Als Dinosaurier Deutsch-Ostafrika beherrschten - Golf Dornseif
Als Dinosaurier Deutsch-Ostafrika beherrschten - Golf Dornseif
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<strong>Als</strong> <strong>Dinosaurier</strong> <strong>Deutsch</strong>-<strong>Ostafrika</strong> <strong>beherrschten</strong><br />
von <strong>Golf</strong> <strong>Dornseif</strong><br />
Längst vergessen ist jene Expedition, die von 1909 bis 1912 umfangreiche Ausgrabungen<br />
in <strong>Deutsch</strong>-<strong>Ostafrika</strong> am Tendaguru Bergmassiv vornahm, um dort mit Hunderten<br />
von Schwarzen zahllose Reste von <strong>Dinosaurier</strong>n freizulegen und der Geologisch-Paläontologischen<br />
Sammlung eines Berliner Museums zuzuführen.<br />
Davon abgesehen entdeckte man aber auch in der Nähe von Kalkfeld (<strong>Deutsch</strong>-<br />
Südwestafrika) auf einer deutschen Farm versteinerte Spuren von Riesenechsen, die<br />
jeder Tourist (zwei Euro Eintrittsgeld) besichtigen darf. Und Würzburger Geologen<br />
stießen in jüngster Vergangenheit auf einen Dino-Skelett-Abdruck am Waterberg im<br />
200 Millionen Jahre zählenden Sandstein, inzwischen zugeordnet der Gattung Massospondylus.<br />
Mehr über alle diese Funde im folgenden Bericht.<br />
Die im Reich besorgte Expeditionsausrüstung umfasste zunächst die persönliche Ausstattung der<br />
damaligen Leiter, Dr. Edwin Hennig und Dr. W. Janensch, Kustos am Berliner Geologisch-Paläontologischen<br />
Institut. Zwei Reisezelte mittlerer Größe mit innerer Ausstattung sowie ein drittes Zelt ohne<br />
Zubehör standen auf der Wunschliste. Sonnensegel sollten Grabungsstellen schattenspendend überdachen,<br />
außerdem Fundobjekte abschirmen.<br />
Für die Arbeiten brauchte man zahlreiche Hacken und Schaufeln, Hämmer und Meißel, sowie eine<br />
komplette Feldschmiede als Reparaturwerkstatt. Grosse Mengen Gips und Gummi Arabicum dienten<br />
zur Konservierung der Knochen, ebenso reichlich Bindfäden und Schnüre zur Verpackung. Zwei Stativkameras<br />
Format 13 mal 18 cm mit unterschiedlichen Brennweiten der Objektive sowie eine Spiegelreflexkamera<br />
9 x 12 cm wurden von der Firma Voigtländer & Sohn in Braunschweig gestiftet und<br />
erwiesen sich als hervorragend tropentauglich. Kompasse, Höhenbarometer, ein Barograph und mehrere<br />
Thermometer bewährten sich gleichfalls als nützlich.<br />
Aus dem Inhalt<br />
Arbeitstage bei den Knochenmännern<br />
Gips und Lehm als Problem<br />
Ein wohlgeordneter Ablaufplan<br />
Selbstjustiz war unvermeidbar<br />
Wissenswertes über Saurierspuren<br />
Überraschungen in Südwestafrika<br />
Wissenschaftliche Erkenntnisse<br />
Der eigentliche Entdecker des Saurier-Gräberfeldes, Ingenieur W.B. Sattler, konnte zum Beginn der<br />
Expedition für zwei Wochen als Fachberater gewonnen werden, obwohl er in einem Bergwerksunternehmen<br />
beruflich stark engagiert war und der <strong>Deutsch</strong>-<strong>Ostafrika</strong>nischen Gesellschaft zur Verfügung<br />
stehen musste. Die Expedition schiffte sich im März 1909 in Marseille ein mit dem Ziel Dar-es-Salaam<br />
und Hafen Lindi im Süden des Schutzgebiets. Man erreichte dann am 16. April 1909 das Tendaguru<br />
Bergmassiv nach fünf Tagesmärschen mit Trägerkolonne am rechten Ufer des Mbenkuru Flusses.<br />
Eine Karawane aus 40 Trägern marschierte voraus zur Einrichtung eines Lagerplatzes mit Hütten,<br />
und am 12. April folgten die Wissenschaftler mit weiteren 160 Trägern. Der Tendaguru erhebt sich als<br />
niedrige, etwa 30 Meter hohe Kuppe am Rand einer Hochebene, die westwärts in zwei Stufen zur<br />
Niederung des Mbenkuru Flusses fällt, sich aber nach Osten bis an den Westfuß der um weitere 250<br />
bis 300 Meter steil aufragenden Plateaus von Likonde und Noto erstreckt. Südlich und nordöstlich von<br />
der Tendaguru Kuppe und innerhalb einer Distanz von knapp einem Kilometer findet man die Stellen,<br />
an denen Ingenieur Sattler zufällig die ersten Saurierknochen bemerkt hatte.
