Geschäftsbericht - Stadtwerke Flensburg GmbH
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20 <strong>Geschäftsbericht</strong> 2011 Lagebericht <strong>Stadtwerke</strong> <strong>Flensburg</strong> <strong>GmbH</strong><br />
Lagebericht <strong>Stadtwerke</strong> <strong>Flensburg</strong> <strong>GmbH</strong> <strong>Geschäftsbericht</strong> 2011 21<br />
Eine latente Gefahrenquelle liegt in der bislang unzureichenden<br />
internationalen Regulierung bzw. Neuordnung der<br />
Finanzbranche. Das nach wie vor vorhandene Streben nach<br />
schneller spekulativer Gewinnmaximierung hat zu einer erheblichen<br />
Risikozunahme in den Finanzsystemen geführt und<br />
letztlich eine zunehmende Abkopplung der Finanzmärkte von<br />
der Realwirtschaft bewirkt. Es ist so auch nicht auszuschließen,<br />
dass sich dramatische Fehlentwicklungen der Vergangenheit<br />
künftig wiederholen. Die Finanzmärkte zeigen sich<br />
derzeit noch keineswegs von den Wirkungen der globalen<br />
Finanz- und Wirtschaftskrise von 2008/09 nachhaltig erholt,<br />
so dass von einem tatsächlichen Ende der Finanzkrise bislang<br />
eigentlich noch immer kaum gesprochen werden kann.<br />
Die Realwirtschaft, insbesondere die Industrie, sorgt sich um<br />
die Zuverlässigkeit der Stromversorgung, erstmals nicht nur<br />
in preislicher Hinsicht, sondern auch in der physikalischen<br />
Belieferung. Bislang hatte die Bundesnetzagentur den Netzbetreibern<br />
eine höchst zuverlässige Versorgung ihrer Verbraucher<br />
bescheinigt. Allerdings erfasst die Bundesnetzagentur<br />
lediglich Versorgungsunterbrechungen, die drei Minuten oder<br />
länger dauern. In der Industrie können aber schon Unterbrechungen<br />
der Stromversorgung mit einer Dauer von wenigen<br />
Sekunden ganze Produktionsprozesse lahm legen. Gerade diese<br />
kurzen Unterbrechungen häufen sich nach Darstellung der<br />
Industrie.<br />
Das Thema Netzausbau wird als ein wesentliches Element<br />
der „Energiewende“ identifiziert. Ob hier in einer regulierten<br />
Wertschöpfungsstufe die notwendige Flexibilität eines sich<br />
stark verändernden Energiemarktes umgesetzt werden kann,<br />
bleibt aktuell zumindest mit Fragezeichen versehen. Der Spagat<br />
zwischen Regulierung und Wettbewerbsmarkt zeigt sich<br />
hier auf hohem Niveau, wirkt sich auch für die <strong>Stadtwerke</strong><br />
<strong>Flensburg</strong> ganz konkret im Netzerwerb in der Nachbargemeinde<br />
Harrislee aus. Welche terminlichen und finanziellen Entwicklungen<br />
dieses Vorhaben nimmt, bleibt eine Herausforderung<br />
für das Geschäftsjahr 2012.<br />
Die Preisentwicklungen auf den für die <strong>Stadtwerke</strong> <strong>Flensburg</strong><br />
aktuell relevanten Märkten für Kohle und Strom erscheinen<br />
derzeit auf gutem Niveau und ohne unbeherrschbare Volatilitäten.<br />
Kritischer ist die Situation im Bereich der Emissionszertifikate.<br />
Welcher Anteil hier spekulativ und welcher Anteil<br />
durch realwirtschaftliche Überlegungen begründet ist, lässt<br />
sich nicht identifizieren. Bisherige Marktpartner ziehen sich<br />
