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ottmar hörl wagner dirigiert bayreuth - Maisenbacher-art.com

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Menschen wie Georg Büchner hervorgebracht, die gesehen haben, wieverkommen Europa war. All diese Motive hat man aber vergessen.Das rückt auch Wagners Größenwahn in ein anderes Licht. Erschreibt seine Werke ausdrücklich für die Zeit nach einem Umbruch,er sagt: Damit meine Kunst funktioniert, muss sich erst alles um sieherum ändern. So, wie es jetzt ist, hat es keinen Sinn.Die Menschen vergessen manchmal, welche Motive hinter künstlerischenÄußerungen stehen. Ein Ende der Kleinstaaterei, die Vision eines einigenDeutschlands, das ist alles verständlich. Und da wir heute selbstnoch sehr unvernünftig sind, weiß ich nicht, was wir jemandem vorwerfenwollen, der uns heute unvernünftig erscheint, auch wenn er‘s in dendamaligen Verhältnissen gar nicht war. Stellen Sie sich nur mal vor: Wirwerden regiert von einem Kretin wie Ludwig II. Dieser Mann, seelischund moralisch verkommen, ist Chef eines Landes, obwohl er eigentlichnicht regierungsfähig ist. Er hat die Verantwortung für die Menschen,für die Ressourcen, für viel Geld. Da kann man schon auf die Idee kommen,dass dieses System eigentlich nicht tragbar ist. Das lag damals inder Luft. Es ging nicht mehr.Bei all dem darf man aber einen zweiten Faktor nicht vergessen.Wagner als größenwahnsinniges Genie, Wagner als Judenhasser – indieser Zuspitzung klingt das alles sehr schick, es ist wunderbareinfach und passt gut in Schlagzeilen. Kann man Geschichte undMusik so überhaupt gerecht werden?Wenn man es miteinander vermischt, dann nicht. Und vor allem dannnicht, wenn man von Musik keine Ahnung hat. Aber wenn man von Musiketwas versteht und feststellt, dass Wagner von seinem 27. Lebensjahr annur noch intelligente Musik geschrieben hat – und zwar die intelligentestezu dieser Zeit, die ja die Zeit vieler großer Musiker war: Dann muss mandie Worte verlieren. Dazu muss man ihn aber einschätzen können. WennSie natürlich der Meinung sind, Picasso war ein Idiot, Ihre Kinder könnenbesser malen als er: Dann ist das eben so, aber mit dieser Einstellung zuKultur katapultieren wir uns zurück ins Mittelalter.Es ist eben manchmal schwer zu akzeptieren, dass nicht messbare,nicht zählbare Dinge trotzdem schwer wiegen.Das Problem ist, dass es zu wenige Menschen gibt, die sich inhaltlichmit diesen Dingen auseinandersetzen. Die Leute lassen sich zu viel erklären.Man müsste ja erst einmal fragen: Was ist eigentlich Antisemitismusund wie kann man ihn differenzieren? Wie kommt es zu diesergeschichtlichen Konsistenz von Gedanken, dass Juden in Mitteleuropaimmer die Sündenböcke gewesen sind? Dass das blöd ist und nicht inOrdnung, das wissen wir doch. Und genau deshalb hätte ich da gern maleine bessere Aufarbeitung, als dass wir uns jetzt alle auf Herrn Wagnerstürzen und ihn für dieses Übel schuldig sprechen. Das ist mir ein bisschenzu kurz geschlossen. Und dann müssen wir uns fragen: Wollen wirpolitische, geschichtsbewusste Menschen sein, oder wollen wir uns nurunsere Vorurteile auf eine bestimmte Art und Weise kredenzen, so, wiewir’s gerade brauchen, mal in die eine Richtung und mal in die andere.Wie sind Sie biografisch mit dem Thema Wagner in Verbindung gekommen?Ich habe, als ich 30 war, die Biografie von M<strong>art</strong>in Gregor-Dellin überWagner gelesen, damit begann es. Musik ist mir nicht fremd, ich sehemich da als Dilettanten mit gesteigertem Interesse.Was ich bei Wagner so interessant finde, ist die Verstrickung und Verflechtungvon Kommunikation und Bild-Information. Das ist das gleicheKonzept, mit dem auch Hollywood Musik benutzt. Es gibt ja diese berühmteSzene in „Apocalypse now“ von Francis Ford Coppola, der Angriffder Hubschrauber auf ein vietnamesisches Dorf zum Walkürenritt. Eine– 11 –

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