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16 <strong>WPK</strong>-QuarterlyII/2013Schokolade macht schlankMurks aus der Feder von Kollegen oder von Wissenschaftlern ist nicht selten.Soll man das korrigieren oder ignorieren? Ein StandpunktVon Alexander MäderDas sei ein schwarzer Tag für denWissenschaftsjournalismus gewesen,schrieb der Statistiker Gerd Antes ineiner Rundmail. Der Fall liegt schonanderthalb Jahre zurück, doch er eignetsich so gut wie andere, um zu fragen,ob der Journalismus nicht manchmalstill halten sollte. Ende März 2012gab die University of California in SanDiego eine Pressemitteilung mit derÜberschrift „Regular Chocolate Eatersare Thinner“ heraus, die in Deutschlandhohe Wellen schlug. Nicht alle,aber doch viele Medien brachten dieNachricht mit einer Überschrift der Art„Schokolade macht schlank“ heraus.Das Netzwerk für Evidenzbasierte Medizinkritisierte das später in einer eigenenPressemitteilung: Journalistenhätten die Bürgerinnen und Bürger –unabsichtlich oder bewusst – in die Irregeführt.Die Studie ist im Journal „JAMAInternal Medicine“ (Band 172, Seiten519 – 521) erschienen und geht aufeine ordentliche Befragung zurück.Die Medizinerin Beatrice Golomb untersuchteigentlich die Wirkung vonStatinen, doch sie hatte in ihren Fragebögenzu den Lebensgewohnheitender rund 1000 Teilnehmer auch nachdem wöchentlichen Schokoladenkonsumgefragt. So war es möglich, denstatistischen Zusammenhang mit demBody Mass Index zu berechnen. Erist leicht negativ, das heißt: Wenn derBody Mass Index steigt, dann sinkttendenziell der Schokoladenkonsum.Der Einwand der Statistiker und Medizinerist aus Büchern und Journalisten-Fortbildungenbekannt: EineKorrelation reicht nicht aus, um einenkausalen Zusammenhang zu begründen– also in diesem Fall die Aussage,dass die Schokolade den Body MassIndex beeinflusst. Es könnte schließlichgenauso gut umgekehrt sein: Werdünn ist, isst häufiger Schokolade,gerade weil sie oder er glaubt, es sichleisten zu können. Der statistischeZusammenhang ist mit beiden Erklärungsansätzenvereinbar und belegtdaher keinen von ihnen. Die kausaleThese, dass Schokolade schlank mache,ist spekulativ.Journalisten haben die frisch veröffentlichteStudie nicht nach ihrerwissenschaftlichen Qualität für dieBerichterstattung ausgewählt, sondernweil sie eine Frage betrifft, dieviele umtreibt: Wie viel Schokoladeist gut für mich? Eine solche Auswahlist grundsätzlich berechtigt, weil sichJournalismus nicht an dem orientierensollte, was wissenschaftlich relevantist, sondern an dem, was aus der Wissenschaftfür sein Publikum relevantist. Doch in diesem Fall hätte man <strong>zum</strong>Ergebnis kommen müssen, dass dieStudie die Frage, wie viel Schokoladegut für einen ist, nicht beantwortet.Studien:Fehlinterpretationhochwillkommen?Nun kann man einwenden, dassBeatrice Golomb und ihre Hochschulewenig unternommen haben, um Journalistendarauf hinzuweisen, dass diekausale These spekulativ ist. Im Gegenteil:In einem Youtube-Video, dasdie Pressemitteilung ergänzt, sitzt BeatriceGolomb in einem Pralinengeschäftund erläutert dort die angeblich positivenWirkungen der Schokolade aufden Stoffwechsel. Man darf wohl unterstellen,dass es ihr ganz recht war, wiedie Studie von deutschen Journalistenaufgenommen worden ist. Ein Teil desProblems liegt also im Wissenschaftsbetrieb.Doch das hilft dem Journalismusnicht weiter, denn er muss aufpassen,dass er nicht in die Irre geleitet wird.Im Normalfall sollte es so laufen: Derkritische Journalist erkennt die Ein-

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