Demenzbewältigung in der - Kuratorium Deutsche Altershilfe
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Bundesm<strong>in</strong>isterium für Gesundheit<br />
und Soziale Sicherung (Hrsg.)<br />
PLANUNGSHILFE<br />
<strong>Demenzbewältigung</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
„eigenen Häuslichkeit“<br />
Alltagsgestaltung <strong>in</strong> ambulant betreuten<br />
Wohn- und Hausgeme<strong>in</strong>schaften<br />
Gutachter: Herr Prof. Dr. G. Naegele<br />
Frau Dr. M. Reichert<br />
<strong>Kuratorium</strong> <strong>Deutsche</strong> <strong>Altershilfe</strong><br />
Köln, Dezember 2004
Herausgegeben im Rahmen des BMGS-Modellprogramms<br />
zur Verbesserung <strong>der</strong> Versorgung Pflegebedürftiger<br />
vom Bundesm<strong>in</strong>isterium für Gesundheit und Soziale Sicherung (BMGS)<br />
<strong>Kuratorium</strong> <strong>Deutsche</strong> <strong>Altershilfe</strong> · An <strong>der</strong> Pauluskirche 3 · 50677 Köln<br />
Telefon: 02 21/93 18 47-0 · Fax: 02 21/93 18 47-6<br />
E-Mail: architecture@kda.de · Internet: www.kda.de<br />
Organisation: Simone Helck<br />
Autor: Henry Kieschnick<br />
Unter Mitarbeit von: Ursula Kremer-Preiß und Holger Stolarz<br />
Satz: typeXpress, Köln<br />
Umschlag: Heidi Bitzer, Köln<br />
Korrektur: Kar<strong>in</strong> Bergmann M. A., Köln<br />
Druck: Michael Kowolik (KDA)<br />
© 2004 by <strong>Kuratorium</strong> <strong>Deutsche</strong> <strong>Altershilfe</strong>
Inhalt<br />
1 E<strong>in</strong>führung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5<br />
2 Alltagsaktivitäten im Zusammenhang mit <strong>der</strong> Mahlzeitenversorgung . . . . . . 9<br />
2.1 Mitwirkungsmöglichkeiten <strong>der</strong> Bewohner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9<br />
2.2 Räumliche und technische Ausstattung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18<br />
2.3 Personelle Betreuung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27<br />
2.4 Organisatorische Aspekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33<br />
3 Bedeutung von Alltagsaktivitäten außerhalb <strong>der</strong> Mahlzeitenversorgung . . . . 37<br />
4 Zusammenfassung: Anfor<strong>der</strong>ungen an die Alltagsgestaltung . . . . . . . . . . . . . 41<br />
Anhang<br />
Inhalt<br />
Autorenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45<br />
Teilnehmer des Workshops . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47<br />
Literaturempfehlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49<br />
Abbildungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51<br />
Bildnachweis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51<br />
Anlage: Fragebogen (Muster) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53<br />
3
1 E<strong>in</strong>führung<br />
1 E<strong>in</strong>führung<br />
Auf <strong>der</strong> Suche nach zukunftsträchtigen Wohnformen für demenziell erkrankte ältere Menschen<br />
rücken seit geraumer Zeit Wohnformen <strong>in</strong> den Blick, bei denen Hilfe- und Pflegebedürftige<br />
<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>en Gruppen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em geme<strong>in</strong>samen Haushalt zusammenleben und von Betreuungskräften<br />
unterstützt werden. Hierbei handelt es sich um betreute Wohn- und Hausgeme<strong>in</strong>schaften<br />
für Pflegebedürftige. Bei solchen Wohnprojekten leben etwa sechs bis<br />
zwölf Hilfe- und Pflegebedürftige <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em geme<strong>in</strong>samen Haushalt zusammen und werden<br />
von Betreuungskräften unterstützt. Je<strong>der</strong> hat se<strong>in</strong>en eigenen Schlaf- und Wohnbereich,<br />
den er nach se<strong>in</strong>en Vorstellungen gestalten kann. Geme<strong>in</strong>sam nutzt man Räume wie Wohnzimmer,<br />
Speiseraum, Küche und Bad. Jede Wohngeme<strong>in</strong>schaft wird von e<strong>in</strong>er Präsenzkraft<br />
betreut, die tagsüber und bei Bedarf auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> Nacht von an<strong>der</strong>en Mitarbeitern unterstützt<br />
wird. Das Betreuungspersonal ist für die Organisation des Haushaltes und des Gruppenlebens<br />
zuständig. Die zusätzliche Versorgung bei darüber h<strong>in</strong>ausgehendem <strong>in</strong>dividuellem<br />
Hilfe- und Pflegebedarf übernehmen (externe) Pflegekräfte.<br />
In Deutschland haben sich aufgrund <strong>der</strong> starken ordnungsrechtlichen Trennung des ambulanten<br />
und stationären Bereichs e<strong>in</strong> ambulanter und e<strong>in</strong> stationärer Typ von Haus- und<br />
Wohngeme<strong>in</strong>schaften entwickelt. Vor allem beim ambulanten Typ wird die Hilfe im Pr<strong>in</strong>zip<br />
genauso organisiert wie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em privaten Haushalt, nämlich durch ambulante Dienste. Die<br />
Bewohner (o<strong>der</strong> <strong>der</strong>en persönlicher Vertreter) s<strong>in</strong>d <strong>der</strong> „Herr im Hause“, und das Unterstützungspersonal<br />
ist <strong>der</strong> Gast. Wohngeme<strong>in</strong>schaften mit Betreuung s<strong>in</strong>d als Ergänzung <strong>der</strong><br />
ambulanten Versorgungskette zu sehen. Der Bewohner e<strong>in</strong>er ambulant betreuten Wohno<strong>der</strong><br />
Hausgeme<strong>in</strong>schaft hat nicht den Status e<strong>in</strong>es Heimbewohners, son<strong>der</strong>n den Status<br />
e<strong>in</strong>es Mieters, <strong>der</strong> sich nach se<strong>in</strong>er Wahl Betreuungs- und Serviceleistungen h<strong>in</strong>zukauft.<br />
Damit verbunden ist auch, dass die betreute Wohngeme<strong>in</strong>schaft ke<strong>in</strong>e heimgesetzlichen<br />
Anfor<strong>der</strong>ungen an die Wohnraumgestaltung und den Personale<strong>in</strong>satz erfüllen muss. Wie <strong>in</strong><br />
<strong>der</strong> normalen Wohnung, <strong>in</strong> <strong>der</strong> ambulante Pflege im E<strong>in</strong>zelhaushalt e<strong>in</strong>es Klienten geleistet<br />
wird, bestimmen die Wohngeme<strong>in</strong>schaftsbewohner bzw. ihre Angehörigen o<strong>der</strong> gesetzlichen<br />
Betreuer, wer die Pflege und Betreuung bereitstellt, wie diese strukturiert se<strong>in</strong> soll,<br />
mit wem die Wohnung geteilt wird, wie die Wohnung ausgestattet wird, was gegessen und<br />
getrunken wird. Auch die Alltagsgestaltung soll ganz an den vertrauten Lebensbezügen <strong>der</strong><br />
Bewohner und ihren <strong>in</strong>dividuellen Gewohnheiten orientiert se<strong>in</strong>. Nicht die Pflege soll den<br />
Alltag strukturieren son<strong>der</strong>n normale Alltaghandlungen, wie <strong>in</strong> jedem an<strong>der</strong>en Haushalt.<br />
Herzstück von ambulant betreuten, gruppenorientierten Wohnformen ist daher die<br />
Wohnküche und die Alltagsgestaltung im Zusammenhang mit <strong>der</strong> Mahlzeitenversorgung.<br />
Diese ist es auch, wor<strong>in</strong> sich diese Wohnform vom Heim abhebt und womit u. a. die „eigene<br />
Häuslichkeit“ begründet wird, die versorgungsrechtlich eigentlich sonst nur e<strong>in</strong>em privaten<br />
Haushalt zugesprochen wird. Die Frage ist aber, wie funktioniert dieses Herzstück für<br />
die Bewohner mit Demenz? In welchem Umfang können sich Demenzkranke überhaupt an<br />
solchen Haushaltsaktivitäten beteiligen? Welchen Beitrag kann e<strong>in</strong>e solche (aktive und<br />
5
1 E<strong>in</strong>führung<br />
passive) Beteiligung zum übergeordneten Ziel leisten, nämlich, dass sich die Demenzkranken<br />
möglichst wohlfühlen? Wie lässt sich die Mitwirkung positiv bee<strong>in</strong>flussen?<br />
Diese Fragen standen im Vor<strong>der</strong>grund e<strong>in</strong>er Arbeitstagung, die das KDA im November 2004<br />
mit erfahrenen Praktikern und Experten aus diesem Arbeitsfeld durchgeführt hat und <strong>der</strong>en<br />
Ergebnisse <strong>in</strong> dieser Arbeitshilfe aufbereitet wurden. Die Veranstaltung und die Arbeitshilfe<br />
s<strong>in</strong>d im Rahmen des Modellprogramms „Verbesserung <strong>der</strong> Situation Pflegebedürftiger“<br />
des Bundesgesundheitsm<strong>in</strong>isteriums durchgeführt worden, <strong>in</strong> dessen Kontext das KDA e<strong>in</strong>e<br />
ganze Reihe von Workshops und Arbeitshilfen erstellt. Dieser Workshop ist e<strong>in</strong>e Folgeveranstaltung<br />
des Workshops „<strong>Demenzbewältigung</strong> <strong>in</strong> den eigenen vier Wänden“, den das<br />
KDA im November 2001 <strong>in</strong> Königsw<strong>in</strong>ter durchgeführt hat. Damals g<strong>in</strong>g es um das selbstständige<br />
Wohnen zu Hause und auch im Betreuten Wohnen. Bei dem hier dokumentierten<br />
Workshop geht es um „<strong>Demenzbewältigung</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> „eigenen Häuslichkeit“ – Am Beispiel<br />
<strong>der</strong> Alltagsgestaltung <strong>in</strong> ambulant betreuten Wohngruppen und ambulant betreuten Hausgeme<strong>in</strong>schaften“.<br />
Ziel <strong>der</strong> vorliegenden Planungshilfe ist es, Handlungsempfehlungen zu gegeben, wie sich<br />
die Mitwirkung demenziell erkrankter Bewohner bei <strong>der</strong> Alltagsgestaltung durch die Raumgestaltung<br />
und technischen Ausstattung e<strong>in</strong>erseits und das Betreuungskonzept und die<br />
Personalorganisation an<strong>der</strong>erseits positiv bee<strong>in</strong>flussen lässt. Um praxisrelevante Informationen<br />
zu erhalten, wurden Vertreter/-<strong>in</strong>nen von sieben ambulant betreuten Wohn- und<br />
Hausgeme<strong>in</strong>schaften sowie weitere Experten, die sich seit vielen Jahren mit diesen Wohnformen<br />
bzw. mit den beson<strong>der</strong>en Problemen demenziell erkrankter Menschen befassen,<br />
e<strong>in</strong>geladen (Teilnehmerliste siehe Anhang).<br />
In dieser Planungshilfe s<strong>in</strong>d zum e<strong>in</strong>en die Aussagen <strong>der</strong> Praktiker zusammengefasst, die<br />
aus <strong>der</strong> Diskussion im Workshop resultieren. Zum an<strong>der</strong>en erhielten die Projektvertreter e<strong>in</strong>en<br />
Fragebogen, <strong>in</strong> dem parallel und ergänzend zu den im Workshop angesprochenen<br />
Aspekten weitere Details zu den Rahmenbed<strong>in</strong>gungen und zum Umgang mit <strong>der</strong> Beteiligung<br />
<strong>der</strong> Bewohner bei <strong>der</strong> Mahlzeitenversorgung und bei an<strong>der</strong>en Alltagsaktivitäten erfasst<br />
wurden (siehe Anlage). An dieser Stelle soll den beteiligten Personen e<strong>in</strong> beson<strong>der</strong>er<br />
Dank dafür ausgesprochen werden, dass sie mit ihren Beiträgen die Planungshilfe <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
vorliegenden Form überhaupt erst ermöglicht haben.<br />
Die folgende Tabelle gibt e<strong>in</strong>e Übersicht über die am Workshop beteiligten Wohn- und<br />
Hausgeme<strong>in</strong>schaften und <strong>der</strong>en Bewohnerstruktur.<br />
6
Tabelle 1<br />
Übersicht über die Bewohnerstruktur <strong>der</strong> Wohn- und Hausgeme<strong>in</strong>schaften<br />
Bewohnerzahl davon Bewohner mit Demenz Hausgeme<strong>in</strong>schaft (HG)<br />
gesamt (leicht, mittelschwer, schwer) o<strong>der</strong> Wohngeme<strong>in</strong>schaft (WG)<br />
W1 6 2= mittelschwer HG<br />
+ 1 Tagespflege 4 = schwer<br />
1 TP = mittelschwer<br />
W2 12 4 = leicht HG<br />
4 = mittelschwer<br />
4 = schwer<br />
W3 10 3 = leicht HG<br />
2 = mittelschwer<br />
5 = schwer<br />
W4 6 2 = mittelschwer HG<br />
4 = schwer<br />
W5 7 2 = mittelschwer WG<br />
5 = schwer<br />
W6 5 5 = schwer WG<br />
W7 6 6 = schwer WG<br />
W1 = Altenhilfe Wetter<br />
W2 = Pflege LebensNah, Rendsburg<br />
W3 = Villa Mauritz, Münster 1<br />
W4 = Stiftung Schönholzer Heide, Berl<strong>in</strong><br />
W5 = Rothenfußer Wohngeme<strong>in</strong>schaft, München<br />
W6 = WG Ravensberger Straße, Lebensbaum Werther<br />
W7 = WG Ste<strong>in</strong>metzstraße, Berl<strong>in</strong><br />
1 E<strong>in</strong>führung<br />
1 Der Fragebogen zu dieser Hausgeme<strong>in</strong>schaft konnte noch nicht ausgewertet werden. In den folgenden Tabellen wird<br />
deshalb W3 nicht aufgeführt.<br />
7
2 Alltagsaktivitäten im Zusammenhang mit <strong>der</strong> Mahlzeitenversorgung<br />
2 Alltagsaktivitäten im Zusammenhang mit <strong>der</strong><br />
Mahlzeitenversorgung<br />
2.1 Mitwirkungsmöglichkeiten <strong>der</strong> Bewohner<br />
Im Rahmen <strong>der</strong> Konzeptentwicklung betreuter Wohn- und Hausgeme<strong>in</strong>schaften wird immer<br />
wie<strong>der</strong> auf die Bedeutung <strong>der</strong> Alltagsgestaltung und Mitwirkung <strong>der</strong> Bewohner bei e<strong>in</strong>zelnen<br />
Alltagshandlungen wie vor allem die Mahlzeitenzubereitung h<strong>in</strong>gewiesen. Bisher<br />
wurde aber kaum untersucht, ob und <strong>in</strong> welchem Umfang solche Aktivitäten auch von Bewohnern<br />
mit demenziellen Erkrankungen durchgeführt werden. Es ist daher zunächst zu<br />
fragen:<br />
• Wie wirken die Bewohner bei <strong>der</strong> Essensvor-/zubereitung, bei <strong>der</strong> Nachbereitung und<br />
beim E<strong>in</strong>kauf mit?<br />
• Wie viele Bewohner wirken aktiv mit und welche konkreten Tätigkeiten übernehmen diese<br />
Bewohner?<br />
• Inwieweit können auch Bewohner mit e<strong>in</strong>er mittelschweren/schweren Demenz aktiv<br />
mitwirken bzw. stimuliert werden?<br />
• Welche praktischen Methoden/Formen <strong>der</strong> Unterstützung för<strong>der</strong>n die Mitwirkung <strong>der</strong><br />
Bewohner?<br />
Im Rahmen <strong>der</strong> schriftlichen Befragung bei sieben Wohn- und Hausgeme<strong>in</strong>schaften ergibt<br />
sich h<strong>in</strong>sichtlich des Umfangs und <strong>der</strong> Art <strong>der</strong> Tätigkeiten folgendes Bild, wie Bewohner bei<br />
<strong>der</strong> Mahlzeitenzubereitung mitwirken:<br />
9
2.1 Mitwirkungsmöglichkeiten <strong>der</strong> Bewohner<br />
Tabelle 2<br />
Wie viele Bewohner beteiligen sich an <strong>der</strong> Mahlzeitenversorgung (durchschnittlich)?<br />
W1 W2 W4 W5 W6 W7<br />
Frühstück<br />
Zubereitung 1 1 2 2 2<br />
Decken 2 2 1 2 2<br />
Abräumen 2 2 2 1 2 2<br />
Mittagessen<br />
Vorbereitung 2 2 4 0 3 3 1<br />
Kochen 1 1 0 1 1<br />
E<strong>in</strong>decken 2 2 2 1 2 2 1<br />
Abdecken 2 2 2 1 2 2 1<br />
