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Seneca, Brief XVI - ave caesar

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<strong>Seneca</strong>, <strong>Brief</strong> 16Larissa, Viktoria, Anne<strong>Seneca</strong>, <strong>Brief</strong> <strong>XVI</strong>Lateinischer Text:[1] Liquere hoc tibi, Lucili, scio, neminem posse beate vivere, ne tolerabiliter quidem, sinesapientiae studio, et beatam vitam perfecta sapientia effici, ceterum tolerabilem etiam inchoata.Sed hoc quod liquet firmandum et altius cotidiana meditatione figendum est: plus operis estin eo ut proposita custodias quam ut honesta proponas. Perseverandum est et assiduo studiorobur addendum, donec bona mens sit quod bona voluntas est.[2] Itaque - non opus est - tibi apud me pluribus verbis aut affirmatione tam longa: intellegomultum te profecisse. Quae scribis unde veniant scio; non sunt ficta nec colorata. Dicam tamenquid sentiam: iam de te spem habeo, nondum fiduciam. Tu quoque idem facias volo: non estquod tibi cito et facile credas. Excute te et varie scrutare et observa; illud ante omnia vide,utrum in philosophia an in ipsa vita profeceris.[3] Non est philosophia populare artificium nec ostentationi paratum; non in verbis sed inrebus est. Nec in hoc adhibetur, ut cum aliqua oblectatione consumatur dies, ut dematur otionausia: animum format et fabricat, vitam disponit, actiones regit, agenda et omittendademonstrat, sedet ad gubernaculum et per ancipitia fluctuantium derigit cursum. Sine hac nemointrepide potest vivere, nemo secure; innumerabilia accidunt singulis horis quae consiliumexigant, quod ab hac petendum est.[4] Dicet aliquis, 'quid mihi prodest philosophia, si fatum est? quid prodest, si deus rector est?quid prodest, si casus imperat? Nam et mutari certa non possunt et nihil praeparari potestadversus incerta, sed aut consilium meum occupavit deus decrevitque quid facerem, aut consiliomeo nihil fortuna permittit.'[5] Quidquid est ex his, Lucili, vel si omnia haec sunt, philosophandum est; sive nos inexorabililege fata constringunt, sive arbiter deus universi cuncta disposuit, sive casus res humanas sineordine impellit et iactat, philosophia nos tueri debet. Haec adhortabitur ut deo libenterpareamus, ut fortunae contumaciter; haec docebit ut deum sequaris, feras casum.[6] Sed non est nunc in hanc disputationem transeundum, quid sit iuris nostri si providentia inimperio est, aut si fatorum series illigatos trahit, aut si repentina ac subita dominantur: illo nuncrevertor, ut te moneam et exhorter ne patiaris impetum animi tui delabi et refrigescere.Contine illum et constitue, ut habitus animi fiat quod est impetus.


<strong>Seneca</strong>, <strong>Brief</strong> 16Larissa, Viktoria, AnneÜbersetzung :[1] Ich weiß, Lucilius, dass dir dieses klar ist, dass niemand glücklich leben kann und sicherlichnicht erträglicher, ohne das Studium der Weisheit, und ich habe durch vollendete Weisheit dasgute Leben hervorgebracht, durch angefangene (Weisheit) sicher auch ein erträgliches. Aberdieses, das klar ist, muss gestärkt werden und durch tägliche Übungen besser eingeprägt werden:Mehr des Werkes ist in diesem, dass du die vorgenommenen Dinge bewachst, und genauso, dassdu dir die ehrlichen Dinge vornimmst. Es ist fortzusetzen und durch fleißige Arbeit Krafthinzuzufügen, während der der gute Geist sei, was der gute Wille ist.[2] Deshalb ist es dir bei mir nicht nötig durch viele Worte oder so langen Beteuerungen: Icherkenne, dass du viel vorankommst. Ich weiß, woher sie kommen, die du schreibst; Sie sindweder erdacht, noch geschminkt. Ich werde die dennoch sagen, was ich empfinde: Ich habeschon Hoffnungen über dich, aber noch kein Vertrauen. Auch du wirst dieses tun, was ichmöchte: Es ist nichts, welches du dir leicht und sicher glauben sollst. Untersuche dich genau underforsche dich auf verschiedene Weisen und beobachte; Siehe jenes vor allem, ob du in derPhilosophie oder im Leben selbst voranschreiten wirst.[3] Die Philosophie ist kein volkstümliches Handwerk und nicht erworben, um damit zu prahlen;nicht in Worten, sonder in Taten ist sie. Und sie wird in diesem nicht gebraucht, damit der Tagdurch irgendeine angenehme Unterhaltung verschwendet wird, damit Langeweile durch freie Zeitweggenommen wird : Sie gestalten und formt den Geist, ordnet das Leben, lenkt Handlungen,zeigt die zu tuenden, und die zu unterlassenden Dinge, sie sitzt am Steuerruder und lenkt dieBahn der durch gefährliche Situationen Treibenden. Ohne diese kann niemand unerschrockenleben, kann niemand sicher leben; Unzähliges ereignet sich in einzelnen Stunden, das einen Raterfordert, der ihr zu verlangen ist.[4] Irgendjemand mag sagen: „Was nützt mir die Philosophie, wenn es Schicksal gibt? Was nütztsie, wenn Gott der Lenker ist? Was nützt sie, wenn der Zufall herrscht? Die gewissen (Dinge)können nämlich auch nicht verändert werden und nichts kann vorbereitet werden in Anbetrachtder Ungewissen, sondern entweder nimmt Gott meine Planung ein und entscheidet was passiert,oder das Glück überlässt nichts meinem Plan.“[5] Was alles von diesem zutrifft, Lucilius, oder ob sogar alles von diesem zutrifft, (darüber) ist zuphilosophieren. Sei es, dass uns unerbittlich mit Gesetzten die Schicksale fesseln, sei es, dass Gottder Schiedsrichter alles des Gesamten geordnet hat, sei es, dass der Zufall die menschlichenSachen ohne Ordnung anstößt und schleudert, die Philosophie muss uns schützen. Diese mahntan, dass wir dem Gott gern, dass wir dem Glück trotzig gehorchen. Diese lehrt, dass du denZufall erträgst, wenn du Gott folgst.[6] Aber es soll nun nicht in diese Erörterung übergegangen werden, was in unserer Macht steht,wenn die göttliche Vorsehung den Befehl innehat oder wenn der Gang des Schicksals dieGefesselten mit sich zeiht oder wenn das Unvermutete und Plötzliche herrscht. Zu jenem kehreich nun zurück, dass ich dich ermahne und auffordere, dass der Schwung deines Geistes erlahmeund erkalte. Halte jenen fest und beschließe, dass der Zustand deines Geistes jenes sei, wasSchwung ist!Aufgaben:1. Welche Vorraussetzungen führen laut <strong>Seneca</strong> zur vita beata?2. Vergleiche diese Darstellungen (Vor allem Absatz 1) mit denen der alten Stoa (Vgl. S.9/ S.87)!

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