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20 jahre - Druck-und Pressehaus Naumann KG

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Seite 4 Januar <strong>20</strong>08<br />

<strong>20</strong> JAHRE<br />

Torsten Engel<br />

Assistent der Vertriebsleitung<br />

Alter: 33<br />

Lieblingslektüre: Dichtung <strong>und</strong> Zitate / Karl Bröger<br />

Bevorzugtes Reiseziel: Nordsee (Sylt)<br />

Schönster Fleck im MKK: Garten des Elternhauses in Altenhaßlau<br />

Ein Bier trinken würde<br />

ich gerne mit ... ... Uwe Seeler<br />

Was mich nervt: Unehrlichkeit <strong>und</strong> Unpünktlichkeit<br />

Heike Springer<br />

Mediaberaterin (Altkreis Schlüchtern)<br />

Alter: 48<br />

Lieblingslektüre: Leider komme ich nur im Urlaub zum<br />

Lesen, dann Sidney Sheldon <strong>und</strong><br />

Nora Roberts.<br />

Bevorzugtes Reiseziel: Griechenland,Türkei, Südtirol<br />

Schönster Fleck im MKK: Mein Garten in Wahlert – ideal zum<br />

Relaxen<br />

Ein Bier trinken würde<br />

ich gerne mit ... ... mit meinen Fre<strong>und</strong>en <strong>und</strong> meiner Familie<br />

Was mich nervt: Ungerechtigkeit <strong>und</strong> Gleichgültigkeit<br />

Uwe Schnobl<br />

Träger- <strong>und</strong> Abonnentenverwaltung (Vertrieb)<br />

Alter: 23<br />

Lieblingslektüre: „Sakrileg“ (Dan Brown),<br />

„Herr der Ringe“ (J. R. R.Tolkien)<br />

Bevorzugtes Reiseziel: USA<br />

Schönster Fleck im MKK: Der Kühlschrank meiner Mutter<br />

Ein Bier trinken würde<br />

ich gerne mit ... ... Michael Jordan<br />

Was mich nervt: Lustige Witzchen von meinen tollen<br />

Arbeitskollegen „Coco“ <strong>und</strong> „Balu“<br />

1988<br />

+ + + Manfred W.<br />

Franz wird zum<br />

Freigerichter Rathauschef<br />

gewählt +<br />

+ + Hormonskandal<br />

bei Kälberzüchtern<br />

+ + + Gelnhausens<br />

Altbürgermeister<br />

Dr. Hans Georg Kloz<br />

stirbt 77-jährig +<br />

+ + Klaus Traxel<br />

neuer Hasselrother<br />

Bürgermeister + + +<br />

Handballer des<br />

Turnvereins Gelnhausen steigen in die Zweite B<strong>und</strong>esliga<br />

auf + + + Monsignore Dr. Dr. Karl Biba<br />

stirbt mit 89 Jahren + + + Der Gelnhäuser Harald<br />

Schmid erläuft sich bei den Deutschen Meisterschaften<br />

im 400-Meter-Hürdenlauf seinen elften Titel<br />

– Vizemeister wird Vereinskollege Edgar Itt +<br />

+ + Freigerichter Gesamtschulleiter Helmut Zwergel<br />

geht nach <strong>20</strong> Jahren in den Ruhestand + + + SPD im<br />

Langenselbolder Stadtparlament spaltet sich: Selbolder<br />

Liste gegründet + + + Gelnhäuser Geschäftsmann<br />

Alois Tanzer fährt 700 Kilometer mit der Kutsche<br />

in die Partnerstadt Marling + + + Golfplatz am<br />

Wächtersbacher Weiherhof geplant + + + Deutschlands<br />

jüngste Tageszeitung: GNZ geht an den Start + + +<br />

Über die Gründer<strong>jahre</strong><br />

Von Thomas Witzel, Redaktionsleiter <strong>und</strong> Chefredakteur der GNZ von 1988 bis 1990<br />