Nachmittagskaffee<br />
Vorbereitung 2 2 0 2 2 1<br />
Abräumen 2 2 2 1 2 2<br />
Abendbrot<br />
Zubereitung 1 1 2 2 3 3 1<br />
E<strong>in</strong>decken 2 2 2 1 2 2<br />
Abdecken 1 1 2 1 2 2<br />
An<strong>der</strong>e Arbeiten<br />
Spülen per Hand 3 3 1 0 1 1<br />
Spülm. e<strong>in</strong>räumen 1 1 1 1 1<br />
E<strong>in</strong>kaufen 1 1 3–4 0 7 7 3 3 4<br />
Teilweise wurden im Fragebogen die re<strong>in</strong>en Zahlenangaben von den Wohn- bzw. Hausgeme<strong>in</strong>schaftsvertretern<br />
noch kommentiert. Demnach benötigen z. B. <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Hausgeme<strong>in</strong>schaft<br />
fast alle demenziell erkrankten Bewohner e<strong>in</strong>e konsequente Handlungsbegleitung,<br />
um sich überhaupt an Aktivitäten beteiligen zu können. In e<strong>in</strong>er Wohngeme<strong>in</strong>schaft ist die<br />
Demenzerkrankung <strong>der</strong> Bewohner <strong>in</strong>zwischen soweit fortgeschritten, dass im Pr<strong>in</strong>zip ke<strong>in</strong><br />
Bewohner bei <strong>der</strong> Mahlzeitenversorgung mitwirken kann. Sie können lediglich beim E<strong>in</strong>kaufen<br />
mitgenommen werden und genießen dies sichtlich.<br />
10<br />
Bewohner gesamt<br />
davon Demenzkranke<br />
Bewohner gesamt<br />
davon Demenzkranke<br />
Bewohner gesamt<br />
davon Demenzkranke<br />
Bewohner gesamt<br />
davon Demenzkranke<br />
Bewohner gesamt<br />
davon Demenzkranke<br />
Bewohner gesamt<br />
davon Demenzkranke
2.1 Mitwirkungsmöglichkeiten <strong>der</strong> Bewohner<br />
Die Fachkräfte <strong>der</strong> Wohngruppen äußerten sich außerdem dazu, wie die Bewohner und<br />
ggf. die Angehörigen an <strong>der</strong> Essensplanung beteiligt werden. Folgende Aussagen wurden<br />
unter an<strong>der</strong>em getroffen:<br />
• Geme<strong>in</strong>sam mit den Mietern entsteht wöchentlich e<strong>in</strong> Speiseplan, <strong>der</strong> aber eventuell je<br />
nach den Bef<strong>in</strong>dlichkeiten <strong>der</strong> Bewohner <strong>in</strong> <strong>der</strong> aktuellen Woche noch e<strong>in</strong>mal angepasst<br />
wird. Aufgrund <strong>der</strong> Biographiearbeit s<strong>in</strong>d natürlich die grundsätzlichen Vorlieben und<br />
Abneigungen bezogen auf bestimmte Speisen bekannt. Es kann aber auch vorkommen,<br />
dass zusätzlich zu dem geplanten Essen für e<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>zelnen Bewohner e<strong>in</strong> spezielles<br />
Gericht o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>e beson<strong>der</strong>e Komponente gekocht wird, weil er das geplante Essen<br />
nicht mag. Ebenso werden die E<strong>in</strong>kaufswünsche <strong>der</strong> Bewohner berücksichtigt, und es<br />
wird für das Wochenende immer etwas Beson<strong>der</strong>es mitgebracht.<br />
• Bei <strong>der</strong> Essensplanung werden (zusätzlich zu den oben genannten Aspekten) auch lokale<br />
Beson<strong>der</strong>heiten zu den Fest- und Feiertagen beachtet. Darüber h<strong>in</strong>aus werden Informationen<br />
und Wünsche aus aktuellen Gesprächen mitunter spontan umgesetzt.<br />
• In e<strong>in</strong>er Wohngruppe f<strong>in</strong>det aller zwei Monate e<strong>in</strong> Angehörigentreffen statt, das auch genutzt<br />
wird, um die Essensplanung zu besprechen.<br />
• In e<strong>in</strong>er an<strong>der</strong>en Wohngeme<strong>in</strong>schaft wird <strong>der</strong> Plan jeweils am Wochenende mit den Bewohnern<br />
besprochen und dann <strong>in</strong> <strong>der</strong> Küche ausgehängt. Außerdem werden die Essenspläne<br />
und Haushaltabrechnungen im regelmäßig stattf<strong>in</strong>denden Angehörigengremium<br />
vorgelegt.<br />
• In e<strong>in</strong>er weiteren Wohngruppe würde das Personal die Angehörigen zwar gern <strong>in</strong> die<br />
Speisenplanung e<strong>in</strong>beziehen, lei<strong>der</strong> kommt aber von den Angehörigen ke<strong>in</strong> Feedback.<br />
Zur Frage, welche Tätigkeiten <strong>der</strong> Mahlzeitenversorgung den Betreuungskräften h<strong>in</strong>sichtlich<br />
<strong>der</strong> Bewohnerbeteiligung beson<strong>der</strong>s wichtig ersche<strong>in</strong>en, wurden folgende Angaben<br />
gemacht:<br />
• Die Bewohnerbeteiligung hängt von verschiedenen Faktoren ab, und sie schwankt – wie<br />
oben bereits erwähnt – „von Tag zu Tag“. Die Beteiligung kann positiv bee<strong>in</strong>flusst werden,<br />
wenn ausreichende Erkenntnisse aus <strong>der</strong> Biographie <strong>der</strong> Bewohner vorliegen, ihr<br />
Lebensrhythmus bekannt ist und ihre Tagesform berücksichtigt wird. Wenn diese Faktoren<br />
Beachtung f<strong>in</strong>den, können alle möglichen Tätigkeiten, die im Haushalt anfallen,<br />
von großer Bedeutung se<strong>in</strong>.<br />
• An<strong>der</strong>e Erfahrungen zeigen, dass die Bewohner, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e auch die demenziell erkrankten,<br />
vor allem beim Schälen und Zerteilen von Gemüse und Obst sowie beim<br />
Spülen und Abtrocknen e<strong>in</strong>bezogen werden können. Außerdem ist es für bestimmte Bewohner<br />
angenehm, „per Hand“ <strong>in</strong> Töpfen und Schüsseln zu rühren.<br />
11
2.1 Mitwirkungsmöglichkeiten <strong>der</strong> Bewohner<br />
• Bei sehr stark kognitiv e<strong>in</strong>geschränkten Bewohnern können positive Effekte auf <strong>der</strong>en<br />
Zufriedenheit und Teilnahme am täglichen Leben schon dadurch erzielt werden, dass sie<br />
die Essenszubereitung beobachten und riechen sowie ggf. e<strong>in</strong>zelne Lebensmittel anfassen.<br />
E<strong>in</strong> beson<strong>der</strong>es „Highlight“ stellt z. B. das Plätzchenbacken zu Weihnachten dar.<br />
E<strong>in</strong>e Tätigkeit, die im beson<strong>der</strong>en Maße den praktischen S<strong>in</strong>n anspricht, ist z. B. das<br />
Kneten von Teig (siehe Fotos).<br />
• Insgesamt s<strong>in</strong>d alle Tätigkeiten positiv zu bewerten, die s<strong>in</strong>nlich ansprechend s<strong>in</strong>d (z. B.<br />
auch das Abschmecken von Speisen) und zu Gesprächen anregen (z. B. das Ausprobieren<br />
alter Rezepte).<br />
Tätigkeiten, die die S<strong>in</strong>ne anregen: Teig rollen und kneten<br />
Im Rahmen <strong>der</strong> Diskussion wiesen die Praktiker vor allem auf folgende Aspekte h<strong>in</strong>, die bei<br />
<strong>der</strong> Mitwirkung von demenziell erkrankten Bewohnern zu berücksichtigen s<strong>in</strong>d:<br />
An<strong>der</strong>en Begriff von Aktivität zugrunde legen<br />
Im Rahmen des Workshops wurde deutlich, dass man bei den Alltagsaktivitäten <strong>in</strong> Wohngruppen<br />
von e<strong>in</strong>em an<strong>der</strong>en Aktivitätsbegriff ausgehen muss. E<strong>in</strong>e Workshopteilnehmer<strong>in</strong><br />
berichtet, dass pr<strong>in</strong>zipiell alle Bewohner <strong>in</strong> irgend e<strong>in</strong>er Art und Weise bei <strong>der</strong> Mahlzeitenversorgung<br />
mitwirken, auch wenn dies nicht bei allen „aktiv“ geschieht. Für die Bewohner<br />
ist vielmehr das Gefühl wichtig, überhaupt e<strong>in</strong>bezogen zu se<strong>in</strong>. Bei stark <strong>in</strong> <strong>der</strong> Kognition<br />
e<strong>in</strong>geschränkten Personen ist das Tasten und Sehen zum Teil die letzte Möglichkeit <strong>der</strong> E<strong>in</strong>b<strong>in</strong>dung<br />
<strong>in</strong> Alltagsaktivitäten. Diese Art <strong>der</strong> E<strong>in</strong>beziehung führt auch bei solchen Bewohnern<br />
zu Reaktionen. Die Workshopteilnehmer<strong>in</strong> ist <strong>der</strong> Me<strong>in</strong>ung, dass je<strong>der</strong> Bewohner e<strong>in</strong>bezogen<br />
werden kann, auch wenn er vollkommen immobil ist. In ihrer Hausgeme<strong>in</strong>schaft<br />
ist ke<strong>in</strong> Bewohner aufgrund <strong>der</strong> Immobilität bettlägerig. Dies macht es möglich, auch körperlich<br />
stark e<strong>in</strong>geschränkte Pflegebedürftige am Alltagsgeschehen zu beteiligen. E<strong>in</strong>e<br />
spontane E<strong>in</strong>beziehung von an<strong>der</strong>en Bewohnern kann auch schon dadurch bewirkt werden,<br />
dass etwa die E<strong>in</strong>kaufstüten bewusst <strong>in</strong> <strong>der</strong> Küche abgestellt werden und so zum Ausräumen<br />
e<strong>in</strong>laden. Bei manchen Bewohnern wird es bereits als wesentlich angesehen, dass<br />
12
sie bei den Alltagsaktivitäten dabei s<strong>in</strong>d, auch wenn sie nichts „S<strong>in</strong>nvolles“ zur Mahlzeitenversorgung<br />
beitragen können.<br />
Auch an<strong>der</strong>e Workshopteilnehmer<strong>in</strong>nen waren <strong>der</strong> Me<strong>in</strong>ung, dass bei <strong>der</strong> E<strong>in</strong>beziehung <strong>der</strong><br />
Bewohner <strong>in</strong> die Alltagsaktivitäten nicht das Ziel im Vor<strong>der</strong>grund steht bzw. stehen sollte,<br />
möglichst viele o<strong>der</strong> gar alle Bewohner aktiv zu beteiligen, und dass es schon gar nicht darum<br />
gehen kann, über die Bewohnerbeteiligung Personal „e<strong>in</strong>zusparen“. Gute Erfahrungen<br />
hat man damit gemacht, den e<strong>in</strong>zelnen Bewohnern Funktionen zu geben, z. B. die „Briefkastengänger<strong>in</strong>“,<br />
die „Manager<strong>in</strong>“, die „Gärtner<strong>in</strong>“. Darüber h<strong>in</strong>aus wird <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Wohngeme<strong>in</strong>schaft<br />
eher die Musik <strong>in</strong> den Vor<strong>der</strong>grund gestellt, ohne darüber das Kochen zu vernachlässigen.<br />
Impulse geben<br />
2.1 Mitwirkungsmöglichkeiten <strong>der</strong> Bewohner<br />
Er<strong>in</strong>nerungen an das<br />
frühere Zuhause<br />
Nach Me<strong>in</strong>ung e<strong>in</strong>zelner Praktiker müssen viele Mitarbeiter<strong>in</strong>nen erst lernen, dass nicht nur<br />
die aktive Teilnahme <strong>der</strong> Bewohner e<strong>in</strong>e Mitwirkung bedeutet. Es ist mitunter schwer, dem<br />
Personal dies nahe zu br<strong>in</strong>gen.<br />
E<strong>in</strong>e Workshopteilnehmer<strong>in</strong> bestätigt die Wichtigkeit <strong>der</strong> Impulssetzung bei stärker demenziell<br />
e<strong>in</strong>geschränkten Menschen. In ihrer Hausgeme<strong>in</strong>schaft gibt es z. B. Bewohner<strong>in</strong>nen,<br />
die noch vor e<strong>in</strong>iger Zeit alle<strong>in</strong> Kartoffeln schälen konnten, wenn sie e<strong>in</strong>e entsprechende<br />
Auffor<strong>der</strong>ung erhalten hatten. Inzwischen ist es notwendig geworden, e<strong>in</strong>en körperlichen<br />
Impuls zu geben, damit die Handlung noch ausgeführt werden kann. Aufgabe <strong>der</strong> Betreuungskräfte<br />
ist es, genau zu beobachten bzw. herauszuf<strong>in</strong>den, welcher Impuls <strong>in</strong> welcher<br />
Intensität notwendig ist, und dabei die Ressourcen <strong>der</strong> Bewohner we<strong>der</strong> zu unterschätzen<br />
noch zu überschätzen.<br />
13
2.1 Mitwirkungsmöglichkeiten <strong>der</strong> Bewohner<br />
Mitwirkung ist unterschiedlich<br />
Die Workshopteilnehmer berichten, dass die Mitwirkung <strong>der</strong> Bewohner von sehr vielfältigen<br />
Faktoren bestimmt wird und sich immer wie<strong>der</strong> än<strong>der</strong>t.<br />
So wirken <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Hausgeme<strong>in</strong>schaft <strong>der</strong>zeit nur noch e<strong>in</strong> bis drei Bewohner aktiv an <strong>der</strong><br />
Mahlzeitenversorgung mit; am Anfang des Gruppenlebens waren dies noch mehr ältere<br />
Menschen. In e<strong>in</strong>er Wohngeme<strong>in</strong>schaft kann sich von <strong>in</strong>sgesamt sechs Bewohnern, bezogen<br />
auf e<strong>in</strong>en Zeitraum von vier Jahren, <strong>in</strong>zwischen ke<strong>in</strong> Bewohner mehr aktiv an <strong>der</strong> Mahlzeitenversorgung<br />
beteiligen. Aber bereits die Teilnahme am Tagesgeschehen und an <strong>der</strong><br />
„Geme<strong>in</strong>schaft“ wirkt sich positiv auf den Zustand und die Emotionen dieser demenzerkrankten<br />
Menschen aus. Die Beteiligung wechselt stark, je nachdem, welchen generellen<br />
Verlauf das Ressourcenpotenzial <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelnen Bewohner nimmt. Schwankungen s<strong>in</strong>d aber<br />
auch <strong>in</strong> ihrer unterschiedlichen Tagesform begründet.<br />
Bei <strong>der</strong> Möglichkeit <strong>der</strong> Beteiligung spielt offensichtlich nicht ausschließlich <strong>der</strong> Grad <strong>der</strong><br />
Demenz e<strong>in</strong>e Rolle. Wichtiger s<strong>in</strong>d vielmehr die konkreten Fähigkeiten jedes E<strong>in</strong>zelnen.<br />
Darüber h<strong>in</strong>aus s<strong>in</strong>d die Grenzen zwischen den Demenzgraden eher fließend. Beim Vorliegen<br />
e<strong>in</strong>er mittleren bis schweren Demenz ist es aber wichtig, häufiger e<strong>in</strong>en kle<strong>in</strong>en Impuls<br />
zur Durchführung von Handlungen zu geben.<br />
Bei <strong>der</strong> Planung <strong>der</strong> Essenszeiten s<strong>in</strong>d die Gewohnheiten <strong>der</strong> Bewohner nicht unerheblich.<br />
So stehen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er <strong>der</strong> sechs Gruppen e<strong>in</strong>er Hausgeme<strong>in</strong>schaft die alten Menschen bedeutend<br />
später auf als üblich („Langschläfer“) und nehmen dementsprechend das Mittagessen<br />
auch später e<strong>in</strong>.<br />
Die Vertreter<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Wohngeme<strong>in</strong>schaft ergänzt, dass h<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong> Möglichkeit <strong>der</strong> Bewohnerbeteiligung<br />
auch an<strong>der</strong>e als ausschließlich demenzielle Erkrankungen relevant s<strong>in</strong>d.<br />
So können sich z. B. <strong>der</strong> Zustand nach e<strong>in</strong>em Schlaganfall o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>e psychiatrische Erkrankung<br />
negativ auf die Beteiligungsmöglichkeiten auswirken. Dies schließt psychiatrische<br />
Krankheiten bzw. Zustände e<strong>in</strong>, die von den Mitarbeiter<strong>in</strong>nen nur vermutet werden<br />
können, aber ärztlicherseits noch nicht e<strong>in</strong>deutig diagnostiziert worden s<strong>in</strong>d.<br />
