102life & stylepassbook:Das iPhoneals digitaleBrieftascheDie mit iOS 6 eingeführte „Passbook“-Appsoll digitalen Eintrittskarten, Gutscheinen,Reise- Tickets und Bonus-Karten einZuhause bieten. Inzwischen nutzen auchin Deutschland immer mehr Firmen diepraktische iPhone-Funktion.Text: Sebastian SchackKreditkartein PassbookPassbook als universellesZahlungsmittel, zumBeispiel in Form einervirtuellen Kreditkarte,ist derzeit noch schwervorstellbar. Die Sicherheitsstandardsdesaktuellen Plastikgeldssind zwar nicht allzuhoch, die von digitalenKarten wären allerdingsnoch niedriger. Alleinschon, weil sie leichterzu kopieren sind undein zweites Sicherheitsmerkmalwie der üblichezusätzliche Chipfehlt. Eventuell könnteeine Kombination ausPassbook und NFCdiese Lücke schließen.Heutzutage sind die Brieftaschen vollvon diversen Plastik- und Pappkarten.Neben den unvermeidlichenEC- und Kreditkarten, Führerscheinund Personalausweis finden sichdort unzählige weitere Begleiter inKartenform: Kunden- und Rabattkarten für Cafésund Supermärkte, Konzert- und Theater-Tickets,der Mitgliedsausweis vom Fitnessstudio, dieMonatskarte für Bus oder Bahn und, und, und …Genau hier setzt Apple mit Passbook an: Dieneue App, seit iOS 6 integraler Bestandteil desMobilbetriebssystems für iPhone und iPad, kanndie meisten solcher Karten zentral verwalten undsoll sie – wenn es nach Apple geht – langfristigsogar digital ersetzen.In die App gelangen können die Karten übermehrere Wege: Viele Firmen, die ohnehin schonmit eigenen Apps arbeiten, lassen die Passbook-Karten einfach durch ihre Programme generieren.Aber auch der Weg über E-Mail oder als direkterDownload ist möglich.Viele dieser Karten werden Sie, anders alsin Ihrer Brieftasche, auch nicht extra in der Passbook-Appsuchen müssen. Das ausgebende Unternehmenkann für jede Karte ein Datum und einenbestimmten Ort festlegen. Dann erscheint etwaauf dem Sperrbildschirm des iPhones automatischdie Eintrittskarte, sobald Sie vor dem Kino stehen,oder das Flugticket, wenn Sie vor dem Abflug-Terminaleintreffen.Darüber hinaus können die Firmen ein bereitsin Passbook hinterlegtes Ticket mit Aktualisierungenversorgen. Das ist zum Beispiel bei kurzfristigenFlugsteigänderungen sehr komfortabel oderbei Gutscheinen, deren Wert beim Einkauf nichtaufgebraucht wurde.Wachsende AkzeptanzIn den USA erfreut sich Passbook bereits breiterAkzeptanz. Über den Dienstleister Fandango etwakönnen Eintrittskarten für zahlreiche Kinos im ganzenLand gekauft werden. Für die meisten Spieleder Major League Baseball lassen sich ebenfallsPassbook-Tickets erwerben. Hierzulande ist einevergleichbare Verbreitung noch weit entfernt. Aberauch immer mehr deutsche Firmen springen aufden Passbook-Zug auf. Derzeit wird noch viel experimentiert,beispielsweise mit Hotel-Buchungsbestätigungen,Rabattmarken und Gutscheinen.Einer der Passbook-Pioniere auf dem deutschenMarkt war die Lufthansa. Seit dem Startvon iOS 6 lassen sich die beim Online-Check-inper E-Mail zugesandten PDF-Tickets mit QR-Codezusätzlich auch in Passbook übertragen. Sicherheitshalberwird der herkömmliche E-Mail-Versandnoch beibehalten.Weitere Beispiele: Der Kinoriese Cinemaxxermöglicht es seinen Kunden, die über die firmeneigeneiOS-App gekaufte Eintrittskarten direkt nachPassbook zu exportieren. Und die RestaurantketteVapiano stellt seine Mitgliedskarten seit Neuestemin Passbook bereit. Darüber kann man nicht nur beijedem Besuch Punkte sammeln, sondern auch dasEssen bezahlen. Einen ähnlichen Service bietet Star-februar <strong>2013</strong> maclife.de
Das iPhone als digitale Brieftasche103PASSKITPassbook-Kartenselbst erstellenDie Zahl der Unternehmen, die Passbook-Kartenanbieten, ist in Deutschland noch recht überschaubar.Wollen Sie die zahlreichen Funktionenvon Passbook jetzt schon ausprobieren? Dannerstellen Sie sich doch einfach eigene Passbook-Karten. Inzwischen gibt es im Internet bereitseine Vielzahl von Passbook-Anbietern mit verschiedenenServices. Bei passkit.com zum Beispielkönnen Sie sich nach Belieben austoben. Der„Designer“ ist zwar bislang nur in englischer Spracheverfügbar, allerdings nahezu selbsterklärend.Bis zu zehn Karten dürfen Sie umsonst erstellen.Wenn Ihnen das nicht ausreicht, werden