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Der Große Platz in Brünn - Vermächtnis des deutschen Brünn

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„Freiheitsplatz“.Uns <strong>Brünn</strong>ern, denen unsere Stadt ans Herz gewachsen war, blieb er immer der gleichegroße <strong>Platz</strong>. Je<strong>des</strong> zünftige <strong>Brünn</strong>erk<strong>in</strong>d wuchs geradezu unter se<strong>in</strong>en Fittichen auf. Ander Rockfalte Mutters begann es. Bei den E<strong>in</strong>käufen, da wir sie als K<strong>in</strong>der begleiteten,lernten wir bald je<strong>des</strong> Geschäft, jede Auslage gründlich kennen. Als grüne Jüngl<strong>in</strong>gepromenierten wir mit der ersten Zigarette eitel und selbstbewußt auf der „A-B“, dem<strong>deutschen</strong> Korso, welcher vor dem Mamlassenhaus begann und <strong>in</strong> der Rennergasse beimCafé Margaretenhof endete. Manch lustigen Bummel <strong>in</strong> fröhlich ungebundenerStudentenzeit, den ersten heimlichen Flirt hatten wir dieser „A-B“ zu danken. Dort absolviertenwir die ersten schüchternen Gehversuche im „Nachsteigen“. Wenn es uns e<strong>in</strong>ebesonders Schöne, Wunschbild unserer Träume, angetan hatte, übten wir dann freilichfleißig weiter, bis wir es im Ansprechen und Nachsteigen zu souveräner Meisterschaftbrachten. Hold errötend empfand dort manch reizender Backfisch die ersten leisenRegungen e<strong>in</strong>er jungen Liebe. Glückstrahlend führten wir das Bräutchen über die gleiche„A-B“, um Jahre später den ersten Sprößl<strong>in</strong>g im neuen K<strong>in</strong>derwagen voll Stolz denBekannten vorzuführen. Aber auch manch gesetzter Ehemann folgte geknickt se<strong>in</strong>ergestrengen Ehehälfte, zögernd zwar, doch folgsam von Schaufenster zu Schaufenster!Dieser große <strong>Platz</strong>, er könnte mancherlei erzählen, von all dem, was sich <strong>in</strong> den Jahrhundertendort zugetragen hatte. Er war stets der ruhende Pol im Wandel der Zeiten.Die Nikolaikirche auf dem großen <strong>Platz</strong>e <strong>in</strong> <strong>Brünn</strong>Vor mehr als 80 Jahren zierte unseren Freiheitsplatz e<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>e Kirche, die 1225—1231über Betreiben <strong>des</strong> e<strong>in</strong>stmaligen englischen Cisterziensermönches, nachmaligenOlmützer Bischofes Robert gebaut und von ihm selbst 1231 konsekriert wurde. DiesesKirchle<strong>in</strong>, e<strong>in</strong>e Tochterkirche der St.-Jakobs-Kirche, diente namentlich den <strong>in</strong> <strong>Brünn</strong>weilenden italienischen und spanischen Kaufleuten als Gotteshaus und war demSchutzpatron der Kaufleute, dem heiligen Nikolaus geweiht, nach welchem es auh denNamen führte. Ab 1622 wurden dort auch Andachten <strong>in</strong> slawischer Sprache durchMitglieder <strong>des</strong> Jesuiten-Ordens abgehalten. Das Kirchle<strong>in</strong>, <strong>des</strong> öfteren auf Kosten derBrunner Kaufmannschaft und derfremden Handelsleute restauriertund umgebaut, wurde zumletztenmal im Jahre 1760gründlich wiederhergestellt undmit e<strong>in</strong>em Turme versehen. AufGrund der Joseph<strong>in</strong>ischenReformen auf dem Gebiete <strong>des</strong>kirchlichen Lebens wurde auchunsere Nikolaikirche 1786entweiht und von da ab vomMilitärärar als Lagerraum benützt.Um die Instandhaltung <strong>des</strong>Kirchle<strong>in</strong>s kümmerte sichnunmehr weder die Stadt nochdas Militärärar, so daß die Wände mit der Zeit Risse und Sprünge aufwiesen, das Dachbald mehr ke<strong>in</strong>e ganzen Ziegel und die gotischen Fenster ke<strong>in</strong>e ganze Glastafeln mehrzeigen konnten. Mit e<strong>in</strong>em Wort, die Kirche war baufällig geworden. Und so beeilten sichdie Militärbehörden, dieses mehr als sechs Jahrhunderte den großen <strong>Platz</strong> schmückendeKirchle<strong>in</strong> an die Geme<strong>in</strong>de zurückzugeben, was auch am 26. August 1869 nachmittagsgeschah, Die Geme<strong>in</strong>de wußte mit der Kirchenru<strong>in</strong>e auch nichts Rechtes anzufangen undso wurde der Beschluß gefaßt, dieses alte Gotteshaus niederzulegen.Am 10. November 1869, begann der Zimmermeister Peter Voith die erstenDachsparren abzubrechen und langsam verschwand e<strong>in</strong> Teil der Kirche nach demanderen, bis sie schließlich Anfang Feber 1870 vom Erdboden ganz verschwunden war.

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