September 2012 - TWI
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Q3|12 www.twi.at<br />
www.twi.at<br />
Q3|12<br />
Berufsunfähigkeit<br />
„Arbeit ist nicht alles, aber ohne Arbeit ist Alles Nichts.“<br />
Der Verlust der Arbeitskraft ist mit Abstand<br />
das größte Risiko mit den weitreichendsten<br />
Folgen für die Betroffenen.<br />
Da niemand vor einem Unfall oder einer<br />
Krankheit gefeit ist, ist auch niemand vor<br />
dem Verlust der Arbeitskraft geschützt.<br />
Es besteht nur die Möglichkeit, die Folgen<br />
des Verlustes zu mindern, indem man den<br />
Verdienstausfall begrenzt.<br />
In Österreich gibt es für diesen Fall gesetzliche<br />
Vorkehrungen. Bei genauerer<br />
Betrachtung dieses gesetzlichen Schutzes<br />
kommen jedoch Zweifel auf, ob dieser<br />
Schutz im Ernstfall ausreichend ist oder<br />
überhaupt in Anspruch genommen werden<br />
kann.<br />
Der Gesetzgeber unterscheidet bei der<br />
geminderten Arbeitsfähigkeit abhängig<br />
von der Berufsgruppe zwischen Invalidität<br />
bei Arbeitern und Berufsunfähigkeit bei<br />
Angestellten.<br />
Den Anspruch auf Invaliditäts- bzw. Berufsunfähigkeitspension<br />
erhält man, wenn<br />
• kein Anspruch auf berufliche Rehabilitation<br />
besteht oder diese Maßnahmen<br />
nicht zweckmäßig bzw. nicht zumutbar<br />
sind,<br />
• die Invalidität bzw. Berufsunfähigkeit<br />
voraussichtlich sechs Monate andauert,<br />
• die Wartezeit (Mindestversicherungszeit)<br />
erfüllt ist und<br />
• am Stichtag noch nicht die Voraussetzungen<br />
für eine Alterspension erfüllt sind.<br />
Grundlage für die Entscheidung eines Anspruches<br />
ist eine ärztliche Begutachtung,<br />
bei der die Leistungsfähigkeit im Beruf<br />
festgestellt wird.<br />
Ist auf Grund des Gesundheitszustandes<br />
dauernde Invalidität/Berufsunfähigkeit an-<br />
zunehmen, erfolgt eine unbefristete Gewährung<br />
der Leistung.<br />
Die Leistungshöhe ist wiederum abhängig<br />
von der Einkommenshöhe usw.<br />
Dies ist nur ein Auszug der wichtigsten<br />
Rahmenbedingungen. Es ist aber sofort<br />
ersichtlich, dass es hier um eine Leistung<br />
geht, die mit strikten Zugangsbedingungen<br />
versehen ist.<br />
12<br />
Im Sparpaket <strong>2012</strong> wurde der Zugang zur<br />
staatlichen Invaliditäts-/ Berufsunfähigkeitspension<br />
weiter erschwert. Der Fokus<br />
in der Behandlung von Anträgen liegt in<br />
der Integration in den Arbeitsprozess, welche<br />
mit folgenden Eckpunkten umgesetzt<br />
werden sollen:<br />
• Berufliche Rehabilitation für Personen<br />
unter 50 Jahren und sonstige<br />
gesundheitlich beeinträchtigte<br />
Personen.<br />
• Integrationsmaßnahmen für arbeitsfähige<br />
Personen mit gesundheitlichen<br />
Problemen.<br />
• Beschäftigungsförderung für ältere<br />
Arbeitslose.<br />
• Verlagerung der Invaliditätspensionsfälle<br />
der unter 50jährigen ins<br />
AMS.<br />
Unter der momentanen politischen, wirtschaftlichen<br />
und sozialen Situation ist von<br />
weiteren Einschränkungen auszugehen.<br />
Besonders wichtig ist jedoch, dass nicht jeder<br />
diesen Leistungsanspruch hat. Schüler,<br />
Lehrlinge, Studenten, Selbständige, Hausfrauen<br />
u.ä. werden davon nicht abgedeckt.<br />
Ursachen für Berufsunfähigkeit<br />
Hier liegt einer der am meisten verbreiteten<br />
Irrtümer. Die Ursache liegt meist<br />
nicht in einem Unfall. Im Zuge einer Studie<br />
wurden die Gründe für Neuzugänge<br />
2010 in die Invaliditäts-/Berufsunfähigkeits-<br />
penison ermittelt: 32 % psychische Erkrankungen;<br />
31 % Erkrankungen des Muskel-<br />
Skelett-Systems und 11 % Krankheiten des<br />
Kreislaufsystems. 21 % verteilen sich auf<br />
Krankheiten des Nerven- und Atmungssystems,<br />
Stoffwechselkrankheiten usw.<br />
