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Nebenjob: samenspenderAlle Kinder sindschon daIst der Mann unfruchtbar, greifen Ehepaare oft zumMittel der Fremdspende. Trotzdem spricht kaum jemanddarüber. Über die Welt des Samenspendens.TExt: Alessandro LägelerEs ist ein schöner Tag und K. willmasturbieren gehen. Er will sichselbst der Welt verschenken, ein wenigGeld für sein Verschenken verdienenvielleicht. Bald wird er in einemkleinen Raum sitzen, wo es nachDuftstäbchen riecht, und einige Playboy-Heftedurchblättern. Er wird denken:‹Es ist eng hier drin›, und sicheinige Pornos anschauen. Er weiss,dass draussen alle auf seinen Orgasmuswarten.K. ist Samenspender und geht indie von Dr. Fehr geleitete OVA-IVF Clinic<strong>Zürich</strong>. Dort hat er bereits rundein Dutzend medizinischer Tests bestanden– angefangen bei einemSpermiogramm und Bluttests, aufgehörtbei genetischen Untersuchungen.Er hört der Lounge-Musik zuund denkt: ‹Das klingt wie Zukunftsmusik.›Ja, das ganze Interieur erinnertihn an den Science-Fiction-Film‹Gattaca›.Ks Sperma wird bis zu acht Ehepaarenden Kinderwunsch erfüllen. Acht Kinder, die mit demErreichen ihres achtzehnten Lebensjahres Ks Personalien einsehenkönnen. Die Zeiten, in denen der Spender ein Unbekannterblieb, sind seit dem 2001 verabschiedeten Fruchtbarkeitsmedizingesetzvorüber.Verantwortung des SpendersManuela ist ein Spenderkind. Mit achtzehn Jahren erfuhr Manueladurch einen Bluttest zufällig, dass ihr Vater sie nicht gezeugthat. Mittlerweile ist sie selbst Mutter zweier Kinder. «Als ich erfahrenhabe, dass mein Leben auf einem Familiengeheimnis beruht,hat mir das den Boden unter den Füssen weggezogen. Alleswar in Frage gestellt. Ich musste mich neu erfinden», sagt sie. Daraufhinversuchte sie ihren biologischen Vater ausfindig zu machen– vergebens.Dass ein Spender nicht mehr anonym bleiben kann, begrüsstsie. «Ein Kind hat das Recht auf Kenntnis seiner Abstammung»,sagt sie. «Und auch Spender haben eine Verantwortung. Samenspendenist nicht wie Blutspenden! Blut zu spenden, rettet unterUmständen ein bereits bestehendesLeben. Samenspenden erzeugt aberneues Leben. Wer neues Leben zeugt,hat in meinen Augen immer eine Verantwortungdem Kind gegenüber.»Der 42-jährige J.* war in seiner Jugendselbst Samenspender. «Die Ideekam von meiner Mutter», erzählt er.«Sie kannte da jemanden, der mitachtzehn im lokalen Spital Spenderwar. Und da sie mit dem Taschengeldeher knauserig war, schlug sie vor, ichsolle meine Hingabe an die Masturbation,der ich damals verfallen war, finanziellausnutzen.»Zu Manuelas Forderung, dem biologischenVater eine Verantwortung zuzuschreiben,meint er: «Ich habe michentschieden, einen Service zu leisten,für den ich Geld erhalten habe undder einem Ehepaar ermöglicht, eineFamilie aufzubauen. Auf alles Weiterehabe ich keinen Einfluss.»Ebenso lehnt Dr. Fehr, leitenderArzt der grössten Samenbank derSchweiz, diese Forderung ab. «Ich kann verstehen, dass es fürSpenderkinder schwer ist, wenn sie durch Zufall von ihrer Herkunfterfahren», sagt er. Deswegen weise er die Ehepaare stetsdarauf hin, dass es, wie psychologische Studien zeigen, bessersei, das Kind aufzuklären.Das war nicht immer so, erzählt Fehr. «Als ich noch Assistenzarztwar, sagte der Chefarzt, der die Inseminationen durchführte,den Familien: ‹Mit dieser Lüge müssen sie leben.›» Seither habeeine Enttabuisierung stattgefunden. Um diese weiter voranzutreiben,geht Fehr auf die Medien zu, bewirbt das Samenspendenim Internet oder mit Annoncen. Vor einigen Jahren inserierte ersogar im Polykum.Inserate in Studentenzeitungen wirken wie eine Bestätigungdes Klischees: der Student in Geldnot, der seinen Samen spendet.Während J. für seine Spende noch jeweils hundert Frankenerhielt, ist die Spende als solche seit der Einführung des Fruchtbarkeitsmedizingesetzesjedoch unentgeltlich. Für die entstandenenUmtriebe erhält der Spender allerdings bis zu 3 000 Franken,wie Fehr auf seiner Webseite schreibt. «Wir sind jedoch nicht nurFoto: Patrick Amrein32 Polykum Nº 4/13-14 Tabu

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