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Ausgabe herunterladen - Fürst Donnersmarck Stiftung

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WIRMAGAZIN DER FÜRST DONNERSMARCK-STIFTUNGWIR1/2001FÜRST DONNERSMARCK-STIFTUNG


2Inhalt & EditorialNeues aus der <strong>Stiftung</strong>• Neuigkeiten aus Rheinsberg S. 3• Evangelischer Kirchentag 2001 S. 3Das Thema• Angst als Thema S. 4• Angst vor Rechts gegen Behinderte? S. 5• Schere im Kopf? S. 5• Erfahrungen S. 6• Gesammeltes zu Angst S. 6• „Angst essen Seele auf...“ S. 7Im Brennpunkt• Berliner Bezirksreform S. 8• Engagement für die eigenen Rechte S. 9• Darfs ein bisschen mehr sein? S. 10• Neue Telebusverordnung S. 10• Von Tag zu Tag mehr freie Fahrt S. 11• Demonstrationserfolg bei der Post in Tegel S. 11Reisen• Sonne, Strand und mehr... S. 13• Mein Isny S. 14Forum• Kulturelle Schnupperstunden S. 18• Reine Formsachen S. 19• Wo viel Licht ist, ist auch Schatten S. 20• Notruf per Handy S. 22• Welcome Blisse! S. 23• Meine Gedanken an die Villa S. 23Im Dialog• Gewalt gegenüber Behinderten? S. 24• Keine Panik S. 25• Wir vermissen die Schädestraße immer noch S. 25Sport• Dabei sein ist alles –Die Paralympics 2000 in Sydney S. 26Leben & Lesen• Ein Literarisches Frühstück – Klaus Hoffmann S. 30• Müssen Schmerzen sein? S. 31Tipps & Termine• Durchblick auf allen Wegen S. 32• Lange Kerle und hohe Körbe S. 32• Menschen sind unvollkommen!Die Ausstellung „Der (im-)perfekte Mensch“ S. 32Kurioses• Das neue Reha-Spiel S. 34WIR für Sie• Der neue Aboservice der WIR S. 35Angst, ein Thema wie kaum ein anderes,das des Dialogs bedarf. Dazu bietenwir verschiedene Kommunikationskanäle,bewährte und neue: Sie schicken,faxen uns, wie gewohnt, einen Leserbriefoder Beitrag für die Rubrik Forum in derWIR. Sie können uns auch anrufen.Oder aber Sie äußern sich im Forumauf unserer neugestalteten Website.Dort ist ein Beitrag schnell geschriebenund direkt veröffentlicht. Das Besonderean dieser Form der Meinungsäußerung istdie Reaktionsmöglichkeit anderer Diskussionsteilnehmer,die unmittelbar aufIhre Meinung eingehen können. So entstehtein Diskussionsfaden, an dem vielemitwirken. Probieren Sie es im Forumunter www.fdst.de.Bitte beachten Sie weiterhin dieBeilage in dieser <strong>Ausgabe</strong> der WIR.Sie können Ihre Unterstützung für einGleichstellungsgesetz per Fax oder Briefkundtun. Viele Wege der Kommunikation.Wirfreuen uns auf Ihr aktives Mittun.Ihr RedaktionsteamImpressumWIRMagazin der <strong>Fürst</strong> <strong>Donnersmarck</strong>-<strong>Stiftung</strong> zu BerlinHerausgeber:<strong>Fürst</strong> <strong>Donnersmarck</strong>-<strong>Stiftung</strong> zu BerlinRedaktion:Thomas Golka<strong>Fürst</strong> <strong>Donnersmarck</strong>-<strong>Stiftung</strong>Dalandweg 19, 12167 BerlinFon: 030-769700-27; Fax: -30email: golka.fdst@fdst.deInternet: www.fdst.deRedaktionelle Mitarbeit:Sean BusseniusGestaltung / Titel:bleifrei Medien + Kommunikation,Jürgen Brauweiler, Illustrationen: Sabine KnaufDruck:Nordbahn gGmbH, Werkstatt für BehinderteErscheinungsweise: vierteljährlichRedaktionsschluss dieser <strong>Ausgabe</strong>: 20. März 2001Fotos: Archiv FDS, Archiv FDH, Agentur bleifrei, DresdnerHygienemuseum, Thomas Golka, Enno Hurlin, Ursula Hartung,Manfred Richter, Uwe Deutsch-Börner, Silvia Gordan


Neues aus der <strong>Stiftung</strong>3Neuigkeiten ausRheinsbergDas Engagement der <strong>Fürst</strong> <strong>Donnersmarck</strong>-<strong>Stiftung</strong>zeigt seineverändernde Kraft auch in derStadt Rheinsberg. Die Preußische <strong>Stiftung</strong>Schlösser und Gärten plant das SchlossRheinsberg für Rollstuhlfahrer zugänglichzu machen. Dr. Detlef Fuchs, Kustos desSchloss Rheinsberg, stellte in einem Gesprächmit Vertretern der <strong>Stiftung</strong> und derHaus Rheinsberg gGmbH zwei Variantenvor:Variante A schafft einen Zugang übereinen Treppenlifter im Hauptgebäude, beider Variante B könnten die Besucher mitBehinderung über einen Aufzug im südlichenTurm des Schlosses in die obere Etagegelangen. Dazu müsste allerdings einwenig mehr in die Substanz des Gebäudeseingegriffen werden. Eine alte hölzerneWendeltreppe würde dabei ersetzt werden.Bei beiden Varianten werden dem Gastim Rollstuhl bis auf zwei kleinere Räumealle für die anderen Besucher zugänglichenRäume erschlossen. Lediglich die Laufwegefür die verschiedenen Besuchergruppenunterscheiden sich. Die <strong>Fürst</strong> <strong>Donnersmarck</strong>-<strong>Stiftung</strong>favorisiert die Variante B,denn sie ermöglicht es dem Besucher imRollstuhl, das Schloss weitgehend autonomzu betreten. Für welche Variante sichdie „Preußen“ entscheiden, wird wohlganz stark vom Denkmalschutz bestimmt.Die ebenfalls im Hochparterre desSchlosses gelegene Tucholsky-Gedenkstättekönnte über einen Treppenlifter fürMenschen mit Behinderung erreichbarwerden.Auch die Stadt selbst macht sich Gedankenzu mehr Rollstuhlgerechtigkeit.Wieder Ruppiner Anzeiger vor kurzem berichtete,soll noch vor der Eröffnung desHaus Rheinsberg eine öffentliche behindertengerechteToilette eingerichtet werden.ZugangVariante B: Besuchermit Behinderungkönnenüber einen Aufzugim südlichenTurm des Schlossesin die obereEtage gelangen.Neuer Terminfür die Villa <strong>Donnersmarck</strong>Die frisch renovierte Villa <strong>Donnersmarck</strong>in der Schädestraße wird ihre Torenun nach Ostern öffnen. Die Abteilungenund die Verwaltung des Bereiches werdenab Mitte April ihre Arbeit in der Villa aufnehmen,so dass die Gruppen die Seminar-und Gruppenräume ebenfalls ab EndeApril wieder nutzen können. Den Auftaktfür den Einzug der Gruppen bildetdie WIR-Redaktion. Zwischen Umzugskartonswird sie sich am 18.04. zu ihrer erstenSitzung in der Villa <strong>Donnersmarck</strong>treffen. Der Bereich Freizeit, Bildung, Beratungerhält zwei Standorte: Die „blisse14“ und die Villa <strong>Donnersmarck</strong>. Das Sekretariatder Villa wird von ChristelReckert, das der „blisse 14“ von GiselaForschner geleitet. Für die Eröffnungsfeierder Villa <strong>Donnersmarck</strong> wurde der 10. Juli01 festgesetzt. Ursula HartungEvangelischerKirchentag 2001Unter dem Motto „Du stellst meineFüße auf weiten Raum“ findet vom13.06. bis 17.06.01 der Evangelische Kirchentagin Frankfurt a.M. statt. Mit demTitel „Netpowerment, Empowerment imrealen und virtuellen Raum. Die <strong>Stiftung</strong>verbindet reale und virtuelle Angebote fürbehinderte Menschen, unterstützt gesellschaftlicheTeilhabe“ präsentieren die Bereicheder FDST auf dem „Markt derMöglichkeiten“ zusammen ihre Angebote.Eine Gruppe aus dem <strong>Fürst</strong> <strong>Donnersmarck</strong>-Hauswird ebenfalls den Kirchentagbesuchen und nimmt noch gerne Interessentenmit. Für Rückfragen steht IhnenHerr Thomas Boldin im <strong>Fürst</strong> <strong>Donnersmarck</strong>-Hausunter der Telefonnummer030 - 4 06 06 - 2 86 zur Verfügung.Ursula HartungWIR1/2001


4Das ThemaAngstBericht aus der RedaktionsgruppeIn der letzten Redaktionssitzung diskutiertenwir intensiv über die Gewaltvon rechts und welches Bedrohungspotentialdiese für Menschen mit Behinderungdarstellt. Nach einer Weile wandtenwir uns allgemein der Angst, die wirspüren zu, auch anderen Ängsten, als dervor rechter Gewalt. Die Angst, nicht rechtzeitigaus einem brennenden Haus zukommen – die Angst, einen Ablehnungsbescheidzu erhalten, der die Lebensbedingungenradikal ändern kann – die Angstvor dem wild gewordenen Hund, demman sich im Rollstuhl ausgeliefert fühlt.Aber sollen wir überhaupt über Ängsteberichten? Eine Teilnehmerin wollte diesesThema nicht nach außen tragen, da kämennur die falschen Menschen auf diefalschen Gedanken. „Schlafende Hundesoll man nicht wecken.“ Wir versuchtenzwischen „realer“ und „gefühlter“ Angstzu unterscheiden. Letztere bewegt unsvielleicht zu Handlungen, die einer realenGrundlagen entbehren, und doch spürtman sie. Man nimmt Dinge vorweg. DieBedrohung nimmt in unserem Denkenund Fühlen ihren Anfang.Am Ende der Diskussion stand für unsfest: Angst ist ein Thema, aber ein sehrschwieriges! Ein Feld, das es sehr sorgfältigzu behandeln gilt. Daher haben wir diesemThema einen ihm gebührenden Platzin unserer Zeitung eingeräumt.Jeder erlebt Angst an der einen oder anderenStelle, auf die eine oder andere Art.Und sie ist auch hilfreich. Denken Sie nuran die Erfahrung der verbrannten Fingeraus Ihrer Kindheit, die Angst vor erneutemSchmerz hat Sie sicher vor weiterenBrandblasen bewahrt. Hier schützt dieEine Linkliste zuverschiedenenAspekten desThemas Angstfinden Sie aufunserer neugestaltetenWebsitewww.fdst.deAngst. Der erste Schritt zu einem angemessenenUmgang mit der Angst bestandfür uns mehrheitlich darin, einen Platz zubieten, „an dem man Ängste benennenkann und auch darf“. Und, werden wir dadurchangstfrei? Wohl kaum, aber vielleichtsicherer im Umgang mit unserer Angst.Das wollen wir erreichen. Natürlich interessiertuns auch Ihre Meinung, die Einstellungunserer Leserinnen und Leser.WIR1/2001


Das Thema5Angst vorRechts gegenBehinderte?Es vergeht kein Tag,an dem wir nicht inder Zeitung lesen,dass rechtsextremistische Straftatenzunehmen.Solche Meldungen geben Anlasszu tiefer Besorgnis und weckenEmpörung und Zorn über jedeForm von rechter Gewalt, gegen wenoder was sie sich auch immer richtet. DieseVerirrung des menschlichen Geistes hatim 20. Jahrhundert unvorstellbare Katastrophenüber die Welt gebracht – genauwie das andere Extrem, der Kommunismus,im Land seiner ersten VerwirklichungVerheerendes angerichtet hat – wie wirwissen. Unser Interesse muss sich daraufrichten zu verhindern, dass Totalitarismus,welcher Prägung auch immer, im 21. Jahrhundertnicht in irgendeiner Form aufersteht.Angesichts der täglichen Zeitungsmeldungenentsteht langsam die Angst und dieFrage:Wann wird es wohl soweit sein, dassauch behinderte Menschen Opfer derstumpfsinnigen und irregeleiteten Aggressivitätvon Rechtsextremen werden?In unserer Redaktionsgruppe wurde dieFrage aufgeworfen, ob wir dieses Problemeinmal zum Thema einer „Wir“-<strong>Ausgabe</strong>machen sollen... Die Frage ist nur: Ruftman die „Geister der Finsternis“ damitnicht erst herbei?Beobachtung und Wachsamkeit sind unerlässlich!Aber haben wir nichts anderes zu tun, alsunentwegt die Rechten anzustarren? Undwollen wir den Eindruck erwecken, alswarteten wir nur darauf, dass etwas passiert?– Damit wir endlich ein Thema haben?Ich glaube, dies kann niemand ernsthaftwollen!Silvia GordanSchere im Kopf?Wegen der zunehmenden Übergriffevon Rechtsradikalen aufMinderheiten, waren die Bewohnerder WG II von der Weichselstraßesehr entsetzt und betroffen. Sie überlegten,wie sie ihre Solidarität mit den Opfern bekundenkonnten. Nach langen Beratungenwurde der Entschluss gefasst, ein handgemaltesPlakat in eines der Fenster der Bewohner,das zur Straßenseite liegt, aufzuhängen.Die Botschaft des Plakates solltesein „ Stoppt Nazis!“ und „Gegen braunenTerror!“.Als es aber an die Umsetzung dieses Vorhabensging, kamen den Betreuern ersteZweifel und Bedenken. Ängste um dieBewohner stiegen in uns hoch. Szenarienvon eingeschlagenen Scheiben und Angriffenauf die Rollstuhlfahrer spukten inunseren Köpfen herum. Die Lage derWohnung – mitten im ProblembezirkNeukölln im Parterre– bestärkte unsere Befürchtungen.Jeden Tagkonnten wir die „Glatzköpfe“mit ihren scharfenHunden am RathausNeukölln stehensehen. Sollten wirunsere Bewohner diesenMenschen schutzlosausliefern? Konntenwir diese Verantwortungauf uns nehmen?Nein! Wir teilten den Bewohnern unsereÄngste mit und diskutierten mit ihnendarüber.Fazit dieser Diskussionwar: beklemmendeGefühle bei den Bewohnernund Betreuern,Unsicherheit darüber, obdieser Aktion nicht eine zugroße Gefährdung bedeuten würde– und ein zerknülltes Plakat.Wehret den Anfängen – eine nicht ganzso leicht umzusetzende Forderung!?Uwe Deutsch-BörnerWIR1/2001


