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20 . . . 21<br />

HANDWERK<br />

Zur Entwicklung der Elektromobilität in einer Gesellschaft des Habens<br />

Markus Schäfer So plausibel die Argumente<br />

auch scheinen, die Elektromobilität<br />

wird es in Deutschland u.a. aus zwei<br />

Gründen besonders schwer haben. Zum<br />

einen, weil wir <strong>als</strong> Erinder des Automobils<br />

und <strong>als</strong> hochentwickelte Volkswirtschaft<br />

keine Abstriche bei Komfort, ‚übertriebener‘<br />

Leistung, praktisch unbegrenzter<br />

Reichweite und notwendiger Sicherheit<br />

machen werden. Zum anderen, weil unsere<br />

Gesellschaft wie keine zweite vom<br />

Verbrennungsmotor abhängig ist und daher<br />

naturgemäß Ressentiments gegen alternative<br />

Konzepte entwickelt. Dieser<br />

Beitrag skizziert in der gebotenen Kürze aktuelle<br />

Entwicklungen entlang dieser beiden<br />

Kernthesen.<br />

Abstriche<br />

„Solange Elektroautos nicht mindestens<br />

400 Kilometer schafen, wird das nichts.“<br />

Relativ eindeutig, vor allem aber recht entspannt,<br />

positioniert sich mein Freund, der<br />

im Bereich des produzierenden Gewerbes<br />

in einer Art Schicks<strong>als</strong>gemeinschaft mit der<br />

Automobilindustrie lebt und arbeitet, sehr<br />

skeptisch, was die schnelle Einführung der<br />

Elektromobilität in Deutschland angeht.<br />

Mein Einwand, dass eine Untersuchung des<br />

TÜV Süd mit 1000 Probanden gezeigt hat,<br />

dass 61,1% der Fahrten unter 60 Kilometer<br />

und knapp 90 % aller Fahrten unter 90<br />

Kilometer liegen, wurde recht lapidar verworfen.<br />

Das Argument war simpel. Es ginge<br />

nicht darum, dass man die Reichweite<br />

zwingend benötige, sondern dass man<br />

sie habe. Ganz im Sinne des Philosophen<br />

Erich Fromm, der in seinem gesellschaftskritischen<br />

Werk Haben oder Sein ausführt,<br />

dass es beim Thema Automobil weniger<br />

um rationale Fakten <strong>als</strong> vielmehr um ein<br />

am Haben ausgerichtetes Besitzdenken<br />

und Konsumieren geht, zeigt der Dialog,<br />

dass das Elektroauto in Deutschland noch<br />

einen langen Weg vor sich hat. Nicht dass<br />

der Eindruck entsteht, dass der Autor gegen<br />

technischen Fortschritt sei. Nein, es<br />

geht um etwas vollkommen anderes. Es<br />

geht um die Frage, ob es möglich ist, dass<br />

andere Nationen in den Fragen Reichweite,<br />

Komfort, Leistung und Drehmoment bescheidener<br />

sind und damit möglicherweise<br />

der Elektromobilität in ihren Ländern zum<br />

Durchbruch verhelfen, bevor wir richtig angefangen<br />

haben, darüber nachzudenken.<br />

Abhängigkeit<br />

Die interessante ZDF-Dokumentation<br />

„Elektroautos, die leise Revolution“<br />

vom 19.07.2011 stellt die Aussage „Der<br />

Benzinmotor ist ein Auslaufmodell“ an<br />

den Anfang eines Beitrags, der sehr bestimmt<br />

und pointiert eine gesellschaftliche<br />

Perspektive für Deutschland entfaltet,<br />

die die These stützt, dass wir bezogen<br />

auf die Elektromobilität den Kopf in<br />

den Sand stecken, weil wir wie keine andere<br />

Volkswirtschaft vom Konsum des<br />

Automobils abhängig sind. Betrachtet<br />

man zum Beispiel das Kfz-Handwerk, so<br />

stellt sich zunächst die Frage, was zukünftig<br />

noch zu reparieren sein wird. Welche<br />

Servicearbeiten verbleiben, wenn da,<br />

wo vorm<strong>als</strong> der Auspuf rostete, nun ein<br />

Lithium-Ionen-Akku im Edelstahlgehäuse<br />

verbaut ist? Wenn der verhältnismäßig wartungsintensive<br />

Verbrennungsmotor durch<br />

einen wartungsfreien Elektromotor ersetzt<br />

wurde und die Bremsbeläge kaum noch<br />

verschleißen, weil die Bewegungsenergie<br />

des Fahrzeugs nicht mehr durch das<br />

Umwandeln von kinetischer Energie in<br />