Im Jahr 1907 unternahm Sattler bereits mit dem Wissenschaftler Professor Fraas, einem Geologen<br />
aus Württemberg, einige Probegrabungen, deren Resultate in Stuttgart untersucht wurden und einiges<br />
Aufsehen erregten. Der Grabungsboden mit den Saurierresten besteht aus sandigem Mergel,<br />
graugrün und rötlich verfärbt. Dichter hoher Graswuchs und verkrüppelter Baumbestand bedeckt das<br />
Terrain, unterbrochen durch Bambusdickicht. Am 20. April begannen die Arbeiter zu hacken und zu<br />
schaufeln.<br />
Ein langer Schürfgraben wurde an einer flach steigenden Erhebung des Bodens angelegt, wobei<br />
sogleich Knochen und Knochenbruchstücke auftauchten. Mehrere wuchtige Extremitätenknochen<br />
folgten, sodass zwei weitere Schürfgräben ausgehoben werden mussten. Allerdings konnte nur ein<br />
Teil der Arbeiter von 80 Männern zu Grabungen eingesetzt werden, weil man die übrigen in Lindi für<br />
den Transport von Lebensmitteln und Geräten benötigte. Im Lager entstanden Hütten und Schuppen<br />
für Proviant, Werkzeug, Fundobjekte, Küchendienst und andere Zwecke. Die Arbeiter richteten ihr<br />
eigenes Dorf her für Frauen und Kinder. Im dritten Grabungsjahr mühten sich bereits mehr als 500<br />
Eingeborene bei den Grabungen, vornehmlich Angehörige des Wamuera Stamms neben einigen<br />
Wandonde. Für die schweren Erdbewegungen eigneten sich hauptsächlich die kräftigen Wangoni und<br />
Wayao, während Wamuara Männer als vorzügliche Präparatoren angelernt werden konnten für<br />
„Feinarbeit“ an allen Funden.<br />
Im ersten Grabungsjahr gab es eine gute Getreide-Ernte, und sie reichte für damals 150 Leute, doch<br />
musste in den folgenden Jahren viel angekauft werden wegen zu knapper Reserven. Tücher, Kleidung,<br />
Salz, Zucker usw. offerierte ein kleiner Laden im Camp, während die <strong>Deutsch</strong>-<strong>Ostafrika</strong>nische<br />
Gesellschaft in Lindi den übrigen Bedarf vermittelte zur allseitigen Zufriedenheit.<br />
Die Wissenschaftler äußerten sich hoch befriedigt über das Talent und die Präzisionsarbeit der<br />
Schwarzen als Präparatoren. Jeder Europäer hätte bei derartiger Tätigkeit rasch versagt. Erbarmungslos<br />
brannte die Tropensonne in den Gräben, von den fast weißen Gesteinswänden vielfach<br />
gespiegelt. Dies blendet das Auge jedes Europäers gnadenlos: am Boden kauernd, von keinem erfrischen<br />
Lufthauch berührt, muss der Präparator mit der Spitze des Meißels oder Messers den oft komplizierten<br />
„Skulpturen“ der von Staub überlagerten Knochengebilde folgen und sie freilegen. Dem<br />
scharfen Blick der Naturburschen entging keine Kleinigkeit! Auch die Aufseher zeigten lebhaftes<br />
Interesse an sämtlichen Aufgaben und zeichneten manchen Fund erstaunlich präzise auf.
Ein Arbeitstag bei den Knochenmännern<br />
Schulterblatt eines Sauropoden<br />
Beim Tagesanbruch erklang die große Lagertrommel, Goma genannt, und rief die Männer zum Magazin der<br />
Arbeitsgeräte. Einzelne Grabungsorte waren mehrere Stunden voneinander entfernt, und die fleißigen Helfer<br />
kamen sehr gut ohne ständige Anweisungen zurecht dank ihrer schnellen Auffassungsgabe. Gegen 14. 30 Uhr<br />
rief die Trommel wieder zur Heimkehr und zum Verzehr der Hauptmahlzeit im Dorf.<br />
Die Entlohnung verursachte einige Probleme. Ausgezahlt wurde am letzten Tag jedes Monats, und an jedem<br />
Samstag gab es eine Rupie Vorschuss zum Einkauf von Proviant. Der übliche Monatslohn betrug fünf Rupien<br />
(neben dem Vorschuss). Aufseher und Präparatoren bekamen zwei Rupien extra. Umgerechnet bedeutete dies<br />
einen Monatslohn von 9.50 bis 12.20 Mark. Lediglich der Oberaufseher Boheti bezog ein höheres Gehalt.<br />
Skelett eines Sauropoden
Kolonnen von 10 bis 25 Männern teilte man jeweils für Grabungsabschnitte ein. Etwa 20 Eingeborene befassten<br />
sich ständig mit der Vorbereitung von Verpackungsmaterial: es musste Bambus im Busch geschlagen werden,<br />
Bäume verarbeitete man zu Brettern im Sägewerk. Zwei Schmiede sorgten für den guten Zustand der metallischen<br />
Werkzeuge. 20 Knaben betätigten sich als Quellwasserschöpfer. Mehrere Eingeborene mit Schulausbildung<br />
machten wichtige Schreibarbeiten im Camp, halfen beim Katalogisieren usw.<br />
Das Aussuchen der Knochen kam nur während der Trockenheit zustande, wenn das Gras trocken<br />
genug war, um abgebrannt zu werden. Die Fundorte der Knochen waren meistens den „Adleraugen“<br />
der Schwarzen zu verdanken, denen Prämien zugute kamen. Im Jahr 1911 hatte der Forscher Dr.<br />