Die Betreuungskraft e<strong>in</strong>er an<strong>der</strong>en Wohngeme<strong>in</strong>schaft bestätigt, dass <strong>der</strong> Verlauf <strong>der</strong> Demenz<br />
bei den e<strong>in</strong>zelnen Bewohnern und die dadurch bed<strong>in</strong>gten Mitwirkungsmöglichkeiten<br />
sowie die so genannten Tagesschwankungen sehr unterschiedlich s<strong>in</strong>d. So gibt es mitunter<br />
Menschen mit e<strong>in</strong>er schweren Demenz, die bei <strong>in</strong>sgesamt nur noch ger<strong>in</strong>gen Fähigkeiten<br />
„Werkzeuge“ aber noch gut benutzen können. So leben <strong>in</strong> ihrer Wohngeme<strong>in</strong>schaft<br />
zwei Bewohner<strong>in</strong>nen mit schwerer Demenz, die beim Gemüseputzen noch sehr wohl helfen<br />
können.<br />
14
Verwendung von „Werkzeugen“<br />
(Beispiel Messer)<br />
Benutzung alter „Gerätschaften“<br />
(Beispiel Rühren)<br />
2.1 Mitwirkungsmöglichkeiten <strong>der</strong> Bewohner<br />
H<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong> Berücksichtigung <strong>der</strong> <strong>in</strong>dividuellen Fähigkeiten und Vorlieben <strong>der</strong> Bewohner<br />
wird als Beispiel genannt, dass es manchmal s<strong>in</strong>nvoller ist, e<strong>in</strong>e ältere Frau beim Bügeln<br />
statt beim Kochen zu beteiligen. Dabei ist allerd<strong>in</strong>gs zu beachten, dass nicht zw<strong>in</strong>gend<br />
vorausgesetzt werden kann, dass sie auch Wäschestücke von an<strong>der</strong>en Bewohnern bügelt<br />
bzw. bügeln möchte. Es gibt auch Frauen, die es von früher gar nicht gewohnt s<strong>in</strong>d, zu<br />
kochen o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Haushalttätigkeiten auszuführen, da sie dies etwa aufgrund ihrer gehobenen<br />
gesellschaftlichen Position bzw. f<strong>in</strong>anziellen Stellung früher nicht tun mussten.<br />
Die Vertreter<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Hausgeme<strong>in</strong>schaft berichtet <strong>in</strong> diesem Zusammenhang von e<strong>in</strong>er<br />
Bewohner<strong>in</strong>, die es als ehemalige Büroangestellte eher gewohnt ist, Papiere zu sortieren<br />
als im Haushalt mitzuhelfen. Ergänzend wird das Beispiel e<strong>in</strong>er Bewohner<strong>in</strong> genannt, die<br />
sich bewusst nicht an den Haushaltaktivitäten beteiligen möchte, da sie <strong>der</strong> Me<strong>in</strong>ung ist,<br />
sie habe bereits ihr ganzes Leben „schuften“ müssen.<br />
Die Männer <strong>in</strong> <strong>der</strong> Hausgeme<strong>in</strong>schaft werden weniger bei den „klassischen“ hauswirtschaftlichen<br />
Tätigkeiten, son<strong>der</strong>n vor allem beim E<strong>in</strong>kaufen e<strong>in</strong>bezogen. Sie bieten sich<br />
z. B. an, die E<strong>in</strong>kaufstüten zu tragen, was ihrem Rollenverständnis von früher entspricht.<br />
Die Getränke werden allerd<strong>in</strong>gs durch e<strong>in</strong>en Händler geliefert, da auch die männlichen Bewohner<br />
nicht mehr die schweren Flaschen tragen können.<br />
15
2.1 Mitwirkungsmöglichkeiten <strong>der</strong> Bewohner<br />
Biographiearbeit ist wichtig<br />
Dieses und die an<strong>der</strong>en Beispiele verdeutlichen, dass <strong>der</strong> Biographiearbeit <strong>in</strong> den Wohngruppen<br />
e<strong>in</strong>e große Bedeutung zukommt. Außerdem sollten die Mitarbeiter<strong>in</strong>nen lernen,<br />
mit diesen „Beson<strong>der</strong>heiten“ positiv umzugehen und sich durch bestimmte Verhaltenweisen<br />
o<strong>der</strong> Äußerungen nicht verletzt zu fühlen. Die Betreuungskraft e<strong>in</strong>er Hausgeme<strong>in</strong>schaft<br />
nennt dazu das Beispiel e<strong>in</strong>er Bewohner<strong>in</strong>, die sich selbst nicht am Putzen beteiligt, aber<br />
die Arbeit des Zivildienstleistenden akribisch überwacht und ggf. darauf h<strong>in</strong>weist, dass<br />
noch „Fussel“ auf dem Fußboden liegen.<br />
Bewohner <strong>in</strong> Mitverantwortung e<strong>in</strong>beziehen<br />
E<strong>in</strong>e Workshopteilnehmer<strong>in</strong> ergänzt, dass sie gute Erfahrungen damit gemacht hat, <strong>in</strong> solchen<br />
o<strong>der</strong> ähnlichen Situationen eventuell bei <strong>der</strong> betreffenden Bewohner<strong>in</strong> nachzufragen,<br />
wie man es besser machen könnte. Wenn z. B. e<strong>in</strong>e Bewohner<strong>in</strong> darauf h<strong>in</strong>weist, dass die<br />
Suppe nicht schmeckt, könnte es hilfreich se<strong>in</strong> zu fragen, was denn <strong>in</strong> <strong>der</strong> Suppe fehlt, beispielsweise<br />
noch etwas Salz. Diese Frage regt das „Mitdenken“ und „Mitverantwortlichse<strong>in</strong>“<br />
<strong>der</strong> Bewohner an, auch wenn sie sich sonst nicht aktiv beteiligen (können).<br />
Mitwirkung nicht fest e<strong>in</strong>planen<br />
H<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong> E<strong>in</strong>beziehung <strong>der</strong> Bewohner <strong>in</strong> ihrer Hausgeme<strong>in</strong>schaft berichtet e<strong>in</strong>e Teilnehmer<strong>in</strong>,<br />
dass „immer etwas zustande kommt“. Sie ist <strong>der</strong> Me<strong>in</strong>ung, dass man ihre Mitwirkung<br />
nicht fest e<strong>in</strong>planen sollte, son<strong>der</strong>n dass sich am Tag <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel Situationen ergeben,<br />
die das Anregen e<strong>in</strong>er Beteiligung s<strong>in</strong>nvoll ersche<strong>in</strong>en lassen. Die Tätigkeiten, die<br />
die Bewohner übernehmen, s<strong>in</strong>d recht unterschiedlich, so z. B. Ausfegen und Tisch<br />
decken. Es kommt auch vor, dass Bewohner<strong>in</strong>nen mit weniger körperlichen o<strong>der</strong> geistigen<br />
E<strong>in</strong>schränkungen ihren hilfebedürftigeren Mitbewohnern die Mahlzeiten anreichen.<br />
Die Vertreter<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Wohngeme<strong>in</strong>schaft bestätigt, dass den Mitarbeiter<strong>in</strong>nen h<strong>in</strong>sichtlich<br />
<strong>der</strong> Bewohnerbeteiligung e<strong>in</strong>e hohe Flexibilität abverlangt wird. Es existiert <strong>in</strong> ihrer Wohngeme<strong>in</strong>schaft<br />
zwar e<strong>in</strong> genereller Tagesplan, er muss aber immer aktuell angepasst werden.<br />
Auch die generelle „Verteilung“ <strong>der</strong> Bewohner auf die e<strong>in</strong>zelnen Tätigkeiten sollte ihrer<br />
Me<strong>in</strong>ung nach flexibel gehandhabt werden. Nachdem z. B. <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zige männliche Bewohner<br />
gestorben war, <strong>der</strong> beim E<strong>in</strong>kauf immer die Getränke getragen hat, musste auf diese<br />
Mitwirkungsmöglichkeit ganz verzichtet werden und e<strong>in</strong> Getränkelieferservice e<strong>in</strong>bezogen<br />
werden.<br />
16
Aktivitäts- und Ruhephasen berücksichtigen<br />
E<strong>in</strong>e Teilnehmer<strong>in</strong> merkt an, dass die Bewohner gar nicht immer gefor<strong>der</strong>t werden wollen.<br />
Vielmehr sollte auch das Ruhebedürfnis Beachtung f<strong>in</strong>den. Die Betreuungskräfte sollten<br />
beobachten, wie es dem Bewohner gerade geht, um dann angemessen auf se<strong>in</strong> Bef<strong>in</strong>den<br />
zu reagieren. Manche Angehörige wünschen sich allerd<strong>in</strong>gs, dass <strong>in</strong> <strong>der</strong> Wohngeme<strong>in</strong>schaft<br />
„mehr passiert“. Ihnen sollte aber die Notwendigkeit des Abwägens zwischen Aktivitäts-<br />
und Ruhebedürfnis <strong>der</strong> älteren Menschen erläutert und vermittelt werden. So hatte<br />
es beispielsweise <strong>in</strong> <strong>der</strong> betreffenden Wohngruppe nicht den gewünschten Effekt gebracht,<br />
als auf Druck <strong>der</strong> Angehörigen versucht wurde, regelmäßige Gymnastikrunden durchzuführen,<br />
weil dies nicht den Wünschen <strong>der</strong> Bewohner entsprach. E<strong>in</strong>e an<strong>der</strong>e Betreuungskraft<br />
hat dagegen die Erfahrung gemacht, dass die Bewohner eher e<strong>in</strong>e ausführliche Körperpflege<br />
und das <strong>in</strong>tensive E<strong>in</strong>cremen lieber mögen als e<strong>in</strong>e Aktivierung, zu <strong>der</strong> sie gedrängt<br />
werden.<br />
Das Wohlbef<strong>in</strong>den <strong>der</strong> Bewohner <strong>in</strong> den Mittelpunkt stellen<br />
2.1 Mitwirkungsmöglichkeiten <strong>der</strong> Bewohner<br />
E<strong>in</strong>e Expert<strong>in</strong> hebt hervor, bei <strong>der</strong> E<strong>in</strong>beziehung von Bewohnern eher <strong>der</strong>en Wohlbef<strong>in</strong>den<br />
<strong>in</strong> den Vor<strong>der</strong>grund zu rücken und manchmal auch „spielerisch“ an die Alltagsbewältigung<br />
heranzugehen, z. B. beim Putzen spontan mit e<strong>in</strong>er Bewohner<strong>in</strong> zu tanzen.<br />
Das In-den-Vor<strong>der</strong>grund-stellen des Wohlbef<strong>in</strong>dens bedeutet nach Me<strong>in</strong>ung e<strong>in</strong>er weiteren<br />
Workshopteilnehmer<strong>in</strong> unter an<strong>der</strong>em auch, dass man Abstriche an <strong>der</strong> Qualität <strong>der</strong> Hauswirtschaftsarbeiten<br />
machen muss, wenn dies aktuell notwendig ist. Erfahrungsgemäß<br />
müssen Mitarbeiter<strong>in</strong>nen aber oft erst lernen, mit den erfor<strong>der</strong>lichen Qualitätse<strong>in</strong>bußen<br />
umzugehen bzw. diese zuzulassen. Die Betreuungskräfte sollten auch e<strong>in</strong> hohes Maß an<br />
Gelassenheit und Ruhe besitzen, um die wechselnden Situationen und Anfor<strong>der</strong>ungen<br />
meistern zu können (Zitat: „Manchmal ist e<strong>in</strong>e Wohngeme<strong>in</strong>schaft wie e<strong>in</strong>e Familie mit fünf<br />
K<strong>in</strong><strong>der</strong>n, die alle gleichzeitig etwas von <strong>der</strong> Mutter wollen“). Es sollten „Notfallszenarien“<br />
existieren, die e<strong>in</strong> M<strong>in</strong>destmaß an hauswirtschaftlicher Versorgung sicherstellen. Wenn<br />
beispielsweise das Essen angebrannt ist, muss e<strong>in</strong>e Reserve <strong>in</strong> Form von Tiefkühlkost vorhanden<br />
se<strong>in</strong>. Für die Notwendigkeit des flexiblen Reagierens auf beson<strong>der</strong>e Situationen<br />
sollte möglichst auch die Akzeptanz bei den Angehörigen und an<strong>der</strong>en nahestehenden<br />
Personen erreicht werden, z. B. für den Fall, dass das Mittagessen an e<strong>in</strong>em Tag erst um<br />
14.30 Uhr „auf den Tisch kommt“.<br />
Von verschiedenen Experten wird das Fazit gezogen, dass h<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong> Mitwirkung bei<br />
<strong>der</strong> Mahlzeitenversorgung nicht die aktive und möglichst umfassende Beteiligung an den<br />
entsprechenden Aktivitäten im Vor<strong>der</strong>grund steht bzw. stehen sollte, son<strong>der</strong>n das psychische<br />
Wohlbef<strong>in</strong>den <strong>der</strong> Bewohner.<br />
17
2.2 Räumliche und technische Ausstattung<br />
2.2 Räumliche und technische Ausstattung<br />
Die Workshop-Teilnehmer wurden zur E<strong>in</strong>schätzung <strong>der</strong> bedarfsgerechter räumlicher Rahmenbed<strong>in</strong>gungen<br />
nach <strong>der</strong> Raumplanung und Größe <strong>der</strong> Küche und Wohnzimmer gefragt.<br />
For<strong>der</strong>ung e<strong>in</strong>er großen Küche und e<strong>in</strong>es separaten Wohnraums<br />
Die Frage, ob die vorhandene Küche ausreichend groß ist, um die Bewohner an den Haushaltaktivitäten<br />
beteiligen zu können, wurde von fünf Wohn- und Hausgeme<strong>in</strong>schafts-Vertretern<br />
mit „ja“ beantwortet, e<strong>in</strong>mal mit „ne<strong>in</strong>“ (W4). E<strong>in</strong>schränkungen werden dah<strong>in</strong>gehend<br />
formuliert, dass durch das Notwendigwerden e<strong>in</strong>es Rollstuhle<strong>in</strong>satzes bei e<strong>in</strong>er zunehmenden<br />
Anzahl von Bewohnern e<strong>in</strong> ursprünglich ausreichend großer Raum zu eng werden<br />
kann. E<strong>in</strong>er durchdachten, auf unterschiedliche Aktivitäten und auch auf Rollstuhlfahrer<br />
ausgelegten E<strong>in</strong>richtung <strong>der</strong> Wohnküche wird große Bedeutung beigemessen.<br />
Grundriss WG Ste<strong>in</strong>metzstraße, Berl<strong>in</strong> (W7). Küche und Wohnraum rechts neben dem Wohnungse<strong>in</strong>gang<br />
18<br />
Kle<strong>in</strong>e, separate Küche mit<br />
Verb<strong>in</strong>dung zum Wohnzimmer (W7)
Wohnzimmer mit Esstisch,<br />
Verb<strong>in</strong>dung zur Küche neben<br />
dem alten Schrank (W7)<br />
Tabelle 3<br />
Bilden Küche und Wohnzimmer e<strong>in</strong>e „räumliche E<strong>in</strong>heit“ und wie groß ist <strong>der</strong> Raum?<br />
Größe <strong>in</strong> qm:<br />
Form W1 W2 W4 W5 W6 W7<br />
Separate Küche 18<br />
Separates Wohnzimmer 6–7 25<br />
Wohnküche 65 76 30/33 46 + 10 44<br />
Platz pro Bewohner 11 6 6 8 9 7<br />
Wohnküche = Küche und Wohnzimmer s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong> Raum<br />
2.2 Räumliche und technische Ausstattung<br />
E<strong>in</strong>e Workshopteilnehmer<strong>in</strong> empfiehlt, h<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong> Raumgröße und -gestaltung zu<br />
überlegen, für wie viele Bewohner und wie viele Mitarbeiter Platz se<strong>in</strong> muss. Dabei ist zu<br />
bedenken, dass e<strong>in</strong>ige Tätigkeiten parallel durchgeführt werden (z. B. Abräumen, Wäschelegen,<br />
Spülen, jemanden zur Mittagsruhe legen). In <strong>der</strong> Küche muss also auch Raum für<br />
Aktivitäten vorhanden se<strong>in</strong>, die nicht unmittelbar mit <strong>der</strong> Mahlzeitenversorgung zusammenhängen.<br />
Die Wohnküche sollte auch deshalb nicht zu kle<strong>in</strong> se<strong>in</strong>, da für immer mehr Bewohner<br />
von ihren Angehörigen Liegesessel besorgt werden, die viel Platz e<strong>in</strong>nehmen.<br />
E<strong>in</strong>er Expert<strong>in</strong> ist wichtig, dass zusätzlich zur Wohn-Küche e<strong>in</strong>e „gute Stube“ vorhanden<br />
se<strong>in</strong> sollte. Auch an<strong>der</strong>e Teilnehmer unterstützen die Auffassung, dass zusätzlich zur Küche<br />
e<strong>in</strong>e Rückzugsmöglichkeit <strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>es Wohnzimmers vorgesehen werden sollte, da bei<br />
den Haushaltaktivitäten unweigerlich e<strong>in</strong> Geräuschpegel entsteht, <strong>der</strong> auf manche Bewohner<br />
