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37. SPES VIVA-Zeitung

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Ulf Nilsson / Eva Eriksson:„Die besten Beerdigungen der Welt“, M oritz VerlagISBN 978 - 3895651748Fast schon einen Klassiker möchte man dieses Buch (erschienen 2006)nennen. Noch immer haben die meisten Erwachsenen große Scheudavor, Kinder mit dem Thema „Tod“ zu konfrontieren. Und doch istim Leben der meisten Kinder plötzlich der Zeitpunkt gekommen, sichdamit auseinanderzusetzen: Oma und Opa leben schließlich nichtewig!Wir wissen inzwischen gut, dass Kinder dem Tod im Allgemeinen unverkrampftbegegnen. Anders als Erwachsene sind sie meist nichtvon Konventionen geprägt.Diese Wissen nutzt das wunderbare Buch über „Die besten Beerdigungender Welt“, indem es das spielerische Unternehmen der „BeerdigungenAG“ der drei kindlichen Protagonisten, einem Unternehmenzur Bestattung toter Tiere, mit Ritualen und Emotionen aus der Weltdes menschlichen Todes verknüpft. Auf leichte und humorvolleWeise bringt es Kindern die großen Fragen des Lebens nahe: Wokommen wir her? Wer sind wir? Wo gehen wir hin?Dafür, dass gar nicht erst das Schwere, Dumpfe sich beim Vorleseneinnisten kann, sorgt schon allein der letzte Satz des empfehlenswertenBuches: „Am nächsten Tag machen wir dann etwas ganz anderes.“Tamara Bos + Annemarie van Haeringen:“Papa, hörst du mich?”Verlag Freies Geistesleben, 2013ISBN 978 – 3 – 7725 – 2516 – 2Es ist gut, dass Kinderbücher zum Thema Tod und Sterben immer häufigererscheinen und damit Kindern und Erwachsenen Hilfen gegebenwerden, sich mit Verlust, Trauer und Verlassensein auseinanderzusetzen.Selten ist das so gut gelungen wie in dem Buch von Tamara Bosund Annemarie van Haeringen: „Papa, hörst du mich?“Der kleine Polle, 7 Jahre alt, sitzt neben dem Bett seines toten Vatersund erzählt ihm einfach, was so in den letzten Tagen los ist im Haus:dass so viele Menschen kommen, um bei den Beerdigungsvorbereitungenzu helfen, wie die Mama und der große Bruder plötzlich so anderssind, wie die Oma einfach nur stumm dasitzt. Und Polle weiß genau,dass der Papa ihn versteht, so wie er ihn immer verstanden hat undihm immer alles erklärt hat: wie das war mit seiner Krankheit, so ähnlichwie beim Stratego-Spiel, wo die fiesen kleinen Soldaten alles kaputtmachenund die M edizin gegen sie kämpft und wie das immerhin- und herging und wie schließlich die fiesen Soldaten gewonnenhaben.Diese Idee nimmt die Illustratorin A. van Haeringen auf: mit nur zweiFarben und leichten Pinselstrichen zeichnet sie die Zeit der Familie inKrankheit und Tod des Vaters.„Denn du bleibst immer mein Papa“, sagt Polle zum Schluss. „Und ichweiß, dass du mich hörst.“Ein tröstliches Buch, das dennoch dem Schweren nicht ausweicht.Als bestes illustriertes Kinderbuch wurde es 2012 in den Niederlandenausgezeichnet.H.-Jürgen HomuthRichy versuchte sich auf dem großen Stadtparkfriedhof zu orientieren.Gut 10 Jahre war es her, seit sein Vater verstorben undhier beerdigt worden war. Er erinnerte sich an einen großen steinernenEngel mit einem Lorbeerkranz in der Hand, der an einerWegekreuzung zwischen hohen Bäumen stand und von dem esrechts ab zum Grab des Vaters ging. War es weiter vorne odermehr zur Seite, wo die Kapelle stand - Richy drehte sich um dieeigene Achse und sah sich nach markanten Punkten um.Er las Grabinschriften, wollte sich erinnern - nach gut zwanzigMinuten merkte er, dass sein Unterfangen wohl scheitern würde.Die Erinnerung trog. Plötzlich fiel ihm ein, dass er von derGrabstätte aus die Spitze der Johanneskirche gesehen hatte, alsoRichtung Südwesten. Im Versuch, sich etwas zu erhöhen umden Blick auf die Kirchenspitze besser zu erhaschen, stieg er aufeine Ballustrade an einem pompösen Brunnen auf dem Friedhofsgelände.Er sah drei Kirchturmspitzen, eine völlig eingerüstetund von daher nicht zu identifizieren. Seit 35 Jahren war er nichtmehr in der Stadt zu Hause. Zur Beerdigung seines Vaters warer nur vier Stunden da - Bahnhof, Taxi, Friedhofskapelle, Gastwirtschaftmit dem Rest der Verwandtschaft und früheren Nachbarn,Taxi und zurück nach Salzburg. Nun hatte er mal wiederberuflich in der Stadt zu tun und irgendwie überkam es ihn, ineiner freien Zeit den Friedhof zu besuchen. Viele Gedanken zogenvor seinem geistigen Auge vorbei, bildeten kurze Sequenzenab und lösten sich wieder auf. Er sah seinen Vater, der ihn harterzogen hatte, seine Mutter, die sich oft hinter ihrer starrenMimik zurückgezogen hatte, seine Großmutter, die mit im elterlichenHause wohnte und ihm schon mal den einen oder anderenGroschen zugesteckt hatte. Richy las Namen auf Grabsteinen,die er, bis auf wenige Ausnahmen, nicht zuordnen konnte. Zeitwar vergangen und Bindungen hatten sich gelöst. Dennoch spürteer ein merkwürdiges Gefühl von Heimat. Heimat, hier auf demgroßen, fast unüberschaubaren Friedhof? Irgendwie schon, dachteer und ging jetzt mit forciertem Schritt den mit weißem Kiesbedeckten Weg weiter. Plötzlich stockte er. Auf einem Grabmalstand Richard Blumberg. Sein Name. Richy heißt eigentlichRichard und mit Hausnamen Blumberg. Diesen dort verewigtenRichard Blumberg kannte er nicht. Der war auch einer anderenGeneration zugehörig, aber dennoch fasste es ihn an. Er versuchtesich zu erinnern, Blumberg, Blumberg, da gab es eine Linieväterlicherseits, die aber in ihrem früheren Familienleben nurganz wenig berührt worden war. Jetzt war er hier, um das Grabseines Vaters zu besuchen und findet, zumindest namentlich,sein eigenes... Sein Blick zur Uhr mahnte ihn, den nachmittäglichenTermin nicht zu verpassen und er merkte erst jetzt, dasser auf dem großen Gelände schon viel zu viel Zeit verbracht hatte.Er sandte ein Stoßgebet in den sich bewölkenden Himmelund hoffte, dass sein Vater ihm sein Umkehren verzeihen würde.Auf einem Friedhof in Zeitnot - Richy fühlte sich unwohl undfreute sich dennoch über anstehende Aktivitäten; denn nachdemer seinen Namen auf einem Grabstein sah, hoffte er sehnsuchtsvolldarauf, noch lange nicht einen wirklich eigenen Stein übersich zu wissen...

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