60385 Frankfurt - Förderung der Bewährungshilfe in Hessen eV

Weitere Magazine

Empfehlungen

Info

JAHRESBERICHT 2008 10 „…wir haben doch den ganzen Tag Theater…“ oder: gerade deshalb: „Theater muss sein!“ * Der Schrecken des Sicherheitsdienstleiters – ja des gesamten Vollzugpersonals – ist ein Aufeinandertreffen von größeren Gefangenengruppen. Hier entstehen mögliche Risiken im Vollzug, für die Sicherheit des Einzelnen und gar die der Gemeinschaft. Auch Gruppen von außen, die Kontakt zu den Gefangenen erhalten, bedingen mitunter das Denken im Vollzug: Wer kommt da herein und was wollen die? Wie verläuft die Zu- und Abführung? Welche Regeln müssen bedacht werden? Für Veranstaltungen von „Theater hinter Gittern“ ist in Rockenberg inzwischen eher eine engagierte Zusammenarbeit der Organisatoren, Helfer und der unterschiedlichen Dienstgruppen in der Anstalt feststellbar, statt des gedanklichen Verhinderns im Vorfeld. Vieles ist möglich durch persönliches Engagement, der gemeinsamen Begeisterung für den Event und vor allem mit dem kollegialen „Wir“ an der Sache. Bedienstete im Allgemeinen Vollzugsdienst, Ausbildungsmeister, Arbeitstherapeuten und Fachdienste wirken zusammen – über ihre eigentlichen Aufgaben hinaus. Dieses gemeinsame, zusätzliche Engagement für eine Sache verbindet über den Tag hinaus und verbessert die interdisziplinäre Zusammenarbeit. Es wirkt über die beteiligten Personen hinaus positiv in die Anstalt hinein. Hiervon profitiert die Gemeinschaft aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Die Aufführungen, die Events „fördern die positive Identifikation mit dem eigenen Arbeitsplatz“. Es „verbessert sich die Atmosphäre des Zusammenlebens und -arbeitens“ (Luther-Mosebach). Der Stellenwert der Veranstaltungen von „Theater hinter Gittern“ ist vielfältig. Sie sind unterhaltend, und das in einer Institution, die sicher in der ersten oberflächlichen Bemessung Außenstehender Unterhaltung verbieten und stattdessen eher Strafen sollte. Der Wert der kulturellen Darbietungen – Kleinkunst und Artistik ebenso wie Lesungen, Musik- und Theaterveranstaltungen – für die pädagogische Intervention, ist jedoch in ihrer Wirkung auf die Inhaftierten nicht zu unterschätzen. „Das Leben im Vollzug soll den allgemeinen Lebensverhältnissen soweit als möglich angeglichen werden“ und „im Vollzug der Freiheitsstrafe soll der Gefangene fähig werden, künftig in sozialer Verantwortung ein Leben ohne Straftaten zu führen“ so das Strafvollzugsgesetz. Es legitimiert mit der „Angleichung der Lebensverhältnisse“ die „Unterhaltung“ somit eindeutig. Die Unterhaltung entspricht den kulturellen Zielen und Wertevorstellungen sozialer Gemeinschaften und Staaten. Von der Unterhaltung leben eine Vielzahl berufstätiger Menschen – nebenbei auch in großen Wirtschaftszweigen – und das ganz legal. Ehemalige Gefangene, „die aus dem Labyrinth krimineller Wiederholungszwänge heraus und in ein straffreies Leben zurückgefunden haben“ berichten häufig von einem „Schlüsselerlebnis“, das „ihrem Leben eine andere Wendung“ gegeben hat (Götz Eisenberg). Peter Zingler beispielsweise kam zum Schreiben durch die Literaturgruppe in der JVA Dieburg und heute senden TV Sender seine mit genauer szenetypischer Beschreibung der einzelnen Charaktere verfilmten Drehbücher zu besten Sendezeiten. Eine Vielzahl von Teilnehmern wird während den Veranstaltungen der