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den „Gelenken“ und damit in einem stabilen Gleichgewicht. Die<br />

ideale Synthese von Aktivieren und Stimulieren zu Stützen und<br />

Entlasten rückte in greifbare Nähe.<br />

Plädoyer für eine „gesunde“ Ästhetik<br />

Bereits in der Vorentwicklung wurden immer wieder Gestalter<br />

des Designbüros wiege Entwicklungsgesellschaft mbH eingebunden.<br />

Die wiege hat ihre Geschäftsräume in unmittelbarer Nachbarschaft<br />

zu Wilkhahn und so bot es sich an, die Begeisterung<br />

der Ingenieure von Zeit zu Zeit durch den kritischen Blick der<br />

Gestalter zu hinterfragen. Für Michael Englisch, seit zehn Jahren<br />

Chefdesigner und Geschäftsführer, gehört es zur Methodik, das<br />

Selbstverständliche infrage zu stellen, aber auch neue Lösungen<br />

– und mögen sie technisch noch so faszinierend sein – hinsichtlich<br />

ihrer Angemessenheit für den Menschen zu überprüfen. Am<br />

Ende entscheiden die Bedürfnisse des Menschen und seine Verhaltensweisen,<br />

ob ein neues Sitzkonzept auch wirklich nützlich<br />

ist und akzeptiert wird.<br />

Als schließlich drei Konzepte mit der Kernidee Trimension ® zur<br />

Auswahl standen, fiel sein Votum für die beste Realisierungsmöglichkeit<br />

auch unter Gestaltungsaspekten eindeutig aus. –<br />

Und der wiege-Vorschlag für das Design setzte sich im Wettbewerb<br />

gegen Alternativvorschläge klar durch. Seine Grundidee:<br />

einen eher wohnlichen Bürostuhl zu gestalten, in den die neue<br />

Dimension des Sitzens zwar deutlich sichtbar, aber dennoch völlig<br />

selbstverständlich und zurückhaltend integriert ist. Das Design<br />

sollte weder polarisieren noch dominieren, sondern sich in<br />

unterschiedliche architektonische Umgebungen einfügen. Und:<br />

Der Nutzer sollte mit einer Komfort, Sicherheit und Wertschätzung<br />

versprechenden Form eingeladen werden, das neue Sitzen<br />

intuitiv und ohne Hemmschwellen für sich zu erschließen.<br />

Damit deckte sich der Gestaltungsansatz der wiege mit den<br />

neuen Erkenntnissen der Gesundheitsforschung: Der visuelle<br />

Ersteindruck hat unmittelbare Auswirkungen auf Wohlbefinden<br />

und Leistungsfähigkeit der Menschen. Denn die psychische Verfassung<br />

beeinflusst direkt die biochemische Zusammensetzung<br />

der Stoffwechselprozesse. „Sitzmaschinen“, die eher an medizinische<br />

Geräte und Skelettkonstruktionen erinnern, können den<br />

positiven, intuitiven und natürlichen Zugang zu den eigenen Körperkompetenzen<br />