Hennig erhebliche Probleme in Makangaga bei Kilwa, weil damals das hohe Gras wegen heftiger<br />
Regenfälle nicht „abgefackelt“ werden konnte. Über viele Wochen verlief die Suche nach Saurierknochen<br />
erfolglos, weil keine Sicht existierte.<br />
Die Wahl der Plätze zum Ansetzen von Grabungen bestimmten zwei Gesichtspunkte: Am einfachsten<br />
war es, an jenen Stellen, wo Knochen durch die abspülende Wirkung der Regenwässer aus dem<br />
Boden heraus gewaschen da lagen, einfach weiter zu suchen. Die andere Methode bestand darin,<br />
durch Ausheben von Schürfgräben oberflächlich nicht erkennbare Knochen-Ablagerungen in einiger<br />
Tiefe auszuspüren. Die schwere doppelarmige Hacke und die Schaufel wandte man an, wenn es sich<br />
darum handelte, durch Entfernen knochenleerer Gesteinsformationen in die darunter liegende Knochen<br />
führende Schicht vorzudringen, oder wenn die an einem Grabenrand aufgehäufte Erde entfernt<br />
werden musste, um eine Erweiterung des Grabens vornehmen zu können.<br />
War durch derartige „rohe Arbeit“ in einem Graben eine Knochen führende Schicht angeschnitten,<br />
räumten die Schwerarbeiter das Feld und machten Platz für die angelernten Präparatoren oder<br />
„Feinmechaniker“ vor Ort. Man grub zunächst vorsichtig weiter mit Hacken ohne Stiele in kniender<br />
Haltung oder sitzend, unterstützt durch Meißel und Messer. Mitunter musste man bis zu drei „Stufen“<br />
behutsam überwinden beim Ausschachten. Gesteinswände bis zu 10 Meter Höhe drohten dabei<br />
einzustürzen. Geflechte aus Baumstämmen und Bambusrohr schützten die Arbeiter durch<br />
Abstützungen.<br />
Abtransport der Ausgrabungen
Fast alle Knochenfunde waren von Sprüngen durchsetzt genau so wie der sie umgebende sandige<br />
Mergel. Die Trockenzeit von Mai bis Dezember führte zur hochgradigen Austrocknung des Bodens<br />
auf den Grabungsfeldern am Tendaguru. Die Wurzeln der Gräser, Sträucher und Bäume „sprengten“<br />
ebenfalls die Fugen der Knochen nach und nach beim Dickenwachstum. Unter „Verdrückung“ „<br />
Druckeinfluss) hatten die Fundknochen weniger gelitten. So fanden sich die Schäfte von großen, horizontal<br />
liegenden Beinknochen oft etwas zusammengedrückt, ebenso die Fortsätze (der Dornfortsätze)<br />
bei Wirbeln der Hals- und Rückenregion (ein wenig verschoben).<br />
Gegenüber der Oberflächen-Verwitterung erwiesen sich die Knochen relativ widerstandsfähig je nach<br />
der Festigkeit ihrer Struktur. Die locker aufgebauten Wirbel litten am meisten, während Extremitäten-<br />
Knochen gut erhalten blieben. Fazit der Wissenschaftler: „An vielen Fundstellen haben die Knochen<br />
weder durch Verwitterung, Mazeration (Auslaugung) noch durch Verdrückung erheblich gelitten. Die<br />
Erhaltung darf summarisch als erfreulich bezeichnet werden ...“<br />
Dieser Aufseher der Ausgrabungen<br />
ist mit Stäben ausgerüstet,<br />
die Zahl und Länge der<br />
gefundenen Saurierknochen<br />
anzeigen zur späteren Bestimmung<br />
durch Wissenschaftler.<br />
Ziel und Zweck aller Präparations- und Konservierungsarbeiten war es, die Fundknochen in einen<br />
Zustand zu versetzen, der die Gefahr möglichst verringerte, dass sie während des langwierigen Land-<br />
und Seetransports brechen oder zerfallen könnten. Anhaftendes Gestein sollte zuvor entfernt werden,<br />
um das Transportgewicht zu reduzieren im Rahmen des Möglichen.<br />
Die Präparatoren nutzten Spitzmeißel unterschiedlicher Größe, Hämmer und scharfe Messerklingen.<br />
Zunächst mussten die bei den Grabungen entdeckten Knochen freigelegt und oberflächlich gereinigt<br />
werden. Bei kompliziert geformten Wirbeln mit zahlreichen Höhlungen und Vorsprüngen ließ man das<br />
umhüllende Gestein unberührt zum Schutz des Knochens. <strong>Als</strong> Faustregel galt es, alle freigelegten<br />
Knochen mit einer verdünnten Lösung aus Gummi Arabicum (Klebstoff) mehrmals zu bestreichen und<br />
zu durchtränken. An jedem Grabungsort mussten genügend Gummilösung und Pinsel verfügbar sein,<br />
um die Knochen zu härten und ihre Brüchigkeit längs der feinen Klüfte und Spalten zu reduzieren.<br />
Zum weiteren Schutz wurden die Knochen mit kleinen Stücken dünnen und lockeren Baumwollstoffs<br />
beklebt, zuvor in eine starke Lösung von Gummi Arabicum getaucht. Man schnitt den Stoff in kleine,<br />
nur wenige Zentimeter lange Flicken oder zerriss die Textilien. Diese Stücke sollten den Krümmungen<br />
der Knochenoberflächen passgenau folgen und das Ablösen bei der späteren endgültigen Präparierung<br />
in Berlin erleichtern.
