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special coaching<br />

R „Coaches, schaut auf eure Frisöre!“<br />

Interview. Die junge Coaching-Szene ist dabei, immer professioneller zu wer<strong>de</strong>n.<br />

Auf <strong>de</strong>m Weg zur anerkannten Berufsgruppe könnte sie aber noch einiges von <strong>de</strong>n<br />

Handwerksinnungen lernen, meint Deutschlands Coaching-Urgestein Dr. Wolfgang Looss.<br />

Auf <strong>de</strong>m „Coachingtag 2011“ will er am Beispiel <strong>de</strong>r Frisörinnung seine Zuhörer dazu<br />

bringen, die Muster ihrer eigenen Professionalisierung besser zu verstehen.<br />

Warum von Frisören lernen?<br />

Dr. Wolfgang Looss: Für Coaches lohnt es sich, genauer<br />

hinzuschauen, was an<strong>de</strong>re professionelle Szenen gemacht<br />

haben, um sich zu positionieren. Die älteste Berufsgruppe,<br />

die uns Anregung sein könnte, ist halt das Handwerk.<br />

Man soll also handwerklich sauber arbeiten?<br />

Looss: Das halte ich für selbstverständlich. In meinem<br />

Vortrag wird es eher darum gehen, wie Coaches zu einer<br />

professionellen „Innung“ mit klar <strong>de</strong>finierten „Standards“<br />

zusammenwachsen können. Ich nehme die Frisöre als<br />

Anschauungsmaterial, weil auch bei ihnen die Beziehungsarbeit<br />

einen hohen Anteil an <strong>de</strong>r Leistungserbringung hat.<br />

Das ist doch ironisch gemeint, o<strong>de</strong>r?<br />

Looss: Ein gewisses Augenzwinkern ist natürlich dabei,<br />

aber ich will auch ernsthaft über die Parallelen nach<strong>de</strong>nken,<br />

<strong>de</strong>nn die Frisöre haben sich schließlich zu einem<br />

angesehenen Handwerk mit vielen Spielarten entwickelt.<br />

Ich bin sicher, dass Coaches schon jetzt Anleihen machen<br />

bei <strong>de</strong>r Art, wie sich die Frisöre in Szene setzen. Ein Beispiel:<br />

Die Spitzenfrisöre treten immer unter <strong>de</strong>m eigenen<br />

Namen auf <strong>de</strong>m Markt auf, während sich ambitionierte<br />

Frisöre <strong>de</strong>s Mittelfelds Fantasienamen für ihren Salon<br />

aus<strong>de</strong>nken wie „Cut and go“, „Hair-Lounge“ o<strong>de</strong>r „Studio<br />

Haar-Monie“. Ähnlich gequälte Kreationen für Anbieter und<br />

Metho<strong>de</strong>n fin<strong>de</strong>n wir im Coaching auch schon. Man kann<br />

noch viele weitere Muster ent<strong>de</strong>cken. Je<strong>de</strong>r Frisör, <strong>de</strong>r gut<br />

ist, überlegt auch, wie er seine Leistungen multiplizieren<br />

kann. Er grün<strong>de</strong>t z. B. Filialen. Genau das tun Coaches<br />

inzwischen auch. Es gibt mittlerweile ja schon Filialen von<br />

Coaching-Instituten an Flughäfen („Airport-Coaching“).<br />

<strong>Als</strong> Kun<strong>de</strong> eines Frisörs sitze ich doch nur passiv auf<br />

<strong>de</strong>m Stuhl. Wo ist da die Parallele zum Coaching?<br />

Looss: Ich glaube, dass viele Frauen beim Frisör eine sehr<br />

aktive Rolle übernehmen. Frisöre sind für sie Beziehungspartner<br />

in einem gemeinsamen, kreativen Prozess. Diese<br />

professionelle Beziehung ist übrigens sehr stabil: Wenn<br />

<strong>de</strong>r Frisör seinen Salon wechselt, geht die Kundin mit.<br />

Was wird die wichtigste Botschaft Ihres Vortrags sein?<br />

Looss: Meine Kernbotschaft ist, dass Coaches sich pro-<br />

44 wirtschaft + weiterbildung 03_2011<br />

Dr. Wolfgang Looss,<br />

mit seinem Buch<br />

„Unter vier Augen:<br />

Coaching für Manager“<br />

aus <strong>de</strong>m Jahr<br />

1991 begrün<strong>de</strong>te<br />

er seinen Ruf als<br />

Geburtshelfer <strong>de</strong>r<br />

<strong>de</strong>utschen Coaching-Szene.<br />

fessionell inszenieren müssen und dass sie sich im Klaren<br />

sein sollten, dass je<strong>de</strong> Inszenierung auch Konsequenzen<br />

hat. Und an dieser Stelle kann man viel von <strong>de</strong>n handwerklichen<br />

Zünften lernen. Die Parallelen zum Handwerk,<br />

die ich sehe, sollen dazu dienen, die eigenen Muster <strong>de</strong>r<br />

Professionalisierung besser zu verstehen. Ich wer<strong>de</strong> mir<br />

natürlich <strong>de</strong>n Hinweis nicht verkneifen, dass gewisse<br />

Inszenierungen auch negative Folgen für einen Coach<br />

haben. Wenn ich zum Beispiel einen bestimmten Erfolg<br />

verspreche, darf ich mich nicht wun<strong>de</strong>rn, wenn ich Enttäuschungen<br />

produziere.<br />

Welche Rolle spielen die Coaching-Verbän<strong>de</strong> dabei?<br />

Looss: Unsere Verbän<strong>de</strong> sind eine Art Vorstufe <strong>de</strong>r Zünfte.<br />

Diese waren seit <strong>de</strong>m Mittelalter die Qualitätswächter im<br />

Handwerk. Eine ähnliche Rolle sollten die Verbän<strong>de</strong> in <strong>de</strong>r<br />

Coaching-Branche auch spielen. Viele Verbän<strong>de</strong> sind aber<br />

nur Marketingagenturen. Je<strong>de</strong>r Coach muss für sich selbst<br />

entschei<strong>de</strong>n, welchem Verband er sich anschließt. Will<br />

ich, dass ein Verband mir beim Verkaufen hilft – selbst<br />

auf die Gefahr hin, dass es irgendwann einmal lächerlich<br />

wird ? O<strong>de</strong>r will ich einem Verband angehören, <strong>de</strong>r sich die<br />

Bewahrung einer gewissen Qualität zum Ziel gesetzt hat<br />

und <strong>de</strong>r ein Ort ist, wo das kollektive Wissen gesammelt<br />

wird? Letztlich bleiben die Fragen: Wie viel Zunftordnung<br />

brauchen wir? Und inwieweit lassen wir es zu, dass sich<br />

die Coaching-Szene auch durch kreativen Wildwuchs weiterentwickelt?<br />

Interview: Martin Pichler<br />

Foto: Pichler

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