Download als PDF...(6,3 MB) - Kreishandwerkerschaft Märkischer ...
Download als PDF...(6,3 MB) - Kreishandwerkerschaft Märkischer ...
Download als PDF...(6,3 MB) - Kreishandwerkerschaft Märkischer ...
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Theater und Handwerk<br />
Johannes Josef Jostmann Natürlich ist auch das Handwerk selbst Gegenstand von<br />
Theaterstücken wie in Shakespeares „Sommernachtstraum". Handwerk im Theater<br />
hat allerdings unterschiedliche und damit vielfältige Facetten: Im Idealfall ist es<br />
das Zusammenspiel von vielen Mosaiksteinen, die Künstler und Zuschauer auf<br />
einem hohen Niveau zusammentrefen lassen.<br />
Alleine einen interessanten, kritischen<br />
und engagierten Spielplan ohne<br />
Vernachlässigung von Unterhaltung aufzustellen,<br />
scheint schwer zu sein. Es gilt, nicht<br />
nur einen Spielplan für ein Publikum mit<br />
unterschiedlichsten Geschmäckern aufzustellen,<br />
sondern sein Publikum im Auge<br />
zu haben, ohne Selbstbefriedigungs- oder<br />
Eigeninteressen zu verfolgen.<br />
Das gesamte Umfeld muss stimmen: vom<br />
kundenfreundlichen Ticketing, dem hilfsbereiten<br />
Personal, dem stimmungsvollen<br />
Ambiente mit richtiger Raumtemperatur,<br />
ausgewählter Dekoration und gutem Duft<br />
bis zu Einführungsveranstaltungen. Dann<br />
kann es heißen: „Vorhang auf!“.<br />
Eine funktionierende Theatertechnik<br />
braucht zwingend entsprechend qualiiziertes<br />
Personal, das an sich selbst den<br />
Anspruch stellt, gutes Theater machen zu<br />
wollen – jeder an seinem Platz. Das heißt:<br />
die ganze komplexe Bühnentechnik handwerklich<br />
so zu betreiben, dass die eigene<br />
Arbeit sich ohne Störung nahtlos in<br />
ein künstlerisches Gesamtergebnis und<br />
Kunstwerk einbindet. Jeder Abend ist eine<br />
neue Herausforderung und keineswegs eine<br />
Selbstverständlichkeit. Mit handwerklichen<br />
Fehlern kann man einen guten Ruf<br />
schnell „verspielen“.<br />
Die Unternehmensphilosophie im<br />
Parktheater Iserlohn: „Wir empinden uns<br />
<strong>als</strong> Gastgeber!“ Eine Arbeitsgrundlage,<br />
die getragen ist von Engagement und<br />
Sympathie. Weil wir dadurch Künstler für<br />
das Parktheater Iserlohn einnehmen und<br />
gewinnen, geben sie bei jedem Besuch in<br />
Iserlohn für unser Publikum mehr.<br />
Theater braucht Schauspieler, die Rollen<br />
und Stücke intelligent sprechen und<br />
glaubwürdig verkörpern. Natürlich sind<br />
Schauspielerinnen und Schauspieler besondere<br />
Menschen, die eine besondere<br />
Bühnenpräsenz, eine Aura erstellen, die aber<br />
auch ganz handwerklich eine Ausbildung<br />
erfahren. Sie ist vielfältig und reicht von der<br />
Rolleninterpretation über Sprechtechnik bis<br />
hin zum Fechtunterricht. Ein handwerklicher<br />
Grundsatz des Schauspielers ist, einen<br />
Satz auf Punkt zu sprechen, einen Text auf<br />
einem Atem durchzusprechen und dadurch<br />
bei Klassikern den Text „aufzubrechen“, ihn<br />
heutig und verständlich zu machen. Der<br />
Schauspieler muss wissen, wie lange eine<br />
Pause trägt, wie er mit seiner Stimme und<br />
seinem Atem einen Monolog aufbaut. Er<br />
lernt, wie er sich im Zusammenspiel mit anderen<br />
in ein Gruppenbild einfügt, ohne die<br />
anderen Darsteller an die Wand zu spielen.<br />
Neben diesem Handwerkszeug und dem<br />
Erlernen von Techniken kommt noch die<br />
weitere Ausbildung in den Anfängerjahren<br />
dazu, wo man durch Abschauen lernt, sein<br />
Handwerk durch die Erfahrungen der älteren<br />
Kollegen zu komplettieren.<br />
Und jetzt gibt es im Theater einen unerklärlichen<br />
weiteren Schritt, der ein bisschen<br />
mehr <strong>als</strong> Handwerk ist, aber so viel ausmacht<br />
und so viel Bedeutung hat für die<br />
Künstler, aber auch für das Management.<br />
Mein Freund Herrmann Rauhe, Präsident<br />
der Hamburger Hochschule für Musik und<br />
Theater und Gründer des Studiengangs<br />
Kulturmanagement, hat einmal gesagt,<br />
für das Theater ist das Management, <strong>als</strong>o<br />
zum Beispiel das Beherrschen gewisser<br />
Techniken oder die Unterscheidung von<br />
großem und kleinem Recht, zu wenig. Dazu<br />
gehört die Liebe zu den Menschen, die<br />
Liebe zum Publikum und zu den Künstlern.<br />
Man könnte auch sagen, die „Beseelung“ eines<br />
Theaters.<br />
Es gibt im Theater so viele Darsteller, die<br />
handwerklich und technisch vorzüg-<br />
18 . . . 19<br />
HANDWERK<br />
lich sind, die aber dieses kleine Fünkchen<br />
mehr nicht erreichen, nämlich zum<br />
Publikumsliebling zu werden. Dieser magische<br />
Moment, der die Zuschauer öfnet und<br />
einem Darsteller erlaubt, sich in ihre Seelen<br />
hineinzuspielen: Das ist dieser Moment der<br />
Verzauberung, der aus Handwerk Kunst<br />
macht.<br />
Für das Entstehen solcher Theatermomente<br />
braucht es Publikum. Ein Publikum, das aufgeschlossen<br />
und erwartungsvoll sich einlässt<br />
auf Neues, ein Publikum, das eine<br />
überzeugende Leistung auch mit Standing<br />
Ovation belohnt. Das Parktheater Iserlohn<br />
hat solch ein Publikum. Längst ausgeräumt<br />
sind die Vorurteile über die Mentalität des<br />
Sauerländers, der angeblich zum Lachen<br />
in den Keller geht. Solch ein Publikum<br />
wie das im Parktheater Iserlohn ist ein<br />
Glücksfall. Dass dieser Glücksfall uns erhalten<br />
bleibt – das treibt uns an. Dazu braucht<br />
es Handwerk. Und eben auch noch mehr.<br />
Johannes Josef Jostmann,<br />
Leiter des Kulturbüros der Stadt Iserlohn /<br />
Direktor des Parktheaters Iserlohn<br />
www.parktheater-online.de<br />
Die vielfältigen Verbindungen zwischen Theater und Handwerk werden sowohl auf <strong>als</strong> auch<br />
hinter der Bühne sichtbar.<br />
Fotos: Kulturbüro der Stadt Iserlohn