6Das ThemaErfahrungenDas Leid mit der LeitkulturJa, auch ich bin vor einer Weile Deutschegeworden und kann nichtüberhören, was die Politiker beschäftigt.Meine Hautfarbe hatsich mit dem neuen Pass nämlichnicht neu eingefärbt.Ich habe in den letzten siebzehnJahren gelernt, die deutscheKultur einzuschätzen und zuschätzen. Sollte sich diese Kulturin Zukunft jedoch zum Rechtsradikalismusbewegen, dann müsste ich ihr denRücken kehren, wenn hier Menschen ohnejeglichen Grund gedemütigt werden.Deutschland ist ein zivilisiertes Land, indem Kommunikation und nicht GewaltVorrang haben sollte.In Templin, einem Ort nicht fern vonBerlin, musste ich während eines Betriebsausflugesdes FDH feststellen, dass einesichtbare Mauer besteht, und zwar durchNeonazis, die dort Angst und Terror verbreiten.Glücklicherweise war ich als gebürtigeKamerunerin mit couragierten Kollegenunterwegs, so dass die provokante Situationnicht in nackte Gewalt umschlagenkonnte.Neonazis sind für mich die letzten Hunde.Sie beißen die Menschen, die sieernähren.Diese kahlköpfigen Menschen scheinenauf den ersten Blick stark zu sein.Wenndem so wäre, dann sollten sie ihre Energielieber in Arbeit investieren und für dieRente der nächsten Generation sorgen.So etwas nenne ich dann Leitkultur!Übrigens, ich würde gern einmal mit einergebürtigen Templinerin über Leitkulturdiskutieren.Wie wäre es zum Beispielmit Angela Merkel? Aber wer garantiert inder S-Bahn für meine Gesundheit? – Damuss ich wohl auf den nächsten Betriebsausflugwarten.Bibiane Ndoa,Erzieherin & Heilpädagogin im FDH.Wo im Busch die Schlange verschwand,wohnt die Angst.Nigerianisches SprichwortWer keine große Angst erkennen lässt,dem begegnet auch kein großes Mitleid.Mongolisches SprichwortDas ist nicht der Tapferste, der sich nie gefürchtet,sondern der die Furcht überwunden hat.Spanisches SprichwortDer Dieb hat das Herz eines Hasen;er schläft und hat auch dabei noch Angst.Russisches SprichwortWir bevölkern ein Trauma, wir fürchtenuns, wir haben ein Recht, uns zu fürchten,wir sehen schon, wenn auch undeutlich imHintergrund: die Reisen der Angst.Thomas Bernhard, SchriftstellerGesammelteszu AngstDie Gesellschaft hat nicht nur eineunterdrückende Funktion..., sondern aucheine schöpferische. Des Menschen Natur,seine Leidenschaften und seine Ängstesind ein kulturelles Ereignis.Erich Fromm, Psychologe, SoziologeTreue zu Philosophie bedeutet, es der Angstzu verbieten, dass sie einem die Denkfähigkeitverkümmert.Max Horckheimer, PhilosophDie Menschen werden jenes Ding verfolgen,vor dem sie am meisten Angst haben.Leonardo da Vinci, Maler, ErfinderDie Menschheit ist gefühlskrank, krank alsFolge dieser Schuld- und Angstgefühle, diein der Kindheit hervorgerufen worden sind.Alexander Neill, schottischer PädagogeWIR1/2001


Das Thema7„Angst essenSeele auf...“so lautet der Titel eines Films, den RainerWerner Fassbinder 1974 drehte. Es istein Film über die Angst vor dem Fremden,Unbekannten. Seine „Helden“, Emmiund Ali, erleben unterschiedlicheFurchtzustände, von derbewusst wahrgenommenenAngst Emmis („Ali, ich habeAngst“) angesichts des Hasses,den sie bei ihren Mitmenschenspürt, bis zur somatisiertenAngst, dem Magendurchbruch,den Ali erleidet, weil er demGefühl in der Fremde unterFremden zu leben, dieser ohnmächtigenWut nicht mehr Herrwerden kann.Der Begriff Angst steht für eineVielzahl von Empfindungen.Die Skala reicht vom unspezifischen„Angstgrauen“ bis zurkonkreten Furcht. All diesenEmotionen ist das Unlustgefühlgemeinsam, z.B. wenn wirplötzlich zum Chef gerufenwerden.Angst ist jedoch nicht immer unangenehm.Wirerleben die Spannung, dieuns beim Sehen eines fesselnden Krimisüberfällt, als Angstlust oder „thrill“.Das Fühlen von Angst ist in allen Kulturenbekannt. In der modernen Industriegesellschaftleiden zunehmend mehr Menschenan Beklemmungen.Angst als solcheist aber keine Krankheit, sie besitzt auchschützende Funktionen. Sie warnt vor einerGefahr, spornt Menschen zu Aktivitätenan (z.B. das Lampenfieber bei Schauspielern,die Anspannung der Sportler vordem Wettkampf, Examensängste). Sie mobilisiertKräfte, damit wir fliehen, vermeidenund abwehren können, was uns bedroht.Angst hilft Extremsituationen zuüberwinden. Manchmal treibt sie uns auchzum Angriff.ChristianePennecke istPsychotherapeutinund Supervisorinder DeutschenGesellschaft fürSupervision e.V.(DGSv)Ein wesentliches Bestimmungsmerkmalvon Angst und Furcht ist die Wahrnehmungeiner Bedrohung bzw. die Erwartungeines gefährlichen, entweder symbolischoder tatsächlich existenzbedrohendenEreignisses. Sie tritt als Folge der Blockierungeiner Erregung auf, die nicht in einesvon zwei handlungsbegleitenden Gefühlenüberführt werden kann – Ärger beiAttacken bzw. Furcht bei Flucht.Unter gewissen Umständen können sichdiese Bewusstseinszustände selbstständigmachen, wobei eine klareTrennung von rational begründbarenund irrationalen Ängstennicht möglich ist.Was uns ängstigthängt davon ab, wie real uns eineBedrohung „tatsächlich“ erscheint.Ob ich das unangenehmeGefühl, das mich beschlich, als ichin einem Fahrstuhl der LondonerU-Bahn steckte, als Angst bewerteteoder die Erregung nutzte, ummich bemerkbar zu machen undauf Hilfe zu warten, – obwohlauch noch das Licht ausging undich allein im dem dunklen Liftsteckte (zusätzliche Gefahrenquellen)– hing von meiner innerenBewertung, meiner Erfahrung imUmgang mit gefährlichen Situationen,von meiner Einstellung zumir, meinem Selbstbewusstsein und vielenanderen Faktoren ab.Angst wird erst dann zur Krankheit,wenn sie nicht mehr den aktivierenden,helfenden Effekt hat, sondern lähmt unduns in Belastungssituationen immer wiederscheitern lässt.Wir versuchen sie dannauf passive Weise zu reduzieren, indem wirstill halten.Durch die Vermeidung der Angst, alsowenn ich in der o.g. Situation in der LondonerU-Bahn Angst bekomme und vonda an Fahrstühle vermeide, beginne ichunter einer (Fahrstuhl-) Phobie zu leiden,die bald behandlungsbedürftig werdenkönnte. Die Angst beginnt dann mein Lebenzu beherrschen. Sie isst meine SeeleStück für Stück auf.Christiane PenneckeWIR1/2001


8Im BrennpunktBerlinerBezirksreformDie BerlinerBezirksreformbleibt ein wichtigesThema auchder kommenden<strong>Ausgabe</strong>n.Schreiben Sie unszu Ihrem Informationsbedarf.ken. Ansprechpartner sind die bisherigenBehindertenbeauftragten der Bezirke, Änderungenwird es sicherlich noch geben.Das Büro des Landesbeauftragten für Behinderteempfiehlt jedoch, sich an den jeweiligenBeauftragten unter der Adressedes betreffenden Rathauses zu wenden.Wir beabsichtigen, Sie in den nächsten<strong>Ausgabe</strong>n der WIR weiterhin über dieKonkretion der Reform auf dem Laufendenzu halten.Wir werden dies anhand dereinzelnen Bezirke tun. Über Leserbriefevon Ihnen würden wir uns sehr freuen,damit wir mehr zu Ihrem Informationsbedarferfahren können.Kerstin JaeschkeAnnemarie Kühnen-HurlinDie neuen Fusionsbezirke mit den Adressen der jeweiligen Rathäuser lauten:Charlottenburg-WilmersdorfOtto-Suhr-Allee 10010585 BerlinTel. 3430-2300Friedrichshain-KreuzbergFrankfurter Allee 35/ 3710247 BerlinTel. 2324-2300Am 1. Januar 2001 trat die Bezirksreformin Kraft, und damit sinktdie Zahl der Bezirke durch Fusionenvon 23 auf 12. Dies gehört zum Kernder Verwaltungsreform, mit der die Stadtviel Geld sparen will. Jeder dieser 12 Bezirkehat etwa 300.000 Einwohner – soviel wie eine mittlere Großstadt.Die Frage, die in diesem Zusammenhangfür Sie als Menschen mit Behinderungenam interessantesten sein dürfte,sind die Behindertenbeauftragten der jeweiligenBezirke. Bei unserer Recherchedazu konnten wir nicht sehr viel herausfinden.Es gibt zum jetzigen Zeitpunktnoch keine klare Entscheidung bezüglichdes Postens in den einzelnen neuen Bezir-Lichtenberg-HohenschönhausenMöllendorffstr. 510367 BerlinTel: 5504-3301Marzahn-HellersdorfAlice-Salomon-Platz 312591 BerlinTel. 9920-2001Mitte (Mitte,Tiergarten,Wedding)Mathilde-Jacob-Platz 110551 BerlinTel. 3905-2200NeuköllnKarl-Marx-Str. 8312040 BerlinTel. 6809-2300Pankow (Pankow,Prenzlauer Berg,Weissensee)Breite Str. 24-2613187 BerlinTel. 4883-2300ReinickendorfEichborndamm 215-23913437 BerlinTel. 4192-2300SpandauCarl-Schurz-Str. 2/ 613597 BerlinTel: 3303-2300Steglitz-ZehlendorfSchlossstr. 8012165 BerlinTel: 6321-0Tempelhof-SchönebergJohn-F.-Kennedy-Platz10820 BerlinTel: 7560-2300Treptow-KöpenickAlt-Köpenick 2112555 BerlinTel: 6584-2300WIR1/2001


Im Brennpunkt9Engagement fürdie eigenen RechteUnterschriftensammlung zumBundesgleichstellungsgesetz fürBehinderteUnterschriften sammeln,ist das nicht antiquiert?War dasnicht die typische Methodeder 60er und 70er Jahre? Dasmag sein, aber solche Aktionenzeigten im Zusammenhangmit dem Düsseldorfer Appellin den 90er Jahren immernoch Wirkung. Damals wurdenmehrere hunderttausend Unterschriftenan die Bundesregierungübergeben. Das alte Schwert istwohl noch nicht ganz stumpf. Denn derArtikel 3 der Verfassung unseres Landeswurde zugunsten von Menschen mit Behinderungverändert.Ähnliches möchte die vom NetzwerkArtikel 3 gestartete Aktion ein zweites Malbewirken. Das Gesetzgebungsverfahrenzum Gleichberechtigungsgesetz für Menschenmit Behinderung soll durch IhreUnterstützung ein wenigDampf erhalten, damit diehäufig so schwerfällige Lokomotiveder Legislative auchden Schwung bis zur Verabschiedungnoch in dieser Legislaturperiodebeibehält. Erstunterzeichnersind neben vielenanderen der Bundesministera.D. Hans-Jochen Vogelund Martin Marquard, derBerliner Behindertenbeauftragte,sowie die VerbändeBEB, Bundesverband EvangelischeBehindertenhilfe undBSK, Bundesverband SelbsthilfeKörperbehinderter.Mit dem Stand vom 6. März 2001 unterstütztennach Angaben des NetzwerksMartin Marquard,Berliner Behindertenbeauftragter(oben) und KarlHermann Haack,Bundesbehindertenbeauftragter(unten)54 Behindertenorganisationen, die über2,5 Millionen Mitglieder repräsentieren,diesen Aufruf, in dem fünf Kernpunkte fürdas neue Gesetz als Minimalstandard verankertsind:• Das Bundesgleichstellungsgesetz musseine bürgerrechtsorientierte Definitionvon Behinderung und Diskriminierungund ein umfassendes Benachteiligungs-und Diskriminierungsverbotenthalten.• Das Bundesgleichstellungsgesetz musseinklagbare und durchsetzbare Normenenthalten, die mittels eines Verbandsklagerechtes(wie auch im SGBIX) und der Beweislastumkehr in diePraxis umgesetzt werden können.• Das Bundesgleichstellungsgesetz mussdas Recht auf einen barrierefreien Zugangzu öffentlichen Gebäuden undVerkehrsmitteln, zu Informationen undzu Kommunikation festschreiben.• Das Bundesgleichstellungsgesetz mussdie umfassende Anerkennung der Gebärdensprachesicherstellen.• Das Bundesgleichstellungsgesetz mussdie Durchsetzung der Gleichberechtigungbehinderter Frauen und Männersicherstellen.Schon der Entwurf dieses Gesetzes trägtbesondere Züge. Denn nicht Referentenaus verschiedenen Ministerien legten denEntwurf vor, sondern die IG behinderterJuristinnen und Juristen schuf unter derFederführung des BundesbehindertenbeauftragtenKarl Hermann Haack dasGrundlagenpapier, das jetzt in den Gesetzgebungsprozessgeht. Auf dem Kongress„Gleichstellungsgesetze jetzt“, der zeitgleichmit der Düsseldorfer RehaCare imHerbst vergangenen Jahres stattfand, wurdendie Grundlagen ausführlich mit Betroffenenund Vertretern der Wirtschaftdiskutiert.Dieser <strong>Ausgabe</strong> der WIR liegt eineUnterschriftenliste bei, die Sie zu IhrerMeinungsäußerung nutzen können.WIR1/2001


