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Heft [PDF] - Deutsche Vereinigung für Datenschutz e.V.

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vorratSdatenSPeiCherungMythos auf, dass jede Datensammlungauf Vorrat verfassungswidrig sei:„Art. 10 Abs. 1 GG verbietet nicht jedevorsorgliche Erhebung und Speicherungvon Daten überhaupt, sondern schütztvor einer unverhältnismäßigen Gestaltungsolcher Datensammlungen undhierbei insbesondere vor entgrenzendenZwecksetzungen. Strikt verbotenist lediglich die Speicherung vonpersonenbezogenen Daten auf Vorratzu unbestimmten und noch nicht bestimmbarenZwecken […]. Eine vorsorglichanlasslose Datenspeicherungist allerdings nur ausnahmsweise zulässig.Sie unterliegt sowohl hinsichtlichihrer Begründung als auch hinsichtlichihrer Ausgestaltung, insbesondereauch in Bezug auf die vorgesehenenVerwendungszwecke, besonders strengenAnforderungen.“ (Abs. 206)Der feine UnterschiedDie Karlsruher Richter unterscheidenalso zwischen der „Vorratsdatenspeicherungzu unbestimmtenZwecken“ einerseits und der „vorsorglichenanlasslosen Datenspeicherung“andererseits. Während die „echte“Vorratsdatenspeicherung weiter hin verbotenbleibt, soll die Vorsorge datenspeicherungunter bestimmten Voraussetzungenerlaubt sein.Die Differenzierung ist fein, aberbedeutsam: Entscheidend <strong>für</strong> dieVerfassungsmäßigkeit ist, ob derGesetzgeber einen legitimen Zweckfestlegt, zu dem die gespeichertenDaten möglicherweise verwendet werdenkönnen. Existiert dieser Zweck, sodürfen die Daten auch dann gespeichertwerden, wenn (noch) kein Anlass zurDatenverwendung gegeben ist.Auswirkungen aufELENADiese Aussage dürfte auch <strong>für</strong> anderestaatlich verordnete Datensammlungengelten, beispielsweise <strong>für</strong> die imRahmen des ELENA-Verfahrens gespeichertenEntgeltdaten der deutschenArbeitnehmer und Beamten. Auch dieseDaten werden auf Vorrat – bzw. nachneuer Diktion „vorsorglich anlasslos“– gespeichert. Da der Gesetzgeber denZweck der Entgeltdatenspeicherung jedochim Sozialgesetzbuch festgelegthat, dürfte ELENA wohl nicht als verboteneVorratsdatenspeicherung anzusehensein.Outsourcing alsKönigsweg?Hinsichtlich der Frage der Verfassungsmäßigkeitder Verkehrs datenspeicherung ist <strong>für</strong> das Bundes verfassungsgerichtauch maßgeblich,„[…] dass die vorgesehene Speicherungder Telekommunikationsverkehrsdatennicht direkt durch den Staat,sondern durch eine Verpflichtung derprivaten Diensteanbieter verwirklichtwird. Die Daten werden damit bei derSpeicherung selbst noch nicht zusammengeführt,sondern bleiben verteilt aufviele Einzelunternehmen und stehen demStaat unmittelbar als Gesamtheit nichtzur Verfügung. Dieser hat insbesondere,was durch entsprechende Regelungenund technische Vorkehrungen sicherzustellenist, keinen direkten Zugriff aufdie Daten. Der Abruf der Daten seitensstaatlicher Stellen erfolgt erst in einemzweiten Schritt und nunmehr anlassbezogennach rechtlich näher festgelegtenKriterien.“ (Abs. 214)Das Bundesverfassungsgericht interpretiertdas Outsourcing derDatenspeicherung damit als eine Artgrundrechtsschützender Maßnahme.Dieser Gedanke ist aus Sicht desBundesinnenminister durchaus reizvoll,könnte doch so eine Datenspeicherungin weitaus größerem Umfang alsbisher erlaubt sein: Mautdaten,Flugpassagierdaten, Informationen aussozialen Netzwerken könnten künftigim Auftrag des Staates vorrätig gehaltenund bei Bedarf abgerufen werden.Die Kosten würde die Privatwirtschafttragen. Und verfassungsmäßig wäre esobendrein.Keine TotalerfassungEiner solchen flächendeckendenDatenspeicherung stellen sich dieKarlsruher Richter jedoch entgegen.Die Speicherung der Tele kommunikationsverkehrsdatendürfe nicht alsSchritt hin zu einer Gesetzgebung verstandenwerden, die auf eine möglichstflächendeckende vorsorglicheSpeicherung aller <strong>für</strong> die Strafver folgungoder Gefahrenprävention nützlichenDaten zielte.„Eine solche Gesetzgebung wäre, unabhängigvon der Gestaltung der Verwendungsregelungen,von vorn hereinmit der Verfassung unvereinbar. Die verfassungsrechtlicheUnbedenklichkeit einervorsorglich anlasslosen Speicherungder Telekommunikations verkehrs datensetzt vielmehr voraus, dass diese eineAusnahme bleibt. Sie darf auch nichtim Zusammenspiel mit anderen vorhandenenDateien zur Rekonstruierbarkeitpraktisch aller Aktivitäten der Bürgerführen. […] Die Einführung derTelekommunikations verkehrsdatenspeicherungkann damit nicht als Vorbild<strong>für</strong> die Schaffung weiterer vorsorglichanlassloser Datensammlungen dienen,sondern zwingt den Gesetzgeber bei derErwägung neuer Speicherungspflichtenoder -berechtigungen in Blick auf dieGesamtheit der verschiedenen schonvorhandenen Datensammlungen zugrößerer Zurückhaltung. Dass dieFreiheitswahrnehmung der Bürgernicht total erfasst und registriert werdendarf, gehört zur verfassungsrechtlichenIdentität der BundesrepublikDeutschland […], <strong>für</strong> deren Wahrungsich die Bundesrepublik in europäischenund internationalen Zusammenhängeneinsetzen muss. Durch eine vorsorglicheSpeicherung der Tele kommunikationsverkehrsdaten wird der Spielraum <strong>für</strong>weitere anlasslose Datensammlungenauch über den Weg der EuropäischenUnion erheblich geringer.“ (Abs. 218)Die hinter dieser Aussage stehendeWarnung des Bundesverfassungsgerichtsan den deutschen und den europäischenGesetzgeber ist offensichtlich.Ob sie fruchtet, bleibt abzuwarten.Datensicherheitals Kriterium derVerfassungsmäßigkeitJenseits dieser rechtlichen und politischenAusführungen enthält das Urteilbedeutsame Aussagen zur Sicherheitder gespeicherten Daten, also zu technischenFragen.Das Gericht betont, dass ein hoherDatensicherheitsstandard konstitutiv<strong>für</strong> die Verfassungsmäßigkeit derartigerDatensammlungen sei:DANA • <strong>Datenschutz</strong> Nachrichten 1/201017

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