Auf dem Schanck-Haff - Demeter Luxemburg
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Gartenpraxis<br />
18<br />
Woher kommt das Saatgut in den<br />
bunten Tütchen?<br />
Beitrag von Lea Bonblet, Naturschutzberaterin, Haus vun der Natur<br />
Die meisten Hobbygärtner verlassen sich auf<br />
Saatgut aus bunten Tütchen, weil es recht<br />
sicher keimt und reiche Ernte bringt. Dies sind<br />
die Anforderungen der industriellen Gemüseproduktion:<br />
alle Pflanzen sollen gleich sein,<br />
leicht maschinell geerntet werden können<br />
und die Früchte in genormte Kisten passen.<br />
Aber haben im kleinen Gemüsegarten hinterm<br />
Haus gutschmeckende Früchte, Pflanzen,<br />
die an die örtlichen Bedingungen wie Klima,<br />
Boden und Nährstoffe angepasst sind und<br />
Saatgut das eben deshalb zuverlässig keimt,<br />
nicht größere Bedeutung?<br />
Durch die Nachzucht eigenen Saatguts<br />
kann man der Saatgutindustrie mit ihren<br />
F1-Hybriden und genmanipulierten Sorten<br />
trotzen. Bitte was?<br />
Vor 10.000 Jahren ließen sich umherziehende<br />
Jäger und Sammler nieder und wurden zu<br />
Ackerbauern und Viehzüchtern. Der Mensch<br />
kontrollierte, was wann wo wachsen sollte.<br />
Über Jahrtausende erwarben Landwirte<br />
Wissen über Auslese, Vermehrung und<br />
Veränderung von Pflanzen. Sie vermehrten<br />
ihr Saatgut selbst: Sie behielten am<br />
Ende der Anbausaison einen Teil ihrer<br />
Ernte zurück, um diesen in der nächsten<br />
Saison wieder auszusäen. Das nennt<br />
man Nachbau. So entwickelten sich viele,<br />
regionale, angepasste Sorten, denn was<br />
nicht schmeckte oder der Witterung nicht<br />
standhielt, wurde nicht weiter vermehrt.<br />
AGRI-KULTUR Juni 2011/ N°40<br />
Gregor Mendel fand im 18. Jahrhundert<br />
durch systematische Kreuzungsversuche<br />
mit Erbsen heraus, dass sich Eigenschaften<br />
von Pflanzen – wie zum Beispiel Form und<br />
Farbe – nach bestimmten Regeln vererben.<br />
Zuchtmethoden verfeinerten sich dadurch.<br />
Kreuzung verschiedener Sorten durch<br />
vom Menschen veranlasste Befruchtung<br />
(Kombinationszüchtung) brachte neue<br />
Sorten mit anderen Eigenschaften hervor.<br />
In den letzten 50 Jahren war das wichtigste<br />
bei der Züchtung ein möglichst hoher Ertrag.<br />
Sorten, die optimal an bestimmte regionale<br />
Lebensräume angepasst sind oder mit<br />
einzigartigem Geschmack und Aussehen<br />
wurden vernachlässigt. Gleichzeitig<br />
bzw. deshalb, entwickelte sich die<br />
Saatgutproduktion zu einer eigenständigen<br />
Industrie, die natürlich Wert auf gesicherten<br />
Profit legt.<br />
Sortenschutzgesetze schränken das Recht<br />
der Landwirte auf Nachbau deutlich ein. Für<br />
den Nachbau eingetragener Sorten müssen<br />
sie Lizenzgebühren an die Saatgutzüchter<br />
zahlen. Lediglich freie Sorten dürfen lizenzfrei<br />
vermehrt werden.<br />
Schlimmer ist jedoch, dass bei vielen Sorten<br />
ein Nachbau gar nicht mehr möglich ist, bzw.<br />
zu enormen Ernteausfällen führen kann.<br />
Denn die Saatgutindustrie verkauft zum<br />
Großteil sogenannte F1-Hybriden.<br />
Kreuzt man zwei Pflanzeneltern, die für<br />
ein bestimmtes Merkmal reinerbig sind,<br />
d.h. nur genau dieses Merkmal an Ihre<br />
Nachkommen vererben können, so tragen<br />
alle Pflanzen der nachfolgenden Generation<br />
beide Varianten dieses Merkmals. Diese<br />
F1-Pflanzen keimen, wachsen und blühen<br />
gleichmäßig und bilden zur gleichen Zeit<br />
Früchte, was die Ernte vereinfacht. So<br />
funktioniert es auch, dass genau 6 Salate<br />
in die vorgeformte Kiste passen.<br />
Sät man von diesen Pflanzen Saatgut<br />
aus, vermischt sich das Erbgut bei der<br />
Bestäubung neu und es können wieder<br />
alle möglichen Kombinationen des Gens<br />
auftreten, was zu völlig neuen und ungewollten<br />
Eigenschaften führen kann. Pflanzen<br />
aus Samen von F1-Hybriden lassen also<br />
keine erfolgreiche Ernte erwarten, daher ist<br />
man gezwungen jedes Jahr neues Saatgut<br />
zu kaufen.<br />
Genetisch veränderte Organismen werden im<br />
Labor hergestellt, in<strong>dem</strong> ganze Sequenzen<br />
fremden Erbguts in das Erbgut der Pflanze<br />
eingeschleust werden. Dies funktioniert<br />
auch zwischen ganz verschiedenen Arten:<br />
Gen-Mais zum Beispiel enthält Erbanlagen<br />
eines Bakteriums, das vor Maiszünsler<br />
schützt.<br />
Die Ausläufer und Gefahren genetischer<br />
Vermischung verschiedener Arten in<br />
freier Natur kann man nicht abschätzen,<br />
vorstellbar ist aber, was passieren könnte,