60385 Frankfurt - Förderung der Bewährungshilfe in Hessen eV
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JAHRESBERICHT 2008<br />
erkennen, die nicht mehr aktiv im Berufsleben stehen und e<strong>in</strong>e<br />
s<strong>in</strong>nvolle Aufgabe suchen und f<strong>in</strong>den. Auch die Dauer <strong>der</strong><br />
Mitarbeit lässt e<strong>in</strong>e gesunde Mischung erkennen. Es gel<strong>in</strong>gt,<br />
Ehrenamtliche über Jahre für diese Aufgabe zu <strong>in</strong>teressieren,<br />
die so Erfahrungen sammeln und oftmals e<strong>in</strong> Vertrauensverhältnis<br />
zu „ihrer“ o<strong>der</strong> „ihrem“ Bewährungshelfer/<strong>in</strong> aufbauen<br />
können. Trotzdem können kont<strong>in</strong>uierlich auch neue ehrenamtliche<br />
Mitarbeiter gewonnen und e<strong>in</strong>gebunden werden. Die<br />
Gruppenzusammensetzung bleibt so dynamisch und läuft<br />
nicht Gefahr, abgeschlossene Zirkel zu bilden.<br />
Die beruflichen H<strong>in</strong>tergründe <strong>der</strong> Ehrenamtlichen umfassen<br />
e<strong>in</strong>e breite Palette von A wie Amtsleiter o<strong>der</strong> Anwaltsgehilf<strong>in</strong><br />
bis V wie Versicherungskaufmann o<strong>der</strong> Volkswirt<strong>in</strong>. Kle<strong>in</strong>e<br />
Schwerpunkte bilden nur Angehörige pädagogischer und<br />
juristischer Berufe. Weitere Gruppen s<strong>in</strong>d Studierende unterschiedlichster<br />
Fachrichtungen und Mitarbeiter, die nicht<br />
mehr im Berufsleben stehen.<br />
4<br />
Der an<strong>der</strong>e Weg…<br />
Über e<strong>in</strong> Praktikum bei <strong>der</strong><br />
<strong>Bewährungshilfe</strong> Marburg bekam<br />
ich Kontakt mit <strong>der</strong> „<strong>För<strong>der</strong>ung</strong><br />
<strong>der</strong> <strong>Bewährungshilfe</strong> <strong>in</strong><br />
<strong>Hessen</strong>“ und so zu me<strong>in</strong>er Betreuung<br />
e<strong>in</strong>es Jugendlichen.<br />
Als ich den Jugendlichen, welchen<br />
ich betreuen sollte, das<br />
erste Mal traf, war er gerade von<br />
<strong>der</strong> Jugendhilfe Leimbach* geflohen.<br />
Sehr reflektiert und zielsicher erklärte er se<strong>in</strong>em<br />
Bewährungshelfer <strong>in</strong> unserem geme<strong>in</strong>samen Gespräch,<br />
warum er geflohen war und was er nun machen wollte. Er<br />
hatte e<strong>in</strong>en Flyer von e<strong>in</strong>er Bildungse<strong>in</strong>richtung <strong>in</strong> Marburg<br />
mitgebracht, <strong>in</strong> <strong>der</strong> er se<strong>in</strong>en Hauptschulabschluss nachholen<br />
wollte. Während des Gesprächs fragte ich mich, ob ich<br />
vielleicht vorher falsch <strong>in</strong>formiert worden war. Der<br />
Jugendliche, über den ich <strong>in</strong>formiert war, hatte nämlich<br />
ke<strong>in</strong>erlei Interesse an e<strong>in</strong>em Abschluss und war über<br />
Drogen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e „Null-Bock-Haltung“ gerutscht. Zudem war<br />
er wegen gewalttätigen Handlungen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Öffentlichkeit<br />
angezeigt worden und durch e<strong>in</strong>en richterlichen Beschluss<br />
<strong>in</strong> Leimbach untergebracht worden. Unterstützung von se<strong>in</strong>en<br />
Eltern konnte <strong>der</strong> Jugendliche nur <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e völlig falsche<br />
Richtung bekommen.<br />
Der Bewährungshelfer fragte mich nach dem Term<strong>in</strong>, ob ich<br />
mir e<strong>in</strong>e Betreuung des Jugendlichen vorstellen könnte. Ich<br />
bejahte dies. Schnell wurde e<strong>in</strong> Anhörungsterm<strong>in</strong> bei dem<br />