verhindern. Wenn die Gestaltung eines Stuhls<br />

„Vorsicht“, „Achtung“ und „Medizin“ signalisiert, wird sie Teil<br />

des Problems, weil eine dauerhaft präsente Warnung vor dem<br />

Rückenschmerz zur sich selbst erfüllenden Prophezeiung wird.<br />

Erstklassige Gestaltungsqualität ist damit weit mehr als „nice to<br />

have“, sondern selbst ein wichtiger Gesundheitsfaktor.<br />

Umsetzung und Designprozess im interdisziplinären Team<br />

Jetzt begann die eigentliche Schwerarbeit: das Ringen um jedes<br />

Detail, die Integration möglichst vieler Funktionen in einzelne<br />

Bauteile, die Minimierung des Materialeinsatzes bei Maximierung<br />

der Festigkeiten – und die große Herausforderung, die neue,<br />

zweigeteilte Mechanik so stabil und gleichzeitig so kompakt wie<br />

möglich zur Serienreife zu bringen. Bis auf die Gasdruckfeder<br />

und Teile der Lenkrollen wurde jedes Element neu entwickelt.<br />

Der Leitbegriff „Integratives Design“ bezog sich nicht nur auf<br />

Form, Anmutung, Funktion und Bedienerführung, sondern auch<br />

darauf, Technik, Kosten und ökologische Kriterien in die bestmögliche<br />

Balance zu bringen.<br />

Drei Ingenieure und drei Designer, dazu Mitarbeiter der wiege-<br />

Modellwerkstatt und der Wilkhahn-Entwicklungswerkstätten<br />

arbeiteten Hand in Hand. Metallbauer, Polsterer und Holzmechaniker<br />

bauten Muster, Ansichtsmodelle und Prototypen. Die<br />

räumliche Nähe erwies sich als großer Vorteil, um zügig zu abgestimmten<br />

Ergebnissen zu kommen. Ein Beispiel dafür war die<br />

Formgebung der charakteristischen Schwenkarme, an denen die<br />

Sitz-Rücken-Konstruktion dreidimensional aufgehängt ist: Erste<br />

Handskizzen wurden in Holzmodelle und dann in CAD-Zeichnungen<br />

umgesetzt – doch die ideale Form ließ sich am Bildschirm<br />

nicht finden. Deshalb wurde auf ein Material aus dem Automobildesign<br />

zurückgegriffen und der Schwenkarm per Hand modelliert.<br />

Dieses Clay-Modell wurde dann wiederum digitalisiert und<br />

im Engineering mit modernster Software für Belastungssimulationen<br />

überprüft, um die Bruchfestigkeit sicherzustellen. Weil der<br />

Schwenkarm gleichzeitig die Armlehne aufnimmt und deshalb<br />

teilweise hohl ausgelegt ist, war die Synthese zwischen Formfindung<br />

und technischer Belastbarkeit nur in engster Abstimmung<br />

zu finden. So wurde Stück für Stück, Detail um Detail entwickelt,<br />

gestaltet und optimiert, ohne das Ganze aus dem Auge zu verlieren.<br />

Wissenschaftlich bestätigt: „ON ® bringt dem Sitzen das<br />

Laufen bei!“<br />

Im April 2009 schließlich war es so weit: Die ersten seriennahen<br />

Prototypen konnten montiert werden. Einige Exemplare gingen<br />

direkt nach Köln zum Zentrum für Gesundheit, um zu überprüfen,<br />

ob ON das einlöst, was die Leitidee der Entwicklung versprochen<br />

hatte: den Menschen im Sitzen zu deutlich vielfältigeren,<br />

natürlicheren Bewegungen zu stimulieren, den Organismus zu<br />

aktivieren und gleichzeitig Überforderung und Ermüdung zu<br />

vermeiden. Das Team um Prof. Dr. Ingo Froböse hatte in den<br />

Vormonaten das Untersuchungsdesign entwickelt und wartete<br />

bereits gespannt auf die Testmodelle. 19 Probanden testeten<br />

wissenschaftlich angeleitet die biomechanischen Auswirkungen<br />

des neuen Bürostuhls. Dabei wurden der neue Bewegungsraum<br />

(Range of Motion), die Körper-Stuhl-Kongruenz und die Druckverteilung<br />

in Sitz und Rücken untersucht. Am Ende wurden die<br />

Probanden per Fragebogen nach ihrem subjektiven Empfinden<br />

befragt. Die positiven quantitativen Messungen wurden dabei<br />

durchweg durch die qualitativen Aussagen bestätigt. ON<br />

ist sowohl objektiv wie auch subjektiv die nächste Generation<br />

für gesünderes und aktiveres Sitzen. Die Ergebnisse der wissenschaftlichen<br />

Studie, veröffentlicht im September 2009, fasst<br />

Prof. Dr. Ingo Froböse in einem Vergleich zusammen: „Dieser<br />

Bürostuhl animiert zu einer neuen, natürlichen Haltungs- und Bewegungsvielfalt<br />

und aktiviert das gesamte System. Man könnte<br />

auch sagen, der ON bringt dem Sitzen das Laufen bei.“<br />

Durch nichts zu ersetzen: die ON ® ­Experience<br />

Es gäbe noch sehr viel mehr zu erzählen über die Entwicklung<br />

von ON. Wie es etwa gelang, die Geräusche der Lenkrollen zu<br />

dämpfen, den Rückenrahmen denkbar einfach zusätzlich zu<br />

pols tern oder den Gegendruck der Rückenlehne mit nur zwei<br />

Fingern und 4,5 Umdrehungen einzustellen. Über die verschiebbare<br />

Rückenhöheneinstellung oder die vordere Sitzkante, die sich<br />

auskrempeln lässt, über drei Polstervarianten, drei Rückenhöhen<br />

und Armlehnenvarianten oder über die Freischwinger und Vierbeiner,<br />

die aus ON eine komplette Programmfamilie machen.<br />

Was die 6.847 Designskizzen, die 9.263 Dateien mit 26 Gigabite<br />

Volumen, die 78 Stuhlmodelle und Modellteile, die Patente,<br />

Geschmacksmuster und Schutzrechte wirklich wert sind, das<br />

lässt sich am Ende nur „ersitzen“. Ein Journalist, der den ON vor<br />

der Marktvorstellung zunächst sehen und dann testen konnte,<br />

schrieb dazu: „Was als Enthüllung begann, endete als Offenbarung!“<br />

Schöner kann man das Gefühl für das neue Sitzen im<br />

Büro kaum beschreiben …<br />

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