60385 Frankfurt - Förderung der Bewährungshilfe in Hessen eV
60385 Frankfurt - Förderung der Bewährungshilfe in Hessen eV
60385 Frankfurt - Förderung der Bewährungshilfe in Hessen eV
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
JAHRESBERICHT 2008<br />
e<strong>in</strong>e generelle Entwicklung. Durch den Ausbau <strong>der</strong> ambulanten<br />
Nachsorge des Maßregelvollzugs seien die Probandenzahlen<br />
dort <strong>in</strong> den letzten Jahren stark angestiegen. Was im<br />
Bereich des Maßregelvollzugs möglich sei, sollte auch im<br />
Strafvollzug möglich se<strong>in</strong>. Es sei bedauerlich, dass die Justizhaushalte<br />
traditionell schlechter ausgestattet seien. Zudem<br />
werde zuwenig ressortübergreifend gedacht. E<strong>in</strong> weiteres<br />
Problem sei <strong>der</strong> Rückgang von Hafturlaub, Ausgang und offenem<br />
Vollzug. Sexualstraftäter würden <strong>in</strong> den Justizvollzugsanstalten<br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel nicht behandelt, nur etwa 10 % seien <strong>in</strong><br />
den Sozialtherapeutischen Anstalten untergebracht.<br />
Die F<strong>in</strong>anzierung <strong>der</strong> psychotherapeutische Ambulanz für<br />
Sexualstraftäter <strong>der</strong> <strong>Bewährungshilfe</strong> Stuttgart e.V. erfolge<br />
über e<strong>in</strong> Fondsmodell. Der Fonds „Psychotherapie und Bewährung<br />
Baden-Württemberg“ erhalte Zuwendungen <strong>der</strong><br />
Mitgliedsvere<strong>in</strong>e des Verbands Bewährungs- und Straffälligenhilfe<br />
Württemberg e.V. und des Badischen Landesverbands<br />
für Soziale Rechtspflege sowie Mittelzuweisungen durch das<br />
Justizm<strong>in</strong>isterium Baden-Württemberg. Abhängig von <strong>der</strong><br />
Zielgruppe bestünden drei „Töpfe“:<br />
• Für Probanden <strong>der</strong> <strong>Bewährungshilfe</strong>, die sich <strong>in</strong> Freiheit<br />
bef<strong>in</strong>den und selbst den Antrag auf F<strong>in</strong>anzierung e<strong>in</strong>er<br />
Therapie stellen;<br />
• Für Inhaftierte, die ke<strong>in</strong>e Aussicht auf Entlassung haben;<br />
• Für Sexualstraftäter, die sich zum Zeitpunkt <strong>der</strong> Antragstellung<br />
noch im Strafvollzug bef<strong>in</strong>den, <strong>der</strong>en Entlassung aber<br />
<strong>in</strong> Aussicht steht und bei denen Lockerungen möglich s<strong>in</strong>d.<br />
Der Vere<strong>in</strong> beschäftige zwei angestellte Therapeuten sowie<br />
e<strong>in</strong>en Weiteren extern. In zehn Jahren wurden etwa 500<br />
Therapien durchgeführt, die Rückfallquote lag dabei unter<br />
10 %. Zum Schluss se<strong>in</strong>er Ausführungen weist Dr. Boetticher<br />
darauf h<strong>in</strong>, dass es sehr schwierig sei, nie<strong>der</strong>gelassene Therapeuten<br />
zu f<strong>in</strong>den, die bereit seien, ambulante Therapien mit<br />
Sexualstraftätern durchzuführen.<br />
Die Fache<strong>in</strong>richtung für ambulante Tätertherapie<br />
im Packhaus Kiel<br />
Herr Klaus-Peter David berichtete im nächsten Vortrag über<br />
die Arbeit <strong>der</strong> Ambulante Therapie und Nachsorge von<br />
Sexualtätern im „Packhaus“ Kiel. Die E<strong>in</strong>richtung bestehe seit<br />
1995, Träger sei profamilia, Landesverband Schleswig-<br />
Holste<strong>in</strong>. Aufgaben seien zum e<strong>in</strong>en Therapie und Nachsorge<br />
von jugendlichen und erwachsenen Sexualtätern und zum<br />
an<strong>der</strong>en die Beratung und Gruppenarbeit mit Erwachsenen,<br />