teilweise aus diesem Geschäft zurück, damit können aber die<br />
verbliebenen umso stärker Entwicklungen beeinflussen. Der<br />
Handel mit CO2-Zertifikaten ist dem Aktienhandel sehr viel<br />
ähnlicher als beispielsweise das Geschäft mit Strom oder Gas.<br />
Dadurch ist das Geschäft für Banken attraktiv. Die Banken<br />
bringen Liquidität in den Markt und glätten die Laufzeitkurve.<br />
Aber auch hier sind die politischen Einflussnahmen wenig<br />
kalkulierbar. Insbesondere die Einflussnahme auf diese Märkte<br />
aus fiskalischen oder umweltpolitischen Gründen kann sich<br />
stark auf das Marktgeschehen auswirken.<br />
Die branchenspezifische Herausforderung der Energiewirtschaft<br />
besteht somit darin, die vielfältigen rechtlichen und<br />
regulatorischen Vorgaben umzusetzen, dieses auch vor dem<br />
Hintergrund sich kurzfristig verändernder Langfristziele. Die<br />
anlagenintensiv geprägte Energiebranche ist dabei auf eine<br />
möglichst langfristige Planungssicherheit angewiesen. Zunehmendes<br />
Gewicht haben dabei die auf EU-Ebene getroffenen<br />
rechtlichen Vorgaben. Dies vor allem in der Umsetzung<br />
der Themen EU-Binnenmarkt und Klimaschutz in nationales<br />
Recht. Im abgelaufenen Geschäftsjahr ist es zu vielfältigen<br />
Änderungen in den rechtlichen Rahmenbedingungen<br />
gekommen.<br />
Im Zuge der Umsetzung des 3. EU-Binnenmarktpakets Energie<br />
in nationales Recht und der Umsetzung der von der Bundesregierung<br />
beschlossenen Energiewende ist am 4. August 2011<br />
eine Novelle zum deutschen Energiewirtschaftsgesetz (EnWG)<br />
in Kraft getreten, mit der eine Vielzahl von Änderungen gegenüber<br />
dem bisherigen Rechtsrahmen einhergehen, u. a. zu<br />
Entflechtung, Messwesen, Objektnetzen, Vebraucherschutz<br />
und Netzübernahmen. Entsprechende Folgeänderungen in den<br />
auf das EnWG bezogenen Verordnungen sind im Jahresverlauf<br />
2012 zu erwarten.<br />
Eine in 2011 verabschiedete Novelle zum Erneuerbare-Energien-Gesetz<br />
(EEG) ist zum 1. Januar 2012 in Kraft getreten.<br />
Ziel der Novelle ist es, den Anteil der erneuerbaren Energien<br />
an der Stromversorgung weiter zu erhöhen, mindestens auf<br />
35 Prozent bis 2020, 50 Prozent bis 2030, 65 Prozent bis<br />
2040 und 80 Prozent bis 2050, und die jeweiligen Strommengen<br />
in das Elektrizitätsversorgungssystem zu integrieren.<br />
Das EEG 2009 hatte demgegenüber als konkrete Zielgröße<br />
einen angestrebten Anteil der erneuerbaren Energien an der<br />
Stromversorgung von 30 Prozent bis 2020 benannt. Die Novelle<br />
2012 enthält eine Vielzahl von Anpassungen und neuen<br />
Akzentsetzungen in der Fördersystematik.<br />
In Umsetzung einer entsprechenden EU-Richtlinie hat der<br />
Bundestag im Juni 2011 ein „CCS-Gesetz“ zur Abscheidung<br />
und unterirdischen Speicherung von Kohlendioxid (CO2) beschlossen.<br />
Das Gesetz fand indes im Bundesrat keine Mehrheit,<br />
eine Einigung im Vermittlungsausschuss zeichnet sich<br />
bisher nicht ab. Die von der EU gesetzte Frist zur nationalen<br />
Umsetzung der Richtlinie ist Mitte 2011 abgelaufen. Angesichts<br />
der bestehenden unterschiedlichen Auffassungen<br />