Reihe „Theater hinter Gittern“ im Gefängnis erreicht. Neben der Unterhaltung, der Abwechselung des Alltages, dem Verlassen des Haftraumes für eine gewisse Zeit und dem Zusammensein mit Anderen, also vielleicht dem oft genannten „Training im Sozialen Kontext“, können die Gefangenen an der Normalität des Alltäglichen positive Identifikationsprozesse durchleben. Defizite und Konflikte im sozialen Bereich verbessern sich ganz nebenbei durch die entstehende Atmosphäre des kulturellen Zusammenlebens. Die kulturelle Vielfalt der Angebote von „Theater hinter Gittern“ bietet jedem Teilnehmer eine sinnvoll gestaltete „Freizeit“ während der Haft. Die neben „Theater hinter Gittern“ stehenden vereinzelten weiteren Angebote (Pop- und klassische Konzerte sowie vereinzelte Workshops) sind auf das Engagement von Mitarbeitern und Externen begrenzt. Sie sind zusätzlich und ergänzend, da sie nicht wie „Theater hinter Gittern“ institutionalisiert sind. Das Interesse der Gefangenen an Unterhaltung, an Abwechselung und auch an Normalität im Gefängnis ist riesengroß. Die Musik- und Theaterveranstaltungen sprechen und rühren die Gefangenen in unterschiedlicher Weise an. Ablehnung und Zuspruch, vor allem spontane Beteiligung am Geschehen auf der Bühne, zeigen sich regelmäßig. Die meistens anschließend stattfindenden Gespräche mit Darstellern und Musikern – den „Stars“ – ermöglichen den Zuschauern neue Einblicke in die Vielfalt der kulturellen Ausdrucksmöglichkeiten. Musikveranstaltungen benötigen kein sprachliches Vermögen; sie gehen direkt „ins Blut“, indem sie Stimmungen transportieren. Theateraufführungen basieren in der Regel auf der deutschen Sprache. In der Auswahl der Stücke wird aber Wert auf eine verständliche Sprache gelegt, um den Zugang zu erleichtern. Das Projekt „Theater hinter Gittern“ ist Kriminalprävention im besten Sinne. Es transportiert Ausdrucksmöglichkeiten, Vielfalt und kulturelle Identität. Es verbessert das Zusammenleben der Gefangenen und fördert durch Erleben und Anregung ihre Kommunikation untereinander. Es entstehen auch neue, positive Anknüpfungspunkte zwischen Bediensteten und den Gefangenen. Kulturarbeit im Strafvollzug dient somit auch der Verbesserung der Kommunikationsfähigkeit der Insassen. Eine kultur- bzw. theaterpädagogische Einbettung der Veranstaltungen in Musik- und Theaterworkshops wäre natürlich eine sinnvolle Ergänzung, die seitens der Anstalten geleistet werden müsste. Workshops, die im Haushaltsbudget der JVA verankert sind, können Anknüpfungspunkte an das freizeit-pädagogische Kulturprogramm von „Theater hinter Gittern“ sein. Positive Fähigkeiten und Persönlichkeitsanteile werden durch künstlerische Projekte leichter geweckt und verstärken eine gesunde Identitätsentwicklung. Das Zutrauen in gute Eigenschaften wirkt sich stabilisierend auf die Entwicklung des Betreffenden aus. Peter Gebhard, Vorstandsmitglied der Förderung der Bewährungshilfe in Hessen e.V. * Thomas Luther-Mosebach: „Kulturelle Bildung im Jugendstrafvollzug“ * Götz Eisenberg: „Schlüsselerlebnisse“ * Werbeaufkleber Theater Mainz: „Theater muss sein“