Die Verwendung von Gummi Arabicum erwies sich als bequem und praktisch im Vergleich zu Leimwasser,<br />
weil Gummi Arabicum nicht immer warm gehalten werden musste. Dieser Gummi traf mit<br />
Frachtschiffen aus Europa ein, teilweise aus Sansibar. Wild wachsender Gummi eignete sich jedoch<br />
nicht. Für einigermaßen kompakte Knochenstücke genügte das Tränken mit Gummilösung ohne zusätzliche<br />
Bemühungen. Schwere, zerbrechliche und von Sprüngen durchsetzte Fundstücke<br />
brauchten eine stärkere Umhüllung durch Gipsanwendung (mit Drahtgaze als Einlage neben<br />
eingefetteten Eisenstäben!).<br />
Gips und Lehm als Problem<br />
Die Nutzung von Gips-Bandagen war ein teueres Unterfangen, denn die Lieferung ab <strong>Deutsch</strong>land<br />
bis zum Verwendungsort kostete je Zentnerlast ungefähr 33 Mark. Rotbrauner Lehm sollte deshalb<br />
als Ersatzmaterial in Frage kommen, wie ihn die Eingeborgenen zum Bestreichen der Wände ihrer<br />
Hütten benutzten. Man fand ihn auf dem Namunda Plateau im Süden des Tendaguru Bergmassivs<br />
mit guter Qualität. Dieser Lehm wurde pulverisiert und mit konzentrierter Gummilösung verrührt zur<br />
Auftragung an den Knochenfunden. Die Kruste verhärtete ausgezeichnet mit Einlagerungen von Kokosfasern.<br />
Teilweise war es erforderlich, zusätzlich einen Gipspanzer über der Lehmlage anzubringen.<br />
Schwieriger als das Freilegen der Knochen war jedoch das „Abheben“ zahlreicher Funde. Nach der<br />
ersten Konservierung der freigelegten Oberfläche eines Knochens durch Tränken usw. mussten die<br />
seitlichen Flächen in gleicher Weise behandelt werden. Nun wurde das Gestein um den Saurierknochen<br />
in der Tiefe weiter ausgehoben auf eine Weise, dass der Knochen nur mit schmaler Fläche auf<br />
einem Steinsockel ruhte. Zuletzt wurde dann der Knochen mit seiner Gesteinsunterlage „abgehoben“<br />
und umgelegt. Schlusspunkt: Reinigung der ursprünglichen unteren Auflagefläche des Fundstücks<br />
und Präparierung.<br />
Die Etikettierung der Knochen erforderte für jede Fundstelle ein gemeinsames Kennzeichen mit römischen<br />
Ziffern, großen und kleinen Buchstaben usw. Eingeborene Schreiber arbeiteten mit Signiertusche<br />
und Pinsel überaus gewissenhaft, nachdem ein Wissenschaftler zu jedem Knochen ein Stückchen<br />
zerspaltenen Bambusrohrs mit dem mit Bleistift vermerkten Zeichen gelegt hatte.<br />
Rekonstruktion einer Dino-Marschkolonne
Besondere Sorgfalt erforderte auch die Verpackung der abgehobenen und fertig präparierten Knochen,<br />
weil auf dem mehrtägigen Trägertransport zur Küste mit Erschütterungen und Reibungen der<br />
Lasten gerechnet werden musste. Eine Verpackung in Seekisten vor Ort wäre unrealistisch gewesen,<br />
denn es gab keinerlei Kisten im Hafen Lindi, die sich nach Zahl und Bretterstärke geeignet hätten<br />
(abgesehen von den Gewichtsproblemen). <strong>Als</strong> Zwischenlösung kam nur das Provisorium Bambusrohr<br />
in Frage. Man brauchte Stäbe von 70 Zentimeter Länge, aufgereiht mit Draht und Kokosschnur. Diese<br />
biegsamen Hüllen legte man um die mit Gras gepolsterten Knochen-Objekte, sodass walzenförmige<br />
Traglasten zustande kamen, die sich gut verschnüren ließen.<br />
Jene Bambushüllen fertigten Kolonnen von jeweils 10 Eingeborenen nach Einheitsmaßen auf Vorrat.<br />
Der Affenbrotbaum lieferte in seinen hartschaligen großen Früchten vorzügliche Behälter für kleine<br />
und leicht zerbrechliche Knochenteile. Die Früchte wurden aufgesägt und entleert, und die Objekte<br />
mit Gras, Watte oder Rohbaumwolle darin verpackt. Solange es sich nur um Lasten handelte, die ein<br />
Mann allein zu tragen imstande war, gab es keine Probleme, doch mussten große Knochen notgedrungen<br />
zerlegt werden für den langen Pfad nach Lindi Hafen. Oberarm- und Oberschenkelknochen<br />
der Saurier wogen bis zu sechs Zentner!<br />
Einfache Lasten bewältigen einzelne Träger auf Kopf oder Schulter, doppelte Lasten (mit Tragestange)<br />
erforderten zwei Männer. Brauchte man gar vier oder acht Träger für eine Schwerlast, musste<br />
mit mehreren Stangen marschiert werden, begleitet von Ablösungshelfern. Die schwerste Last der<br />
Expedition ab Tendaguru, ein Halswirbel im Gipsbett, benötigte zweimal 12 Träger! Drei Routen<br />
(Pfade) hatte man zur Auswahl je nach Wetterlage. Bezirksamtmann Wendt in Lindi ließ einen etwas<br />
breiteren Weg schlagen, dazu mehrere Brücken. Durchschnittlich waren die Träger drei Tage unterwegs<br />
bis Lindi (abgesehen von Schwerlasten).<br />
Regelmäßig war der Montag ein „Knochenträgertag“, was sich überall herum sprach und Freiwillige<br />
lockte. Niemals ging eine Last verloren oder wurde leichtsinnig beschädigt. In Lindi häuften sich die<br />
Packungen bald in einem großen Lagerschuppen der <strong>Deutsch</strong>-<strong>Ostafrika</strong>nischen Gesellschaft. Die<br />
erforderlichen großen Seekisten stellten die jungen Männer in der Handwerkerschule Lindi zusammen,<br />
und das benötigte Holz lieferten Frachtsegler aus Skandinavien. <strong>Als</strong> Norminhalt galt etwa ein<br />
Kubikmeter Fassungsvermögen, was sieben oder acht Einzellasten entsprach. Auch Kisten für einen<br />
halben Kubikmeter Inhalt mussten gezimmert werden für etwa fünf Einzellasten. Das Kistenmaterial<br />
war so wertvoll, dass man es nach Eintreffen der Knochen in Berlin sorgfältig zerlegte und erneut<br />
einem Frachter Kurs Lindi zur Montage anvertraute (Nägel inbegriffen).
