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II/2013<strong>WPK</strong>-Quarterly 17schränkungen der Studie und legt siezur Seite. Sie oder er überlegt vielleichtnoch, ob sich ein Beitrag <strong>zum</strong> Hypeder Pressearbeit lohnen würde. Aberdazu müsste es eine Universität in derNähe sein oder eine bekannte Autorin.Und dann schlägt die Studie doch sohohe Wellen, dass das Thema wiederaufkommt: Sollte sie oder er die Studiedoch noch aufgreifen, um sie richtig einzuordnen– und dabei die Berichte derKollegen zu relativieren oder zu korrigieren?Dann wären die Medienberichteder Anlass und nicht mehr die Studie.Ist das in Ordnung?Widerwille regt sich, denn dafür binich jedenfalls nicht Journalist geworden.Was gibt man als Berufsstand fürein Bild ab, wenn man sich mit den Berichtender Kollegen befasst statt mitdem echten Leben? Man vergeudetRessourcen für letztlich uninteressanteErgebnisse und bestätigt womöglichden Verdacht des Publikums, dassviele Journalisten unkritisch sind. Esmag zwar schwer zu ertragen sein, denkausalen Schluss „Schokolade machtschlank“ unkommentiert stehen zu lassen– und er war so oft zu hören undzu lesen, dass man befürchten musste,dass er hängen bleibt. Doch es wirdschon niemand so dumm gewesensein, nach Lektüre einer entsprechendenMeldung eine Schokoladendiätzu beginnen. Die Meldung hatte einenSchön-wär’s!-Klang und dürfte dasPublikum kaum über den Augenblickhinaus beschäftigt haben. Und selbstwenn: Wer sich tatsächlich ernsthaftgefragt hat, ob Schokolade schlankmacht, würde richtige Einordnungen imInternet rasch finden.Die Tücken derThemenwahlManche Journalisten werden sichhingegen über die Gelegenheit gefreuthaben, die Aussagekraft von Korrelationsstudienzu erläutern, denn einen gutenAnlass dazu hat man nicht oft. DasNetzwerk für Evidenzbasierte Medizinkritisiert zwar, dass immer wieder Korrelationsstudienfür kausale Schlüssemissbraucht würden, doch nur seltenwerden sie so stark verbreitet wie imFall der Schokoladenstudie. Die Themenauswahlder tagesaktuellen Medienunterscheidet sich in der Regel so deutlich,dass Studien eher selten übereinstimmendvon mehreren Medien ausgewähltwerden. Doch das mindert denWiderwillen nicht wirklich. Man steht voreinem Dilemma. Mein Publikum hat ausanderen Quellen von der Studie gehört,steht ihr möglicherweise skeptisch gegenüberund erwartet nun von mir eineEinordnung. Sich dem zu verweigern,wirkt so, als hätte man zu diesem Themanichts zu sagen. Deshalb fügt mansich womöglich zähneknirschend. Inanderen Ressorts mag das gang undgäbe sein. Aber das macht es für denWissenschaftsjournalismus nicht erstrebenswert.Denn Übereinstimmungin der Themenwahl ist nicht viel wert,wenn es keine gute Wahl ist.Die Alternative wäre mehr Mut <strong>zum</strong>Profil: Wofür steht mein Medium? Willich wissenschaftliche Erkenntnisse alsService aufbereiten, will ich beeindruckendeGeschichten erzählen oder willich aufklären und vor falschen Schlüssenwarnen? Nicht jedes Medium mussalle Aufgaben erfüllen, und deshalbmuss sich auch nicht jeder Journalistunter Druck fühlen, die Schokoladenstudieeinzuordnen. Für den einen sindforschungspolitische Entscheidungenwichtig, weil es um Geld geht, für anderestehen Expertisen zu politischenFragen im Vordergrund. Wieder anderesetzen auf gehobene Unterhaltung undzeigen die überraschenden Phänomeneder Tierwelt oder der Quantenweltauf. Und im großen Feld der Medizingibt es diejenigen, die den besten ärztlichenRat zusammentragen, und diejenigen,die sich mehr für die Grundlagenforschungund neue Medikamenteinteressieren, und diejenigen, die Fehlentwicklungenim Gesundheitssystemherausarbeiten. Die Relativierung derSchokoladenstudie ist nur für Medieninteressant, in denen regelmäßig Ernährungstippsgegeben werden oderwissenschaftstheoretische Reflexionbetrieben wird, denn nur bei ihnendürfte das Publikum eine Einordnungerwarten.Aber in der Regel erwarten Chefredakteurevon ihren Wissenschaftsressortsdas volle Programm. Und wenneine Meldung wie die über die Schokoladenstudieüberall auftaucht, dann giltdas als Beleg dafür, dass sie wichtig ist.Dann folgt die Frage: Warum haben wirnichts dazu gemacht? Doch diese Fragesollten Wissenschaftsjournalistenlernen, selbstbewusst zu beantworten.Hier könnte sich zeigen, wie ernst esein Medium mit dem oft geäußertenWunsch nach eigenen Geschichtenmeint: Traut es sich, gegen den journalistischenMainstream zu entscheidenund auf ein anderes Thema als dieSchokoladenstudie zu setzen?Orientierung durch dasScience Media Center?Das Science Media Center Deutschland(SMC), das die <strong>WPK</strong> mit Partnernaus Wirtschaft und Wissenschaft plant,könnte dabei helfen. Denn diese Einrichtungsoll Journalisten auch vor irreführenderBerichterstattung schützen.Bei der Schokoladenstudie könnte dasCenter <strong>zum</strong> Beispiel Experten bitten, dieAussagekraft der Studie einzuschätzen,und den Journalisten damit nahelegen,die Studie lieber zu ignorieren. Dochauch das SMC wird sich entscheidenmüssen, wie es seine Kapazitäten einteilt.Wäre seine Hilfe nicht wichtiger beiStudien, die schwieriger einzuschätzensind als die Korrelation zwischen BodyMass Index und Schokoladenkonsum?Bisher ist das SMC nur darauf festgelegtworden, seine Themen nach journalistischenGesichtspunkten auszuwählen.Es hat daher noch den Spielraum, dieZiele genauer zu bestimmen. }Alexander Mäderleitet das Wissenschaftsressortder StuttgarterZeitung.

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