störend wirkt.<br />
19
2.2 Räumliche und technische Ausstattung<br />
Kochbereich e<strong>in</strong>er Wohnküche (WG Werther, W6)<br />
Wohnbereich e<strong>in</strong>er Wohnküche (W6), Koch- und Wohnbereich bilden e<strong>in</strong>en Raum<br />
20
E<strong>in</strong>e weitere Teilnehmer<strong>in</strong> berichtet, dass <strong>in</strong> ihrer Wohngeme<strong>in</strong>schaft e<strong>in</strong>e flexible Abtrennung<br />
zwischen Wohnküche und Wohnzimmer <strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>er Schiebetür existiert. Sie kann<br />
sich e<strong>in</strong>en großen, nicht unterteilbaren Raum, <strong>der</strong> die Funktionen von Küche und Wohnraum<br />
vere<strong>in</strong>t, nicht vorstellen. Wenn alles nur <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Raum stattf<strong>in</strong>det, entsteht erfahrungsgemäß<br />
<strong>der</strong> negative E<strong>in</strong>druck e<strong>in</strong>es Aufenthaltsraums o<strong>der</strong> gar „Wartesaals“, was <strong>der</strong><br />
„eigenen Häuslichkeit“ eher wi<strong>der</strong>spricht.<br />
Vermeidung räumlicher und kognitiver Barrieren<br />
Die Wohngruppen wurden auch dah<strong>in</strong>gehend befragt, ob bei <strong>der</strong> Ausstattung <strong>der</strong> Küchenzeile<br />
beson<strong>der</strong>e Aspekte berücksichtigt wurden, die im Zusammenhang mit den E<strong>in</strong>schränkungen<br />
<strong>der</strong> Bewohner von Wohn- und Hausgeme<strong>in</strong>schaften stehen. Dabei g<strong>in</strong>g es<br />
vor allem um die Vermeidung von räumlichen und kognitiven Barrieren, von Gefahrenquellen<br />
und dem Angebot zusätzlicher Arbeitsflächen. In <strong>der</strong> folgenden Tabelle s<strong>in</strong>d die Antworten<br />
zu <strong>der</strong> entsprechenden Frage zusammengefasst.<br />
Tabelle 4<br />
Wie ist die Küchenzeile ausgestattet?<br />
2.2 Räumliche und technische Ausstattung<br />
W1 W2 W4 W5 W6 W7<br />
Unterfahrbare<br />
Arbeitsplatte – X – X – –<br />
Unterfahrbarer Herd – – – – – –<br />
Unterfahrbare Spüle – – – X – –<br />
Herdsicherung – – – X<br />
– –<br />
Zusätzlicher Arbeitsplatz – X – – – –<br />
Herdsicherung = Herd mit speziellem Bedienfeld (Sicherung) o<strong>der</strong> Abschaltautomatik<br />
Die Übersicht zeigt, dass <strong>in</strong> den genannten Wohn- und Hausgeme<strong>in</strong>schaften solche spezifischen<br />
Ausstattungsmerkmale e<strong>in</strong>e eher sparsame Anwendung f<strong>in</strong>den. Die Möglichkeit,<br />
den Herd bzw. die Kochmulde im Sitzen zu nutzen (unterfahrbar), ist <strong>in</strong> ke<strong>in</strong>er <strong>der</strong> Küchen<br />
vorgesehen (s. o.). Die übrigen Merkmale s<strong>in</strong>d nur <strong>in</strong> jeweils e<strong>in</strong>er <strong>der</strong> Wohn- und Hausgeme<strong>in</strong>schaften<br />
vorhanden. Lediglich das Angebot e<strong>in</strong>er (unterfahrbaren) Arbeitsplatte, die im<br />
Sitzen genutzt werden kann, wird <strong>in</strong> zwei Wohngruppen gemacht.<br />
Zur Frage, ob die Küchenschränke möglichst ke<strong>in</strong>e Türen haben sollten, damit die Bewohner<br />
durch das Wahrnehmen <strong>der</strong> Küchenutensilien zum Mitwirken angeregt werden, s<strong>in</strong>d die<br />
Teilnehmer des Workshops überwiegend <strong>der</strong> Me<strong>in</strong>ung, dass die Verschmutzungsgefahr bei<br />
e<strong>in</strong>er offenen Bauweise beachtet werden sollte. Zudem sollte berücksichtigt werden, wel-<br />
21
2.2 Räumliche und technische Ausstattung<br />
che Küchengeräte- und Utensilien für die Bewohner leicht zugänglich (sichtbar) se<strong>in</strong> sollen,<br />
und welche dagegen nicht.<br />
Die Vertreter<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Hausgeme<strong>in</strong>schaft erklärt, dass die Bewohner<strong>in</strong>nen nur noch im Sitzen<br />
das Geschirr abtrocknen können. Trotzdem ist bewusst auf e<strong>in</strong>e Spülmasch<strong>in</strong>e verzichtet<br />
worden. E<strong>in</strong> Problem stellen aber die zu niedrig angebrachten Arbeitsflächen dar, die vor allem<br />
beim Abwaschen für die an <strong>der</strong> Spüle stehenden Mitarbeiter<strong>in</strong>nen o<strong>der</strong> Bewohner<strong>in</strong>nen<br />
ke<strong>in</strong> rückenschonendes Arbeiten ermöglichen. In e<strong>in</strong>er neuen Wohngruppe s<strong>in</strong>d daher Arbeitsflächen<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Höhe von 92 cm geplant. Problematisch ist außerdem, dass <strong>in</strong> <strong>der</strong> vorhandenen<br />
Küche <strong>der</strong> Herd und das Spülbecken zu weit vone<strong>in</strong>an<strong>der</strong> entfernt s<strong>in</strong>d. Überlegenswert<br />
ist, ob die Küchenzeile mit zwei Spülbecken ausgestattet se<strong>in</strong> sollte.<br />
Nach Erfahrung e<strong>in</strong>er Hausgeme<strong>in</strong>schaftsvertreter<strong>in</strong> wird e<strong>in</strong> unterfahrbarer Herd <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
Regel nicht benötigt, da die Rollstuhlfahrer bzw. die Bewohner, die nur sitzend arbeiten<br />
können, meist nicht mehr am Herd helfen können. Für wichtiger wird dagegen e<strong>in</strong>e unterfahrbare<br />
Spüle gehalten, da das Spülen, Abtrocknen und Bestecke<strong>in</strong>sortieren häufig noch<br />
von Rollstuhlfahrern bzw. im Sitzen erledigt werden kann.<br />
Unterschiedliche Auffassungen über die Verwendung e<strong>in</strong>es „Küchenblocks“<br />
Im Workshop wurde von den Praktikern sehr kontrovers über die Verwendung und Gestaltung<br />
e<strong>in</strong>es „Küchenblocks“ diskutiert. Im Unterschied zu <strong>der</strong> üblichen Küchenzeile entlang<br />
<strong>der</strong> Wand ist damit die offene räumliche Anordnung e<strong>in</strong>iger o<strong>der</strong> aller Koche<strong>in</strong>richtungen <strong>in</strong><br />
Form e<strong>in</strong>es „Küchenblocks“ o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>es Tresens geme<strong>in</strong>t. Die e<strong>in</strong>en halten e<strong>in</strong>e halboffene<br />
Gestaltung des Tresens <strong>in</strong> <strong>der</strong> Wohnküche für wichtig. Sie unterstützt e<strong>in</strong>erseits durch die<br />
Möglichkeit <strong>der</strong> beidseitigen Nutzung e<strong>in</strong>e gute Beteiligung <strong>der</strong> Bewohner, kann aber an<strong>der</strong>erseits<br />
auch e<strong>in</strong>e gewisse Distanz zwischen Personal und Bewohnern schaffen, wenn<br />
dies <strong>in</strong> bestimmten Situationen als notwendig erachtet wird.<br />
Als vorteilhaft wird die Unterfahrbarkeit e<strong>in</strong>es solchen Küchenblocks bewertet. Häufige<br />
Mängel von <strong>der</strong>artigen Insellösungen s<strong>in</strong>d allerd<strong>in</strong>gs nach bisheriger Erfahrung die relativ<br />
kle<strong>in</strong>en Arbeitsflächen und die häufig etwas „versteckte“ Spüle.<br />
Zwei Workshopteilnehmer<strong>in</strong>nen sprechen sich gegen die Ausstattung mit e<strong>in</strong>em Küchenblock<br />
aus, da er ihrer Me<strong>in</strong>ung nach zu viel Platz im Raum e<strong>in</strong>nimmt und die meisten Bewohner<br />
von zuhause e<strong>in</strong>e herkömmliche Küchenzeile gewohnt s<strong>in</strong>d und dann mit dem<br />
Block nicht gut „zurecht kommen“. In e<strong>in</strong>er Wohngeme<strong>in</strong>schaft hat man sich bei e<strong>in</strong>er Neubaumaßnahme<br />
bewusst gegen e<strong>in</strong>en Küchenblock entschieden.<br />
In <strong>der</strong> Hausgeme<strong>in</strong>schaft, <strong>in</strong> <strong>der</strong> e<strong>in</strong> Küchenblock vorhanden ist, wird <strong>der</strong> Nachteil des „mo<strong>der</strong>nen“<br />
bzw. ungewohnten Aussehens dadurch relativiert, dass im Raum auch noch e<strong>in</strong><br />
altertümlicher Küchenschrank steht, <strong>in</strong> dem das Geschirr und an<strong>der</strong>e Utensilien aufbewahrt<br />
werden. Anhand des vorliegenden Grundrisses und <strong>der</strong> Fotos dieser Küchengestaltung<br />
(s. u.) konnten die Vor- und Nachteile e<strong>in</strong>er Insel- und Zeilenanordnung gegenübergestellt<br />
22
werden. Das Beispiel enthält zudem e<strong>in</strong>e Reihe von Angaben für e<strong>in</strong>en Kompromiss zwischen<br />
beiden Lösungen.<br />
Küchenblock mit Ofen (W2)<br />
Arbeiten am Küchenblock<br />
(neben angrenzendem Ofen, W2)<br />
2.2 Räumliche und technische Ausstattung<br />
Grundriss HG Rendsburg<br />
(W2). Große Wohnküche<br />
mit „Küchenblock“ sowie<br />
Küchenzeile mit herausragendem<br />
Element (Herd)<br />
23
2.2 Räumliche und technische Ausstattung<br />
24<br />
Alter Küchenschrank als Kontrast<br />
zur mo<strong>der</strong>nen Küche (W2)<br />
Herausragendes Element <strong>der</strong> Küchenzeile<br />
mit Arbeitsfläche und Herd (W2)<br />
Foto l<strong>in</strong>ks:<br />
Beidseitige Nutzung <strong>der</strong> Spüle am Küchenblock (W2)<br />
Beidseitige Nutzung des Herds (W2)
Zunächst wurde <strong>in</strong> diesem Beispiel vermieden, dass <strong>der</strong> Küchenblock e<strong>in</strong>e Barriere zwischen<br />
<strong>der</strong> (kochenden) Betreuungskraft und den Bewohnern bildet, <strong>in</strong>dem dieser Block von<br />
allen Seiten zugänglich ist (<strong>der</strong> zusätzliche Platzbedarf spielte <strong>in</strong>sofern ke<strong>in</strong>e Rolle, als <strong>der</strong><br />
Raum ausreichend groß ist).<br />
Die Küchene<strong>in</strong>richtung ist aufgeteilt auf den Block e<strong>in</strong>erseits und e<strong>in</strong>e zusätzliche Küchenzeile<br />
an<strong>der</strong>erseits. Die Küchenzeile enthält e<strong>in</strong> weiteres Element (mit Herd und „Regalteil“),<br />
das <strong>in</strong> den Raum h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>ragt und dadurch von zwei Seiten bedient werden kann. Diese<br />
Lösung wurde von allen Experten als e<strong>in</strong> guter Kompromiss zwischen <strong>der</strong> re<strong>in</strong>en Zeilenanordnung<br />
und <strong>der</strong> Blockanordnung gesehen.<br />
Anhand <strong>der</strong> Gestaltung des Küchenblocks selbst wurde zudem deutlich, dass zwar Phantasie<br />
gefragt ist, aber dass „romantisierende“ Lösungen (wie hier die Verb<strong>in</strong>dung mit e<strong>in</strong>em<br />
Kachelofen) auch kontraproduktiv se<strong>in</strong> können. So nimmt dieser hohe Ofen-E<strong>in</strong>bau – <strong>der</strong><br />
nicht genutzt wird – nicht nur viel Raum e<strong>in</strong>, son<strong>der</strong>n verstellt auch den Blick.<br />
An<strong>der</strong>e Workshopteilnehmer<strong>in</strong>nen sehen eher Vorteile <strong>in</strong> <strong>der</strong> Nutzung e<strong>in</strong>es Küchenblocks,<br />
z. B. dar<strong>in</strong>, dass die Kommunikation nicht beh<strong>in</strong><strong>der</strong>t wird, <strong>in</strong>dem die Mitarbeiter<strong>in</strong>nen beim<br />
Arbeiten nicht mit dem Rücken zu den Bewohnern stehen.<br />
Küchentisch als zentraler Aktionsraum<br />
2.2 Räumliche und technische Ausstattung<br />
E<strong>in</strong>e Teilnehmer<strong>in</strong> berichtet, dass <strong>in</strong> ihrer Wohngeme<strong>in</strong>schaft die Mitwirkung <strong>der</strong> Bewohner<strong>in</strong>nen<br />
bei <strong>der</strong> Mahlzeitenvorbereitung überwiegend am Küchentisch stattf<strong>in</strong>det. Deshalb<br />
wäre es günstiger, wenn <strong>in</strong> <strong>der</strong> Nähe des Tisches Steckdosen vorhanden wären, damit<br />
Küchenmasch<strong>in</strong>en wie z. B. das Rührgerät ohne weiteres genutzt werden könnten. Dabei<br />
musste allerd<strong>in</strong>gs die Gefahr vermieden werden, dass durch das Kabel auf dem Boden Bewohner<br />
beim Zum-Tisch-Kommen o<strong>der</strong> Weggehen stürzen können.<br />
Kürbisschneiden am Tisch<br />
25
2.2 Räumliche und technische Ausstattung<br />
Erfahrung und Gewohnheiten <strong>der</strong> Bewohner bei <strong>der</strong> Ausstattung berücksichtigen<br />
Insgesamt sollte nach Me<strong>in</strong>ung <strong>der</strong> Praktiker die Küche so gestaltet se<strong>in</strong>, wie es die Bewohner<br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> Region gewohnt s<strong>in</strong>d, z. B. im Landhausstil o<strong>der</strong> eher „städtisch“ e<strong>in</strong>gerichtet.<br />
Bei <strong>der</strong> Planung <strong>der</strong> Küchene<strong>in</strong>richtung sollte man sich beispielsweise die Frage stellen,<br />
was den Bewohnern vertraut ist bzw. wo sie früher gelebt haben (z. B. <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er ländlichen<br />
Region <strong>in</strong> Bayern). E<strong>in</strong>e Teilnehmer<strong>in</strong> räumt e<strong>in</strong>, dass dem E<strong>in</strong>gehen auf die biographischen<br />
H<strong>in</strong>tergründe <strong>der</strong> Bewohner sicherlich Grenzen dadurch gesetzt s<strong>in</strong>d, dass das<br />
Klientel e<strong>in</strong>er Wohn- o<strong>der</strong> Hausgeme<strong>in</strong>schaft wechselt und häufig aus verschiedenen Regionen<br />
stammt. Solche sich wi<strong>der</strong>sprechenden Bedürfnisse können aber durch das Umgestalten<br />
von Details kompensiert werden.<br />
H<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong> erfor<strong>der</strong>lichen bzw. wünschenswerten Geräteausstattung <strong>in</strong> <strong>der</strong> Wohnküche<br />
sprechen sich mehrere Workshopteilnehmer gegen e<strong>in</strong>en mo<strong>der</strong>nen Herd mit Keramikkochfeld<br />
aus, weil die (heutigen) Menschen mit Demenz damit nicht vertraut s<strong>in</strong>d.<br />
Variable Lösungen suchen<br />
E<strong>in</strong>e an<strong>der</strong>e Expert<strong>in</strong> bestätigt das Vorhandense<strong>in</strong> von Grenzen bezüglich <strong>der</strong> <strong>in</strong>dividuell<br />
auf die Bewohner abgestimmten Gestaltung <strong>der</strong> Wohnumgebung. Sie schlägt vor, variable<br />
Lösungen e<strong>in</strong>zuplanen, z. B. e<strong>in</strong>e Schiebetür o<strong>der</strong> die (nachträgliche) Absenkbarkeit <strong>der</strong><br />
Küchenarbeitsplatte für den Fall, dass zukünftig e<strong>in</strong>e Lösung für e<strong>in</strong>en Rollstuhlfahrer o<strong>der</strong><br />
das Arbeiten im Sitzen gefunden werden muss. Nach ihrer Erfahrung bestehen <strong>in</strong> größeren<br />
Städten mit mehreren Wohngeme<strong>in</strong>schaften mehr Möglichkeiten, e<strong>in</strong>zelne neue Bewohner<br />