In Lindi konnten die Frachter nur auf Reede ankern, sodass arabische Dhaus (Lastensegler) den<br />
Zwischentransport übernehmen mussten mit begrenzter Kapazität. In Dar-es-Salaam ließ sich nochmaliges<br />
Umladen auf einen großen Überseedampfer der Woermann Linie nicht vermeiden Kurs<br />
Hamburg.<br />
Die Statistik der Expedition hinterließ folgende interessante Zahlen: Innerhalb von drei Jahren beförderte<br />
man 4300 Lasten mit 5400 Trägern im Wechsel, also umgerechnet 800 Kisten mit 185 Tonnen<br />
Gesamtgewicht. Allein 1912 (im letzten Jahr der Ausgrabungen) wurden 250 Kisten mit 40 Tonnen<br />
Gewicht angeliefert. Eine Holzkiste erforderte Ausgaben in Höhe von 20 bis 30 Mark (zur Anfertigung<br />
und Auslieferung). Der Rücktransport der in Berlin zerlegten Kisten nach Lindi zur Wiederverwendung<br />
ersparte innerhalb von drei Jahren Kosten in Höhe von etwa 3000 Mark. Die Lohnausgaben für alle<br />
Eingeborenen (in drei Jahren) verrechnete die <strong>Dinosaurier</strong>-Expedition mit rund 100.000 Mark.<br />
Ein wohlgeordneter Tagesablauf<br />
Vormittags inspizierten die Wissenschaftler turnusmäßig die wichtigsten aktuellen Grabungsstellen,<br />
an denen oft selbständig gearbeitet wurde mit wenigen eingeborenen Aufsehern. Etikettieren, Katalogisieren,<br />
Zeichnen und Fotografieren erledigte man routiniert. Während der trockenen Monate gingen<br />
die Forscher nachmittags auf die Jagd, um die Verpflegung aufzubessern.<br />
Enttäuschungen an den Fundorten blieben nicht aus: Oft fehlten den Extremitäten beim Ausgraben<br />
die Füße oder es brach die vom Schwanz bis zum vordersten Halsabschnitt aufgedeckte Wirbelsäule<br />
plötzlich ab und erwies sich als kopflos. Zur Jagdbeute zählten Perlhühner, Warzenschweine und<br />
Antilopen, bereichert durch Gemüse-Konserven beim Abendessen. Eier und Bananen lieferten<br />
benachbarte Eingeborenendörfer. Seltsamerweise hielten sich die Schwarzen zwar Hühner,<br />
verschmähten jedoch im allgemeinen den Verzehr von Eiern ...<br />
Ab Anfang August gestattete das Abbrennen großer Flächen Steppengras ein gründliches Absuchen<br />
der Umgebung des Tendaguru Bergmassivs, etwa zwei Kilometer im Umkreis, mit vielen neuen Funden.<br />
Den Baumwuchs rührte die Feuersbrunst nicht im geringsten obwohl meterhohe Flammensäulen<br />
scheinbar unwiderstehlich durch den Forst fegten. Kranke Stämme gehen zugrunde, gesunde<br />
überleben mühelos. Ihr Laub wird versengt, aber viele Blätter verfärbten sich nach wenigen Tagen<br />
und nach einer Woche folgen junge Blüten ...<br />
Dhau-Segelboote mit Knochenkisten am Hafen Lindi
Nur das Gras brennt weg, soweit der Wind die Flammen zu tragen vermag, doch ohnmächtig erlischt<br />
auch das heftigste Feuer, wenn es auf grünes oder frisches Gras trifft oder dichtes Buschwerk erreicht.<br />
Durchschreitet man die mittlerweile zugänglich gewordene Strecke, so staunt der Wanderer<br />
über viele unberührt gebliebene Grasbüschel inmitten des Aschefelds. Was abbrannte, ist kaum der<br />
Rede wert gegenüber den verschlossenen Zonen.<br />
Nachts erstickt jedes Feuer im fallenden Tau, und vormittags ist dann jede Mühe vergeblich, einen<br />
größeren Rodungsbrand zu entfachen. „Es ist noch zu kalt“ kommentieren die Eingeborenen sachverständig,<br />
und der Europäer staunt sprachlos. Wirft der Neugierige jetzt ein achtlos entzündetes<br />
Streichholz unter Sonnenhitze-Einfluss einfach weg, so geht das Gras zwar in Flammen auf, erlischt<br />
aber schon nach wenigen Metern kläglich.<br />
Die Vorstellungen von europäischen und nordamerikanischen Waldbränden oder die Erinnerung an<br />
Präriefeuer, wenn Mensch und Tierwelt, Freund und Feind vor der rasenden Flammenwand fliehen,<br />
sind mit den Erfahrungen am Tendaguru nicht in Einklang zubringen. Sogar lange Trägerkolonnen<br />
brauchen einem auf dem Marsch entgegen kommenden Feuersturm kaum auszuweichen: Eine Lücke<br />
hier und dort gestattet ohne weiteres, schnell „durchzuschlüpfen“ oder ein paar Sprünge zu riskieren.<br />
Grasbrände sind als wirtschaftliche und sanitäre Notwendigkeit in <strong>Deutsch</strong>-<strong>Ostafrika</strong> anzusehen. Insekten<br />
übertragen Malaria, die Schlafkrankheit und andere Übel. Mit den Zecken kommt das Rückfallfieber.<br />
Ratten, Giftschlangen, Skorpione, Hundertfüßler, Termiten, Beißameisen und Heuschrecken<br />
sorgen für Aufregung. Alle vermehren sich dort, wo es längere Zeit nicht gebrannt hat. Weithin<br />
sichtbare Rauchwolken signalisieren Scharen kleiner Insekten fressender Vögel, die dicht vor den<br />
Flammenzungen auf und nieder flattern, eine reiche Beute unter aufgeschreckten „Flugobjekten“ der<br />
Fauna. Und Raubvögel passen höllisch auf, um wiederum die Vogelschar zu greifen neben Hasen<br />
und Ratten auf der Flucht.<br />
Häuser und Felder der Eingeborenen lassen sich durch schmale Rodungsstreifen leicht schützen,<br />
denn die Verbrennung spielt sich so rasch ab, dass von hoch gewirbelten brennenden Halmen oder<br />
sprühenden Funken keine Gefahr ausgeht. Man muss wissen, dass unterschiedliche Grasarten zu<br />
unterschiedlichen Jahreszeiten brennbar werden. Hohes und üppiges Gras ist am ersten „reif“ zur<br />
Zündung durch das Feuer, denn in den Niederungen ist es während der Regenperiode am feuchtesten<br />
und die an das Wasser am intensivsten angepassten Gräser sind am empfindlichsten gegenüber<br />
dem Austrocknungsprozess. Wo Feuchtigkeit sich auch zur Trockenheit noch hält, bleiben die Halme<br />
dauernd gegen Brände gefeit. Ein trockenes Bachbett mit dichtem Gebüsch oder Windschutz kann<br />
ohne weiteres ein Feuer stoppen.<br />
Ein imposanter<br />
Knochenfund:<br />
Großer Halswirbel<br />
nach der<br />
Freilegung.