Am Anfang war das Wort –<br />

<strong>und</strong> das Wort hieß Tageszeitung.<br />

Seit ich Mitte der<br />

achtziger Jahre mit Ehrhard <strong>Naumann</strong><br />

zusammenarbeitete <strong>und</strong><br />

wenn die Expansionsarbeiten am<br />

„Gelnhäuser Boten“ es zeitlich irgendwie<br />

zuließen, beflügelte dieses<br />

T-Wort unsere Phantasien, spielten<br />

wir, am Anfang erst zögerlich, später<br />

immer konkreter <strong>und</strong> realistischer<br />

das Szenario durch.<br />

Der Markt, das war uns klar, war<br />

vorhanden – die Zeit, das verfestigte<br />

sich mit jedem Gespräch, durchaus<br />

reif. Und mit dem „Gelnhäuser<br />

Boten“, das war das Pf<strong>und</strong>, mit<br />

dem es zu wuchern galt, hatte man<br />

die „Hardware“, quasi den technisch-organisatorischen<br />

Unterbau,<br />

um ein Unternehmen zu starten,<br />

das zu damaliger Zeit ohne Beispiel<br />

in der gesamten Republik war: die<br />

Neugründung einer Tageszeitung.<br />

Bis es soweit war, musste allerdings<br />

noch einiges Wasser die Bach<br />

in Altenmittlau runterfließen. Und,<br />

wie es sich für einen Verleger, der<br />

mit dem Anspruch christlicher<br />

Gr<strong>und</strong>haltung lebte <strong>und</strong> arbeitete,<br />

gehörte – der „Segen von oben“<br />

war obligat.Weil das Vorhaben damals<br />

in aller M<strong>und</strong>e war <strong>und</strong> niemand<br />

draußen so recht wusste, ob<br />

die Zeitung eine Chance haben<br />

würde, machte ein gemeinsamer<br />

Fre<strong>und</strong> kurzerhand ein informelles<br />

Gespräch in meinem Wohnzimmer<br />

zur improvisierten Fürbitt-Andacht.<br />

„Herr“, sagte er, „vor Dir<br />

stehen der Verleger Ehrhard <strong>Naumann</strong><br />

<strong>und</strong> sein Chefredakteur. Es<br />

geht um die Gründung einer Tageszeitung.<br />

Leg den beiden keine Steine<br />

in den Weg – wenn doch, dann<br />

gib ein Zeichen“. Es gab kein Zeichen.<br />

Der Zeitung stand nichts<br />

mehr im Weg.<br />

Die alles bestimmende Frage war<br />

fortan: Wie stampft man in kurzer<br />

Zeit <strong>und</strong> quasi aus journalistischem<br />

Niemandsland ein täglich erscheinendes<br />

Medium aus dem Boden.<br />

Denn bei aller Wertschätzung <strong>und</strong><br />

aller Akzeptanz des „Gelnhäuser<br />

Boten“ handelte es sich dabei nur<br />

um ein zeitungsähnlich aufgemachtes<br />

Wochenblatt, das zugegeben viele<br />

Kommunen in der Region als Bekanntmachungsorgan<br />

nutzten <strong>und</strong><br />

das darüber hinaus Vereinen <strong>und</strong><br />

Verbänden die Möglichkeit eröffnete,<br />

ihre Mitteilungen <strong>und</strong> Berichte<br />

zu veröffentlichen. Ein fester<br />

Stamm von Berichterstattern besuchte<br />

damals allerdings schon Termine<br />

<strong>und</strong> Veranstaltungen. Fotografen<br />

waren bei allen wichtigen Ereignissen<br />

vor Ort. Eine Zwischenlösung,<br />

auf die sich bei den Vorbereitungen<br />

für die neue Tageszeitung<br />

durchaus bauen ließ. Neuland war<br />

das künftige Terrain allerdings<br />

schon für die meisten.<br />

Ich erinnere mich an eines der ersten<br />

Treffen mit potenziellen Redaktionsmitarbeitern<br />

im Kantinenkeller<br />

des <strong>Druck</strong>hauses in Altenmittlau.<br />

An die 30 Augenpaare<br />

blickten uns da gespannt <strong>und</strong><br />

manchmal auch etwas unsicher<br />

entgegen, als Ehrhard <strong>Naumann</strong><br />

<strong>und</strong> ich unsere Vorstellungen von<br />

Zeitung <strong>und</strong> journalistischer Arbeit<br />

erklärten. Die wenigsten hatten so<br />

etwas früher schon einmal gemacht.<br />

Ein paar junge Leute waren<br />

auch dabei, die sich vorstellen<br />

konnten, den Beruf des Journalisten<br />

zu ergreifen. Sie sollten später<br />

bei der GNZ ausgebildet werden,<br />

ein Volontariat absolvieren. Nicht<br />

wenige von ihnen arbeiten heute<br />

als Redakteure in der ganzen Republik<br />

oder sind in anderen Medienberufen<br />

erfolgreich.<br />

Der Personalsuche waren lange<br />

Gespräche mit dem „Bote“-<strong>Druck</strong>partner<br />

Wetzlar-<strong>Druck</strong> vorausgegangen.<br />

Hier, im Mittelhessischen,<br />

hatte man schon lange Erfahrungen<br />

im Tageszeitungsgeschäft. Als<br />

Herausgeber der „Wetzlarer<br />