Erst unter Sonstiges mit 5 % sind Unfälle<br />
als Ursache für eine Berufsunfähigkeit vertreten<br />
(Quelle WIFO).<br />
Berufsunfähigkeitsversicherung<br />
Die Arbeitskraft ist das Kapital, mit dem<br />
man seinen Lebensstandard heute und in<br />
Zukunft finanziert.<br />
Die Versicherungswirtschaft geht davon<br />
aus, dass nur etwa 15 % der österreichischen<br />
Bevölkerung für den Fall der Berufsunfähigkeitsversicherung<br />
vorgesorgt hat.<br />
Die Ursachen liegen zum Teil<br />
• im bereits erwähnten Irrtum, dass<br />
Unfälle ein hohes Risiko für Berufsunfähigkeit<br />
darstellen,<br />
Fotos: <strong>TWI</strong>-WS<br />
• Unfallversicherungen vergleichsweise<br />
mit geringerer Prämie als eine Berufsunfähigkeitsversicherung<br />
erhältlich<br />
sind,<br />
• der Begriff Unfallversicherung in Österreich<br />
als allgemeines Wissen betrachtet<br />
werden kann,<br />
• der Begriff Berufsunfähigkeitsversicherung<br />
nur geringe Verbreitung hat.<br />
Daraus folgt, dass in Österreich ein verhältnismäßig<br />
geringeres Risiko „Unfall“ mit<br />
Versicherungen gut gedeckt ist und ein<br />
existenzielles Risiko „Berufsunfähigkeit“<br />
nur eine geringe Versicherungsdeckung<br />
aufweist.<br />
Es ist davon auszugehen, dass beim Verlust<br />
der Arbeitskraft keine ausreichende<br />
staatliche Unterstützung zur Verfügung<br />
steht. Dies gilt besonders für Menschen<br />
unter 40 Jahren und wird noch verschärft,<br />
wenn von diesem Einkommen noch weitere<br />
Angehörige abhängig sind. Eine private<br />
Vorsorge in Form einer Berufsunfähigkeitsversicherung,<br />
welche diese Situation<br />
berücksichtigt, ist deshalb unbedingt zu<br />
empfehlen.<br />
Die Berufsunfähigkeitsversicherung ist jedoch<br />
ein sehr beratungsintensives Produkt.<br />
Fast alle Versicherer am österreichischen<br />
Markt bieten solche an. Die Unterschiede<br />
in der Leistung sind jedoch hoch. Eine unabhängige<br />
Beratung über einen Versicherungsmakler<br />
ist daher umso wichtiger.<br />
Was im Zuge einer Beratung<br />
unbedingt zu besprechen ist!<br />
Die folgenden Erläuterungen sind ein Auszug<br />
der wichtigsten deckungsrelevanten<br />
Themen und haben keinen Anspruch auf<br />
Vollständigkeit:<br />
Fristen zur Meldung einer Berufsunfähigkeit:<br />
Es ist darauf zu achten, dass in der<br />
Berufsunfähigkeitsversicherung keine<br />
Fristen zu Meldung einer Berufsunfähigkeit<br />
bestehen die den Anspruch auf<br />
Berufsunfähigkeit oder den Leistungsbeginn<br />
für den Antragsteller nachteilig beeinflussen.<br />
Beginn der Berufsunfähigkeit: Im Sinne<br />
der Versicherung geht man von einer<br />
Berufsunfähigkeit dann aus, wenn die<br />
festgestellte Beeinträchtigung der Berufsfähigkeit<br />
länger als 6 Monate insgesamt<br />
dauert. Wenn zum Beispiel nach einer<br />
4monatigen Beeinträchtigung festgestellt<br />
wird, dass diese länger als 6 Monate (ab<br />
dem diagnostizierten ersten Tag) anhalten<br />
wird, entsteht der Leistungsanspruch an<br />
der Rente. Im Vertrag sollte dies so formuliert<br />
sein, dass dann die Leistung rückwirkend<br />
ab dem diagnostizierten Eintritt der<br />
Beeinträchtigung fällig wird.<br />
Befolgung ärztlicher Anordnungen: Besonders<br />
wichtig ist die Formulierung im<br />
Versicherungsvertrag, in wie weit ärztliche<br />
Anordnungen befolgt werden müssen,<br />
um den Versicherungsanspruch = Rente<br />
nicht zu verlieren.<br />
Grundsätzlich ist es eine persönliche Entscheidung,<br />
den ärztlichen Anordnungen<br />
wie besondere Therapien, Operationen, zur<br />
Minderung einer Berufsunfähigkeit nachzukommen.<br />
Bei der Prüfung dieser Pflicht ist darauf<br />
zu achten, dass das Recht der freien Entscheidung<br />
den Empfehlungen des Arztes<br />
