KIRCHLICHES LEBEN 18e<strong>in</strong>fache Lieder gesungen. Helfer versuchten,die Besucherströme zu lenken, ausländischeGäste wurden besonders aufmerksam„bedient“. E<strong>in</strong>e junge Frausprach zu Beg<strong>in</strong>n e<strong>in</strong> langes Gebet, <strong>in</strong> dassie sich zunehmend und hörbar h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>steigerte,die Gläubigen antworteten wiederholtmit e<strong>in</strong>em Amen. Bibeltexte wurdengeme<strong>in</strong>sam rezitiert, die meistenBesucher hatten ihre Bibeln mitgebracht.Der Pfarrer trat nur zur Predigt <strong>in</strong> Ersche<strong>in</strong>ung,e<strong>in</strong>fach gekleidet, ohne Talar. E<strong>in</strong>Abendmahl war mir besonders e<strong>in</strong>drücklich:Die männlichen Chormitglieder teiltenE<strong>in</strong>zelkelche <strong>in</strong> den Reihen aus, <strong>in</strong>demsie sich zuvor mit E<strong>in</strong>malhandschuhenbewappnet hatten. Der Verdacht derE<strong>in</strong>flussnahme aus dem englisch-/amerikanischsprachigenRaum drängte sich mirauf, zumal es außer e<strong>in</strong>igen, trotz desSommers weihnachtlichen Ausschmückungenmit künstlichen Tannenzweigen,J<strong>in</strong>glebells und Eiskristallen kaum s<strong>in</strong>nlichesBeiwerk gab. Etwas versteckt h<strong>in</strong>terdem Altar war die Nationalfahne aufgestellt.E<strong>in</strong>e der beiden von mir besuchten Geme<strong>in</strong>denbot <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em kle<strong>in</strong>en <strong>Kirchen</strong>ladenzur Straße h<strong>in</strong> allerlei religiösenKitsch an. Das Geschäft sche<strong>in</strong>t sich zulohnen, der Laden war voll. Positiv gesehenist auch das Mission <strong>in</strong> dem durchden Kommunismus areligiös geprägtenLand. Christliche Symbole, vor allem dasKreuz mit und ohne Corpus, gibt es auch<strong>in</strong> Andenken- und <strong>in</strong> Schmucklädenüberall im Land. An e<strong>in</strong>er Kette um denHals getragen sah ich es bei Frauen wiebei Männern, ohne dass dieses den Charaktere<strong>in</strong>es modischen Accessoirs gehabthätte.Es gibt e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>zige theologische Hochschuleder Drei-Selbst-Kirche <strong>in</strong> Nanj<strong>in</strong>gsowie über das Land verstreut kle<strong>in</strong>ereSem<strong>in</strong>are zur kirchlichen Unterweisung.Auf e<strong>in</strong>en Studienplatz <strong>in</strong> Nanj<strong>in</strong>g kamenim letzten Jahr 300 Bewerber, die Kapazitätsoll bis zum Jahr 2010 auf das Dreifacheerhöht werden. Was ist da los <strong>in</strong>Ch<strong>in</strong>a?Die protestantische „patriotische Drei-Selbst-Bewegung“ wurde 1949 unter derBed<strong>in</strong>gung staatlich anerkannt, dass siesich selbst f<strong>in</strong>anziert, selbst verwaltet undselbst ihren theologischen Nachwuchsausbildet. Das bedeutet bis heute: Ke<strong>in</strong>erleiE<strong>in</strong>flußnahme mehr vom Ausland undAnerkennung des Primates des ch<strong>in</strong>esischenStaates, das heißt der KommunistischenPartei. Christen, die diese politischeNähe nicht akzeptieren, ziehen sich <strong>in</strong>den Untergrund zurück. Sie existieren alssogenannte Hauskirchen und versammelnsich <strong>in</strong> privaten Räumen oder illegal erbauten<strong>Kirchen</strong>.Mit der schrittweisen politischen Öffnunggebe es auch <strong>in</strong> diesem Bereich Lockerungen,heißt es. Ich habe mir sagen lassen,dass es Kontakte zwischen offiziellerund Untergrundkirche geben soll, sogarauch fließende Übergänge. Z.B. versorgedie offizielle Kirche die illegale mit Bibeln.Es gibt aber weiterh<strong>in</strong> staatlicheRepressionen, wie immer wieder e<strong>in</strong>mal<strong>in</strong> den Medien zu lesen