Neuen Zeitung“ war man dort<br />

in der Region meinungsbildend.<br />

Viele Anregungen <strong>und</strong><br />

Anstöße kamen in der Anfangszeit<br />

von dort. In der Anschubphase<br />

der „Gelnhäuser<br />

Neuen Zeitung“<br />

gab's auch personelle<br />

Unterstützung:<br />

Vier Wetzlarer Redakteure<br />

halfen<br />

beim Start ein<br />

viertel Jahr lang<br />

aus.<br />

Wie soll das<br />

Blatt aussehen,<br />

erst mal, wie<br />

soll die neue<br />

Zeitung<br />

überhaupt<br />

heißen? AllesamtFragen,<br />

deren<br />

Beantwortung<br />

nicht übers Knie gebrochen<br />

werden konnte. Klar war, dass der<br />

Mantel, der überregionale Teil also,<br />

vom <strong>Druck</strong>partner aus Wetzlar<br />

kommen sollte, man sich deshalb<br />

im lokalen Teil nicht allzu sehr unterscheiden<br />

durfte, was Schriftbild<br />

<strong>und</strong> Layout betraf.Technisch wurde<br />

mächtig aufgerüstet in dieser<br />

Zeit des Aufbruchs vor dem Umbruch.<br />

Wie viele Redakteure, freie<br />

Mitarbeiter pro Seite, wer übernimmt<br />

im Sport die einzelnen Ligen?<br />

Wer kann für welche Sportart<br />

zuständig sein? Wer macht die Bilder?<br />

Wie viele Personen werden in<br />

der Foto-Reproabteilung benötigt,<br />

wer erfasst fremde Texte, wer gestaltet<br />

die Anzeigen, die sich in der<br />

Anfangszeit ja von denen im<br />

„Gelnhäuser Boten“ unterschieden,<br />

wer konvertiert die Texte der<br />

Redaktion ins vorhandene<br />

System? AllesamtAnforderungen,<br />

die in Arbeitsplätze,Bildschirmplätze<br />

oder auch<br />

technische Abläufeumge-<br />

setzt werden mussten. Und so entstand<br />

Stück für Stück das Bild einer<br />

Redaktion, deren Arbeitsweise<br />

noch nicht in Echtzeit zu messen<br />

war, die aber schon nach den ersten<br />

Dummys mit den Hufen<br />

scharrte <strong>und</strong> am Schluss, oder soll<br />

man sagen am Anfang, nicht mehr<br />

zu halten war.<br />

Auch wenn die zehn rot-weißen<br />

Zeitungs-Enten von Citroën nicht<br />

allzu lange das Straßenbild zwischen<br />

Gelnhausen <strong>und</strong> Freigericht<br />

prägten, waren sie doch ein werbewirksamer<br />

Gag, der auch dem Unbeteiligten<br />

signalisierte: Hier<br />

kommt was Neues.<br />

Neu <strong>und</strong> nahezu unbeschreiblich<br />

auch für mich das Gefühl,<br />

als nach dem ersten Produktionstag,<br />

an dem nicht alles – wie<br />

auch – reibungslos funktionierte<br />

<strong>und</strong> harmonierte, Ehrhard <strong>Naumann</strong><br />

die frisch aus der <strong>Druck</strong>erei<br />

angelieferten ersten Exemplare<br />

der „Gelnhäuser Neuen<br />

Zeitung“ im Arm hatte. Das war<br />

weit nach Mitternacht in der<br />

Altenmittlauer „Weißen Taube“,<br />

wo die Redaktionsmannschaft<br />

mit bangen Gefühlen gewartet<br />

hatte, um dann in tollhausartigen<br />

Jubel zu verfallen. In all dem<br />

Trubel haben Ehrhard <strong>Naumann</strong><br />

<strong>und</strong> ich uns umarmt: Das<br />

Unternehmen Tageszeitung war<br />

auf dem Weg.<br />

Später, Ende 1990, haben sich<br />

unsere Wege dann getrennt. Zu<br />

diesem Zeitpunkt war das Baby<br />

GNZ längst prächtig gediehen<br />

<strong>und</strong> konnte alleine laufen. Und<br />

heute, nach <strong>20</strong> Jahren, ist daraus<br />

eine aus der Medienwelt der Region<br />

nicht mehr wegzudenkende<br />

Zeitung geworden.<br />

Ich wünsche der Verlegerfamilie<br />

<strong>Naumann</strong> <strong>und</strong> den Mitarbeiterinnen<br />

<strong>und</strong> Mitarbeitern stets<br />

genügend Anzeigen, immer gute<br />

Storys <strong>und</strong> alles Gute für die Zukunft<br />

der „Gelnhäuser Neuen<br />

Zeitung“!<br />

Thomas Witzel (57) ist heute<br />

Redakteur der „Frankfurter<br />

R<strong>und</strong>schau“. Er leitete von 1985<br />

bis 1990 die redaktionellen Geschicke<br />

des <strong>Druck</strong>hauses Freigericht,<br />

ab 1988 auch als Redaktionsleiter<br />

<strong>und</strong> Chefredakteur der<br />

„Gelnhäuser Neuen Zeitung“, an<br />

deren Entwicklung <strong>und</strong> Umsetzung<br />

er in der Startphase maßgeblichen<br />

Anteil hatte.<br />

Ein tägliches Ding der Unmöglichkeit<br />

Von Uwe Amrhein, Redaktionsleiter <strong>und</strong> Chefredakteur der GNZ von 1991 bis <strong>20</strong>01<br />