die <strong>in</strong> ihrer Partnerschaft gewalttätig waren. Die F<strong>in</strong>anzierung<br />
erfolge durch e<strong>in</strong>e <strong>För<strong>der</strong>ung</strong> des Justizm<strong>in</strong>isteriums <strong>in</strong> Höhe<br />
von ca. 165.000 €, die Kostenbeteiligung <strong>der</strong> Teilnehmer und<br />
Eigenmittel <strong>in</strong> Höhe von ca. 7.000 € sowie die Jugendhilfe <strong>in</strong><br />
Höhe von ca. 15.000 € (Angaben jeweils pro Jahr).<br />
In <strong>der</strong> Arbeit mit erwachsenen Sexualtätern gelten als Zugangsvoraussetzungen<br />
die (Teil)Geständigkeit und die Bereit-<br />
18<br />
schaft zur Mitarbeit. Erste Priorität hätten Klienten mit gerichtlichen<br />
Therapieauflagen und dem von <strong>der</strong> <strong>Bewährungshilfe</strong><br />
bzw. e<strong>in</strong>em Gutachten bestätigten Bedarf <strong>in</strong> H<strong>in</strong>sicht auf<br />
Gefährlichkeit und Behandlungsnotwendigkeit <strong>in</strong> <strong>der</strong> Nachsorge<br />
nach Aufenthalten im Strafvollzug bzw. <strong>der</strong> Forensik<br />
(8 von 13 Gruppenklienten). Nachrangig würden Klienten mit<br />
weniger gravierenden Delikten o<strong>der</strong> Strafen, die zur Bewährung<br />
ausgesetzt wurden, aufgenommen (5 von 13). Falls möglich,<br />
würden auch Klienten vor e<strong>in</strong>er gerichtlichen Verhandlung<br />
aufgenommen.<br />
Die therapeutische Arbeit beruhe auf vier Grundsätzen. Als<br />
grundlegend würden Verpflichtung und extr<strong>in</strong>sische Motivierung<br />
angesehen, die z. B. durch die <strong>Bewährungshilfe</strong>, das<br />
Jugendamt o<strong>der</strong> die Familie erfolgen könne. Während <strong>der</strong><br />
Therapie erfolgten e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>tensive Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzung mit <strong>der</strong><br />
regelmäßig zu beobachtenden Bagatellisierung und Neutralisierung<br />
<strong>der</strong> Taten, mit dem Delikt sowie e<strong>in</strong>e Arbeit an <strong>der</strong><br />
Persönlichkeit und an sozialen Kompetenzen. Die Täterarbeit<br />
werde als spezialisierte Psychotherapie angesehen, wobei<br />
fundamentale Unterschiede zu sehen und beachten seien. Als<br />
primäre Ziele gelten <strong>der</strong> Schutz <strong>der</strong> Opfer und e<strong>in</strong>e Trennung<br />
von Opfern und Tätern, die Herstellung e<strong>in</strong>es Rahmens verpflichten<strong>der</strong><br />
Mitarbeit sowie die Benennung <strong>der</strong> Delikte und<br />
e<strong>in</strong>e erste Verantwortungsübernahme. Als sekundäre Ziele<br />
nannte Herr David die Notwendigkeit zu erarbeiten, welchen<br />
<strong>in</strong>ternen, persönlichen Nutzen die Täter im S<strong>in</strong>ne <strong>der</strong> Erfüllung<br />
ihrer Grundbedürfnisse von ihren Übergriffen hatten. Es könnten<br />
und müssten sozial angemessene Wege <strong>der</strong> Bedürfnisbefriedigung<br />
gefunden und e<strong>in</strong>geübt werden, d. h. ohne verbessertes<br />
Selbstwertgefühl ke<strong>in</strong> Therapieerfolg. Wichtig sei<br />
auch zu beachten, dass Jugendliche und Erwachsene, die<br />
sexuelle Übergriffe begangen haben, schon vor den Delikten<br />
durch eigene Beschädigungen <strong>der</strong> Persönlichkeit belastet<br />
waren.<br />
Zum Schluss se<strong>in</strong>es Beitrages nannte Klaus-Peter David zwei<br />
wichtige Gründe für psychotherapeutische Täterarbeit. Durch<br />
Die Therapeuten <strong>der</strong> Ambulanten Nachsorge <strong>in</strong> Kassel:<br />
(v.l.) Ulrike Schriever, Detlev Schulze und Antonia Koerhuis-Arnold