10Im BrennpunktDarfs ein bisschenmehr sein?Aber gewiss doch, man ist dochnicht kleinlich. Eine Scheibe Wurstmehr – was solls – die bringen wirdoch locker unter und bedauern dieseEntscheidung spätestens dann, wenn dieHose auf den Hüften kneift. Oder vielleichtdoch lieber etwas weniger? Etwasweniger – das ist das Stichwort. Eine Bekanntevon mir – Telebusbenutzerin – hattekürzlich ein Erlebnis, welches bei allenZuhörern in unserer Runde ungläubigesStaunen hervorrief.Neue TelebusverordnungDie Berliner Sozialverwaltung berät im Augenblick eine neueVerordnung zum Telebus im Lande Berlin. Der Entwurf, deruns freundlicherweise von der LAGH mit dem Stand9.11.2000 überlassen wurde, regelt in 16 Paragraphen die Nutzungdes Telebus durch die Berechtigten.Z.B. regelt der § 7 die Art des Beförderungsfahrzeugs undden Zeitraum des Beförderungsangebots (5:00 Uhr morgens –1:00 Uhr nachts). Hier möchte der SpontanzusammenschlussMobilität für Behinderte gerne eine Ergänzung aus der täglichenPraxis einfügen, wie uns Michael Eggert mitteilte. „DerTelebus gibt auf Wunsch Hilfestellungen, die für das Verlassenoder Betreten der Wohnung unerlässlich sind (in den Mantelhelfen, das Auf- bzw.Abschließen der Wohnungstür u.ä.).“Interessant ist sicher auch der Abschnitt III, der die „Eigenbeteiligungder Nutzer“ festlegen soll. Klar ist die Eigenbeteiligungder Nutzer für Telebus- und Taxifahrten festgeschrieben,Taschengeldbezieher in Heimen sind freigestellt. „Alle übrigenSozialhilfeempfänger und Benutzer des Fahrdienstes, die durchihre Krankenkassen von der Entrichtung der Rezeptgebührbefreit sind, bezahlen pro Einzelfahrt einen Beitrag von 3,-DM.Ab der 9. Fahrt wird der Monatsbeitrag in Höhe von 40,-DM fällig.“ Alle anderen Benutzer des Telebus sollen 4,- DMpro Fahrt oder ab der 9. Fahrt 85,- DM pro Monat zahlen.Auch hier gibt es alternative Vorschläge seitens des Spontanzusammenschlusses,die auf eine Staffelung der Zuzahlungen hinauslaufen.Der komplette Entwurfstext der Verordnung sowie die Anmerkungendes Spontanzusammenschlusses liegen der Redaktion vorund können auf Anfrage zugesandt werden.Die wahre Geschichte:Die Telebusberechtigte reicht beim BZAihre Taxiquittungen ein, zwecks Rückerstattungabzüglich der Eigenbeteiligung.Im vergangenen Monat war sie nur wenigmit dem Telebus gefahren, und auch Taxigesellschaftenhatten durch sie nicht geradeeine finanzielle Bereicherung erfahren:lediglich zwei Touren. Ohne die Summeausgerechnet zu haben, schickt sie die beidenBelege in die Telebuszentrale.Wenigspäter wird sie schriftlich aufgefordert, denfehlenden Betrag zu überweisen, da dievon ihr verauslagten Taxikosten für die Eigenbeteiligungnicht ausreichen.Kostenpunkt: 1,10 DM Porto plus Bearbeitungsaufwand!Wegen des geringen Fehlbetrages versuchtdie Betroffene sich mit der Telebuszentraletelefonisch in Verbindung zu setzen.Aber, wer kennt das nicht, es ist malwieder kein Durchkommen. Sie ist berufstätigund ihre freie Zeit ist etwas knappbemessen. Da kann es schon mal passieren,dass etwas in Vergessenheit gerät, in diesemFall die Zahlungsaufforderung. Ein zweitesSchreiben flattert ihr ins Haus. Eine Mahnung,verbunden mit der Androhung ihrdie Telebusberechtigung zu entziehen!Kostenpunkt: 1,10 DM Porto plus Bearbeitungsaufwand!Es muss unverzüglich gehandelt werden.Ein Überweisungsauftrag ist auszufüllenund zur Bank zu schicken.Kostenpunkt: 1,10 DM Porto plus Kontoführungsgebühr.Damit ist glücklicherweise die Kostenlawineaufgehalten.Nun will ich Ihnen aber endlich verraten,um welche Mordssumme es sich handelte:Um sage und schreibe 20 Pfennige.Fazit: Etwas weniger oder mehr istwurscht bei der Wurst. Beim BZA jedochist man gnadenlos genau – auf der einenSeite etwas zu wenig, dafür auf der anderenSeite etwas mehr. Klar, die Buchführungmuss stimmen.Aber ließe sich beiso kleinen Summen nicht eine vernünftigeLösung finden?Vera BrandesWIR1/2001


Im Brennpunkt11Von Tag zu Tagmehr freie FahrtFür uns alle sichtbar, wurden in denletzten Jahren erhebliche Anstrengungenunternommen, die öffentlichenVerkehrsmittel Berlins für Rollstuhlfahrerzugänglicher zu machen.Von diesenVerbesserungen profitieren natürlich nichtnur sie, sondern auch viele andere Bürgermit Kinderwagen, Fahrrädern etc., Ältere,Geh- und sonstige Behinderte. Und somuss es auch sein.Insbesondere bei der S-Bahn sowie beiBussen und Straßenbahnen kann man sichals Rollstuhlfahrer schon ganz gut in derStadt bewegen. Speziell erwähnen möchteich hier die S-Bahnhöfe der Stadtbahnvon Ostbahnhof bis Westkreuz. Diese sindfast alle mit Aufzügen versehen. Bei denwichtigen Bahnhöfen Alexanderplatz undFriedrichstraße gibt es hingegen noch keineAufzüge für das Umsteigen zur U-Bahn. Auch der Vollring vonSchönhauser Allee über Neukölln,Westkreuzbis derzeit Westhafenist gut bestückt. Im südlichenTeil der Ringbahn sind dieBahnhöfe der fünf kreuzendenU-Bahnlinien per Lift mit den jeweiligenS-Bahnhöfen verbunden,wie auch die Stationen derwieder eröffneten S-Bahnliniennach Spandau, Lichterfelde-Ostund Hennigsdorf. Letztes Jahr erhieltendie S-Bahnhöfe Oranienburg,Babelsberg, Friedrichstraße(Nord-Südbahn), Pankow einschließlichdes Übergangs zum neuen U-BahnhofKarlshorst einen Aufzug.Auch der RegionalbahnhofPotsdam-Park Sanssouci wurderollstuhlzugänglich gestaltet (Den weiterenPlanungsverlauf können Sie demnachfolgenden Kasten entnehmen).Im Busverkehr sind im vorigem Jahrüber 100 rollstuhlgerechte Niederflurbussedazugekommen. Neu bei diesen BussenFortsetzung auf Seite 12Demonstrationserfolg bei der Post in TegelNachtrag zur letzten WIR„Macht die Türen auf zum Alltag“ (Demonstrationfür einen rollstuhlgerechten Zugangnach Umbau der Post in Tegel).Ich will allen Mut machen, sich für ihreRechte zu engagieren. Hier nun die Erfolgsmeldung:Unsere lautstarke Demonstrationin Tegel wurde von den Verantwortlichender Post gehört. Der Zugangfür Rollstuhlfahrer zur Filiale wurde nocheinmal überarbeitet. Rollstuhlfahrer könnenzwar nicht den Haupteingang benutzen,sondern müssen über eine Rampe imHof fahren. Nachdem man aber an einerTür geklingelt hat, wird man durch diehinteren Diensträume geführt und gelangtso in den Schalterraum.Thomas Boldin(Freizeitpädagoge FDH)WIR1/2001


12Im BrennpunktVon Tag zu Tag mehr freie FahrtFortsetzung von Seite 11ist, dass sie an Vorder-und Hintertür mitper Hand auslegbaren Klapprampen versehensind.Technische Defektesind bei diesen Einstiegshilfenzu 99% ausgeschlossen.Auch bei der Straßenbahn(Tram) gab es im vorigenJahr Fortschritte. Sowurden bei der Linie 26von Hohenschönhausenüber Tierpark, Karlshorst,Schöneweide nach KöpenickrollstuhlgerechteNiederflurbahnen eingesetzt,so auch auf den Linien50 und 53 von Mittenach Französisch-Buchholzbzw. Pankow-Rosenthal.Erheblichen Nachholbedarfbeim rollstuhlgerechtenZugang gibt es beiden U-Bahnhöfen. Entsprechendeiner von derVernetzungs-AG der Senatsverwaltungfür Sozialeserstellten Prioritätenlistewurden 30 Bahnhöfe als„sehr dringend“ klassifiziert.Dabei handelt eshauptsächlich um Umsteigebahnhöfeund Bahnhöfean wichtigen Einrichtungen.Nach derzeitigemKenntnisstand, ausgehendGeplante Aufzüge:S-Bahn2001: Gesundbrunnen, Schulzendorf,Köpenick, Rahnsdorf,Wilhelmshagen, Rummelsburg,Friedrichsfelde-Ost2002: Wedding (Ringschluss),Pankow-Heinersdorf, Blankenburg,Karow, Unter denLinden,Wollankstraße, PotsdamerPlatz, SchlachtenseeUmrüstung des Gesamtnetzesbis 2006U-Bahn2001: Berliner Straße/ U9,Friedrichstraße, Wedding,Westhafen, Märkisches Museum2002: Stadtmitte/ U2, SchönhauserAllee, Hallesches Tor,Johannisthaler Chausseevon den finanziellen Mitteln, wird derEinbau von Aufzügen an den akuten Stellenca. 15 Jahre in Anspruch nehmen. Dieshängt auch damit zusammen, dass beimEinbau von Aufzügen nicht nur von derDringlichkeit ausgegangen wird, sondernBahnhöfe im Zuge einer GrundsanierungAufzüge auch ohne erhöhten Bedarf erhalten.Dennoch kommen jedes Jahr auchbei den U-Bahnhöfen neue Aufzüge dazu.Man sieht, es geht vorwärts. Entsprechendsollten Rollstuhlfahrer, soweit siedazu in der Lage sind, ihre Selbstständigkeitunter Beweis stellen und häufigerBusse und Bahnen benutzen. Man ist unabhängigerund hat öfters kleine Erfolgserlebnisse.Bei Misserfolgen nicht die Flinteins Korn werfen, sondern esaufs Neue angehen.Daher nachstehend nochkleine Hinweise bei der Benutzungvon U-und S-Bahnen:Einstieg auf personell besetztenBahnhöfen:Die Aufsicht informieren.Sie meldet den Fahrgast mitRollstuhl für den Zielbahnhofan, klärt, ob dort der Aufzugfunktioniert, veranlasst, dassbei Notwendigkeit (Höhendifferenzzwischen Bahnsteigund Fahrzeugeinstieg oderHorizontalspalt) auf demZielbahnhof eine Rampe angelegtwird und legt gleichfallswenn nötig die Rampe amAbfahrtsbahnhof an.Einstieg auf unbesetztenBahnhöfen (derzeit noch dieRegel im U-Bahnnetz):Als erstes über Notruf-/ Informationssäuleerfragen, obder Aufzug des Zielbahnhofund evtl. Umsteigebahnhoffunktioniert. Danach amBahnsteiganfang der jeweiligenFahrtrichtung aufstellen(auf S-Bahnhöfen am Fahrtrichtungsanzeigerbeachten,ob evtl. Kurzzüge verkehrenund sich in diesem Fall am entsprechendenHinweisschild positionieren). DemTriebwagenführer den Zielbahnhof angeben.Dieser legt dann beim Ein- und Ausstiegdie Rampe an, so vonnöten.Ronald BudachInformationen zu Funktionstüchtigkeitund Standort der Aufzüge lassen sich vorabauch telefonisch einholen: S-BahnTel.: 29 75 11 00 (Infomanager) und U-Bahn Tel.: 25 66 22 07 (Leitstelle)WIR1/2001


Reisen13Sonne,Strandund mehr...2. Teil des Reiseberichteseiner WG-übergreifendenReise nachSan Felice / ItalienDie Sonne lachte uns freundlich insGesicht, als wir am Strand ankamen.Das Arial des hoteleigenenStrandes verzückte uns, denn die Sonnenschirmewaren gelb, grün und blau, unddazu gab es die entsprechenden Liegen.Wir trauten unseren Augen nicht: der abgesteckteHotelstrand war mit Steinplatten,die wie kleine Straßen für Rollstühleaussahen, belegt.Auf diesen Platten konnteman mit alten Rollstühlen, die vomHotel zur Verfügung gestellt wurden, bisins Meer rollen.Von diesemBadespaß habenwir in unserer Urlaubszeitregen Gebrauch gemacht.Jetzt für die Leser derWIR-Zeitung ein Insidertipp:Gegenüber vomStrand gibt es zweiCafés. Das Café „AmericanBar“ können wir sehr empfehlen.Der Cappuccino ist da so cremig, dass unsereGeschmacksnerven jedes Mal einFreudenfest feierten. Nach ein paar Tagenwurden wir schon wie Stammgäste begrüßt.Nach der Hälfte unseres Urlaubes unternahmenwir einen Ausflug nach Rom. Dasbunte Treiben mit dem wahnsinnigen Autoverkehrfaszinierte uns. Per Rollstuhlmachten wir eine Sightseeing-Tour durchdas Zentrum dieser großen Stadt. Werschon einmal in Rom war, weiß wie be-schwerlich das ist. Die Fußwege sindschmal, es gibt kaum abgestufte Bürgersteige,und die Autofahrer sind oft rücksichtslos.Trotzdemwaren wir ganz glücklich,endlich den Petersdom erreicht zuhaben. Unsere erste Frage lautete, wo istder Papst? Leider wurden wir enttäuscht,er war gerade auf einer Reise. Unsere langenGesichter wurden durch die Besichtigungdes Petersdomes aber aufgehellt.Wirkonnten uns an dem Prachtbau gar nichtsatt sehen. Danach besuchten wir noch dieBrunnen und tollen Plätze. Zum Abschlusswarf unsere gesamte Reisegruppe ein paarLire in den Trevibrunnen. Damit besiegeltenwir unsere Wiederkehr nach Rom.Zum Ende des wunderbaren Urlaubeskonnten wir noch einen Geburtstag feiern.Karl-Heinz, unser Wohngemeinschaftskollege,beging seinen Ehrentag. Erbekam von den Hotelgästen ein Ständchenzum Frühstück und von uns Lollisund Süßigkeiten.Nach fünfzehn Tagen Urlaub in San Felicekönnen wir allen Rollstuhlfahrerndiesen Ort wärmstens empfehlen. DieHotelanlage ist absolut rollstuhlgerecht,und die Angestellten haben immer einHerz für Extrawünsche.Wer noch Fragenzu San Felice hat, kann uns anrufen. Zuerreichen sind wir in der WG Weichselstraße.Von Harry Winter undWolfgang KröpschAufgeschrieben vonUwe Deutsch-BörnerWIR1/2001


14ReisenMein IsnyVom 24. Juli bis 3.August 2000 verbrachteeine Gruppe von 14 Bewohnernund Mitarbeitern des<strong>Fürst</strong> <strong>Donnersmarck</strong>-Hauses ein paarschöne erholsame Tage im entfernten Allgäu.Reizvoll war von vornherein die Tatsache,dass sich Beteiligte aus den verschiedenstenGruppen des FDHs zusammengefunden hatten, um dieses Urlaubsvorhabenaus freier Lust und Laune zu starten.Es waren also Menschen, die sich im gewöhnlichenFDH-Alltag nicht unbedingtalle Tage begegnen.Auf Isny im Allgäu warenwir gekommen, weil wir vor einigerZeit schon Gäste aus dem Stephanus-Werk, einem dortigen Reha-Zentrum, beiuns im FDH zu Besuch hatten. So entstandder Gedanke, ob nicht auch mal eineGruppe von uns in diesen entlegenenTeil unseres schönen Landes fahren sollte.Bei der Reiseplanung stellte sich heraus,dass wir keinen Bus für unser Vorhabenbekommen konnten. Da blieb nichts andersübrig als die Bahn. Mit einigem Befremdenmussten wir allerdings in Kaufnehmen, dass ein ICE nicht in der Lageist, vier Rollstühle auf einmal zu befördern,sondern höchstens zwei. So musstenwir die Fahrt auf zwei Tage verteilen: EinTeil unserer Gruppe fuhr also am 24. Julihin und am 2.August zurück, der andereTeil am 25. Juli bzw. 3.August. Dass es imICE keinen Gepäckwagen gibt, war dienächste völlig neue Erfahrung. UnsereDas Allgäu – einVorgebirge derAlpen – bot unserenvon erheblichenAnhöhennicht gerade verwöhntenAugeneinen schon fasterhabenen Anblick.nicht ganz gewöhnlichen Gepäckstücke –z.B. Lifter oder Duschrolli – konnten wirnur mit Ach und Krach im Gang des Zugesunterbringen, wo sie natürlich den anderenFahrgästen im Weg standen. Aufmeine Anfrage bei einem Bahnbedienstetenerhielt ich zur Antwort, solcheGepäckstücke müsse man bei einer beabsichtigtenReise vorausschicken. Die Frage,was zu machen sei, wenn man auf solcheGegenstände täglich dringend angewiesenist, blieb irgendwo im Raume stehen.Noch anderen Ärger gab es: Man konnteuns z.B. keine zusammenhängendenSitzplätze anbieten.An einem der beidenReisetage wurde eine Gruppe auseinandergerissenund auf verschiedene Abteileverteilt.Wie unerfreulich das war, soll hiernur am Rande erwähnt werden, um dasinsgesamt freudige Erlebnis nicht zu trüben.Festgehalten muss jedoch werden:Wenn der ICE auch imponierend ist, dieDeutsche Bahn ist ein richtiger Saftladen!Eigentlich sollte man sich beschweren,aber mir fallen bei solchen Gelegenheitenimmer Hölderlins Worte ein: „Es ist aufErden alles unvollkommen...“Um 8:41 Uhr fuhren wir vom BahnhofZoo ab, und um 15:06 Uhr waren wirschon in Ulm. Dort holte uns Anke miteinem gemieteten Behindertenfahrzeugab, und unter freundlicher Mithilfe eineswildfremden Mannes von der Straße ge-WIR1/2001