Du stellst dir das ja ungefähr<br />

so vor: 21 Jahre jung, Studium<br />

erfolgreich abgebrochen,<br />

den Job bei der Zeitung ergattert<br />

– <strong>und</strong> schon bist du ein richtiger<br />

Journalist. Also 30 Kippen<br />

am Tag geraucht, tagelang an der<br />

großen Enthüllungsgeschichte gebastelt<br />

(fürs Tagesgeschäft hat man<br />

ja ergebene freie Mitarbeiter) <strong>und</strong><br />

nachts mit den übrigen, fast ebenso<br />

großartigen Hütern von Freiheit<br />

<strong>und</strong> Demokratie kräftig gezecht.<br />

Soweit der Traum am 16. Januar<br />

1988. Die Wahrheit am Siebzehnten:<br />

Es geht ums nackte Überleben.<br />

Der Blick auf <strong>20</strong> Jahre GNZ verdeutlicht<br />

die rasante Entwicklung<br />

bei der Herstellung gedruckter Medien.<br />

Die Jahre entsprechen dem<br />

Zeitraum der kommunikationstechnischen<br />

Revolution. Technisch<br />

betrachtet, macht heute jeder<br />

Zwölfjährige seine Schülerzeitung<br />

besser, schneller <strong>und</strong> professioneller<br />

als wir damals unser Blatt. Das<br />

kränkt mich nicht. Der Zeitraum,<br />

in dem das so kam, schon. Es ist<br />

nicht angenehm, mit 41 Lebens<strong>jahre</strong>n<br />

bei seinen Erinnerungen zu<br />

klingen wie ein Kriegsveteran.<br />

Immerhin: Typen wie Armin<br />

Hain hatten es damals schon<br />

schwer. Gleich bei seiner Ankunft<br />

hatte der von einer Fernfahrer-<br />

Fachzeitschrift abgeworbene Redakteur<br />

seine mechanische<br />

Schreibmaschine auf den Tisch gewuchtet.<br />

Mit der – <strong>und</strong> nur mit der<br />

7 000 demonstrieren<br />

gegen Atomkraft<br />

Zwei Firmen aus dem Main-Kinzig-Kreis sorgen<br />

für Zündstoff in der Debatte um die Atomenergie,<br />

die in der ersten GNZ großes Thema ist. Unregelmäßigkeiten<br />

bei der Hanauer Firma Nukem führen<br />

zur Stilllegung des Betriebs. Die Firma NTG in<br />

Hailer gerät in die Schlagzeilen, weil sie spaltbares<br />

Material nach Indien, Pakistan <strong>und</strong> Südafrika<br />

geliefert haben soll. 7 000 Atomkraftgegner<br />

demonstrieren in Hanau.<br />

– beabsichtigte er, seine Texte zu<br />

verfassen. Erstens wegen der Inspiration,<br />

<strong>und</strong> zweitens wollte er damit<br />

Arbeit für die Texterfasserinnen<br />

schaffen, die fremde Manuskripte<br />

in die Fotosatzmaschinen<br />

klimperten. Sprich:<br />

Er wollte den Verlag<br />

zusätzliches Geld<br />

kosten. Da traf er in<br />

Ehrhard <strong>Naumann</strong><br />

auf den Richtigen,<br />

<strong>und</strong> so war der<br />

Mann so schnell<br />

wieder verschw<strong>und</strong>en,<br />

wie er gekommen<br />

war – samt Schreibmaschine.<br />

Andere waren<br />

nicht so<br />

renitent.<br />

Wir fotografierten,<br />

entwickelten unsere Filme, schrieben,<br />

klebten unsere Texte <strong>und</strong> Bilder<br />

bis tief in die Nacht zu Zeitungsseiten<br />

zusammen <strong>und</strong> vergaßen<br />

dabei die Hälfte. Wenn der<br />

Kurier die Vorlagen zum <strong>Druck</strong><br />

brachte, rasten wir nicht selten hinterher,<br />

