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Netzwerk Südbaden - Juli 2015

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Blickpunkt MittelstandUnternehmen müssen seit der Finanzmarktkrise zunehmendeCompliance- und Transparenzforderungen unterschiedlicherInteressensgruppen erfüllen. Insbesondere unternehmerischeFehlentscheidungen werden heutzutage zeitnah reflektiert undin gra-ierenden Fällen unter Umständen sogar sanktioniert. UmSchadensansprüche oder Haftungsrisiken zu vermeiden, müssenEntscheidungsträger und Kontrollgremien nachweislich sicherstellen,dass sie ihren Sorgfaltspflichten bei unternehmerischen Handlungen,für die sie gegenüber den Gesellschaftern und Dritten Verantwortungtragen, nachgekommen sind.Mit der Einführung der sogenannten „Business Judgement Rule“wurde die Sorgfaltspflicht von Vorständen und Aufsichtsräten nunmehr auch im Aktienrecht gesetzlich verankert. Diese konkretisiertdie Sorgfaltspflichten und führt Bedingungen auf, unter denenHaftungsfreiräume gewährt werden. Von einer Transformation deraktienrechtlich kodifizierten Vorschrift auf die Geschäftsführungund Aufsichtsorgane anderer Rechtsformen ist auszugehen.Für Entscheidungsträger und Kontrollorgane gewinnen daherOptionen zur Dokumentation und Absicherung von wichtigen,oft wegweisenden unternehmerischen Entscheidungen zunehmendan Bedeutung. Die sogenannte „Fairness Opinion“ bietetsich hierbei als geeignetes Instrument an. Sie stellt einerseits eineunabhängige Stellungnahme zur Angemessenheit von zentralenManagemententscheidungen und somit eine Entscheidungshilfedar. Andererseits dient sie gleichzeitig der Dokumentation, Verifizierungund Kommunikation der Vorteilhaftigkeit unternehmerischerInitiativen, dem Abbau von Informationsasymmetrien zwischenManagement und Stakeholdern sowie letztlich dem Schutzvor Haftungsrisiken.Damit die „Fairness Opinion“ ihren Funktionen gerecht wird,wurden durch das Institut der Wirtschaftsprüfer Leitlinien für dieErstellung einer „Fairness Opinion“ (IDW S8) formuliert. Danachhat der erstellende Wirtschaftsprüfer konkret Anforderungen andie Transparenz, Nachvollziehbarkeit und Akzeptanz der Ergebnisse,die Vereinbarkeit mit berufsständischen Standards, Unabhängigkeitund Objektivität zu beachten.„Fairness Opinions“ können aus unterschiedlichsten Anlässeneingeholt werden. Sie sind insbesondere bei unternehmerischenEntscheidungen sachdienlich, die wesentlichen Einfluss auf die Finanz-,Vermögens- und Ertragslage, Unternehmensstruktur oderEigentumsverhältnisse haben. Klassische Anwendungsbereicheeiner „Fairness Opinion“ sind zum einen öffentliche Übernahmeangeboteeines Bieters, zu denen der Vorstand und Aufsichtsrat einerZielgesellschaft mitunter zu Art und Höhe des Gebots zeitnahbegründet Stellung nehmen muss.Zum anderen dient sie der Beurteilung geplanter Transaktionenwie z. B. dem Kauf oder Verkauf von Unternehmen oder Unternehmensspartenbis hin zu einzelnen Vermögensgegenständen.Die Fairness Opinion besteht in der Regel aus drei Bestandteilen:(1) „Opinion Letter“ (obligatorisch): Stellt das Ergebnis der FairnessOpinion dar, ist die zur externen Veröffentlichung vorgesehene Stellungnahmezur finanziellen Angemessenheit des Transaktionspreises.(2) Bewertungs-Memorandum (obligatorisch): Für interne Zweckeerstellte Beschreibung der Methoden, Vorgehensweisen und Annahmensowie Darstellung des Beurteilungsergebnisses zur Ergänzung und Vertiefungder Berichterstattung im Opinion Letter.(3) Fakultatives Memorandum: Zusammenstellung sämtlicher indie Angemessenheitsbeurteilung einbezogener Informationen und Datenfür den internen Gebrauch.Der Transaktionspreis wird auf Basis kapitalwertorientierter sowiemarktpreisorientierter Bewertungsverfahren unter Hinzuziehungergänzender Informationen abgeleitet (z. B. Stellungnahmen vonFinanzanalysen, beobachtbare Übernahmeprämien). Synergienund andere subjektive Faktoren werden bei der Angemessenheitsbeurteilungeinbezogen, da sich die Berichterstattung des Wirtschaftsprüfersbei „Fairness Opinions“ ausschließlich an den Auftraggeberrichtet. Von einer „finanziellen Angemessenheit“ ist ausErwerbersicht auszugehen, wenn der zu beurteilende Transaktionspreisinnerhalb oder unterhalb der ermittelten Wertbandbreiteder Bewertungsergebnisse liegt.Aus Sicht des Veräußerers liegt sie vor, wenn ein Transaktionspreisinnerhalb oder oberhalb dieser Wertbandbreite erzielt wird.Weitere Anwendungsfelder von „Fairness Opinions“ eröffnenEntscheidungsträger in der Sorgfaltspflichtsich bei der Abwägung der Vorteilhaftigkeit alternativer Handlungsmöglichkeitenstrategischer Unternehmensinitiativen (z. B.Liquidation vs. Fortführung, Standortverlagerungen, strategischeNeuausrichtung, Outsourcing etc.). Ferner ist es sinnvoll größereFinanzierungs- und Restrukturierungsvorhaben, die ein hohesfinanzielles Risiko in sich bergen, wie bspw. Börsengänge, Forderungsverzichteetc., auf ihre finanzielle Angemessenheit hin zuanalysieren und gerichtsfest zu dokumentieren.Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass eine „FairnessOpinion“ ein probates Hilfsmittel für Entscheidungs- und Kontrollgremiensämtlicher Rechtsformen zur Dokumentation derSorgfaltspflicht und Minimierung von Haftungsrisiken wichtigerEntscheidungen darstellt. Sie nimmt dem Management jedochnicht die eigenständige, finale Entscheidung über die Durchführungoder Unterlassung eines Vorhabens ab.Rolf MüllerWirtschaftsprüfer und SteuerberaterPartner bei PwC Stuttgart48netzwerk südbaden

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