Reisen15Unsere Unterkunftwar nicht,wie ich gedachthatte, das Reha-Zentrum, sonderneine TagungsundFerienstättedes Stephanus-Werkes, die auchbehindertengerechtwar.lang es uns auch, die sperrigen Gepäckstückeins Auto zu verladen. – Ich hatteschon bei diesem Anfang Gelegenheit, dieCourage und unerhörte Tatkraft von Ankeund Uta zu bewundern, die zusammenmit den beiden anderen weiblichen Mitarbeiternund dem einzigen Mann Benjamindie Anforderungen, die an sie gestelltwaren, souverän meisterten. – Etwa eineStunde dauerte noch die Fahrt mit demAuto, das die zarte Anke steuerte, als ob siejeden Tag nichts anderes mache.In Isny trafen wir dann auf die vorausgefahreneGruppe. Unsere Unterkunft warnicht, wie ich gedacht hatte, das Reha-Zentrum, sondern eine Tagungs- und Ferienstättedes Stephanus-Werkes, die auchbehindertengerecht war – allerdings mehrder moderne Anbau des Feriendomizils. Indem Altbau hatten einige unserer Rollstuhlfahrerdann auch so ihre Problememit Dusche und WC.Aber irgendwie ginges dann doch.Die Gegend war völlig anders, als alleshier in Berlin. Das Allgäu – ein Vorgebirgeder Alpen – bot unseren von erheblichenAnhöhen nicht gerade verwöhnten Augeneinen schon fast erhabenen Anblick.Willdamit sagen, die Berge ringsum warenzwar nicht direkt himmelstürmend, aberdoch schon beeindruckend.Als sehr angenehmerwies sich der Umstand, dass manüberall auf glatt asphaltierten Wegen bequemmit dem Rollstuhl fahren konnte.So ließ sich die Landschaft auf unserenSpaziergängen herrlich genießen.In unserer Unterkunft hatten wir es unsgemütlich gemacht, denn einige Tage warenziemlich verregnet.An anderen Tagenhat uns aber auch die Sonne verwöhnt. Inunserem Ferienhaus hat uns besonders derSpeisesaal Freude bereitet. Mit seiner gerundeten,gewölbeartigen, holzverkleidetenhohen Decke besaß er beinahe einensakralen Charakter und erinnerte an eineArt Rittersaal einer mittelalterlichen Burg.Rechts und links blickte man aus diesemSaal in das sich vor uns ausbreitende Talund auf die Berge im Hintergrund.Wennbeim Frühstück die Sonne hineinschien,war man gleich festlich gestimmt.Am Endedes Saales war zu allen Mahlzeiten einmit Kerzenleuchtern geschmücktes Büfettaufgebaut, von dessen vielfältiger Auswahlwir uns reichlich bedienen durften. DasEssen war so jeden Tag ein neuer Höhepunkt.Außer diesem Speisesaal gab es noch einenanderen gemütlichen und lichtdurchflutetenAufenthaltsraum mit einem Kamin,wo wir vorwiegend die Abende beieinem Gläschen Wein bis in die Nächtehinein fröhlich plaudernd verbrachten.Dass wir uns alle gut verstanden, hattenwir schnell festgestellt. Es gab keine Unstimmigkeiten.Die fünf Betreuer warenzwar jeden Tag im Einsatz, um uns neunBewohnern die Tage so schön wie möglichzu machen, aber trotz mancher Anstrengungvermittelten sie stets den Eindruck,dass auch sie sich wie im Urlaubfühlten.Eine Schwimmhalle gab es in unseremDomizil. Die meisten von uns gingen fastjeden Abend dorthin. Leider habe ichmich zu spät dazu entschlossen. Als ichWIR1/2001


16Reisenendlich auch ins Wasser wollte, war sie fürandere Interessenten reserviert.An schönen Tagen machten wir Ausflügein das nahegelegene Städtchen Isny, dasuns mit seinen farbenprächtigen, reichverziertenbarocken Häusern und Kirchen einenfreudigen Anblick bot. Einmal wurdenwir von einem Regenguss überrascht. Dernahegelegene Supermarkt machte an diesemTag ein Bombengeschäft mit den vielenRegencapes, die wir in aller Eile einkauften.Wir gingen Shoppen und Eis essen oderbesuchten ein extra eingerichtetes Behindertencafe,vergleichbar mit unserer Blisse,nur dass die Architektur eher an ein Klostererinnerte.Apropos: Am Sonntag nahmenwir sogar geschlossen an einen katholischenGottesdienst in der KircheSankt Maria teil. Im Urlaub muss maneben auch mal etwas ganz Außergewöhnlichestun.Zweimal besichtigte ich auch die barockeKlosterkirche Sankt Georg und Jakobus.Als katholische Kirche stand sienatürlich mitten in der Woche offen, undich erlebte das seltene Glück, ungehindertmit meinem Elektrorollstuhl ohne irgendeinefremde Hilfe hineinfahren und drinnenauch wirklichallein sein zu können.Denn so schönes ist einen Menschenin der Nähezu haben, wenn manHilfe braucht (undals Behinderterbraucht man Hilfe,wem sag ich das?), soschön ist es auf deranderen Seite auch,einen Eindruck ungestörtohne Begleitungaufnehmen zudürfen. Im Innerenbot sich mir eineüberwältigendePracht. Nach einerWeile ertönte sogardie Orgel.Einmal machtenAn schönen Tagenmachten wirAusflüge in dasnahegelegeneStädtchen Isny, dasuns mit seinenfarbenprächtigen,reichverziertenbarocken Häusernund Kirchen einenfreudigenAnblick bot.wir einen größeren Ausflug an den Bodensee.Auchdiese Fahrt mussten wir aufzwei Tage splitten, weil nicht alle in dasAuto passten.Wir fuhren nach Meersburg.Dort gingen wir als erstes an die Uferpromenadeund waren tief beeindruckt vonder unter einem strahlend blauen Himmelin der Sonne glitzernden weiten Flächedes Bodensees und dem Anblick derschneebedeckten Gipfel der Schweizer Alpenam jenseitigen Ufer. Meersburg ist einbezauberndes farbenfrohes Städtchen miteinem herrlichen barocken Schloss amBerghang des Ufers, von wo aus die adligenHerren einen einzigartigen Blick aufden See und das Alpenpanorama hatten.Alles atmet hier Größe und Glanz eineseinstmals mächtigen Adelsgeschlechtes undeines geistigen Adels, der den Kulturraumdieser Gegend prägte.Auch die romantischeDichterin Annette von Droste- Hülshoffhatte hier bis 1848 gelebt, gelittenund gedichtet.Von Meersburg fuhren wir mit einemDampfer zur Insel Mainau. Dort fühltenwir uns wie ins Paradies versetzt. Dieganze Insel ist eine kunstvoll gestaltetePark- und Gartenanlage. Durch ihre üppigenexotischen, subtropischen Gewächse,die dort wegen des milden Klimas gedeihen,erinnert sie an südliche Weltgegenden.Eine ungewöhnliche und beglückendeBlumenpracht umgab uns.Seit 1930 ist die Insel Mainau im Besitzdes schwedischen Königshauses Bernadotte.Derzeitiger Herr der Insel (vielleicht ister auch schon gestorben – das entziehtsich meiner Kenntnis), Graf Lennart Ber-WIR1/2001


Reisen17nadotte, ist übrigens ein Nachfahre despreußisch-deutschen Kaisers Wilhelm I.,welcher bekanntlich nicht ganz so verhängnisvollwar wie Wilhelm II.Die Zeit auf Mainau war leider viel zukurz. Man müsste wohl wenigstens eineWoche dort verweilen, um dieses Natur-Kunstwerk auch nur ein bisschen näherkennenzulernen. Die Stippvisite reichtegerade dazu aus, um uns einen kleinenEindruck davon zu geben, was für Schönheitauf dieser Welt noch darauf wartet,von uns entdeckt und bewundert zu werden.Sollte mir eines Tages doch mal eineGlücksfee drei Wünsche freistellen, so wirdeiner davon der sein, noch einmal für eineausreichende Zeit auf die Insel Mainau zukommen.Am letzten Abend erkundete ich zumAbschied noch einmal die unmittelbareUmgebung unseres Urlaubsquartiers undkam dabei auf einen Weg direkt hinter unseremHaus, der mich zunächst durch einenWald bergan führte. Der Weg warglatt, äußerst bequem befahrbar und voneiner steten sanften Steigung, die meinElektro-Rollstuhl ohne Probleme meisterte.Allmählich trat der Wald zurück, undich befand mich auf lichter freier Bergeshöhe,die mir immer neue Aussichten bot,je weiter ich fuhr. Kaum hatte ich ein sanftesHügelchen erklommen, folgte ein weiteresund fragte mich, willst du mich auchnoch bezwingen? Und da es ja nicht meineMuskelkräfte waren, die dadurch strapaziertwurden, sondern nur meine Batterien,wurde ich langsam übermütig undSollte mir einesTages doch maleine Glücksfeedrei Wünschefreistellen, so wirdeiner davon dersein, noch einmalfür eine ausreichendeZeit aufdie Insel Mainauzu kommen.konnte der Versuchung nicht widerstehen.Je weiter ich fuhr, um so einsamer wurdees um mich. Eine leise Aufregung ergriffmich allmählich, bis ich schließlich an einenPunkt kam, von dem aus es nichtmehr weiter ging. Mir bot sich ein einzigartigesPanorama: In der Ferne sah ich klarund deutlich in einem tiefen Blau diehöchsten Alpengipfel. Über mir und ummich breitete sich ein abendlich erleuchteterHimmel aus. Es war zugleich beängstigendund großartig. Für einen kurzeneindringlichen Moment hatte ich das Gefühl,als ob es nur mich allein und Gott aufdieser Welt gäbe. Ein Erlebnis, das mir soeigentlich noch nie in meinem Leben vergönntwar.Dann musste ich langsam wieder an denAbstieg denken. Darüber lässt sich eigentlichnur so viel sagen, dass er sehr vielschneller als der Aufstieg vonstatten ging.Voller Freude, wieder mit einer PortionÜbermut, brauste ich den Weg abwärts,zwischendurch öfter mal abbremsend, umnicht die Kontrolle über mein Fahrzeugzu verlieren und irgendwo in der Einsamkeitmit allen vier Rädern himmelwärtsim Graben zu landen.Wieder in Berlin gelandet, gab es dannsolche Gefahren nicht mehr. Dafür gibt eshier womöglich andere. Das Allgäu jedenfalls,hatte uns alle sehr glücklich gemacht.Von den Bewohnern waren dabei:Wolfgang,Tino,Oliver, Manuela,Annedore, Joao,Andrea,Hans Georg und Silvia.Die Mitarbeiter waren: Uta, Christa,Benjamin, Anke und AdrienneSilvia GordanWIR1/2001


18ForumKulturelleSchnupperstundenErfahrungsbericht zumdeutsch-rumänischenJugendkulturprojekt,04.11 - 14.11.00Als wir erfuhren, dass wir rumänischeJugendliche kennen lernenwürden, freuten wir uns sehr daraufund machten uns Gedanken wie eswerden könnte.Wie würde die Verständigungfunktionieren? Was sind das fürMenschen, die nach Deutschland kommen,um uns zu besuchen und mit unszehn Tage gemeinsam an einem Projekt zuarbeiten?Vor Beginn des Projektes wurde im Eingangsbereichdes <strong>Fürst</strong> <strong>Donnersmarck</strong>-Hauses ein Plakat angebracht, durch daswir Informationen über den Ablauf unddie geplanten Veranstaltungen bekamen.Wir erfuhren, dass u.a. ein Theater-Workshopund ein Internetprojekt stattfindensollten.Wir waren alle sehr gespannt.Am Sonntagabend vor Beginn des eigentlichenProjektes trafen wir uns dannerst einmal in unserer Cafeteria, um uns ineiner Vorstellungsrunde kennen zu lernen.Am Montag darauf, begannen wir dannmit der Projektarbeit.Anfangs ging es darumdie eigene Stimmung pantomimischdarzustellen.Am nächsten Tag führten wir weiterepantomimische Übungen durch. Dafürverwendeten wir teilweise auch Masken.Abends hatten wir zusammen Spaß beimBowling.Am Mittwoch war der Tag der Rumänen.Die ganze Zeit über hatten sie anihrem Nationalgericht herumgewerkelt,damit wir es am Abend zusammen genießenkonnten.Vorher haben sie uns ihreStadt und ihr Land vorgestellt. Mit einerDemonstration ihrer Art zu tanzen, läutetensie schließlich die Party ein.Als wir unsviel später auf unsere Gruppen verteilten,staunte die Nachtwache nicht schlecht...Den darauf folgenden Tag gestalteten wirDonnersmärcker. Schon mittags begannenwir mit den Proben für unsere Vorstellungam Abend. Das Thema war eine Reisedurch die deutsche Musikgeschichte. Mitdem Lied „Da-Da-Da“ haben wir eindrucksvollunser Temperament unter Beweisgestellt! Marilyn und Ernst tanztenein Solo zu „Heidi“ und trugen dabeineutrale Masken. Der absolute Höhepunktwar aber die 9. Sinfonie von Beethoven.Sie wurde von einem pantomimischenOrchester dargebracht. Nach einemleckeren Essen vom Grill, haben wir gemeinsamunsere Tanzkenntnisse erweitert.Der Nachtdienst wunderte sich an diesemAbend über nichts mehr.Die Workshops endeten am Freitag. ZurErholung sind wir abends in die Kulturbrauereigefahren, um richtig abzutanzen.Die Fahrt dorthin war bereits aufregend,aber das ist eine andere Geschichte...Am nächsten Tag fuhren unsere rumänischenGäste zum Shopping in die Stadt,und abends trafen wir uns zum rumänischenFolk-Konzert von Stefan Hruscaund Vasile Seicaru. Anschließend wurdedie Frage diskutiert, ob wir den Abend gemeinsamim Café Stresemann ausklingenlassen sollten. Ein Münzwurf traf die Entscheidung,im Café wurden angeregte Gesprächegeführt und zum Schluss sogarRosen verteilt.WIR1/2001