mindestens10 US-Dollar pro Monat fällig. Das kleinsteder monatlich kündbaren Pakete umfasst jedochbereits 100 Pässe. Als experimentierfreudigerMensch kann man sich für nicht einmal 10 Eurodurchaus den Spaß gönnen, zur nächsten Partymit einer Passbook-Karte einzuladen.angesichts des zu erwartenden Gesamtvolumensbereits lukrativ sein. Der Einstieg in diesen „mobilepayment“ genannten Bereich wird in Cupertinosicherlich schon lange geprüft. Es wäre ein weiterervöllig neuer Markt für Apple. Und Expertensehen im Markt der mobilen Bezahlsystemedurchaus noch Platz für einen großen Anbieter miteinfachen Lösungen.Derzeit müssen Passbook-Karten mit Bezahlfunktiondaher vor dem Einkauf mit einem Guthabenaufgeladen werden. Das passiert über dieApp oder Webseite des Kartenausgebers. Das istumständlich und limitiert unter Umständen dasEinkaufserlebnis.NFC-KonkurrentPassbook ist Apples Gegenentwurf zur NFC-Technologie (Near Field Communication). Dies isteine Funkvariante für kurze Strecken bis zehnZentimeter, die auf RFID (Radio-Frequency Identification)basiert, die bereits seit Längerem etwazur Warenidentifikation und -sicherung eingesetztwird. NFC-Chips sollen das kontaktlose Bezahlenmit Mobilgeräten ermöglichen und werden nebeneinigen Geld- und Kreditkarten bereits in vielenAndroid-Telefonen eingebaut.Bis zum Mobiltelefon als Geldbörse ist esjedoch ein weiter Weg. Grundsätzlich könntePassbook alle NFC-Anwendungsfälle abdecken.Und das ohne deren Problemfelder: Die NFC-Funktechnik bietet theoretisch einen zusätzlichenAngriffspunkt, über den Kriminelle das Smartphonemanipulieren können, wenn sie im richtigenMoment dicht genug herankommen. Schwererwiegt jedoch der Umstand, dass an allen Zahlstellenneue Technik installiert werden muss, um dasZahlen oder Einlösen von Rabattkarten via NFC-Funk zu ermöglichen.Hier punktet Apple: Um Passbook-Karten auszulesen,wird lediglich ein Scanner benötigt, der inder Lage ist, eines von drei zur Auswahl stehendenCode-Formaten zu erkennen, etwa Strich- undQR-Codes. Diese Technik ist grundsätzlich an jederKasse bereits im Einsatz.Außerdem ist für Passbook auch auf derKundenseite praktisch keine neue Technik nötig.Die Apple-App funktioniert im Verbund mit iOS abVersion 6 auf allen Apple-Geräten seit dem iPhone3GS, also auf allen Modellen seit dem Sommer2009. Und mit „PassWallet“ steht auch eine kostenloseApp für Android zur Verfügung, die Kartenim Passbook-Format verwalten kann. Für NFC hingegenist ein eigener Chip nötig, der nicht einmal inallen neuen Android-Geräten zum Einsatz kommt.FazitDas bisherige Engagement von – derzeit nochvorrangig größeren – Firmen zeigt, dass Apple mitPassbook ein vielversprechender Ansatz gelungenist. Wie mit vielen technischen Neuerungen wirdes in Deutschland sicherlich etwas länger dauern,bis man von einer flächendeckenden Verwendungsprechen kann. Nutzen und Mehrwert sind jedochnicht zu übersehen.Abzuwarten bleibt, ob Apple weiterhin lediglichAnbieter der Technik bleiben will oder dieBezahlfunktionalität der Apple-ID auch in diesenBereich ausweiten wird. bucks bereits in den USA an und will diesen in diesemJahr auch auf den deutschen Markt ausweiten.Die Grenzen von PassbookObwohl man mit Passbook-Karten grundsätzlichauch bezahlen kann, hält Apple anders als zumBeispiel im App Store dafür keine Infrastrukturbereit. Natürlich: Die in seinen Online-Stores üblicheAufteilung von 70 Prozent des Umsatzes fürden Anbieter und 30 Prozent für sich selbst könntedas Unternehmen in diesem Bereich ohnehin nichtdurchsetzen. Die Lufthansa wäre kaum bereit,Apple mit 30 Prozent am Verkaufspreis ihrerTickets zu beteiligen, ebenso wenig würden Kundeneinen entsprechenden Aufschlag akzeptieren.Apple müsste sich hier eher in den niedrigeneinstelligen Prozentbereich begeben, wie es andereFinanzdienstleister auch tun. Für das Unternehmenselbst dürfte aber auch ein kleiner Prozentsatzder über Passbook generierten UmsätzeLinks Lufthansa setztvoll auf Apples neueTechnologie und stelltTickets auf Wunsch alsPassbook-Karte aus.Im Selbsttest hat dieshervorragend geklappt.Rechts Passbook-Unterstützung auch beider RestaurantketteVapiano: Kunden könnenso Punkte sammelnund bezahlen.maclife.de februar <strong>2013</strong>