Wärmeenergie, sondern vorwiegend durch<br />

Rekuperation, <strong>als</strong>o durch die weitestgehend<br />

reibungs- und verschleißfreie Umwandlung<br />

von kinetischer in elektrische Energie, abgebremst<br />

wird. Bremsbeläge werden nur<br />

noch gewechselt, wenn die Scheiben korrodiert<br />

sind; der Öl-, Luftilter-, Zündkerzen-<br />

und Zahnriemenwechsel entfällt. Denken<br />

wir weiter an die Werkzeugmacher<br />

und die vielen Lohnfertiger der zerspanenden<br />

Industrie und des Handwerks.<br />

Komplizierte Bauteile des Ventil- und<br />

Kurbeltriebs, der Auspufanlage etc. werden<br />

in Elektrofahrzeugen nicht mehr benötigt.<br />

Der Einzug der Elektromobilität würde<br />

hier teilweise tiefgreifende Veränderungen<br />

herbeiführen. All das schürt naturgemäß<br />

Ängste und Ressentiments.<br />

Chancen und Herausforderungen<br />

Wehe dem, der den Anschluss verpasst! Es<br />

reicht sicher nicht, dass nur wir Deutschen<br />

unsere eigenen Autos fahren. Wir sind auf<br />

den Export angewiesen. Zudem haben wir<br />

- seit der Energiewende mehr denn je - die<br />

Probleme Reduzierung der CO 2 -Emissionen,<br />

Realisierung von intelligenten Stromnetzen,<br />

Dezentralisierung der Energieerzeugung,<br />

(Zwischen)Speicherung von regenerativen<br />

Energien etc. zu lösen. Auch die Politik<br />

hat dieses Dilemma erkannt. Immerhin<br />

hängt je nach Betrachtungsweise jeder<br />

vierte Arbeitsplatz in Deutschland direkt<br />

oder indirekt am Automobil. Zudem ist der<br />

Ausstieg aus der Kernenergie beschlossen.<br />

Entsprechend schnell müssen Lösungen<br />

für die benannten Problemfelder gefunden<br />

werden. Die Batterien der Elektroautos <strong>als</strong><br />

Puferspeicher für dezentral erzeugte, regenerative<br />

Energie stellen einen spannenden<br />

Lösungsansatz dar, der im Übrigen viele<br />

neue Arbeitsplätze bringen könnte. In<br />

der Konsequenz hat die Bundesregierung<br />

im August 2009 den Nationalen<br />

Entwicklungsplan Elektromobilität auf den<br />

Weg gebracht. Danach soll Deutschland<br />

zum „Leitmarkt Elektromobilität“ werden<br />

und seine Führungsrolle in Wissenschaft,<br />

Automobil- und Zulieferindustrie behaupten.<br />

Ausgewiesenes Ziel der<br />

Bundesregierung ist es, dass bis 2020 eine<br />

Million Elektrofahrzeuge auf Deutschlands<br />

Straßen fahren.<br />

Die Weichen sind <strong>als</strong>o gestellt. Das<br />

Kraftfahrzeugbundesamt beziferte im<br />

Januar 2011 die Zahl der Elektroautos in<br />

Deutschland mit 2307. Bei 51 Millionen<br />

Fahrzeugen insgesamt verursachen auch<br />

1 Million Elektrofahrzeuge noch keinen<br />

grundsätzlichen Paradigmenwechsel.<br />

Gleichwohl gilt es, aufzupassen, zu informieren<br />

und weiterzubilden. So resultieren<br />

die genannten 2307 Elektroautos von 2011<br />

aus einer knapp 45-prozentigen Steigerung<br />

gegenüber dem Januar 2010. Pedelecs jedenfalls<br />

haben ihren Markt bereits gefunden.<br />

Perspektive<br />

Das Berufsbildungszentrum wird das<br />

Thema Elektromobilität jedenfalls aktiv<br />

beobachten. Die Situation erinnert<br />

sehr an die Gegebenheiten vor ca. 12<br />

Jahren. Dam<strong>als</strong> stand das Internet in den<br />

Kinderschuhen. Auch dam<strong>als</strong> hatte das<br />

Berufsbildungszentrum den Durchblick<br />

und bot ein bundesweit einzigartiges<br />

Dienstleistungsangebot. Aktuell baut<br />

der Fachbereich Kfz-Technik des BBZ einen<br />

Smart auf Elektroantrieb um. Wer<br />

weiß - vielleicht ein interessantes neues<br />

Geschäftsfeld für so manchen Kfz- bzw.<br />

Elektrofachbetrieb?<br />

Die Zukunft der E-Mobilität ist bereits heute<br />

eine im wahrsten Sinne des Wortes spannende<br />

Frage.

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