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Heft [PDF] - Deutsche Vereinigung für Datenschutz e.V.

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naChriChtenLandtagsabgeordnete Peter Dincher,ein früherer Polizist, einem ehemaligenKollegen eine E-Mail mit der Ansprache„Altes Haus“ und bat ihn, doch einmaldie vier Namen von vier Geschäftsleutendurch das interne Ermittlungssystem Polislaufen zu lassen. Der Bekannte möge aufpassenund versuchen, die Daten über einanderes Bundesland abzufragen. Mankönne nie wissen, vielleicht versuchedas Innenministerium ja, die Abfragenzu überprüfen. Genau das tat das SPDgeführteMinisterium wenige Tage später,als ans Licht kam, dass nicht nurDincher nicht der einzige war, der geheimePolizeidaten erhalten hatte. Auch derCDU-Abgeordnete Michael Billen mussteeinräumen, mit Hilfe seiner Tochter,einer 29jährigen Beamtin, an internePolizei-Informationen über Beteiligte ander sog. Nürburgring-Affäre gekommenzu sein. Der CDU-Abgeordnete übernachteteam 20.11. bei seiner Tochterund will dort die Polizeidaten, die sieallein „aus Neugier“ ausgedruckt habe,zufälligerweise auf dem Tisch gefundenhaben: „Ich habe mir die Unterlageneinverleibt.“ Die Tochter gestand dagegenbei der Vernehmung, sie habe dreiAusdrucke an ihren Vater übergeben.CDU-Landeschef Christian Baldauf undder gesamte Fraktionsvorstand fordertenihn zum Rücktritt auf. Er meldete sichdarauf erst einmal <strong>für</strong> vier Wochen krank.Billen, der einflussreiche Chef desCDU-Bezirks Trier, saß bis EndeNovember 2009 im Untersuchungs ausschussdes Landtags zur sog. Nür burg-Affäre und hatte zuvor Reportern schonmal geheimnisvolle Andeutungen zugeraunt,wonach die Affäre die SPD-Landesregierung bis zur Wahl im Frühjahr2011 noch richtig in die Bredouille bringenwerde. Entscheidender Baustein <strong>für</strong>einen Wahlerfolg unter der neu nominiertenjungen Spitzenkandidatin JulianeKlöckner sollten die Enthüllungen in derNürburgring-Affäre sein. Dabei geht esum ein gewaltiges Projekt <strong>für</strong> die strukturschwacheRegion am Rande der Formel-1-Rennstrecke, einen Freizeitpark mitder künftig schnellsten Achterbahn derWelt, einem Feriendorf mit 100 Häusern,etlichen Erlebnis-Restaurants, einerEventhalle und einer Großraumdisco<strong>für</strong> 1.900 Gäste. Zur Affäre wurde dasProjekt im Juli 2009, als die geplante privateTeilfinanzierung spektakulär platzteund Finanzminister Ingolf Deubelvon der SPD zurücktreten musste. DieCDU-Opposition wollte nun der SPD-Regierung nachweisen, dass ihre Partnervon vornherein <strong>für</strong> jedermann als halbseidenzu erkennen und polizeibekanntwaren. Dem dienten die Recherchen inder Polis-Datenbank.Schon im Februar 2009 hatte Dinchereine frühere Kollegin bei der KripoSpeyer angerufen und dringend gebeten,die Namen mehrerer Geschäftsleuteim System zu suchen. Die 28jährigehalf ihm ohne Nachfrage, weil sie dachte,der Hauptkommissar gehöre weiterhinzur Polizei. Am 25.11.2009, als seinKollege Billen gerade aufgeflogen war,meldete sich Dincher erneut bei seinerInformantin telefonisch und legte ihrlaut ihrer Aussage nahe, sich an nichtszu erinnern. Alternativ könne sie auchbehaupten, sie habe die Namen auf einemZettel gefunden, sie geprüft und denZettel dann in den