ist, <strong>in</strong> welchemUmfang und Ausmaß ist mir persönlichverborgen geblieben. Den Kontakt zu e<strong>in</strong>erillegalen Gruppe habe ich nicht gesucht,da es nicht nur für mich riskantgewesen wäre, sondern vor allem für diech<strong>in</strong>esischen Brüder und Schwestern.Immer wieder e<strong>in</strong>mal ist von Verhaftungenohne rechtliche Verfahren zu lesen.So sollen erst im letzten Dezember währende<strong>in</strong>es Bibelsem<strong>in</strong>ars über 200 Pfarrerprotestantischer Hauskirchen von ch<strong>in</strong>esischenSicherheitskräften vorübergehendfestgenommen worden se<strong>in</strong>, e<strong>in</strong>igevon ihnen seien <strong>in</strong>haftiert worden.Im Vorfeld der Olympischen Spiele wirdansche<strong>in</strong>end verstärkt gegen alle diejenigenvorgegangen, die als potentielle Stö-
19 KIRCHLICHES LEBENrenfriede identifiziert s<strong>in</strong>d und dazu gehörenillegal agierende Angehörige e<strong>in</strong>erchristlichen Religionsgeme<strong>in</strong>schaft <strong>in</strong> besonderemMaße.Die wesentliche Botschaft der Drei-Selbst-Kirche, soweit ich sie gehört und <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<strong>in</strong> Ch<strong>in</strong>a frei käuflichen Buch gelesenhabe, ist die: Diene, wie Jesus es getanhat. Indem du den Menschen und demVolk dienst, kannst du am ehesten die LiebeGottes weitergeben.Als wesentlicher Grund für die rasanteZunahme von Christen <strong>in</strong> Ch<strong>in</strong>a ist dieSuche nach neuer Orientierung <strong>in</strong> Zeitenpolitischen und gesellschaftlichen Umbruchsanzusehen.Die traditionell engen familiären B<strong>in</strong>dungenlösen sich ganz allmählich auf; amehesten bietet wohl die christliche Geme<strong>in</strong>dee<strong>in</strong>e Alternative durch das Angebotgegenseitiger Hilfe und Geme<strong>in</strong>schaftuntere<strong>in</strong>ander, wie sie bislang nur <strong>in</strong> derFamilie üblich und möglich waren.Welche Chance tut sich da auf! Ich kommeaus dem Staunen nicht heraus.Vom Schwertkampfbis zur RübenernteMehr als 220 Sem<strong>in</strong>are, Freizeiten und Veranstaltungens<strong>in</strong>d im Jahresplan der <strong>Evangelische</strong>nJugend <strong>in</strong> Thür<strong>in</strong>gen (EJTh) enthalten.Neben der Arbeit mit christlichen Inhaltenund traditionellen Angeboten wie S<strong>in</strong>gen,Basteln und Spielen s<strong>in</strong>d für K<strong>in</strong>der solcheaußergewöhnlichen Projekte wieSchwertkampf, Bogenschießen, Pferdereiten,Hüttenbau oder Dreharbeiten im Programm.Jugendliche können unter anderem Stühlebauen, auf Felsen klettern, Rüben ernten oderim Iglu übernachten.Um K<strong>in</strong>dern und Jugendlichen aus Familienmit ger<strong>in</strong>gem E<strong>in</strong>kommen die Teilnahme zuermöglichen, werden e<strong>in</strong>ige Plätze kostenloszur Verfügung gestellt.Im Vergleich zum Vorjahr ist das Angebot fürjunge Erwachsene und Familien deutlichgesteigert. Erweitert wurde auch das Angebotvon „Abrufsem<strong>in</strong>aren“, die vor Ort stattf<strong>in</strong>denkönnen.Zu den 96 Freizeiten gehören zehn <strong>in</strong>ternationaleBegegnungen sowie zwei Treffen vonBeh<strong>in</strong>derten und Nichtbeh<strong>in</strong>derten. Auslandsreisenführen unter anderem nach Rumänien,F<strong>in</strong>nland, Frankreich, Israel undWeißrussland. Zu den 33 Events gehörenRockkonzerte, Kreisjugendtage, Jugendgottesdiensteund sportliche Veranstaltungen.Höhepunkt ist das zweite <strong>Evangelische</strong> Jugendcampunter dem Motto „be(f)reit“ vom4. bis 6. Juli im Kloster Volkenroda. Dazuwerden mehr als 1000 Teilnehmer erwartet.www.ekmd-onl<strong>in</strong>e.deÖkumenisches FriedensgebetDonnerstag 17 UhrLorenzkirche Anger / Ecke Pilse