in den Ländern und einer bisher mangelnden öffentlichen<br />
Akzeptanz unterirdischer CO2-Speicherung ist indes die<br />
Realisation des Gesetzes derzeit fraglich. Die Frage künftiger<br />
CO2-Speicherung ist von erheblicher Relevanz für die<br />
künftige Wirtschaftlichkeit herkömmlicher Kraftwerke, da der<br />
CO2-Ausstoß in der Atmosphäre über das Emissionshandelssystem<br />
zunehmend mit Kosten belastet wird.<br />
Für das Jahr 2012 ist eine Novellierung des Kraft-Wärme-<br />
Kopplungs-Gesetzes (KWKG) geplant. Ein diesbezüglicher<br />
Gesetzesentwurf der Bundesregierung liegt seit Ende 2011<br />
vor. Dessen Behandlung in Bundestag und Bundesrat ist für<br />
die erste Jahreshälfte vorgesehen. Ziel ist es, den Anteil<br />
der Stromerzeugung aus Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) an<br />
der gesamten Stromerzeugung von derzeit 15,4 Prozent auf<br />
25 Prozent bis zum Jahr 2020 zu erhöhen – gegenüber einem<br />
zu erwartenden KWK-Stromanteil von rd. 20 Prozent bis 2020<br />
bei unveränderter Förderung in dem bisherigen Rechtsrahmen.<br />
Nach der jetzigen Planung ist ein Inkrafttreten des<br />
KWKG im Spätsommer 2012 angedacht. Der derzeitige Novellen-Entwurf<br />
sieht u.a. eine höhere Einspeisevergütung für<br />
den in Neuanlagen in KWK erzeugten Strom vor, und erstmals<br />
auch eine Förderung des Baus von Wärmespeichern.<br />
Der Emissionshandel ist ein zentrales wie wirkungsvolles<br />
Steuerungsinstrument der europäischen Klimapolitik. Eine<br />
Novelle zum deutschen Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz<br />
(TEHG) ist am 28.07.2011 in Kraft getreten, am 27.09.2011<br />
folgte eine diesbezügliche Verordnung über die Zuteilung<br />
von Treibhausgas-Emissionsberechtigungen in der Handels-<br />
periode 2013 bis 2020 (ZuV 2020). Mit diesen Regelungen<br />
wird die geltende novellierte EU-Emissionshandelsrichtlinie<br />
2009/29/EG in nationales Recht umgesetzt.<br />
Auf der Grundlage der getroffenen Neuregelungen haben die<br />
<strong>Stadtwerke</strong> <strong>Flensburg</strong> ihren Zuteilungsantrag für die 3. Emissionshandelsperiode<br />
für das <strong>Flensburg</strong>er Heizkraftwerk einschließlich<br />
Reserveheizwerken gestellt und den Antrag bei<br />
der Deutschen Emissionshandelsstelle (DEHSt) beim Umweltbundesamt<br />
fristgerecht eingereicht.<br />
Die <strong>Stadtwerke</strong> <strong>Flensburg</strong> sind aufgrund der betriebenen<br />
Energieerzeugung in Kraft-Wärme-Kopplung im Rahmen der<br />
bis Ende 2012 reichenden 2. Emissionshandelsperiode von<br />
verschärften Regelungen wenig betroffen. Deutlich höhere<br />
Belastungen für das Unternehmen bringt indes die von 2013<br />
bis 2020 reichende 3. Handelsperiode, deren Eckpunkte<br />
nun auch auf der nationalen Ebene fixiert wurden. In der<br />
3. Periode werden vom Grundsatz her Emissionszertifikate<br />
nicht mehr frei vergeben, sondern versteigert. Bei einer<br />
Energieerzeugung in Kraft-Wärme-Kopplung sind Emissionszertifikate<br />
vom Beginn der 3. Periode an für den kompletten<br />
Anteil der Stromerzeugung zu erwerben. Für den Anteil der in<br />