Papierkorb geworfen.Sollte sie Ärger bekommen, habe er ihrHilfe bei einer Versetzung in Aussichtgestellt. Statt dem zu folgen, machtesie eine umfassende Aussage. Einigesspricht da<strong>für</strong>, dass der ParlamentsneulingDincher, der erst seit 2008 im Landtagsaß, sich wichtig machen wollte.Nachdem Dincher aufgeflogen war, legteer sein Mandat nieder. Billen gab zwarseinen Sitz im Untersuchungsausschussauf, trat als Vorsitzender desWirtschaftsausschusses zurück und ließseine Fraktionsmitgliedschaft ruhen,weigerte sich aber, sein Mandat aufzugeben.Seiner Tochter droht die Entlassungaus dem Polizeidienst. CDU-LandeschefChristian Baldauf hatte mehrfach erfolglosden Abgeordneten aufgefordert,sich zurückzuziehen. Die designierteSpitzenkandidatin Klöckner schwiegderweil (SZ 01.12.2009, 6; Widmann SZ02.12.2009, 7; Widmann 08.01.2010, 6).SaarlandRegierungskoalition willÜberwachung abbauenund <strong>Datenschutz</strong> verbessernDas neue Regierungsbündnis vonCDU, FDP und Grünen an der Saarwill im Bereich der Innenpolitik einausgeglichenes Verhältnis zwischenGrundrechtsschutz und staatlichenEingriffen durch Sicherheitsbehördenherstellen. Im Vordergrund stehenkonkrete Verbesserungen beim<strong>Datenschutz</strong>, so der Koalitionsvertrag:„Hierzu wollen wir ein unabhängiges<strong>Datenschutz</strong>zentrum schaffen.“ Das<strong>Datenschutz</strong>zentrum soll als „niedrigschwelligeund bürgernahe KontrollundBeratungsinstanz dienen“. Vorbild<strong>für</strong> eine entsprechende Einrichtungist das Unabhängige Landeszentrum<strong>für</strong> <strong>Datenschutz</strong> Schleswig-Holstein(ULD). Die Jamaika-Koalition will dazudie Kontrolle <strong>für</strong> den öffentlichen undden privaten Sektor an einer Stelle zusammenführen.Dementsprechend solldie Aufsicht <strong>für</strong> den nicht-öffentlichen<strong>Datenschutz</strong> im gleichen Zug „umgehend“aus dem bisher zuständigenInnenministerium ausgegliedert werden.Der LandesdatenschutzbeauftragteRoland Lorenz begrüßte die Initiative:„Das wäre nicht von Übel.“ Die geplanteZusammenlegung würde aber finanzielleAnstrengungen sowie einenerhöhten Personalaufwand erfordern.Das Votum des Koalitionsvertrages gegeneine eigene gesetzliche Grundlagezur Durchführung heimlicher Online-Durchsuchungen stieß auf Kritik desBundes <strong>Deutsche</strong>r Kriminalbeamter(BDK). Nach dem Urteil desBundesverfassungsgerichts zur automatisiertenKennzeichenerfassung wollendie Koalitionäre die entsprechendeRegelung aus dem SaarländischenPolizeigesetz streichen. Sie versprechenweiter allgemein eine „Evaluierungpolizeilicher Befugnisse“ und daraufaufbauend eine politisch Bewertung,„ob bei Eingriffsmaßnahmen desPolizeirechts die Eingriffstiefe in einemangemessenen Verhältnis zu den betroffenenGrundrechten steht“.Die Möglichkeit zur Video überwachungdurch Ortspolizei behördenim öffentlichen Raum soll abgeschafftwerden. Das Instrument der BildundTonaufzeichnung soll aber derVollzugspolizei im Rahmen der bestehendengesetzlichen Regelungenerhalten bleiben. Die derzeitigeAusgestaltung der „präventivenTelekommunikationsüberwachung“steht auf der Streichliste. UnbeschadetDANA • <strong>Datenschutz</strong> Nachrichten 1/201031

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