zuständigen Richter vere<strong>in</strong>bart, <strong>der</strong> den Vorschlag <strong>der</strong> Betreuung<br />
unterstützte. Bei <strong>der</strong> Anhörung berücksichtigte <strong>der</strong><br />
Was motiviert Menschen sich gerade <strong>in</strong> diesem Arbeitsgebiet<br />
zu engagieren? In e<strong>in</strong>er Befragung nannten uns die Ehrenamtlichen<br />
ihre Beweggründe.<br />
Sie möchten<br />
� an<strong>der</strong>en helfen,<br />
� zum Wohlergehen <strong>der</strong> Gesellschaft beitragen,<br />
� Wissen und Erfahrungen weitergeben,<br />
� etwas für das eigene Leben lernen,<br />
� Nächstenliebe zeigen,<br />
� <strong>in</strong>teressante Menschen kennen lernen,<br />
� Freude durch die Tätigkeit erfahren.<br />
Genannt wurde auch <strong>der</strong> Wunsch, sich auf e<strong>in</strong>e berufliche<br />
Tätigkeit <strong>in</strong> diesem Bereich vorbereiten zu wollen o<strong>der</strong> generelles<br />
Interesse an Fragen <strong>der</strong> Krim<strong>in</strong>alität.<br />
Richter die Vorschläge des Jugendlichen. Es wurde geme<strong>in</strong>sam<br />
beschlossen, dass er die Chance bekommen sollte zu<br />
zeigen, dass er sich geän<strong>der</strong>t hat. Hierzu wurden e<strong>in</strong>ige<br />
richterliche Vere<strong>in</strong>barungen** getroffen, unter an<strong>der</strong>em<br />
auch, dass <strong>der</strong> Jugendliche und ich uns e<strong>in</strong>mal wöchentlich<br />
treffen, um Schwierigkeiten zu besprechen und<br />
geme<strong>in</strong>sam Probleme zu lösen. Des Weiteren sollte ich ihn<br />
zur Suchtberatung begleiten.<br />
Der Jugendliche g<strong>in</strong>g regelmäßig <strong>in</strong> die Schule, war bei<br />
unseren Treffen stets pünktlich und nahm diese regelmäßig<br />
wahr. Ich wurde zwar oft mit den Worten „Müssen wir uns<br />
eigentlich jede Woche treffen?“ begrüßt, aber dann erzählte<br />
er oft stundenlang: wie es ihm geht, was die Schule macht<br />
und was ihn bedrückt. Auch war er sehr daran <strong>in</strong>teressiert<br />
zu wissen, warum ich mich mit ihm abgab und das nicht<br />
e<strong>in</strong>mal für Geld.<br />
Kurz vor se<strong>in</strong>en Abschlussprüfungen kam es zu e<strong>in</strong>em<br />
Durchhänger des Jugendlichen. Er fehlte plötzlich ständig <strong>in</strong><br />
<strong>der</strong> Schule wegen Krankheit. Der Grund für se<strong>in</strong> Fehlen war<br />
aber se<strong>in</strong>e Kirchengeme<strong>in</strong>de. Von se<strong>in</strong>em starken Glauben<br />
angetrieben, wollte er ke<strong>in</strong>e Messe verpassen und fuhr<br />
immer wie<strong>der</strong> zu se<strong>in</strong>er Geme<strong>in</strong>de, die außerhalb Marburgs<br />
liegt. Selbst Gespräche mit dem Lehrer, dem Jugendlichen<br />
und mir brachten ke<strong>in</strong>e Besserung. Auf e<strong>in</strong>er Fortbildungsveranstaltung<br />
des Projekts Ehrenamtliche Mitarbeit <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
<strong>Bewährungshilfe</strong> wurde me<strong>in</strong> Fall durchgesprochen und ich<br />
g<strong>in</strong>g mit vielen Anregungen <strong>in</strong> me<strong>in</strong> nächstes Treffen mit<br />
ihm. Ich erreichte, dass er wie<strong>der</strong> regelmäßig zur Schule<br />
g<strong>in</strong>g. Vor se<strong>in</strong>en Prüfungen für den Hauptschulabschluss<br />
vertraute er mir se<strong>in</strong>en Plan an: Er wollte nur E<strong>in</strong>sen schreiben,<br />
damit er dann nicht <strong>in</strong>s Mündliche müsste. Se<strong>in</strong> Plan<br />
g<strong>in</strong>g fast auf. Er hatte e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>s <strong>in</strong> Mathe, e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>s <strong>in</strong>