Apostel
Zeitschrift der Arnsteiner Patres
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titelthema<br />
2015: Jahr der Barmherzigkeit<br />
Die Barmherzigkeit [ist] in der Heiligen Schrift das Schlüsselwort, um<br />
Gottes Handeln uns gegenüber zu beschreiben. (...) Es ist nicht sinnlos,<br />
in diesem Zusammenhang auf die Beziehung zwischen Gerechtigkeit<br />
und Barmherzigkeit hinzuweisen. Es handelt sich dabei nicht um<br />
zwei gegensätzliche Aspekte, sondern um zwei Dimensionen einer<br />
einzigen Wirklichkeit, die sich fortschreitend entwickelt, bis sie ihren<br />
Höhepunkt in der Fülle der Liebe erreicht hat. (...)<br />
Jesus selbst spricht viel häufiger von der Bedeutung des Glaubens als<br />
von der Beachtung des Gesetzes. Und in diesem Sinn müssen wir<br />
seine Worte verstehen, als Er – während Er mit Matthäus und anderen<br />
Zöllnern und Sündern zu Tisch sitzt – den Pharisäern, die ihn kritisierten,<br />
antwortete: »Darum lernt, was es heißt: Barmherzigkeit will ich,<br />
nicht Opfer. Denn ich bin gekommen, um die Sünder zu rufen, nicht<br />
die Gerechten« (Mt 9,13). Angesichts einer Sicht der Gerechtigkeit als<br />
der bloßen Einhaltung von Gesetzen, die in der Folge Menschen einteilt<br />
in Gerechte und Sünder, versucht Jesus die große Gabe der Barmherzigkeit<br />
aufzuzeigen, die Barmherzigkeit, die den Sünder sucht und<br />
ihm Vergebung und Heil anbietet. (...)<br />
Auszüge aus dem Verkündigungsschreiben zum Heiligen Jahr<br />
der Barmherzigkeit von Papst Franziskus (11. 4. 2015)<br />
Hochzeit ähneln, und das ängstigt einige. Sie wollen allen Anschein<br />
vermeiden, die katholische Kirche würde dies billigen.<br />
Bei aller Betonung der Barmherzigkeit im Einzelfall, will man<br />
solche Partnerschaften generell nicht billigen. Man befürchtet,<br />
dass der Unterschied zwischen Segnung und kirchlicher Hochzeit<br />
nicht vermittelbar ist, und lehnt dies schon deshalb ab.<br />
ludger widmaier sscc: Als Ordensmann und<br />
Geistlicher habe ich eine ganze Reihe von Menschen<br />
kennengelernt, die meistens mit großen<br />
Schwierigkeiten zu kämpfen hatten, um sich<br />
selbst als Homosexuelle anzuerkennen. Das war in<br />
der Regel ein sehr schwieriger Prozess und Kampf<br />
für diese Menschen, und er war auch häufig von<br />
schweren Beleidigungen und gewalttätigen Bedrohungen<br />
durch andere gekennzeichnet. Gleichzeitig<br />
war ich immer wieder überrascht, dass ich<br />
Ludger Widmaier<br />
SSCC ist Seelsorger<br />
an der schon lange miteinander zusammengelebt haben.<br />
auch homosexuelle Paare getroffen habe, die<br />
Citykirche Koblenz Ich war beeindruckt von dem gegenseitigen Respekt<br />
und der gegenseitigen Fürsorge, die diese homosexuellen<br />
Paare einander bezeugten – auch in<br />
sehr schwierigen Lebenssituationen. Ich frage<br />
mich, ob ein gelingendes Zusammenleben von zwei Menschen,<br />
die einander aufrichtig lieben, gegenseitigen Respekt zollen und<br />
füreinander einstehen, nicht eine Art der »öffentlichen« Anerkennung<br />
braucht, weil sie – wenn auch theologisch vielleicht unvollkommen<br />
– ein Zeichen dafür ist, dass die Menschen dazu<br />
berufen sind, einander zu ergänzen und in der Nachfolge Jesu die<br />
Mitmenschen zu lieben. Außerdem bedeutet diese öffentliche<br />
Anerkennung auch, dass homosexuelle<br />
Menschen in der Gemeinschaft der Kirche<br />
und der Jünger Jesu einen Platz<br />
haben und willkommen sind. Ich glaube,<br />
dass das besonders wichtig ist, weil es<br />
davon Zeugnis ablegt, dass die Verstrickungen<br />
in schwierige Lebenssituationen<br />
ja nicht grundsätzlich ein Grund<br />
sein können, warum Menschen bei uns<br />
keinen Platz finden. Das hat Jesus<br />
schließlich selbst vorgemacht.<br />
Die Aussage Jesu, »der Sabbat ist für<br />
den Menschen da und nicht der<br />
Mensch für den Sabbat«, hört sich nicht<br />
nach engen moralischen Gesetzen an …<br />
peter egenolf sscc: Jesus hat weder<br />
Gesetze formuliert noch welche erlassen.<br />
Das meiste, was wir finden, sind<br />
mahnende Weisungen, Jesus spitzt zu,<br />
provoziert. Die Bergpredigt ist die Konkretisierung<br />
des Liebesgebotes, aber<br />
keine neue Gesetzgebung.<br />
Dennoch finden wir im Neuen Testament<br />
einige Normen, beispielsweise zur<br />
Frage des Ehebruchs. Hier wird versucht,<br />
einen ethischen Impuls in Regeln<br />
zu fassen.<br />
harald adler sscc: Solange ich in unserer<br />
Pfarrei in Metro Manila auf den<br />
Philippinen arbeitete, habe ich einen erbitterten<br />
Kampf der offiziellen Kirche<br />
gegen die Einführung eines Gesetzes zur<br />
Familienplanung durch die Regierung<br />
erlebt. Dabei waren die Fronten so verhärtet,<br />
dass einige Vertreter des Klerus<br />
für Politiker, die öffentlich für das Gesetz<br />
eintraten, den Ausschluss vom<br />
Empfang der heiligen Kommunion forderten.<br />
Natürlich gab es auch Gründe,<br />
nicht mit allen Einzelheiten des Gesetzentwurfs<br />
einverstanden zu sein, grundsätzlich<br />
hielt ich selbst das Gesetz aber<br />
für dringend notwendig, um in der Bevöl<br />
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apostel 4/2014 2/2015