dem „richtigen Milieu“ zuzuordnen, <strong>in</strong>dem e<strong>in</strong>e Wahlmöglichkeit zwischen „bürgerlicher<br />
Wohnung“ „e<strong>in</strong>facher Wohnung“ o<strong>der</strong> auch „Plattenbauwohnung“ angeboten werden<br />
kann.<br />
Bei <strong>der</strong> Geräteausstattung auch an die Betreuungskräfte denken<br />
Darüber h<strong>in</strong>aus schlägt e<strong>in</strong>e Hausgeme<strong>in</strong>schaftsvertreter<strong>in</strong> vor, bei <strong>der</strong> Auswahl von<br />
Küchengeräten vorrangig mitarbeiterorientiert zu denken. Die <strong>in</strong> <strong>der</strong> Küche e<strong>in</strong>gesetzten<br />
Utensilien und Geräte sollten robust se<strong>in</strong>, damit sie <strong>der</strong> Versorgung von e<strong>in</strong>er größeren Zahl<br />
von Personen als im üblichen Haushalt Stand halten können. So sollten z. B. Töpfe mit gutem<br />
Boden und aus gutem Material bevorzugt, und es sollte auf geeignete Griffe geachtet<br />
werden. Allerd<strong>in</strong>gs sollten die Töpfe auch nicht zu schwer se<strong>in</strong>, um auch e<strong>in</strong>e Handhabung<br />
durch die Bewohner zu ermöglichen. Messer könnten auch normal scharf se<strong>in</strong>. Die Erfahrungen<br />
zeigen, dass die Bewohner immer noch gewohnt s<strong>in</strong>d, mit scharfen Messern richtig<br />
umzugehen, und dass sie sich <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel nicht verletzen. Hierzu wird ergänzt, dass<br />
sich e<strong>in</strong>ige Bewohner<strong>in</strong>nen von zuhause ihre Liebl<strong>in</strong>gsmesser o<strong>der</strong> Schäler mitbr<strong>in</strong>gen<br />
lassen, mit denen sie früher gearbeitet haben.<br />
26
Die Frage, ob spezielle Geräte o<strong>der</strong> „Küchen<strong>in</strong>strumente“ genutzt werden, beantworteten<br />
nur zwei von fünf Wohnungen im Rahmen <strong>der</strong> schriftlichen Befragung mit „ja“. Konkret werden<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Fall e<strong>in</strong>e Küchenmasch<strong>in</strong>e <strong>in</strong> Haushaltgröße mit e<strong>in</strong>em Mixer zum Teigrühren,<br />
e<strong>in</strong> Brotbackautomat und e<strong>in</strong>e Wäschemangel angegeben. In dem an<strong>der</strong>en Fall wird ausgesagt,<br />
dass gezielt unmo<strong>der</strong>ne Geräte e<strong>in</strong>gesetzt werden, die die Bewohner von früher<br />
kennen. E<strong>in</strong>e Wohngruppe, die mit „ne<strong>in</strong>“ geantwortet hat, gibt an, dass zum<strong>in</strong>dest spezielle<br />
Tr<strong>in</strong>kbecher vorhanden s<strong>in</strong>d.<br />
Unterschiedliche Lösungen bei <strong>der</strong> Tischordnung suchen<br />
H<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong> Ausstattung mit Tischen im Essbereich spricht sich die Vertreter<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />
Hausgeme<strong>in</strong>schaft dafür aus, bei kle<strong>in</strong>en Bewohnergruppen nur e<strong>in</strong>en großen Tisch zu verwenden,<br />
an dem alle Bewohner Platz f<strong>in</strong>den. Da <strong>in</strong> ihrer Hausgeme<strong>in</strong>schaft zwölf Bewohner<br />
leben, s<strong>in</strong>d zwei Tische für jeweils sechs Personen vorhanden. Die Tische werden mit<br />
dem persönlichen Geschirr <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelnen Bewohner e<strong>in</strong>gedeckt, die ihr Liebl<strong>in</strong>gsgeschirr<br />
von zu Hause mitgebracht haben.<br />
Hier wird versucht, die Verteilung <strong>der</strong> Bewohner auf die beiden Tische danach vorzunehmen,<br />
„wer mit wem gut kann“. An e<strong>in</strong>em Tisch sitzen die Bewohner, die eher von sich aus<br />
mit an<strong>der</strong>en kommunizieren können und wollen. An dem an<strong>der</strong>en Tisch benötigen e<strong>in</strong>ige<br />
Bewohner die Anregung durch das Personal. Emotional ist es dabei für die Bewohner nicht<br />
von Belang, ob sie am „guten Tisch“ o<strong>der</strong> am „schlechten Tisch“ sitzen, da sie e<strong>in</strong>e solche<br />
gedankliche Zuordnung kaum treffen. Die Zusammensetzung des „stummen Tisches“ wurde<br />
eher pragmatisch gewählt, da die betreffenden Bewohner auch e<strong>in</strong>en gewissen Unterstützungsbedarf<br />
beim Essen haben, dem e<strong>in</strong>e am Tisch anwesende Mitarbeiter<strong>in</strong> nachkommt.<br />
Die Tischordnung ist auch nicht starr. E<strong>in</strong>zelne Bewohner können auch zwischen<br />
den Tischen „wan<strong>der</strong>n“. Dadurch ist z. B. bei e<strong>in</strong>er schläfrigen Bewohner<strong>in</strong> erreicht worden,<br />
dass sie wie<strong>der</strong> etwas wacher ist.<br />
In e<strong>in</strong>er an<strong>der</strong>en Wohngruppe wird dagegen eher auf e<strong>in</strong>e Mischung <strong>der</strong> Bewohner am<br />
Tisch geachtet, um die gegenseitige Kommunikation anzuregen. E<strong>in</strong>e allgeme<strong>in</strong>gültige<br />
Empfehlung für e<strong>in</strong>e Aufteilung o<strong>der</strong> Mischung kann nicht gegeben werden.<br />
2.3 Personelle Betreuung<br />
2.3 Personelle Betreuung<br />
Um demenziell erkrankte Bewohner aktiv <strong>in</strong> die Tagesgestaltung e<strong>in</strong>zub<strong>in</strong>den, bedarf es<br />
ausreichen<strong>der</strong> personeller Ressourcen. Für Wohn- und Hausgeme<strong>in</strong>schaften ist es nicht<br />
immer e<strong>in</strong>fach, neben den Haushaltstätigkeiten sowie <strong>der</strong> Betreuung und Pflege noch personelle<br />
Kapazitäten bereit zu halten, um die Bewohner gezielt zur Mitwirkung an Haushaltstätigkeiten<br />
o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Aktivitäten zu motivieren. Die Workshopteilnehmer wurden daher<br />
befragt, <strong>in</strong> welchem Umfang für solche Aktivitäten personelle Ressourcen zur Verfügung<br />
stehen und wie sie zusätzliche Kapazitäten mobilisieren. Folgende Fragen standen deshalb<br />
im Mittelpunkt <strong>der</strong> Diskussion:<br />
27
2.3 Personelle Betreuung<br />
Ist die Personalausstattung ausreichend und die Personalorganisation gut gelöst, um<br />
• sowohl die Mahlzeitenversorgung sicherstellen als auch die Bewohner mit Demenz beteiligen<br />
zu können?<br />
• die Bewohner an an<strong>der</strong>en Haushaltaktivitäten außerhalb <strong>der</strong> Mahlzeitenversorgung beteiligen<br />
zu können?<br />
In <strong>der</strong> Regel wird bei Wohn- und Hausgeme<strong>in</strong>schaften, <strong>in</strong> denen demenziell erkrankte Bewohner<br />
leben, mit e<strong>in</strong>er Doppelbesetzung <strong>der</strong> Tagesschichten gearbeitet. E<strong>in</strong>e Teilnehmer<strong>in</strong><br />
im Workshop merkte an, dass bei sechs Bewohnern im Frühdienst zwei Mitarbeiter<strong>in</strong>nen<br />
und im Spätdienst „1,5“ anwesend s<strong>in</strong>d. Dies bedeutet, dass nachmittags für e<strong>in</strong>ige<br />
Stunden e<strong>in</strong>e Person alle<strong>in</strong> die Versorgung übernehmen muss. Insgesamt wird diese Personalbesetzung<br />
für zu ger<strong>in</strong>g gehalten.<br />
Auf die Frage, ob die personellen Kapazitäten ausreichen, um sowohl die Mahlzeitenversorgung<br />
sicher zu stellen als auch demenziell erkrankte Bewohner zu beteiligen, antworteten<br />
aber vier Wohngruppen e<strong>in</strong>deutig mit „ja“. In e<strong>in</strong>em Fall wurde ausgesagt, dass bei zwei<br />
Begleitern pro Schicht die Verknüpfung von Sicherstellung <strong>der</strong> Mahlzeitenversorgung und<br />
Bewohnerbeteiligung gut gel<strong>in</strong>gt, sich die Möglichkeiten <strong>der</strong> E<strong>in</strong>beziehung <strong>der</strong> Bewohner<br />
aber bei e<strong>in</strong>er ger<strong>in</strong>geren Schichtbesetzung stark reduzieren.<br />
In drei Wohngruppen geht man davon aus, dass die vorhandene Personalbesetzung auch<br />
e<strong>in</strong>e Beteilung <strong>der</strong> Bewohner an an<strong>der</strong>en Haushaltsaktivitäten ausreichend ermöglicht. Die<br />
Vertreter<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Hausgeme<strong>in</strong>schaft formulierte als E<strong>in</strong>schränkung, dass an Wochenenden<br />
aufgrund e<strong>in</strong>er ger<strong>in</strong>geren Personalbesetzung im Spätdienst e<strong>in</strong>e adäquate Bewohnerbeteiligung<br />
nicht bzw. nur e<strong>in</strong>geschränkt sichergestellt werden kann. In e<strong>in</strong>er Wohngeme<strong>in</strong>schaft<br />
wird – bezogen auf die Frage – die Personalausstattung als ausreichend angesehen,<br />
wenn m<strong>in</strong>destens zwei Mitarbeiter<strong>in</strong>nen im Früh- und Spätdienst anwesend s<strong>in</strong>d. Bei Ausflügen<br />
und beson<strong>der</strong>en E<strong>in</strong>zelaktionen ist es notwendig, die Personalbesetzung unter<br />
Zuhilfenahme von ehrenamtlichen Helfern „aufzustocken“.<br />
Kontorvers wurde diskutiert, ob auch am Nachmittag und <strong>in</strong> den Abendstunden e<strong>in</strong>e Doppelbesetzung<br />
erfor<strong>der</strong>lich sei. Die meisten Praktiker waren <strong>der</strong> Auffassung, dass bei Wohnund<br />
Hausgeme<strong>in</strong>schaften mit demenziell erkrankten Bewohnern ke<strong>in</strong>e Absenkung <strong>der</strong> Besetzung<br />
im Spätdienst im Vergleich zum Frühdienst zu empfehlen sei, da die demenziell erkrankten<br />
Bewohner erfahrungsgemäß eher nachmittags unruhig und abends aktiver s<strong>in</strong>d.<br />
Tagesabläufe nicht starr gestalten<br />
Die Praktiker verwiesen darauf, dass e<strong>in</strong> flexibles Reagieren auf die Wünsche <strong>der</strong> Bewohner<br />
und auf beson<strong>der</strong>e Situationen wichtig ist. Diese Flexibilität lässt ke<strong>in</strong>en starren Tagesablauf<br />
zu. Wenn z. B. viele o<strong>der</strong> alle Bewohner <strong>in</strong> den Garten wollen, wird das Putzen reduziert<br />
bzw. ganz gelassen o<strong>der</strong> es wird statt e<strong>in</strong>er aufwendigen Mahlzeit e<strong>in</strong>e (Dosen-)Suppe<br />
gekocht.<br />
28
Entsprechend s<strong>in</strong>d die Dienstzeiten bzw. Dienstpläne <strong>in</strong> den verschiedenen Wohn- und<br />
Hausgeme<strong>in</strong>schaften nicht identisch. Beispielsweise gelten <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er „Langschläfer-WG“ an<strong>der</strong>e<br />
Rahmenbed<strong>in</strong>gungen als <strong>in</strong> an<strong>der</strong>en Gruppen. So beg<strong>in</strong>nt dort nur e<strong>in</strong>e Mitarbeiter<strong>in</strong><br />
um 6.00 Uhr den Dienst, e<strong>in</strong>e weitere dann erst um 9.00 Uhr.<br />
Groben Arbeitsplan erstellen<br />
Obwohl es von <strong>der</strong> Konzeption <strong>in</strong> Wohn- und Hausgeme<strong>in</strong>schaften ke<strong>in</strong>e spezifisch zugewiesenen<br />
Aufgabenfel<strong>der</strong> gibt und je<strong>der</strong> <strong>der</strong> Betreuungskräfte die gleichen Tätigkeiten erledigen<br />
muss, hat es sich nach <strong>der</strong> Erfahrung aus <strong>der</strong> Praxis bewährt, M<strong>in</strong>deststandards<br />
festzulegen, welche Tätigkeiten <strong>in</strong> welcher Schicht zw<strong>in</strong>gend erledigt werden sollen. Dadurch<br />
wird vermieden, dass e<strong>in</strong>e Betreuungsperson immer etwas putzen o<strong>der</strong> besorgen<br />
muss, was von dem vorangegangenen Dienst nicht erledigt wurde.<br />
Arbeitsaufgaben verteilen und externe Dienste e<strong>in</strong>beziehen<br />
Um e<strong>in</strong>e Bewohnerbeteiligung am Tag zu ermöglichen, werden mitunter Teilaufgaben zeitlich<br />
verlagert o<strong>der</strong> an externe Dienstleister vergeben. Beispielsweise werden Räume nachts<br />
gere<strong>in</strong>igt und eventuell die Wäschepflege extern erledigt. In Zeiten e<strong>in</strong>es extrem hohen<br />
Arbeitsaufkommens werden Mitarbeiter von ambulanten Dienstes zur Betreuung h<strong>in</strong>zugezogen.<br />
Dies wurde <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Wohngeme<strong>in</strong>schaft z. B. praktiziert, als e<strong>in</strong>e Bewohner<strong>in</strong> mittags<br />
nur im Gehen gegessen hat. Nachmittags werden eher solche Aktivitäten wie das E<strong>in</strong>kaufen<br />
mit e<strong>in</strong>er Rollstuhlfahrer<strong>in</strong> o<strong>der</strong> die Freizeitgestaltung realisiert.<br />
In an<strong>der</strong>en Wohngeme<strong>in</strong>schaften ist das Betreuungspersonal von bestimmten Haushaltsund<br />
pflegerischen Tätigkeiten ganz befreit. Das übliche Re<strong>in</strong>igen <strong>der</strong> Bewohnerzimmer z. B.<br />
übernehmen Familienangehörigen, o<strong>der</strong> sie organisieren die Re<strong>in</strong>igung, wenn sie diese<br />
Aufgabe nicht selbst übernehmen können bzw. wollen. Die Tätigkeiten werden dann z. B.<br />
vom ambulanten Dienst o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>em externen Dienstleister übernommen. Auch die grundpflegerische<br />
Versorgung kann ganz durch ambulante Dienste übernommen werden, so<br />
dass die Alltagsbegleiter<strong>in</strong>nen fast ausschließlich mit <strong>der</strong> Sicherstellung des Haushaltsaufgaben<br />
und <strong>der</strong> Freizeitgestaltung <strong>der</strong> Bewohner beschäftigt s<strong>in</strong>d und größere zeitliche Ressourcen<br />
haben, um die E<strong>in</strong>beziehung <strong>der</strong> Bewohner <strong>in</strong> Haushaltstätigkeiten zu ermöglichen.<br />
E<strong>in</strong>satz zusätzlicher Hilfskräfte<br />
2.3 Personelle Betreuung<br />
Günstigere Betreuungsschlüssel werden <strong>in</strong> den Wohn- und Hausgeme<strong>in</strong>schaften zum Teil<br />
dadurch erreicht, dass Schüler<strong>in</strong>nen o<strong>der</strong> Praktikant<strong>in</strong>nen im Freiwilligen Sozialen Jahr<br />
o<strong>der</strong> Zivildienstleistende mitarbeiten. Beim E<strong>in</strong>beziehen von Zivildienstleistenden sollte<br />
nach praktischen Erfahrungen ausgewählt und möglichst schon im Vornhere<strong>in</strong> darauf geachtet<br />
werden, ob sich die Personen tatsächlich für die Betreuungsform Wohn-Hausge-<br />
29
2.3 Personelle Betreuung<br />
me<strong>in</strong>schaft eignen und z. B. die notwendige Kommunikationsfähigkeit besitzen. Aufgrund<br />
von nicht idealen Besetzungen mit Zivildienstleistenden <strong>in</strong> <strong>der</strong> Vergangenheit werden <strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>igen Wohngeme<strong>in</strong>schaften <strong>in</strong>zwischen vorrangig Sozialpädagogen/Sozialpädagog<strong>in</strong>nen<br />