Forum19Am Sonntag waren wir bei dem großenrumänischen Gemeindefest in Kreuzberg.Bei dieser Gelegenheit ließen sich Marilyn,Thomasund einige rumänische Teilnehmervom Patriarch der rumänischenKirche in Deutschland segnen.Obwohl wir mit unseren Kräften schonein wenig am Ende waren, feierten wir amMontag noch einmal ein großes Abschiedsfest.Traurigwurden wir dann erstam nächsten Morgen, als wir unsere Gästeverabschieden mussten. Wir freuen unsaber jetzt schon auf unseren Gegenbesuchin der rumänischen Stadt Oradea. Er wirdvom 20. Juni bis zum 1. Juli 2001 stattfinden.Andrea Beyer, Marilyn MendeAndreas KuhnertReine FormsachenDas Seminar„Anfang und Neubeginn“Am 24. und 25. November letztenJahres fand ein Seminar in denRäumen des Betreuten Wohnensder <strong>Fürst</strong> <strong>Donnersmarck</strong>-<strong>Stiftung</strong> in derBabelsberger Straße statt. Es war mein ersterBesuch, und das ebenerdige Flachgebäudewusste mich zu überraschen:Außen: nichtssagend, unscheinbar. Innen:modern; zweckmäßig, freundlich und ansprechendgestaltet. Nur die vielen Räumeverwirrten mich etwas, obwohl jede Türein eigenes „Bestimmungsschild“ hatte.Naja, das Unbekannte. Doch nun zum eigentlichenZweck. Das Thema des Seminarslautete „Anfang und Neubeginn“.Damit war vordergründig nicht der Umbau/Umzug der „Villa-<strong>Fürst</strong> <strong>Donnersmarck</strong>“in Zehlendorf gemeint, sondern alsSchwerpunkt die Bedeutung der Form.Nach der Einführung in die Thematikdurch die Seminarleiterin Frau JosefineStamm (Josie), wurde den Teilnehmern (12Personen) der Ablauf der zwei Tage erläutert.Hier die einzelnen Abschnitte:• Der Kreis – das Umfangen-Sein• Die Spirale – das Über-sich-hinaus-SeinWeitere Angebotemit JosefineStamm im BereichFBB:• Ikebana – japanischeKunst desBlumensteckens• Puppen, Bären& Co,Von derKnotenpuppe biszum kniffligenBärenInfos zum Seminarprogrammunterwww.fdst.deoder unter Tel.:030-821 10 91• Das Dreieck – das Bezogen-Sein• Das Kreuz – das Ausgespannt-Sein• Das Quadrat – das Umgrenzt-SeinBei der dreidimensionalen Gestalt desKreises, der Kugel, kam das Runde generellzur Sprache. Über alle Formen undSymbole wurde nachgedacht, diskutiert,die „Köpfe rauchten“, aber es gab auchErheiterndes zum Schmunzeln. Uns solltedie Entstehung und Entwicklung der Zeichenbewusst gemacht werden und wassich hinter ihnen verbirgt. Erstaunlich, wieoft wir im Alltäglichen diesen Zeichen/Formen begegnen. Als Beispiel: beimBäcker (Brotformen), im Religösen(Grundrisse etc. der Kirchen, Moscheen)im Buddhismus (beinahe alle Formen)oder im Kindesalter (Ball, Kreisel usw.).Auch Autofahrer können ein Lied von ihnensingen:Verkehrsschilder oder Kreisverkehr.Anschließend setzten wir diemenschlichen Umgangsformen in Beziehungzu den uns erklärten Zeichen.Verhältnissewie z.B. MitarbeiterInnen – Chefin,Gesunde – Behinderte und umgekehrtwurden unter die Lupe genommen. Dabeikam Erlebtes, Nachdenkliches, Ärgerliches,aber auch Lustiges, Kurioses zuGehör. Damit nicht alles „graue Theorie“blieb, bildeten wir kleine Grüppchen (2-4Pers.), um das Gehörte in die Praxis umzusetzen.Es wurde geklebt, geschnitten,gebastelt, was das Zeug hielt – und fleißiggebohrt von Karl-Heinz Ullrich. Nurbeim „Malerischen“ war nix mit Teamwork.Anschließendwurden die Werke begutachtet,besprochen.Kulinarisches gab es natürlich auch. Einenette, lehrreiche Idee hatte ein Teilnehmer:er brachte Brot, das er mit den besprochenenFormen und Symbolen verziert hatte.Josie schob das Geschenk in den Ofen.Zum Schluss bleibt so nur noch: Danke,Josie für Deine abwechslungsreiche, interessante,formvollendete, humorvolle undlehrreiche Leitung. Klar, dass ich auchbeim nächsten Seminar unter Deiner Leitungmit von der Partie bin! Dank auch anAngelika Klahr für die tatkräftige Unterstürzung.Hannelore JerchowWIR1/2001


20ForumWo viel Licht ist,ist auch SchattenDie Sache mit dem Essen klapptvorzüglich. Das ist das Wichtigste.Da war doch noch was? Ach ja,das Zweitwichtigste. Das, weswegen wireigentlich hier sind: Die TherapienWie verhält es sich nun mit den Therapien?Ich kann nur soweit auf die Frageantworten, wie ich selbst welche in Anspruchnehme. ich weiß, es gibt viel mehrim Angebot. Der Bewohner lernt je nachNotwendigkeit und ärztlicher Verordnungdie eine oder andere Therapieform kennen.Seit ich hier im Hause bin, habe ichdrei ständige und zwei zeitlich begrenzteArten kennengelernt.Die befristeten Therapien waren1. Fußreflexzonenmassage und2. oro-fasziale Stimulierung.Da meine Genesung langsam, aber stetigverläuft und Stillstände bis jetzt noch nichtzu verzeichnen waren, kann ich die positiveoder neutrale Wirkung der beiden Behandlungseinheitenschlecht einschätzen.Die Behandlungsdauer war einfach zukurz, um darüber befinden zu können.Ganz anders verhält es sich bei den fürmeine Krankheit notwendigen dreiGrundtherapien: Krankengymnastik, Logopädieund Ergotherapie. Nach fünf Monatenhatte ich die Intensivstation verlassenals einer, der wenigstens wieder selbständigatmen konnte. Sonst war rein gar nichts.Nur die Augen ließen sind hin- und herbewegen:meine Art der Kommunikation.Finde mal einen, der das weiß und vor allemversteht.Die sich anschließenden vier MonateNormalstation ließen sich unter Ulk verbuchen.Da ich für die Charité-Medizinerein Stück Fleisch war, das auf unerklärlicheWeise immer noch vor sich hin vegetierte,nahmen sie die Sache nicht so genau. Entgegenallen statistischen Trends und sonstigenmedizinischen Erfahrungen, habe ichdas Zeitliche nicht gesegnet. So wie ichwar, unfähig irgendeine auch noch so kleineBewegung durchzuführen, kam ich indie Berlin-Klinik.Das Ganze heißt in MedizinierkreisenLocked-in-Syndrom. Es ist eine äußert sel-WIR1/2001


Forum21tene und schwere Form des Schlaganfalls.Ihn überleben nur 15 %, und davon verlassenlediglich 5 % wieder die Locked-in-Phase. Ich hatte Glück, denn ich gehörtezu den 5 %. Na ja, ein wenig nachgeholfenwurde schon. Es war gerade so, als warteteman in der Berlin-Klinik schon auf mich.Ich wurde zwei Jahre lang Forschungspatient.Das bedeutete eine Tagesauslastungzwischen sechs und sieben Stunden. Alsman mir noch eine achte Stunde hinzuführenwollte, habe ich protestiert. Ich machekeine Witze, das hat es im Gesundheitswesentatsächlich gegeben – allerdingsvor fünf Jahren.Ich habe für mich feststellen müssen, dassich den Schlaganfall haargenau zum richtigenZeitpunkt bekommen habe. Ein halbesJahr früher, und ich wäre als Wachkomapatientin einem Pflegeheim verkommen,ohne dass man gewusst hätte, wieman am besten mit mir verfährt. Es gabjetzt schon die stroke units, aber gerademal als Therapie mit einer Behandlungsdauervon 4 Wochen. Das ist weniger alsein Tropfen auf den heißen Stein!Und was dann? Ab ins Pflegeheim zummedizinisch verordneten Siechtum. Nein,nein, so blöd es klingen mag, der Schlaganfallkam genau zum richtigen Zeitpunkt.Nachdem das Geld für das Forschungsprojektaufgebraucht und meine rechteKörperhälfte wieder hergestelltwar, wäre eigentlichdie linke Seite drangewesen.Aber: Geld alle –keine Forschung und damitkeine Behandlung. Soeinfach ist das.Ich wurde ins <strong>Donnersmarck</strong>-Hauseingewiesen.Man ließ es mir an nichtsfehlen. Bis heute nicht.Seit April 1997 bin ichhier. Ich mache immernoch Fortschritte, und das,obwohl man mir jedesJahr, obgleich vom Arztverordnet, eine Therapiestundegestrichen hat.Angefangen habe ich mitwöchentlich fünf StundenKG, drei Stunden Logopädie,drei Stunden Ergotherapieplus besagte Zusatzbehandlung.Für mich waren „sowenig Stunden“ fürs Ersteeine willkommene Erholung.Inzwischen stehe ich beiwöchentlich drei StundenKG, zwei Stunden Logopädie,zwei Stunden Ergotherapieund vier Stunden beaufsichtigtesSelbsttraining.Ich glaube, man hat es daraufangelegt, mich noch füreine lange Weile hierzubehalten.Nichts dagegen zu sagen, mir gefälltshier, aber wird auch die Krankenkasse mitspielen?Wir haben zweifelsohne eine Reihehervorragender Therapeuten. Für meineBegriffe könnten es ein paar mehr sein.Das mal dahingestellt. Schon möglich, dasses zu wenig Therapiestunden pro Bewohnergibt. Warum kann es aber sein, dassBewohner, die nicht therapiert werdenwollen, trotzdem Therapie erhalten?Nach meinen Beobachtungen währenddes Selbsttrainings sind es nur wenige. Beidiesen aber ist die Abneigung sehr deutlichzu spüren, beziehungsweise wird lauthalskundgetan. „Geistiger Zustand“, bekommeich dann zu hören.Verfassung hin oderher, jeder hat mal einen schlechten Tag.Aber ein halbes Jahr lang, zu jeder Stunde?Wie dem auch sei, jedenfalls scheinendie Personen zu ahnen, was sie ablehnen.Über die Folgen sind sie sich jedoch keineswegsim Klaren.Meine Frage zielt in folgende Richtung:Soll man solche Bewohner zu ihremGlück zwingen und dafür andere, diedurchaus mehr machen würden, hintenanstellen? Therapiestunden sind nun malzur Mangelerscheinung geworden.Die lichten Seiten der Therapien sind indem Beitrag entschieden zu kurz gekommen,so dass ich diese in einer der nächsten<strong>Ausgabe</strong>n nachholen werde.Friedemann KnoopWIR1/2001


22ForumNotruf per HandySonntag, 25. Februar 2001, 17:30 Uhr.Eigentlich würde ich noch in derAutobahnraststätte Grunewald sitzen,doch es gibt auch gute Zufälle, guteSituationen durch den Telebusfahrdienst,die einen schon froh machen können.Und weil dies so ist, will ich meine Empfindungenin der WIR mitteilen. Gewiss,durch den Telebus habe ich manchmalschon Stresssituationen, bekomme manchmalMagenkneifen, weil es hier und danicht ganz klappen will. Doch heute willich zu dem oftmals leidigen Transportthemanichts Ungutes sagen. Nebenbei: seitNovember 1986 bin ich auf den Telebusangewiesen. Daher könnte ich darüber bereitsein kleines Büchlein schreiben, überfreudige und leidige Erfahrungen.Wegendes Telebusses besitze ich seit einiger Zeitein Handy – wollte es eigentlich nie haben,dachte, es sei nur für Chefs, Geschäftsleuteund Angeber notwendig. Zudem,die ständige Klingelei um mich herum,ob man steht, geht bzw. rollt oder sitzt,ist einfach nervend. Oft, so finde ich, sindes äußert banale und nichtige Dinge, diedas Handy-Volk so verlauten lässt. Oftempfinde ich dieses Gepiepe als sehrstörend. Ich sehe darin eine Belästigungfür das Ohr der Mitmenschen. Nun gehöreich selbst zum Handy-Volk – was fürein Lacher. Nicht doch, denn mein Handyist nur für Notruf gedacht und hat ja aucheinen „Aus“-Knopf. Für mich ist es nurfür den Notruf an die Telebus-Zentrale,wovon ich in letzter Zeit vielfach Gebrauchmachen musste. Ich bin klein und– natürlich ist mein Herz rein, und kurz,aktive Rollstuhlfahrerin, kann unterwegsbei Notfall keinesfalls mit einem Normaltelefonkontakten. Somit ist ein Handywahrhaft eine gute Lösung und Hilfe fürmich.Vielfach war ich in Bedrängnis, z.B.letztens im Borsig-Einkaufcenter, in derPhilharmonie und heute im Grunewald-Motel. Jedes mal hatte ich freundlicheMenschen am Telebus-Telefon, sie alle habenwir helfen können und waren dabeisehr bemüht. Das sollte auch mal laut gesagtwerden. Danke. Ich bin heute z.B. voneiner Rollifahrerin, mit der ich im Grunewald-Motelverabredet war, versetzt worden.Mist – ach nein, wie gut, ich hattedoch mein Handy dabei. Jetzt brauche ichden Telebus-Notruf. Man machte es möglich,dass ich früher abgeholt werdenkonnte. Freude! Der Tag war durch dasVersetztwerden nicht verloren. Ich selbstkannte das behindertengerechte Autobahn-Restaurantnoch nicht. Eine positiveErfahrung, und eine Rolli-WC ist per Listauch zu erreichen. Im Restaurant sitzt essich nett, mit sympathischer Bedienung. Esist dort rolligeräumig und man führtleckere Speisekarte. Mmm, ich bestelltemir leckere Zwetschgenknödel mitMohnstreusel und Vanillesoße. Köstlich –ich genoss – wieder einmal.Wie gut einverpatztes Treffen doch noch sein kann.Ach, und der Blick nach draußen – eineweiße Schneelandschaft, die hübsch undreizvoll aussah. So mag ich den Winter, ichsaß ja im Warmen. Wie gut ging es mir,denn ich hatte immer im Hinterkopf: derTelebus holt mich zu vorgezogener Zeitauch ab. Somit schmeckte mir die Portionauf meinem Tellers besonders gut.Wiederzu Hause wurde mein Handy tatsächlichauf „Aus“ gestellt, es ist eben nur ein Notrufgerät,keine terrorisierende Klingelei.Die leider zu frühverstorbene und uns Telebusnutzernsehr fehlende Frau Detmershatte mir schon vor langer Zeit zu dieserLösung geraten. Ich denke nun an sie. Obich sie mal im weiten Himmel per Handyanrufe und ihr meine jetzige aufgeschriebeneGeschichte erzähle? Vielleicht gibtsim Himmel auch mobile Telefone, diedenn gewiss anders funktionierten – ohnegrässliche Alarmtöne möglicherweise?Vielleicht ist so ein Handy im Himmelnur eine kleine weiße Taubenfeder, durchdie man pustet.Wer kann es wissen? Mitoder ohne Handy wünsche ich allen Lesernder WIR eine gut Zeit – vielleichttreffen wir uns mal im Grunewald Autobahn-Restaurant,nur stellt dann bitte dieHandy-Klingelei ab. Danke.Dora BenzelrathWIR1/2001


