkauf als seinen „Beitragzur Gesundung des Unternehmens“ . Die 300 Millionen Euro wolle er in dieverbleibenden 83 Karstadt-Filialen investieren. Wie viel in seine eigenen Taschenversickern werden, das verschwieg er. Die Belegschaft bekommt diese unterGarantie nicht zu Gesicht – April dieses Jahres wurde ihnen eine Tarifpauseaufgezwungen. Zum Erhalt ihrer Arbeitsplätze machte der neue Investor Signabislang noch keine Angaben.Vier Jahre lang zierte Ilse Aigner, CSU,das Bundesministerium für Ernährung,Landwirtschaft und Verbraucherschutz.Künftig will sie landespolitisch walten.Mit dieser Belastung müssen danndie Bayern fertig werden, und die gesamteRepublik hat ebenfalls keinenGrund zum Fröhlichsein. Auch nachdem 22. September wird sich kein fähigerPolitiker für mehr Mitweltschutzengagieren, für gesündere Nahrungsmittel,für tauglichere Dienstleistungen.Schon der Name des Ministeriumsvernebelt dessen wahre Funktion,die Interessen der Bauernlobby undder Nahrungsmittelindustrie zu pflegenund allenfalls lasch mit den weitgehendkonträren Ansprüchen der Verbraucherzu harmonisieren. Keine derBundestags-Parteien scheint kapierenzu wollen, dass ernährungspolitischerVerbraucherschutz, ökologisch-extensiveLandwirtschaft und umfassenderTierschutz zusammengehörige, sichgegenseitig bedingende und gewichtigePolitikziele sind.Zum Instrumentarium gegen den Hungerin der Welt gehört die Verringerungdes maßlosen Fleischkonsums in denreichen Industrieländern. Statt entsprechendeprogrammatische Konsequenzzu entwickeln, reduzierten Bündnis90/die Grünen die Problematik auf einenbilligen Wahlkampfgag: Allen öffentlichenKantinen sei ein wöchentlicher„Veggi-Day“ zu verordnen. Promptzogen CDU-Politiker Vergleiche zumEintopftag der Nazis, den der VegetarierHitler 1933 einführen ließ. Diemörderische Kausalität der Fleischproduktionfür den Welthunger geriet beidem schwachsinnigen Geschrei über„Zwangsernährung“ aus dem Blick.Dümmer ging’s nimmer…Zur rationalen Argumentation einigewenige Vergleichsdaten aus Mitteleuropa:Für ein Kilo Fleisch werden bis zu9 Kilo Getreide verfüttert. Ein Hek tarLand erbringt 43 Tonnen Kartoffeln,aber nur 1,8 Tonnen Rindfleisch. Nebenbei:Für ein Kilo Fleisch auf derLadentheke werden in Deutschland20 000 Liter Trinkwasser verschwendet,für ein Kilogramm Weizen braucht manhingegen nur 50 Liter.Ein sehr simpler Vergleich der Nährwerterträgeje Hektar: Bei Rinderhaltung2,4 Millionen kcal (Kilokalorien)und 520 kg Proteine. Bei Kartoffelanbau29,3 Millionen kcal und 860 kg Proteine,wobei dieses pflanzliche Eiweißhöherwertig ist als das tierische Protein.Noch entschiedener spricht für dieKartoffel ihr reicher Gehalt an Vitaminenund Spurenelementen.Jedes Jahr werden 355 000 QuadratkilometerRegenwald für Äcker undWeideland gerodet, exportorientiertfür Futtermittelanbau und Fleischproduktion;eine Fläche so groß wie ganzDeutschland. Nach Berechnungender Welternährungsorganisation FAOreicht eine Halbierung des Fleischkonsumsin den Industrieländern aus, denWelthunger zu besiegen: Die Hälftedes als Futtermittel verschwendetenGetreides und die möglichen Erntenauf den gerodeten, zur Erosion verdammtenWeideflächen ergäben zusammenmit der klassischen GetreideundGemüseproduktion genug pflanzlicheNahrung