TREFFPUNKT FRANKFURT Der „Treffpunkt“ im Frankfurter Stadtteil Bornheim ist ein Ort, der allen Menschen offen steht, die aus finanziellen oder sozialen Gründen nicht an kommerziellen Freizeitangeboten teilnehmen können oder wollen. Viele, die wegen Armut, Krankheiten oder ehemaliger Straffälligkeit am Rand der Gesellschaft stehen, haben keine Familie oder Freunde. Sie sind oft einsam und dankbar, für die Möglichkeit, Zeit in Gesellschaft zu verbringen. Wenn es dazu noch eine Mahlzeit gibt – umso besser. Die Räume des Treffpunkts sind an zwei Abenden in der Woche – dienstags und donnerstags – in der Zeit von 19 bis 22 Uhr geöffnet. Jeder Abend wird von einem oder zwei Ehrenamtlichen begleitet. Dieser ehrenamtliche Einsatz einer Gruppe von acht bis zehn engagierten Frauen und Männern gewährleistet die besondere Qualität des Angebots. Die Arbeit ist nicht problemorientiert, bietet keine pädagogischen Konzepte und drängt nicht auf Veränderung. Jeder kann so sein, wie er ist und darf dies auch bleiben – vorausgesetzt, er oder sie fügt sich soweit wie nötig in die Gemeinschaft der Besucherinnen und Besucher ein. Erwartet wird allerdings Mithilfe bei der Gestaltung der gemeinsamen Mahlzeit und beim Aufräumen und Geschirrspülen. Die Stärkung von sozialen Kompetenzen Ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Treffpunkts JAHRESBERICHT 2008 und eigener Initiative durch die Teilnahme an den gemeinsamen Abenden ist erwünscht. Der Treffpunkt wird an jedem Öffnungsabend von 20 bis 30 Menschen besucht. Für die Besucherinnen und Besucher ist die kostenlose, gemeinsame Mahlzeit ein wichtiger Teil jedes Abends. Meistens gibt es belegte Brote und Salat – manchmal auch etwas Warmes – mit Getränken (Kaffee, Tee, Limonade, Mineralwasser). Eine zuverlässige Belieferung durch die „Frankfurter Tafel e.V.“ mit Backwaren aus verschiedenen örtlichen Bäckereien leistet uns dabei große Unterstützung. Große Freude bereitet es den Besuchern, wenn in der Lieferung der „Tafel“ zusätzlich Nachspeisen wie Joghurtspeisen, Milchreis oder ab und zu ein warmes Essen enthalten sind. Daneben gibt es Gespräche, Spiele und Musik. Manche genießen auch einfach still die Gesellschaft anderer. Großen Zuspruch fanden im vergangenen Jahr die zusätzlichen Veranstaltungen. Im Januar und im April konnten dank 20 gespendeter Freikarten der Deutschen Bank zwei Spiele der Basketballmannschaft der „Deutsche Bank Skyliners Frankfurt“ besucht werden. Stimmungsvolle und interessante Begegnungen gegen Bamberg und Berlin begeisterten die 11
Seite 1 und 2: F örderung der Bewährungshilfe in
Seite 3 und 4: SEHR GEEHRTE LESERINNEN UND LESER,
Seite 5 und 6: EHRENAMTLICHE MITARBEIT IN DER BEW
Seite 7 und 8: Biologie und eine Drei in Deutsch.
Seite 9 und 10: THEATER HINTER GITTERN Inhaftierten
Seite 11: nehmerinnen und drei Tage Ohrensaus
Seite 15 und 16: KONFLIKTE LÖSEN OHNE GEWALT Dieses
Seite 17 und 18: Dr. Werner Päckert, Leiter der Jus
Seite 19 und 20: drei Jahren in Form einer Gruppenbe
Seite 21 und 22: sie könne jugendlichen und erwachs
Seite 23 und 24: FÖRDERUNG VON ANGEBOTEN DER BEWÄH
Seite 25 und 26: ÖFFENTLICHKEITSARBEIT UND VERNETZU
Seite 27 und 28: ANHANG Seite Organigramm 26 Leitbil
Seite 29 und 30: Leitbild des Vereins I. Der Verein
Seite 31 und 32: JAHRESBERICHT 2008 29
Seite 33 und 34: Presseartikel Frankfurter Rundschau
Seite 35 und 36: Presseartikel JAHRESBERICHT 2008 33
Seite 37 und 38: Presseartikel Hessisch-Niedersächs
Seite 39 und 40: � Wir würden uns freuen, auch Si

60385 Frankfurt - Förderung der Bewährungshilfe in Hessen eV

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Template löschen?

Als Template speichern?