Forum23Welcome Blisse!Da seit dem Jahre 2000 in derSchädestraße 9-13 alles geändert,erneuert wird und dies – logisch– seine Zeit braucht, wurde unsere Gruppevon dort ausquartiert und in das Café„blisse14“ in Wilmersdorf einquartiert.Nach anfänglicher Skepsis fühlten wir unsaber durch den freundlichen Empfang vonFrau Markowitz und ihrer Mitarbeiter vollentschädigt. Man muss sowieso sagen – sonett, aufmerksam und zuvorkommendwird man als Gast/ Behinderter nicht immerbehandelt/ bedient! Für uns ein zusätzlichesPlus – unser allwöchentlichesTreffen findet im angrenzenden Raum desCafés statt. Klar, dass dies – so die Zeit eserlaubt – auch weidlich ausgenutzt wird.Auf dem Wege zum Gruppenraum mitseinen wechselnden Wandbildern (Fotografien,Gemälden) und interessanten„hängenden Netzdecken“ kann man sichan der Theke schon, quasi als Zeitüberbrückungbis zum Gruppenbeginn, Kuchen,Getränke etc. bestellen. Für ganz Eiligevielleicht am Tisch ein leckeres Eisschlecken? Ansonsten wird gemeinsam „ála carte“ ausgesucht. Mir persönlich gefälltgut das Angebot – ohne die Stammkartezu schmälern –der Zusatzkarte mit denbesten Empfehlungen unserer Ausbildungsküche.Diese Gerichte sind sehrkreativ mit immer neuen Variationen.Allgemeinist das Essen, so wie ich es kennengelernthabe, generell schmackhaft.Doch das gemütliche Restaurant hat nochmehr zu bieten: Außer Speis‘ und Trankgibt es regelmäßig Ausstellungen, Lesungen,Live-Musik (z.B. Jazz, Swing etc.) undandere Veranstaltungen.Im Frühjahr (ab 19.03.) ist die „Villa<strong>Donnersmarck</strong>“ in Zehlendorf bezugsfertig,und wir (die Gruppe) werden dannwieder zurückquartiert. Natürlich freuenwir uns schon darauf, aber unsere Gruppewird bestimmt einen Tagesausflug oderNachmittagsbesuch in das Café „blisse 14“ins Programm einplanen.Vielleicht stattetder eine oder andere dem Restaurant ei-Freizeit, Bildung,Beratung„Villa<strong>Donnersmarck</strong>“Schädestr. 9-1314165 Berlin(Zehlendorf)Tel.: (030)815 60 82Fax: (030)815 70 51E-mail:post.fub@fdst.denen „Solobesuch“ ab? Der Slogan „WelcomeBlisse“ lädt eigentlich dazu ein!Übrigens: Beratung, Gruppenräume,Therapien etc. findet man in der Blissestraße12/ Ecke Wilhelmsaue, aber daswissen „Insider“ sowieso.Schade, dass man das nette Personalnicht mit nach Zehlendorf nehmen kann.Doch im Zuge des Sparhaushaltes undschon vorhandenen „Villapersonals“ bleibtmir und der Gruppe nur ein herzlichesDanke allen Mitarbeitern für die geboteneGastfreundschaft!P.S.: WIR kommen bestimmt wieder,denn es heißt ja auch: „Welcome Blisse“– Reinkommen! – Sonst seid Ihr draußen.Meine Gedankenan die VillaDer Frühling naht mit großen Schritten,die Bauherren müssen fleißig sein –deshalb gilt ihnen unser Bitten,lasst uns bald in die Villa rein.Das Jahr, es wollte nicht vergehen,im Mai doch ist es dann so weit –die Villa wird im neuen Kleid erstehenwas uns schon heute alle freut.Der Garten war’s, der uns so fehlte,mit seiner schönen Bäumenpracht,auch die Atmosphäre ich erwähne,daran hab ich so oft gedacht.<strong>Fürst</strong> <strong>Donnersmarck</strong> hat unsein Stück Leben geschenkt,ein Stück Freude – Stück Heimat,woran gern ein Jeder denkt.Hannelore JerchowRegina Winkler,Gruppe NeupraWIR1/2001


24Im DialogGewalt gegenüberBehinderten?von Ronald BudachIm Zusammenhang mit dem derzeitleider aktuellen Thema „Gewalt“, kamenwir in einer Redaktionssitzungauch auf das Thema „Gewalt an Behinderten“zu sprechen. Ich persönlich muss dazusagen, dass ich mich mit der Beantwortungdieser Frage schwertue. Obgleich ich schon zweioder drei Mal entsprechendekleine Erlebnisse hatte, geheich davon aus, dass diese Gewaltnoch nicht über das„normale“ Maß an Gewalt(obgleich diese schonschlimm genug und jedeGewalttat eine zuviel ist),wie man sie zwischen denMenschen im Allgemeinenfindet, hinausgeht. Unter allgemeinerGewalt versteheich nicht die derzeitige verabscheuungswürdigeGewaltgegen Ausländer, Andersgläubigenund anderenMenschengruppen, die bereitsüber das allgemeineMaß hinausgeht, sondern dieGewalt, die es mehr oderweniger schon immer zwischenMenschen gab. Beider Bildung meiner Meinung kann ichnur vom eigenen Erleben und von dem,was ich in meinem behinderten Bekannten-und Freundeskreis gehört habe, ausgehen.Nachstehend nun meine Erlebnisse:• Im Verlaufe meines Aufenthalts am Bodenseeim vorigem Jahr, fuhren meineFrau und ich mit unseren E-Rollstühlendurch Friedrichshafen.Wie fuhren auf einemGehweg. Uns entgegen kam einHand in Hand nebeneinander gehendesPärchen. Durch einen Baum verengte sichder Weg, so dass nur noch ein Rollstuhlund ein Läufer die Stelle passieren konnte.Ich fuhr auf das Hindernis zu, das Pärchenmusste sich notgedrungen trennen.Als ichauf gleicher Höhe wie der männlichePartner des Pärchens war, versetzte mirdieser unverhofft mit seinem Ellenbogeneinen ziemlich heftigen Rippentriller undging wortlos weiter.• Bei einer Fahrt mit der S-Bahn sprachmich ein männlicher Fahrgast mittlerenAlters auf meinen Rollstuhl an. Er stellteFragen zu Reichweite,Geschwindigkeit und Kosten.Ich gab in diesemfreundlich beginnendenGespräch bereitwilligAuskunft. Als Reaktionkamen darauf bösartig gesprochendie Worte:„Kannst du stolz draufsein. Mein Kumpel istauch behindert, hat abernicht so einen schönenRollstuhl“. Ich wollteantworten, worauf meinGesprächspartner ausfallendwurde und mir gegenüberhandgreiflichwerden wollte. Über diesenurplötzlichen Wechselder Gesprächsart war ichäußerst sprachlos, was beimir schon einiges bedeutensoll (wohl aber dasBeste in solcher Situationist). Andere Fahrgäste, die das Gesprächverfolgt hatten, mischten sich nun ein undverhinderten dadurch eventuelle Handgreiflichkeiten.Gott sei Dank stieg dieserMensch nun auch aus, auf dem Bahnsteigweiter schimpfend.Ergibt sich aus diesen Beispielen bereitseine spezifische erhöhte Gewalt an Behinderte,oder sind diese Situationen nochnormal?Ich wäre sehr an Meinungen der Leserund auch an anderen Beispielen interessiertund bitte um entsprechende Leserbriefean die Redaktion.WIR1/2001


Im Dialog25Keine PanikDie FUB wirdVilla <strong>Donnersmarck</strong>Seit 1987 bin ich eines der vielenGruppenmitglieder der <strong>Donnersmarck</strong>-<strong>Stiftung</strong>in Zehlendorf. Ich hattein der FUB frohe und schöne Stunden,aber auch sehr lebendige, hitzige gab es. Esgab Feste,Veranstaltungen – kurzum: DasLeben in der Schädestraße war rund undbunt. Eines Tages gab es die Ankündigung,die Freizeitstätte werde umgebaut – derneuen Zeit, dem neuen Stil angepasst undrollstuhlgerechter. Panik bei mir? Ganzund gar nicht. Diese „Evakuierung“ habeich nicht als Tragik empfunden. Evakuierungenund Umzüge habe ich schonmehrfach in meinem Leben mitgemachtund überstanden. in den letzten Kriegsjahrenmit Mutter und Großtante nachLandsberg/ Warthe (heutePolen), als frisch Verheiratetevon Berlin nach Bremenund schließlich als Witwewieder heim nach Berlin.Immer gab es einen Neuanfang,und ich kann nichtsagen, dass er unbedingt einschlechter war. Nur anders,mit anderen Tapeten, anderenRäumlichkeiten.Nun soll die FUB zur Villa <strong>Donnersmarck</strong>werden. Damit ist sie nach einemUmbau eben anders als zuvor. Das heißtdoch nicht schlechter. Ich jedenfalls binfroh, dass es z. B. eine richtige Rollitoilettegeben wird. Das wird bestimmt vieleRolligäste und Gruppenmitglieder freuen.Ich spüre ein Stück Spannung und Vorfreudein mir.Was sich später ergibt, wissenwir doch alle noch nicht. Die Problematikliegt wohl ein Stück in den Gruppenselbst. Ein Jahr Schädestraße-Pause werdenwir wohl alle ohne Schaden überstandenhaben, oder? Die FUB hat sich doch nichtin Luft aufgelöst. Daher fand ich die Zuschriften„Im Dialog“ der letzten WIR einbisschen übertrieben, so als würde die WeltWir vermissen die Schädestraße immer noch,• weil uns der feste, bekannte Treffpunkt fehlt.• weil uns die Gartenarbeit, die Pflanzen und das Beobachtenfehlen, unsere Aufgabe ist weg.• weil das Treffen an ständig verschiedenen Orten besondersfür die Rollis immer wieder neue Überlegungen(Organisation,Telebus, Schieber) erfordert. Dies ist zu anstrengend!• weil keine Ansprechpartner des Hauses bei den Treffensind (wir vermissen die Büro- und Küchenfrauen).• weil die laufenden Informationen über den Umbau mangelhaftsind.• weil wir nicht wissen, welchen Stellenwert die Gruppengegenüber den vielen neuen Seminaren haben werden.• weil wir sie so wiedersehen wollen, wie sie war. Sie warso gut.zusammenbrechen, nur weil das Haus anderswird. Mir fällt dabei der Reichstag ein– ohne die Glaskuppel. Was für ein Geschrei,Skepsis und Vorurteile. Und jetztwaren schon viele mehrmals im neuenReichstag, und die Glaskuppel zeigt unsihre besondere Ausstrahlung. Ich denke,warten wir ab, schauen wir, und erst dannkönnen wir das Alte betrauern! War es inder Blisse und im STZ wirklich soschlecht? Die Weihnachtsfeier war dochschön und auch nur anders. Ist es nichtwichtiger, wie man sich in der Gruppefühlt und was die Gruppe aus einemNachmittag macht? Da ich weiß, dass dieBlisse und das STZ nur Ausweich- undÜbergangsstätten sind, kann ich gut damitleben. Außerdem: Einige Gruppen undVerbände treffen sich schon seit Jahren indem nicht ganz so hübschen Clubraum,sie halten es doch auch aus.Vielleicht wäreeine Renovierung auch hier angebracht?Die Gruppen entscheiden eben,wie sie den Nachmittag gestalten, wie dieMitglieder sich in der Gruppe fühlen!Nicht nur Äußerlichkeiten tragen dazu bei.Ich freue mich einfach auf das Neue injeder Hinsicht und wünsche der neuenLeitung, dem Personal der Villa, einfach alleneinen guten Start und eine frohe, rundeZeit mit vielen guten Geschehnissen.Herzlichst Dora BenzelrathWIR1/2001


26SportDabei sein ist allesBericht über das Paralympische Jugendlager der Deutschen Behinderten-Sport-Jugend,16. – 31.10.2000 in SydneyZum dritten Mal war ich verantwortlichbeteiligt an der Vorbereitungund Durchführung einesParalympischen Jugendlagers in meinerehrenamtlichen Funktion als stellvertretenderVorsitzender der Deutschen Behinderten-Sport-Jugend(DBSJ). Die DBSJ istdie Jugendorganisation des Deutschen Behindertensportverbandesund vertritt ca.30.000 sporttreibende Kinder und Jugendlichemit Behinderung.Die Paralympics ist der weltweit größteLeistungsvergleich behinderter Sportler.Die Veranstaltung ist vergleichbar mit derOlympiade der Nichtbehinderten undwird seit vielen Jahren verbindlich in unmittelbaremAnschluss an die regulärenSpiele unter den gleichen Voraussetzungendurchgeführt.Die Leitgedanken und Ziele einesParalympischen Jugendlagers sind:1. Förderung der olympischen Ideeund Beitrag zu Frieden und Völkerverständigung.2. Förderung des gegenseitigen Verstehensdurch faires und friedliches Zusammenlebenund durch gemeinsamevölkerübergreifende sportliche undkulturelle Aktivitäten.3. Kennenlernen des Gastgeberlandes,seiner Menschen, seiner Kultur undseiner Geschichte.4. Besuch der Paralympischen Wettkämpfe.5. Das Interesse für den Leistungssportund dessen Eigenrealisierung bei jungenMenschen zu wecken.WIR1/2001


