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Dokumentation des 7. MainzerMediendisputs (2002) [PDF]

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Selbstverständlich ist es so, dass – zum Beispiel für die taz – die Fusion vonBerliner Zeitung und Tagesspiegel eine ziemliche Katastrophe wäre. Wirhaben schon durch den Zeitungskrieg, den sich die beiden Konzerne, denendiese beiden Blätter gehören, liefern, enorme Auflagenverluste in Berlingehabt. Die Zeitungen wurden an jeder Ecke und Kante verschleudert. Das,was Qualitätsjournalismus eigentlich wert sein sollte, wurde in Berlin überhauptnicht mehr sichtbar. Die taz konnte sich das nie leisten. Und manmuss sich schon die Frage stellen, wie das weitergeht, wenn eben auf derverlegerischen Ebene, auf der Vertriebsebene, auf der technischen Ebenediese Zusammenarbeit fortgesetzt wird. Das wird für uns sicherlich einProblem. Zu den anderen Punkten, die Sie eben angesprochen haben: Ichglaube, das muss man mal einiges klarstellen. Unser Geschäftsführer hat aufAufforderung <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>wirtschaftsministeriums eine Stellungnahme abgegeben,weil die taz selbstverständlich ein Mitbewerber ist auf dem BerlinerMarkt ist. In diesem Brief, das muss ich leider selbst kritisch anmerken, istunser Geschäftsführer leider nicht so ganz stilsicher gewesen. Mit anderenWorten: Da finden sich tatsächlich einige Sätze drin, die ich schon aus kollegialenGründen gegenüber Giovanni di Lorenzo, hätte ich den Brief zuvorzu Gesicht gekriegt, raus gestrichen hätte. Die haben da einfach nicht hineingehört.Allerdings sind die Sparvorschläge, die unser Geschäftsführer indiesem Brief gemacht hat, nicht etwa auf seinem eigenen Mist gewachsen,sondern er hat sich dabei auf ein Papier <strong>des</strong> Geschäftsführers <strong>des</strong>Tagesspiegels bezogen, ...HL: Aber noch mal: Das sind Sparvorschläge für den Tagesspiegel?BM: ... Das sind Sparvorschläge, die der Tagesspiegel Geschäftsführer fürden Tagesspiegel gemacht hat und die der taz-Geschäftsführer zitiert hat. Istvielleicht auch nicht die feine englische Art, allerdings glaube ich eher ist dieAnfrage <strong>des</strong> Ministeriums ein Problem. Weil die Anfrage <strong>des</strong> Ministerium lautetganz klar: Wie können Sie sich als Mitbewerber vorstellen, könnte ihrKonkurrent effizient und kostendeckend arbeiten. Solche Fragen werden dagestellt! Das heißt also, die Stellungnahme war also nicht sozusagen eineIdee unseres Geschäftsführers, wie der Tagesspiegel sparen könnte. Sonderndas Ministerium hat danach gefragt und unser Geschäftsführer hat mit einigenunangenehmen – tja, wie soll ich sagen – Schlenkern zwischendurchdiese Sparvorschläge aus dem Tagesspiegel selbst aufgegriffen.GdL: Darf ich das mal? Ich will das nur in der Sache richtig stellen. DasPapier, das mit ein paar Zeilen eingeflossen ist in diesem Brief Ihres großartigenGeschäftsführers ist ein Papier von 1994. Also, wenn wir uns überlegen,was alles geschrieben worden ist in der Zwischenzeit, dann glaubeich ist das auch eine sehr anfechtbare Bezugsgröße – ein Papier von ‘94.Für die Kollegen ist es ein Horror, im Moment zu arbeiten. Das auch <strong>des</strong>wegen,weil wir aus anderen Häusern und leider auch von Journalisten,Vorschläge bekommen, wie wir vielleicht effizienter und sparsamer arbeitenkönnen. Das ist ein Bereich, der geht wirklich ans Eingemachte. Der tut auchweh, weil ich versichere Ihnen, ich kenne keinen Verleger, der ein größeresGefühl hat für Sparsamkeit, wie die schwäbische Familie von Holtzbrinck.Wenn es irgendwo Geld rauszuholen gäbe, wenn es irgendein Modell gäbe,um den Tagesspiegel in die schwarzen Zahlen zu kriegen, die hätten dasschon dreimal ausprobiert und nicht gewartet bis zuletzt oder wenn irgendeinabschlägiger Bescheid kommt. Wir arbeiten unter sparsamsten Bedingungen.Ich will Ihnen nur mal eine Vergleichsgröße nennen. Die redaktionellweitgehend fusionierten Blätter Morgenpost und Welt haben für sechsTage immer noch 375 Redakteure. Wir haben eine Sieben-Tage-Woche undmachen das mit 135 Redakteuren. Es werden halt auch so wahnsinnig vielefalsche Zahlen in Umlauf gebracht. Wenn die Berliner Zeitung und der Tagesspiegeltatsächlich auf Verlagsebene fusionieren würden – auf redaktionellerwohlgemerkt nicht, das ist auch der wichtigste Grund, warum ich unbedingtfür diese Ministererlaubnis bin –, dann hätte Springer, auch nach denZahlen, die das Kartellamt errechnet hat, immer noch fast 60 Prozent <strong>des</strong>Werbekuchens in Berlin. Also, das ist schon eine beeindruckende Größe. Wirhaben in Berlin die größte Zeitungsvielfalt, die ich in einem europäischenLand kenne, mit zehn Titeln. Ich sage noch mal, es wäre viel besser, wennjede Zeitung allein überlebensfähig wäre mit unterschiedlichen Verlagen.Aber angesichts der Situation, die wir im Moment haben und die wir allespüren – und wir sind überhaupt nicht uns unserer Sache sicher, ganz imGegenteil, die Leute haben bei uns Angst um ihren Arbeitsplatz, weil wir einWort <strong>des</strong> Verlegers auch so nehmen müssen –, glaube ich, ist das unter denweniger guten Lösungen immer noch die für uns erträglichste, weil zweiZeitungen erhalten bleiben. Das, finde ich, ist im Moment das wichtigste.BM: Giovanni, nur noch ein Satz dazu. Ich finde, wir sollten als Journalistenschon das ganze mit Skepsis betrachten, wenn es heißt, die beiden Redaktionenbleiben getrennt und behalten ihre publizistische Eigenständigkeit.Ich glaube sofort, dass es im Moment so sein wird, lass mal den Konzentrationsprozess,lass mal die ganze Krise sich weiter entwickeln und danngucken, wie das in fünf Jahren geht. Ich finde, diese Skepsis ist angebrachtund das muss man einfach auch deutlich sagen.GdL: Ja, da hast Du auch völlig recht. Wenn wir die Skepsis verlieren, könnenwir den Beruf aufgeben. Nur was sind die Alternativen? Gruner + Jahrhatte nichts besseres zu tun, als die Berliner Zeitung zu verkaufen. Das mussman jetzt auch mal sagen. Der kleine, gebrechliche, finanzschwache KonzernGruner + Jahr hat die Berliner Zeitung verkauft. Dann der Punkt Tagesspiegel:Das Nichtzustandekommen dieser Ministererlaubnis, würde zu viel größerenSchäden führen. Es geht immer nur um Abwägung, kleineres Übel. Und ichfinde, was auf dem Wege dieser Stiftung durch Holtzbrinck in Aussicht gestellt108109

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