im Praxissemester e<strong>in</strong>gesetzt, wobei vor E<strong>in</strong>satzbeg<strong>in</strong>n mit den betreffenden Personen<br />
abgesprochen wird, dass die Praktikanten auch pflegerische Tätigkeiten übernehmen müssen.<br />
Vorteil des E<strong>in</strong>satzes <strong>der</strong> Praktikanten ist beispielsweise, dass sie „ab und zu frischen<br />
W<strong>in</strong>d here<strong>in</strong>br<strong>in</strong>gen“.<br />
E<strong>in</strong>e Hausgeme<strong>in</strong>schafts-Vertreter<strong>in</strong> berichtete, dass immer zusätzlich zwei „Spaziergänger“<br />
zur Verfügung stehen. Dies s<strong>in</strong>d vor allem ABM-Kräfte (<strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>: so genannte Mobilitätshilfsdienste),<br />
Angehörige o<strong>der</strong> Praktikanten. Außerdem kommen zur Musiktherapie,<br />
die e<strong>in</strong> „Highlight“ <strong>in</strong> <strong>der</strong> Freizeitgestaltung darstellt, punktuell externe Helfer.<br />
Die Vertreter <strong>der</strong> Wohn- und Hausgeme<strong>in</strong>schaften wurden um ihre Dienstpläne gebeten,<br />
die Aufschluss über die Vere<strong>in</strong>barkeit von notwendigen Haus- und Betreuungstätigkeiten<br />
geben können. Anhand des folgenden Dienstplans soll beispielhaft die Personalbesetzung<br />
und Personale<strong>in</strong>satzplanung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Wohngruppe dargestellt werden.<br />
Der Dienstplan zeigt die Besetzung mit Pflegefachkräften, Nichtfachkräften, hauswirtschaftlichem<br />
Personal, Zivildienstleistenden und FSJ-Praktikant<strong>in</strong>nen für die Betreuung<br />
von zwölf Bewohnern. Die Anzahl <strong>der</strong> Alltagsbegleiter (geme<strong>in</strong>t s<strong>in</strong>d alle Betreuungskräfte<br />
aus den Bereichen Pflege, Hauswirtschaft und Alltagsgestaltung) ist fast durchgängig im<br />
Spätdienst genau so hoch wie im Frühdienst. Dies entspricht dem bereits erwähnten Ansatz,<br />
e<strong>in</strong>e Personalabsenkung am Nachmittag/Abend zu vermeiden, um <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e<br />
dem Betreuungs- und Unterstützungsbedarf von demenziell erkrankten Menschen <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
zweiten Tageshälfte gerecht werden zu können.<br />
Sichtbar ist auch, dass e<strong>in</strong>e adäquate Versorgung und Beteiligung <strong>der</strong> Bewohner nur durch<br />
den E<strong>in</strong>satz von Zivildienstleistenden und Praktikant<strong>in</strong>nen im Freiwilligen Sozialen Jahr<br />
möglich ist. Ohne diese „zusätzlichen Kräfte“ ergibt sich e<strong>in</strong> Brutto-Vollzeitstellenwert von<br />
etwa 5 VZÄ und e<strong>in</strong> Betreuungsschlüssel von 1 : 2,37 (Verhältnis Betreuungskraft zu Bewohnern).<br />
Mit Zivildienstleistenden und FSJ-Praktikant<strong>in</strong>nen steigt <strong>der</strong> Vollzeitstellenanteil<br />
auf ca. 8 VZÄ, was e<strong>in</strong>em Betreuungsschlüssel von 1 : 1,49 entspricht.<br />
Dem Dienstplan kann auch entnommen werden, dass <strong>in</strong> zwei Schichten ke<strong>in</strong>e exam<strong>in</strong>ierte<br />
Pflegefachkraft, aber zum<strong>in</strong>dest e<strong>in</strong>e Pflegehelfer<strong>in</strong> anwesend ist. Da ambulant betreute<br />
Wohngruppen – wie <strong>in</strong> <strong>der</strong> E<strong>in</strong>führung bereits erwähnt – nicht zw<strong>in</strong>gend die strengen Auflagen<br />
erfüllen müssen, die für den stationären Bereich gelten, kann dies als unproblematisch<br />
angesehen werden. Im Gegenteil: Die „freiwillige Auflage“, möglichst alle Tag-Schichten<br />
mit m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong>er Pflegefachkraft zu besetzen, ist positiv zu bewerten.<br />
30
Tabelle 5<br />
Dienstplanbeispiel „Alltagsbegleiter Hausgeme<strong>in</strong>schaft“<br />
2.3 Personelle Betreuung<br />
31
2.3 Personelle Betreuung<br />
E<strong>in</strong>satz von ehrenamtlichen Helfern<br />
Ergänzt wird die Personalbesetzung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen Wohngeme<strong>in</strong>schaften, <strong>in</strong>dem z. B. an fünf<br />
Tagen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Woche am Nachmittag zusätzlich e<strong>in</strong> ehrenamtlicher Helfer anwesend ist. Der<br />
ehrenamtliche Helfer geht beispielsweise mit e<strong>in</strong>zelnen Bewohnern spazieren.<br />
E<strong>in</strong>zelne Wohngeme<strong>in</strong>schaften haben hierfür F<strong>in</strong>anzierungsquellen erschlossen. E<strong>in</strong> Teil<br />
<strong>der</strong> Arbeit <strong>der</strong> ehrenamtlichen Helfer wird über Zuschüsse aus dem Pflegeleistungsergänzungsgesetz<br />
f<strong>in</strong>anziert. So berichtet e<strong>in</strong>e Wohngruppen-Vertreter<strong>in</strong>, dass <strong>der</strong> Helferkreis<br />
des Vere<strong>in</strong>s als Erbr<strong>in</strong>ger des nie<strong>der</strong>schwelligen Betreuungsangebots anerkannt ist. Die<br />
Helfer s<strong>in</strong>d entsprechend geschult (45 E<strong>in</strong>heiten) und erhalten Anleitung und Supervision.<br />
Bestimmte Betreuungsleistungen für die Bewohner (z. B. Ausflüge) können so über die Regelungen<br />
des Pflegeleistungsergänzungsgesetzes mit e<strong>in</strong>er maximalen Höhe von 460 Euro<br />
pro Bewohner und Jahr abgerechnet werden. An<strong>der</strong>e Leistungen wie das Erledigen von<br />
Besorgungen werden „tatsächlich ehrenamtlich“, dass heißt unentgeltlich erbracht.<br />
Nachtbetreuung durch eigenes Personal nicht <strong>in</strong> jedem Fall erfor<strong>der</strong>lich<br />
Zur Personalbesetzung <strong>in</strong> <strong>der</strong> Nacht gibt e<strong>in</strong>e Workshopteilnehmer<strong>in</strong> zu bedenken, dass es<br />
offensichtlich nicht <strong>in</strong> jedem Fall notwendig ist, e<strong>in</strong>en „festen“ Nachtdienst zu <strong>in</strong>stallieren,<br />
dass heißt, die Anwesenheit e<strong>in</strong>er Pflegeperson muss nicht über die ganze Nacht vorgesehen<br />
werden. Sie berichtet, dass <strong>in</strong> Hannover e<strong>in</strong>e Wohngeme<strong>in</strong>schaft existiert, <strong>in</strong> <strong>der</strong> auch<br />
tagsüber für e<strong>in</strong>e gewisse Zeit die Bewohner auf sich alle<strong>in</strong> gestellt s<strong>in</strong>d und ke<strong>in</strong>e Betreuungsperson<br />
anwesend ist. Offenbar zeigen die Erfahrungen <strong>der</strong> Wohngruppe, wie gut auch<br />
die Selbsthilfe <strong>der</strong> Bewohner untere<strong>in</strong>an<strong>der</strong> funktionieren kann. Abgeleitet von diesem Beispiel<br />
ist zu empfehlen, die Personalsituation <strong>in</strong> <strong>der</strong> eigenen Wohngruppe immer wie<strong>der</strong> e<strong>in</strong>mal<br />
kritisch zu h<strong>in</strong>terfragen.<br />
Weitere Workshopteilnehmer berichteten von ihren Erfahrungen zur Nachtbetreuung, dass<br />
auch hier nicht <strong>in</strong> je<strong>der</strong> Wohngeme<strong>in</strong>schaft e<strong>in</strong>e Nachbetreuung mit eigenem Personal sicher<br />
gestellt wird. So ist z. B. <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Hausgeme<strong>in</strong>schaft nachts ke<strong>in</strong> eigenes Personal anwesend,<br />
son<strong>der</strong>n <strong>der</strong> ambulante Dienst übernimmt e<strong>in</strong>e Art Rufbereitschaft und ist zusätzlich<br />
für drei bis vier Stunden <strong>in</strong> <strong>der</strong> Hausgeme<strong>in</strong>schaft präsent. Falls bei bestimmten Bewohner<strong>in</strong>nen<br />
nachts verstärkt e<strong>in</strong> pflegerischer Hilfebedarf besteht, kann e<strong>in</strong>e Nachtschwester<br />
für e<strong>in</strong>e def<strong>in</strong>ierte Anzahl an E<strong>in</strong>sätzen fest gebucht werden, um z. B. Toilettengänge<br />
o<strong>der</strong> die Inkont<strong>in</strong>enzversorgung durchzuführen. Wenn nachts e<strong>in</strong> Bewohner weglaufen<br />
will, würde e<strong>in</strong> Alarm <strong>in</strong> <strong>der</strong> stationären Pflege ausgelöst. In so e<strong>in</strong>em Fall soll die<br />
diensthabende Pflegekraft im Heim den ambulanten Dienst verständigen und dieser würde<br />
dann reagieren. Bisher ist aber noch ke<strong>in</strong> Bewohner tatsächlich nachts aus <strong>der</strong> Hausgeme<strong>in</strong>schaft<br />
weggelaufen. Es ist lediglich vorgekommen, dass Bewohner <strong>in</strong> die Küche<br />
o<strong>der</strong> zu Nachbarn gehen. Um e<strong>in</strong> solches Betreuungssystem umzusetzen, ist es aber erfor<strong>der</strong>lich,<br />
den potenziellen Kunden und ihren Angehörigen vor dem E<strong>in</strong>zug ganz bewusst<br />
zu erklären, dass nachts ke<strong>in</strong>e hun<strong>der</strong>tprozentige Sicherheit für die Bewohner gewährleistet<br />
werden kann.<br />
32
In an<strong>der</strong>en Wohngeme<strong>in</strong>schaften stellt e<strong>in</strong>e Pflegeperson nachts lediglich e<strong>in</strong>e so genannte<br />
Hörbereitschaft sicher. Dies bedeutet, dass diese Person <strong>in</strong> <strong>der</strong> Wohngruppe anwesend<br />
ist, aber nur reagiert, wenn dies notwendig ist, z. B. wenn e<strong>in</strong>e nachtaktive Bewohner<strong>in</strong> versucht,<br />
alle an<strong>der</strong>en Mitbewohner aus dem Bett zu holen, o<strong>der</strong> plötzlich kochen möchte.<br />
Angehörige werden nur bed<strong>in</strong>gt <strong>in</strong> Alltagsgestaltung e<strong>in</strong>bezogen<br />
Generell werden folgende zwei Varianten <strong>der</strong> Angehörigenbeteiligung <strong>in</strong> Wohn- und Hausgeme<strong>in</strong>schaften<br />
gesehen:<br />
A Eher ke<strong>in</strong>e o<strong>der</strong> nur punktuelle Mithilfe<br />
B Mithilfe wird vorausgesetzt und fest e<strong>in</strong>geplant/organisiert<br />
Die praktischen Erfahrungen zeigen, dass die Angehörigen zur Beteiligung <strong>der</strong> Bewohner<br />
an <strong>der</strong> Alltagsgestaltung häufig nur bed<strong>in</strong>gt e<strong>in</strong>bezogen werden können („sie s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
Regel „K<strong>in</strong><strong>der</strong>“, gehen oft e<strong>in</strong>em Beruf nach und haben ihre Angehörigen nicht umsonst <strong>in</strong><br />
die WG gegeben“). Sie engagieren sich eher bei Son<strong>der</strong>aktionen, <strong>in</strong>itiieren z. B. e<strong>in</strong>en Spendenaufruf,<br />
sprechen bei auftretenden Problemen zu Genehmigungsverfahren o<strong>der</strong> zur<br />
F<strong>in</strong>anzierung mit den entsprechenden Behörden o<strong>der</strong> kommen zum Kaffeetr<strong>in</strong>ken. Die<br />
ständige Mithilfe von Angehörigen wird von den Mitarbeitern auch nicht erwartet. Sie könnte<br />
sogar von e<strong>in</strong>igen Bewohnern negativ aufgefasst werden, wenn diese sich durch die<br />
ständige Anwesenheit e<strong>in</strong>es Angehörigen gestört fühlen.<br />
Insgesamt gesehen, sollten die Erwartungen an die Angehörigenbeteiligung und <strong>der</strong>en<br />
s<strong>in</strong>nvolle Formen vor E<strong>in</strong>zug e<strong>in</strong>es Bewohners mit den Betroffenen deutlich kommuniziert<br />
und abgesprochen werden.<br />
2.4 Organisatorische Aspekte<br />
2.4 Organisatorische Aspekte<br />
Weitere Details, die die konkrete Organisation von Mahlzeitene<strong>in</strong>nahme, Speisen- und E<strong>in</strong>kaufsplanung<br />
und das Vorgehen <strong>in</strong> nicht vorhersehbaren Situationen betreffen, die e<strong>in</strong> bestimmtes<br />
Reagieren h<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong> Mahlzeitenzubereitung erfor<strong>der</strong>n, wurden im Rahmen<br />
<strong>der</strong> schriftlichen Erhebung abgefragt.<br />
Wann die Mahlzeiten <strong>in</strong> den e<strong>in</strong>zelnen Wohn- und Hausgeme<strong>in</strong>schaften <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel e<strong>in</strong>genommen<br />
werden, ist <strong>in</strong> <strong>der</strong> folgenden Tabelle dargestellt. Dabei ist zu betonen, dass die<br />
Essenszeiten natürlich nicht als starre Vorgaben zu verstehen s<strong>in</strong>d, son<strong>der</strong>n gerade <strong>in</strong> den<br />
kle<strong>in</strong>räumigen und sehr „haushaltsnahen“ Wohnformen <strong>der</strong> Wohn- und Hausgeme<strong>in</strong>schaften<br />
e<strong>in</strong> flexibles Reagieren auf aktuelle Wünsche <strong>der</strong> Bewohner und Beson<strong>der</strong>heiten im<br />
Alltagsgeschehen im Vor<strong>der</strong>grund stehen.<br />
33
2.4 Organisatorische Aspekte<br />
Tabelle 6<br />
Wann werden die Mahlzeiten e<strong>in</strong>genommen?<br />
Nachmittags-<br />
Frühstück Mittagessen kaffee Abendessen<br />
W1 7.30–11.00 12.00–14.30 14.30–17.00 18.30–20.30<br />
W2 7.30–11.00 12.15–13.00 15.30–16.00 18.00–19.00<br />
W4 9.00–11.00 12.00–14.00 15.00–17.00 18.00–20.00<br />
W5 8.00–11.00 13.00 15.30 18.30–19.00<br />
W6 8.00–11.00 12.30–14.30 16.00 18.30<br />
W7 7.00–10.30 12.00–13.30 15.00–16.00 18.00–19.00<br />
In <strong>der</strong> Regel erfolgt die Mahlzeitenzubereitung direkt vor dem Mittagessen, vier von fünf<br />
Wohngruppen bestätigten diese Vorgehensweise. In e<strong>in</strong>em Fall wurde die Anmerkung h<strong>in</strong>zugefügt,<br />
dass es am Wochenende je nach Gericht vorkommen kann, dass z. B. <strong>der</strong> Braten<br />
schon e<strong>in</strong>mal am Vortag vorbereitet wird. Auch an<strong>der</strong>e äußerten, dass Fleischgerichte und<br />
E<strong>in</strong>töpfe bereits am Vortag gekocht werden.<br />
Zwei Fragen beschäftigten sich im Fragebogen damit, wie häufig <strong>der</strong> Speisenplan und <strong>der</strong><br />
E<strong>in</strong>kaufsplan festgelegt werden. Die zahlenmäßige Auswertung ist <strong>in</strong> den folgenden beiden<br />
Tabellen dargestellt.<br />
Tabelle 7<br />
Wie häufig wird <strong>der</strong> „Speisenplan“ festgelegt?<br />
Unterschiedliche<br />
Täglich Wöchentlich Häufigkeit<br />
W1 1 x pro Monat für jede Woche<br />
W2 X (spontane Än<strong>der</strong>ung möglich)<br />
W4 X<br />
W5 X<br />
W6 X<br />
W7 X<br />
34
Tabelle 8<br />
Wie häufig wird <strong>der</strong> „E<strong>in</strong>kaufsplan“ festgelegt?<br />
Unterschiedliche<br />
Täglich Wöchentlich Häufigkeit<br />
W1 X<br />
W2 2 mal wöchentlich<br />
W4 X Nach Bedarf<br />
W5 X Und 1 mal pro<br />