für die Erdbevölkerung.Stattdessen sterben jährlich allein 2,6Millionen Kinder unter fünf Jahren anHunger. Wir maßlosen Fleischfressertragen die Hauptschuld.Weitere wesentliche Zusammenhängenur angedeutet: SpekulationsbedingtePreisexplosion für Getreide, künstlicheVerknappung, Kriegsgefahr. Fleischproduktion,Energieverbrauch, NaturundKlimaschutz. Landaufkauf undLandraub in der Dritten Welt, Vertreibung,Elendsflucht. Das wird nicht nurhingenommen, es ist gewollt, da eineVoraussetzung der elitären Fleischproduktionfür die Erste Welt. Schließlichein grundsätzlicher Aspekt: Tierschutzund die Würde des Menschen.Alle, die sich an dem Wahlspektakelvom 22. September beteiligen wollen,sollten sich auch für die Landwirtschafts-,Tierschutz- und Verbraucherpolitikder Parteien interessieren. EinigeVerbände, zum Beispiel die „AlbertSchweitzer Stiftung für unsere Mitwelt“,haben „Wahlprüfsteine“ zusammengestellt.Schlaglicht darauf:Fleischfresser-PolitikVon Volker BräutigamCDU, CSU, FDP und die Partei „DieLinke“ (im weiteren PDL) sind gegenlegislative Mittel zur Verringerung desFleischkonsums. Unionsparteien undFDP sind gegen ein Qualzucht-Verbot(es beträfe z. B. sogenannte Turbo-Milchkühe und Geflügel zur Fleischproduktion).SPD, Grüne und PDLwollen zwar eine Kennzeichnungspflichtfür Fleisch und Milch aus Massentierhaltung.Aber deren unverzüglichesund vollständiges Verbot verlangtkeine einzige Partei, auch keine dernicht im Parlament vertretenen. Käfighaltungverbieten will „schnellstmöglich“nur die PDL; die anderen habenes angeblich ebenfalls vor, SPD undGrüne aber erst vom Jahr 2023 an, Unionund FDP gar erst ab 2035. Den St.Für ein Kilo Fleisch werden bis zu 9 Kilo Getreide verfüttert.Ein Hektar Land erbringt 43 Tonnen Kartoffeln,aber nur 1,8 Tonnen Rindfleisch.Nimmerleinstag zu nennen wäre aufrichtigergewesen.Zu einem Verbot von betäubungslosenAmputationen (s. u. a. meine Beiträge„Fieses aus der Milchwirtschaft“, Ossietzky10, 2010, „Fieses vom Geflügelhof,“Ossietzky 11, 2010 und „Fiesesaus der Schweinemast“, Ossietzky 21,2010) sind SPD, Grüne und PDL wohlbereit, Union und FDP jedoch „ehernicht“. Ähnlich stellen sich diese Parteienzur strikten Regelung qualfreierTiertransporte und dem Verbot experimentellerVivisektionen. Nur SPD,PDL und Grüne sind dafür, endlich dieTierschutz-Verbandsklage zu ermöglichen.Aber alle im Parlament vertretenenParteien sind gegen Ausbau undStärkung der Veterinärbehörden unddamit gegen wirksamere Kontrollen imSinne des Tierschutzes.Die Praxis: Im brandenburgischenHaßleben beispielsweise wurde kürzlicheine der größten Schweinezuchtund–mastanlagen Europas genehmigt.Mit Standplätzen für mehr als 36 000Tiere. Wird die gigantische Tierfabrikin Betrieb genommen, dann fälltdie gleiche Fäkalienmenge an wie dieeiner Mittelstadt mit 40 000 Einwohnern.Die zuständigen Landesministerfür Umwelt (PDL) und Landwirtschaft(SPD) segneten das Projekt ab, beriefensich dabei auf Bundesgesetze, wuschenihre Hände in Unschuld und verschwiegen,dass sie mit Rücksicht aufden Mehrheitswillen der Bevölkerungund den Schutz der Umwelt den Anlagenbausehr wohl hätten verhindernkönnen.Die Stickstoffbelastung der Böden inDeutschland liegt laut einer Studie desForums Ökologisch-Soziale