rund ums Wohnen. - Die Sargfabrik
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13-14MeisterCW.qxd 22.09.2006 12:02 Uhr Seite 1<br />
Falter Special SARGFABRIK 13<br />
Im Bauch der Fabrik<br />
INSIDER Christian Flicker ist der Facility Manager der <strong>Sargfabrik</strong>,<br />
so heißt hier der Hausmeister. Eine Begehung. CHRISTOPHER WURMDOBLER<br />
Nein, Christian Flicker ist nicht die Art Hausmeister,<br />
wie man sie so kennt.Also die „Hausmasta“,die aus<br />
dem Fenster brüllen, wenn jemand sein Fahrrad<br />
nicht über den Hof schiebt und verbotenerweise<br />
den frisch ausgesäten Rasen betritt. Oder wenn Kinder mittags<br />
laut sind. Abgesehen davon, dass in der <strong>Sargfabrik</strong> ohnehin<br />
niemand aus dem Fenster brüllt. Zumindest nicht aus<br />
oben genannten Gründen. Zurechtweisen zählt nicht zu<br />
Flickers Aufgabenbereich: „Den erzieherischen Part überlasse<br />
ich lieber denen, die ihn gern übernehmen.“<br />
Als einer der Mitbegründer des Wohn- und Lebensprojekts,<br />
ist Flicker sowieso nicht der Hausmeister der <strong>Sargfabrik</strong>. Zumindest<br />
nicht von der Jobbeschreibung her. Zumindest nicht<br />
nur. Am Anfang, und weil die Anlage aus rechtlichen Gründen<br />
ein Wohnheim ist, hat er die Funktion des „Heimmeisters“<br />
übernommen. „Das ist aber irreführend, denn im Prinzip<br />
organisiere ich hier die Hausverwaltung.“ Deswegen hat<br />
er auch eine Weiterbildung absolviert und ist seit zwei Jahren<br />
– wie es neudeutsch heißt – Facility Manager. Und er kennt<br />
nicht nur die Bewohnerinnen und Bewohner der <strong>Sargfabrik</strong><br />
mit Namen, sondern auch die zahlreichen Katzen im Areal.<br />
Christian Flicker ist der Mann mit dem Schlüssel.Er kommt<br />
fast überall hinein. Er kennt auch die Ecken und Räume der<br />
<strong>Sargfabrik</strong>, die denen, die auf Besuch da sind eher unbekannt<br />
bleiben. So wie auch übrigens vielen, die hier leben. Natürlich<br />
weiß Flicker, dass es im Keller noch ein paar alte (freilich<br />
fabriksneue!) Särge gibt – ein Überbleibsel aus der Vergangenheit<br />
des Areals als größte Sargtischlerei der Donaumonarchie.<br />
Man hat sie aus Sentimentalitätsgründen ebenso aufbewahrt,<br />
wie die metallenen Buchstaben des Firmenschildes<br />
„Julius Maschner & Söhne“ oder auch ein paar Werkzeuge<br />
von damals. „Bei den ersten Besprechungen und Planungssitzungen<br />
sind wir sogar auf den Särgen gesessen, weil es keine<br />
Facility Manager<br />
Christian Flicker weiß,<br />
dass es im Keller der<br />
<strong>Sargfabrik</strong> noch ein<br />
paar alte Särge gibt<br />
anderen Sitzmöbel gegeben hat“, erinnert sich Flicker. <strong>Die</strong><br />
Särge dienen heute noch manchmal als makabre Requisite für<br />
Theaterproduktionen oder den „Dracula“-Film, an dessen<br />
drittem Teil eine Projektgruppe zum Jubiläum gerade arbeitet.<br />
Vorbei an einem Wuzler geht’s weiter im Keller zum Kostümfundus,<br />
einer wahren Fundgrube, wenn die <strong>Sargfabrik</strong>ler<br />
Feste oder Fasching feiern. Ebenfalls im Keller: ein – privat<br />
betriebener – Samadhi-Tank, eine Holzwerkstatt für alle.Wer<br />
in der <strong>Sargfabrik</strong> wohnt und was zu basteln hat, findet hier<br />
Werkzeuge und Maschinen: Kreissäge, Bohrer, Stichsäge, sogar<br />
ein Hilti-Bohrhammer ist da – für Menschen mit Gestaltungswillen.<br />
„Es gibt ein paar Bastler unter uns“, sagt Flicker<br />
und führt eine zweite Werkstatt vor. „<strong>Die</strong> hier ist allerdings<br />
nur der Haustechnik vorbehalten.“<br />
Vorbei geht’s an gemeinschaftlich genutzten Abstellräumen,<br />
privaten Weinlagern, vermieteten Proberäumen<br />
und beeindruckender Versorgungstechnik wieder<br />
hinauf ins Freie.Weil unter der Adresse Matznergasse schlagartig<br />
so viele Menschen lebten, deponierte die Post einen<br />
eigenen Postverteilerkasten. Reklameverteilern signalisierte<br />
übrigens die große Mehrheit der <strong>Sargfabrik</strong>bewohnerinnen<br />
und -bewohner per Sticker: „Bitte keine Reklame“.<br />
Über den Dächern wehen auf Privatinitiative EU-Flagge<br />
und Regenbogenfahne für den Frieden, wir aber begeben uns<br />
in den Pumpensumpf beim Badehaus.Tief unten im Bauch der<br />
<strong>Sargfabrik</strong> schaut’s aus wie in einem U-Boot: Rohre, Leitungen,<br />
Ventile und jede Menge Anzeigentafeln und Schalter.<br />
Hier unten sorgt ausgefeilte Technik für gutes Badewasser<br />
(aufgeheizt übrigens von umweltfreundlichen Sonnenkollektoren<br />
auf dem Dach).<br />
Den Graben vor dem Teich überm Badehaus nennen sie<br />
hier Löwengrube, der Lichthof danach wird hausintern Wolfs-<br />
Foto: Martin Fuchs