zu folgen, nicht zu stark beschränkt wird<br />
und die Befolgung jeder ärztlichen Anordnung<br />
nicht zur Pflicht wird, um den Rentenanspruch<br />
nicht zu verlieren.<br />
Einfache Maßnahmen der medizinischen<br />
Grundversorgung sind marktüblich und<br />
auch zu befolgen.<br />
Verweisbarkeit: Es wird dabei zwischen<br />
abstrakter und konkreter Verweisbarkeit<br />
unterschieden.<br />
• Abstrakte Verweisbarkeit: Jemand<br />
kann seinen Beruf nicht mehr ausüben,<br />
wäre aber aufgrund seiner Fähigkeiten<br />
für eine andere Arbeit geeignet. Bleibt<br />
seine soziale Stellung in der Gesellschaft<br />
dabei gewahrt, so kann der Versicherer<br />
denjenigen zwingen, diesen Beruf auch<br />
auszuüben. Eine Berufsunfähigkeit liegt<br />
dann nicht mehr vor. Dabei ist es unerheblich,<br />
ob es überhaupt möglich ist,<br />
diesen Beruf auszuüben (z.B. wird eine<br />
Stelle überhaupt angeboten).<br />
• Konkrete Verweisbarkeit: Der bisherige<br />
Beruf kann nicht mehr ausgeübt werden.<br />
Man könnte eine andere Tätigkeit<br />
ausüben, tut es aber nicht. Solange gilt<br />
man als berufsunfähig. Erst wenn man<br />
konkret (tatsächlich) eine andere als<br />
die bisherige Tätigkeit ausübt, die der<br />
Ausbildung und Erfahrung und somit<br />
der bisherigen Lebensstellung der betroffenen<br />
Person entspricht, liegt keine<br />
Berufsunfähigkeit vor.<br />
Es ist wichtig, dass der Versicherer zumindest<br />
auf die abstrakte Verweisbarkeit<br />
verzichtet! Es gibt Versicherer am Markt,<br />
welche auf die abstrakte und die konkrete<br />
Verweisbarkeit verzichten.<br />
Gesundheitsfragen: Bei der Beantragung<br />
eine Berufsunfähigkeitsversicherung sind<br />
meist recht umfangreiche Gesundheitsfragen<br />
zu beantworten. Nehmen Sie die<br />
Beantwortung dieser Fragen sehr ernst.<br />
Die korrekte und vollständige Ausfüllung<br />
der Gesundheitsfragen sind die Basis für<br />
die Entscheidung des Versicherers, ob<br />
bzw. unter welchen Bedingungen dieses<br />
Risiko gedeckt wird. Falsche oder unvollständige<br />
Angaben können im Versicherungsfall<br />
zu massiven Problemen führen,<br />
bis hin zur rückwirkenden Vertragsauflösung.<br />
Berufswechsel: Bei Antragstellung wird<br />
der aktuell ausgeübte Beruf angegeben.<br />
Der ausgübte Beruf ist eines der wesentlichen<br />
Merkmale für den Versicherer, um<br />
das Risiko genauer zu definieren. Jeder<br />
Versicherer hat Berufe in Berufsgruppen<br />
gegliedert. Jede Berufgruppe entspricht<br />
einer bestimmten Risikoausprägung und<br />
hat direkte Wirkung auf die Prämienhöhe.<br />
Die Berufsgruppe mit dem höchsten Risiko<br />
umfasst die für diesen Vesicherer nicht<br />
versicherbaren Berufe.<br />
Es ist unbedingt darauf zu achten, dass<br />
ein Berufswechsel während der Vertragslaufzeit<br />
nicht gemeldet werden muss.<br />
Eine solche Verpflichtung birgt das hohe<br />
Risiko, dass bei einem Berufswechsel die<br />
Meldung vergessen wird. Top-Anbieter<br />
verzichten standardisiert auf diese Meldepflicht<br />
in ihren Produkten.<br />
Damit verbunden muss natürlich im Versicherungsvertrag<br />
der Beruf als versichert<br />
gelten, welcher zum Zeitpunkt des Eintrittes<br />
der Beeinträchtigung der Berufsfähigkeit<br />
ausgeübt wird.<br />
Der „maßgebliche Beruf“<br />
des Selbständigen<br />
Der Selbständige hat grundsätzlich die unternehmerischen<br />
Gestaltungsrechte und<br />
unterliegt keiner Fremdbestimmung. Der<br />
Unternehmer bestimmt alleine darüber, welche<br />
betrieblichen Aufgaben, er in welchem<br />
Umfang und für welche Zeit übernimmt.<br />
Der Unternehmer hat die Weisungsbefugnis<br />
gegenüber alle anderen Mitarbeitern.<br />
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