Die Lupe, Das Briefmarkenmagazin - Die Schweizerische Post
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unbewusstes Kitzeln unserer Netzhaut.<br />
<strong>Die</strong> bewusst eingesetzte hohe Dosierung<br />
unserer Augenblicke auf dieses neue<br />
Markensujet, auch so: keinerlei negative<br />
Nebenwirkungen zu befürchten, selbst<br />
im Fall eines wahren Kaufrauschs ganzer<br />
Bögen am nächsten <strong>Post</strong>schalter. <strong>Die</strong> guten<br />
Gedanken treten glücklicherweise beim<br />
Empfang des Briefs oder der Glückwunschkarte<br />
ein – immerhin. Und gut so. Was<br />
diese Glückwunschmarke mit den Sektglä-<br />
sern aber noch ultimativ fordert: «Lesen<br />
Sie die Packungsbeilage!» Eine schöne<br />
Aufregung beginnt, den Briefnhalt zu<br />
entdecken: blaue Tinte auf blütenweissem<br />
Papier, handgeschrieben; oder da, die<br />
rosarote Karte mit dem zart-dezentenVeil-<br />
chenduft. Eine wiederentdeckte Romantik<br />
versus Digitalzeitalter. Es ist einer unter<br />
vielen guten Trends gegen die Nüchternheit<br />
der Bits und Bytes: ein klassisches<br />
Backlash. Wie viele Briefgeheimnisse mö-<br />
gen es heute sein, die unterwegs nach<br />
irgendwo sind? Praktisch bleibt sie, die<br />
«Champagner-Briefmarke», sieergänzt und<br />
unterstreicht, und sie ist schon da.<br />
Glückwunsch!<br />
12<br />
Fischerlatein zum Glück<br />
«Wenn du Menschen fschen willst, so<br />
musst du dein Herz an die Angel stecken;<br />
dann beissen sie an.» Wer macht denn<br />
so was? Faustdickes Fischerlatein, ganz so<br />
verrückt wie die Liebe selber oft ist. Und<br />
wer hat es erfunden? Gottfried Keller –<br />
bekanntlich ein gescheiter Mann mit<br />
Flausen im Kopf. Was passt noch besser<br />
als auch dies von Keller: «Briefe soll<br />
man, wie jedes andere Vergnügen, nach<br />
getaner Arbeit sich gestatten.» Der<br />
feissige Schweizer schlechthin – keine<br />
Frage. Verehrter Keller Gottfried, guck mal<br />
runter aus deinem Dichterparadies auf<br />
unsere Schweiz im Jahre 2011. Da, die<br />
Briefmarke mit Herz: rot, schön und gross.<br />
Entschuldige die Ausdrucksweise: einfach<br />
mega! Natürlich ist es vermessen, dich<br />
zu zitieren auf unsere Art und Weise:<br />
«Wenn du Menschen fschen willst, so<br />
musst du die Herzensmarke auf deinen<br />
Brief…»<br />
Unser Herz klopft heftiger, es genügt oft<br />
ein Blick auf den geliebten Menschen.<br />
Sein Herz an der Angel verführt zu den<br />
allerschönsten Verrücktheiten. Einwand:<br />
Sondermarken Glückwünsche<br />
Liebe ist grenzenlos und daher weder<br />
für frisch Verliebte noch für goldene Hochzeiter<br />
reserviert. Auch wenn aller Anfang<br />
nicht immer leicht ist: die Herzensmarke<br />
aufs Couvert und fugs ist etwas zum<br />
guten Glück gleich weg: der gefürchtete<br />
Schreibstau. Hand aufs Herz, wer ist schon<br />
ein Gottfried und schüttelt sie aus dem<br />
Ärmel, die passenden Sätze zum stürmischen<br />
Gefühl. Da bleibt als weiterer Trost<br />
die bekannte Weisheit, dass wir nur<br />
mit einem Brief oder einer Karte all die<br />
Menschen wunderbar erreichen, die wir<br />
auch bewegen möchten mit dem Unbeschreiblichen.<br />
Ganz so, wie wir es doch<br />
auch selbst lieben… mitten ins Herz.<br />
Glückwunsch!<br />
Georg Fankhauser