Kraft-Wärme-Kopplung erzeugten Wärmeproduktion wird da-<br />
gegen eine anfänglich weitgehend kostenlose Zuteilung von<br />
Zertifikaten bis zum Jahr 2020 stufenweise auf 30 Prozent –<br />
und dann bis 2027 auf Null – reduziert, sodass am Ende auch<br />
diese Zertifikate vollständig zu erwerben sind. Der verfolgte<br />
Energiemix im <strong>Flensburg</strong>er Heizkraftwerk, die geplante Umstellung<br />
zweier alter kohlestaubbefeuerter Kesselanlagen auf<br />
eine erdgasbefeuerte GuD-Anlage wie auch das Engagement<br />
des Unternehmens im Bereich erneuerbarer Energien tragen<br />
zu einem sinkenden Bedarf des Unternehmens an Emissionszertifikaten<br />
bei.<br />
Der Klimaschutz ist mittlerweile ein zentraler Bereich staatlicher<br />
Regulierung. Einigkeit besteht quer durch die politischen<br />
Lager zumindest wohl darin, dass die Energiewirtschaft<br />
möglichst schnell in ein neues „Zeitalter der erneuerbaren<br />
Energien und Energieeffizienz“ hineinfinden muss. Über diesen<br />
grundsätzlichen Leitgedanken hinaus finden sich jedoch<br />
viele unterschiedlich motivierte Interessenlagen, die auf die<br />
langfristig angelegte Infrastruktur der Energiewirtschaft einwirken.<br />
Die mit den Legislaturperioden wechselnden Handlungsfelder<br />
in diesem Rahmen gefährden letztendlich eine<br />
effiziente, sichere und wirtschaftliche Energieversorgung.<br />
Die Energiepolitik postuliert die Gleichwertigkeit der Ziele<br />
Klimaschutz, Versorgungssicherheit und Wirtschaftlichkeit/<br />
Wettbewerbsfähigkeit. Ein zunehmend harter Wettbewerb auf<br />
den Strom- und Gasmärkten, immer striktere regulatorische<br />
Vorgaben zur Kostensenkung im Netzbereich, ein stark zugenommener<br />
Bürokratieaufwand wie auch eine sehr hohe öffentliche<br />
Erwartungshaltung hinsichtlich niedriger Energiepreise<br />
kennzeichnen die Situation. Anderseits haben nachhaltige<br />
Investitionen in den Klimaschutz und in die Versorgungssicherheit<br />
ihren Preis. Ein allzu harsch vorangetriebener, mit<br />
sinkenden Margen einhergehender Anbieterwettbewerb in<br />
Verbindung mit immer bürokratischeren Strukturen wirkt sich<br />
insofern kontraproduktiv aus im Hinblick auf das Erreichen<br />
der ja überaus ehrgeizigen Ziele der Klimapolitik, die nicht<br />
nur postuliert, sondern auch finanziert und umgesetzt werden<br />
müssen. Ein tatsächliches Erreichen der anspruchsvollen<br />
klimapolitischen Ziele ist so auch bisher noch keineswegs<br />
sichergestellt.<br />
Ob und welche Handlungsalternativen den kommunalen Unternehmen,<br />
welche sich im privatwirtschaftlichen Wettbewerbsumfeld<br />
behaupten müssen, in der Zukunft zur Verfügung<br />
stehen, stellt eine offene Frage dar. Die Grundgeschäfte<br />
der Unternehmen sind den üblichen gesamtwirtschaftlichen,<br />
energiewirtschaftlichen und wettbewerblichen Chancen und<br />
Risiken ausgesetzt. Um hier mithalten zu können, gilt es in<br />
einem sich schnell ändernden Umfeld, eine ebenso flexible<br />
Anpassung der internen Strukturen, Denk- und Arbeitsweisen<br />
umzusetzen. Unter dem Eindruck der aktuellen Arbeitsmarkt-