Die klimatischen Verhältnisse am Tendaguru bereiteten keine Kopfschmerzen. Vor Ende Mai bis Anfang<br />
Dezember ist nicht mit Regen zu rechnen. Die Temperaturen schwankten wie in Lindi zwischen<br />
14 und 30 Grand Celsius in der kühlen Jahrszeit bzw. 20 und 36 Grad in der heißen Saison (Schatten-Messung).<br />
Geringe Luftfeuchtigkeit erleichterte den Europäern das tropische Leben.<br />
Selbstjustiz war unvermeidbar<br />
Die Wissenschaftler mussten sich bei ihren Eingeborenen nicht zuletzt als Mediziner, Krämer und<br />
Gerichtsherren nützlich machen: Über jede Kleinigkeit sollte der weiße Mann ein Urteil fällen, ob er<br />
wollte oder nicht:<br />
Einer bot Bananen zum Verkauf an, die Kunden finden den Preis ungerecht und appellieren an den<br />
Forscher, er möge sofort den richtigen Preis festsetzen. Ein zweiter Eingeborener will ein Huhn kaufen,<br />
doch der Hühnerhalter lehnt ab: Bwana muss vermitteln! Der nächste hat seinem Freund ein<br />
Hemd verkauft, das aber zu eng ist, und will es nicht zurücknehmen: Wer kriegt das Hemd und wer<br />
hat Anspruch auf das Geld? Einer will heiraten und findet den Brautpreis zu hoch, den die Eltern des<br />
Mädchens verlangen. Bwana soll den Preis der Braut festlegen und eine Entschädigung für den Onkel<br />
bestimmen, der als Vermittler tätig wurde. Es folgen Fälle von Beleidigung, Ehebruch, Vorschussleistung,<br />
Urlaubsgesuche, Sachbeschädigung usw.<br />
Schließlich breiteten sich die Ausgrabungsarbeiten auf mehr als 20 Stellen aus, verstreut über 30<br />
Quadratkilometer, jeweils mehrere Tagesmärsche voneinander entfernt.<br />
Überraschend und erfreulich war das Maß an Ehrlichkeit aller Eingeborenen im Dienst der Expedition.<br />
Die Kasse zahlte im Durchschnitt 500 Rupien an Vorschuss aus, und es wurde kein Heller veruntreut.<br />
Es war nicht möglich, die zahlreichen benötigten kleinen Kisten voller Kupfermünzen zuverlässig<br />
zu verschließen, doch niemand rührte das Kapital an.<br />
Viele Eingeborene glaubten, die zutage geförderten Saurierknochen würden später in <strong>Deutsch</strong>land<br />
als „Zaubermittel“ in Umlauf gebracht und für gutes Geld verkauft. Der Gedanke, dass einst in Afrika<br />
ein großes Meer vorherrschte, in dem die Ungeheuer herum schwammen, dass damals keine Menschen<br />
existierten usw. leuchteten den Schwarzen mühelos ein, wenn sie neben den Knochen auch<br />
versteinerte Muscheln, Schnecken und Fische entdeckten. Es beflügelte die Fantasie!<br />
Wissenswertes über die <strong>Dinosaurier</strong>spuren<br />
Neuere Forschungen bestätigen, dass <strong>Dinosaurier</strong> vor (mindestens) 230 Millionen Jahren auf unserer<br />
Erde lebten. Die entdeckten Fußabdrücke weisen gewaltige Unterschiede auf: vom „Vogelbein“ bis<br />
zur dreifachen Größe eines Elefanten-Fußabdrucks. Bisher fand man Saurierspuren in sämtlichen<br />
Erdteilen, nur nicht in der Antarktis. Am intensivsten erforscht wurden inzwischen alle in Nordamerika<br />
nachweisbaren Spuren dank der Initiative der DINOSAUR TRACKERS RESEARCH GROUP mehrerer<br />
Universitäten in den USA.