kamen irgendwann morgens<br />

mit fertigen Zeitungen zurück – fix<br />

<strong>und</strong> fertig, aber stolz wie Oskar.<br />

Als ich im April <strong>20</strong>01 vor meinem<br />

Abschied stand, durfte ich einigen<br />

externen Nachfolge-Kandidaten<br />

die bis dahin längst hoch<br />

technisierte Redaktion zeigen. Einer<br />

der Kollegen meinte angesichts<br />

1989<br />

der für ihn offenbar noch immer zu<br />

hemdsärmeligen Abläufe: „Ich<br />

w<strong>und</strong>ere mich, dass hier jeden Tag<br />

eine Zeitung erscheint.“ Er bekam<br />

den Job <strong>und</strong> war ihn Weihnachten<br />

wieder los. Ich hätt’s ihm deutlicher<br />

sagen sollen:Wer Routine<br />

à la McKinsey <strong>und</strong> Konsorten<br />

sucht, der ist falsch in<br />

der Gutenbergstraße.<br />

Als Berufseinsteiger<br />

war es mir nicht klar, aber<br />

heute kann ich es Ihnen ja<br />

verraten, liebe Leser: Diese<br />

Zeitung dürfte es eigentlich<br />

gar nicht geben.<br />

Die Regeln der Branche<br />

sind anders. Tageszeitungenerfolgreich<br />

gründen,<br />

das geht<br />

nur mit zig<br />

Millionen in der Kriegskasse – <strong>und</strong><br />

selbst damit braucht man noch<br />

Glück. Dass es die GNZ trotzdem<br />

gibt, <strong>und</strong> zwar als stolzer Marktführer,<br />

hat viel mit diesen chaotischen<br />

frühen Jahren zu tun.<br />

Der frühere Ministerpräsident<br />

Hans Eichel zog sich bei uns auf<br />

dem Männerklo übern Hof um,<br />

weil wir keinen anderen Raum für<br />

ihn hatten. Wir ließen Sepp Herberger<br />

aus Versehen auferstehen,<br />

indem wir seinen Namen mit dem<br />

von Hermann Neuberger verwechselten.<br />

Wir erschienen mehrere Tage<br />

mit dem gleichen Datum auf der<br />

+ + + Somborner Gemeinschaftshauserhält<br />

den Namen<br />

„Sturmiushaus“ (Foto<br />

oben) + + + HasselrothsEx-Bürgermeister<br />

Bodo Käppel<br />

will Fußballpräsident<br />

auf Schalke<br />

werden + + + Dr.<br />

Willi Müller neuer<br />

Schulleiter der GesamtschuleFreigericht<br />

+ + + NPD<br />

zieht in den Kreistag ein, FDP scheitert an Fünf-<br />

Prozent-Hürde + + + Klaus Traxel wird Bürgermeister<br />

in Hasselroth + + + Gelnhäuser Heimatmuseum öffnet<br />

seine Pforten + +<br />

+ Werner Gölz wird<br />

Rathauschef in<br />

Brachttal + + +<br />

Iris Biba gewinnt<br />

den Frankfurter<br />

Stadtmarathon + +<br />

+ Grüner Dr. Harald<br />

Friedrich wird<br />

zweiter Kreisbeigeordneter<br />

+ + +<br />

Titelseite, weil wir es zu überkleben<br />

vergaßen. Kurz: Wir machten die<br />

Zeitung der tausend Unzulänglichkeiten.<br />

Damit mich niemand falsch<br />

versteht: Es gibt auch nach <strong>20</strong> Jahren<br />

überhaupt keinen Gr<strong>und</strong>, darauf<br />

stolz zu sein.<br />

Doch da war noch ein anderes<br />

Gesicht der GNZ. Das Gesicht der<br />

Zeitung, die das Ende der Nuklear-<br />

Produktion in Hanau früher meldete<br />

als alle anderen, die 700-<br />

Mark-Diäten (pro Sitzungsst<strong>und</strong>e)<br />

eines Kreistagsabgeordneten aufdeckte<br />