Sport27Während der Olympiade wird seit vielenJahren ein internationales olympischesJugendlager durchgeführt. Dabei hat dieSportjugend in ihrem eigenen Kontingentauch immer Teilnehmer der DeutschenBehinderten-Sport-Jugend berücksichtigt.Fünfzig Jugendliche aus allen Bundesländern,darunter sieben Rollstuhlfahrer undfünf Blinde aus deutschen Vereinen, aberauch erstmals acht nichtbehinderte jungeMenschen, begleitet von drei Offiziellenund elf Betreuern, flogen diesmal zu denParalympics nach Sydney. Für die Finanzierunggalt es über 270.000,00 DM zusammenzubekommen.Neben Beiträgender Teilnehmer, Zuschüssen des Bundesministeriumsfür Familie und Jugend, derDeutschen Sport-Jugend, der AktionMensch und von Firmen, waren nochüber 21.000,00 DM an Spenden erforderlich.Hier beteiligte sich auch die <strong>Fürst</strong><strong>Donnersmarck</strong>-<strong>Stiftung</strong> großzügig mit einemerheblichen Betrag. So konnte eineerwartungsgespannte, einheitlich sportlichgekleidete Gruppe am 16.10. des vergangenenJahres den über 22-stündigen Flugvon Frankfurt über Dubai und Singapurnach Sydney antreten. Hervorzuheben istder exakte Service der Emirates Airways.Nicht jede Fluggesellschaft lässt ohne weiteressieben Rollstuhlbenutzer in einerMaschine mitfliegen und sorgt dann auchnoch für die Bereitstellung einer entsprechendenZahl von Helfern beim Zwischenstoppin Dubai und der Zuordnungdeutschsprachiger Stewardessen an Bord.Mir fiel auf, wie gut das Flugpersonal fürdie Hilfestellung für Menschen mit Behinderungengeschult war. So brauchten wiruns z.B. beim Zuteilen der Mahlzeitenund individuellen Herrichtung einschließlichHilfestellung beim Essen nicht umunsere blinden Sportler kümmern. Dieserledigte professionell die Flugbegleitung.Auch der Empfang in Australien –deutschsprachig, fröhlich und kompetent –war nur der Beginn von 14 Tagen Begegnungmit Menschen auf einem anderenKontinent, die unsere Gruppe, aber auchdie behinderten Sportler und alle Gäste,herzlich und zuvorkommend aufnahm.Australien undSydney habenMeilensteine gesetzt,wie manGäste, und auchdies sind Menschenmit Behinderungen,in einemfremdenLand begrüßt undaufnimmt.Wir waren müde und vom Flug gezeichnet.Wirhatten neun Stunden Zeitdifferenzzu verkraften. Die Eröffnungsfeierder Paralympics ließ uns alles vergessen.110.000 Menschen füllten das Stadion. Soviel Interesse hatte bisher noch keine Veranstaltungfür behinderteSportlergefunden. Das Programmführte voneinem Höhepunktzum nächsten, bisdas ParalympischeFeuer entzündetwurde und ein berauschendesFeuerwerk den Tag beendete.Die folgenden Tage waren ein Wechselspielvon Kultur, Stadteroberung, Strandlebenam Pazifik, Leute kennenlernen undNatur bewundern. Im Vordergrund standnatürlich der Besuch der Wettkämpfe. DieJugendlager-Teilnehmer, selbst aktiveSportler, die sich als Ziel den Leistungssportgesetzt haben, nutzten hier die Gelegenheit,ihre Idole beim Wettkampf zu erlebenund auch persönlichen Kontakt zuihnen zu bekommen.Wir fielen nicht nurdurch unsere einheitlichesportlicheKleidung auf. Wirrollten, wo es nurging, unser Bannermit der Aufschrift„Deutsche Behinderten-Sport-Jugend“aus, schwangendie deutsche Fahne und waren dabeidurch unsere diversen Schlachtrufe unüberhörbar.So glitt unsere Standvolleyball-Mannschaft mit unseren Aktivitäten förmlichvon Sieg zu Sieg. Aus dem Endspielging sie dann natürlich mit der Goldmedaillehervor, sicher auch, weil die Schülerder deutschen Schule von Sydney unsbeim Anfeuern der deutschen Mannschaftkräftig unterstützten.Auch auf den Rängen des riesigenAquatic-Centers fielen wir unter 16.000Zuschauern so auf, dass unsere Schwimmerzu größtem Vortrieb angespornt wurden.Selbst im Stadion, das übrigens auchWIR1/2001


28SportWir rollten, wo esnur ging, unserBanner mit derAufschrift „DeutscheBehinderten-Sport-Jugend“aus, schwangendie deutscheFahne und warendabei durch unserediversenSchlachtrufe unüberhörbar.bei Vorkämpfen gut besucht war, und diesist selbst bei internationalen Sportveranstaltungenim Nichtbehinderten-Sportnicht immer die Regel, hallte unserSchlachtruf durch das weite Oval, so dassFernsehkameras aller Nationen immerwieder auf uns gerichtet wurden.Als dann mitten im Volksgetümmel, nurso kann man das Treiben zwischen deneinzelnen Sportarenen im Olympicparkbezeichnen, auch noch das Zweite DeutscheFernsehen ein Interview mit unsmachte, konnten wir uns dem Interesseeinzelner Australier, ganzer Schulklassensowie Sportler aller Nationen nicht mehrentziehen. Ständigmussten wir ersteinmal richtigstellen,dass wir nicht aktiveTeilnehmer sind,aber einige von unsdieses mit großer Sicherheit2004 inAthen sein werden.Damit waren dieJungen undMädchen prominentgenug für eine Autogrammstunde.Highlights des Jugendlagerswar einBesuch im ParalympischenDorf, wowir uns ausführlichu.a. über Dopingkontrollebei demMannschaftsarzt der Deutschen Sportlerinformierten. Hierzu sei angemerkt, dassder Deutsche Behinderten-Sport-Verbandseit vielen Jahren federführend auch Dopingkontrollenbei Leistungssportveranstaltungendes Behindertensportes fordertund sie intern auch schon lange durchführt.Ein weiteres Highlight: der Empfangder Deutschen Bundesregierung. Hierkonnten unsere Jugendlichen sowohl Fragenzu Land und Leuten an den DeutschenBotschafter, aber auch an Verantwortlicheder Stadt Sydney richten. Eskonnten Gespräche mit aktiven Leistungssportlernund deren Trainern geführt werden.Es wurde interessiert zugehört, alsBlacky Fuchsberger seine Entscheidungbegründete, sich in Australien niederzulassen.Unsere Unterkunft war in der weltgrößtenJugendherberge mit 500 Betten, mittenim Herzen von Sydney, an der Schnittstellezwischen Centralstation, von wo alleS- und U-Bahnen, aber auch alle Fernzügeerreichbar waren. Downtown mitHardrock-Cafe und dem alles überragendenFernsehturm sowie Chinatown oderder botanische Garten waren zu durchqueren,je nach dem, zu welchem der vielenBuchten und Häfen wir wollten.Sportpolitisch wichtig war auch der ausschließlichfür unsere Gruppe einberufenePresseempfang unter Beteiligung derStaatssekretärin im Bundesinnenministerium,Frau Brigitte Zypries, sowie des Vorsitzendendes Sportausschusses im DeutschenBundestag, Friedrich-Julius Beucherund weiteren Mitgliedern dieses Ausschusses.Selbstverständlich dabei auch der Präsidentdes Deutschen Behindertensportverbandes,TheodorZühlsdorf. Dieser betontemir gegenüber im Gespräch besondersnoch einmal seine Aussage, künftigdie Jugendarbeit der DBSJ noch mehr zufördern und hierfür insbesondere auchWIR1/2001


Sport29weitere Mittel von Sponsoren zur Verfügungzu stellen.Ein Ausflug in die Blauen Berge sowieein Barbecue beim Hubertusklub (DeutscheTradition in Hochkultur auf einemanderen Kontinent) rundeten das Programmab. Nicht verwunderlich, dass gegenEnde des Aufenthalts auch die Aktivstenzunehmend an Konditionsmangel litten,wären da nicht wichtige Endkämpfein Goalball (Ein Mannschaftsspiel für Blinde),Leichtathletik und Basketball gewesen,und hätte da nicht noch die Abschlussfeierauf dem Programm gestanden. Dies warGrund genug, noch einmal alle Reservenzusammenzunehmen. Aus der Erfahrungdes Hinflugs wusste man ja, zweiundzwanzigStunden sind lang, und im Schlaf vergehensie vielleicht schneller.So sind denn auch alle wieder wohlbehaltenauf dem Flughafen Frankfurt angekommen.Mit vielen Erinnerungen undguten Vorsätzen für eigene sportliche Aktivitäten.Ernüchternd war aber auch dieDiskrepanz hinsichtlich der baulichen Voraussetzungensowie der Organisation vonHilfestellung von Menschen mit Behinderungim Vergleich zu den Flughäfen, diewir kennengelernt hatten.Rückblickend waren wir einheitlich derAuffassung: Gut, dass Deutschland, undinsbesondere auch Berlin, nicht den Zuschlagfür die Paralympics 2000 bekommenhatte. Zu nah ist das Debakel derWeltspiele der Behinderten noch in Erinnerung.Australien und Sydney habenMeilensteine gesetzt, wie man Gäste, undauch dies sind Menschen mit Behinderungen,in einem fremden Land begrüßt undaufnimmt. Sie haben Meilensteine gesetzt,auf welches Interesse der Sport behinderterMenschen treffen kann, wenn baulicheVoraussetzungen, organisatorisches Geschickund offene Herzlichkeit der Menscheneine Veranstaltung prägen. Die Benutzungder Bahn durch mehrere hundertRollstuhlfahrer täglich war eine logistischenMeisterleistung. Und Blinde konntensich dank eines funktionierenden Leitsystemsund einer rücksichtsvollen Bevölkerungauch problemlos öffentlichen Verkehrsmittelnanvertrauen. Dann noch diegeduldig Schlange-stehenden Australiernicht nur an Haltestellen, sondern auch anEintrittskassen zu den Sportveranstaltungender Paralympics, sie haben durch denKauf der Eintrittskarten einen erheblicheBeitrag zur Finanzierung der Spiele geleistet.Lob muss aber auch diesmal den DeutschenFernsehanstalten gesagt werden, diein weit größerem Umfang als in der Vergangenheitberichtet haben.Manfred Richter,Verwaltungsleiterdes <strong>Fürst</strong> <strong>Donnersmarck</strong>-HausesWIR1/2001


30Leben & LesenEin LiterarischesFrühstück„Ihre Augen sind die Hände,sie erkennt dich durchs Gehör,in ihrer Welt sind viele Wände,die sieht sie bloß nicht mehr.Katharina, mach mir Mut und halte mich,gibt’s morgen auch kein Wiedersehn,ich bin doch der Blinde, darum führe mich,du kannst im Dunkeln gehen.Nur weil ich vermute, dass ich sehend bin,brauch‘ ich doch nichts erkennen.Sie lehrt mich aus der Stille,wie man wartet, wie man schweigt,und zeigt aus Herzensfüllemal Zorn, mal Heiterkeit.Katharina, mach mir Mut und halte mich.....Blinde sind wie Kinder,deren Herzen man zerbricht,sie wollen auch im Winternur ans Licht, nur ans Licht.Katharina, mach mir Mut und halte mich...“(Klaus Hoffmann)Über die „blinde Katharina“ singtder Liedermacher Klaus Hoffmann.Der Text macht nachdenklich,ist sehr ehrlich und wahr. KlausHoffmann (auch Schauspieler) – seineTexte und Stimme (angenehm überzeugendund warm), mag ich seit Jahren. Erhat einen großen langjährigen Anhängerkreis.Ein Jaques Brel-Programm brachteer im letzten Jahr. – Wenn meine SeeleTrauer hat, angeknackst ist, höre ich ihmmit seinen Liedtexten besonders gerne zu.Das ist dann meine Seelentherapie.Vor einigenJahren habe ich ihn im Friedrichstadtpalastmit einem guten Programm erleben,hören können.Mit Freude hatte ich vernommen, dasser im Theater des Westens ein „LiterarischesFrühstück“ geben würde. Da wollteund musste ich einfach hin und zuhören.Umgehend hatte ich die „Frühstückskarte“telefonisch bestellt, und alles andereklappte gut. Genießen – genießen wollteich in jeder Hinsicht; ein kleinesKlaus Hoffmann,Afghana, 540 Seiten,Ullstein, Berlin2000; ISBN:3898340198,DM 44,-Stückchen Glücksgefühl einsaugen. Diewarme Atmosphäre, das stilvolle Foyer imTheater des Westens mit herrlichen Lüsternund Leuchten sowie das gut und appetitlichangerichtete Frühstück trugendazu bei.Dann Klaus Hoffmann selbst, der ausseinem autobiographischen Buch „Agfana“vorlas. Ein Berliner, der per Buch mitteilt,wo und wie er in Charlottenburgaufwuchs und noch weitere Lebenskapitelaufschlägt. Zu Beginn seiner Lesung wirkteHoffmann fast brav, nett, höflich undeinfach sympathisch mit dem Strahlen inseinen blauen Augen. Ich saß ihm nichtweit entfernt, damit ich Gestik, Mimik,seine Augen-Blicke gut beobachten konnte.Er machte einen glücklichen Eindruckund dankte den Gästen, dass sie so zahlreicherschienen waren. Die Stühle an denTischen waren tatsächlich alle besetzt, ausverkauft.Na, welchen Künstler freut dasnicht? Angenehme Gäste, Zuhörer ummich herum, ich fühle mich wohl. Er lasca. eine Stunde. Es gab viele weiblicheZuhörer, die Begeisterung stand ihnen imGesicht. Freude hatten gewiss alle, so auchich.Er brachte einem beim Lesen seine Gedankenüber Liebe, Leben, Reisen so eindringlichnah. als wäre er tatsächlich einervon uns war. Ein Mann, der gut texten, lebendigschreiben kann. Dann signierte erseine geschriebenen Worte. Seine Fansstandenvor ihm und dem schönen Stilstisch,an dem er gelesen hatte. Ich beobachteteihn und seine Verehrerschar. Ichhatte wahrhaft Spaß und Schmunzeln, wiestolz sie nun das signierte Buch trugen,und trank dazu meinen Tee. Und dannstellte ich fest: zum Glückleichsein gehörteinfach nicht viel, Glück kann klein sein,dennoch vieles geben. Nette Worte, Zunicken,Lächeln für das Gegenüber, für denNächsten. Ist das nicht auch ein Stückvom Glück? Ein Sekundenglück kann denganzen Tag erhellen. Glück sehen, fühlen,annehmen, erkennen. Dies alles kann auchdie „Blinde Katharine“ und das Buch vonKlaus Hoffmann.Dora BenzelrathWIR1/2001