Während sich internationale Wissenschaftler zunächst nur für reizvolle Knochenfunde interessierten,<br />
reifte das Forschungsgebiet Fußabdrücke erst in den achtziger Jahren des vorigen Jahrhunderts,<br />
ebenfalls in den USA. Man staunte im einzelnen über drei, vier oder fünf Zehen als Abdrücke. Wichtig<br />
zu wissen ist auch, dass das Zeitalter der <strong>Dinosaurier</strong> sich über 170 Millionen Jahre ausdehnte! Manche<br />
hatten zwei Füße, andere vier. Gipsabdrücke sind längst ersetzt worden durch solche aus Latex<br />
und Silicon wegen der besseren Formgebung und Haltbarkeit.<br />
Den amerikanischen Wissenschaftlern ist es sogar gelungen, sogenannte „Bewegungsprofile“ darzustellen.<br />
Mit anderen Worten: so lassen die entdeckten Abdrucke (zum Teil) darauf schließen, dass<br />
<strong>Dinosaurier</strong> in „Herden“ geschlossen umherzogen, dass sie in Kämpfe wegen der „Rangordnung“<br />
verwickelt waren und anderes mehr. Dies trifft ohne Zweifel zu. Es gab Konzentrationen zur<br />
Paarungszeit an bestimmten Orten.<br />
Im Jahr 1941 stellte Roland T. Bird in Nordamerika fest, wo 12 Saurier in „Formation“ wie eine<br />
Marschkolonne unterwegs waren, und ihre Spuren lieferten die einwandfreien Beweise hierfür. Dies<br />
ereignete sich auf dem gegenwärtigen Gelände der Davenport Ranch und erregte großes Aufsehen<br />
in der Fachwelt. Man wagte sogar zu unterstellen, dass Saurier häufig „gesellig“ miteinander umgingen,<br />
also keineswegs feindselig. 1972 veröffentlichte John Ostrom seine Untersuchung mit dem Titel<br />
„Inwieweit lebten die <strong>Dinosaurier</strong> teilweise in Gesellschaften?“ Sowohl in Nordamerika als auch in<br />
Südamerika und Afrika fand man Beweise zu Ostroms Rekonstruktionen.<br />
Nordamerikanische<br />
Indianer verwenden<br />
auf ihrer Kleidung<br />
Abbildungen von<br />
Saurier-Fußspuren,<br />
wie diese Zeichnung<br />
nachempfindet.<br />
Spanien, Korea und Australien boten gleichfalls vergleichbare Dokumentationen. Es gibt inzwischen<br />
keinen Zweifel daran, dass die erwähnten Herden „Schulter an Schulter“ dicht nebeneinander „marschierten“<br />
in einer bestimmten Richtung, sei es zielbewusst oder ziellos. Aus Kanada ist eine Studie<br />
bekannt geworden, aus der hervorgeht, dass dort etwa ein Dutzend Ornithopoden in ihrer „Kolonne“<br />
jeweils ungefähr zwei Meter Abstand voneinander hielten, wie Phil Currie berichtet. Jene „Formation“<br />
machte auch mehrere Schwenks, was ihre Abdrücke eindeutig verraten. Brontosaurier und Theropoden<br />
verhielten sich (beispielsweise in Korea) ähnlich.<br />
Zu unterscheiden ist auch, dass manche „Kolonnen“ in einer breiten Front durch die Landschaften<br />
zogen, andere dagegen im „Gänsemarsch“ hintereinander. Es wurden auch Formationen mit „Speerspitze“<br />
nachgewiesen. Der Begriff „Herdenstruktur“ entstand erst 1968, definiert von Robert Bakker<br />
anhand der Davenport Ranch. Er vermochte sogar nachzuweisen, dass manche dieser Herden einen
äußeren Schutzwall bildeten und Jungtiere in ihrer Mitte laufen ließen, doch tauchten in jüngster Vergangenheit<br />
einige Zweifel an dieser Theorie auf, weil die Beweislage unzulänglich erscheint. Lebten<br />
Fleisch fressende und Pflanzen verzehrende <strong>Dinosaurier</strong> in einer Herde friedlich zusammen? Über<br />
die richtige Antwort streiten die Gelehrten nach wie vor.<br />
Ohne Zweifel war der Tyrannosaurus Rex eher ein Faulpelz ohne großen Bewegungsehrgeiz, während<br />
zahlreiche vogelähnliche Saurier außerordentlich mobil agierten dank ihres geringen Gewichts.<br />
Theropoden galten als schnelle Läufer.<br />
Nordafrika (Marokko) verzeichnete 1937 die ersten bedeutenden Spuren von <strong>Dinosaurier</strong>n nahe<br />
Demnat, doch eingehende Untersuchungen fanden nicht vor 1978 statt. Marokkanische, französische<br />
und japanische Forscher zählten zum Team des Staatlichen Erdgeschichtlichen Museums, denen<br />
nicht zuletzt wertvolle Skelettfunde zu verdanken sind. Man fand jedoch nirgendwo „Schwanzschleifspuren“<br />
von irgendwelchen <strong>Dinosaurier</strong>n.<br />
In Lesotho (Südafrika) verrät die Höhlenmalerei von Buschmännern nach neueren Enddeckungen,<br />
dass sich unter den Motiven auch Fußabdrücke von <strong>Dinosaurier</strong>n befinden. Die Buschmänner zeichneten<br />
in freier Fantasie dazu Tiere, die eine erstaunliche Ähnlichkeit mit Dinos erkennen lassen!<br />
Überraschungen in Südwestafrika<br />
Diese Dino-Fußabdrücke<br />
kann man auf einer<br />
deutschen Farm nahe<br />
Kalkfeld in Namibia<br />
besichtigen.<br />
(Umrisse mit weißer<br />
Farbe markiert).<br />
Wer von Otjiwarongo über Omaruru nach Swakopmund mit dem Auto unterwegs ist, kommt als Tourist<br />
an den 200 Millionen Jahren alten Spuren von <strong>Dinosaurier</strong>n nahe der Ortschaft Kalkfeld vorbei,<br />
wenn man ein Farmtor mit Hinweisschild erkannt und zwei Euro Eintrittsgeld bezahlt hat. Hier lebten<br />
zwar keine Riesen-Echsen wie im ehemaligen <strong>Deutsch</strong>-<strong>Ostafrika</strong>, wohl aber kleinere Arten wie der<br />
Syntarsus in Mannshöhe.<br />
Der Rat für Denkmalschutz ließ 1951 eine Tafel aufstellen mit dem folgenden Wortlaut: „Vor 200 Millionen<br />
Jahren lebten im südlichen Afrika zahlreiche Reptilien unterschiedlicher Größe. Die zweibeinigen<br />