Monat Große<strong>in</strong>kauf<br />
W6 X<br />
W7 X (frische<br />
Produkte)<br />
2.4 Organisatorische Aspekte<br />
Die E<strong>in</strong>kaufsgewohnheiten s<strong>in</strong>d demnach <strong>in</strong> den e<strong>in</strong>zelnen Wohn- und Hausgeme<strong>in</strong>schaften<br />
recht unterschiedlich, was auch folgende Anmerkungen aus <strong>der</strong> praktischen Arbeit verdeutlichen:<br />
• In e<strong>in</strong>er Wohngruppe werden die „Kle<strong>in</strong>igkeiten“ täglich zu Fuß besorgt, und e<strong>in</strong>mal<br />
wöchentlich f<strong>in</strong>det <strong>der</strong> Große<strong>in</strong>kauf statt, eventuell geme<strong>in</strong>sam mit bestimmten Bewohnern.<br />
Außerdem erfolgt e<strong>in</strong>mal wöchentlich die Belieferung mit Lebensmitteln und ggf.<br />
mit Getränken.<br />
• In e<strong>in</strong>er an<strong>der</strong>en Wohngruppe gibt es wöchentlich e<strong>in</strong>en Standardgroße<strong>in</strong>kauf. Brötchen,<br />
Hackfleisch, vergessene D<strong>in</strong>ge usw. werden auch zwischenzeitlich besorgt.<br />
• Der Große<strong>in</strong>kauf f<strong>in</strong>det <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er weiteren Wohngruppe e<strong>in</strong>mal im Monat statt. Obst und<br />
Gemüse werden täglich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Geschäft „um die Ecke“ gekauft, um den Bewohnern<br />
die Möglichkeit e<strong>in</strong>es Spaziergangs zu geben.<br />
Ebenso s<strong>in</strong>d die Verfahrensweisen unterschiedlich, wenn wegen e<strong>in</strong>er aktuellen „Notsituation“<br />
das Mittagessen nicht o<strong>der</strong> nicht wie vorgesehen zubereitet werden kann:<br />
• Man geht <strong>in</strong>s Restaurant Mittag essen.<br />
• Es werden Fertiggerichte serviert.<br />
• Die Bewohner haben für den Fall, dass z. B. <strong>der</strong> Gasherd ausfällt, e<strong>in</strong>e Mikrowelle und<br />
e<strong>in</strong>en Tischgrill. Für den Notfall s<strong>in</strong>d immer tiefgekühlte Mahlzeiten im Gefrierschrank.<br />
• Die Möglichkeit, im Notfall Tiefkühlprodukte zu verwenden o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>en Pizzaservice zu<br />
nutzen ist mit den Angehörigen abgesprochen und per Protokoll festgehalten.<br />
• Es werden Leistungen e<strong>in</strong>er Gaststätte <strong>in</strong> Anspruch genommen, die im Haus ist.<br />
35
3 Bedeutung von Alltagsaktivitäten außerhalb <strong>der</strong> Mahlzeitenversorgung<br />
3 Bedeutung von Alltagsaktivitäten<br />
außerhalb <strong>der</strong> Mahlzeitenversorgung<br />
Der Schwerpunkt des Workshops lag zwar auf dem Thema „Mahlzeitenversorgung“. Trotzdem<br />
wurden auch die Erfahrungen und Erwartungen bezogen auf an<strong>der</strong>e Haushalts- und<br />
Freizeitaktivitäten anhand folgen<strong>der</strong> Fragestellungen diskutiert:<br />
• An welchen an<strong>der</strong>en Alltagsaktivitäten außerhalb <strong>der</strong> Mahlzeitenversorgung beteiligen<br />
sich die Bewohner?<br />
• Welche Umsetzungsprobleme und Verbesserungsmöglichkeiten gibt es hierbei?<br />
• Welchen Stellenwert haben „Freizeitaktivitäten“ im Vergleich zu „Haushaltaktivitäten“?<br />
Laut Auskunft <strong>der</strong> Workshopteilnehmer und nach den Aussagen <strong>in</strong> den Fragebögen beteiligen<br />
sich die Bewohner vor allem an folgenden Aktivitäten:<br />
• Wäsche aufhängen, mangeln, bügeln, legen<br />
• Staubwischen, Staubsaugen, Fegen<br />
• Putzen von Stühlen und Schubfächern, Sortieren des Inhalts von Schränken<br />
• Näh- und Flickarbeiten<br />
• Blumen gießen<br />
• B<strong>in</strong>den wickeln<br />
• Gartenarbeit (z. B. am Hochbeet)<br />
• Besorgungsgänge, E<strong>in</strong>kaufen<br />
Außerdem wird mit Bewohnern spazieren gegangen o<strong>der</strong> gefahren, allerd<strong>in</strong>gs eher mit E<strong>in</strong>zelpersonen<br />
als <strong>in</strong> <strong>der</strong> Gruppe. Vorwiegend übernehmen dies die ehrenamtlichen Helfer,<br />
Zivildienstleistenden o<strong>der</strong> Praktikanten.<br />
In e<strong>in</strong>er Hausgeme<strong>in</strong>schaft hat <strong>der</strong> Versuch, Gartenarbeit durchzuführen, nicht gut funktioniert,<br />
vor allem, weil für Bewohner ab <strong>der</strong> ersten Etage das Fahrstuhlfahren und das „Erstaufsuchen-müssen“<br />
des Gartens e<strong>in</strong>e Barriere darstellten. Bessere Erfahrungen s<strong>in</strong>d beim<br />
Vorhandense<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Terrasse gemacht worden.<br />
37
3 Bedeutung von Alltagsaktivitäten außerhalb <strong>der</strong> Mahlzeitenversorgung<br />
Wäsche aufhängen ist e<strong>in</strong>e beliebte Tätigkeit Beim Zusammenfalten von Wäsche s<strong>in</strong>d<br />
Geschick und Konzentration gefragt.<br />
Viele Bewohner<strong>in</strong>nen können noch bügeln. Das Nähen erfor<strong>der</strong>t e<strong>in</strong>e gute Fe<strong>in</strong>motorik.<br />
38
Die Blumen werden versorgt<br />
3 Bedeutung von Alltagsaktivitäten außerhalb <strong>der</strong> Mahlzeitenversorgung<br />
Arbeiten im Freien<br />
Die Männer <strong>in</strong> den Wohn- und Hausgeme<strong>in</strong>schaften haben <strong>in</strong> <strong>der</strong> Vergangenheit z. B. die<br />
Gartenbänke abgebeizt und neu gestrichen o<strong>der</strong> Regale aufgebaut. Außerdem übernehmen<br />
sie gern solche Tätigkeiten wie Schneeschippen o<strong>der</strong> Laubzusammenkehren. Aufgrund<br />
des ger<strong>in</strong>gen Anteils an Männern wurde <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Hausgeme<strong>in</strong>schaft mit mehreren<br />
Gruppen versucht, die Männer aus verschiedenen Gruppen zusammenzuführen, aber lei<strong>der</strong><br />
ohne nennenswerten bzw. dauerhaften Erfolg. Auch e<strong>in</strong> gruppenübergreifen<strong>der</strong> Tanztee<br />
wurde nicht angenommen. E<strong>in</strong>e Erklärung hierfür ist, dass sich die Bewohner verschiedener<br />
Gruppen zu fremd fühlen.<br />
Laut Aussagen <strong>in</strong> den Fragebögen werden vor allem die Haushalttätigkeiten außerhalb <strong>der</strong><br />
Mahlzeitenversorgung für wichtig erachtet, denen die Bewohner trotz zunehmenden körperlichen<br />
o<strong>der</strong> geistigen E<strong>in</strong>schränkungen noch lange nachgehen können. Dies betrifft vor<br />
allem das Zusammenlegen von Wäschestücken, Bügeln, Fegen, Staubwischen, Blumengießen<br />
und ggf. das Bettenmachen.<br />
H<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong> Freizeitgestaltung spielen vor allem folgende Aktivitäten e<strong>in</strong>e Rolle:<br />
• Musik hören bzw. machen, S<strong>in</strong>gen<br />
• Malen<br />
• Gymnastik<br />
In den vertretenen Wohngruppen wird das Fernsehen eher sparsam und gezielt e<strong>in</strong>gesetzt.<br />
Stattdessen werden für die Bewohner wichtige bzw. gewünschte Sendungen eventuell auf<br />
Video aufgezeichnet und zu e<strong>in</strong>em passenden Zeitpunkt, eventuell auch mehrfach abgespielt.<br />
39
3 Bedeutung von Alltagsaktivitäten außerhalb <strong>der</strong> Mahlzeitenversorgung<br />
In den Wohn- und Hausgeme<strong>in</strong>schaften bestehen positive Erfahrungen h<strong>in</strong>sichtlich des<br />
Vorlesens o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Zeitungsschau. Nur wenige Bewohner können noch selbst lesen. E<strong>in</strong>e<br />
Workshopteilnehmer<strong>in</strong> berichtet, dass bewusst alte Zeitungen aus entsprechenden Archiven<br />
besorgt werden, da diese die Bewohner beson<strong>der</strong>s ansprechen. Außer <strong>der</strong> Zeitung<br />
werden beispielsweise auch Gedichte, Balladen und Sprüche vorgelesen. Beim Zitieren<br />
von Sprüchen ist es e<strong>in</strong>e bewährte Methode, nur den Anfang des Spruches zu nennen und<br />
den Rest von den Bewohnern ergänzen zu lassen. Ob beim Vorlesen von den Menschen<br />
mit Demenz <strong>der</strong> Inhalt immer richtig und vollständig erfasst wird, kann nicht genau e<strong>in</strong>geschätzt<br />
werden. Auch wenn dies fraglich ist, wird die Aktivität dennoch genutzt, da sie<br />
erfahrungsgemäß e<strong>in</strong>e angenehme Atmosphäre schafft.<br />
Ansonsten haben sich bezogen auf die Freizeitgestaltung auch das Lösen von Kreuzworträtseln,<br />
das Mensch-ärger-dich-nicht-spielen, die Nutzung von Puppen und E<strong>in</strong>weckgläsern<br />
mit kle<strong>in</strong>en Er<strong>in</strong>nerungsstücken (vor allem bei stark demenziell e<strong>in</strong>geschränkten Bewohnern)<br />
bewährt. In e<strong>in</strong>er Wohngruppe gibt es e<strong>in</strong>e Kiste mit Knöpfen, <strong>in</strong> <strong>der</strong> die Bewohner<br />
immer wie<strong>der</strong> gern „wühlen“.<br />
In vier Wohngruppen werden Haustiere gehalten; dies betrifft Katzen, Vögel und Fische.<br />
Das Halten von Hunden wird dagegen als problematisch angesehen, da Hunde <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
Regel e<strong>in</strong>e feste Bezugsperson als „Führer“ brauchen und durch zu viele Menschen eher irritiert<br />
s<strong>in</strong>d.<br />
In den Wohn- und Hausgeme<strong>in</strong>schaften wurde die Erfahrung gemacht, dass sich die<br />
betreffenden Bewohner im Laufe <strong>der</strong> Zeit um die selbst mitgebrachten Haustiere immer<br />
weniger kümmern (können) und dies dann durch das Betreuungspersonal übernommen<br />
werden muss.<br />
Probleme <strong>in</strong> <strong>der</strong> Freizeitgestaltung rühren nach Me<strong>in</strong>ung <strong>der</strong> Workshopteilnehmer <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
Regel nicht vor allem daher, dass zu wenig Personal vorhanden ist. Die Mitarbeiter haben<br />
vielmehr e<strong>in</strong>e gewisse Hemmschwelle, Freizeitaktivitäten als Bestandteil ihrer Arbeit anzusehen<br />
o<strong>der</strong> z. B. e<strong>in</strong>fach e<strong>in</strong>mal „loszus<strong>in</strong>gen“, aus Angst, es könnte nicht gut kl<strong>in</strong>gen.<br />
Es wird betont, dass die Freizeitgestaltung e<strong>in</strong>en höheren Stellenwert e<strong>in</strong>nehmen sollte als<br />
etwa e<strong>in</strong>e übertriebene Sauberkeit und Hygiene. Die Betreuungspersonen sollten sich häufiger,<br />
als dies <strong>in</strong> <strong>der</strong> Praxis geschieht, die Frage stellen, welche Arbeiten ggf. „liegen bleiben“<br />
können. E<strong>in</strong>e entsprechende Prioritätensetzung sollten sie den Angehörigen erklären<br />
und diesen gegenüber vertreten können.<br />
40
4 Zusammenfassung: Anfor<strong>der</strong>ungen an die Alltagsgestaltung<br />
4 Zusammenfassung: Anfor<strong>der</strong>ungen an die Alltagsgestaltung<br />
Für den Workshop war vorgesehen, anschließend an den Erfahrungsaustausch zur praktizierten<br />
Beteiligung <strong>der</strong> Bewohner und den vorhandenen Rahmenbed<strong>in</strong>gungen <strong>in</strong> den vertretenen<br />
Wohn- und Hausgeme<strong>in</strong>schaften möglichst Standards abzuleiten, die e<strong>in</strong>en wünschenswerten<br />
Soll-Zustand <strong>der</strong> Alltagsgestaltung <strong>in</strong> Wohn- und Haus-geme<strong>in</strong>schaften beschreiben.<br />
Dazu waren die drei folgenden Themenfel<strong>der</strong> benannt worden:<br />
• Welche erkannten Fehler und Probleme sollten vermieden werden?<br />
• Welche Standards bezüglich <strong>der</strong> Unterstützung <strong>der</strong> Bewohnerbeteiligung sollten erfüllt<br />
werden (z. B. h<strong>in</strong>sichtlich Konzeption, Betreuungsmethoden und Raumgestaltung)?<br />
• Welche Rahmenbed<strong>in</strong>gungen sollten vorhanden se<strong>in</strong>, um solche Standards zu erreichen<br />
(z. B. h<strong>in</strong>sichtlich Beratung sowie F<strong>in</strong>anzierung von Personal und Ausstattung)?<br />
Im Verlauf <strong>der</strong> Diskussion ergab sich allerd<strong>in</strong>gs schon ziemlich bald, dass es sehr schwer<br />
und vielleicht gar nicht legitim wäre, solche Standards im S<strong>in</strong>ne von Vorgaben zu formulieren,<br />
die von neuen o<strong>der</strong> bestehenden ambulant betreuten Wohn- und Hausgeme<strong>in</strong>schaften<br />
erfüllt werden sollen. Vor allem die unterschiedliche Anzahl <strong>der</strong> Bewohner <strong>in</strong> den Wohngruppen<br />
sowie die Verschiedenartigkeit des Klientels und <strong>der</strong> konzeptionellen Ansätze<br />
sprechen gegen e<strong>in</strong> Ableiten von allgeme<strong>in</strong> gültigen Lösungen und Ratschlägen.<br />
An<strong>der</strong>erseits hatten die Workshopteilnehmer beim Vorstellen <strong>der</strong> praktizierten Verfahrensweisen<br />
und vorhandenen Rahmenbed<strong>in</strong>gungen bereits immer wie<strong>der</strong> Aussagen dazu getroffen,<br />
<strong>in</strong>wieweit an manchen Stellen noch Verbesserungsbedarf besteht. Die entsprechenden<br />
Informationen s<strong>in</strong>d bewusst <strong>in</strong> die Kapitel 2 und 3 <strong>in</strong>tegriert worden, damit sie<br />
nicht aus dem S<strong>in</strong>nzusammenhang herausgerissen werden. Hier sollen die wichtigsten<br />
Aspekte aus <strong>der</strong> Diskussion im Workshop und den Aussagen <strong>in</strong> den Fragebögen zusammengefasst<br />
werden.<br />
Zusätzlich zu den im Workshop diskutierten und <strong>in</strong> den an<strong>der</strong>en Kapiteln bereits erwähnten<br />
Anfor<strong>der</strong>ungen, äußerten sich die Vertreter <strong>der</strong> Wohngruppen auch im Fragebogen zu den<br />
relevanten Aspekten.<br />
Zu Größe und Raumaufteilung von Küche und Wohnzimmer wurde hier<strong>in</strong> betont, dass das<br />
Wohnzimmer über Rückzugsnischen bzw. e<strong>in</strong>en Grundriss verfügen sollte, <strong>der</strong> e<strong>in</strong>e „Aufteilung“<br />
<strong>in</strong> mehrere Sitz- bzw. Teilbereiche ermöglicht und dass die Küche vom Wohnzimmer<br />
aus e<strong>in</strong>sehbar se<strong>in</strong> sollte.<br />
H<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong> wünschenswerten Personalausstattung wurde darauf h<strong>in</strong>gewiesen, dass<br />
während <strong>der</strong> Mahlzeitenzubereitung zwei Mitarbeiter<strong>in</strong>nen anwesend se<strong>in</strong> sollten, um die<br />
Bewohner <strong>in</strong> die Vorbereitungsarbeiten e<strong>in</strong>beziehen zu können. Für die Hauswirtschaftskräfte<br />
ist nach Me<strong>in</strong>ung e<strong>in</strong>er Wohngeme<strong>in</strong>schaftsvertreter<strong>in</strong> nicht zw<strong>in</strong>gend e<strong>in</strong>e professionelle<br />
