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18 <strong>WPK</strong>-QuarterlyII/2013H5N1: Die biologische Forschung braucht neue RegelnDie Experimente mit den angeschärften Vogelgrippe-Viren H5N1 haben vor zwei Jahrenöffentlich für Aufsehen gesorgt. Sie beschäftigen Institutionen wie den DeutschenEthikrat nach wie vor. Dessen stellvertretenden Vorsitzenden haben wir gebeten,seine Haltung zur Einschränkung der Forschung darzulegen. Eine ExpertiseVon Wolf-Michael CatenhusenIm Jahr 2011 begannen zwei Forschergruppenin den USA und in denNiederlanden mit Arbeiten an einerneuen Variante des VogelgrippevirusH5N1. Ziel der breit diskutierten Versuchewar es, die Gefährlichkeit des Erregersdurch gezielte Mutation deutlichzu steigern. Die Forscher wollten verstehen,mittels welcher Eigenschaft derErreger durch die Luft zwischen Säugetierenübertragen werden kann. Beiden Experimenten im Hochsicherheitslaboratoriumsollten also in der Naturbisher nicht vorkommende, womöglichauch für Säugetiere hochansteckendeVarianten des Vogelgrippevirus H5N1erschaffen werden.Begründet wurden diese Experimentedamit, dass man Erkenntnisse überdie Struktur von Viren mit Pandemiepotentialbenötige. Auch stärker anwendungsbezogeneGründe wurden vorgebracht:So sollten die Versuche beider Entwicklung von Impfstoffen undÜberwachungsmethoden helfen. In denDiskussionen blieb schon der Beitragsolcher Projekte für den Erkenntnisgewinnin der Forschung umstritten. Auchder anwendungsbezogene Nutzen istumstritten: Einzelne Experten stellenden Sinn solcher Experimente für dieImpfstoffentwicklung in Frage. Sie verweisendarauf, dass etwa Beiträge derGenomsequenzierung einen ungleichrelevanteren Beitrag zur Entwicklungwirksamer Impfstoffe gegen neu auftretendeKrankheitserreger leisten.Grundsätzliche Bedenken werdenvor allem deshalb vorgebracht, weilsolche „optimierten“ Krankheitserregerbesonders gut als Waffe von Terroristenmissbraucht werden könnten – genaudas gilt auch für den gezielt optimiertenH5N1-Virus. Die Veröffentlichung derForschungsergebnisse, so die Kritik,könne eine Bauanleitung liefern, zu derweltweit „interessierte Kreise“ Zugangerhielten. Solche „Biosecurity“-Fragenbeschäftigen unsere Gesellschaftenverstärkt, seitdem Briefe mit gefährlichenBioagenzien wie Anthrax verschicktwurden. Unter dem Eindrucksolcher Attacken stellte die EU-Kommission2008 fest, dass „BiologischeWaffen vermutlich besonders attraktivfür Terroristen sind.“Das Dilemma Dual - UseBei den Experimenten in den Niederlandenund den USA geht es keinesfallsum die Herstellung biologischerWaffen, die durch die weltweite B-Waffen-Konventionverboten ist. Es gehtvielmehr um das Grundproblem derdoppelten Verwendung, dem „Dual-Usein der biologischen Forschung“. DasDilemma tritt immer dann auf, wenn imLabor Organismen mit toxischen oderpathogenen Eigenschaften entstehen.Bei solchen Experimenten stellt sichaus politischer Perspektive die folgendeFrage: Unterliegen Forschungsvorhabenan Krankheitserregern, Virenoder Bakterien, die auf bloßen Erkenntnisgewinnoder auf konkreten medizinischenNutzen abzielen, auch dann derForschungsfreiheit, wenn deren Ergebnissedirekt durch Dritte zur Herstellungvon „Biowaffen“ genutzt werden könnten?Dürfen solche Experimente derfreien Entscheidung des Wissenschaftlersüberlassen bleiben oder brauchtdie Wissenschaft Vorgaben für verantwortlichesHandeln? Wären solcheÜberlegungen mit der starken Stellungder Wissenschaftsfreiheit in unseremGrundgesetz vereinbar?Die Wissenschaftsfreiheit kann inDeutschland nur dann eingeschränktwerden, wenn sie in Konflikt mit konkurrierendenSchutzgütern der Verfassunggerät. Dazu zählen insbesondereder Schutz der Menschenwürde sowieder Schutz von Gesundheit und Lebenvon Menschen. Die Zahl der Schutzgüterwurde vor gut 10 Jahren durchdie Aufnahme des Tierschutzes unddes Umweltschutzes als Staatszieleim Grundgesetz ausgeweitet. Hinzukommt, dass die Verpflichtung desStaates mittlerweile nicht nur die Gefahrenabwehrumfasst, sondern auch dieRisikovorsorge. Beispielhaft für dieseErweiterung der Schutzpflichten ist eineEntscheidung des Bundesverfassungsgerichtsvom November 2010: Der Gesetzgeberhat danach „gleichermaßenden in Art. 20a GG enthaltenen Auftragzu beachten, auch in Verantwortung fürdie künftigen Generationen die natürlichenLebensgrundlagen zu schützen.Dieser Auftrag kann sowohl die Gefahrenabwehrals auch die Risikovorsorgegebieten. Zu den nach dieser Maßgabevon Art. 20a GG geschützten Umweltgüterngehören auch die Erhaltung derbiologischen Vielfalt und die Sicherungeines artgerechten Lebens bedrohterTier- und Pflanzenarten.“Die biologische Forschungbraucht neue MaßstäbeBraucht die biologische Forschungalso neue Regeln und Maßstäbe für

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