<strong>Dinosaurier</strong> hinterließen ihre Spuren an den Ufern von Binnengewässern der Urzeit oder im<br />
feuchten Sand, den der Wind hierher getragen hatte. Sand und Abdrücke wurden von einer schützenden<br />
Schicht Sediment bedeckt. Allmählich bildete sich daraus der rote Etjo-Sandstein, und die<br />
Spuren traten wieder zutage“:<br />
Im September 1998 meldete die Bayrische Julius Maximilians Universität zu Würzburg in ihrem Pressedienst:
„Abdrücke von <strong>Dinosaurier</strong>knochen wurden in Namibia bis jetzt noch nie gefunden. Inzwischen steht<br />
fest, dass die Urzeit-Reptilien auch dort einmal lebten, wie Geologen der Universität Würzburg mit<br />
britischen Kollegen dokumentierten. Die Geologen Frank Holzförster und Harald Stollhofen entdeckten<br />
einen Skelettabdruck im Norden Namibias, unterstützt vom Kollegen Jan Stanistreet, Mitglied der<br />
University of Liverpool. Schauplatz war der Nationalpark Waterberg Plateau, scherzhaft neuerdings<br />
Namibias Jurassic Park genannt.<br />
Der Skelettabdruck konnte sorgfältig konserviert und nach Windhuk verbracht werden, um dort in<br />
einem Museum ausgestellt zu werden, das zum Geological Service gehört. Der Abdruck zeigte sich in<br />
einem etwa 200 Millionen Jahre alten Sandstein, einst Bestandteil einer ausgedehnten Halbwüste.<br />
Die Knochen blieben im Verband erhalten, zumindest teilweise. Zur korrekten Identifizierung des<br />
Funds trugen die Paläontologen Bruce Rubidge und Mike Raath von der University of the Witwatersrand<br />
in Johannesburg bei. Es handelt sich um einen Massospondylus aus dem Jura-Zeitalter, einst<br />
sechs bis acht Meter lang, ein Pflanzenfresser.<br />
Spurensuche bei den <strong>Dinosaurier</strong>n<br />
1802 Spuren von <strong>Dinosaurier</strong>n in New England (USA) erstmals entdeckt, aber<br />
nicht dokumentiert.<br />
1822 Dr. Mantell entdeckt den Iguanodon in Großbritannien, der 1825<br />
erstmals dokumentiert wird mit Einzelheiten.<br />
1836 Edward Hitchcock vom Amherst College in Massachusetts, USA<br />
veröffentlicht die erste wissenschaftliche Beschreibung von<br />
<strong>Dinosaurier</strong> Spuren im Connecticut Valley.<br />
1841 Sir Richard Owen empfiehlt die Bezeichnung DINOSAURIA zur<br />
Klassifizierung des IGUANODON und ähnlicher Formen.<br />
1846 Iguanodon Fußabdrücke werden in England entdeckt und 1862<br />
wissenschaftlich bestätigt.<br />
1858 Der erste <strong>Dinosaurier</strong> wird in einer östlichen Provinz der USA entdeckt,<br />
genannt Hadrosaurus. Hitchcock veröffentlicht sein Standardwerk THE<br />
ICHNOLOGY OF NEW ENGLAND.<br />
1866 Westlich vom Mississippi entdeckt man die ersten Abdrücke von<br />
<strong>Dinosaurier</strong>n.<br />
1880 Entdeckung der ersten Abdrücke von <strong>Dinosaurier</strong>n in Schwarzafrika.<br />
1882 Entdeckung der ersten <strong>Dinosaurier</strong>-Abdrücke in Russland.<br />
1899 Dokumentation der Morrison Formation.<br />
1916 Erste Spuren von <strong>Dinosaurier</strong>n in Texas entdeckt.<br />
1929 Teilhard de Chardin und C.C. Young berichten von den ersten<br />
<strong>Dinosaurier</strong>-Spuren in China.<br />
1936 Saurierspuren in Südamerika<br />
1933 Saurierspuren in Australien.<br />
1986 Erster Internationaler Kongress über Spuren der <strong>Dinosaurier</strong> in den<br />
USA mit Ortsbesichtigungen.
Dieses Modell eines Massospondylus ist in einem Windhuker Museum ausgestellt,<br />
etwa sechs Meter lang. Hergestellt wurde es im Albany Museum zu Grahamstown,<br />
Sourth Africa.<br />
Die Echsen existierten seinerzeit in einer relativ feuchten Halbwüste, geprägt von Dünen und spärlichem<br />
Pflanzenwuchs. Seltene und intensive Regenfälle sorgten für flache Tümpel zur Trinkwasserversorgung.<br />
Nach dem Urteil der Geologen unterschieden sich die damaligen Lebensbedingungen für<br />
große Landtiere nicht wesentlich von den Verhältnissen in der gegenwärtigen Kalahari Wüste (Südafrika,<br />
Botswana, Namibia). Der Fund am Waterberg war für die Forscher deshalb so bedeutend, weil<br />
man dadurch Gesteinformationen aus dem Erdmittelalter Südamerikas mit Formationen des afrikanischen<br />
Kontinents vergleich konnte. <strong>Als</strong> Massospondylus im südlichen Afrika lebte, waren die gegenwärtigen<br />
Erdteile Afrika, Südamerika, Indien, Australien und Antarktis in einem riesigen Komplex vereint<br />
mit dem Namen Gondwana.<br />
Nach Meinung der deutschen Geologen kann man mit Hilfe des Waterberg Funds die Verbreitung<br />
und das Alter früherer Wüstengebiete in Südamerika und Afrika jetzt viel genauer rekonstruieren.<br />
Daraus lässt sich das Alter der Gesteinsschichten vor der namibischen Atlantikküste ableiten. In diesen<br />
Schichten lagern wahrscheinlich bedeutende Erdgasvorkommen.<br />
Der Massospondylus wurde in zwei getrennten Blöcken aus Sandstein innerhalb der Etjo Formation<br />
entdeckt und zwar mit unterschiedlichen Abdrücken eines Skeletts.<br />
Quellen<br />
Hennig, E.: Am Tendaguru – Riesensaurier in DOA<br />
(Stuttgart 1912)<br />
Archiv für Biontologie<br />
(Berlin 1914)<br />
Geologisch-Paläontologisches Museum<br />
(Berlin 1912)<br />
Lockley, M.: Tracking Dinosaurs<br />
(Cambridge 1991)<br />
Haubold, H.: Saurierfährten<br />
(Wittenberg 1984)<br />
Holzförster, F.: Erster <strong>Dinosaurier</strong> Namibias<br />
(Würzburg 1998)
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