Leben & Lesen31MüssenSchmerzen sein?Schmerz ist der natürliche Bruder desLebens“, notierte der von den Nationalsozialistenhingerichtete tschechischeWiderstandskämpfer Julius Fucikin seiner „Reportage unter dem Stranggeschrieben“.Körperliche und geistige Schmerzen begleitenuns, so lange wie wir leben, sie sindein natürliches Warnsignal und häufig einZeichen dafür, dass mit unserem Körper,mit unserem Zustand etwas nicht in Ordnungist.Vielfach sind sie mit Krankheitoder Verletzung verbunden.Während mitdem Verschwinden der Ursache, derKrankheit, der Schmerz zumeist wiedervergeht, wird er mitunter für viele Menschenein quälender Dauerzustand, der dieLebensqualität entscheidend mindert.Für interessierte Laien, aber auch fürmedizinisch etwas Vorgebildete, erschienjetzt „Schmerzfrei durchs Leben“, ein interessantesAuskunftsmittel, das sich mitdem Phänomen Schmerz befasst, auf diesehr verschiedenen Ausdrucksformen unddie Stellen wie Zeiten ihres Auftretens eingeht.Behandelt werden Entzündungsschmerzen,Nervenschmerzen, aber auchsolche, die aus Fehlregulationen im Körperentstehen. Die Schmerztoleranz des Einzelnenstellt sich dabei als sehr unterschiedlichdar und wird auch psychischsehr divergierend empfunden. Sie ist beiKindern z. B. anders als im Alter.Vielfachist sie auch von Reaktionen im Umfelddes Menschen beeinflussbar.Schmerzen müssen nicht sein oder könnenzumindest erheblich gelindert werden.Dafür gibt sehr viele Möglichkeiten,unterschiedlich nach Art und Auftreten.Neben einer gesunden Lebensweise, die ansich schon vorbeugend wirken kann, sindes psychologische Methoden, moderneSchmerzmittel, Physiotherapien, alternativeHeilmethoden, aber auch chirurgischeEingriffe, die zur Schmerzbekämpfungeingesetzt werden können. Wussten Sie„Schmerzfreidurchs Leben –Die wirksamstenTherapien, Medikamente,Selbsthilfemaßnahmen“Verlag DAS BE-STE / Reader‘sDigestDeutschland/Österreich/Schweiz 2000ISBN 3 87078727DM 79,90übrigens, dass es z.B. für Kinder nochkaum spezielle Schmerzmittel gibt, obwohlwir eine umfangreiche Pharmaforschunghaben? Oder dass Kinder mit starken,lang andauernden Schmerzen (imGegensatz zu alten Menschen) immer stillerwerden? Wie verlaufen die Schmerzbahnen?Ist Schmerz überhaupt messbar?Was tun bei chronischen Leiden?Der Verlag Reader‘s Digest, bekannt fürseine hervorragend ausgestatteten Sachbücher,hat ein informatives und anschaulichesWerk zu diesem komplizierten Themaherausgebracht, das Vorgänge in unseremKörper wissenschaftlich exakt unddoch verständlich darstellt.Es ist erstaunlich, welche Erläuterungenund Ratschläge der Leser auf diesen rund300 Seiten finden kann: Schmerzen in Nase,Augen, Ohren, Mund, Zähnen, Hals,Brust, Herz, Arm- und Beingelenken,Rücken, Hüften, Haut usw., aber auch diffuseund seelische Leiden, finden ihre Beachtung.Dargestellt werden die differenziertenTherapien aus der Sicht der Schulmedizinsowie alternative Heilverfahren. Das Glossarder medizinischen Fachbegriffe sowieeine alphabetische Darstellung derSchmerzmittel mit Anwendungebieten,Wechsel- und Nebenwirkungen, Markennamenentsprechender Medikamente,kann für den interessierten Laien sehrnützlich sein.Ein Wort zum Schluss:Obwohl dieses Buch sehrgut ist und zur Selbsthilfeanregt, kann es die Konsultationeines Arztes nicht ersetzen,wohl aber zu einembesseren Verständnis des Geschehensim eigenen Körperführen. Ein präziseresErkennen auftretenderSymptome und möglichedaraus resultierende Ursachen,dürfte so der Grundlagefür eine wirksame Behandlung dienen.Gemäß des Anspruches im Titel: einmodernen Standardwerkes, das in keinerFamilie fehlen sollte. Dr. Rudolf TurberWIR1/2001


32Tipps & TermineDurchblick aufallen WegenIm Mai 2001 erscheint „Der Wegweiser“für Menschen mit Körperbehinderung.Über 450 Adressen rund um dasThema Behinderung sind nach übersichtlichenRubriken geordnet und mit Kurzerläuterungenin dieser Broschüre aufgeführt.Die Idee des Wegweiser entstand in der„blisse 14“. Mit ihrer guten Vernetzungund ihren zahlreichen, über längere Jahrehinweg aufgebauten Kontakten verfügt die„blisse 14“ über eine Fülle von Informationenund Adressen. „Der Wegweiser“macht diese mit Unterstützung des Arbeitsamtesnun zum erstem Mal gebündelt einembreiteren Publikum zugänglich.VonBeratungsstellen über Freizeit bis hin zurollstuhlgerechter Mode wird dabei einebreite Palette unterschiedlicher Themenabgedeckt.Gegen eine Schutzgebühr von 5,- DMkann der Wegweiser ab Mitte Mai in der„blisse 14“ unter der Telefonnummer:030 - 821 10 91-92 angefordert werden.Ursula HartungLange Kerle undhohe KörbeAchtung Sportfans, aufgepasst: Am19. Mai findet im <strong>Fürst</strong> <strong>Donnersmarck</strong>-Hausdas Sportereignis des Jahresstatt.Eine Auswahl von Basketball-begeistertenMitarbeitern trifft auf die legendären„Moroni Fighters“ aus Reinickendorf.WerLust hat, aktiv mit zumachen, meldet sich bitte bei JörgLange unter der Telefonnummer:4 06 06-209. Alle anderen Mitarbeitersind herzlich eingeladen, unsere Kollegenanzufeuern – sie werden es brauchen...Menschen sind unvollkomDie Ausstellung „Der (im-)perfekte MenschWas bedeutet eigentlich perfektund was ist das Gegenteil davon?Diese Frage steht im Mittelpunktder Ausstellung „Der (im-)perfekteMensch“, veranstaltet vom DeutschenHygienemuseum in Dresden und derBundeshilfe für Behinderte Aktion Mensche.V. Auf 1500 m2 dokumentiert diese Ausstellungden historischen wie auch den aktuellenUmgang mit behinderten Menschenund setzt sich mit den gängigenVorstellungen von „Normalität“ und„menschlicher Unvollkommenheit“ auseinander.Im Eingangsbereich werden die Besucherdurch eine „Galerie der modernenAltäre“ empfangen. Schönheit, Perfektion,Leistungsfähigkeit und Gesundheit, unserebestimmenden gesellschaftlichen Leitbilderwerden ironisierend dargestellt. So täuschtselbst eine Barbiepuppe im Rollstuhl nichtdarüber hinweg, dass der Mensch ein Mängelwesenbleibt, egal wie sehr er nach körperlicherund geistiger Perfektion strebt.Schwerpunkt der Ausstellung ist der „Erlebnispark“.Videoinstallationendes BerlinerRegisseurs und Bühnenbildner Fred W.Berndt ermöglichen dort ein Kennenlernenund Nachvollziehen unterschiedlicherSchwierigkeiten, Grenzen und FähigkeitenWIR1/2001WIR1/2001


Tipps & Termine33men!“ im Dresdner HygienemuseumDie Ausstellung istnoch bis zum 12.August 2001geöffnet. Der Eintrittkostet zwischen4,- und 7,-DM. Jeden Mittwoch18:00 Uhrund jeden Sonntag14:00 Uhr findenöffentlicheFührungen ohneVoranmeldungstatt.Für Anmeldungenzu Führungen ananderen Terminenbzw. Rückfragensteht ein BesucherserviceunterTel: 0351 - 4846 -670 zur Verfügung.Informationenüber rollstuhlgeeigneteUnterkünfte undAnreise nachDresden könnenbei der rfb-TouristikmbH unterTel: 02159 -520 860 erfragtwerden.von Lern-, Sinnes- und Sprachbehinderungenwie auch von Körper-, Geistesbehinderungenoder von chronischen undpsychischen Krankheiten. Zu den Themen„Sehen“, „Hören“, „Verstehen“, „Berühren“und „Bewegen“ kann der Besuchernoch andere als seine gewohntenWahrnehmungsweisen entdecken: ÜberLautsprecher wird dem Sehenden in diesemzweimal pro Stunde vollständig verdunkeltenSaal Empfindungen einer blindenSchwimmerin beschrieben, oder ausgeklügelteAkustik vermittelt dem Hörendendas ungewöhnliche musikalischeErlebnis, Musik allein durch Schwingungenwahrzunehmen. In einem „Brunnender Wünsche“ thematisieren Filmsequenzendie unterschiedlich empfundenenBerührungen behinderter Menschen beimedizinischen oder pflegerischen Maßnahmenim Alltag, die als ungewollt oderersehnt erlebt werden.Die Darstellung von Behinderungenund behinderten Menschen in verschiedenenhistorischen Epochen unsererKulturgeschichte hin zur aktuellen Auseinandersetzungmit dem Gleichstellungsgesetzbildet einen weiteren Themenbereichder Ausstellung. Einzelne Geschichten undObjekte zeigen die historischen Lebensweltenbehinderter Menschen: von derZwangsgemeinschaft in großen Anstaltsgruppenüber familienähnliche Kleingruppenstrukturenbis hin zur emanzipatorischenBehindertenbewegung seit den 60erJahren.Das Hygienemuseum wurde für die Ausstellungaufwändig umgebaut. Eine Schrägeim Eingangsbereich verschafft allen Besuchern– Gehenden, Rollstuhlfahrendenund Gehbehinderten – einen bequemenZugang. In den Innenräumen legten dieVeranstalter Wert auf Präsentationen ohneBarrieren: Infoterminals mit tastbaren Plänensowie taktile Bodenleitsysteme ermöglichenblinden und sehbehinderten Besucherndie räumliche Orientierung; Audioführungenstehen sehbehinderten undschwerhörigen Besucher, Textführungenden gehörlosen Gästen zur Verfügung.Texteund Ausführungen existieren auch inleicht verständlicher Form für geistig behinderteBesucher. Unter http://www.imperfekt.debefindet sich eine behindertenfreundlicheInternetpräsentation, die überdie Ausstellungsinhalte und das begleitendesVeranstaltungsprogramm informiert sowieeinen virtuellen Kurzspaziergangdurch die Ausstellungsräume ermöglicht.Ursula HartungWIR1/2001WIR1/2001


34KuriosesDas große Reha-Spiel – Spülmaschine ausräumen!In unserem Reha-Spiel geht es auchdiesmal um den Haushalt. Es wird wiederein Problem mit verschiedenenLösungsmöglichkeiten vorgestellt. FindenSie eine richtige! Egal, ob Sie eineder vorgestellten Lösungen nehmenoder eine selbstgefundene:Auf jeden Fall sammeln Sie Punkte!Das Problem:Sie müssen die Spülmaschineausräumen!Aber: Sie sitzen in einem Handhebelwagenund haben also keineHand frei, um das Geschirr zumSchrank zu tragen! Was ist zu tun?1Sie schlagen eineartistische Übung vor?2Sie würden diese orthopädischen Hilfsmittelauf Brauchbarkeit überprüfen undbestens einsetzen? Schildern Sie uns, wieSie sich mit Rollator und Duschstuhl indiesem Fall helfen?3Sie würdenDienstpersonalbeauftragen?4 Was für ein Problem, denken Sie, ist doch ganz einfach! Dann schildern Sie uns Schritt für Schritt,wie Sie es machen würden! Wenn die Lösung praktikabel ist, gibt es dafür eine Menge Punkte!Wählen Sie also eine der Lösungen oder finden Sie noch bessere! Schicken Sie Ihre Lösung an dieWIR-Redaktion, Abteilung Weichselstraße 51, 12045 Berlin, Herrn Wolfgang Kröpsch.Auflösung des letzten Reha-Spiels – Waschtag!1Hier die von Herrn Winterentwickelte Lösung:243ZurWaschmaschinefahrenWäsche vor derWaschmaschine leerenDas klappt aber nurbei kleiner Wäsche.6 PunkteDas hat keinen Zweck!Davon kann IhnenHerr Winter ein Liedsingen!Leider0 PunkteDas könnte mühseligwerden und klappteher seltener.0,5 PunkteWäsche in dieMaschine stopfen10 PunkteWIR1/2001


WIR für SieAus dem Inhalt:• Interview mit MartinMarquard, Landesbeauftragterfür Behinderte• Epilepsie in der Familie• Eine Kurzreise nach BadBevensen• Für Sie – Ratgeber für behinderteMädchen und Frauen inBerlin• Reha.Komm Berlin 2000• Der neugewählte Heimbeiratdes <strong>Fürst</strong> <strong>Donnersmarck</strong>-HausesAus dem Inhalt:• Reha.Komm 2000• Expo Hannover• 120 Minuten bis Nepal• Macht die Türen auf zumAlltag• LIS Deutschland – Alles andereals Vereinsmeierei• Das neue Betreute Wohnen• Im Osten nichts Neues...• Immer muss ich an siedenken: die Villa• Abschied und Neubeginn• Unendliche WeitenAus dem Inhalt:•Evangelischer Kirchentag 2001• Angst als Thema•Gewalt gegenüberBehinderten?• Berliner Bezirksreform• Engagement für die eigenenRechte•Neue Telebusverordnung• Notruf per Handy• Die Paralympics 2000• Literatur: Klaus Hoffmann• Die Ausstellung „Der (im-)perfekte Mensch“✂Sie möchten regelmäßig die WIR lesen?Die WIR erscheint quartalsweise und wird Ihnen gerne kostenlos zugesandt. Bitte sendenSie uns den ausgefüllten Bestellcoupon oder faxen Sie eine Kopie an 030-76 97 00-30.Name . . . ............................Straße . . . ............................PLZ ...............................Ort ...............................❑❑Ich möchte gerne regelmäßig undkostenlos die WIR erhaltenIch interessiere mich für weiterekostenlose Informations- undVeranstaltungsangebote der <strong>Fürst</strong><strong>Donnersmarck</strong>-<strong>Stiftung</strong>An die<strong>Fürst</strong> <strong>Donnersmarck</strong>-<strong>Stiftung</strong>ÖffentlichkeitsarbeitDalandweg 1912167 Berlin (Steglitz)❑Ich brauche . ..... ( Exemplar(e)❑ der aktuellen <strong>Ausgabe</strong>❑ der <strong>Ausgabe</strong> 1/2000❑ der <strong>Ausgabe</strong> 2/2000❑ der <strong>Ausgabe</strong> …


Die <strong>Fürst</strong> <strong>Donnersmarck</strong>-<strong>Stiftung</strong> und ihre Teilbereiche:<strong>Fürst</strong> <strong>Donnersmarck</strong>-<strong>Stiftung</strong> zu BerlinDalandweg 19, 12167 Berlin (Steglitz)Tel: 0 30 / 76 97 00-0<strong>Fürst</strong> <strong>Donnersmarck</strong>-HausEv. RehabilitationszentrumWildkanzelweg 28, 13465 Berlin (Frohnau)Tel: 0 30 / 4 06 06-0Kleinheim am QuerschlagAm Querschlag 7, 13465 Berlin (Frohnau)Tel: 0 30 / 4 01 14 32Betreutes Wohnen /Wohn- und BetreuungsgemeinschaftenBabelsberger Str. 61, 10715 BerlinTel: 0 30 / 85 75 77 30Ambulanter DienstZeltinger Str. 24, 13465 Berlin (Frohnau)Tel: 0 30 / 40 60 58-0Freizeit, Bildung, Beratung„Villa <strong>Donnersmarck</strong>“Schädestr. 9-1314165 Berlin (Zehlendorf)Tel: 0 30 / 8 15 60 82„blisse 14“Blissestr. 14, 10713 Berlin (Wilmersdorf)Gruppenräume:Blissestr. 12/Ecke WilhelmsaueTel: 0 30 / 8 21 10 91/92Café blisse 14Blissestr. 1410713 Berlin (Wilmersdorf)Tel: 0 30 / 8 21 20 79Wohnanlage für BehinderteZeltinger Str. 24. 13465 Berlin (Frohnau)Tel: 0 30 / 4 01 30 28Gästehaus für KörperbehinderteAlter Mühlenweg 7, 29549 Bad BevensenTel: 0 58 21 / 9 59 -0Kontaktbüro in Berlin:Blissestr. 12, 10713 Berlin (Wilmersdorf)Tel: 0 30 / 8 21 11 29Haus Rheinsberg gGmbHLeonorenstr. 18-22b, 12247 Berlin (Lankwitz)Tel: 0 30 / 76 90 47 61/62FDS Gewerbebetriebsgesellschaft mbHAlbrechtsr. 60B, 12167 Berlin (Steglitz)Tel: 0 30 / 7 94 71 50Internet: www.fdst.deFÜRST DONNERSMARCK-STIFTUNG

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