10 Fachkrankenhaus10 Jahre PIABleibende ErinnerungAnnette Verbocket – Kinder- und JugendlichenpsychotherapeutinDas Erstgespräch mit der Patientin und ihrerFamilie lag schon über ein Jahr zurück, alsSohn Kai (Name geändert) jetzt zum erstenMal zur psychoedukativen KindergruppeNepomuk erschien. Die Familie könne sichtrotzdem noch bestens an mich erinnern,erklärte die Mutter schmunzelnd: Damals,im Sommer 2011, goss es wie aus Eimern,als ich aus der Mittagspause zurückkam. InSekunden war ich klitschnass. „Was macheich jetzt?“, überlegte ich. – Das Wasser liefnur so an mir runter. Mir fiel die Verkleidungskistefür Kinder im Therapiezimmerein. Ich zwängte mich in eine ¾-lange bunteClownshose und ein gestreiftes Kinder-T-Shirt.Ein Clown als Familientherapeut. Was Kaibetraf, war damals das Eis schnell gebrochen.IrrtumHeike Müller-Laumen - PsychiatriefachpflegerinIrrtum ... durfte ich feststellen, als ich nachlangjähriger Tätigkeit in der Akutpsychiatriein die PIA wechselte.Damals hatte ich oft den Eindruck, dassviele psychisch kranke Menschen ständigund immer wieder aus verschiedenen Gründenin der Klinik landen – „Drehtürpsychiatrie“nennt man das wohl.In der PIA erlebte ich aber, dass sehr vielePatienten sehr gut sogar langfristig zuhauseklar kommen: Mit einer engen menschlichtherapeutischenAnbindung und auch derrichtigen Medizin meistern auch schwerkrankeMenschen den Alltag zuhause gut.Das hat mir noch mehr Motivation für meineArbeit gegeben.Verfolgungsjagd durch GeilenkirchenFriedel Douven - PsychiatriefachpflegerWir wurden von einem Betreuer zu einem Patientengerufen. Wir kannten ihn zwar, aber erwar nicht bei uns in Behandlung. Nur, keinerfühlte sich zuständig. Mit viel Mühe konnteich Herrn Fabianek dazu bewegen, mitzukommen.Vor der Wohnung, einem Mietblock, stand einhilflos wirkender Betreuer. Nervös auf seinemHandy rumtippend, wies er immer wieder zurvierten Etage hoch, da sei der Patient. Na ja,man konnte es in der Tat bis hier runter hören.Oben angekommen ließ uns der Patientzwar rein, beschimpfte uns aber wüst dabei.Die Wohnung erinnerte mehr an ein Nato-Testgelände für Flugabwehrraketen. Sie warähnlich unzugänglich wie der Patient. UnsereVersuche, mit ihm in Kontakt zu treten, misslangen– er rannte fort. Herr Fabianek und ichihm hinterher, auf verschiedenen Straßenseiten,durch Gassen und über Seitenwege, teilsAbkürzungen durch Gärten nehmend, mit nureinem Handy ausgestattet, um irgendwie diePolizei herbei zu lotsen. Die Verfolgungsjagdging quer durch Geilenkirchen, ohne dass derPatient uns groß bemerkte. Am Amtsgerichtwar dann endlich die Polizei da und wir konntenden Patienten nun zu viert überzeugen, indie Klinik mitzukommen.Trotz aller Dramatik, nach diesem Ereigniswechselte der Patient in unsere Behandlungund wir konnten mit ihm über diese Geschichtebereits öfter schmunzeln. Irgendwie hattenwir wohl seinen Respekt gewonnen.
Fachkrankenhaus11Zehn Geschichten zum ZehnjährigenRollenwechselJohannes Fabianek – FacharztMeine Gespräche mit Patienten beginne ichseit 10 Jahren oft mit den Worten: „GutenTag, wie geht es Ihnen?“2011 wurde ich plötzlich selber schwerkrank, musste eine längere Zeit von der Arbeitpausieren. An meinem ersten Arbeitstagwurde ich von meinen Mitarbeitern wieein Heimkehrer herzlich begrüßt. Das warschon doll. Aber noch mehr verwundert warich im ersten Monat nach Rückkehr überdie Gespräche mit den Patienten. Die liefeneigentlich von der Begrüßung her nicht vielanders ab als sonst. „Schön Sie zu sehen!Wie geht es Ihnen?“Nur, dass nicht ich diese Frage stellte, sondernmeine Patienten mir. Und die wolltenwirklich eine Antwort von mir hören!LeitbildJutta Wiebusch - FachärztinNach einem Gespräch mit einem an einerschweren Muskelerkrankung leidenden Patientenüber die Dinge des Lebens, die wirklichzählen, überraschte er mich beim nächstenKontakt mit der Frage: „Sind Sie in der Zwischenzeitauch immer brav gewesen?“Ich war mir zumindest keiner schweren Vergehenbewusst und bejahte etwas zögerlichdie Frage. Daraufhin holte er einen kleinengläsernen Engel hervor, übergab ihn mir undmeinte, dass ich ihn behalten dürfe, wenn ichmich auch weiterhin um gute Taten bemühenwolle.Der Engel fand Platz auf meinem Schreibtisch.Mittlerweile hat er auch etwas Gesellschaftvon seinesgleichen bekommen.Sie alle begleiten mich bei meiner Arbeit underinnern an unser Leitbild: Den Menschen denHimmel ein Stück näher bringen – und sichdabei ein Stück getragen fühlen.Dunkle Verwechslung?Steffi Karoui – psychologische PsychotherapeutinEs war ein düsterer Wintermorgen im Jahre2007 und zu allem Unglück hatte ich verschlafen.Nun hieß es in aller Eile fertig werden,um noch pünktlich in der Ambulanz zusein, damit der voll ausgebuchte Terminplannicht in Verzug gerät und die Patienten reihumwarten müssen. Es gelang mir und ichwar erleichtert, dass ich pünktlich mit derSprechstunde beginnen konnte.Nur leider hatte ich in der Eile zuhause dasFlurlicht nicht eingeschaltet und somit imHalbdunkeln zwei völlig verschiedenfarbigeSchuhe angezogen. Darauf wurde ichmit einem amüsierten Lachen dann gleichmehrfach freundlich hingewiesen.Glücklicherweise lieh mir eine Kollegin einPaar zueinandergehörige Schuhe.Bis dahin hatte ich gedacht, so was gibt esnur im Film!