Ausbildung erfor<strong>der</strong>lich, son<strong>der</strong>n es kommt vielmehr darauf an, dass die Personen<br />
41
4 Zusammenfassung: Anfor<strong>der</strong>ungen an die Alltagsgestaltung<br />
nicht mit zu hohen (fachlichen) Ansprüchen o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>em zu stark reglementierenden E<strong>in</strong>greifen<br />
die Bewohnerbeteiligung m<strong>in</strong><strong>der</strong>n.<br />
Folgende Anfor<strong>der</strong>ungen bzw. Wünsche h<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong> Beteiligung <strong>der</strong> Bewohner an <strong>der</strong><br />
Alltagsgestaltung <strong>in</strong> ambulant betreuten Wohn- und Hausgeme<strong>in</strong>schaften ersche<strong>in</strong>en von<br />
beson<strong>der</strong>er Bedeutung:<br />
• Bei <strong>der</strong> Bewertung <strong>der</strong> Bewohnerbeteiligung sollte nicht im Vor<strong>der</strong>grund stehen, wie viele<br />
Bewohner aktiv an den Haushalttätigkeiten mitwirken, son<strong>der</strong>n ob diese Menschen<br />
mit Demenz <strong>in</strong>sgesamt emotional zufrieden und s<strong>in</strong>nvoll e<strong>in</strong>gebunden s<strong>in</strong>d.<br />
• Umfang und Form <strong>der</strong> Beteiligung sollten die biographischen H<strong>in</strong>tergründe und die aktuellen<br />
Vorlieben und Abneigungen <strong>der</strong> Bewohner berücksichtigen. Bewährt hat sich<br />
außerdem, manchen Bewohnern e<strong>in</strong>e bestimmte Funktion <strong>in</strong> <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>schaft zu übertragen<br />
(wobei die Möglichkeit bestehen muss, dass die Betroffenen ihre Funktion auch<br />
wie<strong>der</strong> abgeben können).<br />
• Insbeson<strong>der</strong>e bei stärker demenziell e<strong>in</strong>geschränkten Bewohnern kann e<strong>in</strong>e hohe Zufriedenheit<br />
und gew<strong>in</strong>nbr<strong>in</strong>gende E<strong>in</strong>b<strong>in</strong>dung <strong>in</strong> den Alltag <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel bereits durch die<br />
bloße (passive) Teilnahme am Tagesgeschehen und die Anleitung zu kle<strong>in</strong>en Handlungen<br />
erreicht werden, da bekanntermaßen die Anregung <strong>der</strong> S<strong>in</strong>ne (sehen, riechen, tasten,<br />
schmecken) stimulierend auf Menschen mit Demenz wirkt.<br />
• Darüber h<strong>in</strong>aus ist e<strong>in</strong> flexibles Reagieren auf Tagesschwankungen <strong>der</strong> Bewohner und<br />
den Verlaufscharakter von Krankheiten, E<strong>in</strong>schränkungen und Zuständen notwendig.<br />
• Die Räume, <strong>in</strong> denen sich die Bewohner tagsüber <strong>in</strong> <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>schaft aufhalten, sollten<br />
ausreichend groß se<strong>in</strong>, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e unter Beachtung des Anteils von <strong>in</strong> <strong>der</strong> Mobilität<br />
stark e<strong>in</strong>geschränkten und ggf. auf den Rollstuhl o<strong>der</strong> spezielle Sitzmöbel angewiesene<br />
ältere Menschen. Dies betrifft sowohl die Wohnküche als auch das Wohnzimmer.<br />
• E<strong>in</strong> bzw. <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>schaftsraum sollte die Möglichkeit zum Rückzug bieten, z. B. nach<br />
dem Mittagessen. Wenn Küche und Wohnzimmer e<strong>in</strong>e räumliche E<strong>in</strong>heit bilden, sollte<br />
e<strong>in</strong>e – am besten flexible – „Abtrennmöglichkeit“ zwischen den beiden Raumteilen bestehen.<br />
• H<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong> Gestaltung und Ausstattung <strong>der</strong> „Küchenzeile“ bestehen unterschiedliche<br />
Erfahrungen und Standpunkte. Es sollten aber Vorkehrungen getroffen werden,<br />
dass die Küchene<strong>in</strong>richtung für die Bewohner gut zugänglich ist. Für die Kompromisslösung<br />
zwischen herkömmlicher Küchenzeile und Küchenblock gibt es vielfältige Entwicklungsmöglichkeiten.<br />
Dabei ist allerd<strong>in</strong>gs zu berücksichtigen, dass die Organisation<br />
<strong>der</strong> Küche so gestaltet wird, dass wesentliche Funktionen von Menschen mit Demenz<br />
wie<strong>der</strong>erkannt werden können.<br />
42
4 Zusammenfassung: Anfor<strong>der</strong>ungen an die Alltagsgestaltung<br />
• Die Küchengeräte und -utensilien (z. B. Rührgerät, Töpfe, Besteck) sollten strapazierfähig<br />
und so beschaffen se<strong>in</strong>, dass sie vor allem von den Mitarbeitern gut gehandhabt<br />
werden können (da sie grundsätzlich für die Sicherstellung <strong>der</strong> Mahlzeitenversorgung<br />
verantwortlich s<strong>in</strong>d), aber dennoch auch die Bewohnerbeteiligung ermöglichen.<br />
• Die Personalausstattung muss sich an <strong>der</strong> Anzahl <strong>der</strong> Bewohner und <strong>der</strong>en konkretem<br />
Hilfe- und Unterstützungsbedarf ausrichten. Bewährt hat sich die E<strong>in</strong>beziehung von zusätzlichen<br />
Helfern wie Zivildienstleistenden, FSJ-Praktikant<strong>in</strong>nen, ABM-Kräften, Schülern<br />
und an<strong>der</strong>en Praktikanten, wobei die aufgabenbezogene Auswahl sowie die fachgerechte<br />
Anleitung und Begleitung dieser Personen wichtig ist. Die Personale<strong>in</strong>satzplanung<br />
sollte flexibel bezogen auf neue Bedarfslagen und beson<strong>der</strong>e Situationen se<strong>in</strong>.<br />
• E<strong>in</strong>e wesentliche Bedeutung kommt auch <strong>der</strong> E<strong>in</strong>beziehung von ehrenamtlichen Helfern<br />
zu. Die Beteiligung von Angehörigen sollte auf konzeptionellen Überlegungen basieren.<br />
Die zugrunde gelegte Hypothese, dass die Wohnküche und die Aktivitäten um die Mahlzeitenversorgung<br />
das Herzstück dieser gruppenorientierten Wohnformen ausmachen, hat<br />
sich im Erfahrungsaustausch mit den Experten aus <strong>der</strong> Praxis bestätigt. Sie s<strong>in</strong>d essentieller<br />
und zentraler Bestandteil <strong>der</strong> Alltagsgestaltung und bilden gerade für demenziell<br />
erkrankte Menschen e<strong>in</strong>e große Vielfalt an s<strong>in</strong>nlichen Wahrnehmungen und an frühere Erfahrungen<br />
anknüpfende Tätigkeiten und Mitwirkungsmöglichkeiten. Diese Mitwirkung kann<br />
allerd<strong>in</strong>gs e<strong>in</strong>e große Bandbreite h<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong> Intensität und Art von Aktivitäten haben.<br />
Sie reichen vom bloßen Dabeise<strong>in</strong> bis zur produktiven Mitarbeit. Die Bewohnerküche ist<br />
aber gerade bei Demenzkranken ke<strong>in</strong>e „Werkstatt“, <strong>der</strong>en erfolgreicher Betrieb daran gemessen<br />
werden darf, welcher Anteil <strong>der</strong> Mahlzeit von den Bewohnern zubereitet wird.<br />
Insofern müssen das „Salat o<strong>der</strong> Gemüse schnibbeln“ und das Kartoffelschälen als die wesentlichen<br />
Tätigkeiten <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Wohngruppe als e<strong>in</strong> Klischee relativiert werden (so ist auch<br />
das Titelbild zu verstehen). Gerade im Zusammenhang mit <strong>der</strong> Mahlzeitenversorgung gibt<br />
es zudem e<strong>in</strong>e große Bandbreite von weiteren Mitwirkungsmöglichkeiten <strong>der</strong> Bewohner.<br />
Die große Bedeutung von Aktivitäten um die Mahlzeitenversorgung darf nicht den Blick<br />
dafür verstellen, dass an<strong>der</strong>e Handlungsfel<strong>der</strong> e<strong>in</strong>e ebenso wichtige Rolle für das Wohlbef<strong>in</strong>den<br />
<strong>der</strong> demenzerkrankten Bewohner haben. Zwar ist die Wohngruppe „ohne die eigene<br />
Mahlzeitenversorgung nichts“, aber die hiermit zusammenhängenden Tätigkeiten <strong>der</strong><br />
Bewohner s<strong>in</strong>d bei weitem nicht alles. Es gibt nicht nur e<strong>in</strong>e Reihe an<strong>der</strong>er Haushaltsaktivitäten,<br />
die von den Bewohnern zum Teil sogar besser bewältigt und entsprechend gern<br />
ausgeführt werden, wie z.B. das Bügeln o<strong>der</strong> Wäsche legen. E<strong>in</strong>e große Wichtigkeit für das<br />
Wohlbef<strong>in</strong>den haben auch die „weniger nützlichen“ Aktivitäten, die eher <strong>der</strong> „Freizeitgestaltung“<br />
zuzuordnen s<strong>in</strong>d. Hier e<strong>in</strong>e den Bedürfnissen <strong>der</strong> Bewohner angemessene Balance<br />
zu f<strong>in</strong>den, ist e<strong>in</strong>e wichtige Empfehlung für die Alltagsgestaltung.<br />
43
Anhang<br />
Autorenverzeichnis<br />
Henry Kieschnick<br />
<strong>Kuratorium</strong> <strong>Deutsche</strong> <strong>Altershilfe</strong><br />
An <strong>der</strong> Pauluskirche 3<br />
50677 Köln<br />
Tel. 02 21/91 38 47-0<br />
Fax 02 21/91 38 47-6<br />
E-Mail: henry.kieschnick@kda.de<br />
Homepage: www.kda.de<br />
Unter Mitarbeit von Ursula Kremer-Preiß und Holger Stolarz,<br />
<strong>Kuratorium</strong> <strong>Deutsche</strong> <strong>Altershilfe</strong>, Köln<br />
Anhang: Autorenverzeichnis<br />
45
Teilnehmer des Workshops<br />
Workshop „<strong>Demenzbewältigung</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> „eigenen Häuslichkeit“ – Am Beispiel <strong>der</strong> Alltagsgestaltung<br />
<strong>in</strong> ambulant betreuten Wohn- und Hausgeme<strong>in</strong>schaften“<br />
12. November 2004, Köln (KDA)<br />
Forschung/Organisationen:<br />
– Büro für sozialräumliche Forschung und Beratung, Hannover<br />
Frau Dr. Renate Narten<br />
– Alzheimer Gesellschaft im Kreis Warendorf e.V.<br />
Herr Mart<strong>in</strong> Kamps<br />
Hausgeme<strong>in</strong>schaften:<br />
– Altenhilfe Wetter<br />
Petra Eckel<br />
– Pflege LebensNah, Rendsburg<br />
Frau Fuhrmann<br />
– Villa Mauritz, Münster<br />
Petra Ruhe<br />
– Stiftung Schönholzer Heide, Berl<strong>in</strong><br />
Frau Christ<strong>in</strong>a Wißmann<br />
Wohngeme<strong>in</strong>schaften:<br />
– Carpe Diem e.V.<br />
„Rothenfußer Wohngeme<strong>in</strong>schaft“, München<br />
Frau Ulrike Re<strong>der</strong><br />
– Lebensbaum<br />
Wohngeme<strong>in</strong>schaft Ravensburger Straße, Werther<br />
Herr Hielscher<br />
– Berl<strong>in</strong> Ste<strong>in</strong>metzstraße<br />
Frau Karen Gebert (Sozialstation Friedenau)<br />
Anhang: Teilnehmer des Workshops<br />
<strong>Kuratorium</strong> <strong>Deutsche</strong> <strong>Altershilfe</strong> (KDA):<br />
Frau Kremer-Preiß, Herr Stolarz, Frau Briele, Frau Michels, Herr Kieschnick<br />
47
Literaturempfehlungen<br />
Anhang: Literaturempfehlungen<br />
– Bertelsmann Stiftung/<strong>Kuratorium</strong> <strong>Deutsche</strong> <strong>Altershilfe</strong> (Hrsg.), 2004: Betreute Wohngruppen<br />
– Erfahrungsaustausch –. Leben und Wohnen im Alter, Bd. 2, Gütersloh/Köln<br />
– Bertelsmann Stiftung/<strong>Kuratorium</strong> <strong>Deutsche</strong> <strong>Altershilfe</strong> (Hrsg.), 2004:– Fallbeispiele und<br />
Adressenliste – Leben und Wohnen im Alter, Bd. 5, Köln<br />
– Bundesarbeitsgeme<strong>in</strong>schaft Wohnungsanpassung e.V. (Hrsg.): Thema: „Demenz“. In:<br />
HANDLAUF, Fachblatt <strong>der</strong> BAG Wohnungsanpassung, Ausgabe Nr. 7 - Februar 2001<br />
– Bundesm<strong>in</strong>isterium für Gesundheit (Hrsg.), 2002: Die 4. Generation des Altenpflegeheimbaus.<br />
KDA Hausgeme<strong>in</strong>schaften – E<strong>in</strong>e Dokumentation von 34 Projekten. <strong>Kuratorium</strong><br />
<strong>Deutsche</strong> <strong>Altershilfe</strong>, BMG-Modellprojekte, Bd. 9, Köln<br />
– Cox S., 2001: Hous<strong>in</strong>g & Support for People with Dementia. London UK<br />
– Kremer-Preiß, U.; Narten, R., 2004: Betreute Wohngruppen – Pilotstudie –. Bertelsmann<br />
Stiftung/<strong>Kuratorium</strong> <strong>Deutsche</strong> <strong>Altershilfe</strong> (Hrsg.), Leben und Wohnen im Alter Bd. 4,<br />
Köln<br />
– Kremer-Preiß, U.; Stolarz, H., 2003: Neue Wohnkonzepte – Bestandsanalyse - .Bertelsmann<br />
Stiftung/<strong>Kuratorium</strong> <strong>Deutsche</strong> <strong>Altershilfe</strong> (Hrsg.), Leben und Wohnen im Alter Bd.<br />
1, Köln<br />
– <strong>Kuratorium</strong> <strong>Deutsche</strong> <strong>Altershilfe</strong> (Hrsg.), 2002: <strong>Demenzbewältigung</strong> <strong>in</strong> den eigenen vier<br />
Wänden. Experten-Workshop am 26. und 27. November <strong>in</strong> Königsw<strong>in</strong>ter, Köln<br />
– Maciejewski, B., Sow<strong>in</strong>ski, Ch., Besselmann, K., Rückert, W., 2001: Qualitätshandbuch<br />
Leben mit Demenz: Zugänge f<strong>in</strong>den und erhalten <strong>in</strong> <strong>der</strong> För<strong>der</strong>ung, Pflege und Begleitung<br />
von Menschen mit Demenz und psychischen Verän<strong>der</strong>ungen. <strong>Kuratorium</strong> <strong>Deutsche</strong><br />
<strong>Altershilfe</strong> (Hrsg.), Köln<br />
– Narten, R.; Fuhrig, A., 2000: Wohnungen für betreute Wohngruppen alter Menschen –<br />
Nutzungsanalysen und Planungsh<strong>in</strong>weise. Dokumentation Nr. 3 des Bundesmodellprogramms<br />
„Selbstbestimmt Wohnen im Alter“, Bundesm<strong>in</strong>isterium für Familie, Senioren,<br />
Frauen und Jugend (Hrsg.), Bonn<br />
– Pawletko, K.-W., 2002: Ambulant betreute Wohngeme<strong>in</strong>schaften für demenziell erkrankte<br />
Menschen, Bundesm<strong>in</strong>isterium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend<br />
(Hrsg.), Berl<strong>in</strong><br />
– Selbstbestimmt Wohnen im Alter e.V. (SWA), (Hrsg.), 2002: Qualitätskriterien für ambulant<br />
betreute Wohngeme<strong>in</strong>schaften mit demenziell erkrankten Menschen – e<strong>in</strong>e Orientierungs-<br />
und Entscheidungshilfe, Berl<strong>in</strong><br />
– Stolarz, H.: KDA-Expertenworkshop: <strong>Demenzbewältigung</strong> <strong>in</strong> den eigenen vier Wänden.<br />
In: ProAlter 1/2002, S. 42–48<br />
49
Abbildungsverzeichnis<br />
Abbildung 1: Grundriss WG Ste<strong>in</strong>metzstraße, Berl<strong>in</strong> (W7)<br />
Abbildung 2: Grundriss HG Rendsburg (W2)<br />
Bildnachweis<br />
Anhang: Abbildungsverzeichnis/Bildnachweis<br />
– Dr. Renate Narten (Büro für sozialräumliche Forschung und Beratung, Hannover): Fotos<br />
6 und 7<br />
– WG Ravensberger Straße, Lebensbaum Werther: Fotos 8 und 9<br />
– Pflege LebensNah, Rendsburg: Fotos 1–5, 10–22<br />
51
Anlage: Fragebogen (Muster)<br />
53
Anlage: Fragebogen (Muster)<br />
54
Anlage: Fragebogen (Muster)<br />
55
Anlage: Fragebogen (Muster)<br />
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