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ceo - PwC

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trend. metaphorisches denken.<br />

Die Kunst, richtige Fragen zu stellen.<br />

Bolko von Oetinger über den fragwürdigen Nutzen von Glaubenssätzen<br />

und Managementtools. Und über durchaus märchenhafte Aspekte bei der<br />

Entwicklung einer Unternehmensstrategie.<br />

Interview: Franziska Zydek<br />

Welche Strategie empfehlen Sie einem<br />

CEO, dessen Firma überraschend in eine<br />

Krisensituation gerät?<br />

Strategie ist keine Werkzeugkiste, sondern<br />

zunächst einmal ein Denkprozess. Ein<br />

Unternehmen befindet sich während einer<br />

schweren Krise in einer Phase der Unsicherheit,<br />

vielleicht auch der Lähmung. Also<br />

muss man alles daransetzen, sich in eine<br />

Lage zu bringen, in der man wieder handeln<br />

kann.<br />

Wie kann man dies Ihrer Meinung nach<br />

erreichen?<br />

Eine klassische Krisensituation zeichnet<br />

sich dadurch aus, dass alle vertrauten<br />

Werkzeuge versagen. Das, was vorher<br />

immer funktioniert hat, funktioniert plötzlich<br />

nicht mehr. Man muss also völlig neue<br />

Wege finden, um der Krise zu begegnen.<br />

Um Optionen zu entwickeln, muss man sich<br />

gedanklich weit öffnen. Hier kommt unter<br />

anderem metaphorisches Denken ins Spiel,<br />

das helfen kann, innovative Wege zu<br />

gehen und in der Folge neue Lösungen zu<br />

entwickeln.<br />

Professor Dr. Bolko von Oetinger gehört seit 1974<br />

der Boston Consulting Group an und leitet seit 1998<br />

das BCG-Strategieinstitut, eine internationale<br />

Forschungseinrichtung, in der namhafte Wissenschaftler<br />

unterschiedlichster akademischer Disziplinen<br />

die Natur der Strategie untersuchen.<br />

42 <strong>ceo</strong>/trend<br />

Was verstehen Sie unter metaphorischem<br />

Denken?<br />

Eine Metapher ist eine Anleihe aus einem<br />

Gebiet, das mit der eigentlichen Situation<br />

nichts zu tun hat. Es kann sich um eine<br />

Geschichte, ein Bild, einen Film oder ein<br />

Gedicht handeln, dessen Aufrufen im Kopf<br />

sofort das Aufrufen eines anderen wichtigen<br />

Inhalts (z.B. das Erkennen seiner Problemstellung)<br />

hervorruft, also eine Assoziation.<br />

Die Metapher dient als Hilfsmittel, mit dem<br />

die Situation aus einem anderen Blickwinkel<br />

betrachtet werden kann.<br />

Ist «ein Eigentor schiessen» eine solche<br />

Metapher?<br />

Das ist eine typische rhetorische Metapher<br />

des Alltags, die in den allgemeinen Sprachgebrauch<br />

eingegangen ist. Im Management<br />

gibt es unzählige dieser Sprachbilder mit<br />

Analogien zur Biologie, zum Sport oder zum<br />

Militär. Das sind rein formale Übertragungen,<br />

die in unserem Kopf keine neuen Überlegungen<br />

auslösen. Man schmückt bloss<br />

den Gedanken mit einer anderen Formulierung<br />

aus. Eine kognitive Metapher hingegen<br />

will einen dazu verleiten, die andere, die<br />

neue Frage zu stellen, ohne die keine Innovation<br />

möglich ist.<br />

Geben Sie uns bitte ein Beispiel für eine<br />

kognitive Metapher.<br />

Hänsel und Gretel ist ein gutes Beispiel.<br />

Anfangs finden die Kinder aus dem Wald<br />

zurück nach Hause, weil sie den Weg<br />

mit Kieselsteinen markieren, der Ariadne-<br />

Mythos sozusagen als Werkzeug. Aber die<br />

Krise wäre keine Krise, wenn sie sich nicht<br />

verschärfte. Als die Stiefmutter die Kinder<br />

das nächste Mal in den Wald führt, finden<br />

sie nicht mehr heraus, weil die Vögel die<br />

Brotkrumen, die diesmal den Weg markieren<br />

sollten, gefressen haben. Also: gleiche<br />

Situation, gleiches Werkzeug, aber es<br />

versagt. Die Folgen waren fatal für Hänsel<br />

und Gretel. Erst als Gretel zum Tyrannenmord<br />

bereit ist, also Ungeheures von ihr<br />

verlangt wird, finden die Kinder zurück zur<br />

Handlungsfähigkeit. Erst mit der buchstäblichen<br />

«Entsorgung» der Hexe entzauberte<br />

sich der Zauberwald. Übertragen auf ein<br />

Unternehmen: Erst wenn die Souveränität<br />

wieder zurückerlangt ist, wird vieles, was<br />

vorher unklar war, wieder einfach und<br />

kommunizierbar, man weiss, was zu tun<br />

ist und was nicht. Die Metapher bringt uns<br />

im Denken weiter, denn sie befähigt uns<br />

dazu, Fragen zu stellen, auf die wir ohne die<br />

Metapher nicht gekommen wären.<br />

Wie findet man die richtige Metapher?<br />

Die «richtige» Metapher gibt es nicht. Es<br />

gibt nur eine Fülle von Möglichkeiten.<br />

Eine Metapher wird auch nicht im stillen<br />

Kämmerlein ausgebrütet, sie ist ein<br />

Kommunikationsmittel. Man unterhält sich<br />

im Unternehmen darüber. Und plötzlich<br />

stellt man fest, dass jeder Einzelne im Team

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