rund ums Wohnen. - Die Sargfabrik
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13-14MeisterCW.qxd 19.09.2006 11:38 Uhr Seite 2<br />
14 SARGFABRIK<br />
Zwischen Pumpensumpf, Bolzplatz, Teich und Löwengrube: die <strong>Sargfabrik</strong> ist und bleibt ein Abenteuer / Fotos: Martin Fuchs<br />
grube genannt. Dort steht dann auch der letzte Rest der ehemaligen<br />
Fabrik: der hell getünchte Schornstein, damals das<br />
Zentrum der Großtischlerei. Heute hat der 35 Meter hohe Industriekoloss<br />
keine Funktion mehr. „Während der Bauarbeiten“,<br />
erzählt Christian Flicker, „war ich als einer der wenigen<br />
auf dem Schornstein oben. Von dort hat man einen fulminanten<br />
Ausblick und sieht bis zum Schneeberg.“ Den bequemeren<br />
und ebenfalls nicht unspektakulären Blick hat man heute übrigens<br />
vom Dachgarten aus. Mittlerweile bereitet der bis zur<br />
NAHVERSORGUNG<br />
Psychohygiene auf Rädern<br />
Greißler aus Berufung“ sei er, sagt Thomas Anderl. Einmal<br />
die Woche parkt Anderl sein knallrotes Marktmobil vor<br />
der Goldschlagstraße 169. Donnerstags zwischen 13 Uhr und<br />
halb Acht abends verlagert sich dann das soziale Leben der<br />
<strong>Sargfabrik</strong> teilweise vor das orange Gebäude hinaus auf die<br />
Straße. <strong>Die</strong> Kundschaft steht Schlange.Angestellte holen sich<br />
ein Jausenweckerl, Familien machen den Großeinkauf, junge<br />
Menschen wollen was zum Naschen. Wenn die <strong>Sargfabrik</strong><br />
manchen wie ein Dorf vorkommt, in dem sich alle kennen,<br />
dann ist Anderl und sein Standl sowas wie der Dorfgreißler.<br />
Und das finden hier alle gut.<br />
Kinder steigen auf das Heurigenbankerl, das vor dem Verkaufsfenster<br />
steht, und bestellen Kipferln. Anderl kennt sie<br />
beim Namen. Bewohnerinnen und Bewohner decken ihren<br />
Wochenbedarf an Obst, Gemüse, Brot oder Bergkäse (je<br />
nachdem). Anderl kennt sie beim Namen. Klar, könnte man<br />
sagen, immerhin lebt der mobile Nahversorger seit neun Jahren<br />
selbst in der <strong>Sargfabrik</strong>, da kennt man sich. Doch es kommen<br />
auch Leute aus der Gegend: „Vierzig bis fünfzig Prozent<br />
der Kundschaft“, schätzt er, „aber bei mir kauft ein gewachsener<br />
Freundeskreis.“ Deshalb kann man im Biostandl auch<br />
anschreiben lassen.<br />
Dabei geht es hier womöglich nur am Rande um den Handel,<br />
vielmehr um den Austausch, um Kommunikation: Psychohygiene<br />
auf Rädern, sozusagen. Wer „zum Thomas“ geht,<br />
bekommt zur guten Biokost garantiert auch ein nettes Gespräch.Wer<br />
„Slowfood“ will, sollte sich darauf zumindest einstellen.<br />
Sogar beim Einkaufen.<br />
Thomas Anderl zählt zu den Pionieren der österreichischen<br />
Bioszene und profitiert von seinen guten Kontakten. Bei ihm<br />
gibt’s fast ausschließlich Saisonware von Erzeugern,die er seit<br />
Jahren kennt und die ihm ihr Obst und Gemüse, Eier und<br />
Speck direkt ab Hof liefern. Der Käse rollt mit dem Zug aus<br />
Vorarlberg zum Bahnhof, die wunderbaren Waldviertler<br />
Falter Special<br />
Hälfte mit Beton ausgegossene Schornstein aber auch Sorgen:<br />
Der Putz blättert ab, eine Sanierung steht demnächst an.<br />
Saniert werden soll bereits im Jubilä<strong>ums</strong>jahr der Spiel- und<br />
Fußballplatz. Beim Wasserspielplatz hat sich schon einiges getan,<br />
das wilde Abenteuergelände gleich daneben ist heimlicher<br />
Treffpunkt für die Pubertierenden, die hier wohnen.Was<br />
da passiert? Christian Flicker will’s gar nicht so genau wissen.<br />
Oder nicht sagen.<br />
Aber als Facility Manager muss er das auch gar nicht. ❑<br />
Biostandler Thomas Anderl vor der <strong>Sargfabrik</strong> / Foto: A. Fleischmann<br />
Mohnzelten reisen jede Woche frisch mit dem Postautobus<br />
nach Wien. Das beliebte Wagerl des Detailvermarkters, ein<br />
ausrangierter und umgebauter Citybus der Wiener Linien,<br />
macht übrigens auch noch vor dem Wohnpark Alt Erlaa Station<br />
(„da ist der Mix der Leute anders als in der <strong>Sargfabrik</strong>“),<br />
dazu gibt’s noch einen fixen Biostand am Yppenmarkt in Ottakring.<br />
Gute Qualität hat ihren Preis, dabei kostet das Frei-Haus-<br />
Service nichts extra.„Ich schaue nicht auf den Preis“,sagt eine<br />
Kundin, während sie ein paar perfekte steirische Pfirsiche in<br />
ein Sackerl gibt.<br />
„Pfirsiche sind heute die erste Wahl“, empfiehlt Thomas<br />
Anderl und lehnt sich aus seinem Marktmobil. <strong>Die</strong> Warteschlange<br />
ist wieder ein wenig länger geworden, die Kundschaft<br />
unterhält sich prächtig. Hoffentlich gehen die Pfirsiche<br />
nicht aus. C. W.