<strong>und</strong> danach beinahe eine<br />

Redaktionsdurchsuchung erlebte,<br />

die hemmungslos in Personalien<br />

einstieg, deren Sportredaktion<br />

beim OFC zeitweilig Stadionverbot<br />

hatte, die über jede nächtliche Gemeindevertretersitzungtagesaktuell<br />

berichtete, Kommunalwahlen<br />

auf 32 Seiten komplett am Morgen<br />

danach präsentierte…<br />

Kein Geld, keine Erfahrung, totgesagt<br />

vom Rest der Medienwelt –<br />

irgendwann fre<strong>und</strong>et man sich an<br />

mit der Rolle des Außenseiters. Irgendwann<br />

macht sie sogar Spaß.<br />

Und sie schweißt zusammen. Das<br />

war die, weitgehend unausgesprochene,<br />

Arbeitsgr<strong>und</strong>lage, auf der<br />

sich seit den frühen neunziger Jahren<br />

aufbauen ließ: komplette Digitalisierung<br />

der Produktion, Einführung<br />

des Farbdrucks, neue redaktionelle<br />

Konzepte <strong>und</strong> Layouts,<br />

ständig erweiterte Rubriken<br />

<strong>und</strong> Serviceangebote, immer um-<br />

fassendereSonderveröffentlichungen, die Internetausgabe. Bei keinem<br />

dieser Projekte standen die<br />

üblichen Berater zur Verfügung.<br />

Wer alles selbst macht, zahlt Lehrgeld,<br />

ist aber gerade deshalb gezwungen,<br />

schneller zu lernen.<br />

Risikobereitschaft, offensiver<br />

Journalismus, Schweiß <strong>und</strong> Tränen,<br />

kurz: Die enorme Betriebstemperatur<br />

halte ich auch <strong>20</strong> Jahre<br />

nach dem ersten Erscheinen für<br />

die wichtigste Zutat im GNZ-<br />

Erfolgsrezept.<br />

30 Kippen raucht schon lange<br />

keiner mehr, um dem Reporter-<br />

Klischee zu entsprechen. Und die<br />

Jagd nach der großen Story ist<br />

längst ein Teil soliden, täglichen<br />

Handwerks.Vieles ist professioneller<br />

geworden im Lauf der Jahre.<br />

Trotzdem entdecke ich als interessierter<br />

Leser in den GNZ-Lokalseiten<br />

noch oft den Geist, der hinter<br />

diesem kleinen, aber einzigartigen<br />

Stück deutscher Zeitungsgeschichte<br />

steckt. Lasst ihn noch lange<br />

leben, Kollegen!<br />

Uwe Amrhein (41) war GNZ-Redaktionsmitglied<br />

der ersten St<strong>und</strong>e.<br />

Von 1991 bis Anfang <strong>20</strong>01 amtierte<br />

er als Redaktionsleiter <strong>und</strong><br />

Chefredakteur. Danach leitete er<br />

sechs Jahre das Referat Presse <strong>und</strong><br />

Information des Main-Kinzig-Kreises.<br />

Seit Mai <strong>20</strong>07 ist Amrhein Geschäftsführer<br />

der Stiftung Bürgermut<br />

in Berlin.<br />

Trabbis rollen in<br />

den Westen<br />

Das Ereignis des Jahres ist die Öffnung der innerdeutschen<br />

Grenze (Foto unten).Trabbis <strong>und</strong> Wartburgs<br />

rollen gen Westen, Stadt- <strong>und</strong> Gemeindeverwaltungen<br />

machen Überst<strong>und</strong>en <strong>und</strong> zahlen Begrüßungsgelder<br />

aus. Eine Konsequenz des Freudentaumels<br />

über die Wiedervereinigung: Der Main-<br />

Kinzig-Kreis plant eine Partnerschaft mit dem<br />

Thüringer Landkreis Gotha.

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