Landwirtschaft(FÖS) mit 96 kg/ha weit über derohnehin schon sehr hohen (nicht sanktionsbewehrten,daher belanglosen)Obergrenze von 60 kg/ha. Der Schadstoffeintragins Grundwasser bewirkt,dass in weiten Teilen der Republik diefür Trinkwasser geltenden Grenzen derStickstoff-, Phosphat- und Uranbelastungdeutlich überschritten werden.Ursache ist die rücksichtslose Überdüngung,Schuld sind die Intensiv-Landwirtschaftund insbesondere die Massentierhalter.Politisch verantwortlich die tatenlosenAigners und Konsorten.Eine angesichts der resultierendenKosten mehr als begründete Abgabevon nur 2 Euro pro Kilo Stickstoff/ha würde das Rindfleisch um 7 Prozentverteuern, Schweinefleisch um2,5 Prozent. Erwartbare Wirkung: EinKonsumrückgang um 3,5 Prozent beimRindfleisch sowie um 2,5 Prozent beimSchweinefleisch. Nicht viel, aber einAnfang. Ökologisch, ernährungs- undbesonders gesundheitspolitisch solidebegründbar ließe sich die Abgabe sogarauf bis zu 15 Euro festsetzen.Entsprechenden politischen Willen vorausgesetzt,wäre es durchaus möglich,unseren Fleischkonsum mit fiskalischenMitteln zu reduzieren. In sozial gerechterWeise gelänge dies allerdings nurunter anderen gesellschaftlichen Rahmenbedingungen.Vermutlich auch nurmittels Rationierung des Fleischbezugs.Wünschenswerter wäre ein neues, aufumfassender Information in Schule undÖffentlichkeit beruhendes Konsumentenverhalten,flankiert von steuerlichenEingriffen. Beispiel: Wie die meistenLebensmittel werden Fleischerzeugnissemit dem ermäßigten Mehrwertsteuer-Satzvon 7 Prozent belastet. Beiüblichen 19 Prozent würde der Fleischpreisum zirka 11 Prozent steigen, mitBremswirkung auf den Konsum.Laut Statistischem Bundesamt wurdenim ersten Quartal dieses Jahresin Deutschland 1 722 000 Tiere wenigergeschlachtet bzw. konsumiert alsim Vergleichszeitraum des Vorjahres.Im zweiten Quartal war der erfreulicheTrend allerdings schon wieder vorbei:Der Fleischverbrauch stieg, weildie Supermarktketten mit kräftigenPreissenkungen den Umsatzrückgangkonterten. Das regt die Parteien trotzdemnicht zum Nachdenken über ordnungspolitischeMaßnahmen an, z. B.ein Verbot des Fleischverkaufs in Supermärktenund Discount-Läden. Eswäre gesundheitspolitisch vernünftig,den Umsatz des mit Hormonen undAntibiotika belasteten, labberigen Billigfleischszu kappen, ein bedeutenderSchritt sowohl für den Verbraucher –wie auch für den Tierschutz. Die notwendigekalte Dusche fürs mit Wurstund Bier ruhiggestellte und eingelullteWahlvolk. Wiedergabe mit freundlicher Erlaubnis derPolitikzeitschrift OssietzkyDer rote KanalMama Africa – MiriamMakeba, D/SA/Fin 2011Dreißig Jahre lebte Miriam Makebaim Exil, bevor sie nach Südafrikazurückkommen konnte. „Draußen“war die Sängerin eine derwirkungsvollsten Stimmen gegenRassismus und Unterdrückung –nicht nur in Südafrika.So., 22. 9., 22.05–23.35 Uhr, arteGoldman Sachs – Eine Banklenkt die Welt, F 2013Auftakt eines Themenabends „AmEnde gewinnt immer die Bank“.Di., 24. 9. 20.15–21.30 Uhr, arteIn ihren Augen, Arg 2009Ein Mörder kommt während derargentinischen Militärjunta davon.25 Jahre später wird der Fall neuaufgerollt. Oscarprämierter argentinischerSpielfilm.Mi., 25. 9., 20.15–22.20 Uhr, arte

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