Venedig - Technische Universität Braunschweig
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5. <strong>Venedig</strong> - Seemacht mit imperialem Anspruch 1381-1493<br />
5.1. <strong>Venedig</strong> versus Genua<br />
3<br />
Wenn Genua bereits ein ganzes Kapitel (Folge 3) gewidmet ist,<br />
stellt sich die Frage, ob es notwendig ist, auch <strong>Venedig</strong> ein<br />
eigenes Kapitel einzuräumen. Auf den ersten Blick scheinen die<br />
beiden Rivalinnen, die rund 200 Jahre um die Führungsrolle im<br />
Mittelmeerraum gerungen haben, so viel Ähnlichkeiten aufzuwei<br />
sen, dass der Grenznutzen einer weiteren Fallstudie nur gering<br />
zu sein scheint. Beide waren italienische Stadtstaaten mit re<br />
publikanischer Verfassung, beide hatten eine oligarchische<br />
Prägung, bei der wenige große Familien das Sagen hatten, beide<br />
waren ausgesprochene Seemächte mit nur beschränkten territori<br />
alen Ambitionen, beide waren in Europa Vorreiter und Träger<br />
der nautischen und kommerziellen Revolutionen am Übergang vom<br />
Spätmittelalter zur frühen Neuzeit, beide waren Handelsrnächte<br />
und internationale Dienstleister ohne eigentliche, allenfalls<br />
geringe, landwirtschaftliche bzw. gewerbliche Basis, beide<br />
bildeten Scharniere zwischen Orient und Okzident, zwischen<br />
West- und Osteuropa, beide betrieben eine diplomatische Schau<br />
kelpolitik zwischen den großen Mächten ihrer Zeit mit nur be<br />
grenzter Loyalität gegenüber dem lateinisch-christlichen A<br />
bendland und beide lieferten, hegemonietheoretisch argumen<br />
tiert, die gleichen internationalen öffentlichen Güter, näm<br />
lich ein globales Handelsregime und Schutz der Meere. Selbst<br />
das äußere Erscheinungsbild ihres Aufstiegs und Niedergangs<br />
weist viele Ähnlichkeiten auf: In beiden Fällen eine lange<br />
Aufstiegsphase und eine ebenso lange Phase des Niedergangs,<br />
keine ganz eindeutige Zeitspanne, die als Hegemonialphase i<br />
dentifiziert werden kann, und der Umstand, dass eher externe<br />
als interne Faktoren für den Niedergang verantwortlich zu ma<br />
chen sind. Mit allen diesen Merkmalen bilden sie typologisch<br />
nahezu das komplette Gegenstück zum Reich der Mongolen.<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00033427