Indien - Volker Steinbacher
Indien - Volker Steinbacher
Indien - Volker Steinbacher
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<strong>Indien</strong><br />
Agra<br />
Nach vielen Überlegungen und inneren Monologen, habe ich mich entschieden, den Stein an einem sehr<br />
touristischen Ort in <strong>Indien</strong> abzulegen. Das als 8. Weltwunder geltende Taj Mahal verbildlicht den Kontrast<br />
des Landes am besten, das von einem muslimischen Herrscher (heute ist der Präsident ein Muslim, der<br />
Ministerpräsident ein Sikh, das Land wird regiert von britisch gestylten Buerokraten der Hindus) nach 22<br />
Jahren Arbeit mit ueber 20.000 Arbeitern und ueber 200 Kuenstlern im Jahre 1653 beendet wurde.<br />
Es gibt wohl 16 Gaerten und 53 Fontaene, um diese Jahreszahl für immer festzuschreiben. Nachgezählt<br />
habe ich allerdings nicht.<br />
Gebaut wurde das Taj Mahal als Grabstätte fuer die meistgeliebte 3. Frau, auch weil sie unter anderem fuer<br />
Nachwuchs sorgte.<br />
Dieses Gebäude ist eine Wucht der islamischen Kunst. Voller Zahlenmystik, Symbolik und Symmetrie.<br />
Wenn man bedenkt, dass es nur dazu dient als Grabstaette der Lieblingsfrau und des Herrschers selbst zu<br />
dienen, welch eine grandiose Verschwendung!<br />
Viele daran beteiligte Arbeiter und Künstler mussten ihr Leben opfern. Den persischen Künstlern wurden<br />
danach die Finger abgehakt, damit sie nichts nachbauen konnten. Dieser Ort bildet exakt auch das heutige<br />
<strong>Indien</strong> ab.<br />
Im Inneren des Hotels Imperial in Delhi erscheint alles perfekt. Alles strahlt und funkelt vor Sauberkeit,<br />
edel schimmern die verwendeten Materialien, Marmor und Gold. Luxus pur.<br />
Verläßt man das Hotel erfolgt ein jäher Schnitt. Auf der Straße das genaue Gegenteil.<br />
Ebenso vor dem Eingangstor des Areal des Taj Mahal. Man glaubt einen anderen Planeten zu betreten.<br />
Einen Planeten des Perfektionismus, des Reichtums, der Ruhe und der Sauberkeit, völlig abgeschnitten<br />
vom realen Leben außerhalb der Gemäuer.<br />
Und hier liegt der Stein in einem Busch, direkt auf die Grabstätte blickend. Vielleicht für immer?<br />
Zafer Toker, Frankfurt/Main<br />
2007